FGSV-Nr. FGSV 001/26
Ort Bremen
Datum 28.09.2016
Titel Moderne Verkehrsanalyse durch Einsatz von Drohnen
Autoren Dipl.-Ing. Thomas Gerlach
Kategorien Kongress
Einleitung

Es existieren vielfältige Methoden zur Erfassung und Analyse des Verkehrsablaufs, die jedoch alle ungeeignet sind für größere, aus verkehrstechnischer Sicht funktional zusammenhängende Bereiche das reale Verkehrsverhalten zu erheben. Ausgehend von der Grundidee der Konfliktanalyse zur Identifikation von sicherheitskritischem Verhalten von Verkehrsteilnehmern wurde eine zeitgemäße Methode zur Analyse des Verkehrsablaufs durch Einsatz einer handelsüblichen, mit einer Kamera bestückten Drohne entwickelt. Die Methode verbindet dabei die Voranalyse von auffälligem Fahrverhalten aus einer großen Zahl von Fahrzeuginteraktionen mit Stichprobenbeobachtungen aus Fahrerperspektive. Nach Entwicklung der Methodik konnte in einem Projekt gezeigt werden, dass die Methode effizient einen Beitrag zur Steigerung der Sicherheit und Leistungsfähigkeit in einem hochbelasteten Autobahnknotenpunkt leisten kann. Es ist die Chance der Erschließung eines hohen Nutzenpotenzials für die Optimierung des Verkehrsablaufs an Knotenpunkten im Autobahnbereich absehbar.

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1 Ausgangslage und Ziel

Herkömmliche Methoden des Verkehrsingenieurwesens sind typischerweise beschränkt auf vielfältige Analysen von in existierenden Strukturen erfassten Verkehrsdaten, wie z. B. die Zähl- und Messgrößen zur Verkehrsstärke, Geschwindigkeit, Dichte etc. nach mehr oder weniger Fahrzeugarten klassifiziert.

Zur Analyse von hinsichtlich Verkehrssicherheit oder Leistungsfähigkeit auffälligen Strecken- oder Knotenbereichen stehen auch weitergehende Methoden zur Verfügung, wie z. B. Videobeobachtungen mit Expertenanalysen im Sinne von Konflikt- oder Verhaltensanalysen.

In Sonderfällen im Bestand oder insbesondere auch zur verkehrstechnisch optimalen Gestaltung von geplanter Infrastruktur werden Methoden der Simulation des Verkehrsablaufs verwendet. Diese bilden virtuell die Interaktion der Fahrzeuglenker mit der Infrastruktur sowie den anderen Fahrzeugführern ab.

Alle diese Methoden haben ihre Berechtigung im Kontext des jeweiligen Einsatzzwecks, jedoch sind diese alle nicht dafür geeignet systematisch das komplexe, von einer Vielzahl von Einflussfaktoren geprägte reale Verhalten der Fahrzeuglenker analysierbar abzubilden.

Gemäß der Grundidee der Konfliktanalyse treten Unfälle erheblich seltener auf als Konfliktsituationen zwischen Fahrzeuglenker und Infrastruktur bzw. von Fahrzeuglenkern untereinander. Dieser Grundidee folgend wurde es methodisch als zielführend erachtet hinreichend große, funktional zusammenhängende Verkehrsflächen zur Analyse von Verkehrssicherheit und Leistungsfähigkeit gleichzeitig beobachten und reproduzierbar dokumentieren zu können.

Zur Entwicklung der Methodik wurde dabei zunächst auf Autobahnknotenpunkte fokussiert, da dort in relativ kompakten Bereichen eine große Anzahl und Vielfalt von Interaktionen von Fahrzeugen zu erwarten ist.

Als Ziel wurde formuliert eine Methodik zu entwickeln, die einen neuartigen Beitrag zur Verbesserung von Verkehrssicherung und Leistungsfähigkeit in Autobahnabschnitten mit erhöhtem Verflechtungsaufkommen durch Erfassung des realen Verkehrsablaufs zu leisten vermag.

