FGSV-Nr. FGSV C 11
Ort Münster
Datum 09.03.2010
Titel Straßenbaumaßnahmen im Umfeld des Flughafens Berlin Brandenburg International
Autoren Dr.-Ing. Maik Schüßler
Kategorien Erd- und Grundbau
Einleitung

Der Landesbetrieb Straßenwesen Brandenburg, Niederlassung Autobahn wurde mit der Planung und dem Bau der großräumigen Straßenverkehrsanbindung für den geplanten Großflughafen Berlin Brandenburg International beauftragt. Hierfür erfolgte der Neu- und Ausbau von rund 10 km sechsstreifiger Autobahn und ca. 15 km vierstreifiger Bundesstraßen. Der Neubau der Bundesstraße B 96 quert auf ca. 190 m ein Moorgebiet mit bis zu 5 m mächtigen, gering tragfähigen Torf- und Muddeablagerungen. Zur Gründung des Straßendammes wurden als Untergrundverbesserung Sandsäulen angewandt. Dies ist auch bei weichen bis breiigen organischen Böden bei undrainierten Scherfestigkeiten < 8 kN/m² möglich. Nach den vorliegenden Messergebnissen wurde eine Setzungsreduzierung von ca. 55 % erreicht. Sowohl die Verformungsmessungen als auch die Laborergebnisse zeigen für die Böden ein sehr ausgeprägtes Kriechverhalten. Durch eine Überschüttung werden Setzungen infolge Konsolidierung als auch Anteile aus Kriechen vorweggenommen. Nach dem Rückbau der Überschüttung wurden im Messzeitraum keine nennenswerten Kriechverformungen registriert.

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1 Einleitung

Der Ausbau des Flughafens Schönefeld zum neuen Hauptstadt-Airport Berlin Brandenburg International (BBI) stellt derzeit das größte Infrastrukturprojekt im Nordosten Deutschlands dar. Für die geplante Eröffnung des BBI am 30. Oktober 2011 werden 25 bis 27 Millionen Passagiere pro Jahr prognostiziert. Um ein derartiges Passagieraufkommen bewältigen zu können, braucht der Flughafen eine leistungsfähige Straßen- und Schienenanbindung. Der Landesbetrieb Straßenwesen, Niederlassung Autobahn (ehemals Brandenburgisches Autobahnamt) wurde mit der Projektdurchführung der großräumigen Straßenanbindung beauftragt. Dies beinhaltete folgende Baumaßnahmen an Bundesfernstraßen um das Flughafenareal (Bild 1):

  • Neu- und Ausbau der Autobahn A 113 im Osten,
  • Neu- und Ausbau der Bundesstraßen B 179 und B 96 a im Norden sowie
  • Neu- und Ausbau der Bundesstraße B 96 im Westen.

Alle Baumaßnahmen wurden bis zum Jahr 2008 abgeschlossen. Der Bau der Anschlussstelle des Flughafens an die A 113 wird derzeit realisiert.

Bild 1: Straßenanbindung Airport Berlin Brandenburg International

2 Autobahn A 113

Am 23. Mai 2008 erfolgte die Verkehrsfreigabe der neuen Autobahn A 113. Die A 113 stellt die wichtigste straßenseitige Anbindung für den neuen Flughafen dar.

Bild 2: Übersicht Neubau A 113

Um die erwartete Verkehrsbelastung von bis zu 130.000 Kfz./24 h bewältigen zu können, wurde im Land Brandenburg für ca. 112 Mio. EUR eine sechsstreifige Autobahn auf einer Länge von 6,7 km neu und 3,1 km ausgebaut (Bild 2). Aus Berlin kommend verläuft die A 113 in Dammlage durch die Ortslage Schönefeld. An den Anschlussstellen Schönefeld Nord und Süd erfolgt der Anschluss an die jeweils vierstreifigen Bundesstraßen B 179 und B 96 a. Im Anschluss quert die A 113 die nördliche Start- und Landebahn des Flughafens Schönefeld, welche im Dezember 2007 außer Betrieb genommen wurde. Der Anschluss für den Airport BBI erfolgt über die 2011 fertigzustellende Anschlussstelle. Diese liegt unmittelbar vor dem Autobahndreieck Waltersdorf (Bild 2).

