FGSV-Nr. FGSV 002/118
Ort Veitshöchheim
Datum 18.05.2017
Titel Straßenbegleitgrün und biologische Vielfalt: Potenziale und Realität
Autoren PD Dr.-Ing. Heinrich Reck
Kategorien Landschaftstagung
Einleitung

Ist die Gesamtfläche des Begleitgrüns größer als diejenige der Naturschutzgebiete? Sind streng geschützte Arten abhängig von Begleitgrün – und wenn ja, welche? Wo finden wir mehr standortheimische Gehölzarten, am Straßenrand oder in Wirtschaftswäldern? Sind Verkehrssysteme die am besten vernetzten Bestandteile des deutschen Biotopverbunds? Kann das Begleitgrün die Barrierewirkungen von Straßen entscheidend mindern und Teil der europäischen „grünen Infrastruktur“ sein oder werden? (Wie) Könnten Pflanzen oder Insekten oder Säugetiere oder gar Menschen vom Begleitgrün profitieren? Solche Fragen stellen sich all denen, die die gegenwärtige, industrialisierte Landschaft Deutschlands und deren zukünftige Entwicklung betrachten. Ein aktuelles, unter Leitung von K. Richter, F. Zinner und H. Reck durchgeführtes F+E-Vorhaben des Bundesamtes für Naturschutz gibt dazu erste Antworten auf Basis von Untersuchungen zur Artenzusammensetzung herkömmlicher und experimentell gestalteter Begleitflächen sowie verschiedener Referenzbiotope und auf Basis der Beobachtung der Raumnutzung ausgewählter Arten. Die Veröffentlichung der Ergebnisse steht kurz bevor und eine Auswahl dieser Ergebnisse ist Inhalt des Vortrags auf der Landschaftstagung (kommentierte Folien sind bereits unter „http://postconf.iene.info/wp/?Page_id=193&pi=555&goldtitle=%3C%21--H--%3ETraffic+verges+and+biological+diversity%3A+Realized+possibilities+realities+and+prospects“ abrufbar; im Folgenden sind vorläufige Schlussfolgerungen als Diskussionspapier zusammengefasst.

Zitiervorschlag:

Reck, H.; Müller, K. (Stand 4/2017): Die Entwicklung von Verkehrsbegleitgrün als Bestandteil der Grünen Infrastruktur Deutschlands: Bedeutung, Zielbestimmung, Design, Pflege und Monitoring. Zwischenfazit zum BfN-Vorhaben „Begleitgrün als Lebensraum“, FGSV Landschaftstagung 2017. Veitshöchheim.

 

Inhalt

1     Die naturschutzfachliche Bedeutung von Begleitgrün..................................................... 4

2     Zielbestimmung............................................................................................................... 6

3     Design (Prinzipien zur Gestaltung).................................................................................. 7

4     Pflegegrundsätze (Pflege, Unterhaltung und Optimierung)............................................ 11

5     Monitoring....................................................................................................................... 15

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Der Fachvortrag zur Veranstaltung ist im Volltext verfügbar. Das PDF enthält alle Bilder und Formeln.

1 Die naturschutzfachliche Bedeutung von Begleitgrün

Begleitgrün nimmt einen sehr großen Teil der Landfläche der Bundesrepublik ein1), Begleitgrün scheint zusammenhängend vernetzt zu sein und Querungshilfen grenzen immer an Begleitgrün. Welche Bedeutung hat es nun als Lebensraum und welche für die Wiedervernetzung? 

1.1 Das Potenzial

1.  Begleitgrün (BG) kann einen erheblichen Beitrag zur Sicherung der Biologischen Vielfalt leisten (Richter et al. in Vorbereitung, Reck & van der Ree 2015, Verstrael 2000 u.v.a.). Lokal konnte die Bereitstellung sehr wichtiger Lebensräume nachgewiesen werden. BG kann mit geringem Aufwand oder sogar kostensparend als Bestandteil der Grünen Infrastruktur Europas2) entwickelt werden.

2.  Begleitgrün ist zwar kein Ersatz für flächenhafte oder gar großflächige naturnahe und/oder artenreiche Ökosysteme, aber es kann eine Ergänzung solcher Flächen sein und deren Funktionen unterstützen.

3.  In intensiv genutzten Landschaften kann das Begleitgrün ein Minimumangebot an Biologischer Vielfalt (inklusive von Nützlingen) bereitstellen. Für einzelne besonders schutzbedürftige und besonders geschützte Arten und für zahlreiche Saumarten kann das Begleitgrün vollwertiger Lebensraum sein und zum Populationsverbund beitragen.

4.  Vermutlich könnte das großräumige Netz des Begleitgrüns auch einen erheblichen Beitrag zur Wiedervernetzung, das heißt zum Populationsverbund und zur Wiederausbreitung sehr vieler Arten leisten (Korridorfunktion). Dabei kann es erheblich zur Funktionssicherung von Querungshilfen beitragen (Reck et al. in Vorbereitung).

5.  Neben der Lebensraumfunktion und der verkehrlichen Bedeutung (Abstandsgrün, z. T. auch Immissionsminderung) kann geeignet gestaltetes Begleitgrün das Landschaftsbild bzw. den Erholungswert erheblich verbessern. 

