FGSV-Nr. FGSV A 37
Ort Bremen
Datum 01.06.2006
Titel Stand der Europäischen Bitumennormung
Autoren Dr.-Ing. Anja Sörensen
Kategorien Asphaltstraßen
Einleitung

Die ersten Europäischen Anforderungs- und Prüfnormen für bitumenhaltige Bindemittel für den Straßenbau wurden bereits 1999 veröffentlicht und seitdem durch zahlreiche weitere Normen ergänzt. Aktuell stellt die Europäische Bitumennormung derzeit verschiedene Phasen von Normungsprozessen gleichzeitig dar:

Turnusmäßig wird die EN 12591 (Anforderungen an Straßenbaubitumen) überarbeitet. Die EN 14023 (Anforderungen an PmB) sowie die EN 13808 (Anforderungen an kationische Bitumenemulsionen) wurden mehrheitlich angenommen. Beide Normen müssen in nationales Regelwerk überführt werden und stellen bereits harmonisierte Normen im Sinne der CEN-Regelungen dar. Parallel finden seit mehreren Jahren Diskussionen zur zweiten Generation Europäischer Anforderungsnormen für Bitumen statt. Ziel ist es, alle Produkte durch eine Norm zu beschreiben und gleichzeitig Aussagen über das Gebrauchsverhalten der Bindemittel zu ermöglichen.

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1 Einleitung

Die ersten Europäischen Anforderungs- und Prüfnormen für bitumenhaltige Bindemittel für den Straßenbau wurden bereits 1999 veröffentlicht und seitdem durch zahlreiche weitere Normen ergänzt. Dennoch konnten für einige wichtige Produkte die Aufgaben Europäischer Vereinheitlichungen und Harmonisierungen noch nicht vollständig abgeschlossen werden. Aus diesen Gründen stellt die Europäische Bitumennormung derzeit verschiedene Phasen von Normungsprozessen gleichzeitig dar:

Die im Jahr 1999 veröffentlichte und in Deutschland 2000 eingeführte Anforderungsnorm für Straßenbaubitumen EN 12591 genügte bereits bei ihrer Veröffentlichung nicht mehr den damals neuen Regelungen für harmonisierte Europäische Normen. Im Rahmen ihrer turnusmäßig alle fünf Jahre durchzuführenden Überarbeitung wird die Norm auch inhaltlich entsprechend angepasst werden.
Harmonisierte Normen im Sinne der CEN-Regelungen sind die wichtigste Basis für die CE-Kennzeichnung von Stoffen. Die Europäische Bauproduktenrichtlinie fordert auch für Baustoffe für den Straßenbau den Nachweis der Konformität mit den Anforderungsnormen, was durch das CE-Kennzeichen dokumentiert wird.

Polymermodifizierte Bindemittel (PmB) haben einen ständig zunehmenden Marktanteil an bitumenhaltigen Bindemitteln für den Straßenbau. Die sie beschreibende EN 14023 wurde zu Beginn dieses Jahres ebenso wie die Anforderungsnorm für kationische Bitumenemulsionen EN 13808 von der Mehrheit der CEN-Mitgliedsorganisationen befürwortet. Beide Normen müssen in nationales Regelwerk überführt werden und stellen harmonisierte Normen im Sinne der CEN-Regelungen dar. Es wird erforderlich sein, vergleichbar dem Vorgehen bei Gesteinskörnungen und bei Asphalten, nationale Anwendungsdokumente zu erarbeiten, um die umfassenden Möglichkeiten der Europäischen Normen in technisch sinnvolle und den jeweiligen Anwendungszwecken entsprechende Produktspezifikationen zu übertragen. Die in Deutschland vergleichsweise selten eingesetzten harten Straßenbaubitumen werden in dem Entwurf der prEN 13924 beschrieben, für den im Sommer 2005 das formale Abstimmungsverfahren eröffnet werden soll.

Parallel finden seit mehreren Jahren in unterschiedlichen Gremien sowohl national als auch international Diskussionen zur zweiten Generation Europäischer Anforderungsnormen für Bitumen statt. Ziel ist es, alle Produkte durch eine Norm zu beschreiben und gleichzeitig Aussagen über das Gebrauchsverhalten der Bindemittel zu ermöglichen. Diese umfangreiche und ausgesprochen komplexe Aufgabe kann nur mit größter Sorgfalt ausgefüllt werden, was wiederum mit einem nicht unerheblichen Zeitbedarf einhergeht. Der Status Quo zur Thematik wird mit einem spätestens Ende 2005 verfügbaren, offiziellen technischen Bericht des CEN zusammengefasst werden.