3 Bundesstraße B 96

Der unmittelbar im Süden an Berlin angrenzende Streckenabschnitt der Bundesstraße B 96 verbindet vorrangig den Süden der Hauptstadt mit der A 10 (Berliner Ring). Die bisher zweistreifig durch mehrere Ortslagen geführte Bundesstraße wird durch einen vierstreifigen Neubau mit einem 26 m breiten Straßenquerschnitt außerhalb der Ortslagen ersetzt. Aufgrund der vorhandenen Verkehrsbelastung und eines prognostizierten Verkehrsaufkommens von 42.000 Kfz./24 h war dieser Ausbau dringend notwendig. Der 8 km lange Neu- und Ausbau der Bundesstraße B 96 erfolgte in zwei Abschnitten, einem ca. 3 km langen nördlichen 1. Bauabschnitt und einem ca. 5 km langen südlichen 2. Bauabschnitt. Die Verkehrsfreigabe erfolgte am 19. Dezember 2006.

Bild 3: Übersicht Neu- und Ausbau B 96

4 Untergrundverhältnisse Bundesstraße B 96

Die oberflächennahe Geologie Mittelbrandenburgs ist vorwiegend durch das Anstehen eiszeitlicher Sedimente geprägt. Hierbei handelt es sich um eine Abfolge von Ablagerungen meist flachwelliger Grundmoränenplatten, hügeliger Endmoränen, flachen Sander- und Talsandflächen sowie eingesenkter Niederungen. Insbesondere im Bereich der Niederungen stehen geringtragfähige und kompressible organische Böden an, welche ihrer Entstehung nach dem Holozän (Nacheiszeit) zuzuordnen sind.

Der Ausbau der Bundesstraße B 96 liegt unmittelbar östlich der Ortslage Dahlewitz (Bild 3) auf einer Länge von ca. 190 Metern im Bereich einer solchen Niederung. Die Niederung war mit einem in der Aufstandsfläche 40 m breiten und im Endzustand bis 4 m hohen Straßendamm zu queren.

Die Erkundung der Untergrundverhältnisse im Niederungsbereich erfolgte in 2 Etappen. Die ersten Bodenuntersuchungsergebnisse wurden im Rahmen der Streckenerkundung gewonnen. Im Vorfeld der Ausschreibung wurde eine 2. Erkundungsphase nachgeschaltet. Nach den Bodenuntersuchungsergebnissen stellen sich die Untergrundverhältnisse wie folgt dar:

Der 5 km lange 2. Bauabschnitt der Bundesstraße B 96 liegt auf der pleistozän geprägten Teltowhochfläche. Der Bereich Bau-km 1+300 bis Bau-km 1+490 liegt am Rand der Niederung des Zülowgrabens. Hier wurde der ursprünglich vorhandene, für die Hochfläche typische Geschiebemergel erodiert und das entstandene Tal mit organischen Böden verfüllt. Bei den organischen Böden handelt es sich im oberen Bereich (ca. 2 m) um Torf unterschiedlichen Zersetzungsgrades. Unterlagert wird der Torf durch kalkhaltige Mudde. Insgesamt erreichen diese Böden Mächtigkeiten bis ca. 5 m. Das Liegende bilden Sande, untergeordnet Beckenschluffe und Geschiebemergel.

Die anstehenden Sande stellen am Standort einen ergiebigen Grundwasserleiter dar. An der Unterkante der organischen Böden kann das Grundwasser gespannt anstehen. Die Druckhöhe ist in hydrologisch ungünstigen Jahreszeiten geländegleich anzunehmen.

Die Bodenschichtung und die Grundwasserverhältnisse sowie die geplante Dammschüttung sind exemplarisch im Bild 4 dargestellt. Zusätzlich zu den Ergebnissen der Baugrunduntersuchung ist das Ergebnis einer Inklinometerbohrung (IK 390L) nach Herstellung der Arbeitsebene während der Bauausführung eingetragen. Hier ist deutlich zu erkennen, dass bereits mit Aufbringen der Arbeitsebene mehrere Dezimeter Setzungen eingetreten sind.

