FGSV-Nr. FGSV 002/139
Ort Karlsruhe
Datum 19.09.2023
Titel Planung und Betrieb von Tausalzlöseanlagen
Autoren Dr. Franz Götzfried
Kategorien Straßenbetrieb, Winterdienst
Einleitung

Sole ist für einen modernen Winterdienst mit Feuchtsalztechnologien und vorbeugender Solestreuung unverzichtbar. Deshalb hat eine zuverlässige und kostengünstige Soleversorgung große Bedeutung. Für die Planung und den Betrieb von Tausalzlöseanlagen wurden Forschungs- und Normungsarbeiten durchgeführt. Grundlegende Anforderungen an Tausalzlöseanlagen sind in der DIN EN 17443 enthalten. Zur Unterstützung der Straßenbauverwaltungen und Kommunen sowie Herstellern bei der Beschaffung von Sole und bei der Beschaffung, dem Bau und Betrieb von Soleanlagen hat die FGSV die „Hinweise für die Beschaffung und den Betrieb von Soleanlagen für den Winterdienst“ (H SolA) herausgegeben.

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Der Fachvortrag zur Veranstaltung ist im Volltext verfügbar. Das PDF enthält alle Bilder und Formeln. 

1 Einleitung

Die Glättebekämpfung mittels Feuchtsalzstreuung FS30 ist bundesweit sowohl auf Außerortsstraßen als auch im kommunalen Bereich etabliert. In den letzten Jahren hat sich auch die reine Flüssigstreuung FS100 mit Sole für den präventiven Winterdienst als optimale Lösung bewährt und wird in zunehmendem Maße bei nicht allzu tiefen Temperaturen in der Praxis eingesetzt. Durch die Verwendung von Sole wird der Winterdienst verbessert, durch geringere Salzstreumengen die Umwelt weniger belastet und gleichzeitig eine Kosteneinsparung erzielt. Dies bedeutet, dass Tausalzlösungen für den Winterdienstes unverzichtbar sind und somit auf deren Verfügbarkeit ein besonderes Augenmerk gerichtet werden muss.

Auf der Grundlage von Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen und der Berücksichtigung der Versorgungssicherheit ist meistens die Eigenherstellung von Sole einem Fremdbezug vorzuziehen. In den vergangenen Jahren wurden bereits verschiedene technische Aspekte der Eigenherstellung von Sole betrachtet (Schorsack, 2017; Götzfried, 2021). Darüber hinaus wurden zur Planung und dem Betrieb von Tausalzlöseanlagen in jüngster Zeit Forschungs- und Normungsarbeiten durchgeführt, deren Ergebnisse in Hinweise für die Beschaffung und den Betrieb von Soleanlagen für den Winterdienst eingeflossen sind.

2 Forschungsprojekt „Empfehlungen zum praxisgerechten Betrieb von Tausalzlöseanlagen“

In einem im Jahr 2021 abgeschlossenen Forschungsprojekt im Auftrag der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) wurden Tausalzlöseanlagen für den Winterdienst analysiert (Götzfried; Bunoza, 2021; Götzfried; Bunoza et al., 2022). Dazu wurden eine Online-Umfrage und praktische Test mit Tausalzlöseanlagen durchgeführt.

2.1 Online-Umfrage

An der Online-Umfrage zur Soleproduktion beteiligten sich Winterdienstbetriebe in Deutschland, Österreich, Niederlande und der Schweiz. Es antworteten 407 Befragte von Autobahnmeistereien, Straßenmeistereien und kommunalen Bauhöfen. Für die Autobahnmeistereien gingen 88 (Deutschland), 24 (Österreich), 17 (Niederlande) und 9 (Schweiz) Rückmeldungen ein. Nachfolgend sind die Ergebnisse der Umfrage für einige ausgewählte Themen dargestellt:

2.1.1 Menge der produzierten Sole

Die deutschen Autobahnmeistereien produzierten im Winter 2018/19 durchschnittlich 796 m3 Sole je Meisterei. Rund ein Viertel der Depots produzierte mehr als 1000 m3 Sole. Die durchschnittliche Soleproduktion der deutschen Straßenmeistereien war im selben Winter mit 441 m3 je Meisterei deutlich geringer.

Im Winter 2018/19 betrug die durchschnittliche Soleproduktion der Autobahnmeistereien der ASFINAG in Österreich 679 m3 pro Salzlöseanlage. Die durchschnittliche Soleproduktion der österreichischen Straßenmeistereien betrug im selben Winter 396 m3 je Meisterei. Dies entspricht in etwa den Produktionsmengen der deutschen Straßenmeistereien.

