FGSV-Nr. FGSV M 11
Ort Duisburg
Datum 18.04.2012
Titel Widerstand gegen Polieren – Kritische Bewertung PSV/PWS
Autoren AOR Dr.-Ing Christian K. V. Schulze, Dr.-Ing. Verena Rosauer
Kategorien Gesteine, Mineralstoffe
Einleitung

Der Polierwiderstand von Gesteinen hat erfahrungsgemäß einen hohen Einfluss auf die Griffigkeit und somit sichere Befahrbarkeit der Straßen. Als Prüfverfahren stehen derzeit in Deutschland das PSV-Verfahren (Polished Stone Value) und das PWS-Verfahren (Prüfverfahren nach Wehner/Schulze) zur Verfügung. Die Entwicklung beider Prüfverfahren hatte zum Ziel, die Polierbeanspruchung des Straßenverkehrs an Proben im Labor zu simulieren. Der Polierwiderstand kann an unterschiedlichen Prüfkornklassen (grobe und feine Gesteinskörnungen) ermittelt werden, wobei die Prüfung der Kornklasse 8/11 mm den Regelfall darstellt. Darüber hinaus findet das PWS-Verfahren Anwendung zur Griffigkeitsprognose an Asphalt. Beide Prüfverfahren sind in den nationalen Technischen Prüfvorschriften beschrieben, das PSV-Verfahren in den TP Gestein-StB Teil 5.4.1 und das PWS-Verfahren in den TP Gestein-StB Teil 5.4.2. Anforderungswerte für den PSV der in der Decke verwendeten Gesteinskörnungen und Richtwerte für den PWS der feinen Gesteinskörnung für Verkehrsflächen aus Beton sind in dem Technischen Regelwerk formuliert. In der Forschung wird derzeit für das PSV-Verfahren der Ersatz der Poliermittel aus Korund durch Poliermittel aus Quarz weiterführend untersucht, um die Homogenität und Verfügbarkeit des Poliermittels sicherzustellen. Für das PWS-Verfahren wird der bestehende Bewertungshintergrund erweitert, um darauf aufbauend Anforderungswerte zu formulieren. In dem Vortrag werden die Prüfverfahren vergleichend mit den Aspekten der Entwicklung der Verfahren, der Durchführung der Prüfung und der Präzision gegenübergestellt. Weiterhin wird der aktuelle Stand des Regelwerkes vorgestellt und die Bedeutung der Verfahren für die Praxis betrachtet.

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1 Polished Stone Value (PSV)

1.1 Entwicklung des Prüfverfahrens

Das Verfahren zur Bestimmung des Polished Stone Value (PSV) wurde bereits in den 1950er Jahren in England von Maclean und Shergold (1961) entwickelt. Inzwischen findet das Verfahren weltweite Anwendung. Die erste Europäische Normung des Verfahrens stammt aus dem Jahr 1997, wobei in Deutschland bereits seit 1993 eine kontinuierliche Bestimmung des PSV der Gesteine im Rahmen der Qualitätssicherung (RG Min-StB 93) vorgesehen wurde.

Das Ziel bei der Entwicklung des PSV-Verfahrens war ­ wie bei dem PWS-Verfahren ­ die auf der Straße existierende Polierbeanspruchung der Gesteinskörner im Labor zu simulieren.

Vor diesem Hintergrund wurden nach Voruntersuchungen im Labor mit der Definition der Maschinenparameter und Polierdauer sowie der Analyse des auf der Straße vorhandenen Straßenschmutzes und der darauf aufbauenden Zusammensetzung des Poliermittels insgesamt 28 ebene Platten mit eingelegten Gesteinskörnern in die Straßenoberfläche eingebaut (siehe Bild 1), wobei sowohl gerade Abschnitte als auch Kurvenbereiche Berücksichtigung fanden.

Bild 1: In die Straßenoberfläche eingebaute Gesteinskörnungs-Platten (Maclean, Shergold 1961)

Die Griffigkeit der Gesteinskörnungs-Platten wurde im Anschluss mit dem SRT (skid resistance tester) in einem etwa monatlichen Rhythmus über die Dauer von 18 Monaten gemessen. Der Mittelwert dieser Messungen je Gesteinskörnungs-Platte wurde den im Labor ermittelten Polierwerten der entsprechenden Proben (siehe Bild 2) gegenübergestellt. Aufgrund der guten Ergebnisse wurden in einer weiteren Untersuchung insgesamt fünf Versuchsstrecken mit verschiedenen Asphalten angelegt, deren mit der SCRIM bei einer Geschwindigkeit von etwa 20 km/h gemessene Griffigkeit nach einer Nutzungsdauer von etwa 12 Monaten den im Labor ermittelten Polierwerten der in den Asphaltmischungen verwendeten Gesteine gegenübergestellt wurde. Auch hier zeigte sich ein guter Zusammenhang.

Bild 2: Zusammenhang zwischen dem Polierwert der Gesteinsproben im Labor und dem mit dem SRT ermittelten Reibwert der Gesteinskörnungs-Platten (Maclean, Shergold 1961)

1.2 Prüfeinrichtung

Für die Bestimmung des PSV sind zwei Geräte erforderlich: die Poliereinrichtung und das Pendelgerät. Aufgrund der geringeren Komplexität der Prüfeinrichtungen sind die Investitionskosten geringer als bei dem PWS.

1.2.1 Poliereinheit

Die wesentlichen Komponenten der Poliereinrichtung sind ­

– das sogenannte Straßenrad, auf dem die Probekörper eingespannt werden und

– das mittels Motor mit einer Umdrehungsgeschwindigkeit von etwa 320 U/min rotiert, ­ das Polierrad, das mit einer Kraft von 725 N auf das Straßenrad gedrückt wird und durch die in der Kontaktzone übertragene Kraft sich entsprechend dreht.