2 Überblick zur eingesetzten Technik und Methodik

Zur Umsetzung des formulierten Ziels bot sich der Einsatz von handelsüblichen Drohnen an, da diese flexibel einsetzbar sind und in einem definierten rechtlichen Rahmen für gewerblichen Einsatz geeignet erscheinen. Zu beachten ist, dass für gewerblichen Einsatz eine Aufstiegserlaubnis vorliegen muss, deren Erteilung in der Bundesrepublik Deutschland Sache der Luftfahrtbehörden in den einzelnen Bundesländern ist.

Von wesentlicher Relevanz bei der Einsatzplanung ist zudem die Lage des zu beobachtenden Objekts in Bezug auf den kontrollierten Luftraum. Hieraus resultieren Restriktionen in Bezug auf die Startmöglichkeiten und Flughöhen. Für die Zwecke der Entwicklung der Methodik und erste Projekte wurde eine allgemeine Aufstiegserlaubnis für Nordrhein-Westfalen verwendet, die außerhalb des kontrollierten Luftraums eine Flughöhe von 100 m über Grund erlaubt.

Wie aus der Beispielszene im Bild 1 ersichtlich, haben Probeflüge und Aufnahmen mit einer GoPro-Kamera gezeigt, dass Beobachtungen verkehrstechnisch funktional zusammenhängender Bereiche im Sinne des formulierten Ziels mit der so gewählten Technik machbar sind. In Abhängigkeit vom Flugwetter ermöglicht die Kombination aus automatischer Fluglagestabilisierung und Kamerastabilisierungstechnik hinreichend ruhige Videoaufzeichnungen, die eine visuelle Analyse ermöglichen.

Einschränkungen ergeben sich aus der Aufstiegserlaubnis in Bezug auf Flug bei Tageslicht, Beschränkung auf für die eingesetzte Drohne geeignetes Flugwetter d. h. insbesondere kein Niederschlag sowie eine Begrenzung der zulässigen Windgeschwindigkeit beim Flug.

Bild 1: Beispielszene aus 100 m Höhe am AK Köln-West mit Stausituation (SHV 2014)

Weiterhin ist ein Flug über den Verkehrsflächen untersagt und ein seitlicher Sicherheitsabstand zum Verkehrsraum einzuhalten. Zur Vermeidung etwaiger Irritationen von Verkehrsteilnehmer wird der Steuerer stets so positioniert, dass die Verkehrsteilnehmer diesen nicht sehen können. Eine zufällige Entdeckung der vom Steuerer auf Sicht zu fliegenden Drohne durch Verkehrsteilnehmer ist äußerst unwahrscheinlich durch die Flughöhe von 100 m und der geringen Objektgröße.

Bei der eingesetzten Technik wird neben der Steuerung der Drohne über eine Funkfernsteuerung eine automatische Fluglagestabilisierung eingesetzt, d. h. das Fluggerät wird vom Steuerer in eine Zielposition geflogen und verharrt dort. Mittels einer gesonderten Funkstrecke wird die von der Kamera erfasste Perspektive vom Steuerer kontrolliert und entsprechend der Beobachtungsaufgabe ausgerichtet. Die unvermeidlichen Flugbewegungen der Drohne zum Halten der Flugposition werden durch die Steuerung der Kamerahalterung ausgeglichen. Nach Erreichen der für die sichere Landung notwendigen Akkureserve wird die Drohne vom Steuerer manuell gelandet.

Die Voruntersuchungen zum Einsatzpotenzial der gewählten Technik haben gezeigt, dass die hochaufgelösten, auf einem Speicher in der Kamera aufgezeichneten Videostreams auch für eine ausschnittsweise Detailanalyse tauglich sind. Dies erfolgt mit Unterscheidung der wesentlichen Fahrzeugtypen Pkw und Lkw bzw. den für die jeweiligen Klassen ähnlichen Fahrzeugtypen bei Erkennbarkeit der Fahrbahnmarkierungen. Bei der zunächst rein visuellen Analyse ist zudem festzustellen, dass die kognitiven Fähigkeiten eines Menschen nur für bereichsweise Betrachtungen ausreichen. Diese müssen entsprechend oft wiederholt werden zur Abdeckung größerer Bereiche bzw. der Abfolge von funktional unterschiedlichen Abschnitten.

