FGSV-Nr. FGSV A 37
Ort Bremen
Datum 01.06.2006
Titel Wiederverwertung von Ausbauasphalt in Deckschichten
Autoren Dipl.-Ing. Dipl.-Wirt.-Ing. Hans Schmidt
Kategorien Asphaltstraßen
Einleitung

Die Wiederverwertung von Ausbauasphalt wird seit Mitte der 80er Jahre erfolgreich betrieben, wobei Asphaltgranulat überwiegend in Asphalttragschichten eingesetzt wird. Um auch weiterhin die anfallenden Ausbauasphalt-Mengen höchstwertig und möglichst vollständig verwerten zu können, muss auch vermehrt Ausbauasphalt in Asphaltbinder- und Asphaltdeckschichten zur Anwendung kommen. Zum Nachweis der Gleichwertigkeit von mit Asphaltgranulat hergestellten Asphaltdeckschichten wurde die Forschungsarbeit „Wirksamkeit der Zugabe von Asphaltgranulat auf die mechanischen Eigenschaften von Asphaltdeckschichten“ durchgeführt. Es konnte nachgewiesen werden, dass Asphaltbetondeckschichten mit Asphaltgranulat bis zu 40 M.-% gleichwertige Gebrauchseigenschaften zu vergleichbarem Deckschichtmaterial ohne Asphaltgranulat aufweisen, entsprechend sorgfältige Vorbehandlung des Asphaltgranulates vorausgesetzt. Die Untersuchungsergebnisse zeigen weiterhin Phänomene auf, die auf einen Einfluss der „Doppelumhüllung“ schließen lassen. Diese lassen einen durchaus positiven Einfluss erkennen.

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1 Einleitung

Die Wiederverwertung von Ausbauasphalt bei der Herstellung von Heißasphalt erfolgt seit Mitte der 80er Jahre mit großem Erfolg. Von ca. 15 Mio. Tonnen, die jährlich an Ausbauasphalt anfallen, werden ca. 11 bis 12 Mio. t den Asphaltmischanlagen zur Heißverwertung zugeführt. Damit ist die höchstwertige Wiederverwertung von Ausbauasphalt im Sinne des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes eine Erfolgsstory, die in anderen Industriebereichen ihresgleichen sucht. Der Einsatz von Asphaltgranulat bei der Heißmischgutproduktion erfolgte bislang aber überwiegend in der Tragschichtproduktion. Die qualitätsrelevanten Einsatzbedingungen beschränken sich hierbei im Wesentlichen auf die Homogenitätskriterien und die Bindemittelhärte, unter der in der Regel gegebenen Annahme, dass die verwendeten Gesteine schon bei der Erstverwendung einer Gütesicherung unterlagen.

Auf Grund der sich im Laufe der Zeit ändernden Randbedingungen im Asphaltstraßenbau – weniger grundhafter Ausbau bzw. Neubau, mehr Erneuerungsmaßnahmen im Deckenbereich – verschiebt sich das typische Sortenbild der Auslieferungen einer Asphaltmischanlage. Der Asphalttragschichtanteil geht zurück, dementsprechend steigt der Anteil an Asphaltbinder- und deckschichtmischgut. Um auch weiterhin die anfallenden Ausbauasphalt-Mengen höchstwertig und möglichst vollständig verwerten zu können, müssen höhere Anforderungen an das Ausbaumaterial gestellt werden. Die bislang einzige Forderung an die Gesteinskörnungen, dass sie einer Güteüberwachung unterlegen haben, reicht nicht mehr aus! Vielmehr müssen jetzt die Eigenschaften der Mineralstoffe einzeln betrachtet werden, damit die Ausbaumaterialien zielgerichtet in Asphaltdeck- und binderschichten eingesetzt werden können. Diesen sich wandelnden Anforderungen an das Ausbaumaterial wurde in der FGSV dadurch Rechnung getragen, dass im Arbeitsausschuss 7.9 „Wiederverwendung von Asphalt“ die „Technischen Lieferbedingungen für Asphaltgranulat“ (TL AG-StB 01), Ausgabe 2001 [1] und das „Merkblatt für die Verwertung von Asphaltgranulat“ (M VAG), Ausgabe 2000 [2] erarbeitet wurden. Mit der Einführung und der stringenten Anwendung dieser Regelwerke kann sichergestellt werden, dass Asphaltgranulat den jeweiligen Anforderungen an die gezielte Mitverwendung in Asphalttrag-, Asphaltbinder- und Asphaltdeckschichten genügt, ohne dass es zu Qualitätseinbußen hinsichtlich der Materialeigenschaften im resultierenden Asphaltmischgut kommt.