Die hierzulande vorliegenden umfangreichen Erfahrungen und Forschungsergebnisse zu Asphalten und Bitumen können nur dann bei der Erstellung Europäischer Regelwerke berücksichtigt werden, wenn sie für die internationale Fachwelt verfügbar und verwendbar sind und die deutsche Mitarbeit in den Normungsprozessen weiterhin aktiv wahrgenommen wird.

2 Organisation der Europäischen Normung von Bitumen und bitumenhaltigen Bindemitteln für den Straßenbau

Für die Europäische Normung von Bitumen und bitumenhaltigen Bindemittel für den Straßenbau ist seit dem Jahr 2000 das CEN TC 336 zuständig (Leitung: Jean Lesage, Sekretariat: AFNOR). Diesem Technischen Komitee angeschlossen sind derzeit zwei Arbeitsgruppen, nämlich die WG 1 (Straßenbaubitumen und PmB; Leitung: Alberto Madella) und die WG 2 (Bitumenemulsionen, Flux- und Cutback-Bitumen; Leitung: Jacques Samanos), wobei die WG 1 zur Bewältigung ihrer Aufgaben verschiedene Expertengruppen gebildet hat, die als Task Groups konkrete Aufgaben bearbeiten. Das Bild 1 zeigt schematisch die Struktur des TC 336.

Bild 1: Struktur des CEN TC 336 (Bitumen und bitumenhaltige Bindemittel für den Straßenbau)

Mitarbeiter in diesen Gremien sind grundsätzlich die von den CEN-Mitgliedsorganisationen entsandten Vertreter, darüber hinaus arbeiten sowohl im TC 336 als auch in den Arbeitsgruppen WG 1 und WG 2 Vertreter verschiedenen anderer, von den behandelten Thematiken betroffener Organisationen mit. Dies sind in erster Linie der Europäische Asphaltverband EAPA und der Europäische Bitumenverband Eurobitume, der Europäische Verband staatlicher Straßenbaulaboratorien FEHRL, die Konferenz der Europäischen Straßendirektoren CEDR sowie der internationale Verband der Polymerhersteller IISRP. Ferner bestehen Querverbindungen zum CEN TC 227 und dessen Arbeitsgruppen.

Im Folgenden wird über den aktuellen Stand der Europäischen Bitumennormung und über deren zukünftige Entwicklung berichtet werden. Dabei wird grundsätzlich unterschieden zwischen Anforderungsnormen und Prüfnormen. Erstgenannte beziehen sich generell auf bestimmte Produktgruppen und befinden sich derzeit in verschiedenen Stadien der Bearbeitung. Die Prüfnormen wiederum sind grundsätzlich produktübergreifend anwendbar und sollen aus diesem Grunde gemeinsam behandelt werden.

3 Europäische Anforderungsnormen für Bitumen und bitumenhaltige Bindemitteln für den Straßenbau

Zur Erhöhung der Übersichtlichkeit werden die Informationen zum Stand der Europäischen Anforderungsnormen getrennt nach einzelnen Produktgruppen behandelt. Besonderes Augenmerk soll dabei gelegt werden auf den aktuellen Bearbeitungsstand einschließlich der zur Verfügung stehenden Möglichkeiten der Einflussnahme und auf die Umsetzung in nationales Regelwerk vor dem Hintergrund der in Deutschland vorhandenen Erfahrungen mit den Produkteigenschaften und ihren Prüfverfahren.

Die nachfolgend vorgestellten Anforderungsnormen werden zu unterschiedlichen Zeitpunkten veröffentlicht. Das CEN TC 336 hat sich jedoch dafür ausgesprochen, dass für alle nachfolgend benannten Normen derselbe Zeitpunkt zur offiziellen Veröffentlichung als harmonisierte Norm gewählt werden wird. Dies würde bedeuten, dass beispielsweise die CE-Kennzeichnung der Produkte ab demselben Stichtag durchgeführt werden könnte, der dann wiederum zeitgleich wäre mit dem entsprechenden Termin für die Asphalte. Eine Bestätigung dieses Vorgehens seitens des CEN Management Centers steht noch aus.

