FGSV-Nr. FGSV 001/23
Ort Mannheim
Datum 15.09.2010
Titel Substanzbewertung von Verkehrsflächenbefestigungen aus Asphalt
Autoren Prof. Dr.-Ing. Andreas Großmann
Kategorien Kongress
Einleitung

Eine fundierte und abgesicherte Beurteilung des Zustandes der vorhandenen strukturellen Substanz einhergehend mit der Berechnung der Restnutzungsdauer und des Restsubstanzwertes (monetäre Bewertung) ist für alle Straßenbauverwaltungen hinsichtlich der Prognose von Aufwendungen für die bauliche Erhaltung und für den Erfolg neuer Vertragsformen (Funktionsbauverträge, PPP-Modelle) von besonderer Bedeutung.

Die Grundlagen und die Methodik zur Bewertung der strukturellen Substanz von Asphaltbefestigungen wurde im FA 4.199 „Vergleichende Bewertung der Restsubstanz von Asphaltbefestigungen nach langjähriger Verkehrsnutzung“ [Ressel, Wellner et al., 2007] entwickelt. Zwischenzeitlich wurden verschiedenen Regelwerke bzw. Arbeitspapiere (z. B. RDO-Asphalt, AL Sp-Asphalt 09; AP „Homogene Abschnitte“) veröffentlicht, welche die im FA 4.199 definierte Methodik absichern. So kann z. B. aus dem Dimensionierungsverfahren der RDO Asphalt ein Verfahren zur Bewertung der strukturellen Substanz entwickelt werden. Im Hinblick auf eine Einbeziehung der strukturellen Substanz in die neuen Vertragsformen muss die Erstellung eines entsprechenden Regelwerkes das künftige Ziel sein.

Aufbauend auf den grundlegenden Ausführungen auf dem Straßen- und Verkehrskongress 2008 zu oben genannter Thematik werden die zwischenzeitlich gewonnenen Erkenntnisse dargelegt. Hierzu zählt der derzeitige Stand hinsichtlich einer eindeutigen Begriffsbestimmung. Es wird auch Bezug zur Systematik bei der Bewertung der strukturellen Substanz genommen. Darüber hinaus werden Erfahrungen aus der Praxis dargelegt, aufgetretene Probleme diskutiert und Lösungsansätze aufgezeigt.

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1 Allgemeines zum Stand der Substanzbewertung von Verkehrsflächen aus Asphalt

Die Substanzbewertung von Verkehrsflächen im Allgemeinen, insbesondere aber von Asphalt- und Betonfahrbahnen, hat in den vergangenen Jahren stark an Bedeutung gewonnen. Dies ist auch bedingt durch Projekte im Rahmen der A-Modelle, bei denen der Konzessionär – wenn möglich – Teile der Bestandsstrecke erhalten möchte und über einen Zeitraum von 30 Jahren betreiben soll. Sowohl bei der Umsetzung der A-Modelle als auch bei der Erhaltungsplanung auf Objektebene im Rahmen der konventionellen Bauverträge hat sich sehr deutlich gezeigt, dass die bisherigen Verfahren zur Substanzbewertung wie z. B.

  • der aus der netzweiten Zustandserfassung und -bewertung generierte Substanzwert Oberfläche,
  • der gemäß dem FGSV-Arbeitspapier Nr. 9/S zur Erhaltungsplanung ermittelbare Substanzwert „Bestand“ oder die,
  • aus Verformungsmessungen abgeleiteten Tragfähigkeitskennwerte

keine hinreichende Substanzbewertung einhergehend mit einer zuverlässigen Abschätzung der zu erwartenden Restnutzungsdauer zulassen.

Im Bereich der Asphaltstraßen wurde mit dem Forschungsprojekt FA 4.199 „Vergleichende Bewertung der Restsubstanz von Asphaltbefestigungen nach langjähriger Verkehrsnutzung“ (Ressel, Wellner et al., 2007) der Grundstein für eine fundiertere Substanzbewertung gelegt. Mit Einführung der „Richtlinien für die rechnerische Dimensionierung des Oberbaus von Verkehrsflächen mit Asphaltdeckschicht (FGSV, 2009) erfolgte eine Verankerung der rechnerischen Dimensionierung im Regelwerk.