Obwohl hiermit eindeutige Regelungen zur Qualitätssicherung festgeschrieben wurden, wird die Mitverwendung von Ausbauasphalt in Asphaltdecken – und dabei vor allem in Asphaltdeckschichten – in den einzelnen Bundesländern sehr unterschiedlich gehandhabt (Tabelle 1).

Tabelle 1: Länderregelungen für die Zugabe von Asphaltgranulat in Asphaltdeckschichten (siehe bitte PDF)

Leider ist es so, dass scheinbar jedes einzelne Bundesland seine eigenen Erfahrungen sammeln will. Auch im Sinne des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes wäre es sicher sinnvoller, wenn das Wissen der Bundesländer, die schon über deutlich größere Erfahrungen mit der Zugabe von Asphaltgranulat in Asphaltdeck- und -binderschichten verfügen, auf die anderen Bundesländer übertragen würde; denn die eingangs genannten Randbedingungen sind in allen Bundesländern weitgehend gleich! Dies bedingt aber auch, dass es zwischen den Ländern zu einem größeren Erfahrungsaustausch kommen muss. 

2 Voraussetzung für die Verwertung

Eine höchstwertige Mitverwendung in den oberen Asphaltschichten setzt selbstverständlich eine genaue und gewissenhafte „Asphaltgranulatwirtschaft“ voraus, die sich von der Anfallstelle bis zur Asphaltmischanlage erstreckt. Da nur Asphaltgranulat aus Asphaltdeckschichten wieder in neu herzustellende Deckschichten mitverwendet werden darf, muss schon auf der Baustelle sichergestellt werden, dass das auszubauende Material lagenweise ausgebaut und separiert wird. Dies kann zuverlässig nur dann erreicht werden, wenn schon in der Ausschreibung der lagenweise Ausbau der Asphaltschichten gefordert wird und Nebenangebote, die ein Aufnehmen des Materials in einem Fräsgang vorsehen, nicht zugelassen werden. Im Rahmen der gemeinsamen Qualitätsanstrengungen zwischen Bauunternehmer und Asphaltmischguthersteller ist weiterhin sicherzustellen, dass das herausgefräste und an die Mischanlage transportierte Material eindeutig der ausgebauten Schicht zugeordnet werden kann, damit eine getrennte Lagerung mit anschließender Untersuchung gemäß TL AG-StB 01 ermöglicht wird. Wurde das Material entsprechend separiert gelagert und untersucht, können Eignungsprüfungen für Asphaltdeckschichten unter Berücksichtigung eines Mengenanteils an Ausbauasphalt erstellt werden. Genauso wie bei der Mitverwendung in Asphalttragschichten gilt, dass die kompositorischen und mechanischen Eigenschaften des resultierenden Mischgutes den Eigenschaften einer Referenzmischung ohne Asphaltgranulat entsprechen müssen. Zwar liegen für Asphalttragschichten hierüber entsprechende Praxiserfahrungen schon seit über 20 Jahren vor, jedoch sind diese für Asphaltdeckschichten bislang noch nicht systematisch gesammelt worden. Erste Erfahrungen liegen meist mit Einzelbaumaßnahmen vor; in verschiedenen Artikeln wurde darüber in der Fachpresse berichtet.