Bild 4: Bodenschichtung und Grundwasserverhältnisse Bau-km 1+390

Bei den organischen Böden handelt es sich überwiegend um weiche bis breiige Torfe und Mudden. Der Torf weist Porenzahlen bis ca. 8 bei Wassergehalten bis 430 % auf. Die Mudde besitzt Porenzahlen bis ca. 7 bei Wassergehalten bis 330 %. Die undrainierte Scherfestigkeit wurde mittels Labor- und Feldflügelsondierungen festgestellt. Nach Abminderung der gemessenen Flügelscherfestigkeiten ergaben sich für die Mudde Rechenwerte der undrainierten Kohäsion cu von 8 kN/m². Für den Torf lagen Einzelwerte ebenfalls in der genannten Größenordnung. An Bodenproben aus den Inklinometerbohrungen wurden Triaxialversuche zur Bestimmung der undrainierten Scherfestigkeit cu nach DIN 18137 ausgeführt. Die Ergebnisse zeigten Werte für die Mudde von cu = 4 bis 5 kN/m² und für den Torf von minimal cu = 6 kN/m². In Ödometerversuchen konnten für die organischen Böden Kompressionsbeiwerte Cc zwischen 1,3 und 2,4 und Kriechbeiwerte Cα zwischen 0,06 und 0,14 bezogen auf den dekadischen Logarithmus ermittelt werden (Savidis et al., 2006).

5 Maßnahmen zur Untergrundverbesserung und Ausschreibung der Baumaßnahme

Aufgrund der erkundeten Eigenschaften der anstehenden organischen Böden waren zur Gewährleistung einer ausreichenden Tragfähigkeit und zur Sicherstellung der Gebrauchstauglichkeit der Straßenkonstruktion Untergrundverbesserungen erforderlich.

Zur Beschleunigung und zur Verringerung der Konsolidierungssetzungen und unter Berücksichtigung des im Land Brandenburg gut verfügbaren eng gestuften Sandes wurden als Untergrundverbesserungsmaßnahme Sandsäulen gewählt. Das Verfahren der Sandsäulen zur Untergrundverbesserung wird in Japan seit mehreren Jahrzehnten erfolgreich angewandt (Kitazume, 2005). Hinsichtlich der Drainwirkung derartiger Sandsäulen lagen im Landesbetrieb Straßenwesen Brandenburg bereits gute Erfahrungen vor. Um die Sandsäulen nicht nur als reine Drainelemente zu verwenden, sondern auch deren Tragverhalten nutzen zu können, wurden diese mit einem Durchmesser von 60 cm veranschlagt. Zur Verbesserung des Trag- und Verformungsverhaltens der organischen Böden wurde für das Einbringverfahren der Sandsäulen das Vollverdrängungsverfahren gewählt. Hinsichtlich der seitlichen Stützung der Sandsäulen im Boden bei den vorhandenen undrainierten Scherfestigkeiten < 8 kN/m² wurde auf Literaturangaben (Gundacker et al., 2004) von hergestellten Kies- bzw. Sandsäulen bei undrainierten Scherfestigkeiten << 15 kN/m² zurückgegriffen. Eine Vorbemessung des Gründungssystems für eine Säulenanordnung im Dreiecksraster von 1,41 m x 1,50 m hatte ergeben, dass allein durch die Sandsäulen keine ausreichende Standsicherheit in allen Bauphasen gewährleistet war. Aufgrund dieser Tatsache musste der Bereich der Dammsohle mit Geokunststoffen bewehrt werden.

Die Ausschreibung der Bauleistung erfolgte im Rahmen der Streckenbaumaßnahme nach VOB A § 9 als Leistungsbeschreibung mit Leistungsverzeichnis. Hierbei wurde vorgegeben, dass nach Herstellung der Sandsäulen und anschließender Verlegung eines Geogitters die Dammschüttung in 2 Etappen mit jeweils dreimonatiger Liegezeit aufzubringen war. Die Schüttung der 2. Etappe diente hierbei zur Vorwegnahme von Setzungen aus späterer Verkehrslast.

Zur Kontrolle der Verformungen des Untergrundes und des Unterbaus sowie der zeitlichen Entwicklung der Porenwasserdrücke in den organischen Böden waren drei Messquerschnitte wie folgt einzurichten:

  • jeweils zwei Vertikalinklinometer am Dammfuß (beidseitig), davon ein Neigungsmessrohr im Untergrund und ein Neigungsmessrohr in einer Säule,
  • zwei Horizontalinklinometer, davon ein Neigungsmessrohr oberhalb der Säulenköpfe und ein Neigungsmessrohr zwischen den Säulen,
  • drei Porenwasserdruckaufnehmer im Bereich der organischen Böden.