Als vorteilhaft gegenüber Verkehrsbeobachtungen mittels Videokamera nahe am Verkehrsraum wurde erkannt, dass keine personenbezogenen Merkmale erkennbar sind. In Einzelfällen ist die Aufschrift einer Spedition auf einem Lastzug erkennbar, von denen es stets eine Vielzahl gibt. Aus 100 m Höhe können ca. 800 bis 1.000 m Strecke bzw. Verflechtungsbereiche erfasst werden, was für die weitere Entwicklung und Erprobung der Methodik hinreichend erscheint.

Mit einer Flugzeit von 22 bis 25 Minuten je Akku bei vier verfügbaren Akkusätzen sowie einem Generator zum Laden der Akkus in Flugpausen können an einem Einsatztag ca. 3 Stunden Flugfilmmaterial gewonnen werden.

Damit wurde als Zwischenfazit gefolgert, dass die gewählte Beobachtungsform mittels Drohne als Grundlage für die Erreichung des formulierten Ziels geeignet erscheint. Die vorstehend dargestellten Einschränkungen werden als nachrangig eingeschätzt und können zudem bei Bewährung der Methode durch andere Fluggeräte- und Kameratechnik weiter optimiert werden falls notwendig.

Mit der Beobachtung und Analyse von großen Zahlen von Fahrzeuginteraktionen aus der Drohnenperspektive können auffällige Fahrmanöver und auch die ineffiziente Nutzung des zur Verfügung stehenden Verkehrsraums erkannt werden. Es sind weiterhin Konfliktsituationen in Bezug auf die Verkehrssicherheit sowie Regelverstöße bei den Fahrstreifenwechseln sicher und Fehlverhalten bei der Abstandswahl qualitativ erkennbar.

Diese Erkenntnisse werden methodisch als wesentlich erachtet, um nach den Ursachen aus Fahrerperspektive gezielt suchen zu können. Dazu werden stichprobenhaft Nachfolgefahrten im Verkehrsraum unter Verwendung einer Kamera am Scheibenstativ eingesetzt. In diesen Aufnahmen sind im Gegensatz zur Drohnenperspektive die Kennzeichen von Fahrzeugen und auch Gesichter erkennbar, so dass diese nur temporär aufgezeichnet und gespeichert werden dürfen zu gezielten Analysezwecken.

Als wesentliche Aspekte zur Ursachenforschung werden bei der Begreifbarkeit des Verkehrsraums die räumliche Linienführung, die Erkennbarkeit von Markierung und statischer Markierung sowie auch dynamische Anzeigeeinrichtungen betrachtet. Daneben werden die Sichtbeziehungen unter den Verkehrsteilnehmern aus Fahrerperspektive bewertet.

3 Erste Anwendungen und Ergebnisse

3.1 Demonstrationsprojekt Verkehrsflussanalyse AK Köln-West

Die gewählte Technik und der methodische Ansatz wurden mit Gestattung und Unterstützung vom Landesbetrieb Straßenbau NRW am Autobahnkreuz (AK) Köln-West im Rahmen eines Demonstrationsprojekts erstmalig erprobt (SHV 2014).

Bei diesem Demonstrationsprojekt wurde bei bekanntem, massivem Stauaufkommen in Fahrtrichtung Koblenz im Zuge der Autobahn A 1 Ursachenforschung betrieben. Dazu wurden nacheinander aus unterschiedlichen Perspektiven Drohnenaufnahmen erhoben und schrittweise analysiert. Ergänzend wurden stichprobenhaft Fahrten im Verkehrsraum durchgeführt und in diesem speziellen Fall auch Kameras innerhalb der Lärmschutzeinhausung (LEH) Köln-Lövenich in die Analyse einbezogen.

Es wurden nacheinander drei Problembereiche identifiziert, die sich räumlich gegenseitig beeinflussen. Die Wechselwirkungen zwischen den beiden im Bereich des AK Köln-West gelegenen Problembereichen sind im Flugbildmaterial gut erkennbar und können auch kritischen Fahrmanövern zugeordnet werden. Der dritte Problembereich liegt innerhalb der LEH Köln-Lövenich und kann nur bis zum Ausfahrtportal von der Drohne aus eingesehen werden.

Auf den jeweiligen Problembereich abgestimmt wurden aus den problematischen Fahrmanövern abgeleitete Anpassungen in Bezug auf die Führung der Fahrstreifen und auch der statischen Beschilderung abgeleitet und empfohlen. Aufgrund von Restriktionen die aus dem Umbau des AK Köln-West resultieren konnten die Maßnahmenvorschläge bisher nicht umgesetzt werden. Eine Nachkontrolle der Wirksamkeit war somit nicht möglich.

