FGSV-Nr. FGSV 002/100
Ort Karlsruhe
Datum 13.09.2011
Titel Privatisierter Betriebsdienst im Rahmen eines A-Modells – Erfahrungen der Straßenbauverwaltung
Autoren Ltd. BDir. Dipl.-Ing. Franz Custodis
Kategorien Straßenbetrieb, Winterdienst
Einleitung

In der Nacht zum 1. Mai 2007 übergab der Leiter der staatlichen Autobahnmeisterei München-West pünktlich um 0.00 Uhr den Betriebsdienst auf der BAB A 8 zwischen dem Autobahndreieck München-Allach und der AS Augsburg-West an den Straßenmeister des privaten Betreibers a+services. Das Bild 1 zeigt die beiden Straßenmeister. Rechts der Übergebende staatliche, links der Übernehmende des privaten Betreibers.

Bild 1: Wir wollen es miteinander versuchen

Die in inzwischen 4 ½ Jahren Partnerschaft gewonnenen Erfahrungen der Straßenbauverwaltung sind Gegenstand meines Vortrags. Die Frage, ob die Privatisierung von Betriebsdienstleistungen wirtschaftliche Vorteile gegenüber einem Betriebsdienst unter staatlicher Regie erbringt, kann im Rahmen dieses Vortrags allerdings nicht beantwortet werden, da die Wirtschaftlichkeit von A-Modellen bisher nur als Ganzes im Zusammenhang mit den Kosten für Bau und Erhaltung untersucht wurde.

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Der Fachvortrag zur Veranstaltung ist im Volltext verfügbar. Das PDF enthält alle Bilder und Formeln.

Einleitung

In der Nacht zum 1. Mai 2007 übergab der Leiter der staatlichen Autobahnmeisterei München-West pünktlich um 0.00 Uhr den Betriebsdienst auf der BAB A 8 zwischen dem Autobahndreieck München-Allach und der AS Augsburg-West an den Straßenmeister des privaten Betreibers a+services. Das Bild 1 zeigt die beiden Straßenmeister. Rechts der Übergebende staatliche, links der Übernehmende des privaten Betreibers.

Bild 1: Wir wollen es miteinander versuchen

Die in inzwischen 4 ½ Jahren Partnerschaft gewonnenen Erfahrungen der Straßenbauverwaltung sind Gegenstand meines Vortrags. Die Frage, ob die Privatisierung von Betriebsdienstleistungen wirtschaftliche Vorteile gegenüber einem Betriebsdienst unter staatlicher Regie erbringt, kann im Rahmen dieses Vortrags allerdings nicht beantwortet werden, da die Wirtschaftlichkeit von A-Modellen bisher nur als Ganzes im Zusammenhang mit den Kosten für Bau und Erhaltung untersucht wurde.

1 Auswirkungen der Privatisierung auf die Struktur des staatlichen Betriebsdienstes

1.1 Personalabbau ??

Mit der Übernahme des Betriebsdienstes auf 110 km Betriebsstrecke der BAB A 8 zwischen Ulm und München durch zwei private Konzessionäre gingen ca. 30 Arbeitsplätze im staatlichen Betriebsdienst verloren. Dies führte nicht nur bei den Beschäftigten der betroffenen Meistereien Augsburg und München-West zu erheblicher Unruhe, weil sie um den Bestand ihre Arbeitsplätze fürchteten, sondern wurde von allen Beschäftigten des Betriebsdienstes mit Argwohn betrachtet. Es kam also darauf an, sicherzustellen, dass die geplanten Betreibermodelle weder die Leistungsfähigkeit des staatlichen Betriebsdienstes beeinträchtigten noch Nachteile für die Beschäftigten mit sich brächten.

Die für die Personalbemessung allgemein geltenden Regeln sollten auch für die Meistereien München-West und Augsburg gelten. Ein Verzicht auf Neueinstellungen und Personalabbau über die normale altersbedingte Fluktuation konnte allerdings allein nicht zum Ziel führen. Im Rahmen des Verwaltungreformprojekts „Autobahnmeisterei 21“ (AM21) konnte eine sozialverträgliche Lösung gefunden werden, auf die ich etwas genauer eingehen möchte.