6 Bemessung der Dammgründung

Der Nachweis der Standsicherheit in den einzelnen Bau- und Nutzungsphasen wurde mittels ebenen Grenzgleichgewichtsverfahren nach DIN 4084 (Ausgabe 1981) erbracht. Die Berechnung erfolgte am Querschnitt km 1+390. Hier war die größte Dammhöhe bei gleichzeitig größter Mächtigkeit der organischen Böden zu verzeichnen. Zur Berücksichtigung der Sandsäulen in zweidimensionalen Berechnungen wurden die Sandsäulen in vergleichbare Wandscheiben umgewandelt. Für das zu verlegende Geogitter FORTRAC R 450/50-30 errechnete sich nach Abminderung der Kurzzeitzugfestigkeit für alle Belastungsfälle eine Bemessungsfestigkeit Fd < 150 kN/m.

Parallel zur analytischen Ermittlung der Standsicherheiten und zur Abschätzung der Setzungsbeträge wurden numerische Modellierungen am gleichen Querschnitt vorgenommen. Die 2D-Berechnungen im ebenen Verzerrungszustand erfolgten mit dem FEM-Programmsystem PLAXIS V7 (Plaxis BV, 1998). Die rein mineralischen Böden (Damm, Sandsäulen, Sanduntergrund) wurden hierbei durch das Mohr-Coulomb-Modell abgebildet. Die organischen Böden wurden mit dem Soft-Soil-Modell modelliert. Die für die Berechnung notwendigen Berechnungsparameter wurden aus den Ergebnissen der Bodenuntersuchungen abgeleitet bzw. teilweise Literaturangaben entnommen. Die zu erwartende Beeinflussung der Festigkeits- und Verformungsparameter der organischen Böden durch die Säulenherstellung fanden bei den durchgeführten Berechnungen keine Beachtung, da dies ohne entsprechende Messwerte nach der Säulenherstellung nur schwer zu erfassen ist. Das in Dammsohle zu verlegende Geogitter wurde in seiner Dehnsteifigkeit gemäß den Herstellerangaben angesetzt. Im Bild 5 ist ein Auszug aus dem FE-Netz mit der Konturdarstellung der Verformungen nach Abschluss der Konsolidation der 2. Etappe der Dammschüttung dargestellt.

Bild 5: Auszug FE-Netz mit Verformungskontur

Die maximalen Vertikalverformungen (Setzung Dammkrone) wurden mit 0,28 m (1. Etappe) und 0,58 m (2. Etappe = Überschüttung) errechnet. Die maximalen axialen Zugkräfte im Geogitter wurden mit 17 kN/m (1. Etappe) und mit 61 kN/m (2. Etappe = Überschüttung) bei 8 m vom Böschungsfuß entfernt ermittelt.

Zur Ermittlung der Sicherheiten in den FEM Berechnungen wurde eine φ′-c′-Reduktion ausgeführt. Die ermittelten Sicherheiten der analytischen und numerischen Berechnungen sind in der Tabelle 1 zusammengestellt.

Tabelle 1: Standsicherheiten der analytischen und numerischen Berechnungen

Ein Vergleich der analytischen Berechnungsverfahren mit den numerischen Berechnungsverfahren ergibt eine sehr gute Übereinstimmung bei den ermittelten Sicherheiten. Weiterhin wurde eine numerische Berechnung des Systems ohne Sandsäulen ausgeführt. Hiernach ergaben sich nach Abschluss der Konsolidierung der 2. Etappe maximale Vertikalverformungen von 1,07 m. Das Verhältnis der Verformungen von verbessertem zu unverbessertem Untergrund kann hiernach mit dem Faktor 0,55 angegeben werden.