Die teilnehmenden Schweizer Autobahnmeistereien hatten mit 515 m3 je Meisterei eine deutlich geringere durchschnittliche Soleproduktion als die deutschen und österreichischen Autobahnmeistereien.

Die 17 Autobahnmeistereien des Rijkswaterstaats in den Niederlanden produzierten im Winter 2018/19 insgesamt 4.918 m3 Sole. Dies entspricht einer durchschnittlichen Soleproduktion von 289 m3 je Meisterei. Die höchste Soleproduktion in einer Meisterei betrug 736 m3.

2.1.2 Technologie für die Salzauflösung

Bei der Soleproduktion kommen fast ausschließlich Anlagen zum Einsatz, bei denen entweder Lösewasser kontinuierlich von unten durch das Salz strömt („Upflow“-Verfahren) oder in Chargenanlagen definierte Salz- und Wassermengen in einem Behälter bis zur vollständigen Auflösung umgewälzt werden (Zirkulations-Verfahren).

Die Bauweisen sind sehr unterschiedlich: Die Lösebehälter in Upflow-Anlagen können oben geschlossen oder offen sein, während Chargenanlagen in der Regel aus oben offenen Lösebehältern bestehen. Upflow-Anlagen sind auch mit integriertem Salzvorrat erhältlich („Silo-Soleerzeuger“), dabei wird das Salz aus dem anliefernden LKW direkt in die Salzlöseanlage eingeblasen.

2.1.3 Aufstellungsort der Salzlöseanlage

Die Antworten zeigten, dass rund 50 % der Soleproduktion in Deutschland im Freien erfolgt. 28 % der Soleerzeuger befinden sich im Salzlager und 22 % sind in einem eigenen Gebäude oder in einem Anbau an das Salzlager untergebracht. In Österreich stehen fast 90 % der Soleerzeuger im Freien, während in der Schweiz die Soleproduktion immer in Gebäuden oder im Salzlager erfolgt. Bei den niederländischen Autobahnmeistereien befinden sich die Salzlöseanlagen überwiegend im Freien, nur teilweise im Salzlager.

2.1.4 Salzqualität

Während in Deutschland die Sole hauptsächlich aus Steinsalz hergestellt wird, ist in Österreich und der Schweiz Siedesalz der Ausgangsstoff. In den Niederlanden wird Siedesalz neben Meersalz und Steinsalz bevorzugt (Tabelle 1).

Während die verwendeten Siedesalze alle der Körnungsklasse EF der EN 16811-1 entsprechen, werden in Deutschland zur Soleherstellung Steinsalze der Kornklassen F und M verwendet. Zur Soleproduktion wird in Österreich neben Siedesalz auch Steinsalz der Kornklasse F verwendet. In den Niederlanden sind die Klassen EF und F üblich.

Die Siedesalze haben durchweg einen hohen Salzgehalt von nahezu 100 Masseprozent. Steinsalze enthalten natürliche Nebenbestandteile und werden daher mit unterschiedlichen Salzgehalten geliefert. Die Antworten zeigen, dass 44,5 % der Straßenverwaltungen in Deutschland Steinsalze mit einem Salzgehalt von 98 – 99 M.-% beziehen. 18,4 % arbeiten mit Steinsalz mit einer Reinheit von mehr als 99 M.-%. 14,5 % verwenden Steinsalz mit einer Reinheit von 97 – 98 M.-%. 22 % der Umfrageteilnehmer kennen den Salzgehalt des Steinsalzes nicht. In Österreich liegt der Salzgehalt der verwendeten Steinsalze zwischen 98 und 99 M.-%. Das in den Niederlanden verwendete Steinsalz hat einen Salzgehalt von 97 – 98 M.-%.

Das zum Auflösen verwendete Salz ist in der Regel das gleiche, das auch zum Streuen verwendet wird. In Deutschland werden teilweise höhere Reinheitsanforderungen an das Salz für die Soleherstellung gestellt (höhere Steinsalzqualität, Siedesalz).

Tabelle 1: Übersicht über die Lösetechnologien, Aufstellungsorte und verwendeten Salze in den an der Umfrage teilnehmenden Ländern

2.1.5 Solekonzentration

Die Konzentration der in den teilnehmenden Ländern hergestellten gebrauchsfertigen Sole liegt überwiegend im Bereich von 21 – 23 M.-%. In geringerem Umfang wird Sole mit niedriger Konzentration (18 – 20 M.-%) produziert.