Im Rahmen der Vorstellung des auszugsweise zusammengestellten Filmmaterials bei Betreiber, Verkehrsbehörde und Autobahnpolizei wurde die vorgestellte Methodik als aufschlussreich und die aus der Analyse zielgerichtet abgeleiteten Maßnahmenvorschläge als zweckmäßig bewertet.

3.2 Verkehrssicherheitsanalyse KBA AK Köln-West

Im Autobahnkreuz (AK) Köln-West wurde in Fahrtrichtung Dortmund eine Knotenpunktbeeinflussungsanlage (KBA) zur Variation der je Fahrbeziehung zugeordneten Fahrstreifenanzahl angeordnet. Im Rahmen der Verkehrsfreigabe wurden von der Autobahnpolizei wiederholt kritische Fahrmanöver beobachtet und der Bedarf für eine systematische Analyse vom Landesbetrieb Straßenbau NRW erkannt und durchgeführt (LS NRW 2015).

Unter Einsatz der im Demonstrationsprojekt (Abschnitt 3 .1) erstmals erprobten Methodik wurde mit zunächst rund 8 Stunden in einer ersten Analysephase von der Drohne aus gewonnenem Filmmaterial das Verkehrsverhalten im Bereich der KBA im AK Köln-West untersucht. Dabei stand die Betrachtung der Verkehrssicherheit, d. h. die Häufigkeit des Auftretens kritischer Fahrzeuginteraktionen im Bereich der Sperrfläche im Vordergrund. Dazu wurden bei bekannter, dauerhafter Schaltung der KBA-Signalisierung die zulässigen mit den tatsächlichen Nutzungen der Fahrstreifen abgeglichen. Kritische Fahrzeugbegegnungen wurden notiert und in einem Ergebnisfilm zusammengefasst.

Als Grundlage der Analyse wurde der relevante Analysebereich als räumliche Abgrenzung der zu wertenden Verstöße gegen die zulässige Spurnutzung im Sinne eines Referenzbereichs definiert und der gesamten Untersuchung zugrunde gelegt (Bild 2, LS NRW 2015).

Die Analyse erfolgte dann mittels visueller Bewertung vergrößerter Bildausschnitte im Schnellvorlauf, wobei erkannte Verstöße dann verlangsamt betrachtet und nach Typen der beteiligten Fahrzeugkategorien und der Kritikalität der Begegnung tabellarisch dokumentiert wurden.

Im Bild 2 ist beispielhaft erkennbar, wie ein Pkw (rot umrandet) in die bis zur nächsten Verkehrszeichenbrücke per Dauerlichtzeichen gesperrte Spur unmittelbar vor der Konfliktfläche der KBA eindringt. Der Auswertungsbereich wurde wie orange umrahmt definiert. Die Konfliktfläche kann wahlweise von der zweistreifigen Tangente (oben im Bild) oder der vierstreifigen Hauptfahrbahn der A 1 (unten im Bild) signalisiert werden.

Bild 2: Analyse vergrößerter Bildausschnitte mit Definition des Referenzbereiches

Im Rahmen der ersten Phase wurde an einem der Flugtage ein massiv geändertes Spurnutzungsverhalten festgestellt, obwohl die dauerhafte Schaltung des Programms ,,P4" (Bild 3, LS NRW 2015) mittels lichttechnischer Anzeigeeinrichtungen dauerhaft vorgesehen war. Eine Nachfrage in der Verkehrszentrale NRW ergab, dass wegen einem Kabelschaden das mittels Rollos und Prismenwender realisierte Notprogramm ,,NP0" aktiviert worden war (Bild 3).

Bild 3: Signalprogramme der KBA im AK Köln-West für die Analyse der ersten Phase

Nach Kenntnis dieser Umschaltung, welche auch einen Entfall der in der Fahrbahn vor der Konfliktfläche vorhandenen Markierungsleuchtknöpfe (MLK) bedeutet, konnte anteilig aus den rund 8 Stunden Filmmaterial der ersten Phase ein Vergleich der Verkehrssicherheit bei Schaltung von ,,P4" und ,,NP0" erfolgen. 