1.2 Die Realität

Das große Potenzial des Verkehrsbegleitgrüns wird nur marginal genutzt.

1. Wiedervernetzung wird (noch) kaum gefördert: Obwohl zur Unterstützung der Funktion geeignet, wird das Begleitgrün fast nie für Zwecke des Biotopverbunds gestaltet (selbst dort nicht, wo wie z. B. in Schleswig-Holstein eine solche Gestaltung gesetzlich gefordert ist3)). Insbesondere an Querungshilfen bleibt die potenziell erhebliche unterstützende Funktion des Begleitgrüns zumeist ungenutzt.

2. Während die lokale Bedeutung von Begleitgrün als Ausbreitungskorridor schutzbedürftiger Arten zumindest grob und mit großen Unsicherheiten abgeschätzt werden kann (z. B. Vermeulen 1994) ist die Korridor- und Trittsteinfunktion im regionalen Maßstab völlig unzureichend untersucht.

3. Mehr als 90 % der Kraut- und Grasfluren sind nicht als Lebensraum für schutzbedürftige Arten geeignet4): Der Großteil des Begleitgrüns, nach einer stichprobenhaften Abschätzung entlang einer Testfahrt durch Gesamt-Deutschland mehr als 99 % der Kraut- und Grasfluren, ist im aktuellen Zustand kaum oder nur von geringer Bedeutung für die Sicherung der Artenvielfalt (das große Potenzial ist kaum realisiert). Ursachen sind ungünstiges Substratmanagement (Verwendung viel zu nährstoffreicher Substrate), überkommene und zugleich überteuerte, aber mehrheitlich noch praktizierte Formen der Gehölzanlage (viel zu dichte Anpflanzungen mit zu großem Anteil an hochwüchsigen Bäumen) sowie viel zu dichte Ansaaten mit kontraproduktiven Saatgutmischungen.

4. Mortalitätsfaktoren und das Mortalitätsrisiko bzw. die sink-source-Relation sind unzureichend untersucht: Die Zusammenhänge zwischen der Ausgestaltung des Begleitgrüns und der Verkehrsmortalität von Tieren sind ungenügend untersucht. Weder die mortalitätsmindernden Faktoren noch die Faktoren, die das Mortalitätsrisiko erhöhen, sind ausreichend bekannt. Biodiversität förderndes Begleitgrün auf Magersubstraten mindert vermutlich das Mortalitätsrisiko für Großtiere. Eine wesentliche aber bislang kaum quantifizierbare Rolle spielen die Höhenlage von Straßen zur Umgebung, die Anordnung von Gehölzen, der Nährstoffgehalt von Kraut und Grasfluren, fruchtende Obstbäume, das Vorhandensein von Querungshilfen und der Unterhaltungszustand von Wildschutz- und Amphibienzäunen (Kleintierabweisern). Größere Säuger, Kleinsäuger, Vögel und sonstige Kleintiere sind sehr unterschiedlich betroffen. [s. z. B.: Aichele 2016, Schmüser et al. 2014, Petrak 2008].

5. Landschaftsbild und Freizeitwert: Die Bedeutung des Begleitgrüns für das Landschaftsbild, z. B. mögliche positive Einflüsse auf die Motivation zur Nutzung von Fuß- und Radwegen, ist kaum quantifizierbar (Bild 3). 

Bild 3: Leben im Begleitgrün

2 Zielbestimmung

2.1 Das Wichtigste für den eiligen Leser:

(1)    „Mehrzieloptimierung“ hat Vorrang.

(2)    Naturraumspezifische Gegebenheiten und Planungen müssen beachtet werden.

(3)    Einseitige Zielsetzungen, das heißt eine Gestaltung nahezu ausschließlich mit Gehölzen (für z. B. Immissionsschutz oder Haselmaus) und gegen Säume (z. B. für Scheckenfalter & Co) und vice versa, sind nur ausnahmsweise gerechtfertigt. 

2.2 Zusammenstellung und Interpretation der regional relevanten Umweltziele

Jeweilige Verkehrsbegleitflächen sollen im Gesamtkontext

(1)    des regionalen Verkehrswegenetzes und dessen Gestaltung sowie

(2)    der lokal benötigten oder geplanten6),

Lebensraumnetze und Trittsteinbiotope (bzw. der typisierten Ansprüche jeweiliger Zielgilden7) und Zielarten8)),

der Vorschläge für Immissionsschutzpflanzungen (z. B. Staub, Nähr- und Schadstoffe aber auch Licht und optische Beunruhigung)

und der Vorschläge zur Entwicklung des Landschaftsbilds

gestaltet werden. Dabei sind notwendige Verkehrs- bzw. Wildtierschutzzäune und deren Pflege (Pflegestreifen, Pflegebermen) zu beachten und einzubinden (Bild 4). 

Bild 4: Radeln am Blumenbeet: Buntes zwischen Radweg und Straße

In Bezug zu den Zielen ist eine Abwägung dahingehend erforderlich,

ob im jeweils betrachteten Abschnitt hauptsächlich Gehölze (aus Gründen der Verkehrssicherung und wegen der komplementären Lebensraumfunktion im Regelfall ausgestattet mit breiten Kraut-und Grassäumen zwischen Verkehrsweg und Gehölzmantel),

oder ob im jeweils betrachteten Abschnitt hauptsächlich Kraut- und Grassäume (gegebenenfalls mit einzelnen Büschen),

oder ob im jeweils betrachteten Abschnitt ein Gehölz-Offenland-Mosaik die lokalen Anforderungen und Ziele am besten erfüllen.

