FGSV-Nr. FGSV 001/21
Ort Karlsruhe
Datum 11.10.2006
Titel Umsetzung der Europäischen Umweltanforderungen an Gesteinskörnungen
Autoren Prof. Dr.-Ing. Ulrich Hahn
Kategorien Kongress
Einleitung

Nachdem auf europäischer Ebene das CEN/TC 351 „Bewertung der Freisetzung von gefährlichen Stoffen aus Bauprodukten“ im Auftrag der Europäischen Kommission die Arbeit aufgenommen hat, hat das für Gesteinskörnungen zuständige TC 154 schnell reagiert und unter Leitung seines Vorsitzenden eine neue Arbeitsgruppe (TG 13) eingerichtet. Diese Arbeitsgruppe war inzwischen sehr aktiv und hat zur Vorbereitung der konstituierenden Sitzung des TC 351 im April 2006 eine ausführliche Stellungnahme mit konkreten Vorschlägen für die weitere Vorgehensweise erarbeitet. Diese Stellungnahme wurde auch den gleichfalls unter anderem mit Gesteinskörnungen befassten Komitees TC 104 „Beton“ und TC 227 „Straßenbaustoffe“ mit der Bitte um Unterstützung vorgelegt. Die TG 13 schlägt vor, alle Gesteinskörnungen in gebundenen Gemischen, z. B. in Asphalt und in Beton, grundsätzlich in die Kategorie „ohne Prüfung“ einzustufen. Darüber hinaus werden in den ungebundenen Gemischen auch alle natürlichen Gesteinskörnungen sowie die industriell hergestellten und die Recycling-Körnungen in die Kategorie „ohne Prüfung“ eingestuft, sofern sie auf einer noch zu erstellenden „Positivliste“ aufgeführt sind. Andernfalls muss die weitere Einstufung („ohne weitere Prüfung“ oder „mit weiteren Prüfungen“) anhand einer Eignungsprüfung vorgenommen werden.

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1  Ausgangslage

Nachdem die Europäischen Normen für Gesteinskörnungen und Baustoffgemische mit ihren technischen Inhalten weitgehend fertiggestellt sind, hat sich die Europäische Kommission nun das Umweltthema vorgenommen und unter dem Stichwort „dangerous substances“ eine neue Lawine losgetreten, die uns noch erheblich beschäftigen wird. Die Konsequenzen, die sich daraus ergeben, sind zurzeit noch nicht absehbar. Betroffen sind fast alle der 450 Produktnormen unter der Bauproduktenrichtlinie (BPR).

Die BPR definiert 6 „Wesentliche Anforderungen“. Diese Anforderungen beziehen sich auf die Gebrauchsphase des fertigen Bauwerkes, nicht auf die Bauprodukte selber. Herstellung und Einbau der Bauprodukte und am Gebrauchsende der Abriss von Bauwerken und das Recycling werden von den Wesentlichen Anforderungen (ER) nicht erfasst.

Diese Wesentlichen Anforderungen sind:
ER 1: Mechanische Festigkeit und Standsicherheit
ER 2: Brandschutz
ER 3: Hygiene, Gesundheit und Umweltschutz
ER 4: Nutzungssicherheit
ER 5: Schallschutz
ER 6: Energieeinsparung und Wärmeschutz.

Hinsichtlich der Normung von Gesteinskörnungen haben die Anforderungen 2, 5 und 6 begrenzte Bedeutung, die Anforderungen 1, 3 und 4 sind im Mandat M/125 „Gesteinskörnungen“ enthalten. Während die Anforderungen 1 und 4 in der ersten Normengeneration ausführlich behandelt werden, wurde unter Berücksichtigung des hohen Zeitdrucks zur Fertigstellung der Normen sowie aufgrund fehlender Rahmenbedingungen, wie z. B. harmonisierte Prüfverfahren, die Wesentliche Anforderung Nr. 3 zunächst den Regelungen am jeweiligen Anwendungsplatz für die Gesteinskörnungen überlassen. Die diesbezügliche Berücksichtigung soll dann in der nächsten Normengeneration erfolgen, das heißt bis auf Weiteres gilt die entsprechende Anmerkung im Anhang ZA der harmonisierten Europäischen Normen (Bild 1).

