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1 Einleitung
Zur Verbesserung der Asphalteigenschaften, zur Ressourcenschonung oder aus Gründen des Umwelt- bzw. Gesundheitsschutzes kommen im Asphaltstraßenbau in den letzten Jahrzehnten vermehrt modifizierte Bitumen zum Einsatz. Die häufig eingesetzten Zusätze (Polymer-, Gummi-, Wachs- und Mehrfachmodifizierungen) sind bereits in den Regelwerken der FGSV aufgenommen.
Aufgrund der Liegezeit des Asphalts unter Verwendung der verschiedenen Modifizierungsarten, wird dieser zunehmend auch wieder ausgebaut. Hierdurch fällt an den Mischanlagen vermehrt Ausbauasphalt mit modifizierten Bitumen an, der schnell analysiert und für die weitere Verwendung eingeteilt werden muss.
Mit dem Ziel, eine möglichst einfache, schnelle und zielsichere Methode zur Identifizierung der verschiedenen Modifizierungsarten zu entwickeln, wurde im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur, vertreten durch die Bundesanstalt für Straßenwesen, das FE-Projekt Nr. 07.0286/2016/EGB „Entwicklung einer Prüfsystematik zur Identifizierung der Bitumenart und der verwendeten Modifizierungsmittel in einem Ausbauasphalt“ durchgeführt.
2 Untersuchungen
Neben einem erweiterten Erweichungspunkt Ring und Kugel (EP RuK) wurde die Analytik mittels Dynamischem Scherrheometer (DSR), Fourier-Transformations-Infrarotspektroskopie (FTIR) und Differential Scanning Calorimetry (DSC) herangezogen. Zunächst wurden an den im Labor modifizierten frischen, gealterten bzw. rückgewonnenen Bindemitteln die Auswirkungen der Zusätze erfasst. Auf Basis der so gewonnenen Erkenntnisse wurden Kriterien zur Bestimmung der Modifizierungsart aufgestellt. Rückgewonnene Bindemittel aus Praxisproben (Bohrkernen bzw. Fräsgut) mit unterschiedlich modifizierten Bitumen dienten zur Validierung dieser Kriterien.
2.1 Proben
Die Basis zur Modifizierung bildeten zwei Straßenbaubitumen (20/30 und 70/100). Diese wurden in unterschiedlichen Konzentrationen mit den folgenden Additiven modifiziert:
– Styrol-Butadien-Copolymer (SBC) zur Herstellung von Polymermodifizierten (Elastomer) Bitumen (PmB (A)),
– Ethylen-Copolymer-Bitumen (ECB) zur Herstellung von Polymermodifizierten (Plastomer) Bitumen (PmB (C)),
– Fischer-Tropsch-Wachs (FT-Wachs), Amidwachs (Amid) bzw. Montanwachs (MoA, MoB) zur Herstellung von wachsmodifizierten Bitumen (WmB),
– gummimodifiziertes Bitumengranulat (GG) zur Herstellung von Gummimodifizierten Bitumen (GmB).
Des Weiteren wurden durch die Zugabe von SBC und FT- bzw. Amidwachs mehrfachmodifizierte Bitumen (PWmB) hergestellt.
Weiterhin wurden gebrauchsfertig modifizierte Bitumen betrachtet. Dies waren drei Polymer- modifizierte Bitumen und ein Gummimodifiziertes Bitumen.
Um die Wirkungen der Additive auf die Bitumeneigenschaften von den Einflüssen der Alterung bzw. der Extraktion/Rückgewinnung abgrenzen zu können, wurden ausgewählte Bindemittelproben einer Laboralterung (RTFOT + PAV) unterzogen bzw. zur Herstellung von Asphalt, der ebenfalls gealtert wurde, eingesetzt. Die gealterten bzw. rückgewonnen Bindemittel wurden analog zu den frischen Bindemitteln mittels EP RuK, DSR, FTIR und DSC untersucht.
Nach den beschriebenen Laborvarianten erfolgte eine Validierung der Erkenntnisse anhand von Praxisproben. Hierfür wurden bei Asphaltstraßen mit bekanntem Bindemittel Bohrkerne entnommen, bei denen das Bindemittel ebenfalls rückgewonnen und untersucht wurde.