In der Kontaktzone von Polierrad und Straßenrad werden die Gesteinsoberflächen der Probekörper poliert.

1.2.2 Griffigkeitsmesseinheit

Die Griffigkeitsmessung erfolgt mit dem Pendelgerät, welches sich im Prinzip von einem SRT primär durch den Gummi-Gleitkörper unterscheidet.

Da die Griffigkeitsmessung bei einer Raumtemperatur von 20 °C ± 2 K an gleichermaßen temperierten Probekörpern erfolgt, ist außerdem eine Temperaturkorrektur, wie sie bei der Bestimmung der Griffigkeit mit dem SRT bekannt ist, nicht erforderlich.

1.3 Durchführung der Prüfung

1.3.1 Regelwerk

In Europa wird die Prüfung in den DIN EN 1097-8, derzeit in der Ausgabe 2009 (DIN 2009), genormt. In Deutschland wird diese Norm von den TP Gestein-StB Teil 5.4.1, aktuell in der Ausgabe 2010 (FGSV 2010) ergänzt. Danach wird als Alternative zu dem englischen Kontrollgestein der ,,Herrnholzer Granit" als nationales Kontrollgestein genannt. Infolge des abweichenden Referenzwertes des nationalen Kontrollgesteins ist dann zur Berechnung des PSV folgende Formel anzuwenden:

                                                               PSV = S + 54 ­ C                                   (1)

mit

PSV = PSV des Prüfgesteins,

S = Messwert des Prüfgesteins,

C = Messwert des nationalen Kontrollgesteins.

Die im Februar 2011 veröffentlichten Hinweise der Arbeitsgruppe 6 ,,Gesteinskörnungen, Ungebundene Bauweisen" der FGSV (AG 6 2011) ergänzen die TP Gestein-StB Teil 5.4.1 und beschreiben nicht mehr die alternative, sondern die national ausschließliche Anwendung des Herrnholzer Granits als Kontrollgestein, sodass die Verwendung des englischen Kontrollgesteins national nicht mehr zulässig ist. Die Begründung der Änderung liegt vor allem in der national einheitlichen Handhabung der Prüfung.

1.3.2 Proben

Die Proben sind manuell von dem Laboranten entsprechend den Vorgaben der DIN EN 1097-8 herzustellen, wonach aus den gesiebten, gewaschenen und kornformbereinigten Gesteinskörnungen Körner auszuwählen und diese möglichst dicht und so zu platzieren sind, dass die Oberfläche der Probekörper möglichst eben ist und die Eigenschaften der Gesteinskörnung repräsentiert. Durch die Auswahl und das Setzen der einzelnen Gesteinskörner von einem Laboranten kann die Prüfung stark subjektiv beeinflusst werden. Pro Prüfgestein sind vier Probekörper herzustellen.
 

Das Bild 3 zeigt beispielhaft Probekörper der verschiedenen Probekörper mit nach Prüfvorschrift vorgesehenen Kornklassen. Den Regelfall stellt die Prüfung an der Kornklasse 8/10 mm dar. Nach TP Gestein-StB ist die Prüfung außerdem an der Kornklasse 5,6/8 mm vorgesehen, wobei das Prüfergebnis dann als PSV5/8 zu bezeichnen ist. Die Prüfung der Polierresistenz an feiner Gesteinskörnung der Kornklasse 0,71/1 mm (PSVfGK) ist in den TP Gestein-StB Teil 5.4.3 beschrieben.

Bild 3: PSV-Probekörper verschiedener Kornklassen

Die Probekörper sind entsprechend der Rundung des Straßenrades gekrümmt, damit sie auf dem Straßenrad eine durchgängige Oberfläche bilden und beim Poliervorgang das Polierrad sie ohne Stöße oder Rutschen überrollen kann.

1.3.3 Poliervorgang

Der Poliervorgang unterscheidet sich für die verschiedenen Kornklassen nicht und gestaltet sich wie nachfolgend dargestellt. Aus statistischen Gründen wird der Poliervorgang in zwei Durchgänge geteilt, wobei jeweils zwei Probekörper eines Prüfgesteins auf das Straßenrad gespannt und poliert werden. Als Referenz sind weiterhin zwei Probekörper des Kontrollgesteins auf das Straßenrad zu setzen. Dadurch und unter Berücksichtigung der Geometrie des Straßenrades und der Probekörper ist die gleichzeitige Prüfung von sechs Prüfgesteinen möglich.

Ein Durchgang des Poliervorgangs dauert insgesamt sechs Stunden und erfolgt in zwei Stufen: Zunächst werden die Probekörper drei Stunden unter Zufuhr von grobem Poliermittel und anschließend drei Stunden unter Zufuhr von feinem Poliermittel poliert. Das grobe Poliermittel wird unmittelbar vor der Kontaktzone von Polier- und Straßenrad auf das Straßenrad aufgebracht (siehe Bild 4). Das feine Poliermittel wird hingegen von oben auf das Polierrad dosiert und mit diesem in die Kontaktzone eingetragen. Damit die Poliermittel tatsächlich in der Kontaktzone von Polier- und Straßenrad wirksam werden können und nicht zuvor infolge der Rotation der Räder entweichen, wird zusätzlich Wasser dosiert, sodass die Poliermittel an den entsprechenden Rädern anhaften. Dennoch ist zu konstatieren, dass die Menge des Poliermittels, die tatsächlich in der Kontaktzone gelangt und wirksam wird, undefiniert ist.

