FGSV-Nr. FGSV A 41
Ort Düsseldorf
Datum 14.05.2013
Titel Lärmmindernde Asphaltdeckschichten – Der Weg ins Regelwerk
Autoren MR Dipl.-Ing. Gernot Rodehack
Kategorien Asphaltstraßen
Einleitung

Asphaltdeckschichten aus Offenporigem Asphalt (OPA) sind zwar die effektivste Art der Lärmminderung an der Quelle. Sie weisen aber neben der relativ kurzen Lebenszeit eine Reihe von Problempunkten auf. In den vergangenen Jahren wurde daher auf den verschiedensten Ebenen daran gearbeitet, weitere lärmmindernde Deckschichten zu entwickeln. Inzwischen sind verschiedene Deckschichten in der Erprobung und immer häufiger wird die Frage gestellt, wann diese in das Regelwerk aufgenommen werden. Die technischen Veröffentlichungen der FGSV werden in 4 Kategorien eingeteilt. Regelwerke der Kategorie R 1 regeln, die der Kategorie R 2 empfehlen, wie geplant oder gebaut werden soll. Wissensdokumente der Kategorien W 1 und W 2 zeigen den aktuellen Stand des Wissens auf und erläutern, wie ein technischer Sachverhalt zweckmäßigerweise behandelt werden kann oder schon behandelt worden ist. Üblicherweise werden neue Entwicklungen zunächst in Arbeitspapieren der Kategorien W 2 oder W 1 beschrieben und so der aktuelle Stand des Wissens dokumentiert. Erst wenn ausreichende Erfahrungen gesammelt werden konnten, werden neue Entwicklungen in einem R 2-Regelwerk als Stand der Technik beschrieben. Sozusagen den letzten Schritt der Karriereleiter stellt dann die Aufnahme in ein R 1-Regelwerk, wie Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen oder Technische Lieferbedingungen, dar. Dazu sind jedoch neben flächendeckenden Erfahrungen auch Erkenntnisse im Hinblick auf Dauerhaftigkeit usw. notwendig. Der Arbeitskreis 7.3.3 „Innovationen“ und der Arbeitsausschuss 7.3 „Bauweisen“ arbeiten derzeit an „Empfehlungen zur Planung, Ausschreibung und Ausführung von lärmmindernden Asphaltdeckschichten“. Das Regelwerk soll den Stand der Technik beschreiben und wäre von daher in die Kategorie R 2 einzuordnen.

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1 Einleitung

Asphaltdeckschichten aus Offenporigem Asphalt (OPA) sind zwar die effektivste Art der Lärmminderung an der Quelle. Sie weisen aber eine Reihe von Problempunkten auf, die zu erheblichen Folgekosten führen. Neben den Kosten für die früher notwendigen Erneuerungen aufgrund der relativ kurzen Lebenszeit, sind dies insbesondere die Aufwendungen für den erforderlichen intensiveren Winterdienst. In den vergangenen Jahren wurde daher auf den verschiedensten Ebenen daran gearbeitet, weitere lärmmindernde Deckschichten zu entwickeln. Inzwischen sind verschiedene Deckschichten in der Erprobung und immer häufiger wird die Frage gestellt, wann diese in das Regelwerk aufgenommen werden. 

2 Systematik von Technischen Veröffentlichungen der FGSV

Die Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV) unterteilt die von den Gremien erarbeiteten Technischen Veröffentlichungen in vier Kategorien mit abgestufter Bedeutung. Dabei wird zwischen den Kategorien R 1, R 2, W 1 und W 2 unterschieden.

R steht für Regelwerke. Solche Veröffentlichungen regeln entweder, wie technische Sachverhalte geplant oder realisiert werden müssen bzw. sollen, oder empfehlen, wie diese geplant oder realisiert werden sollten.

W steht für Wissensdokumente. Die in diese Kategorien eingruppierten Veröffentlichungen zeigen den aktuellen Stand des Wissens auf und erläutern, wie ein technischer Sachverhalt zweckmäßigerweise behandelt werden kann oder schon erfolgreich behandelt worden ist.

Die Kategorie R 1 bezeichnet Regelwerke der 1. Kategorie. R 1 – Veröffentlichungen umfassen Vertragsgrundlagen, also Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen und Richtlinien (ZTV), Technische Lieferbedingungen (TL) und Technische Prüfvorschriften (TP) sowie Richtlinien. Veröffentlichungen der Kategorie R 1 sind stets innerhalb der FGSV abgestimmt. Da sie zudem auch mit dem Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) und über dieses mit den Straßenbauverwaltungen der Länder abgestimmt werden, haben diese Regelwerke, insbesondere wenn sie als Vertragsbestandteil vereinbart werden sollen, eine hohe Verbindlichkeit.

Die Kategorie R 2 bezeichnet Regelwerke der 2. Kategorie. Sie umfasst Merkblätter und Empfehlungen. R 2 – Veröffentlichungen sind stets innerhalb der FGSV abgestimmt. Die FGSV empfiehlt ihre Anwendung als Stand der Technik.

