FGSV-Nr. FGSV A 40
Ort Nürnberg
Datum 10.05.2011
Titel Bindemittel und die Gebrauchseigenschaften von Asphalt
Autoren Dr.-Ing. Manfred Hase
Kategorien Asphaltstraßen
Einleitung

Die Wahl des Bindemittels kann das Gebrauchsverhalten der Asphalte (hoher Verformungswiderstand bei Wärme, ausreichende Ermüdungsbeständigkeit und gutes Kälteverhalten) entscheidend beeinflussen.

Zur Bestimmung des unterschiedlichen rheologischen Stoffverhaltens verschiedener Bindemittel gleicher Sorte auf das Verformungsverhalten von Asphalt wurden drei Bitumensorten von jeweils vier verschiedenen Herstellern untersucht. Als Mischgutvarianten wurden zwei Deckschichtvarianten und eine Asphaltbindervariante ausgewählt.

Die Ergebnisse der Untersuchungen zur Ansprache der Bindemitteleigenschaften belegen, dass es in 90 % der untersuchten Varianten signifikante Unterschiede bezüglich der technischen Eigenschaften von Bitumen gleicher Sorte und unterschiedlicher Hersteller gibt.

Aufgrund der vorliegenden Erkenntnisse hinsichtlich der durch rheologische Prüfverfahren festgestellten signifikanten Unterschiede im Materialverhalten von Bitumen gleicher Sorte unterschiedlicher Hersteller und der daraus resultierenden Einflüsse auf das Verformungsverhalten von Asphalten bei Wärme sollte neben den herkömmlichen, konventionellen Bitumenkenngrößen der Ermittlung rheologischer Bitumeneigenschaften in der Straßenbaupraxis zukünftig deutlich mehr Bedeutung beigemessen werden.

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Der Fachvortrag zur Veranstaltung ist im Volltext verfügbar. Das PDF enthält alle Bilder und Formeln.

 1 Einleitung

Die Gebrauchseigenschaften von Asphalten werden im Wesentlichen durch eine gute Verformungsbeständigkeit, gutes Ermüdungs- und Kälteverhalten sowie durch eine hohe Griffigkeit positiv beeinflusst. In dem Beitrag wird auf die Verformungsbeständigkeit als wichtige Gebrauchseigenschaft des Asphaltes näher eingegangen. Es soll insbesondere die Frage beantwortet werden, ob unterschiedliche rheologische Stoffverhalten eines Bitumens die Verformungsbeständigkeit eines Asphaltes maßgeblich beeinflussen kann.

Im Rahmen des Forschungsvorhabens FE 7.225 „Einfluss von Qualitätsunterschieden polymermodifizierter Bindemittel gleicher Sorte auf das mechanische Verhalten von Asphalten, Teil 1: Verformungsverhalten bei Wärme“ [1] galt es herauszufinden, ob sich unterschiedliches rheologisches Stoffverhalten verschiedener Bindemittel gleicher Sorte von verschiedenen Herstellern auf das Verformungsverhalten bei Wärme, das heißt auf ein wesentliches Qualitätsmerkmal hinsichtlich der Nutzungsdauer der Straßenkonstruktion, auswirkt.

2 Untersuchungsmethodik

Um hinsichtlich der Verformungsbeständigkeit etwaige Korrelationen zwischen den rheologischen Eigenschaften der Bitumen- und der Asphaltkennwerte aufzuweisen, wurden Untersuchungen an verschiedenen Bitumen- und Mischgutvarianten im verdichteten Zustand durchgeführt.

Zur Bestimmung des unterschiedlichen rheologischen Stoffverhaltens verschiedener Bindemittel gleicher Sorte auf das Verformungsverhalten von Asphalt wurden drei Bitumensorten (25/55-55A, 40/100-65A, 10/40-65A) von jeweils vier verschiedenen Herstellern verwendet. Als Mischgutvarianten wurden zwei Deckschichtvarianten (AC 11 D S, SMA 11 S) und eine Asphaltbindervariante (AC 16 B S) ausgewählt.

