FGSV-Nr. FGSV 002/124
Ort Bergisch Gladbach
Datum 27.03.2019
Titel Messung realer Fahrzeugemissionen mit dem “Plume Chasing”-Verfahren
Autoren Tobias Engel, Uli Roth, Joscha Reber, Dr. Martin Horbanski, Dr. Johannes Lampel, Dr. Ulrich Platt, Dr. Denis Pöhler
Kategorien Luftqualität
Einleitung

Reale Emissionsmessungen, vor allem von Stickoxiden (NOx) auf der Straße haben in den letzten Jahren eine wichtige Bedeutung bekommen. Einerseits dass diese realen Emissionen öfters stark von den Emissionen unter Laborbedingungen abweichen, wie dies beim „Dieselskandal“ der Fall ist. Andererseits, weil nur die Reduktion der realen Emissionen zu einer Reduktion der Schadstoffbelastung führt. Reale Emissionsmessungen können jedoch auch dazu dienen degradierte, defekte oder sogar manipulierte Abgasreinigungssysteme zu identifizieren. Derartige Fahrzeuge können vielfach höhere Emissionen von Stickoxiden oder Partikel aufweisen, die dann einen wesentlichen, wenn nicht den größten, Teil der Schadstoffbelastung an Straßen verursachen.

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Abbildung 1: „Plume Chasing“ Messprinzip, wo mit einem Messfahrzeug die Schadstoff- und CO2-Konzentration in der Abgasfahne gemessen werden. Bestimmt wird immer das Verhältnis von Schadstoff (z.B. NOx) zu CO2. Dieses Verhältnis ist unabhängig von der Verdünnung der Abgasfahne (nach Korrektur der Hintergrundkonzentration) und ermöglicht so einberechnen der Emissionswerte des Fahrzeuges.

Einleitung

Reale Emissionsmessungen, vor allem von Stickoxiden (NOx) auf der Straße haben in den letzten Jahren eine wichtige Bedeutung bekommen. Einerseits dass diese realen Emissionen öfters stark von den Emissionen unter Laborbedingungen abweichen, wie dies beim „Dieselskandal“ der Fall ist. Andererseits, weil nur die Reduktion der realen Emissionen zu einer Reduktion der Schadstoffbelastung führt. Reale Emissionsmessungen können jedoch auch dazu dienen degradierte, defekte oder sogar manipulierte Abgasreinigungssysteme zu identifizieren. Derartige Fahrzeuge können vielfach höhere Emissionen von Stickoxiden oder Partikel aufweisen, die dann einen wesentlichen, wenn nicht den größten, Teil der Schadstoffbelastung an Straßen verursachen.

Mit umfangreichen realen Emissionsmessungen wäre es möglich, die realen Emissionen des Fuhrparks eines Unternehmen oder des ÖPNV zu analysieren und Empfehlungen auszuarbeiten, welche Fahrzeuge mit den höchsten Emissionen zuerst einer Wartung oder Austausch unterzogen werden sollten. Somit können z.B. Städte effizient die Emissionen reduzieren.

Reale Emissionsmessungen erfolgen in der Regel mit PEMS (Portable Emission Measurement System) die am Fahrzeug montiert werden. Sie liefern sehr genaue reale Emissionsdaten, sind jedoch durch ihren hohen Aufwand und Kosten nur für Messungen weniger einzelner Fahrzeuge geeignet. Des Weiteren stehen RS (Remote Sensing) Systeme zur Verfügung, die die momentane Emission eines vorbeifahrenden Fahrzeuges durch eine optische Messung durch die Abgasfahne ermöglichen. Können RS Systeme einfach eine Vielzahl an Fahrzeugen erfassen und somit gute statistische Emissionsdaten liefern, sind sie jedoch nicht geeignet, einen verlässlichen Emissionswert eines einzelnen Fahrzeuges zu bestimmen [Roth, 2018]. Ursache ist die starke Variabilität der Emissionen über die Zeit, die eine Emissionsmessung über mehrere Minuten pro Fahrzeug und Mittelung notwendig macht. Denn nur der mittlere Emissionswert kann als Vergleich herangezogen werden. Somit eignen sich weder PEMS noch RS, um einfach und verlässlich individuelle Emissionswerte einer Vielzahl an Fahrzeugen zu bestimmen. Eine Alternative stellt das neuartige Plume Chasing Verfahren dar, übertragen ins Deutsche bedeutet dies „Nachlaufende Messung in der Abgasfahne“ (Abbildung 1).

Das „Plume Chasing“ Verfahren

Bei diesem Emissionsverfahren erfolgt eine Messung in der Abgasfahne, entsprechend wo die Emissionen des Fahrzeuges bereits verdünnt sind [Chui et al. 2015]. In der Regel erfolgt dies hinter dem zu untersuchenden Fahrzeug mit einem Messfahrzeug, welches mit den nötigen Instrumenten ausgestattet ist (Abbildung 1). Diese Methode der Emissionsberechnung aus der verdünnten Abgasfahne ist analog zum etablierten Remote Sensing (RS) verfahren [Bishop and Stedman, 1996], jedoch kann beim Plume Chasing problemlos eine längere Messung in der Abgasfahne erfolgen, wodurch ein verlässlicher mittlerer Emissionswert eines Fahrzeuges bestimmt wird. Da die Schadstoffe in der Abgasfahne verdünnt sind, reicht eine reine Messung von NOx oder Partikeln nicht aus, um einen Emissionswert zu erfassen, sondern die zusätzliche Messung eines Referenzgases ist nötig. Dieses Referenzgas ist CO2, welches ebenfalls emittiert wird und dessen Emissionen relativ genau bekannt sind. Es wird also immer das Verhältnis ER von z.B. NOx zu CO2 bestimmt, wobei jede Konzentration zuerst um den Hintergrundwert außerhalb der Fahne korrigiert wird. ER ist konstant in der Abgasfahne, direkt am Auspuff oder auch mehrere Meter hinter dem Fahrzeug, da alle Emissionen gleich verdünnt werden. Nur bei einer zu starken Verdünnung wird die gemessene Konzentration zu gering, um sie noch ausreichend genau vom Hintergrund unterscheiden zu können. In unseren Untersuchungen wurde ein Messwert von mind. 30ppm CO2 über dem Hintergrund gesetzt. Die Hintergrundkonzentration wird bei einer Messung regelmäßig bestimmt. Untersuchungen zeigen, dass der Hintergrundwert nur gering den bestimmten Emissionswert beeinflusst und daher nicht kritisch ist [Roth, 2018].