Bild 4: Zulauf von Korund und Wasser beim Poliervorgang mit grobem Korund auf dem Straßenrad kurz vor der Kontaktfläche von Polier- und Straßenrad

Zwischen den Poliervorgängen mit grobem und feinem Korund sind das Straßenrad und die Probekörper intensiv zu reinigen, damit keine Reste des groben Poliermittels den Poliervorgang mit feinem Poliermittel beeinflussen.

1.3.4 Griffigkeitsmessung

Für die Griffigkeitsmessung mit dem Pendelgerät wird der Probekörper in eine Halterung eingespannt, angenässt und mit dem am Pendelarm montierten Gummi-Gleitkörper über eine definierte Länge überstrichen (siehe Bild 5).

Bild 5: Griffigkeitsmessung mit dem Pendelgerät

Dabei muss die Griffigkeitsmessung, das heißt das Überstreichen des Probekörpers in dieselbe Richtung erfolgen, in die auch poliert wurde. Mit dem Pendelarm wird ein Schleppzeiger mitgeführt, über den auf einer Skala schließlich der Pendelwert abzulesen ist. Dabei gilt, umso weniger das Gestein poliert wurde, desto rauer ist die Gesteinsoberfläche und desto stärker wird der Pendelarm beim Überstreichen des Probekörpers verzögert, sodass der Pendelarm weniger nachschwingt und ein höherer Pendelwert auf der Skala abzulesen ist. Umgekehrt führt ein stärker poliertes Prüfgestein zu einem geringeren abzulesenden Pendelwert.

Die überstrichene Fläche auf einem Probekörper beträgt etwa 24,1 cm², sodass das Prüfergebnis aus vier Probekörpern einer relativ geringen Fläche von insgesamt 96,4 cm² zuzuordnen ist; dies verdeutlicht erneut, wie bedeutsam die repräsentative und erfahrene Herstellung der Probekörper ist.

Die auf dem Straßenrad aufgespannten Probekörper sind in einer definierten Reihenfolge zu prüfen, wobei für jeden Probekörper fünf Pendelwerte (P1 bis P5) zu ermitteln sind. Über einen in der Norm beschriebenen Vorgang der Mittelwertbildung wird aus den Pendelwerten am Probekörper der Messwert des Prüfgesteins (S) berechnet (siehe Bild 6). Mit Bezug zu dem gleichermaßen beanspruchten und geprüften nationalen Kontrollgestein, dem ein Referenzwert von 54 Einheiten zugeordnet ist, ist der PSV für das Prüfgestein zu bestimmen. Bei dem Kontrollgestein ist zusätzlich zu beachten, dass der ermittelte Messwert des Kontrollgesteins (C) im Bereich von 51,0 bis 57,0 liegen muss und die Mittelwerte je Straßenrad nicht um mehr als 5,0 Einheiten differieren dürfen.

Bild 6: Schematische Darstellung zur Ermittlung des PSV eines Prüfgesteins aus den Pendelwerten

1.3.5 Präzision

Die Präzision des Verfahrens wurde bereits in mehreren Untersuchungen bestimmt. In den DIN EN 1097-8 werden folgende Ergebnisse aufgeführt: Im Rahmen eines Ringversuchs in England wurden auf Basis der Doppelbestimmung des PSV drei verschiedener Prüfgesteine (PSV zwischen 40 und 69) in elf Laboren eine Wiederholpräzision von 3 Einheiten und eine Vergleichspräzision von 5 Einheiten geschätzt. Die Auswertung eines Europäischen Ringversuchs unter Teilnahme von 18 Laboren und der Prüfung von drei Gesteinen mit einem PSV von 46,3 bis 66,7 ergab eine niveauabhängige Präzision mit einer Wiederholpräzision von 2,0 bis 3,0 Einheiten und einer Vergleichspräzision von 4,8 bis 5,7 Einheiten, wobei die höheren Werte dem hohen PSV zuzuordnen sind.

Einen bedeutsamen Einfluss auf die Präzision hat die Routine der Prüfstellen. Dieser Zusammenhang ist in der Praxis bereits weitläufig bekannt und konnte zuletzt wieder im Rahmen der Auswertung verschiedener Faktoren bei einem Ringversuch bestätigt werden (Bald et al. 2010): An dem Ringversuch nahmen insgesamt 17 Prüfstellen aus Deutschland, den Niederlanden, Österreich und der Schweiz teil und es wurde der PSV von insgesamt fünf Prüfgesteinen (PSV von 45 bis 60) doppelt bestimmt. Die Routine der Prüfstellen wurde dabei mit ihrer durchschnittlichen Anzahl an Prüfungen pro Jahr abgefragt; diese Anzahl reichte von weniger als 5 Prüfungen pro Jahr bis hin zu 200 Prüfungen pro Jahr, wobei die Mehrheit der Teilnehmer 20 bis 49 Prüfungen pro Jahr durchführte (siehe Bild 7). Die Betrachtung der Standardabweichung zwischen den Probekörper-Mittelwerten eines Gesteins (siehe Bild 8) zeigt, dass die Standardabweichung deutlich mit zunehmender Anzahl an Prüfungen pro Jahr abnimmt. Demnach werden die Probekörper mit zunehmender Routine tendenziell gleichmäßiger hergestellt und beansprucht. Ein Mindestmaß der Standardabweichung von etwa 0,5 Einheiten ist allerdings unabhängig von der Routine vorhanden.