2.2 Tests mit Tausalzlöseanlagen

Von Januar bis März 2020 wurde die Soleproduktion in realen Produktionsanlagen in verschiedenen deutschen Autobahn- und Straßenmeistereien überprüft. Die Praxisversuche mit Natriumchlorid wurden in Salzlöseanlagen durchgeführt, die nach dem Upflow- und dem Zirkulationsverfahren arbeiteten. Dabei wurden die Abhängigkeiten der Soleproduktionsleistung und der Solequalität vom Anlagendesign, der verwendeten Salzqualität sowie den Temperaturen des Lösewassers und des Salzes ermittelt. Die Ergebnisse verschiedener Methoden zur Online-Messung und manuellen Messung der Solekonzentration wurden mit Laborergebnissen verglichen.

2.2.1 Testanlagen und Testsalze

Für die praktischen Untersuchungen wurden sechs Salzlöseanlagen in Bayern, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg ausgewählt. Die Einzelheiten der Anlagen sind aus Tabelle 2 und Bild 1 ersichtlich.

Tabelle 2: Für die Tests ausgewählte Tausalzlöseanlagen (AM = Autobahnmeisterei, SM = Straßenmeisterei)

Für die Untersuchungen wurden Auftausalze aus verschiedenen deutschen Salzbergwerken verwendet. Dabei handelte es sich um Steinsalze der Körnungsklassen M und F der EN 16811-1, die in Deutschland am häufigsten zur Soleherstellung verwendet werden. Zum Vergleich wurden auch Steinsalz der Körnungsklasse EF und hochreines Siedesalz getestet. Alle Steinsalze hatten einen Salzgehalt von mehr als 97,5 M.-%. Typisch ist, dass die Steinsalze aus Süddeutschland geringe Mengen an Sulfat und relativ hohe Anteile an wasserunlöslichen Bestandteilen enthalten. Bei anderen Steinsalzen ist das Gegenteil der Fall (Tabelle 3).

Alle untersuchten Salzlöseanlagen nutzen Trinkwasser aus dem öffentlichen Netz. Bemerkenswert ist, dass keines der beteiligten Werke eigenes Brunnenwasser oder gesammeltes Regenwasser für die Soleproduktion verwendet.

Bild 1: Getestete Tausalzlöseanlagen

Tabelle 3: Ergebnisse der chemischen Analysen der für die Tests verwendeten Salze

2.2.2 Testergebnisse

2.2.2.1 Thermodynamik

Bei allen Soleproduktionsanlagen ist die resultierende Temperatur der gebrauchsfertigen Sole niedriger als die Temperatur des Lösewassers (Bild 2). Dies ist hauptsächlich auf die positive Lösungsenthalpie von Natriumchlorid zurückzuführen. Eine Kristallisation des Salzes oder ein Gefrieren der gebrauchsfertigen Sole ist aufgrund der Untersättigung und des niedrigen Gefrierpunktes nicht zu befürchten.

Bild 2: Temperaturen bei der Soleproduktion in einer Upflow-Löseanlage

2.2.2.2 Produktionsleistung

Die Produktionskapazitäten der Upflow-Systeme wurden mithilfe eingebauter Durchflussmesser ermittelt. Manchmal war es notwendig, die Leistung durch Messung der verbrauchten Wassermenge mit anschließender Berechnung zu ermitteln. Beim Chargenlöser basierte die Leistung auf den stündlich produzierten Sole-Chargen. Die höchsten Produktionsleistungen der Upflow-Löseanlagen wurden in der Löseanlage der AM Kaisersesch gefunden, sie lagen im Bereich von 5435 l/h bis 6244 l/h. Eine ähnlich hohe Leistung wurde mit dem Chargenlöser in der SM Neumarkt erreicht. Alle anderen Systeme erzielten nur eine deutlich geringere Leistung (Bild 3). Eine Steigerung der Produktionsleistung in Upflow-Anlagen durch Erhöhung des Wasserdurchflusses ist oftmals nicht möglich, da dadurch vermehrt feinste Salzkörner mit unlöslichen Bestandteilen ausgetragen werden und die Solequalität sinkt.