Mit Vorliegen der TL AG-StB 01 und des M VAG hat sich in einigen Bundesländern in den letzten beiden Jahren der Einsatzbereich für Asphaltgranulat auch auf die Asphaltbinder- und Asphaltdeckschichten erweitert, so dass hier systematisch Erfahrungen gesammelt werden können. Dabei beschränkt sich die Mitverwendung in Deckschichten in der Regel aber auf die Asphaltbetone und damit auf die Bauklassen II bis VI. Die bisherigen Erfahrungen im Rahmen der Eigenüberwachung an den Asphaltmischanlagen zeigen, dass die Vorgaben der Eignungsprüfungen sehr gut eingehalten werden können. Bei einer sorgfältigen Aufbereitung des Asphaltgranulates liegen die ermittelten Streuungen der Ergebnisse für die Zusammensetzung und die mechanischen Eigenschaften des resultierenden Mischgutes sehr gut im zulässigen Toleranzbereich der ZTV Asphalt-StB.

Im Rahmen einer Forschungsarbeit des Umweltbundesamtes im Verbundvorhaben „Reststoffverwertung im Straßenbau“ wurde ebenfalls 2001 über Praxisausführungen unter Verwendung von Asphaltgranulat in Asphaltdeckschichten – hier sogar auch in Splittmastixasphalt – berichtet [3]. Dabei wurden neben den klassischen Parametern, wie Mischgutzusammensetzung, Erweichungspunkt des rückgewonnenen Bindemittels und Hohlraumgehalt, auch performance-orientierte Prüfkriterien betrachtet. Problempunkt dieser Arbeit war aber die großtechnische Herstellung des Mischgutes in verschiedenen Mischanlagen, deren Einflüsse eine exakte Auswertung und Vergleichbarkeit der Ergebnisse erheblich einschränkten.

Um aber eine systematische Untersuchung der Gebrauchseigenschaften – oder „neudeutsch“ der Performance-Eigenschaften – durchführen zu können, wurde im gemeinsamen Forschungsprogramm FGSV/BMVBW ein entsprechender Forschungsantrag für das Jahr 2001 vorgeschlagen. Im August 2001 wurde die Forschungsarbeit „Wirksamkeit der Zugabe von Asphaltgranulat auf die mechanischen Eigenschaften von Asphaltdeckschichten“ an die TU Braunschweig mit der Zielsetzung vergeben, Aussagen über die Auswirkung einer Asphaltgranulatzugabe auf die Performance-Eigenschaften des resultierenden Asphaltdeckschichtmischgutes zu erhalten. Dabei sollte auch die seit langem immer wieder diskutierte Frage ergründet werden, ob es zu einer vollständigen Vermischung von Altbindemittel aus dem Granulat und dem zugegebenen Frischbitumen – schon während des Herstellprozesses und nicht erst bei der Rückextraktion des Bindemittels – kommt. 

3 Forschungsarbeit „Wirksamkeit der Zugabe von Asphaltgranulat auf die mechanischen Eigenschaften von Asphaltdeckschichten

Die Forschungsarbeit ist so aufgebaut, dass – ausgewählt an einem Asphaltbeton 0/11 S – performance-orientierte Prüfungen durchgeführt werden, wobei folgende Einflussparameter variieren:

  • Asphaltgranulathärte (EP RuK 56 °C und 69 °C)
  • Zugabeanteil (20 M.-%, 40 M.-%)
  • Zugabeverfahren (Warmzugabe, Kaltzugabe)
  • Nachmischzeit (30, 90, 180 s)
  • Feuchtegehalt des Granulates (natürl. Wassergehalt, 3 % Feuchte).

Der Asphaltbeton 0/11 S wurde ausgewählt, um einerseits die in der Forschungsarbeit zu ermittelnden Ergebnisse der performance-orientierten Prüfungen möglichst rasch über die Erfahrungen, die mit den derzeit schon in einigen Bundesländern praktizierten Regelungen gesammelt werden, validieren zu können. Andererseits stellt die Verwendung von Asphaltgranulat in Splittmastixasphalt noch einmal höhere Anforderungen an das Granulat sowie an die Vorbereitungen und den Einsatz an der Asphaltmischanlage. Da Splittmastixasphalt auch überwiegend in den höchsten Bauklassen und bei besonderen Beanspruchungen verwendet wird und damit i. d. R. auch polymermodifizierte Bitumen enthält, soll die systematische Prüfung für diese Deckschicht erst in einem späteren Schritt erfolgen. Dass die Verwendung von entsprechend geeignetem Asphaltgranulat aber auch in Splittmastixasphalt grundsätzlich möglich ist, haben diverse Einzelbeispiele schon gezeigt.

