FGSV-Nr. FGSV A 45
Ort Leipzig
Datum 21.09.2021
Titel Prüfverfahren zur Beurteilung des Kälteverhaltens von Bitumen
Autoren Prof. Dr.-Ing. Martin Radenberg, M. Sc. Matthias Staschkiewicz
Kategorien Asphaltstraßen
Einleitung

Zur Beurteilung des Kälteverhaltens von bitumenhaltigen Bindemitteln sind im deutschen Regelwerk aktuell Prüfmethoden festgeschrieben, die entweder nicht aussagekräftig (Brechpunkt nach Fraaß) oder für den Einsatz bei Kontrollprüfungen wenig praktikabel (große Probenmengen bei Untersuchungen im Biegebalkenrheometer (BBR)) sind. Mit dem Forschungsprojekt FE 07.0293/2017/EGB wurden Prüfmethoden entwickelt, die eine Charakterisierung der Eigenschaften von Straßenbaubitumen und modifizierten Bindemitteln an sehr kleinen Proben im Tieftemperaturbereich prozesssicher und mit moderatem Prüfaufwand im Dynamischen Scherrheometer (DSR) ermöglichen.

Für eine schnelle Beurteilung des Kälteverhaltens im DSR mit einer 8 mm Platte-Platte-Messgeometrie kann der Scher-Relaxationsversuch empfohlen werden, für den der Kennwert Relaxationsviskosität λRel empfohlen wird, der an 72 Bindemitteln unterschiedlichster Art und Alterungsstufe ermittelt wurde. Mit gleicher Probenanzahl wurde eine Prüfung mit der 4 mm Platte-Platte-Geometrie im Oszillationsmodus (frequenz- und temperaturvariabel) durchgeführt, die zwar einen höheren Zeitaufwand erfordert, dafür aber ein komplexeres Bild der rheologischen Eigenschaften der Bindemittel im Tieftemperaturbereich liefert.

Mit beiden Prüfverfahren wurden gute bis sehr gute Korrelationen zu den Ergebnissen von Untersuchungen im BBR nachgewiesen.

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1 Einleitung

Obwohl das Schadensmerkmal „Risse“ mit großem Abstand der häufigste Auslöser für die Erneuerung einer Asphaltschicht in Deutschland ist (siehe Bild 1), wird das Kälteverhalten von Bitumen und bitumenhaltigen Bindemitteln bis heute nicht regelmäßig im Rahmen von bauvertraglichen Materialuntersuchungen und nur selten im Zuge der Konzepterstellung (Erstprüfung) überprüft. Eine zwar aussagekräftige, aber recht aufwändige Methode zur Bewertung des Kälteverhaltens solcher Bindemittel ist die Bestimmung der Biegekriechsteifigkeit S(t) und der Steigung der Biegekriechsteifigkeit zum Ablesezeitpunkt m(t) mit dem Bending-Beam-Rheometer (BBR) [1]. Die für diese Untersuchungen notwendige große Materialmenge stellt oftmals ein Problem dar, da eine Bewertung des Kälteverhaltens nur an laborgealterten Proben sinnvoll ist und der Aufwand der Labor-Alterung (PAV) größerer Bindemittelmengen recht hoch ist. Auch für die Untersuchung von Bindemitteln aus Asphaltgranulat (für die Wiederverwendung) und aus Mischgut (für die Kontrollprüfung) ist die zur Verfügung stehende Bindemittelmenge oftmals begrenzt.

Eine einfache und aussagekräftige Prüfmethode zur Beurteilung des Kälteverhaltens bitumenhaltiger Bindemittel, die in der gesamten Ablaufkette des Asphaltstraßenbaus (Erstprüfung, Kontrollprüfung, Bestandsbewertung und Wiederverwendung von Ausbauasphalt) angewendet werden kann, sollte eine wichtige Zielsetzung aller Asphaltstraßenbaubeteiligten sein.

Bild 1: Häufigkeiten der maßgebenden Zustandswerte zur Einstufung eines Gesamtwertes ≥ 4,5 (ZEB BAB 2017)

Mit dem FE-Projekt „Entwicklung eines Prüfverfahrens zur Beurteilung des Kälteverhaltens von Bitumen“ (FE 07.0293/2017/EGB) [2] wurde diese Lücke in der Prüftechnik geschlossen. Die grundsätzliche Aufgabenstellung dieses Projektes war die Entwicklung eines möglichst praktikablen Prüfverfahrens mittels Dynamischen Scherrheometer (DSR). Die Projektergebnisse wurden von der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) veröffentlicht und dienten als Grundlage für diese Publikation.