Anhang ZA (informativ) in den hEN

„Anmerkung: Für Produkte, die in den Anwendungsbereich dieser Norm fallen, können zusätzlich zu den in dieser Norm enthaltenen spezifischen Abschnitten über gefährliche Stoffe weitere Anforderungen gelten (z.B. umgesetzte Europäische Gesetzesvorschriften sowie nationale Gesetze, Bestimmungen und Verwaltungsvorgaben).

Um die Vorgaben der EU-Bauproduktenrichtlinie zu erfüllen, müssen auch diese Anforderungen, wo immer sie anwendbar sind, erfüllt werden.“

Bild 1: Derzeitige Berücksichtigung gefährlicher Stoffe in den harmonisierten Europäischen Normen

2  Das neue Mandat

Die Europäische Kommission hat inzwischen ein neues, horizontales Mandat M/366 vergeben mit dem Ziel, die Prüfungen in Verbindung mit der Wesentlichen Anforderung Nr. 3 über ein breites Feld von CEN/TCs unter der Bauproduktenrichtlinie zu vereinheitlichen. Es ist nicht beabsichtigt, neue Grenzwerte für Inhaltsstoffe einzuführen, wo bisher keine Anforderungen gestellt wurden.

Das Mandat M/366 behandelt die Freisetzung von gefährlichen Stoffen aus Bauprodukten gemäß Definition der Bauproduktenrichtlinie, die – bei bestimmungsgemäßem Gebrauch - schädliche Einflüsse auf die Gesundheit und die Umwelt haben können. Diese Stoffe sind allerdings nur insofern zu betrachten, als hierzu seitens der EU oder mindestens eines Mitgliedslandes notifizierte Regelungen existieren, daher spricht man auch von „geregelten gefährlichen Stoffen“.

Im Hinblick auf die Freisetzung gefährlicher Stoffe aus Bauprodukten in Boden, Grund- und Oberflächenwasser werden unter anderem folgende Stoffe angeführt, denen Beachtung geschenkt werden soll:

  • Schwermetalle wie Cadmium, Blei, Nickel, Chrom, Zink
  • anorganische Stoffe wie Arsen, Chorid, Sulfat, Asbest.

Diesbezüglich sollen die freigesetzten Mengen, die physikalisch-chemischen Eigenschaften, die umweltgefährdenden Einflüsse sowie die Strahlungsintensität bestimmt werden.

Bei den Freisetzungsszenarien hinsichtlich Boden und Grundwasser werden Produkte, die im Boden eingebaut werden, sowie Gesteinskörnungen ausdrücklich erwähnt. Sind verschiedene Freisetzungsszenarien denkbar, z. B. unter- und oberhalb des Grundwasserspiegels, ist grundsätzlich der ungünstigere Fall anzusetzen.

3  Internationale Aktivitäten

Auch international wird den Umweltaspekten in den Normen verstärkt Bedeutung beigemessen. So werden zurzeit alle umweltrelevanten Aspekte über einen Fragebogen des ISO/TC 207/WG 7 „Berücksichtigung von Umweltaspekten in Produktnormen“ erfasst (Bild 2). Die Umfrage beruht auf einer Initiative des ISO/TC 207 „Umweltmanagement“, wo zurzeit in der WG 7 der ISO-Guide 64 „Leitfaden für die Berücksichtigung von Umweltaspekten in der Produktnormung“ (DIN-Fachbericht 59) überarbeitet wird. Die Durchführung der Umfrage wurde beschlossen, um bei der Überarbeitung des ISO-Guides 64 den Anforderungen der TCs gerecht zu werden, aber auch um einen generellen Überblick über die Berücksichtigung von Umweltaspekten in der Normung und die dazu benötigten Hilfsmittel zu erhalten.