Bild 7: Durchschnittliche Anzahl der durchgeführten Prüfungen pro Jahr der am Ringversuch teilnehmenden Laboratorien (Bald et al. 2010)

Bild 8: Standardabweichung zwischen den Probekörper-Mittelwerten einer Prüfung (Bald et al. 2010)

1.4 Anforderungen

Die Erkenntnisse, die seit der Entwicklung des Prüfverfahrens, insbesondere in Bezug auf den Zusammenhang mit der Griffigkeit einer Straße gab, führten zu der Festlegung von Anforderungswerten im Technischen Regelwerk. Aktuell werden an die in der Decke im Rahmen des Neubaus verwendeten Gesteine die in der Tabelle 1 aufgelisteten Anforderungen an den PSV gestellt (FGSV 2007b, FGSV 2007c). Die Anforderungen an die Gesteinskörnungen zur Anwendung bei Erhaltungsmaßnahmen sind dem einschlägigen Technischen Regelwerk zu entnehmen.

Tabelle 1: Mindestens geforderte PSV für Gesteine bei Anwendung in der Decke

Die TL Asphalt-StB 07 (FGSV 2007 a) erlauben die rechnerische Ermittlung des Polierwiderstandes eines Gesteinskörnungsgemisches (auf Basis der Massenanteile der verschiedenen Gesteine), sodass auch nach den Anforderungen unzureichend polierresistente Gesteine dennoch Anwendung finden können, wenn ausreichend polierresistente Gesteine hinzugefügt werden. Für die verwendete feine Gesteinskörnung ist zu berücksichtigen, dass die Anforderungen nach Tabelle 1 gleichermaßen gelten und an der zugehörigen groben Gesteinskörnung nachgewiesen werden müssen.

1.5 Forschung

Aktuell wird an der TU Darmstadt, FG Straßenwesen das Forschungsprojekt ,,Bestimmung der PSV-Berechnungsformel bei Verwendung von Quarzkörnung als Poliermittel und Granitsplitt als Kontrollgestein" bearbeitet. Ziel des Forschungsprojektes ist es, die PSV-Berechnungsformel bei Verwendung von Poliermitteln aus Quarz und dem nationalen Kontrollgestein zu bestimmen. Ein Vorschlag für die Berechnungsformel wurde bereits in einem vorherigen Forschungsprojekt (Bald et al. 2010) gegeben, bei dem die Verwendbarkeit und der Einfluss auf die Präzision des nun nationalen Kontrollgesteins und des Poliermittels aus Quarz im Vordergrund stand. Allerdings basiert diese erste Berechnungsformel auf der Untersuchung von nur fünf Prüfgesteinen und erste Anwendungen in der Praxis zeigen insbesondere bei wenig polierresistenten Gesteinen Differenzen zwischen den so berechneten PSV und den bekannten PSV der Prüfgesteine. In dem aktuellen Forschungsprojekt ist daher vorgesehen, die Ergebnisse von 25 ausgewählten Prüfgesteinen zur Bestimmung der PSV-Berechnungsformel zu analysieren und auszuwerten.

2 Polierverfahren nach Wehner/Schulze (PWS)

2.1 Entwicklung des Prüfverfahrens

Das Prüfverfahren nach Wehner/Schulze (PWS) wurde in den 1960er Jahren in Berlin von Wehner und Schulze entwickelt. Mit der Entwicklung des Prüfverfahrens wurden zwei Ziele verfolgt:

– ­ Bestimmung des Polierwiderstandes von Gesteinskörnungen an allen für den Deckschichtbau relevanten Kornklassen und ­

– Griffigkeitsprognose an Asphaltdeckschichten.

Die ersten Prüfstände nach Wehner/Schulze wurden an der TU Berlin und bei der Bundesanstalt für Straßenwesen aufgestellt. Es folgten weitere Geräte in den Niederlanden und in England. Die Geräte dieser ersten Generation wurden 2003 durch eine zweite Gerätegeneration, die eine mess- und maschinentechnische Optimierung beinhaltet, abgelöst. Inzwischen sind europaweit über 18 Geräte verfügbar.

Bereits mit den Geräten der ersten Generation liegen langjährige Erfahrungen vor. In verschiedenen Forschungsarbeiten (z. B. Schulze 1970, Dames et al. 1988) wurden u. a. landesübergreifende Messkampagnen durchgeführt und Versuchsstrecken in z. B. Bamberg und Rottweil angelegt. Dabei wurden tiefgreifende Kenntnisse über die Zusammenhänge zwischen der realen Polierbeanspruchung des Verkehrs und der Polierbeanspruchung im Labor gewonnen sowie eine Korrelation zwischen den Messergebnissen des Stuttgarter Reibungsmessers und dem Reibwert Wehner/Schulze abgeleitet (siehe Bilder 9 und 10). In weiteren Forschungsprojekten wurden vergleichende Messungen zwischen dem im aktuellen Regelwerk verankerten Seitenkraftmessverfahren (SKM) und dem Verfahren nach Wehner/ Schulze durchgeführt (Steinauer, Scharnigg 2009). Neben den 18 stationären Prüfständen ist seit 2004 an der RWTH Aachen auch ein mobiles Gerät verfügbar. Mit der Entwicklung dieses Gerätes kann auf die Entnahme von Bohrkernen verzichtet und somit zerstörungsfrei geprüft werden.

Ein weiterer Forschungsschwerpunkt ist die Entwicklung eines Verfahrens zur gesicherten Griffigkeitsprognose. Ergebnisse entsprechender Forschungsarbeiten liegen vor, sodass erste Aussagen zur Griffigkeitsentwicklung bereits anhand einer Polierbeanspruchung im Labor getroffen werden können.