Die Kategorie W 1 bezeichnet Wissensdokumente der 1. Kategorie. W 1 – Veröffentlichungen umfassen Hinweise. Veröffentlichungen dieser Kategorie sind innerhalb der FGSV, nicht jedoch mit Externen abgestimmt und geben den aktuellen Stand des Wissens innerhalb der zuständigen FGSV-Gremien wieder.

Die Kategorie W 2 bezeichnet Wissensdokumente der 2. Kategorie. W 2 – Veröffentlichungen umfassen Arbeitspapiere Dabei kann es sich um Zwischenstände bei der Erarbeitung von weitergehenden Aktivitäten oder um Informations- und Arbeitshilfen handeln. Sie sind nicht innerhalb der FGSV abgestimmt; sie geben die Auffassung eines einzelnen FGSV-Gremiums wieder. 

3 Bearbeitung eines Regelwerkes in den Gremien

Aus den Beschreibungen der Kategorien geht hervor, dass der Stand des Wissens über eine Bauweise für die Einstufung einer Veröffentlichung maßgeblich ist. Damit jedoch eine neue Bauweise überhaupt in einer Veröffentlichung der FGSV beschrieben werden kann, ist es erforderlich, dass sie den zuständigen Gremien – für den Bereich der Asphaltbauweisen heißt das im Arbeitsausschuss 7.3 Bauweisen und seinen Arbeitskreisen – bekannt ist. Die Mitglieder der Gremien beobachten dazu – soweit sie nicht selbst an der Entwicklung beteiligt sind – die Fachveröffentlichungen und versuchen über interessante Entwicklungen nähere Informationen zu erhalten. Erscheint eine Entwicklung Verfolgens wert, wird versucht, möglichst viele Informationen über die Bauweise und die ausgeführten Baumaßnahmen zu erhalten. Dabei interessieren vor allem folgende Fragen:

  • Wurde das Konzept beibehalten?
  • Wenn nein, welche Veränderungen wurden vorgenommen?
  • Welche Auswirkungen haben die vorgenommenen Veränderungen?

Sind die erhaltenen Informationen fundiert, wird das zusammengetragene Wissen einschließlich der bisherigen Erfahrungen in einem Arbeitspapier oder – wenn bereits Erfahrungen über mehrere Jahre vorliegen – in Hinweisen dokumentiert, so dass einer breiteren Öffentlichkeit die Möglichkeit der Anwendung eröffnet wird.

Da R 2 – Veröffentlichungen für die Anwendung als Stand der Technik empfohlen werden, sind für Empfehlungen zu einer Bauweise oder ein Merkblatt über eine Bauweise ausreichende und langjährige Erfahrungen mit dieser Bauweise notwendig. Im Straßenbau bedeutet das aber, dass in der Regel mindestens 10 Jahre vergehen bevor ein Merkblatt zu einer neuen Bauweise veröffentlicht werden kann. Viele empfinden diesen Zeitraum als zu lang. Der Anspruch, dass in solchen Veröffentlichungen der Stand der Technik beschrieben wird, erfordert aber entsprechend gründliche Recherche. Es ist niemandem gedient, wenn, nur um schnell zu sein, eine Bauweise als Stand der Technik zur Anwendung empfohlen wird, bei der nicht alle Belange betrachtet wurden und es daher frühzeitig zu Schäden kommt oder – in meinen Augen noch schlimmer – die nicht dauerhaft verkehrssicher ist.

Hat sich eine Bauweise dauerhaft bewährt steht einem flächendeckenden Einsatz nichts mehr im Wege. Mit der Aufnahme in ein R 1-Regelwerk wird sozusagen die letzte Stufe der Karriereleiter erklommen.

Bild 1: Stufen der Regelwerksentwicklung 

4 Lärmmindernde Asphaltdeckschichten

Derzeit werden in Deutschland verschiedene Konzepte für neue lärmmindernde Asphaltdeckschichten verfolgt. Der Einbau des ersten lärmoptimierten Splittmastixasphaltes (SMA LA) erfolgte im Jahr 2005 auf der A 93 bei Schwandorf. Die erste lärmoptimierte Asphaltdeckschicht LOA 5 D wurde im Jahr 2007 in Düsseldorf eingebaut und Gussasphalt mit ausgeprägter Oberflächenstruktur, für den sich die sachlich falsche Bezeichnung PMA (Porous Mastic Asphalt, übersetzt Gussasphalt mit offenporiger Oberfläche) eingebürgert hat, wurde zum ersten Mal 2009 auf einer Werksstraße der ABB – Asphalt-, Beton- und Baustoffhandel bei Geilenkirchen eingesetzt. Die drei Bauweisen beruhen auf unterschiedlichen Konzepten. Letztendlich sind sie aber alle so konzipiert, dass die akustisch vorteilhafte Oberflächentextur „Plateau mit Schluchten“ erreicht wird (Bild 2), durch die das Schwingungsverhalten vor allem der Pkw-Reifen positiv beeinflusst werden kann.