3.1 Anforderungen an Straßenbaubitumen nach EN 12591

Die Europäische Anforderungsnorm EN 12591 wurde bereits im Jahr 1999 veröffentlicht und per 1. Juni 2000 auch in Deutschland als DIN EN eingeführt. Damit wurde der bis dato geltende Teil 1 der DIN 1995 als nationale Anforderungsnorm für Straßenbaubitumen ersetzt. Die mit der Einführung der DIN EN 12591 verbundenen Änderungen bezogen sich im Wesentlichen auf die Vergrößerung der zulässigen Spanne des Erweichungspunktes Ring und Kugel, mehr oder weniger ausgeprägte Verschiebungen der Anforderungsbereiche im Bezug auf die Nadelpenetration und die Benennung der Produkte. Bezüglich des zulässigen Anforderungsbereichs der Erweichungspunkte Ring und Kugel haben sich die Mitgliedsfirmen der ARBIT verpflichtet, den nach DIN EN 12591 zulässigen Bereich nicht auszunutzen und ihre Produkte innerhalb eines Wertebereiches von 6 K herzustellen. Grundsätzlich kann festgestellt werden, dass die Einführung der DIN EN 12591 und deren Umsetzung mit keinen nennenswerten Schwierigkeiten verbunden war.

Nach den Regeln des CEN müssen Europäische Normen im Turnus von fünf Jahren überprüft werden. Das Ergebnis dieser Überprüfung kann die Bestätigung der Norm, deren Rückzug oder aber eine Überarbeitung sein. Die EN 12591 befindet sich derzeit in einem solchen Revisionsprozess. Bezüglich der in Deutschland angewendeten Produkte wird es nach derzeitigem Diskussionsstand keine entscheidenden Änderungen hinsichtlich der Anforderungen geben.

Im Zusammenhang der Revision wird die EN 12591 außerdem an die CEN-Regelungen für harmonisierte Normen angepasst werden. Deshalb werden Regelungen zur Erstprüfung, zur werkseigenen Produktionskontrolle und zur CE-Kennzeichnung in die Anforderungsnorm aufgenommen werden. Die EN 12591 genügte bereits bei ihrer Veröffentlichung 1999 nicht den Regelungen für harmonisierte Europäische Normen. Aufgrund der Tatsache, dass die Anforderungsnorm bereits zur Veröffentlichung anstand und die Regelungen zu harmonisierten Normen erst kurz zuvor veröffentlicht worden waren, hatte CEN der Veröffentlichung einer zwar europaweit einheitlichen aber nach offizieller Terminologie nicht harmonisierten Anforderungsnorm zugestimmt. Damit verbunden war die Aufforderung zur Erstellung einer Ergänzung zur EN 12591, in der die fehlenden Regelungen beschrieben werden sollten. Aus zeitlichen Gründen wird die Umsetzung letztgenannter Forderung nun im Zusammenhang mit der Revision durchgeführt.

Zusätzlich zu bereits beschlossenen Korrekturen und der Einarbeitung der Forderungen aus den CEN-Regeln zur Harmonisierung von Normen muss auch bei der Überarbeitung der EN 12591 berücksichtigt werden, dass es nur noch ein Prüfverfahren pro mandatierter Eigenschaft in einer Anforderungsnorm geben darf. Mandatierte Eigenschaften sind diejenigen, die als geeignet bezeichnet wurden, die Forderung des für Straßenbaustoffe anzuwendenden Mandats M 124 der Europäischen Kommission zu erfüllen. Dazu gehört unter anderem der Aspekt der Dauerhaftigkeit, der für bitumenhaltige Bindemittel durch die Prüfung von Eigenschaften nach Alterung im Laboratorium angesprochen wird. Obwohl es sich hierbei nicht um ein Prüf-, sondern vielmehr um ein Konditionierungsverfahren handelt, ist die Regelung des CEN auch auf die Alterungsverfahren für Bitumen anzuwenden. Das in Deutschland bewährte Verfahren der Alterung im rotierenden Kolben (RFT) wird zugunsten des bereits seit 1999 als Schiedsverfahren benannten RTFOT-Verfahrens aus der Anforderungsnorm für Straßenbaubitumen gestrichen werden. Zahlreiche Untersuchungen an Straßenbaubitumen haben ergeben, dass hinsichtlich der klassischen Prüfverfahren keine nennenswerten Unterschiede in den Produkteigenschaften zwischen im RFT- oder im RTFOT-Verfahren gealterten Bitumen bestehen. Es ist gelungen, für die Umsetzung dieser Änderung hinsichtlich des anzuwendenden Alterungsverfahrens in der EN 12591 eine Übergangsfrist von drei Jahren zu erwirken. Dieses Vorgehen gilt analog für alle Anforderungsnormen für bitumenhaltige Bindemittel für den Straßenbau. Damit soll allen betroffenen Laboratorien ermöglicht werden, sowohl die erforderlichen Gerätschaften anzuschaffen als auch einen ausreichenden Erfahrungshintergrund mit dem Konditionierungsverfahren aufbauen zu können.