Die Gebrauchseigenschaften des ausgewählten Asphaltbetons wurden durch folgende Prüfverfahren ermittelt, wobei die Standfestigkeit in der Wärme, das Kälteverhalten und die Ermüdungseigenschaften geprüft wurden:

  • Verdichtbarkeit über die Bestimmung des Verdichtungswiderstandes D
  • Verformungswiderstand in der Wärme mittels Spurbildungstest und Druck-Schwellversuchen
  • Rissverhalten in der Kälte durch Zug- und Abkühlversuche
  • Ermüdungseigenschaften durch Zug-Schwellversuche.

Wichtige Voraussetzung war, dass alle geprüften Varianten eine nahezu identische Zusammensetzung aufwiesen, um nach Möglichkeit einen Einfluss aus den aufgezeigten Variationen zu erkennen, der auch Auskunft darüber geben kann, inwieweit es zu einer Vermischung des neu hinzugegebenen Bindemittels mit dem Bitumen aus dem Asphaltgranulat kommt. Dies gelang durch eine konsequente Aufbereitung der Ausgangsmaterialien und eine gezielte Auswahl und Homogenisierung der verwendeten Asphaltgranulate.

Die ausgewählten Asphaltgranulate waren gemäß ihrer Sieblinie und ihrem Bindemittelgehalt einem Asphaltbeton 0/11 zuzuordnen. Die Erweichungspunkte Ring und Kugel unterschieden sich in ihrer Härte (56,4 °C = „weiches“ Granulat; 69,1 °C = „hartes“ Granulat). Eine entsprechende Charakterisierung der beiden Granulate erfolgte gemäß Anhang 3 der TL AGStB 01 (Bild 1).

Die als Basis erstellte Eignungsprüfung des Referenzmischgutes (Tabelle 2) weist einen Hohlraumgehalt von 3,8 Vol-% auf. Der Bindemittelgehalt von 5,6 M.-% liegt zwar unter dem Mindestbindemittelgehalt der ZTV Asphalt-StB von 5,9 M.-%, aber bedingt durch die hohe Gesteinsrohdichte für den verwendeten Gabbro-Splitt aus dem Harz ist die Unterschreitung zulässig. Die Eignungsprüfung wurde auf ein Brechsand-Natursand-Verhältnis von 3:1 ausgelegt, da im zu verwendenden Asphaltgranulat ein Brechsand-Natursand-Verhältnis von ca. 1:1 ermittelt wurde und sich bei Asphaltgranulat-Zugabemengen von 20 bis 40 % im resultierenden Mischgut ein Brechsand/Natursand-Verhältnis bis ca. 3:1 einstellen kann. Bei den mit Asphaltgranulat im Labor hergestellten und untersuchten Mischungen wurde angestrebt, die Werte der Eignungsprüfung der Referenzmischung möglichst zielgenau anzusteuern. Dazu gehörte auch, das Frischbitumen in seiner Viskosität so auszuwählen, dass der rechnerisch resultierende Erweichungspunkt möglichst nahe an den Wert des in der Referenzmischung verwendeten Bitumens 50/70 heranreicht. 

Bild 1: Eigenschaften der verwendeten Asphaltgranulate (links: „weich“, rechts: „hart“) (siehe bitte PDF)

Tabelle 2: Werte der Referenz-Eignungsprüfung Asphaltbeton 0/11S (siehe bitte PDF)

Die mit den einzelnen Mischgutvariationen überprüften Gebrauchseigenschaften werden nachfolgend zusammenfassend dargestellt und kommentiert. Es werden aber nur die wesentlichen Punkte herausgegriffen. Ansonsten sei auf die bereits veröffentlichten Ergebnisse der Forschungsarbeit verwiesen [4, 5].