2.2 Prüfgeräte, Untersuchungen und Auswertungen
2.2.1 Erweiterter Erweichungspunkt Ring und Kugel
Die EP RuK wurden entsprechend (DIN EN 1427, 2015) ermittelt. Hierbei erfolgte (ohne Beeinflussung des Versuchsablaufs) eine Dokumentation der Ausbildung des Bindemittelsacks. Die Fallhöhe der Kugeln wurde durchgehend erfasst und der jeweiligen Temperatur zugeordnet. Zur quantitativen Auswertung der Fallkurve wurden die zwei Temperaturdifferenzen ΔT2-25 (zwischen 2 und 25 mm Fallhöhe) und ΔT10-25 (zwischen 10 und 25 mm Fallhöhe) gewählt (Bild 1).
Bild 1: Fallkurve der Kugeln bei der Bestimmung des EP RuK am Beispiel eines PmB (Gehrke; Weigel, 2019)
2.2.2 DSR-Analytik
Zur Identifizierung der Modifizierungsarten sind mehrere unmittelbar aufeinander folgende Untersuchungsschritte mittels DSR erforderlich. Zunächst erfolgt in Anlehnung an die (AL DSR-Prüfung (BTSV), 2017) die Bestimmung der Äquisteifigkeitstemperatur (EG*T), bei der das Bindemittel bei der Frequenz 1,59 Hz eine Steifigkeit von 15 kPa aufweist. Bei der Temperatur EG*T folgt stets mit derselben Probe die Bestimmung von komplexem Schermodul und Phasenwinkel bei der Frequenz 0,1 Hz, und im Anschluss daran ein Amplitudentest zur Bestimmung der Grenze des linear-viskoelastischen (LVE) Bereichs bei 1,59 Hz. Abschließend folgt ein MSCR-Test in Anlehnung an (AL DSR-Prüfung (MSCRT), 2016). Als Ergebnisse liegen folgende Kennwerte vor:
– Äquisteifigkeitstemperatur EG*T,
– Komplexer Schermodul und Phasenwinkel bei EG*T und 0,1 Hz,
– Deformation bei Grenze des LVE-Bereichs bei EG*T und 1,59 Hz,
– Komplianz und Rückverformung dem MSCR-Test bei EG*T.
2.2.3 FTIR-Spektroskopie
Die FTIR-spektroskopischen Untersuchungen basierten auf der ATR-Technik mit einer Einfachreflexion, wobei ein Wellenzahlbereich zwischen 4.000 und 400 cm-1 berücksichtigt wurde. Zur Erkennung der Additive erfolgte zunächst eine Identifizierung möglicher charakteristischer Banden der Additive, die durch eine abweichende Position zu den Bitumenbanden unmittelbar bei einer visuellen Spektrenbetrachtung erkennbar sein sollten. Um auch Additive ohne charakteristische Banden erkennen zu können, erfolgte zudem eine multivariate Auswertung. Dabei wurde mit Hilfe der Faktoren- und Diskriminanzanalyse zum einen ein Modell zur Identifizierung der Additive erstellt, während für einige Additive mit der Partial Least Square Regression (PLSR) zum anderen ein Modell zur Vorhersage des Additivgehalts erarbeitet wurde.
2.2.4 DSC-Analytik
Bei der DSC-Analytik wird der Wärmestrom einer Bindemittelprobe während des Aufheizens bzw. Abkühlens (Temperaturspanne -100 bis +200 °C mit je 10 K/min) gemessen. Das Schmelzen der im Bindemittel enthaltenen Wachsadditive zeigt sich in den Thermogrammen ebenso in deutlichen Peaks wie die Kristallisationsvorgänge (Bild 2 für das Beispiel eines Amidwachs). Nicht wachsmodifizierte Bitumen zeigen in den Thermogrammen dagegen keine derartigen Peaks. Als Kennwert zur Bestimmung der Wachsmodifizierung ist die Schmelztemperatur (gemessen im Mittelpunkt des Peaks in der Erwärmungsphase) zweckmäßig.