Im Folgenden wird nur auf einige ausgewählte Ergebnisse des Forschungsvorhabens eingegangen.

2.1 Rheologische Untersuchungen – (DSR-Analytik)

Neben den konventionellen Bitumeneigenschaften wurden hier insbesondere die rheologischen Bitumeneigenschaften mittels Dynamischer Scher-Rheometer-Versuche (DSR-Analytik) ermittelt.

Das rheologische Stoffverhalten eines Bitumens kann mit Hilfe Dynamischer-Scher-Rheometer-Versuche (DSR-Versuche) angesprochen und beschrieben werden. Das zu prüfende Bitumen wird dabei zwischen zwei parallele Metallplatten eingebaut und einer schwingenden (oszillierenden) Scherbeanspruchung ausgesetzt.

In Tabelle 1 sind die Ergebnisse für einen DSR-Temperatur-Sweep (nach DIN EN 14770) [2] von T = 30 °C bis T = 90 °C beispielsweise für Bitumen der Sorte 25/55-55A (PmB 45 A) im Lieferzustand wiedergegeben.

Am Beispiel der Ergebnisse für das Merkmal Komplexer Schubmodul G* (Tabelle 1, fettgedruckte Zahlen) kann abgelesen werden, dass sich deutliche rheologische Unterschiede im Stoffverhalten der Bitumen gleicher Sorte, aber unterschiedlicher Hersteller, nachweisen lassen.

Tabelle 1: Komplexer Schubmodul G*, Phasenwinkel d,G*/sind (Mittelwerte) für Bitumen der Sorte 25/55-55A (PmB 45 A) im Lieferzustand [1]

Bild 1: BLACK-Diagramm für gemäß DIN EN 12607-1 gealterte Bitumen der Sorte 25/55-55A (PmB 45 A) verschiedener Hersteller (Mittelwerte) [1]

Rheologische Unterschiede der Bitumen lassen sich auch mithilfe eines BLACK-Diagrammes veranschaulichen (Bild 1). In diesem Bild sind die Ergebnisse für den Komplexen Schubmodul G* und Phasenverschiebungswinkel d für alle geprüften Temperaturstufen in einem BLACK-Diagramm am Beispiel der Bitumen der Sorte 25/55-55A, die nach DIN EN 12607-1 gealtert wurden, wiedergegeben. Auch hier lassen sich visuell deutliche rheologische Unterschiede der Bitumen gleicher Sorte, aber unterschiedlicher Hersteller, nachweisen.

2.2 Rheologische Untersuchungen – (MSCR-Test)

Im Rahmen des genannten Forschungsvorhabens [1] wurden auch sogenannte Multiple Stress Creep Recovery (MSCR) Tests in Anlehnung an AASHTO Designation TP 70-07 [3] durchgeführt. Warum u. a. diese Versuchsart ausgewählt wurde, sollen folgende Überlegungen kurz verdeutlichen:

Asphalte für den Straßenbau sind Gemische aus Gesteinen und Bitumen. Gesteine verhalten sich bei Belastung als Einzelkorn elastisch und als Haufwerk auch plastisch. Bitumen reagiert thermo-elasto-viskos. Die Eigenschaften der Komponenten Gesteine und Bitumen übertragen sich auf den Asphalt. Bei Druckbeanspruchungen verhalten sich Asphalte entsprechend elastisch-plastisch-viskos.

Das Verformungsverhalten von Asphalten wird neben kompositionellen Merkmalen maßgeblich durch das thermo-elasto-viskose Verhalten des eingesetzten Bitumens beeinflusst. Bleibende Verformungen, meistens in Form von Spurrinnen, sind auf nicht-reversible Verformungsanteile des Asphaltes zurückzuführen. Um die nicht-reversiblen Verformungsanteile im Asphalt zu minimieren, sollte sich das Bitumen daher durch ein hohes Maß an elastischen Rückverformungsvermögen auszeichnen.