Die grundsätzliche Systematik zur Bewertung der strukturellen Substanz wurde aufbauend auf dem genannten Forschungsprojekt bereits auf dem Deutschen Straßen- und Verkehrskongress 2008 (Grossmann, Villaret, 2008) dargelegt und ist weiteren Veröffentlichungen zu entnehmen. Wesentliche Einschränkungen, weshalb die oben genannten Verfahren keine Bewertung der strukturellen Substanz einhergehend mit der Abschätzung einer Restnutzungsdauer ermöglichen können wie folgt erklärt werden (AA 4.4, 2009):

  • Hinsichtlich einer Prognose der Substanzwertentwicklung bzw. Ermittlung der Restnutzungsdauer ist die unabhängige Variable primär die Verkehrsbelastung und nicht die Zeit.
  • Eingangsgrößen für eine Bewertung der strukturellen Substanz sind die Materialeigenschaften der verwendeten Baustoffe und nicht pauschale Angaben zum Aufbau bzw. zur Konstruktion.
  • Weitere wesentliche Angaben sind Informationen zu den Vorschädigungen bzw. Imperfektionen der Bauweisen. Im Rahmen der systematischen Straßenerhaltung basieren diese vornehmlich auf dem Oberflächenbild.

Aufgrund der verschiedenen Verfahren zur Substanzbewertung und somit deren Bedeutung ist eine eindeutige Begriffsdefinition wesentlich. Die nachfolgend angeführten Bilder einhergehend mit den Begriffen stellen den Arbeitsstand im Arbeitsausschuss 4.4 dar und sind derzeit als Vorschlag anzusehen:

Hinsichtlich der Bewertung der strukturellen Substanz einhergehend mit der Abschätzung der Restnutzungsdauer ist, wie bereits o. a., die Betrachtung sowohl der Verkehrsbelastung (primär) als auch der Zeit (Berücksichtigung externer Faktoren wie klimatische Randbedingungen) erforderlich (Bild 1).

Bild 1: Begriffe zur Bewertung der strukturellen Substanz (Vorschlag)

Bild 2: Begriffe zur Bewertung der strukturellen Substanz (Vorschlag)

Der der RDO Asphalt 09 (FGSV, 2009) entnommene Begriff der „normativen Nutzungsdauer“ ist auch im Rahmen der Bewertung der strukturellen Substanz von grundlegender Bedeutung.

Demnach ist die „normative Nutzungsdauer“ wie folgt definiert: „Die normative Nutzungsdauer ist der als Norm bzw. Richtschnur dienende maßgebende, der Dimensionierung zu Grunde gelegte Zeitraum bis zur Erreichung eines definierten Grenzzustandes“.

Die „strukturelle Substanz“ wird als „Gesamtvorrat des Oberbaus von Verkehrsflächen an Widerstandsfähigkeit gegen Belastungen über die geplante Nutzungsdauer“ definiert.

Im Rahmen der Bewertung der strukturellen Substanz kann dann zu einem Bewertungszeitpunkt (z. B. Ende der Vertragslaufzeit im Rahmen eines Konzessionsvertrages) die Restsubstanz (strukturelle Substanz zum Bewertungszeitpunkt) ermittelt werden. Basierend auf grundlegender Anwendung des Rechenverfahrens nach den RDO kann dann eine Restnutzungsdauer (noch ertragbare Achslastübergänge bis zum Eintritt eines definierten Grenzzustandes) zu einer Bezugsgröße (hier: wirtschaftliche Nutzungsdauer) abgeschätzt werden (Bild 2). Inwieweit die wirtschaftliche Nutzungsdauer die geeignete Bezugsgröße ist müssen die weiteren Analysen in Zusammenhang mit der Bewertung der strukturellen Substanz zeigen.