Bild 3: Produktionsleistungen der untersuchten Tausalzlöseanlagen (Erklärung der X-Achsen-Beschriftung: Meisterei (BR = SM Bad Rappenau, DI = SM Dillingen, ERL = AM Erlangen, KE = AM Kaisersesch, KI = AM Kist, NM = SM Neumarkt) – Herkunft Salz (siehe Tabelle 3) – Kornklasse nach DIN EN 16811-1)

2.2.2.3 Konzentration und Reinheit der gebrauchsfertigen Sole

Bei den Versuchen wurde die Solekonzentration mit den eingebauten Messgeräten sowie manuell mit Spindeln und Refraktometern gemessen. Darüber hinaus wurden im Labor die Konzentration und Reinheit der produzierten Solen bestimmt. Mit Ausnahme der neu installierten und noch nicht ausreichend eingestellten Anlagen in den Straßenmeistereien Dillingen und Bad Rappenau wurden die Zielkonzentrationen erreicht. Die Abweichungen lagen im Toleranzbereich von +/- 1,0 M.-% (Bild 4).

Bild 4: Konzentration der gebrauchsfertigen Sole in der AM Erlangen und AM Kist (Ergebnisse der Prüfungen an der Tausalzlöseanlage und im Labor)

Der Sulfatgehalt der Sole variiert je nach verwendeten Salzen, liegt jedoch weit unter dem Grenzwert der EN 16811-1 für Sole (max. 0,6 M.-% in Sole mit einer Konzentration von 10 M.-%). Die Calciumgehalte weisen darauf hin, dass das Sulfat aus der Auflösung des in den Steinsalzen enthaltenen Calciumsulfats stammt. Bei den Proben der gebrauchsfertigen Sole aus Upflow-Anlagen wurde der Grenzwert für wasserunlösliche Stoffe bis auf eine Ausnahme eingehalten (Bild 5). Die Steinsalze mit einem hohen Gehalt an wasserunlöslichen Stoffen führten im Chargenlöser zu Solen, bei denen der Grenzwert für wasserunlösliche Stoffe überschritten wurde.

Bild 5: Gehalte an Sulfat, Calcium und Wasserunlöslichem in der gebrauchsfertigen Sole in der AM Kaisersesch, AM Erlangen und AM Kist in Abhängigkeit von den gelösten Tausalzen (Ergebnisse der Laborprüfungen)

2.2.2.4 Löserückstände

Bei Steinsalzen fallen beim Auflösen ungelöste Rückstände an. Die Löserückstände sammeln sich in den Upflow-Anlagen während des Lösevorgangs im Lösebehälter an. Die Menge der entstehenden Löserückstände hängt vom Gehalt an Nebenkomponenten im Salz ab. Nebenbestandteile sind wasserunlösliche Silikate und Anhydrit (CaSO4). Die Silikate bleiben völlig ungelöst, während sich der Anhydrit teilweise auflöst. Der ungelöste Anhydrit kann mit der Zeit unter Bildung von Gips (CaSO4x2H2O) aushärten. Damit es bei der Soleproduktion nicht zu Störungen kommt, müssen die Rückstände in regelmäßigen Abständen manuell oder mit Förderschnecken aus der Lösevorrichtung entfernt werden. Manchmal ist es auch im Winterbetrieb erforderlich, die Lösevorrichtung vollständig zu entleeren und zu reinigen (Bild 6).

Mit Siedesalz entstehen keine Rückstände. Daher eignet sich dieses Salz besonders für Chargenlöser, die über keine Einrichtung zur Entfernung von Lösungsrückständen verfügen.

Bild 6: Rückstände aus der Soleproduktion mit Steinsalzen aus verschiedenen Bergwerken (links: Bergwerk Heilbronn, Mitte: Bergwerk Sondershausen, rechts: Bergwerk Borth)

2.2.2.5 Ergebnisse von Sommertests

Im September 2020 wurden an ausgewählten Anlagen zusätzliche Tests mit dem Ziel durchgeführt, die Produktionsleistung zu messen und mit den Winterergebnissen zu vergleichen sowie die mit verschiedenen Methoden gemessenen Solekonzentrationen zu vergleichen. Die Tests wurden mit den Tausalzlöseanlagen in den Autobahnmeistereien Kaisersesch und Erlangen, sowie in den Straßenmeistereien Neumarkt und Dingolfing durchgeführt. Die Anlage in Dingolfing verfügte über eine integrierte Konzentrationsmessung mit einer induktiven Leitfähigkeitssonde.

Die mit Upflow-Anlagen gemessenen Produktionsleistungen weichen nicht wesentlich von den im Winter ermittelten Leistungen ab. Mit dem Chargenlöser in der Straßenmeisterei Neumarkt konnten jedoch teilweise stark gesteigerte Produktionsleistungen gemessen werden, wobei mit feinkörnigen Salzen die höchsten Werte erreicht wurden. Dies ist auf eine erhöhte Auflösungsgeschwindigkeit aufgrund der höheren Temperaturen des Lösungswassers und der Salze zurückzuführen.