2 Untersuchungsprogramm und Untersuchungsmethoden

2.1 Untersuchungsprogramm

Im Rahmen des Projektes wurden insgesamt 72 unterschiedliche Bindemittelproben untersucht, wobei nicht alle Bindemittel mit den vier zu Anfang ausgewählten DSR-Methoden geprüft wurden. Anhand von Voruntersuchungen an 10 unterschiedlichen Bindemitteln wurden zwei der vier Prüfmethoden für das Hauptuntersuchungsprogramm ausgewählt. Das Bild 2 zeigt schematisch den Unterschied der vier Prüfmethoden, wobei die beiden linksstehenden Methoden für das Hauptuntersuchungsprogramm ausgewählt wurden.

In diesem wurden alle gängigen Bitumen und Polymermodifizierten Bitumen sowie wachsmodifizierte Bitumen im frischen Zustand und zum Teil nach unterschiedlichen Laboralterungsstufen (RTFOT, RTFOT+PAV, RTFOT+2xPAV) [3, 4] untersucht. Zusätzlich wurde eine Auswahl an rückgewonnenen Bindemitteln aus Asphaltschichten geprüft, bei denen im Rahmen von gutachterlichen Untersuchungen die rheologischen Eigenschaften des Bindemittels als ursächlich oder mitursächlich für die dort festgestellte Rissbildung eingestuft wurden. Insbesondere die Gruppe der letztgenannten Bindemittel sollte die Datengrundlage für die Bewertung der Ergebnisse aus dem Scherrelaxationsversuch (SRV) sein. Die Bandbreite aller untersuchten Bindemittel reichte dabei von einem weichen Straßenbaubitumen 160/220 bis zu einem rückgewonnenen Bindemittel aus einer stark gerissenen Asphaltbefestigung (Praxisstrecke 09-3). Die Äquisteifigkeitstemperatur, T (bei G*=15 kPa) liegt bei diesen Bindemitteln bei 47 °C (160/220) bzw. bei 124 °C für das rückgewonnene Bindemittel.

Bild 2: Schematische Darstellung der im Forschungsprojekt angewendeten Prüfmethoden im DSR

2.2 Untersuchungsmethoden

2.2.1 Scherrelaxationsversuch (SRV)

Die Bestimmung der Scherrelaxationsviskosität im Dynamischen Scherrheometer erfolgt im verformungsgeregelten Rotationsmodus bei einer konstanten Temperatur von -10 °C. Als Prüfgeometrie wird eine Platte-Platte-Messgeometrie mit einem Plattendurchmesser von 8 mm und einer Spaltweite von 2 mm verwendet. Die Prüfung der Probe beginnt mit einer Deformationsvorgabe von 0,1 ±0,01 %, welche innerhalb von 1 ±0,1 s aufgebracht und während der 30-minütigen Relaxationsphase konstant gehalten wird. Anhand des Integrals der Scherspannung über die Zeitdauer der Relaxationsphase wird die sogenannte Scherrelaxationsviskosität (λRel) berechnet, die als Bewertungskennwert für das Kälteverhalten vorgeschlagen wird. Ein Beispiel für den Spannungs- und Deformationsverlauf während eines typischen SRV zeigt das Bild 3.

Bild 3: Beispiel für den Scherspannungs- und Scherdeformationsverlauf während des SRV

2.2.2 Oszillationsversuch im Tieftemperaturbereich mit PP04

Die Untersuchungen mit der 4 mm-Platte-Platte-Messgeometrie wurden im Wesentlichen analog zu [5] eine Temperaturrampe von 30 °C bis -20 °C in Schritten von 10 K durchgeführt. Bei jeder Temperatur wurden die Frequenzen zwischen 0,01 Hz bis 10 Hz variiert.

Die besondere Herausforderung dieser Messmethode ist der Trimmvorgang, der aufgrund der sehr kleinen Messgeometrie zu überproportionalen Prüfstreuungen durch Trimmfehler führen kann. Daher wurden diese Messungen im Rahmen eines Voruntersuchungsprogramms mit zwei unterschiedlichen Probenapplikationsarten durchgeführt. Zum einen wurde mit großer Sorgfalt konventionell getrimmt und zum anderen wurde ein Adapter (siehe Bild 4) verwendet, der einen Trimmvorgang überflüssig macht. Es hat sich gezeigt, dass ein sorgfältiges Trimmen keine höheren Prüfstreuungen (Abweichungen der Doppelbestimmungen und Abweichung zu den Ergebnissen mit dem Adapter) zur Folge hat, sodass alle Proben des Hauptuntersuchungsprogramm getrimmt wurden, da dies zu einer deutlich kürzeren Prüfdauer führt.