Bild 2: Schrittweise Berücksichtigung von Umweltaspekten in Produktnormen (ISO-Guide 64)

4.  Umsetzung des Mandates

4.1      „Horizontale“ Arbeitsgruppe

Anfang 2006 wurde zur Umsetzung des Mandats M/366 ein neues TC 351 (Bild 3) installiert, welches verpflichtet wurde, so eng wie möglich auf bereits bestehende harmonisierte Europäische Normen für Bauprodukte zurückzugreifen und dabei auch wirtschaftliche Gesichtspunkte nicht aus dem Auge zu verlieren mit dem Ziel, die durch die Erfüllung des Mandates entstehende zusätzliche Belastung möglichst gering zu halten.

Bild 3: CEN/TC 351 „Bewertung der Freisetzung von gefährlichen Stoffen“ aus Bauprodukten“

Der Geschäftsplan für das TC 351 wurde vom CEN/BT/WG 176 „Development of horizontal standardized assessment methods for harmonized approaches relating to dangerous substances under the CPD“ mit intensiver Unterstützung des NABau-Fachbereiches 53 „Hygiene, Gesundheit und Umwelt“ erstellt. Glücklicherweise ist der zuständige CEN-Berater gleichzeitig auch für TC 154 (Gesteinskörnungen) verantwortlich, so dass hier eine enge Abstimmung erfolgen kann.

Das vom TC 351 zu erstellende Arbeitsprogramm soll aus einem umfassenden Paket von Technischen Berichten und Prüfverfahren bestehen, die leicht anwendbar und nutzerfreundlich sind sowohl für den Gesetzgeber, den Verfasser der Regeln, die Produzenten, die anerkannten Prüf- und Zertifizierungsstellen sowie die Endverbraucher. Von den 5 eingesetzten Projektgruppen sollen folgende Technische Berichte (TR) erarbeitet werden:

TG 1: Handelshemmnisse (TR 1)

TG 2: Konzept für horizontale Prüfverfahren (TR 2) Nutzung horizontaler Prüfverfahren (TR 4)

TG 3: WT/WFT (TR 3)

TG 4: Probenahmeverfahren (TR 5)

TG 5: Inhaltsstoffe (TR 6).

Bei der Festlegung geeigneter Prüfverfahren sollen folgende Gesichtspunkte berücksichtigt werden:

  1. Die Normen sollen die Freisetzung von gefährlichen Stoffen aus Bauprodukten in die Innenraumluft, den Boden sowie das Grund- und Oberflächenwasser bei bestimmungsgemäßer Verwendung erfassen. Dabei sollen bereits im Zuge der bestehenden harmonisierten Europäischen Normen entwickelte Prüfverfahren oder solche, die in Vorbereitung sind, soweit wie möglich berücksichtigt werden. Die Arbeit an neuen Prüfverfahren soll ruhen, bis hierzu weitere Vorgaben gemacht werden können (TR 4, siehe oben).
  2. Die Prüfverfahren sollen soweit möglich horizontalen Charakter haben, das heißt eine oder mehrere verschiedene Produktfamilien umfassen.
  3. Jedes Prüfverfahren soll
    • einen klaren und umfassenden Anwendungsbereich haben,
    • Methoden beschreiben, die mit dem Konformitätsgedanken der Bauproduktenrichtlinie übereinstimmen,
    • eine Prüfbeschreibung von der Probenahme bis zum Prüfbericht
  4. Das TC soll sicherstellen, dass die Prüfmethoden hinsichtlich Freisetzung in die verschiedenen Medien möglichst einheitlich sind.
  5. Der Nachweis der Präzision der Prüfverfahren wird vorausgesetzt. Andernfalls können die Verfahren nur als Technische Spezifikation veröffentlicht werden.

Um sicherzustellen, dass die erforderlichen Prüfmethoden in die jeweiligen Produktnormen möglichst effizient und auf möglichst einfache Art und Weise eingearbeitet werden, sollen bei der Erarbeitung die Erfahrungen der Industrie einbezogen und die Arbeitsergebnisse der jeweiligen Produkt-TCs soweit wie möglich berücksichtigt werden. Einbezogen werden sollen solche Produkte,

  • für die europäische oder nationale Emissions- oder Inhaltsgrenzwerte für gefährliche Stoffe vorliegen, z. B. in Deutschland Produkte nach TL Gestein-StB, in Österreich nach ÖNORM S 5200 und B 3132 und in der Schweiz nach der „Richtlinie für die Verwendung mineralischer Bauabfälle“ des Bundesamtes für Umwelt,
  • für die Handelshemmnisse bereits bestehen oder drohen,
  • für die Prüfverfahren bereits entwickelt wurden oder schon auf nationaler oder europäischer Ebene zur Anwendung kommen, z. B. in Deutschland nach TP Min-StB, in Österreich nach ÖNORM B 3132.