3.1 Verdichtbarkeit

Zur Bestimmung der Verdichtbarkeit der unterschiedlichen Mischgutvariationen wurde das in der „Arbeitsanleitung für die Bestimmung der Verdichtbarkeit von Walzasphalt mit Hilfe des Marshall-Verfahrens“ der FGSV beschriebene D-Wert-Verfahren angewendet. Der D-Wert kennzeichnet dabei den Verdichtungswiderstand; je höher der Wert, umso größer ist der Verdichtungswiderstand.

Wie aus dem Bild 2 erkennbar ist, hat die Nachmischzeit bei der Kaltzugabe einen deutlichen Einfluss auf den Verdichtungswiderstand; mit zunehmender Nachmischzeit wird der Verdichtungswiderstand geringer, unabhängig von der Härte des Asphaltgranulates und damit auch der Viskosität des Neubitumens. Hierbei handelt es sich erwartungsgemäß um einen Indikator für die Homogenisierung des resultierenden Mischgutes. Ebenso erwartungsgemäß ist, dass diese Beobachtung im Falle der Zugabe des vorerwärmten Asphaltgranulates so nicht zu erkennen ist.

Interessant ist auch, dass unterschiedliche Feuchtigkeitsgehalte des Granulates nur einen Einfluss auf die Verdichtbarkeit bei kurzen Nachmischzeiten ausüben. Dies bedeutet, dass der Effekt einer Verdichtungshilfe durch die Granulatfeuchte regelrecht „verpufft“, vor allem unter Berücksichtigung der zuvor beschriebenen notwendigen Nachmischzeiten zur Homogenisierung des resultierenden Mischgutes.

Die Zugabemenge selbst hat nur einen geringen Einfluss auf das Verdichtungsverhalten, allenfalls bei der Warmzugabe ist mit steigenden Anteilen ein geringerer Verdichtungswiderstand erkennbar.

Bild 2: Einfluss der Nachmischzeit auf das Verdichtungsverhalten (siehe bitte PDF)

3.2 Verformungsverhalten in der Wärme

Das Verformungsverhalten in der Wärme wurde mittels Spurbildungsversuch und über Druck-Schwellversuche untersucht. Da bekanntermaßen der Spurbildungsversuch nach der Technischen Prüfvorschrift für Asphalt im Straßenbau, Teil Spurbildungsversuch [6] für den Asphaltbeton zur Bewertung wenig geeignet ist, wurde der Versuch dahingehend modifiziert, dass die Durchführung bei 50 °C im Luftbad bei gleichzeitiger Verwendung eines Gummirades für die Lastaufbringung durchgeführt wurde. Hierdurch ergaben sich Spurrinnentiefen, die im einstelligen Bereich liegen und eher eine Bewertung zulassen. Die für alle Variationen ermittelten Werte liegen allerdings in einem Bereich von 2,5 bis 4,3 mm. Aufgrund dieser geringen Spreizung erscheint eine Interpretation kaum möglich; allenfalls tendenziell lassen sich Einflüsse erkennen. So sind z. B. bei der Zugabe von hartem Granulat etwas geringere Spurrinnen erkennbar. Vielmehr bestätigt das Ergebnis die schon im Rahmen der letzten Asphaltstraßentagung vorgetragenen Erkenntnisse, dass der Spurbildungstest nicht zur Ansprache von Differenzierungen bzw. Schwankungen innerhalb einer festgelegten Rezeptur geeignet ist [7]. Insofern ist der Spurbildungstest für eine Aussage hinsichtlich der Einflussparameter des Asphaltgranulates nicht geeignet.

Eine größere Differenzierung in den Ergebnissen ergibt sich bei den Druck-Schwellversuchen. Hier wird erwartungsgemäß erkennbar, dass die Zugabe von hartem Asphaltgranulat zu einer höheren Asphaltsteifigkeit führt. Erkennbar wird auch, dass die Nachmischzeit bei der Kaltzugabe einen Einfluss auf die Asphaltsteifigkeit hat, während dies bei der Warmzugabe nicht so ausgeprägt ist (Bild 3). Auch hier zeigt sich, dass vor allem bei der Kaltzugabe größerer Granulatmengen eine entsprechende Homogenisierung des Mischgutes unabdingbar ist.