Wo immer möglich und passend zu Sicherheitsanforderungen sollten einzeln stehende Großbäume gesichert und/oder deren Aufwachsen unterstützt werden. 

3 Design

3.1 Das Wichtigste für den eiligen Leser:

(1)  Das Substrat entscheidet über jedweden Erfolg.

(2)  Die Verwendung standortheimischer Arten ist obligat.

(3) Besonderer Umweltstress rechtfertigt keinesfalls die Verwendung gebietsfremder Gehölze. 

3.2 Die Regeln

Sofern keine speziellen, gegebenenfalls widersprüchlichen Anforderungen aufgrund besonderer lokaler Rahmenbedingungen10) bestehen, gilt:

1. In der Regel sollen Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass sich größtmögliche, aber dem Naturraum entsprechende Lebensraumheterogenität einstellen kann (Mosaike aus kleinflächigen Offenbodenstellen oder freiem Grundgestein bzw. Felsen in Kombination mit fleckenhaft oder bandartig ausgebildeten Magerrasen-, Hochstaudenund Gehölzstrukturen und ausgestattet mit zusätzlichen Elementen wie Steinhaufen, Baumstümpfen oder Baumstämmen etc.).

2. Nährstoffarmes Substrat ist essentiell.
Es sollte immer nährstoffarmes Substrat verwendet werden. Im Einzelfall und bei allfälligen Erdarbeiten sollte auch ein Substrataustausch, ein Ersatz von vorhandenem nährstoffreichem Substrat durch nährstoffarmes Substrat durchgeführt werden.
[Daraus resultieren wegen des reduzierten Pflanzenwachstums auch geringere Mahdkosten, eine wegen reduzierter Eiweißgehalte geringere Attraktion von unfallrelevanten Großsäugern, eine höhere Pflanzenarten- und Bodenflechtenvielfalt und eine wegen des geringeren Raumwiderstands verbesserte Korridorfunktion für die Ausbreitung flugunfähiger Kleintierarten.]

3. Bodenunebenheiten sind erwünscht.
Soweit die Unterhaltung von regelmäßig zu mähenden Flächen nicht gefährdet wird, sollen Bodenunebenheiten entsprechend den naturräumlichen Gegebenheiten und dem gegebenenfalls anstehenden Gestein gefördert werden und zufällig entstehende Fahrspuren oder Ähnliches sollen nie beseitigt werden.

4. Kleinflächige Bodenverdichtung fördert die Vielfalt.
Sofern unverdichtete Flächen überwiegen, fördern kleinflächige Verdichtungen durch lokale Staunässe, verringertes Pflanzenwachstum und z. T. größere Stabilität von biogenen Makroporen (Insektengänge) die Lebensvielfalt.

5. (Selbst-)Begrünung durch Kräuter, Gräser und Gehölze.
Selbstbegrünung oder ungesteuerte Sukzession sollte für kleine Flächenanteile immer angestrebt werden und großflächig dann, wenn entweder eine artenreiche Samenbank vorhanden ist oder wenn artenreiche Pflanzenbestände auf ähnlichen Substraten unmittelbar an das (zukünftige) Begleitgrün angrenzen. Andernfalls sollte kleinflächig und flickenteppichartig eingesät werden (nur standortheimische Arten, die u. a. durch Mahdgutübertragung oder Heudrusch oder Heublume aus nahegelegenen artenreichen Beständen gewonnen oder von Produzenten regionstypischen Saatguts bezogen werden können; Krebs 2011, Studte et al. 2013).
Kraut- und Grassäume: In den Ansaaten sollen immer konkurrenzschwache Kräuter dominieren. Auf Obergräser und konkurrenzstarke Leguminosen muss verzichtet werden. Die Saatdichte darf kostensparend und vielfaltsfördernd sehr gering gewählt werden (0,5-2 g je m2), sofern Problemunkräuter unterdrückt werden müssen gegebenenfalls auch 2,5-3 g je m2. Abweichungen können an stark erosionsgefährdeten, sehr steilen Böschungen erforderlich sein. Bei einer Mahdgutübertragung soll die Streuauflage und -dichte sehr gering sein, so dass in jedem Fall der Boden durchscheint.
Gehölze: Gehölzansaaten sind zwar schon früh verwendet worden (sehr erfolgreich z. B. beim Bau der Bodenseeautobahn A 81 Ende der 1970er Jahre; vgl. Schlierer 1984), aber Gehölzansaat wird dennoch zu wenig angewendet und ist daher vglw. wenig erprobt (siehe aber Erfahrungsbericht aus 30-jähriger Anwendungspraxis von Bloemer 2014).

Im Einzelfall für krautige Pflanzen und häufiger für Einzelgehölze und Gehölzgruppen kann oder soll Selbstbegrünung und Ansaat mit Anpflanzungen kombiniert werden. Pflanzflächen sollen aber in jedem Fall mit Selbstbegrünungsflächen kombiniert werden.