Ein gutes elastisches Rückverformungsverhalten des Bitumens kann mithilfe des sogenannten Multiple Stress Creep Recovery Tests (MSCR-Test) sehr gut angesprochen und beschrieben werden. Die Probenvorbereitungen beim Multiple Stress Creep Recovery Test als auch beim DSR Versuch gemäß DIN EN 14770 [2] sind identisch. Der MSCR-Test wurde hier bei einer konstanten Temperatur von T = 50 °C und einer konstanten Kriechbelastung von 1 Sekunde Dauer, gefolgt von einer zwängungsfreien Erholung von 9 Sekunden Dauer, durchgeführt.

Der MSCR-Test wurde in Anlehnung an AASHTO TP 70-07 mit drei Laststufen von 100, 1.600 und 3.200 Pa gefahren. Bei jeder der drei Laststufen wurden zehn Zyklen angesetzt, so dass insgesamt 30 Zyklen durchlaufen wurden. Die maximale Kriechbelastung für jeden Zyklus sollte 0,03 s nach dem Start des Zyklus erreicht werden. Die erforderliche Gesamtzeit dieses 3-Stufen-Kriech-Erholungstests betrug somit 300 Sekunden. Das Bild 2 zeigt exemplarisch die Ergebnisdarstellung einer Laststufe (100 Pa) eines MSCR-Tests, das heißt die akkumulierte Dehnung in Abhängigkeit von der Zeit.

Anhand von Bild 3 und den Gleichungen (1) soll exemplarisch durch Zahlenwerte verdeutlicht werden, wie die einzelnen Werte eines MSCR-Tests definiert sind bzw. errechnet werden.

Bild 2: Beispiel einer Ergebnisdarstellung einer Laststufe (100 Pa) eines MSCR-Tests, akkumulierte Dehnung in Abhängigkeit von der Zeit [3]

Bild 3: Beispiel für die Ermittlung der prozentualen Erholung für einen Zyklus Nummer 9 bei einer Kriechbeanspruchung von 100 Pa [3]

Formeln in der PDF

Aus diesen Daten können als Ergebnisse des MSCR-Tests die nachstehenden Kenngrößen je Laststufe errechnet werden:

Formeln in der PDF

Neben den nach AASHTO: TP 70-07 anzugebenden Ergebnissen wurden die bleibenden Dehnungen nach 300 s festgestellt und zusätzlich je Laststufe die Dehnungsrate der bleibenden akkumulierten Dehnung zwischen dem 6. und 10. Lastzyklus errechnet.

Die Dehnungsraten der bleibenden akkumulierten Dehnungen der Asphalte sind bei den durchzuführenden Asphaltversuchen zum Verformungsverhalten wesentliche Ergebnisse. Zur Ermittlung der Dehnungsraten des Bitumens wurden am Ende eines jeden Lastzyklus die bleibenden akkumulierten Dehnungen festgehalten, so dass eine Impulskriechkurve, wie sie auch beispielsweise bei den einaxialen Druckschwellversuchen ermittelt wird, aufgezeichnet werden konnte.

Bestimmt man durch lineare Regression die Steigung dieser Impulskriechkurven vom 6. bis Lastzyklus (fünf Wertepaare), so erhält man in sehr guter Näherung (R² = 0,99 bis 1,0) die Dehnungsrate des Bitumens je Laststufe, die für diesen Bereich als konstant angenommen werden kann. Der Zusammenhang der akkumulierten bleibenden Dehnungen zwischen dem 6. bis 10. Lastzyklus und der Zeit des MSCR-Tests ist somit linear.