Die Solekonzentrationen wurden mit nachstehenden Verfahren gemessen:

a) Manuelle Verfahren

  • Sole-Spindeln mit unterschiedlichen Referenztemperaturen
    (0 °C, 5 °C, 10 °C, 15 °C, 20 °C),
  • Dichte-Spindel mit Temperaturanzeige,
  • Brechungsindex (Refraktometer),
  • Leitfähigkeit,
  • Titration gemäß DIN EN 16811-1 im Labor.

b) Eingebaute, kontinuierlich messende Verfahren bei Upflow-Anlagen

  • Biegeschwinger,
  • Schwinggabel,
  • Leitfähigkeit.

Es zeigte sich, dass grundsätzlich alle getesteten Methoden zur Messung der Solekonzentration geeignet sind. Bei Solespindeln ist es in der Praxis wichtig, dass die Referenztemperatur der verwendeten Spindel möglichst nahe an der Soletemperatur liegt, da sonst der Messfehler zu groß ist. Bei der Dichtespindel muss gleichzeitig die Soletemperatur gemessen werden und die Konzentration kann aus einer Temperatur-/Dichte-/Konzentrationstabelle entnommen werden. Temperaturkompensationen sind für Refraktometer, Biegeschwinger und Schwinggabeln unerlässlich. Bei der Leitfähigkeitsmessung erfasst das Messgerät die tatsächliche Leitfähigkeit und Temperatur, rechnet diese mithilfe der Temperaturkompensationsfunktion auf eine Referenztemperatur (in der Regel 20 °C oder 25 °C) um und zeigt die Leitfähigkeit bei der Referenztemperatur an. Die Solekonzentration für die gemessene Leitfähigkeit kann den Tabellen für die entsprechenden Referenztemperaturen entnommen werden. Die Tabelle 4 zeigt die Ergebnisse beispielhaft für die Chargenanlage.

Tabelle 4: Messergebnisse der Soleproduktion in der SM Neumarkt am 15. September 2020

3 DIN EN 17443: Anforderungen an Tausalzlöseanlagen

Das Technische Komitee 337 der Europäischen Normungsorganisation CEN hat in einem 4-jährigen Projekt einige grundlegende Anforderungen an Soleanlagen definiert. Diese Anforderungen wurden in Deutschland im Jahr 2021 als DIN EN 17443 herausgegeben (DIN 2021). Die Norm enthält Anforderungen für die Produktionskapazität, die Solekonzentration, die Solereinheit und an die Pumpleistung für die Befüllung der Streufahrzeug-Soletanks.

Bei der Beschaffung eines Soleerzeugers sollte darauf geachtet werden, dass entsprechend der Norm eine zulässige Toleranz für die Produktionskapazität (Liter Sole pro Stunde) von maximal minus 5 % von der geforderten Kapazität vereinbart wird.

Für den Winterdienst wird eine Konzentration der Natriumchlorid-Sole von 22 % als optimal empfohlen. Damit wird vermieden, dass es bei einem Temperaturabfall zur Auskristallisation von Salz kommt, und dadurch Schäden in Pumpen auftreten sowie Ventile und Düsen am Soleerzeuger und an Streumaschinen verstopfen. Außerdem ist mit dieser Konzentration sichergestellt, dass bei einer vorbeugenden FS100-Streuung ein ausreichender Gefrierschutz auf der Fahrbahn vorhanden ist. Die Norm fordert von Tausalzlöseanlagen die Produktion der Sole mit einer Toleranz von nicht mehr als +/- 1,0 M.-% von der Sollkonzentration 22 M.-%.

Die Menge des ungelösten Materials (Silikate, Calciumsulfat) in der gebrauchsfertigen Sole darf bei Natriumchlorid-Sole 0,03 M.-% und bei Calciumchlorid-Lösung 0,2 M.-% nicht überschreiten. Damit Sprühdüsen nicht verstopfen, dürfen in der Sole suspendierte Partikel des ungelösten Materials nicht größer als 0,5 mm sein (Tabelle 5).

Tabelle 5: Anforderungen an Tausalzlöseanlagen

In der DIN EN 17443 sind auch Prüfverfahren für die vorgenannten Anforderungen festgelegt.

Die Anforderungen an die Produktionsleistung und die Solekonzentration können auch für Sole-Mischstationen, in denen fremdbeschaffte vollkonzentrierte NaCl-Sole (26 M.-%) oder hochkonzentrierte Calciumchlorid- und Magnesiumchlorid-Solen mit Wasser auf die Anwendungskonzentrationen verdünnt werden, übernommen werden.