Die Kommission hat bekräftigt, dass es für eine große Zahl von Produkten möglich sein sollte nachzuweisen, dass sie weder gefährliche Stoffe enthalten noch die Gefahr einer Freisetzung gefährlicher Stoffe in den Boden, das Grund- oder Oberflächenwasser sowie die Innenraumluft in Mengen oberhalb bestehender Grenzwerte in Mitgliedsländern der EU besteht. Derartige Produkte werden dann eingestuft als „für den Gebrauch akzeptiert ohne Prüfung“ (WT) oder „für den Gebrauch akzeptiert ohne weitere Prüfung“ (WFT).

Die Einstufung sollte nach Vorstellung der Kommission beginnen mit der Definition des Bauproduktes (Bild 4). Diese Definition sollte in Übereinstimmung sein mit der bestehenden harmonisierten Europäischen Norm für dieses Produkt und sich auch nur auf solche Produkte beschränken, die von derartigen harmonisierten EN abgedeckt werden. Die Definition des Bauproduktes sollte die generelle Zusammensetzung sowie falls erforderlich die Haupt- und Nebenbestandteile enthalten sowie eventuelle Zusatzmittel, um Inhaltsstoffe zu identifizieren, die möglicherweise ein Emissionsrisiko beinhalten könnten. Bei einigen Bauprodukten könnte es auch hilfreich sein, den Herstellungsprozess zu beschreiben, um daraus gegebenenfalls ableiten zu können, ob und inwieweit die Wirkung gefährlicher Stoffe reduziert werden kann. Für die Charakterisierung sollten alle wesentlichen Informationen, die zur Herstellung der Bauprodukte wichtig sind, verfügbar sein.

Des Weiteren sollten alle wesentlichen Produktionsdaten, Spezifikationen, Toleranzen und Daten der Werkseigenen Produktionskontrolle (sowohl direkte als auch indirekte Prüfungen) verfügbar gemacht werden.

Jede Entscheidung über die generelle WT-Einstufung eines Produktes muss in der jeweiligen harmonisierten Europäischen Norm beschrieben werden und in der Information zur CE-Kennzeichnung enthalten sein. Dies muss unbedingt für alle Bauprodukte in der gleichen Art und Weise geschehen. Die Einstufung als WT-Produkt durch die Kommission in Abstimmung mit den Mitgliedsländern soll im offiziellen EU-Journal veröffentlicht werden. Mitgliedsländer ohne entsprechende derzeitige Regulierungen können im Hinblick auf die wesentliche Anforderung Nr. 3 das „no-performance-determined“-Konzept anwenden.

Bild 4: WT-/WFT-Ansatz des Mandates M/366

Die Vorgehensweise bei allen anderen Produkten, die nicht als WT eingestuft werden können, muss in den jeweiligen harmonisierten Technischen Spezifikationen beschrieben werden. Dazu gehören die anzuwendenden Prüfmethoden von der Probenahme über die Probenvorbereitung, Lagerung der Proben, Untersuchung der Proben bis zur Bewertung der Prüfergebnisse usw.

Die zum Mandat M/366 erwarteten Unterlagen und Normen sollen bis spätestens Ende 2008 vorliegen. Um den Start zu erleichtern, will die Kommission Informationen über bereits bestehende Regulierungen vorbereiten, damit diejenigen Stoffe, die behandelt werden sollen, vor Beginn der Arbeiten bekannt sind. Im Sommer 2007 sollen in einem Workshop erste Arbeitsergebnisse vorgestellt werden.

Das CEN/BT/WG 176 hat den Ansatz des Mandats aufgegriffen und hierzu einen konzeptionellen Rahmen erstellt (Bild 5).