 

2 Bewertung der strukturellen Substanz von Verkehrsflächen aus Asphalt

2.1 Einführung

Die Unterschiede hinsichtlich der rechnerischen Dimensionierung auf der einen und der Bewertung der strukturellen Substanz auf der anderen Seite können über folgende Fragestellungen klar hervorgehoben werden (Wellner, 2010):

Fragestellung Dimensionierung:

Wie dick muss die Befestigung für eine vorgegebene Verkehrsbelastung sein?

Fragestellung „Bewertung der strukturellen Substanz“ (Erhaltung):

Wie viele Lastwechsel (Lebensdauer) kann die Befestigung bei bekanntem Oberbau nach Ablauf einer bestimmten Nutzungszeit noch ertragen?

Auf diversen Veranstaltungen und in vielen Veröffentlichungen wurde die Systematik der rechnerischen Dimensionierung gemäß RDO Asphalt 09 dargelegt. Im Bild 3 ist das grundsätzliche Schema dargestellt:

Demgegenüber steht das grundsätzliche Schema zur Bewertung der strukturellen Substanz von Verkehrsflächen aus Asphalt im Bild 4 [Wellner, 2010]. Entsprechend der rechnerischen Dimensionierung werden als Eingangsgrößen in das Berechnungsverfahren die klimatischen Bedingungen, die Verkehrslast sowie Materialkennwerte und Schichtdicken der vorhandenen Befestigung benötigt.

Bei der Berechnung der ertragbaren Achsübergänge werden die Kriterien

  • Ermüdung/Spurrinne (Asphalt),
  • Verformung der Tragschicht ohne Bindemittel und die
  • Verformung des Bodens

Bild 3: Schema zur rechnerischen Dimensionierung von Verkehrsflächen aus Asphalt [Wellner, 2010]

Darauf aufbauend lassen sich analog der Berechnung im Rahmen der Dimensionierung die zulässigen Lastwechselzahlen ermitteln. Diese werden dann in Abgleich mit den bereits ertragenen Lastwechseln gesetzt. Somit können dann Aussagen zur Restnutzungsdauer der Konstruktion getroffen sowie Erhaltungsaufwendungen in Abhängigkeit der Oberflächeneigenschaften sowie struktureller Merkmale bestimmt werden (Bild 4).

Bild 4: Schema zur Bewertung der strukturellen Substanz von Verkehrsflächen aus Asphalt [Wellner, 2010]

2.2 Eingangsgrößen

Ermittlung des dimensionierungsrelevanten Achslastkollektivs

Die Ermittlung des dimensionierungsrelevanten Achslastkollektives kann im Rahmen der RDO Asphalt nach zwei Verfahren durchgeführt werden:

  • Die Ermittlung der Anzahl an äquivalenten 10-t-Achsübergängen gemäß den RStO 01 oder
  • über Achslastklassen und zugeordnete Häufigkeiten nach den RDO Asphalt 09. Bild 5 zeigt die aus der RDO Asphalt entnommene Tabelle.

Tabelle 1: Achslastklassen und zugeordnete Häufigkeiten [Uhlig, 2007]

Die Anwendung dieser Tabelle wird im Rahmen der rechnerischen Dimensionierung für Bundesautobahnen im Allgemeinen nicht in Frage gestellt. Anders beim übrigen klassifizierten Netz. Hierzu führt die RDO Asphalt jedoch folgendes aus: „Für die übrigen Straßen des klassifizierten Netzes, das heißt auch für kommunale Straßen, kann das Verkehrslastkollektiv auf der Grundlage von Verkehrszählungen oder Silhouettenerfassungen unter Zuordnung zulässiger Achslasten zu den gezählten Fahrzeugen ermittelt werden.“

Demnach ist die grundsätzliche Anwendung zur Ermittlung des dimensionierungsrelevanten Achslastkollektives nach den RDO Asphalt gegeben, allerdings etwas aufwändiger. Es kann im Sinne des Verfahrens an dieser Stelle nur empfohlen werden, die Bewertung der strukturellen Substanz bzw. das grundsätzliche Verfahren zur rechnerischen Dimensionierung auch auf das übrige klassifizierte Netz auszudehnen.