Um die Tanks der Streufahrzeuge rasch befüllen zu können, muss die Pumpleistung einer Soleanlage mindestens 500 Liter pro Minute betragen. Bei Tankkapazitäten des Streufahrzeuges von mehr 4.000 Liter wird eine Pumpleistung von mindestens 1.200 Litern pro Minute gefordert.

Es wird empfohlen, in die Leistungsbeschreibungen von Ausschreibungen für Tausalzlöseanlagen eine Mindest-Soleerzeugungsleistung und die Sollkonzentration der gebrauchsfertigen Sole von 22 M.-% aufzunehmen. Außerdem sollte die Einhaltung der in der DIN EN 17443 gestellten Anforderungen an die Produktionsleistung, die Solekonzentration, die Solereinheit und die Pumpleistung für die Befüllung der Soletanks auf den Streufahrzeugen gefordert werden.

4 FGSV-Hinweise für die Beschaffung und den Betrieb von Soleanlagen

Um die Straßenbauverwaltungen und Kommunen (Auftraggeber) sowie Firmen (Auftragnehmer) bei der Beschaffung von Sole und bei der Beschaffung, dem Bau und Betrieb von Soleanlagen für den Winterdienst zu unterstützen, hat die Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV) die „Hinweise für die Beschaffung und den Betrieb von Soleanlagen für den Winterdienst“ (H SolA) herausgegeben (FGSV 2022). Diese Hinweise bündeln Fachinformationen und geben Querverweise auf die technische Normung. Die vorliegenden Hinweise können allerdings nicht unmittelbar zum Vertragsbestandteil gemacht werden.

Behandelt werden in dem 122-seitigen Wissensdokument die Versorgungssicherheit mit Sole und Dimensionierung von Soleanlagen, Standorthinweise für Soleanlagen, Soleerzeuger, Sole-Mischstationen, Solelagerung und Fahrzeugbefüllung, Lösungen von Calciumchlorid und Magnesiumchlorid, die Prüfung von Soleanlagen, der Betrieb von Soleanlagen und die Soleherstellung aus Abfallsalzen und Salzabwässern.

12 Anhänge mit vielen Arbeitshilfen, weitergehenden Empfehlungen, Informationen usw. ergänzen diese neuen Hinweise.

Die in der DIN EN 17443 enthaltenen Anforderungen an Soleanlagen wurden in die FGSV-Hinweise übernommen. Ferner wurden bei der Erarbeitung der Hinweise die Erkenntnisse aus dem Forschungsprojekt „Empfehlungen zum praxisgerechten Betrieb von Tausalzlöseanlagen“ der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) berücksichtigt.

Die DIN EN 16811-1 und die DIN EN 16811-2 wurden bereits als mögliche Vertragsunterlagen für die Beschaffung von tauenden Streustoffen erstellt (DIN 2016). In diesen Dokumenten sind Anforderungen und Prüfverfahren für feste und flüssige tauende Streustoffe festgelegt. Ergänzend dazu wurden von der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen „Hinweise für die Beschaffung von tauenden und abstumpfenden Streustoffen für den Winterdienst“ (H BeStreu) herausgegeben (FGSV 2017). Diese Regelwerke sind auch für die Beschaffung von Salzen zur Soleherstellung relevant.

Im FGSV-Hinweispapier für Soleanlagen werden neben der Bemessung der erforderlichen Solebevorratung auch betriebswirtschaftliche Aspekte bei der Entscheidung, ob die benötigte Sole in Eigenproduktion hergestellt oder mittels Anlieferung eingekauft wird, berücksichtigt. Bei der Entscheidung muss neben der monetären Bewertung auch die erwartete Liefersicherheit berücksichtigt werden.

Durch die Klassifizierung der Sole in die Wassergefährdungsklasse 1 nach dem Wasserhaushaltsgesetz (WHG) sind wasserrechtliche Vorgaben beim Bau und Betrieb von Soleanlagen zu beachten. Insbesondere bestehen Anforderungen an den Umschlagsplatz (flüssigkeitsdichte Bodenfläche, Rückhaltevolumen, Anfahrschutz), die Doppelwandigkeit, Auffangwannen, Leckageüberwachung, Solerücklaufsicherung und an das Not-Aus-System.

Bei den Soleerzeugern besteht die Auswahl zwischen den kontinuierlich und diskontinuierlich arbeitenden Systemen (Tabelle 6).