Auch nach Auffassung des CEN sollten, basierend auf den allgemein anerkannten Kenntnissen über die Inhaltsstoffe und/oder das zu erwartende Emissionsverhalten, viele Produkte bereits ohne weitere Prüfung als „without testing“ (WT) eingestuft werden können.

Die Einstufung der WT-Produkte muss demzufolge auf der Grundlage einer nachvollziehbaren Charakterisierung des Produktes im Hinblick auf alle Emissionsaspekte während der vorgesehenen Verwendungsphase und unter normalen Einsatzbedingungen erfolgen. Ohne die existierenden Regelungen auf EU- bzw. Mitgliedsland-Ebene zu verletzen, sollte die Einstufung auf der Grundlage bestätigter langjähriger Erfahrungen vorgenommen werden, gegebenenfalls in Verbindung mit anerkannten Ergebnissen des Emissionsverhaltens aufgrund von Labor- und/oder Feldversuchen.

Die Eignungsbeurteilung oder Erstprüfung von Produkten „initial testing“ (IT) kann in Abhängigkeit des vorgesehenen Verwendungszweckes die erforderlichen Daten zu deren Charakterisierung liefern (siehe auch Bild 8). Wenn dieses IT ergibt, dass die Bauprodukte europäische oder nationale Anforderungen hinsichtlich geregelter gefährlicher Stoffe erfüllen, ist für diese Produkte keine weitere Prüfung mehr erforderlich und die Einstufung erfolgt als „without further testing“ (WFT). Produkte, die weder als WT noch als WFT eingestuft werden können, müssen regelmäßigen Untersuchungen unterzogen werden und werden demzufolge als FT eingestuft.

Bild 5: Konzeptioneller Rahmen zur Beurteilung von Bauprodukten gemäß BPR/ER 3 (CEN/BT WG 176)

Produkte, von denen man annimmt, dass sie nationale oder europäische Regulierungen ohne Prüfung oder ohne weitere Prüfung erfüllen, sollen von der Europäischen Kommission aufgelistet werden. Neue Produkte können auf Antrag des zuständigen Fach-TCs in diese Liste aufgenommen werden, sobald alle erforderlichen Informationen vorliegen, die dies rechtfertigen.

Inzwischen liegt bereits ein Technischer Bericht zur WT-/WFT-Einstufung der TG 3 des TC 351 im Entwurf vor. Dieser basiert auf einem Arbeitsentwurf des Europäischen Baustoffverbandes CEPMC (Bilder 6 bis 8). Er greift die zuvor generell erläuterte Vorgehensweise im Detail auf.

Der Entwurf geht davon aus, dass zur Umsetzung der WT-/WFT-Konzeption von der Kommission sowie den Mitgliedsstaaten eindeutige Vorgehensweisen festgeschrieben werden. Danach muss unstrittig sein, welche Institutionen autorisiert werden, den Einstufungsvorgang für ein bestimmtes Produkt in die Wege zu leiten und welche die daraufhin erstellten Unterlagen überprüfen und beurteilen. Dabei besteht Einvernehmen bei CEN, dass die jeweiligen Produkt-TCs die Verantwortlichkeit für ihren Produktbereich behalten. Dies betrifft auch die Beratung der Kommission hinsichtlich der zu beachtenden wissenschaftlichen und praktischen Randbedingungen.

Bild 6: Konzeptioneller Rahmen zur Beurteilung von Bauprodukten gemäß BPR/ER 3 (CEN/TC 351/TG 3)

Bild 7: Konzeptioneller Rahmen für die WT-Einstufung (Fall 1)

Bild 8: Konformitätsbeurteilung für WFT/FT-Produkte (Fall 2)

4.2      Vorbereitende Arbeiten für den Bereich „Gesteinskörnungen“ und Ausblick

Das TC 154 hat das neue Mandat von Anfang an sehr ernst genommen und bereits 2005 entsprechend reagiert. Es wurde eine neue Arbeitsgruppe eingesetzt (TG 13), die dem TC 351 zuarbeiten soll. Hierzu wurde in einem Statusbericht der Kenntnisstand zusammengefasst und sowohl dem TC 351 als auch dem TC 104 (Beton) sowie dem TC 227 (Straßenbaustoffe) zur Kenntnis gegeben.