Bild 4: DSR-Prüfgeometrie Platte-Platte 4 mm Durchmesser (PP04) sowie Adapter (rechts)

3 Ergebnisse der Untersuchungen und Bewertungen

3.1 Scherrelaxationsversuch (SRV)

Die Bandbreite der Scherrelaxationsviskositäten reicht von einem weichen Straßenbaubitumen (160/220) mit 0,75 MPas bis zu einem rückgewonnenen Bindemittel aus einer stark gerissenen Asphaltbefestigung (Praxisstrecke 09-3) mit 143 MPas (siehe Bild 5). Die Äquisteifigkeitstemperaturen der untersuchten Bindemittel lagen dementsprechend zwischen 47,3 °C und 124,9 °C. Damit wurde eine sehr große Bandbreite realisiert, die zwischen einem sehr weichen Straßenbaubitumen und einem sehr harten Bindemittel aus einem Asphaltgranulat liegt. Da einige der untersuchten rückgewonnenen Bindemittel aus Asphaltflächen stammen, die ein typisches Kälterissbild aufwiesen, können aus den Prüfergebnissen Wertebereiche mit unterschiedlicher Risswahrscheinlichkeit abgeleitet werden. Der vorgeschlagene Grenzwert für eine mögliche Rissbildung liegt bei 40 MPas und der für eine wahrscheinliche Rissbildung bei 60 MPas. Diese bewertende Einteilung ist allerdings im Zusammenhang mit weiteren rissbeeinflussenden Faktoren (Verdichtungsgrad, Füller/Bitumen-Verhältnis, Hohlraumgehalt, Bindemittelvolumen, …) zu betrachten.

Bild 5: Scherrelaxationsviskositäten der 72 untersuchten Bindemittel

Bei einer isolierten Betrachtung aller untersuchten Bindemittel im frischen Zustand zeigt sich eine Ergebnisspanne zwischen 0,75 und 41,3 MPas (siehe Bild 6). Der hier aufgeführte höchste Wert wurde an einem mehrfach modifizierten Bitumen (Polymer+Wachs) gemessen. Bei diesem Bindemittel ist allerdings nicht auszuschließen, dass die Probe mehrfach erwärmt wurde, womit ein gewisser Alterungseffekt verbunden sein könnte.

Bild 6: Scherrelaxationsviskositäten der untersuchten Bindemittel im frischen Zustand

Einige Bindemittel wurden sowohl im frischen Zustand, als auch nach unterschiedlich starker Laboralterung untersucht. Anhand dieser Untersuchungsreihen kann die Veränderung der Relaxationsviskosität infolge dieser Alterungsstufen abgeschätzt werden. Das Bild 7 zeigt diese Veränderungen, aus denen eine Erhöhung infolge RTFOT-Alterung von ca. 6 MPas und von 16 MPas für eine PAV-Alterung abgeschätzt werden kann.

Bild 7: Veränderung der Scherrelaxationsviskosität infolge Laboralterung

3.2 Oszillationsversuch mit PP04

Die Auswertung und Bewertung der Oszillationsversuche mit der 4 mm Platte-Platte-Messgeometrie hat ergeben, dass die Temperaturen über 0°C dann entbehrlich sind, wenn ausschließlich das Tieftemperaturverhalten betrachtet werden soll. Ebenso sind für das Tieftemperaturverhalten Prüffrequenzen von über 0,01 Hz nicht zwingend notwendig. Für weitergehende wissenschaftliche Untersuchungen (z. B. Masterkurven) kann ein erweitertes Temperatur- und Frequenzspektrum allerdings sehr hilfreich sein.