Tabelle 6: Vergleich von Tausalzlöseanlagen

Es wird empfohlen, Soleanlagen zu digitalisieren. Die Digitalisierung sollte Daten und weitere Informationen, wie Soleproduktionsmengen, Füllstände, Solekonzentrationen, Soleentnahmemengen und Störmeldungen an Arbeitsplatzrechner und Mobiltelefone zur Speicherung und für das Berichtswesen sowie für weitere Auswertungen fernübertragen. Die Digitalisierung soll eine Fernüberwachung und Fernwartung ermöglichen (Bild 7).

Bild 7: Touch-Panel einer Upflow-Salzlöseanlage (Beispiel)

Im FGSV-Hinweispapier sind auch Beispiele für eine technische Leistungsbeschreibung in Ausschreibungen und für einen Abnahmetest enthalten.

Ein Beispiel zur Soleherstellung aus Salzabwässern ist die jüngst begonnene Herstellung von Winterdienst-Sole aus Gurkenwasser. Dabei wird das salzhaltige Gurkenwasser neutralisiert und von Schwebstoffen durch Filtration befreit sowie mit zusätzlichem Salz auf die im Winterdienst benötigte Konzentration von 22 M.-% gebracht (Badelt; Dirnhofer et al., 2022).

Bei vielen industriellen Prozessen, wie z. B. in der Lebensmittelindustrie werden Salze in fester Form oder als Sole genutzt, die anschließend durch Einleitung in natürliche Gewässer oder anderweitig entsorgt werden müssen. Zur Erhöhung der ökologischen Nachhaltigkeit könnten diese Salze für den Winterdienst genutzt und somit insgesamt Salz eingespart werden. Auch dabei können Tausalzlöseanlagen eingesetzt werden.

Die Eigenherstellung von Calciumchlorid-Lösung ist wenig verbreitet. Da Sole auch für die vorbeugende Reifglätte-Bekämpfung empfohlen wird, ist dem Verhalten von reiner Calciumchlorid-Lösung, ohne gleichzeitigem festem Natriumchlorid, auf der Fahrbahn besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Aus der Calciumchlorid-Lösung kann sich bei bestimmten Luft- und Fahrbahntemperaturen sowie geringen Luftfeuchten Calciumchlorid-Hexahydrat abscheiden, welches eine schmierige Fahrbahnoberfläche verursacht. Damit verbunden ist ein hohes Risiko für Verkehrsunfälle, das nicht auf Winterglätte, sondern auf chemische Glätte zurückzuführen ist. Da die Vorhaltung von zwei unterschiedlichen Lösungen, Calciumchlorid-Lösung für die FS30-Streuung und Natriumchlorid-Lösung für die Solestreuung (FS100), unwirtschaftlich ist, wird empfohlen, künftig auf die Verwendung von Calciumchlorid-Lösung zu verzichten. Gleiches gilt für Magnesiumchlorid-Lösung.

5 Schulung

Die mit dem Betrieb von Soleanlagen betrauten Beschäftigen sind zu schulen. Die Schulungsinhalte sollen alle mit dem Betrieb der jeweiligen Soleanlage in Verbindung stehenden Punkte umfassen. Dazu gehören u.a. auch Grundlagen der Solelagerung, der Soleherstellung, die Sicherheitshinweise und der Umweltschutz. Schulungen sollten regelmäßig erfolgen und durch eigenes Fachpersonal oder durch externe Experten geleitet werden. Die erste Unterweisung der Beschäftigten muss in Verbindung mit der erstmaligen Inbetriebnahme der Soleanlage erfolgen.

Die Bundesanstalt für Straßenwesen beabsichtigt die Herausgabe von Schulungsunterlagen für den Winterdienst. Dabei ist auch ein Schulungsmodul für Soleanlagen vorgesehen. Mit der Bereitstellung der Schulungsunterlagen in Form einer PowerPoint-Präsentation mit Handout wird für das Jahr 2024 gerechnet (Götzfried; Bunoza, 2023).