Es ist vorgesehen, den Entwurf der revidierten EN 12591 im Sommer 2005 fertig gestellt zu haben und anschließend das Verfahren der CEN-Umfrage zu beginnen. In diesem Verfahren sind alle Interessierten aufgefordert, ihre Kommentare und Anmerkungen zu dem Normentwurf abzugeben, die anschließend diskutiert und ggf. eingearbeitet werden. Es sei hier ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Phase der CEN-Umfrage diese wichtige Möglichkeit der Einflussnahme bietet. Im nachfolgenden Prozess der formalen Abstimmung werden Kommentare nicht mehr berücksichtigt werden. Dessen Eröffnung ist für Sommer 2006 geplant.

3.2 Anforderungen an Polymermodifizierte Bitumen nach EN 14023

Gegen die Stimmen von Deutschland, der Niederlande und des Vereinigten Königreichs wurde der Entwurf der EN 14023 zu Beginn diesen Jahres im verkürzten Abstimmungsverfahren mehrheitlich von den CEN-Mitgliedsorganisationen angenommen. Folglich muss die EN 14023 in nationale Normen überführt werden und alle entgegenstehenden Anforderungen sind zurückzuziehen. Bei dieser Anforderungsnorm handelt es sich im Übrigen bereits um eine den CEN-Regelungen zu Harmonisierungen entsprechende Norm. Insbesondere die Abschnitte zur Erstprüfung werkseigener Produktionskontrolle und CE-Kennzeichnung wurden unter intensiver Mitwirkung des CEN-Consultant erstellt.

Bei der EN 14023 handelt es sich um eine Anforderungsnorm im so genannten Klassensystem: Für die einzelnen Anforderungen werden verschiedene Grenzwerte in Klassen angegeben. Die nationalen Normungsorganisationen müssen aus diesen Klassen die Anforderungen an die in ihrem Zuständigkeitsbereich verwendeten Produkte zusammenstellen. Diese Anforderungen werden wiederum in einem nationalen Anwendungsdokument veröffentlicht werden, um die europaweite Transparenz der Produktnormung sicherzustellen. Der Entwurf dieses Dokument hinsichtlich PmB wird bereits in den FGSV-Gremien vorbereitet.

Aus deutscher Sicht ist das Fehlen eines oberen Grenzwertes für den Erweichungspunkt Ring und Kugel in der EN 14023 eine gravierende Änderung. Das damit verbundene vertragliche Problem mit Blick auf Forderungen an den maximalen Wert des Erweichungspunktes Ring und Kugel nach Extraktion aus dem Asphalt im Rahmen von Kontrollprüfungen wird bereits seit einiger Zeit in den Gremien der FGSV diskutiert, eine Lösung wird in den nächsten Monaten abgestimmt werden. Im Übrigen sei darauf hingewiesen, dass diese Problematik grundsätzlich bereits seit Veröffentlichung der TL PmB 2001 besteht, da für das dort beschriebene hoch-polymermodifizierte Bindemittel ebenfalls kein oberer Grenzwert für den Erweichungspunkt Ring und Kugel existiert.

Bedauerlicherweise konnten die in Deutschland zur Erfahrungssammlung angewendeten und in der TL PmB benannten rheologischen Prüfverfahren aufgrund des massiven Widerstandes aus einigen Europäischen Ländern nicht in gleicher Weise in die EN 14023 eingearbeitet werden. Hinsichtlich des Prüfverfahrens Kraftduktilität werden Anforderungen an die PmB gestellt, allerdings unterscheidet sich deren Durchführung von dem in der TL PmB beschriebenen Verfahren. Die Aufforderung zur Anwendung von Prüfverfahren mittels Dynamischen Scherrheometer DSR und Biegebalkenrheometer BBR und zu deren Weiterentwicklung findet sich jedoch explizit in einem eigenen Anhang wieder.

Zusammenfassend ist zu sagen, dass es größtenteils möglich ist, die in Deutschland auf Basis langjähriger Erfahrungen mit großem Erfolg verwendeten PmB auch mit den Anforderungen aus der EN 14023 zu beschreiben. Einen Fortschritt im Sinne zielgerichteter und sinnvoller Weiterentwicklung der bestehenden Anforderungen stellt die EN 14023 aber sicherlich nicht dar.