Bild 2: Thermogramm zur Bestimmung der Kennwerte der DSC-Analytik am Beispiel des reinen Amid-wachses (obere Kurve: Erwärmung; untere Kurve: Abkühlung) (Gehrke; Weigel, 2019)
3 Ergebnisse und Bewertung
3.1 Erweiterte Erweichungspunkt Ring und Kugel
Generell ist bezüglich der Entwicklung des Bindemittelsacks festzustellen, dass die Polymere (SBC) ein kontinuierliches, relativ langsames Absinken verursachen, während die Wachse ab einer gewissen Verformung ein abruptes Absinken bewirken. Die Ausbildung des Bindemittelsacks – am deutlichsten abzulesen an der Temperaturdifferenz ΔT10-25 – schreitet somit bei WmB am schnellsten und bei PmB am langsamsten voran. Das Verhalten der Straßenbaubitumen liegt zwischen diesen Extremen. Quantitativ können die drei Gruppen Straßenbaubitumen, PmB und WmB am besten durch den Kennwert EP1 (Kehrwert der auf den EP RuK bezogenen Temperaturdifferenz ΔT10-25) unterschieden werden:
Formel siehe PDF
Liegt EP1 über 35, so handelt es sich mit großer Wahrscheinlichkeit um ein WmB. Bei einem EP1 kleiner 25 handelt es sich zumeist um ein (in vielen Fällen höher modifiziertes) PmB. EP1 zwischen 25 und 35 bedeuten jedoch nicht zwangsläufig, dass es sich um ein Straßenbaubitumen handelt, da zahlreiche PmB und vereinzelt auch WmB ebenfalls Werte in diesem Bereich aufweisen (siehe Bild 3, oben).
Eine quantitative Unterscheidung der Wachse kann – wie anhand vom Bild 3 (unten) veranschaulicht – mit Hilfe der Temperaturdifferenz ΔT2-25 erfolgen. Zu diesem Zweck wird analog zu EP1 ein zweiter Kennwert EP2 wie folgt eingeführt:
Formel siehe PDF
Liegt der Wert EP2 unter 5, so handelt es sich zumeist um ein Wachs der VH-Gruppe nach (E KvB, 2016) (Amidwachs oder Montanwachs A). Bei einem EP2 größer 5 liegt dagegen in den meisten Fällen ein Wachs der VL-Gruppe (FT-Wachs oder Montanwachs B) vor.
Bild 3: Gegenüberstellung von Erweichungspunkt Ring und Kugel und Temperaturdifferenz ΔT10-25 (oben) bzw. ΔT2-25 (unten) der SBC- und der wachsmodifizierten Bitumen (Gehrke, Weigel 2019)
3.2 DSR-Analytik
Bei der Äquisteifigkeitstemperatur EG*T zeigen die meisten Bindemittel unabhängig von der Härte des Basisbitumens und der Modifizierung im Amplitudentest erst bei großen Deformationen einen Rückgang des Speichermoduls (siehe Bild 4, links). Die Grenze des LVE-Bereichs liegt hierdurch bei hohen Werten. Einzig die wachsmodifizierten Bitumen weisen eine niedrigere Grenze des LVE-Bereichs auf. Hierdurch können Wachsmodifizierungen folglich eindeutig erkannt werden. Bei WmB bzw. PWmB liegt die Grenze des LVE-Bereichs stets unter und bei nicht wachsmodifizierten Varianten stets über 10 % Deformation (Bild 4, rechts).
Bild 4: Amplitudentests (links) und Grenzen des LVE-Bereichs (rechts) der verschiedenen Bindemittel (Gehrke; Weigel, 2019)
PmB weisen bei der Temperatur EG*T geringere Phasenwinkel auf als Straßenbaubitumen. Gleichzeitig bewirkt die Bindemittelalterung jedoch auch einen Rückgang des Phasenwinkels, wodurch die Unterscheidung von PmB und Straßenbaubitumen im Ausbauasphalt erschwert wird.
Bei abnehmender Frequenz nimmt der Einfluss der Polymere auf die rheologischen Eigenschaften zu. Dies verdeutlicht Bild 5 (links) anhand der komplexen Viskosität, die bei Straßenbaubitumen weitgehend frequenzunabhängig ist, während bei PmB eine deutliche Zunahme bei abnehmender Frequenz auftritt. Gleichzeitig ist bei PmB ein geringerer Anstieg des Phasenwinkels bei abnehmender Frequenz als bei Straßenbaubitumen festzustellen. Bei der Frequenz von 0,1 Hz ist somit der Einfluss der Polymere größer als bei 1,59 Hz.