Das Bild 4 soll exemplarisch die Vorgehensweise zur Ermittlung der Dehnungsraten von Bitumen bildhaft für eine Laststufe von 3.200 Pa veranschaulichen. Im Bild 4 sind die Mittelwerte jeweils eines Bitumens der gemessenen akkumulierten Dehnungen bei 3.200 Pa über die Zeit für Bitumen der Sorte 25/55-55A von vier verschiedenen Herstellern grafisch dargestellt.

Bild 4: Akkumulierte bleibende Dehnung in Abhängigkeit von der Zeit bei einer Temperatur von 50 °C und einer Spannung in der Belastungsphase von 3.200 Pa für Bitumen im Lieferzustand der Sorte 25/55-55A verschiedener Hersteller (Mittelwerte) [1]

Im Bild 4 wurden zusätzlich die für zwischen dem 6. bis 10. Lastzyklus durch lineare Regression festgestellten mathematischen Zusammenhänge zwischen bleibender akkumulierter Dehnung (y) und der Zeit (x) sowie zugehörigem Bestimmtheitsmaß für die vier verschiedenen Bitumen der Sorte 25/55-55A eingetragen. Das Steigungsmaß dieser Geradengleichungen entspricht dem Ergebnis für die vorstehend genannte Kenngröße „Dehnungsrate“. Die zugehörige Gerade sind in den Bildern jeweils „durchgezogen“ dargestellt.

In den Tabellen 2 bis 4 sind, getrennt für drei betrachtete Bitumensorten, die durch MSCR-Tests festgestellten Ergebnisse für die „frischen“ und gemäß DIN EN 12607-1 (RTFOT) gealterten Bitumen wiedergegeben.

Bei der Betrachtung der Tabellen 2 bis 4 wird deutlich, dass die Ergebnisse der Bitumenkennwerte unterschiedlicher Bitumen-Hersteller teilweise sehr stark differieren. Mit Ausnahme der prozentualen Differenzen Rdiff zwischen Laststufen wurden alle in den Tabellen 2 bis 4 aufgeführten rheologischen Bitumeneigenschaften mit Hilfe statistischer Verfahren [4] ausgewertet. Demnach kann zusammenfassend konstatiert werden, dass statistisch signifikante Unterschiede in den rheologischen Eigenschaften der Bitumen gleicher Sorte, aber unterschiedlicher Hersteller, in 90 % der untersuchten Varianten nachgewiesen werden konnten [1].

Es galt nun die Frage zu beantworten, inwieweit die erkannten signifikanten rheologischen Unterschiede der Bitumen gleicher Sorte verschiedener Hersteller sich auf das Verformungsverhalten der Asphalte auswirken. Diese Frage soll am Beispiel der Ergebnisse der einaxialen Druckschwellversuche am Splittmastixasphalt SMA 11 S beantwortet werden.

Tabelle 2: Durchschnittliche, prozentuale Erholung je Laststufe und prozentuale Differenzen Rdiff zwischen Laststufen für Bitumen der Sorten 25/55-55A (PmB 45 A), 40/100-65A (PmB H), 10/40-65A (PmB 25 A) vor und nach Alterung gemäß DIN EN 12607-1 (Mittelwerte) [1]

Tabelle 3: Dehnungsrate der akkumulierten bleibenden Dehnungen zwischen dem 6. bis 10. Lastzyklus für Bitumen der Sorten 25/55-55A (PmB 45 A), 40/100-65A (PmB H), 10/40-65A (PmB 25 A) vor und nach Alterung gemäß DIN EN 12607-1 in Abhängigkeit von der Kriechspannung in der Belastungsphase (Mittelwerte) [1]

Tabelle 4: Akkumulierte Dehnung nach 300 Sekunden für Bitumen der Sorten 25/55-55A (PmB 45 A), 40/100-65A (PmB H), 10/40-65A (PmB 25 A) vor und nach Alterung gemäß DIN EN 12607-1 (Mittelwerte) [1]

2.3 Einaxiale Druckschwellversuche

Die Durchführung des einaxialen Druckschwellversuchs erfolgt gemäß den Technischen Prüfvorschriften für Asphalt im Straßenbau, TP A-StB, Teil: „Einaxialer Druckschwellversuch-Bestimmung des Verformungsverhaltens von Walzasphalten bei Wärme“, Ausgabe 1999.