3.3 Anforderungen an kationische Bitumenemulsionen nach EN 13808

Auch der Entwurf der Anforderungsnorm für kationische Bitumenemulsionen EN 13808 wurde zu Beginn des Jahres von den CEN-Mitgliedsorganisationen im formalen Abstimmungsverfahren mehrheitlich angenommen. Für diese Anforderungsnorm gilt hinsichtlich Einführung, Harmonisierung und Aufbau das oben zur EN 14023 Gesagte entsprechend. Im FGSV-Arbeitskreis 7.1.2 wurde unter Leitung von Herrn Dr. Wörner bereits ein erster Entwurf eines nationalen Anwendungsdokuments zur Konkretisierung des in der EN 13808 angegebenen Klassensystems erarbeitet.

Eine Besonderheit der EN 13808 ist, dass hier grundsätzlich nur kationische Bitumenemulsionen beschrieben werden, diese jedoch sowohl modifiziert als auch nicht-modifiziert und für alle Einsatzbereiche im Straßenbau. Bisher war es in Deutschland üblich, Anforderungen an Bitumenemulsionen bezogen auf ihren jeweiligen Anwendungszweck zu beschreiben. Darüber hinaus wurden für diese Europäische Anforderungsnorm Prüfverfahren und Produkteigenschaften berücksichtigt, die in dieser Form hierzulande bisher nicht angewendet wurden. Folglich lag eine große Schwierigkeit bei der Aufstellung des Entwurfs des nationalen Anwendungsdokuments zur EN 13808 in der nicht durchgängig direkten Übertragbarkeit des vorhandenen Erfahrungshintergrundes auf das neue Regelwerk. Verstärkt wurde dieses Problem durch die aufgrund der bis vor kurzem fehlenden deutschen Spiegelung der WG 2 im CEN TC 336 zeitlich verzögerte Kenntnis der aktuellen Normentwürfe.

In dem bereits erwähnten Anwendungsdokument müssen zwangsläufig kationische Bitumenemulsionen für alle in Frage kommenden Einsatzbereiche beschrieben werden. Die durch die EN 13808 vorgegebene Benennung der Emulsionen wiederum führt zur Zeit noch dazu, dass unterschiedliche Produkte ähnliche oder gar gleiche Namen tragen würden. Obwohl also bereits ein Entwurf eines nationalen Anwendungsdokuments zur EN 13808 erarbeitet und diskutiert wurde, bleibt bis zu dessen Fertigstellung noch viel Arbeit zu tun.

3.4 Anforderungen an harte Straßenbaubitumen nach prEN 13924

Harte Straßenbaubitumen nach prEN 13924 werden in Deutschland nur äußerst selten eingesetzt und sind nicht Bestandteil des nationalen Regelwerks für Asphalte für den Straßenbau. Aus diesem Grund ist die sie beschreibende Anforderungsnorm hierzulande von eher geringer Bedeutung.

Auch der Entwurf der Anforderungsnorm für harte Straßenbaubitumen prEN 13924 entspricht den CEN Regeln für harmonisierte Normen und stellt ein Klassensystem dar. Allerdings handelt es sich hierbei nur um zwei Klassen mit zahlenmäßigen Anforderungswerten. Interessant an dieser Norm ist besonders die Regelung zum Erweichungspunkt Ring und Kugel, der grundsätzlich durch weite Wertebereiche gekennzeichnet ist. Um die Produkteigenschaften dennoch in engem Rahmen sicherzustellen, wird vom Lieferanten des harten Straßenbaubitumens angegeben, wie hoch der Erweichungspunkt Ring und Kugel seines Produktes üblicherweise ist. Die tatsächlich ausgelieferte Ware darf bezüglich dieser Eigenschaft dann nur mit einem in der Anforderungsnorm vorgegebenen Toleranzwert von dem zuvor angegebenen Wert abweichen.

Die Diskussionen zur prEN 13924 waren in den betroffenen Ländern sehr intensiv und kontrovers, weshalb bis zur Erzielung eines Kompromisses viel Zeit verging. Es ist vorgesehen, dass das formelle Abstimmungsverfahren zu dieser Anforderungsnorm im Sommer 2005 eröffnet wird.