Beanspruchung durch Witterung bzw. äußere Einwirkungen

Die Vorgehensweise zur Ermittlung des dimensionierungsrelevanten Temperaturverlaufs im Asphaltoberbau sowie der Häufigkeit des Auftretens der zugeordneten Oberflächentemperaturen im Sinne der Bewertung der strukturellen Substanz erfolgt grundsätzlich entsprechend den RDO Asphalt über

  • die Temperaturzonenkarte,
  • die statistische Verteilung der Asphaltoberflächentemperaturen im Jahr sowie
  • den Temperaturverlauf innerhalb eines Oberbaus aus

Auch hier gilt es durch eine häufige Anwendung des Verfahrens auf sämtlichen klassifizierten Straßen die Vorgehensweise sowie die o.g. Grundlagen weiter abzusichern.

Bestimmung der Materialkennwerte

Sowohl für die rechnerische Dimensionierung als auch für die Bewertung der strukturellen Substanz müssen folgende Materialkennwerte ermittelt werden:

  • Elastizitätsmoduln (Steifigkeiten) bei verschiedenen Temperaturen der einzelnen Lagen (Schichten),
  • Kälteeigenschaften (kryogene Zugspannungen),
  • Ermüdungsfunktion der untersten Lage des Asphaltpaketes.

Hierfür sind insgesamt mindestens 13 Bohrkerne je Entnahmestelle zu ziehen: 9 für die Ermüdungsversuche, 3 für das Steifigkeitsverhalten und ein Bohrkern für den Vorversuch. Des Weiteren sind noch die Bohrkerne für die Bestimmung der Kälteeigenschaften grundsätzlich erforderlich. Die Praxis hat hier gezeigt, dass auf die Bestimmung der Kälteeigenschaften – insbesondere aus Kostengründen – oftmals verzichtet wird. An dieser Stelle kann nur empfohlen werden, diese Versuche im Sinne einer fundierten Ermittlung der Restnutzungsdauer grundsätzlich durchzuführen.

Im Rahmen der Bewertung der strukturellen Substanz stellt sich allerdings unmittelbar die Frage, wo die Bohrkerne zu entnehmen sind. Hierzu wird in den RDO Asphalt 09 im Abschnitt 5.2 Folgendes ausgeführt: „Soll im Rahmen von Erneuerungsmaßnahmen eine rechnerische Dimensionierung des Oberbaus erfolgen, sollte zunächst die Bestimmung homogener Abschnitte mit Hilfe von Tragfähigkeitsprüfverfahren (…) und/oder Prüfverfahren zur kontinuierlichen Schichtdickenbestimmung (…) erfolgen.“ Ziel dieser Messungen sollte z. B. die Lokalisierung von Orten/Bereichen mit gleichen Tragfähigkeitseigenschaften sein, so dass eine gezielte Bohrkernentnahme durchgeführt werden kann. Hinsichtlich der Verformungsmessungen (Deflektions- oder Einsenkungsmessungen) ist vergleichbar der Messungen mit dem Georadar die Messpunktdichte bzw. der Messpunktabstand für die Ermittlung homogener Abschnitte von besonderer Bedeutung. Das Bild 6 hebt dies hervor.

Bild 6: Einfluss des Messpunktabstandes auf die Bildung homogener Abschnitte zur Festlegung von Bohrkernentnahmestellen

Es geht hervor, dass homogene Abschnitte mit entsprechender Aussagekraft lediglich mit einem sehr engen Messpunktraster gebildet werden können. Sowohl bei einem Messpunktabstand von 100 m als auch bei einem Messpunktabstand von 50 m tritt die lokale Besonderheit bei beispielsweise Station ca. 1.000 m nicht entsprechend deutlich hervor wie bei einem Messpunktabstand von 5 m. Gegebenenfalls wird diese Stelle noch als „Ausreißer“ behandelt und stellt möglicherweise bei genauer Betrachtung eine lokale Schwachstelle dar.