7 Bauausführung

7.1 Herstellung der Sandsäulen

Nach Herstellung der Arbeitsebene aus grobkörnigem Boden (Sand) auf dem Urgelände wurden die ersten Vertikalinklinometer sowie der Porenwasserdruckaufnehmer am Rand der mit Sandsäulen zu verbessernden Fläche installiert. Die Herstellung der 2.335 Sandsäulen erfolgte auf einer Fläche von ca. 5.500 m² im Zeitraum Mai bis August 2005 nach dem Rüttelverdrängungsverfahren. Hierbei wurde eine Verrohrung (Durchmesser 60 cm) mit Hilfe eines mäklergeführten Rüttlers bis auf den ausreichend tragfähigen Untergrund eingebracht, wobei der Boden beim Einrütteln mit Hilfe eines konischen Verschlusses am Rohrfuß zur Seite verdrängt wurde (Bild 6). Danach erfolgte das Auffüllen des Rohres mit eng gestuftem Sand (U<3). Anschließend wurde die Verrohrung gezogen, wobei sich die Verschlusskappe am Rohrfuß automatisch öffnete. Durch die Vibration beim Ziehen der Verrohrung sollte sich eine Verdichtung des eingefüllten Sandes einstellen.

Bild 6: Herstellung der Sandsäulen im Rüttelverdrängungsverfahren

Zur Ermittlung des Verdichtungsgrades des Sandes in den Säulen wurden insgesamt 29 leichte Rammsondierungen ausgeführt. Die Ergebnisse der ausgeführten Rammsondierungen zeigten für den Füllsand im Bereich des Torfes überwiegend mitteldichte Lagerungsverhältnisse (D ≈ 0,45), im Bereich der Mudde dichte Lagerungsverhältnisse (D > 0,5) (Savidis et al., 2006).

Zehn Tage nach Herstellung der Sandsäulen wurde im Zentrum zwischen drei Säulen eine Kleinrammbohrung abgeteuft und an den entnommenen Bodenproben Wassergehaltsbestimmungen im Labor ausgeführt. Die Ergebnisse der Wassergehaltsbestimmungen vor (Baugrunduntersuchung sowie Inklinometerbohrungen von der Arbeitsebene aus) und nach der Säulenherstellung sind im Bild 7 dargestellt.

Bild 7: Wassergehalte der organischen Böden vor und nach der Säulenherstellung

Im Bereich des Torfes zeigen sich bereits nach Herstellung der Arbeitsebene deutliche Wassergehaltsreduzierungen. Im Bereich der Mudde ist dies zu diesem Zeitpunkt nicht feststellbar. Die Wassergehalte nach der Säulenherstellung liegen für die Mudde deutlich unterhalb (ca. –150 %) der vorangegangenen Untersuchungen. Damit ist eine Verbesserung der tieferliegenden organischen Böden durch die Säulenherstellung nachweisbar.

7.2 Verlegung Geogitter und Dammschüttung

Nach Fertigstellung der Sandsäulen wurden die Vertikalinklinometer in den Säulen eingebaut sowie die Horizontalinklinometer installiert. Statt der vorgesehenen einlagigen Geokunststoffbewehrung wurden zwei Lagen Geogitter verlegt. Als untere Lage wurde ein Geogitter FORTRAC R 350/50-30 und 0,3 m darüber ein Geogitter ARMATEX G 150/30 eingebaut. Nach der Verlegung der Geogitter erfolgte die Dammschüttung der 1. Etappe bis auf Höhe der planmäßigen Straßengradiente. Nach 5-monatiger Liegezeit wurde die Überschüttung (2. Etappe) aufgebracht. Im Bild 8 ist der Bauzustand im Mai 2006 zu sehen.

Bild 8: Bauzustand Mai 2006 und Lage der Messquerschnitte

8 Messergebnisse

8.1 Messungen während der Säulenherstellung

Zur Kontrolle der Horizontalverformungen und zur Messung der zeitlichen Entwicklung der Porenwasserdrücke in den organischen Böden während der Säulenherstellung wurden von den ausgeschriebenen drei Messquerschnitten (siehe Abs. 5; Lage siehe Bild 8) die Vertikalinklinometer vor dem Dammfuß und die Porenwasserdruckaufnehmer eingebaut.

An den im Abstand zwischen 1,5 m und 2,5 m zur äußersten Säulenreihe eingebauten Vertikalinklinometern wurden Horizontalverformungen infolge Säulenherstellung zwischen 8 und 25 cm ermittelt. Die größten Verformungen traten im Bereich des Torfes auf (Savidis et al., 2006).