3.5 Weitere Entwicklungen zur nächsten Generation Europäischer Anforderungsnormen für bitumenhaltige Bindemittel für den Straßenbau

Unmittelbar nach Veröffentlichung der EN 12591 im Jahr 1999 wurde darüber berichtet, dass mit den Arbeiten an der nächsten Generation der Normen für Bitumen und bitumenhaltige Bindemittel für den Straßenbau begonnen werde. Seither finden in unterschiedlichen Gremien sowohl national als auch international entsprechende Diskussionen und Veranstaltungen statt.

Ziel ist es, alle Produkte durch eine Norm zu beschreiben und gleichzeitig Aussagen über das Gebrauchsverhalten der Bindemittel zu ermöglichen. Es ist offensichtlich und unbestritten, dass hierfür die bekannten klassischen Prüfverfahren allein nicht mehr ausreichen. Diese umfangreiche und ausgesprochen komplexe Aufgabe kann nur mit größter Sorgfalt ausgefüllt werden, was wiederum mit einem nicht unerheblichen Zeitbedarf einhergeht.

Der Status Quo zur Thematik wird mit einem spätestens Ende 2005 verfügbaren, offiziellen technischen Bericht des CEN zusammengefasst werden. Darin werden alle bisher betrachteten und diskutierten Prüfverfahren vorgestellt und kritisch beurteilt. Selbstverständlich bedeutet dies auch, dass für die Prüfverfahren, deren weitere Berücksichtigung nicht erfolgte, Gründe für diese Entscheidung dargestellt werden. Ziel des technischen Berichtes ist es, zeitnah größtmögliche Transparenz und Information zu gewährleisten und die weiteren Aktivitäten zu bündeln.

Parallel führt der Europäische Verband staatlicher Straßenbaulaboratorien FEHRL unter maßgeblicher Beteiligung der BASt (Dr. Hirsch) das Projekt BiTVAL durch. In dessen erster Phase wurden mehr als 300 im Rahmen internationaler Kongresse veröffentlichte Beiträge zu den Themengebieten Beschreibung und Prüfung von Bitumen und Korrelation der gefundenen Daten mit dem Verhalten von Asphalten systematisch ausgewertet. Mit dem noch 2005 erscheinenden Bericht wird ein wertvolles Instrument zur Verfügung stehen, das nicht nur Informationen zu den Anwendungsbereichen und der Aussagekraft von Prüfverfahren auf Basis des weltweit verfügbaren Kenntnisstandes liefert, sondern das auch die Identifizierung von Lücken und weiterem Untersuchungs- und Forschungsbedarf unterstützt.

Ebenfalls zur Erstellung neuer Anforderungsnormen für Bitumen und bitumenhaltige Bindemittel dient die für 2006 geplante Datensammlung von CEN. Im Rahmen dieses einjährigen Projektes sollen nach in einem Datenblatt festgelegtem Procedere Eigenschaften der in Europa eingesetzten bitumenhaltigen Bindemittel für den Straßenbau gesammelt werden. Dabei werden die klassischen Prüfverfahren wie Erweichungspunkt Ring und Kugel, Nadelpenetration oder Brechpunkt nach Fraass ebenso untersucht wie Eigenschaften, die beispielsweise mittels Dynamischen Scherrheometer DSR oder Biegebalkenrheometer BBR ermittelt wurden. Grundsätzlich werden Prüfungen am frischen, Kurzzeit- und Langzeitgealterten Bindemittel durchgeführt und sowohl Straßenbaubitumen als auch PmB und sonstige Spezialbitumen berücksichtigt. Ziel dieses aufwendigen Projektes ist es festzustellen, innerhalb welcher Bereiche sich die Eigenschaften der in Europa verwendeten Produkte bewegen um so mögliche Anforderungsbereiche identifizieren zu können.

4 Europäische Prüfnormen für Bitumen und bitumenhaltige Bindemittel für den Straßenbau

Rechtzeitig zur Veröffentlichung der Anforderungsnorm EN 12591 im Jahr 1999 standen auch Europäische Normen für die darin benannten Prüfverfahren zur Verfügung. Auch diese Normen unterlagen 2004 der systematischen Überprüfung. Teilweise bereits unmittelbar nach Veröffentlichung wurden Fehler oder Ungenauigkeiten einiger Normen benannt, deren Korrekturen im Rahmen der aktuell stattfindenden Revision vorgenommen werden. Für die derart überarbeiteten Entwürfe der Prüfnormen werden im Sommer die Verfahren der CEN-Umfrage eröffnet werden. Auch hier gilt, dass die interessierte Öffentlichkeit aufgefordert ist, ihre Kommentare bis zu einem vorgegebenen Stichtag beim DIN abzugeben. Diese Kommentare werden nach anschließender Diskussion und entsprechender Entscheidung in den Gremien des CEN TC 336 in die Normentwürfe eingearbeitet, deren abschließende formale Abstimmungsverfahren Mitte 2006 beginnen sollen.