Bild 2: AM-Zuständigkeitsbereiche vor Beginn der A-Modelle

1.2 Neugliederung von AM-Zuständigkeiten

Im Rahmen des mit AM 21 verbundenen Personalabbaus entstehen Meistereien mit zum Teil nur 18 – 20 Mitarbeitern. Für diese kleinen Meistereien wurden Kooperationen mit Nachbarmeistereien eingeführt. Damit wird die Struktur des staatlichen Betriebsdienstes gestrafft ohne Standorte aufzugeben. Die Straßenbauverwaltung bleibt so in der Fläche präsent und kann die Betriebsdienstaufgaben in bewährter Weise dezentral wahrnehmen. Dies erleichterte die im Zusammenhang mit der Privatisierung erforderliche Umstrukturierung des staatlichen Betriebsdienstes erheblich.

Bild 3: AM-Zuständigkeitsbereiche mit 1. und 2. A-Modell

2 AM München-West

Von der Betriebsstrecke der AM München-West wurden ca. 70 % von a+services übernommen. Zur Erhaltung des Standorts München-West mussten daher die Zuständigkeiten im Westen von München neu geregelt werden. Die AM München-West erhielt die BAB A 99 vom AD München-Südwest bis zum AD Feldmoching mit den beiden großen Tunneln Allach (Länge1000 m) und Aubing (Länge 2000 m). Hinzu kam die Stadteinfahrt der BAB A 96 nach München vom AD München-Südwest bis zum Autobahnende in München-Sendling mit dem Tunnel Gräfelfing (Länge 300 m).

Nach Ausscheiden des derzeitigen Dienststellenleiters wird die AM München-West Kooperationsmeisterei zur benachbarten AM München-Nord.

3 AM Augsburg

Die Betriebsstrecke der AM Augsburg wird vollständig vom Betreiber des zweiten Abschnitts übernommen. Auch hier kam uns die Verwaltungsreform zu Hilfe. Die beiden Straßenmeistereien des Staatlichen Bauamts Augsburg sollten zusammengelegt werden, da sie nach heutigen Gesichtspunkten zu klein waren. Die Standorte beider Meistereien waren jedoch für eine Zusammenlegung ungeeignet. Der Standort der AM Augsburg dagegen ist ausreichen groß und liegt unmittelbar an der AS Augsburg-West, der Verknüpfung der BAB A 8 mit den zweibahnig ausgebauten Bundesstraßen 2 und 17. Außerdem entstand durch den zweibahnigen Ausbau der Bundesstraßen ein erhöhter Personalbedarf. So entstand am Standort der AM Augsburg die SM Gersthofen, die zwei Drittel der Belegschaft der AM Augsburg integrierte und bis Ende September 2011 noch einen Teil der BAB A 8 betreut. 

4 Stützpunkt Leipheim

Der übrige Teil der Augsburger Betriebsstrecke wurde vom Stützpunkt Leipheim aus betreut. Dieser Stützpunkt wurde bis zur Übernahme des Betriebsdienstes durch den Betreiber des zweiten Konzessionsabschnitts am 1. 10. 2011 vorübergehend der AM Vöhringen zugeordnet. Danach wechseln die Beschäftigten entweder zur AM Vöhringen oder zur SM Günzburg.

Mit den genannten Maßnahmen gelang es,

  • alle Standorte der ABD Südbayern zu erhalten und in die neue Betriebsstruktur gemäß „AM 21“ zu integrieren und
  • allen Beschäftigten einen Arbeitsplatz entweder am alten Standort oder zumindest in zumutbarer Entfernung zum alten Standort zu geben.

Der notwendige Personalabbau kann durch die Neugliederung der AM-Zuständigkeitsbereiche im Rahmen der Verwaltungsreform auf einen großen Personenkreis verteilt und damit sozialverträglich durchgeführt werden. 

5 Beobachtungen des staatlichen Straßenmeisters

5.1 Aller Anfang ist schwer …

Am Anfang bestand der Betriebsdienst des Betreibers aus einem Straßenmeister und einem Beschäftigten. Dazu ein Sicherungszug, bestehend aus einem Warnleitanhänger und zwei Vorwarntafeln. Bedienungspersonal und Gerät stellte eine Verkehrssicherungsfirma. So musste anfangs sehr viel improvisiert werden. Dafür steht beispielhaft dieses Salzlager in Form eines Fahrsilos.