6 Schlussfolgerungen

Die durchgeführten Forschungs- und Normungsarbeiten sowie die bei der Erarbeitung eines neuen Wissensdokument der FGSV gewonnenen Erkenntnisse über die Vor-Ort-Produktion von Sole für den Winterdienst lassen folgende primäre Schlussfolgerungen zu:

  • Kontinuierlich arbeitende Upflow-Löseanlagen und diskontinuierlich arbeitende Chargenlöser eignen sich sehr gut für die Soleproduktion.
  • Soleproduktionsanlagen können im Freien oder im Salzlager, in einem Anbau des Salzlagers oder in einem separaten Gebäude errichtet werden.
  • Die durchschnittliche Soleproduktionsleistung in realen Anlagen liegt zwischen 2.000 l/h und 6.500 l/h. Die Produktionsleistung von Chargenlösern kann durch die Vergrößerung des Lösebehälters gesteigert werden. In Chargenlösern erzielen feinkörnige Salze (Kornklasse EF nach DIN EN 16811-1) die höchsten Produktionsleistungen.
  • Zur Solegewinnung eignen sich grundsätzlich Salze (Steinsalz, Siedesalz, Solarsalz) mit einem Salzgehalt von mindestens 97 M.-%. Höhere Salzreinheiten können den Aufwand für die Entfernung und Entsorgung von Löserückständen reduzieren.
  • Für Chargenlöser werden Salze mit hoher Reinheit (insbesondere mit geringen Gehalten an Unlöslichem) empfohlen. Für die Verwendung von Steinsalzen in Chargenlösern ist noch Entwicklungsarbeit zu leisten.
  • Das Austragen der ungelösten Salzbestandteile aus Upflow-Lösesystemen erfordert unterschiedliche Anstrengungen. Für einen störungsfreien Betrieb mit Steinsalzen mit hohem Sulfatgehalt muss in regelmäßigen Abständen eine manuelle Gesamtreinigung des Lösebehälters durchgeführt werden. Dadurch kann eine Gipsbildung mit Aushärtung und Anbackungen in der Soleanlage verhindert Steinsalze mit einem hohen Gehalt an wasserunlöslichen Stoffen (Ton) verursachen einen erhöhten Aufwand für die Entsorgung der manuell oder automatisch aus dem Salzlöser entfernten unlöslichen Rückstände.
  • Bei der Beschaffung neuer Soleproduktionsanlagen sollten Hersteller verpflichtet werden, die Anforderungen der Norm DIN EN 17443 für Soleproduktionsanlagen einzuhalten.

Literaturverzeichnis

Badelt, H.; Dirnhofer, H.; Götzfried, F. (2021): Gurkenwasser im Winterdienst, VKS-News, Ausgabe 255, S. 8-10, Verband Kommunaler Unternehmen e.V. (VKU), Berlin

Deutsches Institut für Normung (2016): DIN EN 16811-1:2016-10 Winterdienstausrüstung – Enteisungsmittel – Teil 1: Natriumchlorid – Anforderungen und Prüfverfahren, Beuth Verlag, Berlin

Deutsches Institut für Normung (2016): DIN EN 16811-2:2016-10 Winterdienstausrüstung – Enteisungsmittel – Teil 2: Calcium- und Magnesiumchlorid – Anforderungen und Prüfverfahren, Beuth Verlag, Berlin

Deutsches Institut für Normung (2021): DIN EN 17443:2021-10 Winterdienstausrüstung – Soleerzeuger - Anforderungen und Prüfverfahren, Beuth Verlag, Berlin

Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (2017): Hinweise für die Beschaffung von tauenden und abstumpfenden Streustoffen für den Winterdienst (H BeStreu), Ausgabe 2017, Köln (FGSV 379)

Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (2022): Hinweise für die Beschaffung und den Betrieb von Soleanlagen für den Winterdienst (H SolA), Ausgabe 2022, Köln (FGSV 384162)

Götzfried, F. (2021): Aspekte der Eigenerzeugung von Sole, Straßenverkehrstechnik, Heft 9, 65. Jahrgang, Kirschbaum Verlag, Bonn, S. 674-680

Götzfried, F.; Bunoza, D. (2021): Empfehlungen zum praxisgerechten Betrieb von Tausalzlöseanlagen. Schlussbericht zum Forschungsprojekt FE 03.0571/2018/MRB. Fachveröffentlichung des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (https://bast.opus.hbz-nrw.de/frontdoor/index/index/docId/2672/)

Goetzfried, F.; Bunoza, D.; Badelt, H.; Schorsack, P.; Reutner, M. (2022): Brine Production Systems for Sustainable Winter Services, In Proceedings of the XVI World Winter Service and Road Resilience Congress, Calgary 2022

Götzfried, F.; Bunoza, D. (2023): Nutzung neuer Medien für die Schulung im Winterdienst. Entwurf des Schlussberichts zum Forschungsprojekt FE 03.0598/2020/MRB des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (noch unveröffentlicht)

Schorsack, P. (2017): Praktische Erfahrungen und Empfehlungen für Salzlöseanlagen, Tagungsband zum FGSV-Kolloquium Straßenbetrieb, Karlsruhe (FGSV 002/120)