Im Rahmen des Forschungsvorhabens wurden die einaxialen Druckschwellversuche sowohl an Marshall-Probekörpern mit zwei verschiedenen Verdichtungsgradniveaus k1 ca. 100 % und k2 ca. 97 bis 98 % und an Bohrkernen aus im Labor hergestellten Platten mit einem Verdichtungsgradniveau k1 von ca. 100 % durchgeführt.

Für die Beurteilung des Verformungsverhaltens ist der Kurvenverlauf in der zweiten Phase des Druckschwellversuchs von besonderer Bedeutung. Als maßgebende Parameter wurden deshalb die folgenden charakteristischen Größen festgelegt:

nw = Lastimpulsanzahl im Wendepunkt [-],

εw = Dehnung im Wendepunkt [‰],

ε*w = Dehnungsrate im Wendepunkt [‰ / 104n].

Wurde im Versuchsablauf kein Wendepunkt erreicht, so gilt nach der o. a. Technischen Prüfvorschrift (TP) die Steigung der Kurve im quasi-linearen Bereich zwischen dem 9.000 und 10.000 Lastwechsel als Dehnungsrate. Der Versuch gilt nach den TP als beendet, wenn mehr als 10.000 Lastwechsel erreicht werden oder eine Dehnung von 40 ‰ überschritten wird.

Als Beispiel sind die Ergebnisse der einaxialen Druckschwellversuche am SMA 11 S mit dem Bitumen der Sorte 40/100-65A in den Bildern 5 bis 7 in Abhängigkeit der Hersteller dargestellt.

Die Ergebnisse der Druckschwellversuche (Bilder 5 bis 7) machen deutlich, dass die zuvor gefundenen signifikanten rheologischen Unterschiede der Bitumen gleicher Sorte, aber unterschiedlicher Hersteller, sich auch signifikant auf das Verformungsverhalten der Asphalte auswirken.

Besonders deutlich zeigen sich diese Unterschiede bei den mit einem Verdichtungsgrad k2 von 97 bis 98 % hergestellten Marshall-Probekörper. Hier wurden die höchsten Dehnungsraten und niedrigsten Lastwechselzahlen gemessen, was für das Verformungsverhalten eines Splittmastixasphalts SMA 11 S als negativ gewertet werden muss.

Bild 5: Dehnungsrate εw*, (MPK, BK), SMA 11 S, 40/100-65A [1]

Bild 6: Dehnung εw bzw. ε10.000, (MPK, BK), SMA 11 S, 40/100-65A [1]

Bild 7: Anzahl der Lastwechsel nw, (MPK, BK), SMA 11 S, 40/100-65A [1]

3 Empfehlung von Anforderungswerten

Zur Ableitung von Anforderungswerten für Bitumeneigenschaften, deren Erfüllung als Kriterium für einen bei Wärme ausreichend verformungsbeständigen Asphalt zu interpretieren ist, wurden mittels Regressionsanalysen mathematische Zusammenhänge zwischen den aus MSCR-Tests gefundenen Bitumeneigenschaften (durchschnittliche prozentuale Erholung bei 50 °C und 3.200 Pa) und den Verformungsergebnissen (Dehnungsraten im Druckschwellversuch) hergestellt.

Aus verschiedenen Literaturangaben [5, 6, 7] konnten Bewertungshintergründe bzw. Beurteilungsmaßstäbe hinsichtlich der im einaxialen Druckschwellversuch ermittelten Dehnungsraten und des Verformungsverhaltens von Asphalt entnommen werden, die sich auf die Asphaltsorte Splittmastixasphalt mit einem Größtkorn von 11 mm beziehen.