In seinem Bericht hat auch das TC 154 klar zum Ausdruck gebracht, dass seines Erachtens viele Gesteinskörnungen aufgrund ihres natürlichen Ursprungs und der bekannten Zusammensetzung keine gefährlichen Stoffe im Sinne des Mandates enthalten bzw. in Situationen, in denen sie in gebundener Form verwendet werden, derartige gefährliche Stoffe nicht freigesetzt werden. Daher ist es erklärte Absicht des TC 154, diese Gesteinskörnungen, die die Wesentliche Anforderung Nr. 3 erfüllen, in die Kategorie WT einzustufen. Das TC 154 greift dabei den Vorschlag des TC 351 auf, die WT-Einstufung aufgrund einer Erstbeurteilung vorzunehmen, das heißt dass konkrete Prüfungen nicht ausdrücklich gefordert werden. Dies ist auch konsequent, weil es ansonsten gar keine WT-Produkte gäbe, sondern nur WFT-Produkte.

In Fällen, wo eine WT-Einstufung nicht vertretbar ist, wird das TC 154 Eignungsprüfungen beschreiben und die Vorgehensweise bei den weiteren Prüfungen im Rahmen der Werkseigenen Produktionskontrolle festlegen.

Das TC 154 wird außerdem einen Katalog von Gesteinskörnungen erarbeiten, in dem diese in Abhängigkeit ihres Ursprungs und der petrographischen/mineralogischen Zusammensetzung klassifiziert werden als WT/IT mit der Konsequenz WFT bzw. FT. Dieser Katalog soll der Europäischen Kommission vorgelegt werden, damit er von dort als offizielle WT/WFT-Liste anerkannt wird.

Soweit Prüfungen erforderlich werden, verfügt das TC 154 bereits über spezielle Normen für die Probenahme, Probenvorbereitung und eigentliche Prüfung:

EN 932-1 Probenahmeverfahren

EN 932-2 Verfahren zum Einengen von Laboratoriumsproben

EN 932-3 Durchführung und Terminologie einer vereinfachten petrographischen Beschreibung

prEN 933-11 Prüfung zur Einteilung der Bestandteile von rezyklierter Gesteinskörnung EN 1744-1 Chemische Analyse

EN 1744-3 Herstellung von Eluaten durch Auslaugung von Gesteinskörnungen.

Diese Verfahren sind umfassend und berücksichtigen die besonderen Gesichtspunkte der Gesteinskörnungen. Sie sind außerdem in der europäischen Gesteinsindustrie eingeführt. Das TC 154 legt daher Wert darauf, dass diese Methoden auch im Weiterverfolg des neuen Mandates angewendet werden. Bei der Bewertung gefährlicher Stoffe sollte darauf geachtet werden, dass die Probenvorbereitung bereits von demjenigen Labor durchgeführt wird, welches auch die eigentliche Prüfung macht, um Verfälschungen des Prüfergebnisses durch unsachgemäße Vorbehandlung zu vermeiden.

Konkret hat das TC 154 folgendes Einstufungsmodell vorgeschlagen (Bild 9). Es wird als wahrscheinlich erachtet, dass Gesteinskörnungen jeglicher Herkunft (natürlich, industriell hergestellt oder rezykliert) in allen Endprodukten der Anwendungsbereiche 1, 2, 6 und 7 – es handelt sich dabei um Anwendungen in gebundener Form –, keine gefährlichen Stoffe an die Umwelt abgeben, die oberhalb von Grenzwerten irgendeines Mitgliedslandes liegen. Dies deshalb, weil in diesen Anwendungsbereichen die verwendeten Bindemittel die Löslichkeit gefährlicher Stoffe, sofern überhaupt welche vorhanden sein sollten, auf ein sehr geringes Niveau reduzieren.