Bild 9: Stuttgarter-Reibungsmesser (Linder 2010)

Bild 10: Zusammenhang zwischen Stuttgarter-ReibungsmesserMesswerten (SRM) und Gleitbeiwerten Wehner/Schulze (PWS) an Bohrkernen aus der Rollspur (Huschek 2003)

Das Verfahren nach Wehner/Schulze wurde erstmals 1999 ins Technische Regelwerk aufgenommen. Die Bestimmung des Polierwiderstandes von groben und feinen Gesteinskörnungen war Gegenstand der TP Min-StB (FGSV 1999) und wurde 2008 in die TP Gestein-StB (FGSV 2010) übernommen. Die Griffigkeitsprognose für Oberflächen von Asphaltproben ist im Europäischen Regelwerk enthalten. Seit 2011 liegt ein entsprechender Normenentwurf (E DIN EN 12697-49; DIN 2011) vor.

2.2 Prüfeinrichtung

Der Prüfstand nach Wehner/Schulze besteht im Wesentlichen aus einer Polier- und einer Griffigkeitmessstation. Die zu prüfenden Probekörper werden in einer Einspannvorrichtung fixiert, die zwischen den Stationen verfahrbar ist. Mit dem Prüfstand können die Probekörper einer definierten Polierbeanspruchung und Griffigkeitsmessung unter konstanten Prüfbedingungen unterzogen werden.

Die gerätetechnischen Vorteile des Prüfstandes nach Wehner/Schulze gegenüber dem PSVVerfahren sind eine deutliche Reduzierung des Bedienereinflusses und eine moderne Mess- und Maschinentechnik. Beispielsweise erfolgt der Poliervorgang und Griffigkeitsmessung weitestgehend automatisch und die Erfassung der Messwerte elektronisch, die Prüfmedien Prüfwasser und Quarzmehl-Wasser-Gemisch werden temperiert sowie verschiedene Prüfparameter (z. B. Umdrehungsgeschwindigkeiten) elektronisch geregelt.

2.2.1 Polierstation

Die Polierstation umfasst drei konische Polierrollen, die auf einer Kreisbahn abrollen (siehe Bild 11). Im Zentrum erfolgt eine kontinuierliche Zugabe eines Quarzmehl-Wasser-Gemisches, welches eine zeitraffende Polierbeanspruchung unterstützt. Der statische Anpressdruck beträgt ca. 0,4 N/mm², die Umdrehungsgeschwindigkeit 500 U/min.

Bild 11: Prinzipskizze der Poliereinheit

2.2.2 Griffigkeitsmesseinheit

Die Griffigkeitsmessung erfolgt mit drei Messgummis, die auf einer Kreisbahn mit einem Durchmesser von 180 mm angeordnet sind (siehe Bild 12). Jeder Messgummi hat eine mittlere Länge von 30 mm und eine Breite von 14,5 mm. Zur Messung werden die Gummis auf eine Geschwindigkeit von 100 km/h beschleunigt und unter Zugabe von Wasser bei Aufsetzen auf der Probekörperoberfläche bis zum Stillstand abgebremst. Der mittlere statische Anpressdruck beträgt 0,2 N/mm².

Bild 12: Prinzipskizze der Griffigkeitsmesseinheit

2.3 Durchführung der Prüfung

2.3.1 Regelwerk

Die Bestimmung des Polierwiderstandes mit dem Verfahren nach Wehner/Schulze ist zurzeit lediglich in nationalen Regelwerken verankert. So erfolgt die Prüfung in Deutschland gemäß TP Gestein-StB Teil 5.4.2, Ausgabe 2010 (FGSV 2010) und in Österreich gemäß RVS 11.6.23, Ausgabe 2012 (FGSV 2012).

Ein europäischer Normentwurf liegt für die Griffigkeitsprognose an Oberflächen von Asphaltproben vor (E DIN EN 12697-49, Ausgabe 2011; DIN 2011), womit der internationalen Verbreitung (D, F, GB, A) des Prüfgerätes Rechnung getragen wird.

2.3.2 Proben

Mit dem Verfahren nach Wehner/Schulze können alle für den Deckschichtbau relevanten Kornklassen geprüft werden. In den TP Gestein-StB sind die folgenden Prüfkörnungen genannt: 0,2/0,4 mm, 1/3,15 mm, 2/5 mm, 5/8 mm, 8/11,2 mm und 11,2/16 mm.

Für die unterschiedlichen Prüfkörnungen sind verschiedene Probekörperherstellungsverfahren anzuwenden. Es sind in der Regel zwei zylindrische Probekörper mit einem Durchmesser von 225 mm herzustellen.

Probekörper der Prüfkörnung 0,2/0,4 mm werden nach dem Aufklebeverfahren hergestellt (siehe Bild 13). Dazu wird eine Grundplatte mit einem Kleber dünn bestrichen und mit der Prüfkörnung bestreut. Die Körner sind mittels einer Handwalze anzudrücken, nicht gebundene Körner werden nach dem Aushärten des Klebers durch Bürsten entfernt.

Bei Prüfkörnungen größer 1 mm erfolgt die Probekörperherstellung nach dem Mischgutoder dem Mastix-Eingussverfahren. Beim Mischgutverfahren wird die Prüfkörnung mit einer Asphaltmastix (70 M.-% Füller, 30 M.-% Bitumen) zu einem Mischgut gemischt, welches in einer Zylinderschalung mittels Rütteltisch verdichtet wird. Der erkaltete Asphaltzylinder ist in planparallele Scheiben zu schneiden und die gewonnenen Probekörper durch Sandstrahlen oberflächlich von dem Mastix soweit zu befreien, bis die Gesteinskörner etwa 1 mm aus dem Mastix hervorstehen.

Beim Mastix-Eingussverfahren (siehe Bild 14) wird zunächst die Prüfkörnung in einer zylindrischen Schalung durch Rütteln in eine dichte Lagerung gebracht. Die Hohlräume zwischen den Gesteinskörnern werden bis zur vollständigen Füllung mit Mastix vergossen. Anschließend erfolgt analog zum Mischgutverfahren das Schneiden und Sandstrahlen der Probekörper.