6. Saat- und Pflanzgut.
Falls Ansaaten oder Pflanzungen unvermeidlich sind:
a) Es dürfen ausschließlich heimische Arten verwendet werden11), 12); diese sollen, wenn möglich, aus dem umgebenden Naturraum stammen und wie bereits oben geschildert nicht konkurrenzstark sein (wenig Gräser, keine oder nahezu keine Obergräser, keine konkurrenzstarken Leguminosen und Hochstauden, keine Zuchtvarianten für die landwirtschaftliche Produktion und unter keinen Umständen invasive Arten).
Auch „klimaresistente“ Baum- und Straucharten dürfen nicht verwendet werden, wenn sie gebietsfremd sind. Gebietsfremde Arten sind allenfalls für wenige Tierarten nutzbar und sie sind potenzielle Invasoren. Im Außenbereich ist die Verwendung gebietsfremder Arten ein erheblicher, negativer Eingriff in den Naturhaushalt.
b) Kraut- und Grasfluren: Es sollen Vegetationsmosaike/Flickenteppiche erzeugt werden, indem abwechselnd verschiedene Saatmischungen und Aussaatdichten (0, 0,5, 1, 1,5, 2 g je m2) ausgebracht werden.
Gehölze: Viel zu dichte Pflanzungen mit einem zu hohen Anteil an Bäumen erschweren heute einerseits die Pflege und andererseits sind dichte Stangenbestände entstanden. Auch bei der Gehölzanlage erweisen sich sowohl der Mut zur Lücke als auch weite Pflanzabstände als erfolgreich. Es entwickeln sich starke, charaktervolle Büsche und wirtschaftlich pflegbare Bestände. Bei Gehölzansaaten wie für Kräuter gilt, dass mosaikartig unterschiedliche Saatgutmengen die Vielfalt fördern. 

Bild 5: Herbstliche Nach- bzw. Zwischensaaten mit dem an Gräsern schmarotzenden Klappertopf könnten dichte Grasbestände auflichten; sie vermindern gegebenenfalls kostensparend die Produktivität und damit sowohl die Mahdfrequenz als auch die Biomasse im Begleitgrün [vgl. auch Mladek, J. & Sikula, T.: http://iene-conferences.info/index.php/conferences/2016/paper/view/514] 

c) Wenn in besonderen Fällen (siehe Kapitel zur Zielfindung) Populationen spezifischer Zielpflanzenarten unterstützt werden sollen und können, dann können deren Samen in der Umgebung einzeln geerntet werden und unmittelbar oder nach einer Zwischenvermehrung als Saat- oder Pflanzgut eingebracht werden. Oft genügt aber auch Heudrusch oder Mahdgut.
d) An Straßen mit hoher Verkehrsgeschwindigkeit und entlang unübersichtlicher Kurven soll, wenn keine Wildschutzzäune vorhanden sind, auf Obstbäume mit für Großtiere attraktiven Früchten verzichtet werden (während an den Radwegen Äpfel oder Mirabellen immer eine Bereicherung der Landschaft darstellen). Auf Kräuter und Gräser mit hohem Futterwert soll an solchen Stellen ebenfalls verzichtet werden (vgl. Petrak 2008).

7. Die Anordnung verschiedener Vegetationstypen.
Soweit dies im Einklang mit den lokalen Zielen der räumlichen Umweltplanung steht (siehe Kapitel zur Zielfindung) sollen wechselnd breite (undulierende) Streifen kurzrasiger und höherer Kräuter zum Verbund von Offenlandbiotopen kombiniert werden mit Gehölzbändern zum Verbund von Waldbiotopen (ein solchermaßen idealtypischer Vegetationsgradient I-IV ist nachstehend skizziert). 

Bild 6: Regelgradient verschiedener Strukturtypen im Begleitgrün (unmaßstäblich) 

Breite, an den Verkehrsweg angrenzende, eher schüttere Kraut- und Grasstreifen (Typ II) gewährleisten ein offenes Sichtfeld und verringern damit u. a. die Zahl von Wildunfällen oder den Verkehrstod größerer Vogelarten. Sie sind darüber hinaus wichtige Lebensraumbausteine nicht nur für Offenlandarten, sondern auch für Wald(rand)arten. Bunte Kräuterrasen und Krautfluren sollten außerhalb von Waldkorridoren, Wäldern oder Forsten das Standardgrün sein. Innerhalb von Waldkorridoren oder in Wäldern, die nicht durch gut funktionierende Querungshilfen über die jeweiligen Straßen hinweg verbunden sind, sollten Waldarten immer wieder (abschnittsweise und die gegebenenfalls verschiedenen Waldgesellschaften repräsentierend) im Kronendach bis an den Straßenrand gelangen können. Damit steigt die Wahrscheinlichkeit, dass einzelne Individuen von Kleintieren gelegentlich über die trennende Straße hinweg wechseln (= „Ausnahme“ im Bild 6). Viele stenotope Waldarten wandern vor allem in luftfeuchtem Mikroklima im Schatten geschlossener Kronendächer und zwischen infolge von Beschattung und Nährstoffarmut schütter ausgeprägter Bodenvegetation (geringer Raumwiderstand; Zinner et al., 2016). Ebensolche Situationen müssen also in von Verkehrswegen zerschnittenen Waldlandschaften ausgebildet sein, wobei deren Zahl abhängig von der Zerschneidungslänge und der Anzahl und Lage der verschiedenen Waldtypen ist. Besondere Sorgfalt ist dann bei Durchdringungsbereichen von Wald- und Offenlandkorridoren geboten (siehe Anhang 1).