Bild 2: Oberflächentextur lärmarmer Deckschichten

Im Rahmen des Konjunkturpaketes II wurde der Einbau von lärmarmen Deckschichten im innerstädtischen Bereich von Seiten der Umweltministerien gefördert. Die Förderung erstreckte sich auch auf die neuen, bisher wenig erprobten Bauweisen. Dadurch kamen insbesondere SMA LA und LOA D wesentlich häufiger zur Anwendung als dies bei einer normalen Entwicklung der Fall wäre, so dass nun deutlich mehr Erfahrungen als üblich vorliegen. Der Arbeitskreis 7.3.3 Innovationen erarbeitet daher derzeit Empfehlungen zur Planung, Ausschreibung und Ausführung von lärmmindernden Asphaltdeckschichten LOA D und SMA LA. Die Empfehlungen sollen aufgrund der umfangreichen Erfahrungen den Stand der Technik beschreiben. Sie sind von daher in die Kategorie R 2 einzuordnen.

Die Bauweise PMA wird dagegen erst seit vier Jahren und zudem bisher regional eingeschränkt angewendet. Es liegen daher wesentlich weniger Erfahrungen vor. Dem entsprechend erarbeitet der Arbeitskreis 7.3.2 Gussasphalt derzeit ein Arbeitspapier zu PMA, das dann entsprechend der Nomenklatur der FGSV in die Kategorie W 2 einzuordnen wäre.

Beide Arbeitskreise haben angekündigt, den jeweiligen Entwurf im Herbst 2013 dem Arbeitsausschuss 7.3 Bauweisen zur Beratung vorzulegen. Nach der Verabschiedung der beiden Papiere im Arbeitsausschuss – wobei keineswegs sicher ist, dass die Entwürfe auch bereits bei der ersten Beratung im Arbeitsausschuss verabschiedet werden – werden die Entwürfe dem Lenkungsausschuss vorgelegt, der über die Veröffentlichung der Regelwerke entscheidet. Stimmt der Lenkungsausschuss der Veröffentlichung zu, werden die Entwürfe über die Geschäftsstelle der FGSV an den FGSV Verlag zur Drucklegung geleitet. Ziel der Arbeitskreise und des Arbeitsausschusses ist, die Papiere im Jahr 2014 zu veröffentlichen. 

5 Rechtliche Anerkennung der Lärmminderung

Unabhängig von den derzeit in den Arbeitskreisen erarbeiteten Arbeitspapieren und Empfehlungen ist jedoch die rechtliche Anerkennung der Lärmminderung, die durch die Verwendung der Bauweisen erzielt wird. Diese Anerkennung erfolgt durch ein Statuspapier der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt). Die bei den Baumaßnahmen durchgeführten Messungen haben zwar ergeben, dass bei den Bauweisen die Immissionen in der Umgebung geringer sind als bei den üblicherweise verwendeten dichten Asphaltdeckschichten, ein Korrekturwert DStrO wurde den Bauweisen aber bisher nicht zugewiesen. Aufgrund ihrer Konzeption auf der Grundlage von Splittmastixasphalt, Asphaltbeton bzw. Gussasphalt können die Deckschichten zwar überall dort eingesetzt werden, wo die rechtliche Verpflichtung zur Verwendung einer Deckschicht mit einem Korrekturwert DStrO von -2 dB(A) besteht. Die bei den bisherigen Maßnahmen erzielte, darüberhinausgehende Lärmminderung kann aber bei der Lärmberechnung nicht in Ansatz gebracht werden. 

6 Schlussbetrachtung

Der Weg von neuen Bauweisen in das Regelwerk ist weit:

  • Da das Regelwerk auf Erfahrungen aufbaut – ja aufbauen muss –, ist ein gewisser Zeitraum nötig, bis neue Bauweisen geregelt werden können.
  • Manchmal ist auch die Meinungsbildung in den Gremien schwierig.
  • Für die je nach Kategorie der Veröffentlichung notwendige Abstimmung der Regelwerke innerhalb der FGSV und mit Externen ist ebenfalls eine gewisse Zeit von Nöten.

Auch wenn die für die Bearbeitung der Regelwerke benötigte Zeit hin und wieder lang erscheint, sollte man diesen Umstand nicht beklagen. Denn alle an der Erarbeitung Beteiligten bemühen sich nach Kräften, ein inhaltlich richtiges, schlüssiges Regelwerk zu erstellen. Und dabei darf man nicht vergessen: Die Arbeit der Regelwerkserstellung wird von Ehrenamtlichen geleistet, die neben ihrer Tätigkeit in der FGSV auch noch einen Hauptberuf haben. 

Literaturverzeichnis

Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen: Systematik der FGSV-Regelwerke,
http://www.fgsv.de/rw_systematik.html