Bei der Prüfkörnung 8/11,2 mm kann alternativ zum Mischgut- oder Mastix-Eingussverfahren das Mosaik-Auslegeverfahren angewandt werden. Hierbei werden möglichst kubische Körner mit der flachsten Seite in eine ebene, kreisrunde Form gelegt. Die Steine sind möglichst dicht zu platzieren und mittels eines Epoxidharzes ­ analog zum PSV-Verfahren ­ rückseitig zu fixieren.

Bild 13: Probekörper der Prüfkörnung 0,2/0,4 mm, hergestellt nach dem Aufklebeverfahren

Bild 14: Probekörper der Prüfkörnung 8/11,2 mm, hergestellt nach dem Mastix-Eingussverfahren

Gegenüber dem PSV-Verfahren kommen beim Verfahren nach Wehner/Schulze ebene Probekörper zum Einsatz. Die bei der Griffigkeitsmessung überstrichene Prüffläche ist ,,unverzerrt" und mit ca. 82 cm² je Probekörper (164 cm² bei zwei Probekörpern) um ca. 70 % größer als beim PSV-Verfahren.

Der Einfluss des Laboranten im Rahmen der Probekörperherstellung wird durch die Herstellungsverfahren Mischgut- und Mastix-Einguss deutlich reduziert. Gleichzeitig zeichnen sich beide Herstellungsverfahren durch einen klaren zeitlichen Vorteil aufgrund eines geringeren Arbeitsaufwandes aus.

2.3.3 Poliervorgang

Der Poliervorgang umfasst eine Polierbeanspruchung von 90.000 Überrollungen unter kontinuierlicher Zugabe eines Quarzmehl-Wasser-Gemisches. Die Polierdauer beträgt bei einer Rotationsgeschwindigkeit des Polierkopfes von 500 U/min ca. 60 Minuten. Nach der Polierbeanspruchung werden auf der Probenoberfläche verbliebene Quarzmehlrückstände durch einen Spülgang mit klarem Wasser entfernt. Der gereinigte Probekörper wird anschließend in die Griffigkeitsmessstation verfahren.

Gegenüber dem PSV-Verfahren besteht hier ein großer zeitlicher Vorteil: Die reine Polierbeanspruchung beträgt pro Gestein zwei Stunden. Die zentrische und kontinuierliche Zuführung des Quarzmehl-Wasser-Gemisches und die maschinelle Dispergierung des Quarzmehles im Wasser sichert eine definierte und weitestgehend konstante Polierbeanspruchung.

2.3.4 Griffigkeitsmessung

Die Griffigkeitsmessung erfolgt in der Griffigkeitsmesseinheit. Die Messgummis werden auf eine Geschwindigkeit von 100 km/h beschleunigt und unter kontinuierlicher Prüfwasserzugabe bei Aufsetzen auf der Probekörperoberfläche abgebremst. Die Temperatur des Prüfwassers beträgt 12 °C ± 4 K. Das infolge des Gleitvorganges resultierende Drehmoment wird über den gesamten Geschwindigkeitsbereich elektronisch erfasst. Aus dem Drehmoment und der Normalkraft wird der Reibwert ermittelt und aufgezeichnet. Ausgewertet wird der Reibwert bei einer Geschwindigkeit von 60 km/h (siehe Bild 15).

Bild 15: Reibwert über Gleitgeschwindigkeit, Auswertung bei 60 km/h

Vor und nach der Messung eines Prüfgesteins ist eine Reibwertmessung auf einer Kontrollplatte, dessen Reibwert bekannt ist (Sollwert), durchzuführen. Das Messergebnis auf der Kontrollplatte darf um nicht mehr als 10 % vom Sollwert abweichen.

Das Prüfergebnis eines Prüfgesteins ist der Mittelwert aus zwei Einzelwerten. Die Einzelwerte sind verträglich, wenn ihre Differenz kleiner als 0,03 [-] ist.

Die Griffigkeitsmessung, das heißt. die eigentliche Messprozedur inklusive der Messwerterfassung erfolgt automatisch, sodass ein Einfluss des Bedieners an dieser Stelle nahezu auszuschließen ist. Weiterhin ist die automatische Prüfwasserzufuhr und -temperierung sowie der zeitliche Aufwand als vorteilhaft gegenüber dem PSV-Verfahren zu bewerten.

2.3.5 Präzision

Zur Bestimmung der Präzision unter Vergleichsbedingungen wurde 2009 ein Ringversuch in Deutschland durchgeführt. An diesem Ringversuch nahmen insgesamt 14 Prüfstellen teil, darunter auch Prüfstellen aus Österreich, Frankreich und dem Vereinigten Königreich.

Die teilnehmenden Laboratorien wurden mit der Prüfung von drei Gesteinen mit unterschiedlichem Polierwiderstand (PSV zwischen 43 und 61) beauftragt. Die Probekörper wurden nach dem Mosaik-Auslegeverfahren und dem Mastix-Eingussverfahren hergestellt.

Im Rahmen der Auswertung des Ringversuches musste jedoch festgestellt werden, dass nicht alle Prüfstellen über eine ausreichende Erfahrung mit der Durchführung der Versuche verfügten, sodass die Voraussetzungen für einen Ringversuch nicht gänzlich gegeben waren.