Ebenso wie bei der Untersuchung der Verdichtbarkeit ist ein Einfluss des Feuchtigkeitsgehaltes des Asphaltgranulates nicht erkennbar. 

Bild 3: Einfluss Granulathärte und Nachmischzeit auf das Verformungsverhalten (Druck-Schwellversuche) (siehe bitte PDF)

3.3 Rissverhalten in der Kälte

Das Rissverhalten wurde durch einaxiale Zugversuche bei verschiedenen Temperaturen und durch Abkühlversuche ermittelt und bewertet. Wichtiges Kriterium ist dabei – vereinfachend gesagt –, dass die im Asphalt vorhandenen Zugfestigkeiten bei allen Temperaturen ausreichen, um die durch thermischen Schrumpf auftretenden kryogenen Zugspannungen aufzunehmen. Sind diese bekannt, lässt sich die Zugfestigkeitsreserve bei niedrigen Temperaturen angeben. Erkennbar wird auch hier der dominante Einfluss der Nachmischzeit auf die Höhe der Zugfestigkeitsreserve, unabhängig von der Asphaltgranulathärte und diesmal auch von der Art des Zugabeverfahrens (Bild 4). Auch bei der Vorerwärmung des Granulates lassen sich mit einer längeren Mischzeit noch Erhöhungen der Zugfestigkeitsreserve erreichen. Gleichzeitig ist auch erkennbar, dass die Verwendung von hartem Asphaltgranulat die Kälteeigenschaften verbessert. Diese Aussage überrascht und führt zu der Frage, ob dies durch die Zugabe des weicheren Frischbitumens beeinflusst wird. Dies würde dafürsprechen, dass das Frischbitumen als „äußere Bindemittelschale“ einen dominierenden Einfluss behält. Ein entsprechendes Verhalten konnte aber bei den Untersuchungen zur Wärmestandfestigkeit – in Form einer verminderten Wärmestandfestigkeit – nicht beobachtet werden. Dagegen spricht auch, dass das Kälteverhalten sich mit zunehmender Mischzeit, also auch mit zunehmender Vermischung der beiden Bitumen, verbessert. Es bleiben also noch Fragen zur Vermischung der beiden Bitumenkomponenten offen. Tatsache ist aber, dass sich mit der Zugabe von hartem Asphaltgranulat die Kälteeigenschaften verbessert haben.  

Bild 4: Einfluss der Nachmischzeit auf das Rissverhalten (Zugfestigkeitsreserve bei –10 °C) (siehe bitte PDF)

Bild 5: Einfluss der Zugabemenge auf das Rissverhalten (Zugfestigkeitsreserve bei –10 °C) (siehe bitte PDF)

3.4 Ermüdungsverhalten

Zur Betrachtung des Ermüdungsverhaltens wurden Zug-Schwellversuche bei einer Temperatur von 0 °C durchgeführt. Auch hier zeigt sich – genau wie bei den Untersuchungen zum Kälteverhalten –, dass die Verwendung von hartem Asphaltgranulat das Ermüdungsverhalten positiv beeinflusst. Während die Zugabemenge eine untergeordnete Rolle spielt, macht sich die Nachmischzeit erneut positiv bemerkbar (Bilder 6 und 7). 

Bild 6: Einfluss der Nachmischzeit auf das Ermüdungsverhalten (Zug-Schwell-Versuche bei 0 °C) (siehe bitte PDF)

Bild 7: Einfluss der Zugabemenge auf das Ermüdungsverhalten (Zug-Schwellversuche bei 0 °C) (siehe bitte PDF)