8. Fallen und Barrieren.
Mit Ausnahme von gezielt eingebrachten Sperreinrichtungen müssen Fallen und Barrieren am Straßenrand unbedingt vermieden werden; das heißt:
–  Keine Bordsteine (oder ausschließlich flache Bordsteine, denn selbst Borsteine ab ca. 30° Steigung sind für Kleintiere wie Blindschleichen oft schon unüberwindbar (siehe Anhang 2) und die Tiere können nicht mehr aus dem Straßenraum entkommen) und
– keine Gullys ohne Ausstiegshilfen z. B. für Kammmolche, Moorfrösche oder Zauneidechsen.

9. Schutzzäune.
Die Pflege (Mahd) und die Kontrolle entlang von Schutzzäunen muss besonders sorgfältig durchgeführt werden, damit das Überwachsen der Zäune verhindert und damit Schadstellen rechtzeitig beseitigt werden können. Aus diesem Grund sollte auch in Hanglagen eine ebene, rasenartig oder schütter bewachsene und damit pflegeleichte Seitenberme beidseits von Zäunen gestaltet werden (siehe Anhang 3). 

Bild 7: Wegebegleitgrün bei Gammertingen 

4 Pflegegrundsätze (Pflege, Unterhaltung und Optimierung)

4.1 Das Wichtigste für den eiligen Leser:

Abschnittsweise Pflege ist essentiell. Nur zeitlich deutlich gegeneinander abgegrenzte Pflegetermine auf jeweils benachbarten kurzen oder aber parallel zueinander liegenden Pflegesektoren verhindert Artenverluste. 

4.2 Vorbemerkung zur Definition der Begriffe „Pflegeeinheit“ und „Pflegezone“

Pflegeeinheit: Der Begriff „Pflegeeinheit“ bezeichnet alle zusammenhängenden, unzerschnittenen Flächen oder Streifen/Bänder des Begleitgrüns. Das kann eine einzelne Begleitgrün-Insel eines Autobahnkreuzes sein oder ein Randstreifen von einer Straßeneinmündung bis zur nächsten.

Pflegezone: Der Begriff „Pflegezone“ ist Synonym für die Zonen I – IV aus Bild 6, S.10.

Zone I wird aus Gründen der Verkehrssicherheit und gegebenenfalls zur Sicherung des Wasserabflusses in der Regel häufig und komplett gemäht. Zone I ist oft kongruent mit dem Bankett.

Zone II (das sind die anschließenden Kraut- und Grassäume oder Magerrasen) wird zur Sicherung ausreichender Sichtfelder oder aus landespflegerischen Gründen in der Regel weitestgehend von Gehölzen frei gehalten.

Zone III (der Hochstaudensaum) ist die Übergangszone hin zu angrenzenden Gehölzen oder Säumen mit Gehölzen der Zone IV oder zu angrenzender sonstiger Landnutzung.

Zone IV kann sehr verschieden ausgeprägt sein und ist entweder gehölzreich oder gehölzdominiert und der letzte Teil des Vegetationsgradienten von Zone I – IV oder, wenn die Zielsetzung eine sehr breite Kraut- und Grasvegetation ist, dann ist Zone IV mit Zone II gleichzusetzen. 

4.3 Regeln

(sofern keine speziellen, gegebenenfalls widersprüchlichen Anforderungen aufgrund besonderer lokaler Rahmenbedingungen bestehen)

Artenschutz

In Bezug auf den gesetzlichen Artenschutz sollen generalisierend vier Regeln beachtet werden:

1. Länderspezifische, zeitliche Vorgaben für die Gehölzpflege müssen strikt beachtet werden; zumeist ist es in der Zeit vom 15. März bis zum 30. September verboten, Gehölze abzuschneiden oder auf den Stock zu setzen (Ausnahme: gegebenenfalls Beseitigung des Zuwachses).

2. Pflegemaßnahmen, die ohne vernünftigen Grund Tiere, Pflanzen oder deren Lebensstätten beeinträchtigen, sind grundsätzlich verboten.

3. Vermeidbare Beeinträchtigungen besonders oder streng geschützter Arten müssen unterbleiben (z. B. durch abgestimmte Pflegetermine); unvermeidbare (begründete) Zerstörungen oder Tötungen, die nicht durch vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen kompensiert werden können, bedürfen der Ausnahme nach (derzeit) § 45 BNatSchG.

4. Dadurch, dass Mahdabschnitte generell nicht länger als 50 m gewählt werden (Ausnahme gegebenenfalls Bankette) und dadurch, dass lineare Gehölze parallel versetzt oder in ca. 150 m langen Abschnitten bzw. flächenhafte Gehölze schachbrettartig gepflegt werden, sind erhebliche Beeinträchtigungen in der Regel weitgehend vermeidbar.