Die Auswertung der Ergebnisse bestätigt die bisherigen Erfahrungen, dass das Messniveau des Mosaik-Auslegeverfahrens über dem des Mastix-Eingussverfahrens liegt. Die Präzision unter Vergleichsbedingungen ist für beide Herstellungsverfahren vergleichbar und beträgt für das Auslegeverfahren 0,094 [-] und das Mastix-Eingussverfahren 0,096 [-]. Unter Berücksichtigung der Spannweite der Ergebnisse ist die Präzision des Wehner/SchulzeVerfahrens mit der des PSV-Verfahrens vergleichbar.

2.4 Anforderungen

Nach dem europäischen Regelwerk (DIN EN 13043 (DIN 2001) und DIN EN 12620 (DIN 2002)) ist der Widerstand gegen Polieren mit dem PSV-Verfahren ­ unabhängig von den für den Einbau vorgesehenen Kornklassen ­ an der Prüfkornklasse 8/10 mm zu ermitteln. Aufbereitungsbedingten Änderungen der Polierresistenz unterschiedlicher Kornklassen wird hier nicht Rechnung getragen.

Das ehemalige nationale Regelwerk (TP Min-StB) ermöglichte die Prüfung verschiedener Kornklassen mit dem Verfahren nach Wehner/Schulze bereits vor Einführung des Europäischen Regelwerkes. Mit dem aktuellen Regelwerk TP Gestein-StB werden auch für das PSVVerfahren neben der Prüfkornklasse 8/10 mm weitere Prüfkörnungen zugelassen.

Dennoch enthält nur das ,,Merkblatt für die Herstellung von Oberflächentexturen auf Verkehrsflächen aus Beton" Richtwerte für den Polierwiderstand der feinen Gesteinskörnung (PWS0,2/0,4 0,55). Als Prüfverfahren ist hier das Verfahren nach Wehner/Schulze genannt.

In Österreich bestehen Anforderungen an den Polierwiderstand der feinen Gesteinskörnung. Für den Einsatz von feinen Gesteinskörnungen in Straßenoberflächen ist gemäß RVS 11.6.23 der Polierwiderstand mit dem Verfahren nach Wehner/Schulze zu bestimmen. Als Anforderungswert ist ein PWS0,2/0,4 von 0,5 genannt.

In den Niederlanden wird eine Griffigkeitsprognose an offenporigen Asphalten mit dem Verfahren nach Wehner/Schulze durchgeführt. Die Prüfung erfolgt in drei Beanspruchungsstufen. Die erste Stufe sieht eine Polierbeanspruchung von 90.000 Überrollungen vor, die zweite Stufe ein dosiertes Sandstrahlen. Die dritte Stufe beinhaltet eine Polierbeanspruchung von wiederum 90.000 Überrollungen. Das Ergebnis der Prüfung ist der Reibwert nach der dritten Belastungsstufe (PWS [3]). In dem niederländischen Technischen Regelwerk wird für die Polierstufe [3] ein Reibwert von mindestens 0,38 [-] gefordert.

2.5 Forschung

Die Bundesanstalt für Straßenwesen bearbeitet derzeit ein Forschungsprojekt mit dem Ziel eine mobile Wehner/Schulze-Messeinrichtung als Vergleichsgerät zur Griffigkeitsprognose im Labor zu entwickeln und zu beschaffen (Weiterentwicklung des bestehenden Gerätes). Mit dieser mobilen Einrichtung entfällt die Entnahme von Bohrkernen, die mit einer punktuellen Schädigung der Fahrbahn und einem nicht unerheblichen personellen und organisatorischen Einsatz verbunden ist.

Im Prüf- und Forschungslaboratorium Asphalta wird das Forschungsprojekt ,,Bewertungshintergrund für den Widerstand gegen Polieren von Gesteinskörnungen nach dem PWS-Verfahren" bearbeitet. Ziel des Projektes ist die Schaffung eines aktuellen Bewertungshintergrundes für das Verfahren Wehner/Schulze u. a. durch die Bestimmung des Polierwiderstandes an einer möglichst breiten Auswahl von groben und feinen Gesteinskörnungen. Die Ergebnisse sind durch Vergleichsuntersuchungen abzusichern und Korrelationen ­ sofern möglich ­ mit dem Bewertungshintergrund der ersten Gerätegeneration zu prüfen. Auf dieser breiten Datenbasis werden Empfehlungen für praxisgerechte Anforderungswerte formuliert. Der Schlussbericht ist für 2014 vorgesehen.

Neben der Bestimmung des Polierwiderstandes von Gesteinskörnungen ist die Prognose der Griffigkeit ein aktuelles Forschungsthema. Bis heute fehlt ein Werkzeug, mit dem die Entwicklung der Griffigkeit einer Deckschicht zeitraffend unter Laborbedingungen abgebildet werden kann. Ein solches Werkzeug würde einen wesentlichen Beitrag zur sicheren Erfüllung der bauvertraglichen Anforderungen an die Griffigkeit leisten. Gleichzeitig ist dies im Hinblick auf A-Modelle und Bauverträgen mit funktionalen Eigenschaften von zentraler Bedeutung.

Das Verfahren nach Wehner/Schulze bietet die Möglichkeit, die Entwicklung der Griffigkeit in Abhängigkeit der Polierbeanspruchung aufzuzeigen (siehe Bild 16). Dazu werden Ausbaustücke oder im Labor hergestellte Proben einer unter definierten Randbedingungen durchgeführten Polierbeanspruchung unterzogen, wobei bezüglich des Prüfprogrammes zurzeit unterschiedliche Ansätze verfolgt werden.

Bild 16: Entwicklung des Reibwertes in Abhängigkeit der Anzahl der Überrollungen (Beispiel)

Zur Übertragung der im Labor vollzogenen Polierbeanspruchung auf die tatsächliche Polierwirkung des Verkehrskollektivs sind weitere Forschungsarbeiten durchzuführen. Hier stellt die Weiterentwicklung der mobilen Wehner/Schulze-Anlage einen großen versuchstechnischen Fortschritt dar, mit deren Hilfe diese Lücke geschlossen werden kann.