Eine deutliche Identifizierung der PmB (SBC-Modifizierung) ist somit durch den Speichermodul G‘ (G‘ = G* / cos δ) bei der Temperatur EG*T und der Frequenz 0,1 Hz möglich. Da der Speichermodul mit zunehmender Steifigkeit ansteigt, ist zur eindeutigen Abgrenzung jedoch der auf die Temperatur EG*T bezogene, „relative Speichermodul“ G‘(EG*T) zu berechnen:
Formel siehe PDF
Gemäß Bild 5 (rechts) liegt G‘(EG*T) bei Straßenbaubitumen unter 5 Pa/°C und bei PmB über 5 Pa/°C. Durch den Kennwert kann bei PmB zudem die Wirkung der Polymere eingeschätzt werden, da G‘(EG*T) bei höher modifizierten PmB zumeist über 14 Pa/°C liegt.
Bild 5: Grenzen des LVE-Bereichs (links) und relative Speichermoduln (rechts) (Gehrke; Weigel, 2019)
Die MSCR-Prüfung bei der Temperatur EG*T hilft bei der Unterscheidung zwischen WmB und PWmB, da die Polymere die Rückformung vergrößern. Eine Rückformung R über 35 % deutet darauf hin, dass es sich um ein PWmB handelt, während bei einer Rückverformung R unter 20 % in der Regel ein WmB vorliegt. Im Bereich zwischen 20 und 35 % ist dagegen keine eindeutige Zuordnung möglich (Bild 6).
Bild 6: Rückformung (MSCR-Test) bei EG*T ausgewählter Proben (Gehrke; Weigel, 2019)
Die Entscheidungskriterien und die sich hieraus ergebenden Identifizierungen der Modifizierungsarten sind im Bild 7 zusammengefasst. Die einfache und präzise Einteilung in die für die Praxis in aller Regel maßgebenden Gruppen Straßenbaubitumen, PmB und WmB ist dabei durch die gestrichelte Linie (links oben im Bild 7) abgetrennt, während die weiteren Unterscheidungen, die eine geringere Präzision aufweisen, im übrigen Teil des Bildes 7 dargestellt sind.
Bild 7: Entscheidungskriterien zur DSR-Analytik (Gehrke; Weigel, 2019)
3.3 FTIR-Spektroskopie
In den FTIR-Spektren der modifizierten Bitumen zeigen sich für die Additive SBC, ECB, Amid und MoA charakteristische Banden, sodass diese aufgrund der zu den Bitumenbanden abweichenden Positionen unmittelbar durch eine visuelle Betrachtung der FTIR-Spektren identifiziert werden können. Bei den übrigen Additiven in Form der VL-Wachse (FT- und Montanwachs B) sowie des gummimodifizierten Bitumengranulats überlagern sich die Banden der Additive und der Bitumen. Grundsätzlich bewirken die Additive jedoch eine Veränderung einzelner Bandenintensitäten und somit der Intensitätsverhältnisse zwischen den Banden. Auch diese Intensitätsverhältnisse können zur Identifizierung der Additive herangezogen werden, was jedoch visuell nicht mehr möglich ist. Aus diesem Grund erfolgte eine Auswertung mit Hilfe von multivariaten Analysenmethoden und einer Kombination aus Faktoren- und Diskriminanzanalyse. Als Eingangsgrößen für die Erstellung des Modells dienten sowohl die im Labor hergestellten und zum Teil gealterten Bindemittelproben sowie die aus den Asphaltproben und Ausbauasphalten rückgewonnenen Bindemittel, während die mehrfachmodifizierten Proben zunächst ausgeschlossen wurden. Die Daten wurden zunächst mit Hilfe einer Standard Normal Variate (SNV) Transformation und durch die Bildung der 1. Ableitung vorverarbeitet und anschließend in ein Kalibrier- und Validierdatenset unterteilt.
Als Ergebnis der multivariaten Auswertung ergab sich ein binärer Entscheidungsbaum, der im Bild 8 dargestellt ist. In diesem Entscheidungsbaum sind auf jeder Ebene lediglich zwei verschiedene Zuordnungen möglich, die sich entweder in Bindemittel gehört zu der betrachteten Gruppe oder Bindemittel gehört nicht zu der betrachteten Gruppe zeigen.