Für alle Zonen (I – IV) gültige Regeln

1. Sowohl Pestizid- als auch Düngergaben sind strikt zu vermeiden.

2. Zu häufige (und daher mit unnötigen Kosten verbundene) Mahd soll grundsätzlich vermieden werden (Ausnahme: gezielte Aushagerungsmahd). In einer Pflegeeinheit muss immer ein ungemähter/ungepflegter Bereich oder besser, es sollen mehrere ungemähte Bereiche oder entsprechend ungemähte Streifen verbleiben (alternierend pflegen, Regelabstand: 50 m; s. o.).

3. Das Mahd- bzw. Schnittgut soll überwiegend entfernt und abgefahren werden. Ausnahmen: 1. Magerstandorte und 2. Sollen sehr dicke Äste und Baumstämme als Verstecke und Lebensraum für schutzbedürftige Holzbewohner in den Pflegeeinheiten verbleiben. Kettenmulcher sind strikt zu vermeiden (auch aus Sicherheitsgründen).

4. Saugmäher sollen nur dann genutzt werden, wenn alternative Verfahren zur Mahdgutentfernung unverhältnismäßig kostenaufwändig sind. Falls Saugmahd unvermeidlich ist, dann ist eine besondere Sorgfalt in Bezug auf die geforderte abschnittsweise, alternierende Mahd gefordert und es soll nie mehr als 1/3 einer Pflegeeinheit gleichzeitig betroffen sein (s. u.).

5. Um gleichermaßen Kosten zu sparen und die Biologische Vielfalt zu fördern, soll in dichte Grasbestände jeweils im Herbst und gegebenenfalls wiederholt der auf Gräsern parasitierende und als regionales Saatgut in großen Mengen erhältliche Halbschmarotzer „Klappertopf“ eingesät werden. Gegebenenfalls muss die Streu teilweise entfernt werden um die Keimung zu unterstützen. Ziel ist es, den Aufwuchs zu reduzieren und lichte Bestände zu erzeugen.

6. Zufällige Bodenverwundungen (Fahrspuren, Bodenanrisse, kleine Erosionsrinnen etc.), die im Hinblick auf die Verkehrssicherheit und den Einsatz von Pflegemaschinen tolerierbar sind, sollen belassen und der natürlichen Sukzession überlassen werden.

7. Im Ausnahmefall des Auftretens einer oder mehrerer sehr seltener Arten, die zugleich gefährdet und/oder streng geschützt sind, darf nie mehr als 50 % eines Vorkommens zur gleichen Zeit von einem Pflegeeingriff betroffen sein. Bei Pflanzen beispielsweise können mehrere Vorkommen (voneinander getrennte Wuchsbereiche) auf einer Pflegeeinheit vorkommen. Es ist darauf zu achten, dass die Unterhaltung nicht zum Verlust eines solchen Vorkommens führt und dass verschiedene Entwicklungstadien einer solchen Art verschiedene Empfindlichkeiten aufweisen. Insofern ist, vorbehaltlich von speziell zur Verfügung gestellten Pflege- und Entwicklungsplänen, die 50 %-Regel die praktikabelste und risikoärmste Pflegeanweisung, wenn zwischen den alternierenden Pflegeinsätzen bei Mahd in der Vegetationsperiode mindestens 6 Wochen, bei Wintermahd mindestens 1 Jahr und bei (radikalem) Gehölzschnitt mindestens 4 Jahre liegen.

8. An den Grenzen zwischen den Pflegezonen sind großzügige Überlappungsbereiche von bis zu 25 % der kleineren Zone günstiger als das genaue Festhalten an einer einmal exakt festgelegten Zonengrenze. Zum einen ist das genaue Einhalten einer Grenze aufwändig und zum anderen ist die stochastische Pflege in der Überlappungszone vielfaltsfördernd.

Regeln für die Zonen II, III und IV

9. Einzeln abgrenzbare Flächen der Zonen II, III oder IV dürfen innerhalb einer Pflegeeinheit niemals komplett zur selben Zeit gemäht werden. In der Regel sollten jeweils alternierende Mahdabschnitte nicht länger als ca. 50 m sein14), insbesondere beim Auftreten geschützter Arten. Jede Pflegeeinheit sollte in jedem Fall in mindestens 2 ungefähr gleich große (50 % ± 20 %) Untereinheiten je Zone unterteilt werden. Flächige Gehölze sollten schachbrettartig auf Stock gesetzt werden. Bei linearen Gehölzen sollten alternierende Pflegeabschnitte von ca. 150 m Länge realisiert werden. Gute, anschauliche Hinweise für die abschnittsweise Pflege finden sich bei Werner 2014, Schulz 2015 und Unterseher 2015: S. 31ff.

10. Das Zeitintervall zwischen der Mahd zweier benachbarter Untereinheiten muss mindestens 4 Wochen sein (kürzere Intervalle oder gleichzeitige Mahd kann allenfalls praktiziert werden, um invasive Arten auszurotten). In eutrophen, dicht- und hochwüchsigen Beständen kann und soll (bei abschnittsweiser oder schachbrettartiger Mahd) der Schnitt tief, das heißt sehr dicht am Boden gesetzt werden, um den nächsten Aufwuchs zu verzögern und um Keimmöglichkeiten für ein- und zweijährige Kräuter zu schaffen. In lückig-schütteren, oligo-mesotraphenten Beständen schont ein etwas höherer Schnitt (ca. 10 – 15 cm) die Tierwelt.