3 Zusammenfassung

Die vorliegende Gegenüberstellung zeigt den aktuellen Stand und die Bedeutung der Prüfverfahren PSV und PWS. Zusammenfassend lassen sich nachfolgende Gemeinsamkeiten und Unterschiede, sowie Möglichkeiten und Grenzen identifizieren.

Das aus England stammende PSV-Verfahren genießt eine europaweite Anerkennung und langjährige Anwendung, sodass bereits ein umfangreicher Erfahrungs- und Bewertungshintergrund vorliegt. Demgegenüber etabliert sich das aus Deutschland stammende PWS-Verfahren noch im europäischen Raum, wobei eine zunehmende Anerkennung zu konstatieren ist. Der Erfahrungshintergrund des PWS-Verfahrens ist demgemäß national geprägt und in den nächsten Jahren zu erweitern.

Die Investitionskosten für die Gerätetechnik des PSV-Verfahrens sind geringer als beim PWS-Verfahren, was auf die geringere Komplexität zurückzuführen ist. Weiterhin gleicht das Griffigkeitsmessgerät beim PSV-Verfahren praktisch dem SRT-Gerät, sodass eine zusätzliche Verwendung möglich ist. Die Prüfanlage nach Wehner/Schulze ist mit einer aktuellen Messund Maschinentechnik ausgestattet und erlaubt eine zum Teil automatisierte Prüfung in Kombination mit einer elektronischen Messwerterfassung. Der Einfluss des Laboranten ist hier nahezu ausgeschlossen.

Die Probekörperherstellung ist beim PSV-Verfahren relativ aufwendig und unterliegt einem hohen Einfluss durch den Laboranten. Gleiches gilt für das PWS-Verfahren, wenn der Probekörper im Mosaik-Einlege-Verfahren hergestellt wird. Das Mischgut- und das Mastix-Eingussverfahren hingegen erlauben eine einfache Probekörperherstellung mit geringen zeitlichem Aufwand und deutlich reduziertem Laboranteneinfluss. Die Prüfkörnung zur Herstellung der Probekörper können in beiden Fällen feine und grobe Gesteinskörnungen sein, wobei die Verwendung der Kornklasse 8/10 mm bzw. 8/11,2 mm den Regelfall beim PSV- bzw. PWSVerfahren darstellt. Zusätzlich kann beim PWS-Verfahren der Probekörper aus Asphalt bestehen, wenn eine Griffigkeitsprognose für Asphalt nach E DIN EN 12697-49 vorgenommen wird.

Die Polierdauer beträgt beim PSV-Verfahren je Durchgang sechs Stunden, wobei zwei Durchgänge erforderlich sind. Beim PWS-Verfahren liegt die Polierdauer einer Probe bei nur einer Stunde. Zur Erzielung eines Ergebnisses sind beim PWS-Verfahren zwei Proben zu prüfen. Unter Berücksichtigung dessen, dass beim PSV-Verfahren gleichzeitig sechs Prüfgesteine geprüft werden können, ist der zeitliche Aufwand je Gestein (relativ betrachtet) vergleichbar.

Die Präzision der Prüfverfahren wurde für das PSV-Verfahren in der Vergangenheit mit zahlreichen nationalen und europäischen Ringversuchen bestimmt. Für das PWS-Verfahren wurde mit einer 2009 durchgeführten europäischen Vergleichsuntersuchung die Präzision des Verfahrens ermittelt. Unter Berücksichtigung der Messwerte und ihrer typischen Spannweite liegt die Präzision beider Prüfverfahren auf einem vergleichbaren Niveau.

Im nationalen Technischen Regelwerk sind Anforderungen an den PSV der in der Asphaltdeckschicht bzw. der Betondecke verwendeten Gesteine definiert. Weiterhin existieren nationale Empfehlungen für den PWS der in der Betondecke verwendeten feinen Gesteinskörnungen.

Der Ersatz des Kontrollgesteins durch den ,,Herrnholzer Granit" stellte eine große Umstellung des PSV-Verfahrens dar, die in Deutschland in den letzen Jahren nach umfangreichen Untersuchungen vollzogen wurde und voraussichtlich auch in weiteren EU-Staaten erfolgt. Der Ersatz des Poliermittels wird in Deutschland diskutiert, wozu auch das aktuell vom Fachgebiet Straßenwesen der TU Darmstadt bearbeitete Forschungsprojekt zur Bestimmung der PSVBerechnungsformel dient. Mit dem Ersatz des Poliermittels wird neben der sicheren Verfügbarkeit eine bessere Homogenität und Gleichmäßigkeit des Poliermittels und somit über eine gleichmäßigere Polierwirkung eine höhere Präzision des Prüfverfahrens erwartet.

Für die weitere Entwicklung und Anwendung des PWS-Verfahrens ist ein Forschungsprojekt zur Ermittlung des Bewertungshintergrundes für feine und grobe Gesteinskörnungen und die Ableitung praxisgerechter Anforderungen in Bearbeitung. Des Weiteren wird die bestehende mobile Wehner/Schulze-Anlage im Rahmen eines bei der Bundesanstalt laufenden Forschungsprojektes weiterentwickelt, was insbesondere für die Übertragung der im Labor vollzogenen Polierbeanspruchung auf die tatsächliche Polierwirkung des Verkehrskollektives von zentraler Bedeutung ist. Im Hinblick auf Bauverträge mit funktionalen Eigenschaften gewinnt die Griffigkeitsprognose weiter an Bedeutung.

4 Literaturangaben

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