Bild 4: Provisorisches Salzlager an der AS Dachau/Fürstenfeldbruck

Gerade bei den im Zusammenhang mit Unfällen erforderlichen Sofortmaßnahmen zeigte sich, dass der Betriebsdienst des Betreibers sowohl bei der Verkehrssicherung als auch bei der Zusammenarbeit mit Polizei und Rettungsdiensten weit vom Standard einer staatlichen Autobahnmeisterei entfernt war. Die Verkehrsausleitung an einer Anschlussstelle mittels quergestelltem VW-Kombi mag heute als Anekdote durchgehen – es gab doch einige Situationen, die Straßenmeister und Polizei zu energischem Eingreifen veranlassten. Die Verantwortlichen hatten aber offensichtlich einige Kerzen in Altötting angezündet – jedenfalls überstanden sie diese kritische Anfangsphase ohne einen einzigen schweren Verkehrsunfall, der auf Fehler des Betriebsdienstes zurückzuführen gewesen wäre.

Der Straßenmeisters des Betreibers begegnete diesen doch offensichtlichen Mängeln mit Schulungen des nach und nach eingestellten Personals und intensiven Kontakten zu den Einsatzkräften. Auch die Ratschläge des staatlichen Straßenmeisters wurden gerne angenommen. So stellten sich bald sichtbare Erfolge ein. Im Winter 2009 konnte von einer gleichwertigen Autobahnmeisterei gesprochen werden.

5.2 Mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede – der Betriebsdienst von a+ services heute

Das Unterhaltungskonzept des Betreibers war zunächst von möglichst viel Eigenbetrieb geprägt. Die Gräteausstattung übertraf die Grundausstattung einer staatlichen Meisterei und reichte vom selbstfahrenden Grasladewagen über eine Großraumkehrmaschine bis zu einem Motorrad für den Unfalldienst.

Vor einiger Zeit hielt ein führendes Mitglied des Bauindustrieverbandes dem Leiter der Obersten Baubehörde vor, a+services bewältige den Betriebsdienst mit deutlich weniger Aufwand als staatliche Meistereien. Dem mussten wir natürlich nachgehen und konnten feststellen, dass Personal- und Geräteausstattung des Betreibers sich nicht von der einer vergleichbaren staatlichen Meisterei unterscheiden.

Auch die an der Anschlussstelle Dachau/Fürstenfeldbruck errichtete Salzhalle entspricht den Salzhallen der Straßenbauverwaltung. Interessant allerdings die Kombination mit einem Silo, um das Ladegerät einzusparen.

Bild 5: Salzhalle an der AS Dachau/Fürstenfeldbruck

Es ist allgemein festzustellen, dass a+services die Anforderungen des Konzessionsvertrags in vollem Umfang erfüllt. Dies gilt für alle Leistungsbereiche – sei es der Winterdienst, sei es die Grünpflege oder der Unfalldienst. Beschwerden bei der AM München-West sind sehr selten.

Die Anforderungen des KV basieren im Wesentlichen auf dem Leistungsheft des Bundes. Dies hat sich bewährt. Lediglich bei der Grünpflege mussten zusätzliche Anforderungen in den Konzessionsvertrag aufgenommen werden, um die Anforderungen des Planfeststellungsbeschlusses einzuhalten.

Besonders hervorzuheben ist, dass a+services der Funktionsfähigkeit der Entwässerungseinrichtungen große Aufmerksamkeit widmet. Auch die Reinigung der PWC und die Müllbeseitigung auf den Parkplätzen zeigen ein hohes Niveau. 

6 Organisation Hoheitlicher Aufgaben auf den Konzessionsstrecken der BAB A 8 Augsburg – München und Ulm – Augsburg

Die Autobahndirektion Südbayern bleibt auch für die Konzessionsstrecken München – Augsburg und Augsburg – Ulm Straßenbau- und Untere Straßenverkehrsbehörde. Dies bedeutet, dass sämtliche hoheitlichen Aufgaben weiter von der Direktion wahrgenommen werden. Im Arbeitsbereich „ Betrieb und Verkehr“ sind dies:

  • der Erlass Verkehrsrechtlicher Anordnungen,
  • die Verkehrsfreigabe nach Sperrung von Autobahnabschnitten nach Unfällen oder Naturereignissen, die eine Sperrung der Autobahn erforderten und
  • die Eingliederung in das Baustellenmanagementsystem.