Seit 1999 wurden zudem zahlreiche weitere Europäische Normen für Prüfverfahren in den CEN-Gremien erarbeitet, abgestimmt und veröffentlicht. Dabei handelt es sich in erster Linie um solche Prüfverfahren, auf die die Anforderungsnormen für Polymermodifizierte Bindemittel und die für kationische Bitumenemulsionen Bezug nehmen. So liegen inzwischen beispielsweise Europäische Prüfnormen zur elastischen Rückstellung, zur Kraftduktilität, zur Stabilität gegen Entmischung aber auch zur Bestimmung des Bindemittelgehalts oder des Siebrückstandes von Bitumenemulsionen vor, deren Veröffentlichung als DIN EN das Zurückziehen vergleichbarer nationaler Normen bedingte. Einige dieser Prüfnormen sind durch eine fast vollständige Deckungsgleichheit mit den hierzulande angewendeten Prüfverfahren gekennzeichnet, teilweise sind jedoch deutliche Änderungen gegenüber den bekannten Prüfungen festzustellen, so dass in diesen Fällen der vorhandene Erfahrungshintergrund nicht oder nur bedingt angewendet werden kann. In diesen Fällen ist es unbedingt erforderlich, schnellstmöglich Datenkollektive ausreichender Größe verfügbar zu haben, um bei der endgültigen Aufstellung der nationalen Anwendungsdokumente mit größtmöglicher Sicherheit die technisch sinnvollen und praktisch erforderlichen Größen der Produkteigenschaften auswählen zu können.

Bezüglich der in der TL PmB 2001 zur Erfahrungssammlung aufgenommenen Prüfgeräte Dynamisches Scherrheometer DSR und Biegebalkenrheometer BBR sowie des Prüfverfahrens Kraftduktilität ist festzustellen, dass ihnen auch europäisch eine große Bedeutung beigemessen wird. Die Bestimmung der Kraftduktilität ist, wie bereits oben erwähnt, Bestandteil der Anforderungen an PmB nach EN 14023, wenn auch in anderer als der uns nach TL PmB bekannten Form: Sowohl der Probekörper des Prüfverfahrens als auch die Datenauswertung und die Prüftemperaturen variieren deutlich von dem bisher in Deutschland angewendeten Schema. Diese Unterschiede sind seit einiger Zeit bekannt, so dass auch zu den geänderten Prüfbedingungen nunmehr zahlreiche Daten zur Verfügung stehen, auf deren Basis das nationale Anwendungsdokument erstellt werden kann.

Zur Bestimmung des komplexen Moduls im Dynamischen Scherrheometer wurde in der Task Group 1 der WG 1 im CEN TC 336 der Normentwurf prEN 14770 erarbeitet, der noch in diesem Jahr in das formale Abstimmungsverfahren gehen wird. Dieser Normentwurf beschreibt die Prüfungen mittels DSR, jedoch nicht die Randbedingungen der Prüfung wie beispielsweise Prüftemperatur oder -frequenz. Derartige Parameter werden über Anforderungsnormen vorgegeben. Daher wird es auch trotz nahezu abschließender Fertigstellung der genannten Norm möglich, die Ergebnisse aktueller Forschungsvorhaben zu berücksichtigen. Wichtig hierfür ist es jedoch, dass diese Ergebnisse den Europäischen Kollegen verfügbar sind.

Die Beschreibung der Prüfung mittels Biegebalkenrheometer BBR erfolgt im von der Task Group 2 der TC 336 WG 1 aufgestellten Normentwurf prEN 14771. Dieser Normentwurf wurde im Februar 2005 einstimmig von den CEN-Mitgliedsorganisationen angenommen, so dass kurzfristig von einer Veröffentlichung als DIN EN auszugehen ist. Auch hier sind bezüglich der Randbedingungen der Prüfung sinnvollerweise keine Vorgaben beispielsweise zur Prüftemperatur gemacht worden. Damit einher geht wiederum die Notwendigkeit, die aussagekräftigsten und praktikabelsten Prüfparameter zu definieren. Diesbezüglich besteht dringender Forschungsbedarf.