11. Das Zeitintervall zwischen radikalem Gehölzschnitt („auf den Stock setzen“) in zwei benachbarten Untereinheiten muss mindestens 6 Jahre sein, wenn nur 2 Untereinheiten aneinandergrenzen. Sind 3 nahe zueinander gelegene Untereinheiten in einer Pflegeeinheit vorhanden, reduziert sich das Mindest-Intervall auf 4 Jahre, wenn die Einheiten nacheinander auf den Stock gesetzt werden (Untereinheit 1 im Jahr 0, Untereinheit 2 im Jahr 4, Untereinheit 3 im Jahr 8 usw.). Das Wort Mindest-Intervall bedeutet, dass sämtliche Gehölze aus standortheimischen Arten so alt wie möglich werden sollten, also so selten wie möglich gepflegt werden sollten; die Pflege muss begründet sein (s. o., Artenschutz). Beim Stockhieb (abschnittsweise oder schachbrettartig im Wechselhiebverfahren) soll die Schnitthöhe mindestens 20 cm betragen, damit es zum Stockausschlag und nicht zum auch arbeitsökonomisch später ungünstigen Wurzelaustrieb kommt. Die Wiederholungspflege muss dicht über dem letzten Stockausschlag durchgeführt werden. Beim Einsatz von hydraulischen Scheren muss die Schnitthöhe wegen den damit verbundenen Quetschungen und Rissbildungen 50 cm betragen.

Aktuelle und prospektive Habitatbäume im Begleitgrün sollen dabei immer erhalten und allenfalls aus Gründen der Verkehrssicherheit eingekürzt werden. Bei abgängigen Bäumen soll der Stamm in größtmöglicher Länge als stehendes Totholz im Begleitgrün belassen werden.

9.-11. Sofern keine extrem seltenen Arten (siehe Punkt 7) betroffen sind und die Punkte 2., 9.,

10. und 11. beachtet werden, sind weitere Restriktionen bei der Unterhaltung des Verkehrsbegleitgrüns mit einer Ausnahme nicht erforderlich. Diese Ausnahme ist, dass alte, große Bäume oder Habitatbäume besonders gesichert werden müssen.

12. Alte (große) Bäume und Habitatbäume.

Für ein weites Spektrum von Arten, das heißt für Flechten und Moose, Fledermäuse und Vögel, Insekten und Spinnen und vieles andere, sind Straßenbäume oft ein wichtiger (Teil-)Lebensraum. Ihre Lebensraumfunktion muss gesichert werden: Einerseits durch die Sicherung der Bäume selbst oder bei kranken Individuen gegebenenfalls durch das Stehenlassen der Stämme und andererseits durch rechtzeitiges Nachpflanzen oder Hegen von Naturverjüngung in gegebenenfalls größerer Entfernung zur Straße, lange bevor der ursprüngliche Baum abgängig wird.

Die so genannte Behandlung von Baumwunden ist kritisch zu betrachten. Mittlerweile ist offensichtlich, dass „herkömmliche“ Wundbehandlungen auch für den Erhalt des Baumes wenig Sinn machen. Das bislang übliche Ausräumen von Höhlungen, oft auch noch in Verbindung mit dem Legen von Drainagen, war beispielsweise für viele der streng geschützten oder stark gefährdeten Baumhöhlen bewohnenden Käfer fatal. Vorhandener Lebensraum wurde vernichtet und die Substratbildung auf ein Initialstadium zurückgeworfen. Bei der heutigen Pflege von Bäumen und bei unumgänglichen Maßnahmen zur Wegesicherung sollte auf den Erhalt derartiger Strukturen unbedingt Rücksicht genommen werden. Entlastungsschnitte sollten so ausgeführt werden, dass vorhandene Höhlenbildungen erhalten bleiben. Sollten bei umfangreichen Rückschnittmaßnahmen größere Höhlen angeschnitten werden, so sollten diese Höhlen in geeigneter Weise verschlossen, aber nicht „hermetisch abgedichtet“ werden. Fledermäuse, Käfer und andere Insekten sollen ungehindert Zugang haben, Regenwasser soll aber nicht ungehindert eindringen. Eine geeignete Abdeckung wurde im Zusammenhang mit dem Projekt „Schutz und Pflege historischer Alleen in Schleswig-Holstein“ entwickelt (aus Gürlich 2009a, LLUR, LfD & IfB 2009).

Regeln für Zone I

13.  Zone I bzw. die Bankette müssen selbstverständlich entsprechend den Anforderungen an die Verkehrssicherheit gemäht werden. Das Prinzip, so selten wie nötig zu mähen und möglichst nährstoffarme Substrate sowie gezielt niedrig wüchsige Magerraseneinsaaten/ Rosettenpflanzen zu verwenden, ist gleichermaßen ökonomisch wie ökologisch begründet.

14. Nur im extremen Ausnahmefall, wenn, z. B. aus landschaftsgeschichtlichen Gründen sehr seltene und zugleich empfindliche Arten hauptsächlich in Zone I auftreten (und geeignete Säume im Umfeld fehlen), gelten die Punkte 7, 9 und 10. 