Auch für die Konzessionsstrecken gilt, dass Eingriffe in den Verkehr, insbesondere das Sperren von Fahrstreifen ausschließlich auf der Grundlage einer Verkehrsrechtlichen Anordnung erfolgen dürfen. Im Einzelnen gelten dabei folgende Regeln:

  • Verkehrsrechtliche Anordnungen für Arbeitsstellen längerer Dauer werden von den Dienststellen München und Kempten als Straßenbaubehörden i.S. § 45 StVO erteilt. Im Vergleich zu den von der ABD Südbayern selbst abgewickelten Bauverträgen ergeben sich keine Änderungen.
  • Für Arbeiten des Betriebsdienstes, die vorhersehbar und planbar sind, erteilt der Baustellenkoordinator auf Antrag des Betreibers die Verkehrsrechtlichen Anordnungen. Die Anträge für Arbeiten in einer Kalenderwoche müssen spätestens am Freitag der Vorwoche dem Baustellenkoordinator vorliegen.
  • Die Verkehrsrechtlichen Anordnungen für die dauerhafte StVO-Beschilderung und die Wegweisung ordnet die ABD Südbayern als Untere Straßenverkehrsbehörde an. Sie werden von den Betreibern vollzogen.
  • Bei Gefahr im Verzug – z. B. nach Unfällen oder Naturereignissen – bzw. nach Anforderung durch die Polizei erteilt diese mit Anforderung die entsprechende Verkehrsrechtliche Anordnung zum Eingriff in den Verkehr. Die Freigabe der Fahrbahn nach einem solchen Ereignis erfolgt durch den jeweils zuständigen Straßenmeister (AM München-West, AM Vöhringen, AM Ulm-Dornstadt in Baden-Württemberg) bzw. die Straßenmeister-Rufbereitschaft.
  • Der Vollzug aller Verkehrsrechtlichen Anordnungen wird durch die jeweils zuständige Autobahnmeisterei im Rahmen der regelmäßigen Streckenkontrollen überwacht.
  • Arbeitsstellen längerer Dauer werden in gleicher Weise in die koordinierte Baubetriebsplanung des Bundes aufgenommen wie die eigenen Baumaßnahmen der Autobahndirektion. Dazu und zur Anmeldung der Tagesbaustellen erhielt a+services einen Zugang zum Baustellenmanagementsystem der Direktion.

Um diese Regeln transparent darzustellen hat a+ services gemeinsam mit der ABD Südbayern ein Ablaufdiagramm erstellt und als Grundlage für die gemeinsame Arbeit vereinbart. Sie sehen, dass in einfach gelagerten Fällen der Straßenmeister des Konzessionsnehmers berechtigt ist, nach telefonischer Rücksprache mit dem staatlichen Straßenmeister die Freigabe der Autobahn selbst vorzunehmen. Durch diese – mit der Obersten Straßenverkehrsbehörde abgestimmte – Vorgehensweise hält sich die zusätzliche Arbeitsbelastung der staatlichen Straßenmeister in Grenzen.

Bild 6: Ablaufdiagramm zur Freigabe von Autobahnabschnitten

Bild 7: Fallbeispiele zur Freigabe von Autobahnabschnitten 

7 Zusammenfassung

  • Die von a+services im Betriebsdienst bisher erbrachten Leistungen zeigen, dass auch ein privater Konzessionär in der Lage ist, den Betriebsdienst auf BAB nach den Grundsätzen der Straßenbau-Verwaltung zu organisieren und durchzuführen.
  • Die Privatisierung von Teilen des Betriebsdienstes erfordert seitens der Straßenbauverwaltung umfangreiche organisatorische Überlegungen, um die Leistungsfähigkeit des staatlichen Betriebsdienstes zu erhalten und eine für die Beschäftigten sozialverträgliche Lösung zu finden.
  • Die hoheitlichen Aufgaben des Betriebsdienstes verbleiben bei der Straßenbauverwaltung.

Der Aufwand ist nicht unerheblich und bei der Personalbemessung zu beachten.

Ich schließe mit dem Bild des Anfangs. Die Privatisierung von Teilen des Betriebsdienstes erfordert eine partnerschaftliche Zusammenarbeit mit der staatlichen Straßenbauverwaltung. Unsere Erfahrungen zeigen, dass im Betriebsdienst diese partnerschaftliche Zusammenarbeit möglich ist. Ob sie hält, muss die Zeit zeigen.