4 Fazit

Die bisher vorliegenden Praxiserfahrungen sowie die Ergebnisse der zuvor dargestellten Forschungsarbeit zeigen, dass die Mitverwendung von Asphaltgranulat in Asphaltbetondeckschichten ohne Qualitätseinbußen möglich ist. Dies gilt nicht nur für die herkömmlich bestimmbaren Parameter der Zusammensetzung und der Hohlraumeigenschaften. Auch die systematisch durchgeführten performance-orientierten Untersuchungen lassen erkennen, dass die Verwertung des Asphaltgranulates keine einseitige Verschiebung der Gebrauchseigenschaften „zur kalten oder warmen Seite“ – abhängig von der Granulathärte –, bewirkt. Es wird vielmehr erkennbar, dass die Zugabe des harten Granulates sich auch positiv auf das Kälte- und Ermüdungsverhalten auswirkt. Möglichen Einfluss auf diese zum Teil so nicht erwarteten Ergebnisse hat ggf. die sich einstellende Doppelumhüllung der Gesteine. Dies ist allerdings nicht so klar ablesbar, wenn man alle ermittelten Eigenschaften betrachtet. Ein weiterer Grund für die positive Beeinflussung der Mischguteigenschaften liegt sicher auch in der Affinität des Altbitumens am Gestein.

Von besonderer Bedeutung hat sich im Rahmen der Forschungsarbeit aber die Dauer der Nachmischzeit herausgestellt. Obwohl sich die Labortechnik nicht mit der großtechnischen Mischanlage vergleichen lässt, ist auch an der Mischanlage größte Sorgfalt auf eine entsprechende Nachmischzeit und damit einhergehende Homogenisierung zu legen. Dies gilt vor allem für die Erwärmung des Asphaltgranulates durch die heißen Mineralstoffe (Kaltzugabe). Die Zugabemengen haben sich in den Untersuchungen nicht als dominierende Einflussgröße herauskristallisiert. Im Rahmen der großtechnischen Anwendung sind aber die bei der Herstellung notwendigen Neumineral-Temperaturen und ihr Einfluss auf die Bindemittelhärte – hilfsweise am rückgewonnenen Bitumen bestimmt – zu beachten.

Unter Beachtung der zuvor beschriebenen Erkenntnisse und der Anforderungen aus den TL AG-StB und dem M VAG lassen sich Asphaltgranulate ohne restriktive Mengenbegrenzung in Asphaltdeckschichten wiederverwerten, ohne dass es zu Qualitätseinbußen kommt. Voraussetzung ist eine lückenlose Qualitätskette von der Gewinnung des Ausbauasphaltes bis zur Herstellung des resultierenden Mischgutes. 

Literaturverzeichnis

  1. Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen: Technische Lieferbedingungen für Asphaltgranulat, Ausgabe 2001 (TL AG-StB 01), Köln, 2001 (FGSV 749)
  2. Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen: Merkblatt für die Verwertung von Asphaltgranulat , Ausgabe 2000 (M VAG), Köln, 2000 (FGSV 754)
  3. Dröge, C.: Ermittlung von Einsatzgrenzen für die Zugabe von Ausbauasphalt in Asphaltdecken anhand von Erprobungsstrecken, Forschungsbericht TV6, FKZ 148 10 45 7, Verbundvorhaben „Reststoffverwertung im Straßenbau“, Bundesministerium für Bildung und Forschung/Umweltbundesamt, 2001
  4. Renken, P.; Lobach, T.: Wirksamkeit der Zugabe von Asphaltgranulat auf die mechanischen Eigenschaften von Asphaltdeckschichten, Forschungsbericht FA 7.194, Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, 2004
  5. Renken, P.: Verwertung von größeren Mengen an Ausbauasphalt in Asphaltdeckschichten – Grundsätzliches zur Herstellung und zu den Eigenschaften, Bitumen 66 (2004), Heft 2, S. 54-57
  6. Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen: Technische Prüfvorschriften für Asphalt im Straßenbau (TP A-StB), Teil: Spurbildungsversuch – Bestimmung der Spurrinnentiefe im Wasserbad, Ausgabe 1997, Köln, 1997 (FGSV 756/2)
  7. Schmidt, H.: Die Verformungsbeständigkeit im Rahmen von Eignungsprüfungen, FGSV-Schriftenreihe der Arbeitsgruppe „Asphaltstraßen“, Heft 36 (2003), S. 35-39