Das Ziel einer weitergehenden Auswertung dieser Ergebnisse war, risskritische Temperaturen analog zu den BBR-Ergebnissen TS300 und Tm0,3 aus den Daten zu errechnen. Daher wurde die Prüffrequenz von 0,01 Hz ausgewählt, die der Belastungsdauer des BBR-Versuches nahekommt. Das Bild 8 zeigt die Ergebnisse einiger Bindemittel, bei denen der Komplexe Schermodul und der Phasenwinkel im Temperaturbereich zwischen 0 und -20 °C und für die Frequenz von 0,01 dargestellt sind. Aus einem Datenkollektiv von 24 Bindemittel, die sowohl im BBR als auch im DSR untersucht wurden, ließ sich anhand der Temperaturäquivalenz ein Komplexer Schermodul bestimmen, der mit der Biegesteifigkeit von 300 MPa korreliert. Ebenso ließ sich ein Zusammenhang zwischen dem Phasenwinkel und dem m-Wert aus den Ergebnissen des BBR erstellen. Diese beiden Äquivalenzwerte (180 MPa und 20 °) sind als Bezugslinien im Bild 8 eingezeichnet. Über den Verlauf des Komplexen Schermoduls und des Phasenwinkels bei 0,01 Hz können dann die zu TS300 und Tm0,3 äquivalenten Temperaturen T(G*=180MPa; TG*180) und T(δ=20°; Tδ20) abgelesen oder berechnet werden.

Bild 8: Komplexer Schermodul und Phasenwinkel mit der PP04 bei 0,01 Hz

4 Korrelationen und Bewertungsansätze

Zur Bewertung der Plausibilität dieser neuen Prüfmethoden (Validierung) ist die Überprüfung eines statistischen Zusammenhanges (Korrelation) mit Messwerten anderer anerkannter Prüfmethoden, die zur Bewertung derselben Eigenschaft verwendet werden, sinnvoll. Für beide Methoden im DSR bietet sich daher der Vergleich mit Messergebnissen des BBR an.

Das Bild 9 zeigt eine Gegenüberstellung der Scherrelaxationsviskosität mit den beiden Prüfergebnissen aus dem BBR (S und m) die einen guten statistischen Zusammenhang (R² > 0,8) für diese beiden BBR-Parameter dokumentiert. Besonders im risskritischen Wertebereich > 40 MPas scheint die Korrelation zu den Werten aus dem BBR besonders gut zu sein und auch der Wertebezug zwischen m = 0,3 und der Scherrelaxationsviskosität von 40 MPas ist vorhanden.

Für die im Abschnitt 3.2 beschriebene Auswertung der Messergebnisse im DSR mit der 4 mm Platte-Platte-Messgeometrie wurde ebenfalls ein Abgleich mit den Prüfergebnissen im BBR vorgenommen. Das Bild 10 zeigt den Vergleich zwischen den aus der Biegekriechsteifigkeit und den aus dem Komplexen Schermodul abgeleiteten Temperaturen. Dabei zeigt sich zum einen eine sehr hohe Bestimmtheit (R2) und zum anderen eine sehr gute Übereinstimmung der absoluten Temperaturen (Trendlinie liegt exakt auf der Winkelhalbierenden). Der maximale Temperaturunterschied zwischen TS300 und TG*180 eines Bindemittels lag bei 2 Kelvin, was unter Berücksichtigung der Wiederhol- und Vergleichpräzision des BBR-Kennwertes TS300 von 1°C (WP) bzw. 3°C (VP) als sehr gering anzusehen ist.

Bild 9: Korrelation zwischen Scherrelaxationsviskosität und Nachgiebigkeit (m-Wert, linear) und Biegekriechsteifigkeit (S-Wert, exponentiell) aus dem BBR-Versuch bei -10 °C

Bild 10: Korrelation zwischen TS300 und TG*180

Ein ähnlich guter Zusammenhang zeigen die Korrelation zwischen Tm0,3 und Tδ20 (siehe Bild 11) und die maximalen Temperaturunterschiede dieser Werte.

Darüber hinaus wurden die Messergebnisse aus den beiden Versuchen im DSR miteinander verglichen und auch hier zeigt sich eine hohe Bestimmtheit der Werte zueinander (Bild 12).

Bild 11: Korrelation zwischen Tm0,3 und Tδ20

Bild 12: Korrelation zwischen Scherrelaxationsviskosität und Phasenwinkel (0,01 Hz) bei -10 °C

Weiter fällt auf, dass die über den Messwertebereich zu erwartende Differenzierung beim SRV deutlich höher ist, als beim oszillierenden Versuch mit der PP04, was aufgrund der halblogarithmischen Bilddarstellung nicht sofort erkennbar ist. Bei Berechnung eines Differenzierungsfaktors (größter Messwert dividiert durch den kleinsten Messwert) ergibt sich für den SRV ein Faktor von 191,3 und für die Messwerte aus dem oszillierenden Versuch mit der PP04 jeweils ein Faktor von 3,7.