Es zeigte sich, dass bei der lichttechnisch realisierten Anzeige von ,,P4" etwa alle 7 Minuten im Zuge der Hauptfahrbahn ein Verstoß gegen die mit einer Abfolge von einem Räumpfeil und zwei Sperrkreuzen sowie Markierungsleuchtknöpfen signalisierte Sperrung des rechten Fahrstreifens von vieren im Zuge der Hauptfahrbahn zu verzeichnen war .

Im relativen Vergleich zum Programm ,,NP0" wurde festgestellt, dass ohne die lichttechnischen Anzeigen bei Einsatz der Rollos und Prismenwender seitlich der Fahrbahn die Häufigkeit von Verstößen im Zuge der Hauptfahrbahn um rund das 14-fache höher ausfiel (ein Verstoß alle 30 Sekunden).

In den 5 Std. 20 Min. Beobachtungszeit von ,,NP0" wurden 10 als ,,sehr kritisch" eingestufte Konflikte zwischen je zwei Fahrzeugen verzeichnet, d. h. nur durch ein Brems- oder Ausweichmanöver mindestens eines der Fahrzeuge wurde ein Zusammenprall vermieden.

Aufgrund der offensichtlich schlechten Befolgungsrate des Notprogramms, d. h. ohne Einsatz von lichttechnischen Anzeigen wurden vom Betreiber betriebliche Anweisungen zur Absicherung der Verkehrsströme einseitig mittels Anordnung von Baken bei längerem Ausfall der Anlage als erster Nutzwert der Untersuchung abgeleitet.

Bei der Analyse während der Betriebszeiten von ,,P4" fiel ein großer Anteil von Fahrzeuglenkern auf, die zwar die Sperrung des rechten Fahrstreifens auf Höhe der Inselspitze (Bild 4, LS NRW 2015, siehe Sperrkreuz in Bildmitte) beachteten, dann aber in die eigentlich mittels Dauerlichtzeichen (DLZ) noch gesperrte Konfliktfläche wechselten.

Letztlich wurde nach Sichtung aus Fahrerperspektive die Abfolge von Sperrkreuz und Anordnung einer Blockmarkierung als für den Fahrzeuglenker unverständlich bewertet. Es wurde die Anpassung der Markierung, wie im Bild 4 skizzenhaft dargestellt empfohlen. Durch die Anordnung von VZ 296 StVO (rechts vorgelegt) sollten somit Fahrstreifenwechsel nach rechts in die Konfliktfläche unterbunden werden.

Bild 4: Ansicht des Problembereiches mit Vorschlag zur Nachbesserung der Markierung

Nach Vorstellung der Analyseergebnisse und der kompakt zusammengeschnittenen Konfliktsituationen der unterschiedlichen Typen, wurde die Empfehlung als plausibel bewertet und nach verkehrsbehördlicher Anordnung umgesetzt .

Nach Durchführung der Markierungsmaßnahme wurde eine Überprüfung der Wirksamkeit, d. h. der Begreifbarkeit durch die Fahrzeuglenker in einer zweiten Analysephase durchgeführt . Dazu wurden erneut 8 Std. Filmmaterial mittels der Drohne erhoben. Im Untersuchungszeitraum haben dabei ca. 26.500 Kfz das AK Köln-West in der von der KBA abgedeckten Fahrtrichtung durchfahren.

Es war festzustellen, dass es in den Beobachtungszeiten mit mittleren bis hohen Verkehrsstärken nur zwei Verstöße gegen die neue Markierung gab. Insgesamt waren im Referenzbereich 14 Verstöße gegen die mit Lichttechnik geschaltete Spursperrung der rechten Fahrstreifens im Zuge der Hauptfahrbahn festzustellen. Die Fahrbewegung vor der unzulässigen Durchfahrt bzw. Einfahrt in die Konfliktfläche sind im Bild 5 (LS NRW 2015) als Konfliktplan eingetragen. Der mittlere Abstand zwischen den Verstößen hat sich damit gegenüber der ersten Analyse-Phase von 7 Min. auf mehr als 32 Min. erhöht.