Das Verfahren der Simulation der Langzeitalterung bitumenhaltiger Bindemittel im Druckalterungsbehälter (Pressure Ageing Vessel PAV) wird im Normentwurf prEN 14769 beschrieben, der von der Task Group 3 in der WG 1 des TC 336 aufgestellt wurde und ebenfalls noch im Jahr 2005 in das formale Abstimmungsverfahren gegeben werden wird. Es ist davon auszugehen, dass spätestens in der nächsten Generation Europäischer Anforderungsnormen an Bitumen und bitumenhaltige Bindemittel für den Straßenbau das Langzeitalterungsverhalten als Produkteigenschaft aufgenommen werden wird.

Weitere derzeit bearbeitete Europäische Normentwürfe sind die zur Bestimmung der Niedrigscherviskosität und zur Nullscherviskosität (beide im Dynamischen Scherrheometer), zu einem weiteren Langzeitalterungsverfahren namens RCAT (Rotating Cylinder Ageing Test) sowie zur Bestimmung der Dichte der Bindemittel. Für diese vier Normentwürfe wird ebenfalls im Jahr 2005 das jeweilige Verfahren der nationalen Umfrage eröffnet werden und es ist zu wünschen, dass die Möglichkeiten der Kommentierung umfassend genutzt werden.

5 Zusammenfassung und Ausblick

Die Europäische Normung für Bitumen und bitumenhaltige Bindemittel für den Straßenbau ist weit vorangeschritten und befindet sich derzeit in unterschiedlichen Phasen. Dennoch ist auch in mittelfristiger Zukunft kein Abschluss der Arbeiten und Prozesse zu sehen. Im Gegenteil: Insbesondere die Erstellung der nächsten Generation Europäischer Anforderungs- und Prüfnormen wird einen intensiven Arbeitsaufwand und ein dementsprechendes Engagement erfordern.

Die umfangreichen Kenntnisse und Erfahrungen, die in Deutschland zur Anwendung und Untersuchung der verschiedenen bitumenhaltigen Bindemittel vorliegen, müssen auch auf Europäischer Ebene berücksichtigt werden. Dazu ist es jedoch zwingend erforderlich, dass sie den anderen Beteiligten bekannt und zugänglich sind. Aus diesem Grund müssen die bestehenden Möglichkeiten der aktiven Mitarbeit in Normungsgremien, national wie auch international, unbedingt genutzt werden. Genauso wichtig ist es aber auch, dass über Forschungsergebnisse, Entwicklungen, Erfahrungen und Neuerungen berichtet wird, und zwar in allen Beteiligten zugänglichen Medien, seien es internationale Veröffentlichungen, Foren oder Veranstaltungen, und in einer für alle verständlichen Sprache.

Literaturverzeichnis

DIN EN 12591 Bitumen und bitumenhaltige Bindemittel; Anforderung an Straßenbaubitumen; Deutsche Fassung EN 12591:1999

DIN EN 13589 Bitumen und bitumenhaltige Bindemittel; Bestimmung der Streckeigenschaften von modifizierten Bitumen mit dem Kraft-Duktilitäts-Verfahren; Deutsche Fassung EN 13589:2003

DIN EN 13703 Bitumen und bitumenhaltige Bindemittel; Bestimmung der Formänderungsarbeit; Deutsche Fassung EN 13703:2003

DIN EN 13808 Bitumen und bitumenhaltige Bindemittel; Rahmenwerk für die Spezifizie rung kationischer Bitumenemulsionen; Deutsche Fassung EN 13808:2005

E DIN EN 13924 Bitumen und bitumenhaltige Bindemittel; Anforderungen an harte Straßenbaubitumen; Deutsche Fassung prEN 13924:2003

E DIN EN 14023 Bitumen und bitumenhaltige Bindemittel; Rahmenwerk für die Spezifikation von polymermodifizierten Bitumen; Deutsche Fassung prEN 14023:2004

prEN 14769 Bitumen und bitumenhaltige Bindemittel; Beschleunigte Langzeit-Alterung – Druckalterungsbehälter (PAV); Deutsche Fassung prEN 14769:2004

prEN 14770 Bitumen und bitumenhaltige Bindemittel; Bestimmung des komplexen Schermoduls und des Phasenwinkels – Dynamisches Scherrheomer (DSR); Deutsche Fassung prEN 14770:2004

prEN 14771 Bitumen und bitumenhaltige Bindemittel; Bestimmung der Biegekriechsteifigkeit; Deutsche Fassung prEN 14771:2004

TL PmB Technische Lieferbedingungen für gebrauchsfertige polymermodifizierte Bitumen, Ausgabe 2001 (FGSV 748)