Hinsichtlich der Anwendung der RDO Asphalt für Erneuerungsmaßnahmen wird weiter im Abschnitt 5.2 Folgendes ausgeführt: „In den verbleibenden Schichten des Oberbaus sind die dimensionierungsrelevanten Eingangsparameter in der Regel wie folgt zu bestimmen:

  • EV2-Wert auf dem Planum sowie auf den im Oberbau verbleibenden ToB nach DIN 18134,
  • Steifigkeitsmodul-Temperaturfunktion und Ermüdungsfunktion an Bohrkernen aus den verbleibenden Asphalttragschichten,
  • Steifigkeitsmodul-Temperaturfunktion an der im Oberbau verbleibenden Asphaltdeck- und Asphaltbinderschicht,
  • Schichtdicken an allen Schichten nach den jeweiligen ZTV,
  • Schichtenverbund zwischen den im Oberbau verbleibenden Asphaltschichten.

Anhand der genannten Anforderungen hinsichtlich der Bestimmung der dimensionierungsrelevanten Eingangsparameter wird offensichtlich, dass die Vorgehensweise aus der RDO Asphalt 09 nicht einfach auf ein Regelwerk zur Bestimmung der strukturellen Substanz übertragen werden kann. Exemplarisch wird hier der erforderliche EV2-Wert auf dem Planum sowie auf den im Oberbau verbleibenden ToB genannt – diese sind mit der erforderlichen Genauigkeit in situ am bestehenden Bauwerk nicht ohne weiteres zu ermitteln.

2.3 Erfahrungen mit der Systematik zur Bewertung der strukturellen Substanz

Aufbauend auf dem Forschungsprojekt FA 4.199 wurde das Verfahren zur Bewertung der strukturellen Substanz zwischenzeitlich häufig angewendet, insbesondere im Bereich der realisierten A-Modelle. Gerade dort war es den möglichen Konzessionsnehmern wichtig, fundierte Informationen zur Restnutzungsdauer der verbleibenden Schichten zu erhalten.

Bei Anwendung des Verfahrens zur Bewertung der strukturellen Substanz werden folgende beide Unzulänglichkeiten vermehrt beobachtet:

  1. Entnahme geringerer Anzahl an Bohrkernen
    Neben dem bereits erläuterten Verzicht zur Entnahme von Bohrkernen für die Bestimmung der Kälteeigenschaften werden öfters anstelle der 9 Bohrkerne für die Ermüdungsversuche lediglich 6 entnommen (Doppelbestimmung anstelle von Dreifachbestimmung). Die eingerechnete Regressionsgerade zur Ermittlung der Lastwechselzahl kann demnach Fehler beinhalten, die sich in die ein oder andere Richtung auswirken können.
  2. Für die Ermittlung der Verformungskennwerte wird oftmals – auch aus Kostengründen –
    auf die Anwendung des Verfahrens nach Francken/Verstraeten zurückgegriffen. Auch hierzu führt die RDO Asphalt 09 Folgendes aus: „Wegen des nicht allgemein quantifizierbaren Verformungsverhaltens der Asphalte … muss die Bestimmung der Verformungskennwerte anhand von Laborversuchen an Probekörpern (Bohrkerne) … vorgenommen werden“. … „Die Steifigkeitsmodul-Temperaturfunktion für Asphalt mit Straßenbaubitumen kann im Ausnahmefall … nach dem Verfahren Francken/Verstraeten berechnet werden, wenn umfangreiche Erfahrungen Übereinstimmung zwischen berechneten und gemessen Werten bei örtlich eingesetzten Asphalten zeigen“. Auch hier wird deutlich, dass die Anwendung des Verfahrens nach Francken/Verstraeten eine Ausnahmefall bleiben sollte.