Die Installation der Porenwasserdruckaufnehmer erfolgte aus Gründen des Zerstörungsschutzes außerhalb der Dammaufstandsfläche. Porenwasserüberdrücke wurden hier ausschließlich während der Säulenherstellung gemessen. Die minimale Annäherung des Rüttlers lag bei 2 m. Die maximale Porenwasserdruckerhöhung wurde mit rund 2 kN/m² im Torf und 3 kN/m² im Bereich der Mudde gemessen. Die gemessenen Porenwasserdruckerhöhungen infolge Säulenherstellung sind als gering zu bezeichnen. Ein Abbau des Porenwasserüberdrucks auf 50 % des Ausgangsniveaus war bereits nach einer Stunde erreicht. Während und nach Herstellung der Dammschüttung sowie während der Verdichtung derselben konnten an den installierten Aufnehmern keine nennenswerten Porenwasserüberdrücke gemessen werden (Savidis et al.,2008).

8.2 Messergebnisse nach Herstellung der Dammschüttung

Nach Herstellung der Sandsäulen wurden sechs Vertikalinklinometer in den Sandsäulen und sechs Horizontalinklinometer installiert. Auf der Oberkante der Überschüttung und nachfolgend auf der Fahrbahn wurden Messpunkte zur Setzungsmessung eingerichtet. Zusätzlich wurden im Bereich der Geogitter am Messquerschnitt 1+390 zwei Dehnungsaufnehmer (8 m vom Dammfuß entfernt und in Dammmitte) an der unteren Geogitterlage und ein Dehnungsaufnehmer (8 m vom Dammfuß entfernt) auf der oberen Geogitterlage angebracht.

Die Erfassung der Messergebnisse der Porenwasserdruckaufnehmer und der Dehnungsaufnehmer erfolgte kontinuierlich mittels Datenlogger. Die Messungen wurden vom Beginn der Dammschüttung bis zehn Monate nach Verkehrsfreigabe ausgeführt.

Eine Zusammenfassung der gemessenen Vertikalverformungen in der Mitte der Dammschüttung ist im Bild 9 gegeben.

Nach 5-monatiger Liegezeit der Dammschüttung der ersten Etappe traten zwischen 28 cm und 40 cm Setzungen auf. Die unterschiedlichen Setzungen sind auf unterschiedliche Dammhöhen infolge der Gradientenführung zurückzuführen. Bei der zweiten Etappe der Dammschüttung traten bei der gleichmäßig aufgebrachten Überschüttung weitere 15 cm Setzungen ein. Die maximale Dammhöhe lag bei 5 m. Nach dem festgestellten Abschluss der Primärkonsolidierung von jeweils ca. 50 Tagen traten bis zu 8 cm (1. Etappe) und 3 cm (2. Etappe) Sekundärverformungen auf. Bezogen auf die Primärverformungen waren dies zwischen 20 und 25 %. Zwischen den Horizontalinklinometern über den Säulenköpfen und den zwischen den Säulen angeordneten konnten bei Lage der Messrohre auf Oberkante Arbeitsebene keine nennenswerten Unterschiede festgestellt werden.

Bild 9: Vertikalverformungen in Dammmitte

Unter der Annahme reiner einaxialer Kompression in Dammmitte wurden unter Zugrundelegung der Ergebnisse der Ödometerversuche die Setzungen eines unverbesserten Untergrundes unter Berücksichtigung der tatsächlich aufgebrachten Belastung ermittelt. Diese lagen zwischen 82 und 95 cm. Mit der durchgeführten Untergrundverbesserung wurde eine Setzungsreduzierung auf 53 bis 59 % des unverbesserten Untergrundes zum Abschluss der Liegezeit der gesamten Dammschüttung erreicht.

Nach Rückbau der Überschüttung wurden Hebungen zwischen 2 und 6 mm gemessen. Zwischen der letzten Messung mit Überschüttung und nach Rückbau derselben, Aufbringen des Straßenoberbaus und Eintragung der Verkehrslasten wurden innerhalb eines Jahres Setzungen zwischen 3 und 14 mm registriert. Nach Rückbau der Überschüttung ergab sich im v. g. Messzeitraum ein praktisch setzungsfreies Bauwerk.