Bild 5: Konfliktplan Regelverstöße Fahrstreifenwechsel aus 8 Std. Beobachtungszeit

Die Maßnahme mit der Anpassung der Markierung wird als nachhaltig wirksam für die Verkehrssicherheit angesehen. Die verbleibenden Verstöße die ca. 0,05 % der Durchfahrten durch das AK Köln-West in der betrachteten Fahrtrichtung repräsentieren werden mit den verfügbaren Mitteln als nicht weiter vermeidbar angesehen. Als maßgeblicher Nutzen der Untersuchung wurde die erhebliche Reduzierung der Verstöße mit unzulässiger Einfahrt in den Konfliktbereich um knapp 80 % durch eine kostengünstige und schnell umsetzbare Markierungsmaßnahme gewertet.

4 Fazit und Ausblick

Nach Formulierung eines Ziels zur Ergänzung der vorhandenen Methoden zur Analyse des Verkehrsablaufs hinsichtlich der Verkehrssicherheit und Leistungsfähigkeit wurde eine geeignete Basistechnologie für die Beobachtungsplattform in Form von handelsüblichen, kamerabestückten Drohnen gewählt. Die Einsatzgrenzen und rechtlichen Rahmenbedingungen wurden ermittelt und als für den Anwendungszweck geeignet bewertet.

Im Rahmen eines Demonstrationsprojekts wurde eine Methodik entwickelt, welche die visuelle Analyse großer Zahlen von Fahrzeuginteraktionen in einem Autobahnknotenpunkt mit Stichprobenbeobachtungen aus Fahrerperspektiv kombiniert. In einem Anwendungsfall wurde ein aktiver Beitrag zur Verbesserung der Verkehrssicherheit in einer Knotenpunktbeeinflussungsanlage geleistet. Die Methodik wurde so validiert und dabei qualitativ auch ein günstiges Verhältnis zwischen Aufwand und Nutzen dargestellt.

Die neu entwickelte Methodik eignet sich nach den ersten Einsatzerfahrungen insbesondere zur Optimierung der Nutzung vorhandener Infrastruktur in Bereichen mit überdurchschnittlich hohem Verflechtungsverkehr und bekannten Problemen bei der Verkehrssicherheit und/oder Leistungsfähigkeit. Dabei ergeben sich insbesondere in Autobahnknotenpunkten bei mittleren bis hohen Verkehrsstärken bei wenigen Flugstunden bereits Analysemöglichkeiten für große Zahlen von Fahrzeuginteraktionen mit der Infrastruktur und anderen Fahrzeugen.

Sinnvoll erscheint auch die zielgerichtete Überprüfungsmöglichkeit von telematischen Anlagentypen mit punktueller Wirksamkeit wie z. B. Zuflussregelungsanlagen. Denkbar erscheint hier eine gezielte Funktionskontrolle einschließlich daraus ableitbarer Parameteroptimierung der Steuerungslogik.

Bei Sonderformen der Verkehrsführungen, wie z. B. bei Arbeitsstellen längerer Dauer, mit beschränkten Platzverhältnissen und unterschiedlichen Ausprägungen des Verschwenkungsbereichs können systematische Funktionskontrollen unter Bewertung von Sicherheit und Leistungsfähigkeit erfolgen.

Auch anonymisierte verkehrsstatistische Erhebungen mit Knotenstromverfolgungen z. B. als Kalibrierungsgrundlage für Mikrosimulation oder Netzmodelle sind realisierbar.

Die größten Chancen zur weiteren Entwicklung der Methodik werden einer halbautomatischen Auswertung unter Ermittlung des Abstands- und Fahrstreifenwechselverhaltens mit Bewertung von Kenngrößen der individuellen Fahrzeuginteraktionen zugemessen.

Literaturverzeichnis

Landesbetrieb Straßenbau NRW (2015): Knotenpunktbeeinflussungsanlage im Autobahnkreuz Köln-West A1 Fahrtrichtung Dortmund, Verkehrsuntersuchung und Analyse des Verkehrsablaufs unter Einsatz einer Drohne, Abschlussbericht nach Untersuchung der derzeit relevanten Signalprogramme vom 9. Oktober 2015 (unveröffentlicht), Leverkusen

Sky-High-Views GbR (2014): Demonstration der Verkehrsanalyse unter Verwendung einer Drohne, Vorstellung der Ergebnisse am 29. September 2014 (unveröffentlicht), Frechen