Mit Hilfe des im Bild 8 dargestellten Entscheidungsbaums ist eine Zuordnung der Bindemittelproben zu verschiedenen Modifizierungsgruppen möglich, zu denen die Modifizierungen mit VH-Wachsen, SBC, ECB und VL-Wachsen zählen. Die erreichten Trefferquoten sowie die vollständig korrekt gruppierten Validierproben verdeutlichen grundsätzlich eine hohe Modellgüte, sodass die Unterschiede zwischen den Proben gut bis sehr gut erfasst werden können.
Bild 8: Entscheidungsbaum zur Identifizierung der Additive unter Angabe der erreichten Trefferquote (TQ) (Gehrke; Weigel, 2019)
In einem weiteren Schritt wurde zudem stichprobenartig eine Identifizierung von Mehrfachmodifizierungen überprüft, wofür der im Bild 8 erarbeitete Entscheidungsbaum erweitert wurde. Dabei zeigte sich, dass nach der Zuordnung einer Probe in die jeweilige Modifizierungsgruppe eine weitere Unterteilung der Proben nach den vorliegenden Mehrfachmodifizierungen möglich ist (Bild 9). Grundsätzlich basieren diese Untersuchungen jedoch zum Teil auf einer vergleichsweise geringen Probenanzahl, weshalb diese anhand eines umfangreicheren Datensatzes verifiziert werden sollten.
Bild 9: Erweiterung des Entscheidungsbaums zur Identifizierung von Mehrfachmodifizierungen (Gehrke; Weigel, 2019)
In Bezug auf die SBC-modifizierten Bitumen ist zudem eine Unterscheidung in normal- und höher modifizierte Bitumen möglich. In einem zweiten Auswertungsansatz wurde neben der Identifizierung zudem stichprobenartig eine mögliche Quantifizierung der im Bitumen vorliegenden Additive mit Hilfe der Partial Least Square Regression (PLSR) untersucht. Dabei zeigte sich, dass mit Hilfe der erarbeiteten Modelle eine zufriedenstellende Abschätzung der Additivgehalte des SBC möglich ist (Bild 10).
Darüber hinaus ist mit weiteren Modellen eine grobe Abschätzung der Gehalte des ECB und des Amidwachses anhand der FTIR-Spektren möglich. Auch diese Modelle sollten jedoch mit einer erhöhten Anzahl an Proben verifiziert werden.
Bild 10: Gegenüberstellung der gemessenen und berechneten Gehalte des SBC
3.4 DSC-Analytik
Im Gegensatz zu den Bindemitteln ohne Wachsmodifizierung sind bei allen WmB Schmelz- und Kristallisationsstemperaturen festzustellen. Hierdurch ist eine eindeutige Identifizierung der WmB gegeben. Zudem sind anhand der Schmelztemperatur die Wachse der VL-Gruppe nach den (E KvB, 2016) eindeutig von Wachsen der VH-Gruppe zu unterscheiden: bei den VL-Wachsen liegt die Schmelztemperatur unter 107,5 °C und bei den VH-Wachsen über 107,5 °C (Bild 11).
Bild 11: Schmelztemperaturen der wachsmodifizierten Bitumen (Gehrke; Weigel, 2019)
3.5 Praxiserprobung und Gegenüberstellung der Prüfverfahren
PmB A (SBC-modifiziert) sind mittels DSR- und FTIR-Analytik zielsicher festzustellen. Dabei sind mittels FTIR normale und höhere Modifizierungsgrade eindeutig zu unterscheiden, während bei der DSR-Analytik die Bindemittelalterung die Unterscheidung zwischen normal und höher modifizierten PmB erschwert. Die Kennwerte des EP RuK erlauben nur bei einzelnen PmB deren Identifizierung.
Plastomermodifizierte Bitumen (PmB C) sind nur mittels FTIR-Spektroskopie zu identifizieren.
Wachsmodifizierungen werden mit allen Prüfverfahren festgestellt. Die größten Unsicherheiten bestehen noch bei den Kennwerten des EP RuK.
Mehrfachmodifizierungen aus SBC und Wachs (PWmB) werden durch die DSR- und die FTIR- Analytik identifiziert. Mittels DSC kann bei PWmB nur die Wachsmodifizierung erkannt werden und der erweiterte EP RuK ermöglicht allenfalls die Identifizierung von Polymer- oder Wachsmodifizierungen.