Bild 10: Dehnungsmessungen in der oberen und unteren Geogitterlage

Die maximalen Horizontalverformungen wurden – wie die maximalen Vertikalverformungen – am Querschnitt 1+350 mit insgesamt 17 cm gemessen. An den restlichen Querschnitten lagen die Horizontalverformungen zwischen 4 und 10 cm. Die Maximalwerte wurden im Bereich des Torfes ermittelt.

Die Entwicklung der Dehnungen in den Geogittern in Abhängigkeit von der Zeit ist im Bild 10 aufgezeigt. Mit Aufbringen der einzelnen Schüttlagen bzw. mit dem Rückbau der Überschüttung stellen sich die Dehnungen in den Geogittern ein.

Die maximalen Dehnungen wurden in der unteren Geogitterlage 8 m vom Dammfuß entfernt zum Ende der Liegezeit der Überschüttung mit 0,78 % gemessen. Bei dem eingebauten Geogitter FORTRAC R 350/50-30 entspricht dies einer aufgenommenen Kraft von ca. 35 kN/m an der Messstelle. In der oberen Lage wurde an der gleichen Messstelle eine Dehnung von 0,38 % gemessen. Dies entspricht für dieses Geogitter einer aufgenommenen Kraft von ca. 6 kN/m. Die gemessenen Dehnungen am Geogitter sind als sehr gering zu bezeichnen. Entsprechend den mittels Vertikalinklinometer gemessenen Horizontalverformungen sind jedoch keine größeren Dehnungen zu erwarten. Die Geogitter sind im vorliegenden Fall überdimensioniert. Zwischen unterer und oberer Geogitterlage sind bei den Aufnehmern 8 m vom Dammfuß fast 50 % Unterschied feststellbar. Eine zweilagige Bewehrung nimmt damit nicht zu gleichen Teilen die Zugkräfte gegenüber einer einlagigen Bewehrung auf.

9 Untersuchungen zum Kriechverhalten der Böden

Von ausschlaggebender Bedeutung für die Gebrauchstauglichkeit der Straßenkonstruktion ist das Langzeitverformungsverhalten des Gründungssystems. In Laborversuchen wurde das Kriechverhalten der organischen Böden in Abhängigkeit zur aufgebrachten Vorlast untersucht (Bild 11).

Bild 11: Kriechbeiwerte Cα vs. Verhältnis der Vertikalspannungen sVorlast/saktuell

Bei entsprechend hohen Vorlasten kann die Kriechneigung der Böden in den ausgeführten Versuchszeiträumen erheblich reduziert werden. Für das an der Bundesstraße B 96 zu erwartende Spannungsverhältnis von 1,6 aus der Last der Dammschüttung einschließlich Überschüttung zur Last der endgültigen Dammschüttung ergeben sich demnach um rund 50 % reduzierte Kriechbeiwerte. Dieses Verhalten wurde durch die Messungen am Bauwerk bestätigt.

10 Literaturverzeichnis

DIN 4084 (1981): Baugrund – Gelände- und Böschungsbruchberechnungen, Deutsches Institut für Normung, Beuth Verlag, Berlin & Köln

Gundacker, S.; Becker, A.; Wehr, J. (2004): Die undrainierte Kohäsion des Bodens als Kriterium für die Säulenherstellung mit Tiefenrüttler, GEOLEX, Ausgabe 2/04, S. 27–30

Kitazume, M. (2005): The Sand Compaction Pile Method, Port and Airport Research Institute, Yokosuka, Japan, Balkema Publishers, Taylor & Francis Group, London

PLAXIS V7 (1998): Finite Element Code for Soil and Rock Analyses, Version 7.2, Plaxis BV

Savidis, S. A.; Rackwitz, F.; Schüßler, M. (2006): Sandsäulen zur Bodenverbesserung beim Neubau der Bundesstraße 96 südlich von Berlin, Beiträge zum 21. Christian Veder Kolloquium, TU Graz, Heft 28, S. 37–55

Savidis, S. A.; Rackwitz, F.; Schüßler, M. (2008): Design and construction of granular soil columns for ground improvement of very soft soils for road embankments, Proc. 6th International Conference on Case Histories in Geotechnical Engineering, Arlington, VA, Paper no. 7.17