2.4 Berechnungsbeispiele

Die Bewertung der strukturellen Substanz basiert primär auf Betrachtung des Verhaltens der Asphalttragschicht. Insofern besteht teilweise die Meinung, dass Maßnahmen die Asphaltdeckschicht bzw. die Asphaltdecke betreffend keine Auswirkungen auf das Eintreten des Nutzungsausfallzeitpunktes (NAZ) haben. Dies ist keinesfalls so, wie nachfolgende Berechnungen zeigen [Zander, 2010]:

Folgende Eingangsgrößen wurden für den dargestellten Aufbau fiktiv angesetzt:

DTV:                                2.500 Kfz/24h

SV-Anteil:                        7 %

Zunahme:                        3 %

Nutzungszeitraum:          30 Jahre

Fahrstreifenanzahl:         1

Fahrstreifenbreite:           > 3,75 m

Steigung                            < 2 %

Straßenklasse:                BAB

Verkehrsverteilung:          BAB-Fernverkehr

Temperaturen:                Zone 4

Das Bild 7 zeigt für das oben genannte Beispiel, dass im Rahmen der Bewertung der strukturellen Substanz ein Ersatz der Asphaltdeckschicht das Eintreten des NAZ um ca. 3 Jahre, ein Ersatz der Asphaltdecke den NAZ um ca. 5 Jahre verschieben würde. Aus dieser theoretischen Betrachtungsweise geht hervor, dass bereits Maßnahmen die Deckschicht bzw. die Decke betreffend die Restnutzungsdauer verlängern.

Bild 7: Berechnungsbeispiele [Z a n d e r, 2010]

 

3 Schlussfolgerung

Die vorliegend beschriebenen Erfahrungen bei der Bewertung der strukturellen Substanz in Anlehnung an die RDO Asphalt 09 heben die Bedeutung der Erstellung eines Regelwerks zur Substanzbewertung hervor. Für eine künftige weitere erfolgreiche Anwendung des Verfahrens sollten u. a. folgende Aspekte durch weitere Untersuchungen abgesichert werden:

  • Hinsichtlich der Ermittlung des dimensionierungsrelevanten Achslastkollektives sollten künftig auch Straßen des übrigen klassifizierten Netzes vermehrt Berücksichtigung finden.
  • Die Aussagekraft der Temperaturzonenkarten kann nur durch zahlreiche Untersuchungen entsprechend bestätigt werden.
  • Bei der Bestimmung der Materialeigenschaften sollte zwingend die erforderliche Anzahl an Bohrkernen entnommen werden; auch die für die Bestimmung der Kälteeigenschaften.
  • Hinsichtlich der Bildung repräsentativer homogener Abschnitte für die Festlegung von Bohrkernabschnitten ist die Vergabe eines Forschungsprojektes angedacht.

An dieser Stelle sei nochmals den Mitgliedern und Gästen des Arbeitsausschusses 4.4 „Substanzbewertung“ für die fundierte Mitarbeit und zahlreichen Diskussionen zum Thema Substanzbewertung gedankt.

 

Literaturverzeichnis

Arbeitsausschuss 4.4 (2009) Substanzbewertung: Niederschrift der Bearbeitergruppe Substanzwert Bestand, 2009

Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (2003): Arbeitspapiere zur Erhaltungsplanung Reihe S: Substanzwert (Bestand), Köln, Ausgabe 2003, FGSV AP 9/S

Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (2009): Richtlinien für die rechnerische Dimensionierung des Oberbaus von Verkehrsflächen mit Asphaltdeckschicht, Köln, Ausgabe 2009, FGSV 498

Großmann; Villaret (2008): Restwertermittlung von Asphalt- und Betonstraßen, Vortrag auf dem Deutschen Straßen- und Verkehrskongress 2008 in Düsseldorf

Ressel; Wellner; Benner; Lipke (2007): Vergleichende Bewertung der Restsubstanz von Asphaltbefestigungen nach langjähriger Verkehrsnutzung, im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, 2007

Uhlig (2007): Grundlagen zur Bestimmung dimensionierungsrelevanter Achslastkollektive für die rechnerische Dimensionierung von Oberbauten von Verkehrsflächen, Manuskript zur Disseration, TU Dresden, 2007

Wellner (2010): Persönliche Informationen an den Verfasser

Zander (2010): Persönliche Informationen an den Verfasser