Bild 9: Versuch der Einstufung von Gesteinskörungen (CEN/TC 154/TG 13)

Ausgehend von diesen Überlegungen lässt sich das Gefahrenpotenzial einengen auf industriell hergestellte und rezyklierte Gesteinskörnungen innerhalb der Anwendungsbereiche 3, 4 und 5, sofern diese in ungebundener oder hydraulisch gebundener Form verwendet werden sowie als Wasserbausteine und Gleisschotter.

Das TC 154 hat erkannt, dass es ein formales Einstufungssystem für jede einzelne Gesteinskörnung geben muss, aufgrund dessen dieses Material als WT, WFT oder FT eingestuft wird. Daher wird das TC 154 einen Katalog von Gesteinskörnungstypen in Abhängigkeit ihres Ursprungs erarbeiten. Hilfreich kann dabei die existierende EN 932-3 sein, die für natürliche Gesteinskörnungen (Bild 10) eine Nomenklatur vorgibt, mit deren Hilfe diese eingestuft werden können. Es muss noch überprüft werden, inwieweit diese Klassifizierung auch im Hinblick auf das Thema gefährliche Stoffe geeignet ist.

Bild 10: Liste von natürlichen Gesteinskörnungen gemäß TL Gestein-StB

Hilfreich ist auch, dass TC 154 als Arbeitsergebnis einer Arbeitsgruppe über Sekundärrohstoffe (TG 10) bereits über eine umfassende Liste von industriell hergestellten und rezyklierten Gesteinskörnungen verfügt, die für die neue Aufgabenstellung gut verwendet werden kann (Bilder 11 und 12).

Bild 11: Liste von industriell hergestellten Gesteinskörnungen gemäß CEN/TC 154/TG 10

Bild 12: Liste von rezyklierten Gesteinskörnungen gemäß CEN/TC 154/TG 10 sowie in Anlehnung an TL Gestein-StB

Das TC 154 erwartet, dass das vorgeschlagene Klassifizierungssystem für die meisten natürlichen Gesteinskörnungen eine Einstufung als WT ergibt. Flint und Kalkstein sind Beispiele für derartiges unschädliches Material. Dennoch kann es für einige Produkte, z. B. natürliche Gesteinskörnungen aus Granit (radioaktive Strahlung?), notwendig sein, aufgrund von Eignungsprüfungen zu entscheiden, ob eine Einstufung als WFT oder FT notwendig ist. Dies gilt auch für die meisten Sekundärrohstoffe. Aber auch hier sind Produkte denkbar, wie z. B. Gesteinskörnungen aus dem Glasrecycling, die eindeutig ungefährlich und demzufolge als WT eingestuft werden können. Zum Weiterverfolg schlägt das TC 154 vor, die Normen, die die Verwendung von Gesteinskörnungen in Asphalt, Beton und Mörtel behandeln, also alle Produkte mit der Einstufung WT, um folgenden Text zu ergänzen:

„Bei Gesteinskörnungen gemäß dieser Europäischen Norm kann davon ausgegangen werden, dass diese die Anforderungen an die Löslichkeit gefährlicher Stoffe ohne Prüfung erfüllen.“

In allen anderen EN, die die Verwendung der Gesteinskörnungen in ungebundener Form behandeln, sind weitergehende Änderungen erforderlich, z. B. können Auslaugungsversuche nach EN 1744-3 notwendig werden. Dazu werden zwei mögliche Vorgehensweisen diskutiert:

  1. Der Auslaugungsversuch wird an der Körnung 0/11 mm durchgeführt und das erhaltene Ergebnis ist für das Vorkommen repräsentativ.
  2. Der Auslaugungsversuch wird an 2 Körnungen durchgeführt, nämlich an der Fraktion 0/4 und an der Fraktion 4/16 mm. Die erhaltenen Prüfergebnisse werden mathematisch ermittelt im Verhältnis der feinen zur groben Fraktion im Produkt, und dieses Rechenergebnis charakterisiert dann das Vorkommen.

Das vom TC 154 vorbereite Statuspapier wurde anlässlich der ersten Sitzung von TC 351 im April 2006 in Malta vom Leiter der TG 13 persönlich vorgestellt und wurde dort vom Grundsatz her positiv aufgenommen. Die weitere Entwicklung bleibt jetzt abzuwarten.