Bild 8: Streng geschützte Arten im Begleitgrün: Verbreitung der Haselmaus an Straßen 

5 Monitoring

5.1 Das Wichtigste für den eiligen Leser:

Monitoringergebnisse für alle Interessierten verfügbar machen 

5.2 Vorläufiges Grobkonzept

in Anlehnung an die Gliederung von Hänel & Reck 2013 zum Monitoring von Querungshilfen:

„Prognostische Erfolgskontrollen und Monitoringansätze für Querungshilfen für das Bundesprogramm Wiedervernetzung“. Natur und Landschaft 88 (12).

Anwendungskontrolle (pars pro toto)

Kontrollen zum Vorhandensein und zur Einhaltung von gegebenen Pflegezielen und -prinzipien sollen obligat Bestandteil von allfälligen Ausführungskontrollen bzw. von Pflegeeinsätzen werden. Zusätzlich sollen Zufallsstichproben sowie Beobachtungen anlässlich von Zaunkontrollen genutzt werden, um eine repräsentative Übersicht zum Stand der Anwendung zu erhalten.

Einfache Wirkungskontrolle (pars pro toto)

Für eine möglichst repräsentative Zufallsauswahl ist es erforderlich, die Pflegeprotokolle (sowie jeweilige Pflegeziele und Pflegeprinzipien) mit der Entwicklung struktureller Merkmale des jeweiligen Begleitgrüns zu vergleichen (Vegetationstypen und -struktur, Vegetationsheterogenität, Vorhandensein und Dichte von Strukturelementen wie Totholz oder Steinhaufen, Zustand von Schutzzäunen, Vorhandensein von Barrieren und Fallen). Aus diesem Vergleich sollen Entwicklungstrends, Risiken oder Fehlentwicklungen abgeleitet werden.

Problemorientierte Wirkungskontrolle (Sonderflächen)

Für Ausnahmeflächen werden orts- und artengruppenspezifische Wirkungskontrollen erforderlich. Wenn einerseits seltene und zugleich gefährdete oder streng geschützte Arten bekannt werden, die andererseits von besonderer Pflege oder besonderen Habitatbausteinen abhängig sind oder die besonders empfindlich gegenüber bestimmten Pflegepraktiken sind, werden Habitateignungsbewertungen in Bezug auf die Pflege erforderlich. Das heißt, es wird regelmäßig kontrolliert, ob artspezifisch ausgewählte Habitatmerkmale vorhanden und dauerhaft in ausreichender Menge verfügbar sind (nur so lange wie die Art in der Region selten ist). Zusätzlich können Artbeobachtungen (gelegentliche Anwesenheitskontrollen und Dichteschätzungen) Erfahrungen dazu generieren, ob und welche Pflege den Bestand fördert und ob besonderes Management überhaupt erforderlich ist.

Erkenntnisorientierte Wirkungskontrollen (Sonderflächen)

Regeln zum Design und zur Pflege von Begleitgrün müssen genauso wie Indikatoren bzw. Merkmale zur Bewertung der Lebensraumeignung regelmäßig überprüft, verifiziert und/oder verbessert werden; und zwar gleichermaßen im Hinblick auf die Kosten-Nutzen-Relation als auch auf den ökologischen Nutzen oder die ökologischen Gefahren. Weil insbesondere das Boden- bzw. Substratmanagement der Schlüsselfaktor für die Lebensraumqualität und -heterogenität zu sein scheint, weil es kostenrelevant ist und weil damit wichtige Senken- und Pufferfunktionen verbunden sind, sollte das bisherige Wissen zu den Auswirkungen des Bodenmanagement dringend überprüft werden. Ähnlich wichtig ist es, Wissensdefizite

(1) zu den Wechselwirkungen von Begleitgrün und Tiermortalität bzw. Verkehrsunfällen,

(2) zur Rolle des Begleitgrüns für die überörtliche Mobilität von Arten entlang und über Verkehrswege hinweg und

(3) zur Rolle des Begleitgrüns als „source-„ oder „sink-„ Habitat zu beseitigen.

Auch Detailfragen wie beispielsweise die Quantifizierung der Reduktion der Schnittgutmenge durch die Einsaat von Klappertopf sollte genauer geklärt werden (Kosten-Nutzenuntersuchung). 

Literaturverzeichnis

Eine ausführliche Literaturstudie ist im Hauptbericht des zugrundeliegenden, noch laufenden F+E-Vorhabens (Richter et al., in Vorbereitung) enthalten; im Folgenden sind vor allem eigene Grundlagen und unmittelbar für die Tagung „Wiedervernetzung von Lebensgemeinschaften in Schleswig-Holstein“ (März 2016, Bildungszentrum Flintbek) verwendete Quellen aufgeführt.

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Anhang 1 bis 3

[Screenshots aus Reck, H.; Hänel, K.; Strein, M.; Georgii, B.; Henneberg, Peters-Ostenberg, E.; Böttcher, M. (2016): Grünbrücken, Faunatunnel und Tierdurchlässe: Anforderungen an Querungshilfen – Entwurfsfassung zur Tagung „Wiedervernetzung von Lebensgemeinschaften in Schleswig-Holstein“. Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, Institut für Natur- und Ressourcenschutz, Abteilung Landschaftsökologie, 52 S. 

Anhang 1

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Anhang 2

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Anhang 3

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