Daher konnten im Rahmen des Forschungsvorhabens [1] für die Mischgutsorte SMA 11 S jeweils für die Bitumen 25/55-55A und 40/100-65A Anforderungswerte zum Erreichen eines verformungsbeständigen Asphaltes mit einem Verdichtungsgrad von 97 bis 98 % für die Bitumeneigenschaften Phasenwinkel bei 50 °C (DSR) nach Alterung und für die Eigenschaft durchschnittliche, prozentuale Erholung bei 3.200 Pa (MSCR) im Lieferzustand in Abhängigkeit von der Verkehrsbeanspruchung abgeleitet werden (Tabelle 5).

Tabelle 5: Empfohlene Anforderungswerte [1]

4 Folgerungen für die Praxis

Aufgrund der nunmehr vorliegenden Erkenntnisse hinsichtlich der durch rheologische Prüfverfahren festgestellten signifikanten Unterschiede im Materialverhalten von Bitumen gleicher Sorte von unterschiedlichen Herstellern und der daraus resultierenden Einflüsse auf das Verformungsverhalten von Asphalten bei Wärme sollte der Ermittlung rheologischer Bitumeneigenschaften in der Straßenbaupraxis im Vergleich zu den herkömmlichen, konventionellen Bitumenkenngrößen zukünftig deutlich mehr Beachtung beigemessen werden.

Insbesondere wurden signifikante Unterschiede zwischen Bitumen gleicher Sorte von verschiedenen Herstellern bezüglich der rheologischen Bitumeneigenschaften Phasenwinkel bei 50 °C nach RTFOT-Alterung und der durchschnittlichen, prozentualen Erholung bei 50 °C sowie 1.600 bzw. 3.200 Pa im Lieferzustand konstatiert. Dies führte wiederum dazu, dass Korrelationen zwischen diesen Kennwerten – jeweils getrennt voneinander – als Einflussgröße und der im einaxialen Druckschwellversuch ermittelten Dehnungsrate als Zielgröße mit guten Bestimmtheitsmaßen nachweisbar waren.

Für die Praxis ist in diesem Zusammenhang vor allem von Interesse, dass eher rheologische Bitumeneigenschaften das Verformungsverhalten bei Wärme von Asphalten beeinflussen, die von der Elastizität bzw. vom elastischen Rückstellvermögen und weniger von der Steifigkeit (z. B. komplexer Schubmodul G*) der Bitumen geprägt sind.

Die im Rahmen des Forschungsvorhabens [1] empfohlenen Anforderungswerte für die oben genannten Bitumeneigenschaften bezüglich eines Splittmastixasphaltes mit Verdichtungsgraden zwischen ca. 97 bis 98 % können für den Asphalttechnologen bereits während der Erstellung der Erstprüfung sehr hilfreich sein. In Abhängigkeit von der zu erwartenden Verkehrsbeanspruchung kann insbesondere für den Fall, dass der nach den ZTV Asphalt-StB 07 geforderte Verdichtungsgrad gerade erreicht wird, ein Bitumen gewählt werden, durch dessen Einsatz die Konzeption eines bei Wärme verformungsbeständigen Asphaltes möglich ist.

Aus der Fachliteratur geht hervor, dass mit Zunahme der im einaxialen Druckschwellversuch festgestellten Dehnungsrate die sich in situ einstellende Spurrinnenentwicklung schneller voranschreitet. Aufgrund der Erkenntnisse des Forschungsvorhabens führen höhere durchschnittliche, prozentuale Erholungen des verwendeten Bitumens im Lieferzustand bei 50 °C und 1.600 bzw. 3.200 Pa sowie niedrigere Phasenwinkel bei 50° C nach RTFOT-Alterung des eingesetzten Bitumens zu niedrigeren Dehnungsraten eines Splittmastixasphaltes. Daraus folgt, dass bei den genannten Tendenzen dieser Bitumenkenngrößen geringere Spurrinnentiefen in einem zu betrachtenden Zeitraum zu erwarten sind. Die genannten Einflussgrößen wirken sich demnach auf ein wesentliches Qualitätsmerkmal – möglichst geringe Spurrinnentiefen – der Fahrbahnbefestigung aus.