Im Bild 13 ist der höhere Differenzierungsgrad der Ergebnisse des SRV zu erkennen. Weiterhin lassen sich Wertebereiche für die Bindemittelarten definieren. Die nicht gefüllten Symbole im Bild 13 zeigen die Bindemittel im frischen Zustand, die transparent ausgefüllten Symbole die nach RTFOT- und PAV-Alterung ermittelten Werte und die voll ausgefüllte Symbole stellen Prüfergebnisse von Bindemitteln dar, die 2 x PAV-gealtert wurden. Anhand der Symbolart und -farbe kann die Bindemittelart zugeordnet werden.

Bild 13: Scherrelaxationsviskosität und Phasenwinkel (0,01 Hz) bei -10 °C bei unterschiedlichem Alterungsgrad der Bindemittel

5 Zusammenfassung und Fazit

Mit den beiden Prüfmethoden im DSR (SRV und PP04 im Tieftemperaturbereich) sind sehr gut geeignete Alternativen zur bestehenden Prüfmethode (BBR) und damit zur Beurteilung des Kälteverhaltens bitumenhaltiger Bindemittel entwickelt und validiert worden. Beide Prüfmethoden benötigen geringere Probemengen und können so auch routinemäßig auf laborgealterte Proben angewandt werden. Mit der Prüfmethode SRV ist ein höherer Differenzierungsgrad der Prüfergebnisse nachgewiesen worden. Für DSR-Messgeräte, die die im SRV vorgesehene Scherdehnung (0,1 %) nicht innerhalb von einer Sekunde sicher aufbringen können, kann die Methode mit der oszillierenden 4 mm Platte-Platte-Messgeometrie alternativ verwendet werden. Auch hier sind hohe Korrelationen zu den Ergebnissen im BBR und zum SRV nachgewiesen worden.

Als Bewertungsansatz für die errechneten Scherrelaxationsviskositäten aus den Prüfungen im SRV werden folgende Werte vorgeschlagen:

λRel < 40 MPas (Rissbildung unwahrscheinlich)
λRel > 40 MPas (Rissbildung möglich)
λRel > 60 MPas (Rissbildung wahrscheinlich)

Diese Werte wurden anhand von Beobachtungen tatsächlicher Rissbildung vorgeschlagen und können einen Hinweis geben, ob Rissbildung in Asphaltdeckschichten unwahrscheinlich, möglich oder wahrscheinlich ist.

Ein weiteres wichtiges Forschungsergebnis lässt sich aus den Untersuchungen mit der PP04-Messgeometrie ermitteln. Mit ausgewählten Kenndaten lassen sich mit hoher Präzision äquivalente Temperaturen zu TS300 und Tm0,3 ableiten. Diese äquivalenten DSR-Kennwerte, die bei einer Frequenz von 0,01 Hz zu bestimmen sind, lauten:

T(G*=180 MPa) / TG*180 und T(δ=20 °) / Tδ20

Literaturverzeichnis

  1. Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen: Arbeitsanleitung zur Bestimmung des Verhaltens von Bitumen und bitumenhaltigen Bindemitteln bei tiefen Temperaturen im Biegebalkenrheometer (BBR), (AL BBR-Prüfung), Ausgabe 2017, Köln (FGSV 715)
  2. Radenberg, M.; Staschkiewicz, M.: Entwicklung eines Prüfverfahrens zur Beurteilung des Kälteverhaltens von Bitumen, Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen, Heft S144, Schünemann Verlag, 2021
  3. DIN EN 12607-1 (2014): Bitumen und bitumenhaltige Bindemittel – Bestimmung der Beständigkeit gegen Verhärtung unter Einfluss von Wärme und Luft – Teil 1: RTFOT-Verfahren: Beuth Verlag, Berlin
  4. DIN EN 14769 (2012): Bitumen und bitumenhaltige Bindemittel – Beschleunigte Langzeit-Alterung mit einem Druckalterungsbehälter (PAV): Beuth Verlag, Berlin
  5. DIN EN 14770 (2012): Bitumen und bitumenhaltige Bindemittel – Bestimmung des komplexen Schermoduls und des Phasenwinkels – Dynamisches Scherrheometer (DSR): Beuth Verlag, Berlin