GmB können mit allen Verfahren nur unzureichend erkannt werden, was zum einen an den unterschiedlichen Arten der GmB und zum anderen an der schwachen Wirkung der gelösten Gummipartikel im Bitumen liegt. Da GmB jedoch durch Geruch und Zusammensetzung bei der Extraktion erkannt werden, werden diese in der Praxis auch ohne die Prüfverfahren identifiziert.
In der Tabelle 1 sind die Anwendungsmöglichkeiten der erprobten Prüfverfahren bei den unterschiedlichen Modifizierungsarten zusammengefasst.
Tabelle 1: Anwendungsmöglichkeiten der Prüfverfahren in rückgewonnenen Bindemitteln aus Ausbauasphalt
Generell liefern die beiden physikalisch-chemischen Verfahren präzise Ergebnisse, während bei den physikalischen Verfahren bei weniger stark ausgeprägter Wirkung der Zusätze teilweise fließende Übergänge bestehen. Eine quantitative Bewertung der Zugabemenge ist vor allem bei der FTIR-Analytik möglich. Dafür erfolgt durch die physikalischen Verfahren neben der Identifizierung der Additive gleichzeitig eine baupraktische Bewertung der Bindemittel.
4 Zusammenfassung
Beim EP RuK handelt es sich um einen etablierten Versuch zur Bewertung der Bindemittel im Ausbauasphalt. Aussagen zur Modifizierung liefert der erweiterte EP RuK aber nur bezüglich der WmB und in einigen, vor allem den höher modifizierten Fällen, bezüglich der PmB. Eine abgesicherte Bewertung der Modifizierungsart ist folglich nicht möglich.
Das DSC ist sehr gut zur Analyse der WmB geeignet. Da es jedoch keine Informationen über die anderen Modifizierungsarten liefert, ist es zur allgemeinen Bestimmung der Modifizierungen im Ausbauasphalt nicht geeignet.
Mittels DSR- und FTIR-Analytik können Straßenbaubitumen, PmB, WmB und PWmB voneinander unterschieden werden. Da GmB ohnehin bei der Extraktion erkannt werden, können somit durch diese beiden verfahren alle relevanten Modifizierungsarten schnell, einfach und zielsicher identifiziert werden.
Der Vorteil der FTIR-Analytik ist eine größere Präzision der Messergebnisse, die bei einigen Modifizierungen sogar eine Abschätzung der Zugabemenge erlaubt. Die DSR-Analytik liefert dafür bereits Kennwerte für eine baupraktische Bewertung der Bindemittel.
Literaturverzeichnis
Deutsches Institut für Normung e.V. (2015): Bitumen und bitumenhaltige Bindemittel – Bestimmung des Erweichungspunktes – Ring- und Kugel-Verfahren (DIN EN 1427, 2015), Beuth Verlag, Berlin
Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (2016): Arbeitsanleitung zur Bestimmung des Verformungsverhaltens von Bitumen und bitumenhaltigen Bindemitteln im Dynamischen Scherrheometer (DSR) – Teil 2: Durchführung der MSCR-Prüfung (Multiple Stress Creep and Recovery Test) (AL DSR-Prüfung (MSCRT) 16), Köln (FGSV 723)
Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (2016): Empfehlungen zur Klassifizierung von viskositätsveränderten Bindemitteln (E KvB 16), Köln (FGSV 727)
Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (2017): Arbeitsanleitung zur Bestimmung des Verformungsverhaltens von Bitumen und bitumenhaltigen Bindemitteln im Dynamischen Scherrheometer (DSR) – Teil 4: Durchführung des Bitumen-Typisierungs-Schnell-Verfahrens (BTSV), (AL DSR- Prüfung (BTSV) 17), Köln (FGSV 720)
G e h r k e, M.; W e i g e l, S. (2019): Forschungsbericht FE-Nr. 07.0286/2016/EGB Entwicklung einer Prüfsystematik zur Identifizierung der Bitumenart und der verwendeten Modifizierungsmittel in einem Ausbauasphalt. Im Auftrag der Bundesanstalt für Straßenwesen, Entwurf Schlussbericht, 2019
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