Um in systematischer Weise eine Qualitätsverbesserung des Asphaltes, das heißt eine Verlängerung der Gesamtnutzungsdauer der Straße und möglichst lange eine Straßenoberfläche mit geringen Spurrinnentiefen, also eine Verzögerung der nächsten Instandsetzung und somit eine Entlastung der Volkswirtschaft zu erzielen, wird aufgrund der festgestellten Ergebnisse des Forschungsprojektes empfohlen, eine der folgenden beiden Vorgehensweisen für die Praxis zu wählen:

1.) Aufnahme der empfohlenen Anforderungswerte für Bitumen einer für den Anwendungsfall maßgebend zu wählenden Sorte hinsichtlich der o. g. rheologischen Bitumeneigenschaften in Funktionsbauverträgen oder Leistungsverzeichnissen, wenn ein Mindestverdichtungsgrad des Splittmastixasphaltes von mindestens 97 % vorgesehen werden soll. Dadurch können die gerade bei Verdichtungsgraden zwischen ca. 97 bis 98 % deutlichen Auswirkungen der signifikanten Unterschiede im rheologischen Stoffverhalten von Bitumen gleicher Sorte auf das Verformungsverhalten des Splittmastixasphaltes bei Wärme beeinflusst werden.

oder

2.) Definition eines Mindestverdichtungsgrades von deutlich über 98 % (z. B. 99 bis 100 %) als Anforderungswert in Funktionsbauverträgen oder Leistungsverzeichnissen, um sicherzustellen, dass sich die vorhandenen signifikanten Unterschiede im rheologischen Materialverhalten von Bitumen gleicher Sorte nicht oder nur geringfügig auf das Verformungsverhalten von Splittmastixasphalt bei Wärme auswirken.

Literaturverzeichnis

  1. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Schlussbericht zum Forschungsprojekt FE 7.225 Einfluss von Qualitätsunterschieden polymermodifizierter bitumenhaltiger Bindemittel gleicher Sorte auf das mechanische Verhalten von Asphalten, Teil 1: Verformungsverhalten bei Wärme, Hansa-Nord-Labor GmbH Ingenieur und Prüfgesellschaft, Pinneberg 2011
  2. DIN EN 14770: Bitumen und bitumenhaltige Bindemittel – Bestimmung des komplexen Schermoduls und des Phasenwinkels – Dynamisches Scherrheometer (DSR); Deutsche Fassung EN 14770:2005
  3. AASHTO Designation: TP 70-07, multiple stress creep recovery (MSCR) test of asphalt binder using a dynamic shear rheometer
  4. Sachs, : Angewandte Statistik, Anwendung statistischer Methoden, 6. Auflage, Springer-Verlag, 1984
  5. Roos, ; Charif, K.; Karcher, C.; et al.: Schaffung eines Bewertungshintergrundes zur Prognostizierung der Standfestigkeit von Asphalten mit dem Druckschwellversuch – Hauptphase, Forschung Straßenbau und Straßenverkehrstechnik, Heft 868, 2003
  6. Schellenberg, ; Schellenberg, P.: Die Wärmestandfestigkeit von Asphalt – Der Druckschwellversuch seit 25 Jahren in der Bewährung, Straße und Autobahn 9, 2008
  7. Karcher, : Prognose und Bewertung des Verformungsverhaltens von Asphalten mit dem Druckschwellversuch am Beispiel des Splittmastixasphaltes, Veröffentlichungen des Institutes für Straßen- und Eisenbahnwesen der Universität Karlsruhe, Heft 54, Karlsruhe 2005