Da die Emissionen von CO2 eines Fahrzeuges ausreichend genau bekannt sind, kann aus dem Emissionsverhältnis ER ein Emissionswert z.B. für ENOx berechnet werden. Im Detail wird die Emission von CO2 (pro kWh) eines Fahrzeuges verwendet die durch den Brennwert von Diesel / Benzin, deren Kohlenstoffgehalt und den typ. Motorwirkungsgrad bekannt ist. Für die Berechnung der Emission pro km, wie beim Pkw üblich, muss der Kraftstoffverbrauch entweder gemessen oder aus Datenbanken (HABEFA) abgeschätzt werden. Dadurch entstehen zwar Unsicherheiten ohne weiteres von 20 %, die jedoch geringer sind als typische Variationen von den Schadstoffemissionen (typ. >100%).

Vermischen sich Abgase eines anderen Fahrzeuges mit in die Abgasfahne des zu untersuchenden Fahrzeuges, ergibt sich entsprechend des Anteils dieser Abgasfahne ein Messfehler. Beim „Stop and Go“ Verkehr mit mehreren Fahrspuren stellt dies eine große Schwierigkeit dar und sollte daher vermieden werden. Emissionen eines weiteren vorausfahrenden Fahrzeuges, hat in der Regel nur geringen Einfluss. Nur ca. 10 % in einer Abgasfahne stammen von einem weiter vorausfahrenden Fahrzeug. Dies ist in den meisten Fällen unproblematisch, kann aber in Extremfällen zu einem erheblichen Fehler führen (Krufczik, 2017). Fährt z.B. ein Fahrzeug mit hohen Emissionen vor einem „sauberen“ Fahrzeug mit zehnmal geringeren Emissionen, so kann dessen bestimmte Emission einen Faktor zwei zu hoch liegen. Es ist daher ersichtlich, dass Plume Chasing nicht die Genauigkeit von PEMS erreichen kann. Es füllt jedoch die Lücke zwischen PEMS (sehr genaue, jedoch wenige Messungen) und RS (viele Messdaten mit großen Fehlern für ein individuelles Fahrzeug).

Entscheidend für den Aufbau eines Plume Chasing Verfahrens ist die verwendete Messtechnik. Aufgrund der schnell variierenden Konzentrationen, starker

Vibrationen, verhältnismäßig geringen Konzentrationen und vieler anderer

Stoffe in der Abgasfahne sind hohe Anforderungen an das Messgerät gestellt, welches kein übliches Gerät erfüllt. Daher waren bisher derartige Messungen, vor allem für NOx, nur durch spezielle und sehr teure Messgeräte in klimatisierten Messbussen möglich. Das an der Universität Heidelberg entwickelte ICAD NOx / NO2 / CO2 basiert auf einer optischen Messung und erfüllt all diese Eigenschaften bestens in einem kompakten Messgerät. In dem Spin-off Airyx GmbH wird es mittlerweile in Kleinserie hergestellt und ist als Prototyp auch als Emissionsmessgerät gefertigt. Es passt in jeden Pkw und benötigt nur minimale Wartung, wodurch technisch eine einfache Messung möglich ist.

Abbildung 2: Aktuelles ICAD NOx / NO2 Messgerät der Firma Airyx GmbH. Durch seine hohe Messgenauigkeit (bis 0.1ppb), schnelle Ansprechzeit (1s), Robustheit, kleine        Baugröße,   geringen Stromverbrauch und einfache Anwendung eignet es sich bestens für Plume Chasing Messungen.

Im Rahmen des EU-Projektes CARES (City Air Remote Emission Sensing) soll die Plume Chasing Methode um PM erweitert, weiter optimiert und in Punkten der Software anwenderfreundlicher werden.

Validierung der NOx Emissionswerte

In verschiedenen Studien wurden die mit Plume Chasing (durchgeführt mit dem ICAD NOx / CO2 Messgerät) bestimmten NOx Emissionswerte bei Pkw und Lkw mit denen zeitgleicher PEMS Messungen an Testfahrzeugen verglichen. Insgesamt zeigte sich eine hohe Übereinstimmung. Abbildung 3 zeigt die Vergleichsmessungen an zwei EURO 6 Diesel Pkw über eine Strecke von 31 km in Berlin [Krufczik, 2017]. Für jede Fahrt wurde die Emission für beide Messsysteme bestimmt und in Abbildung 3 rechts dargestellt. Die Emissionen schwanken zwischen den jeweiligen Messfahrten, werden jedoch von beiden Geräten gleich wiedergegeben. Bei Fahrt 9 liegt das Plume Chasing leicht höher, verursacht durch einen alten Dieseltransporter, der über mehrere km vor dem Untersuchungsfahrzeug fuhr. Dessen sehr hohe Emissionen wurden teilweise mit gemessen und verursachen hier eine leichte Überschätzung der NOx Emission des Testfahrzeuges. Ansonsten liegen die Abweichungen bei weniger als 10 mg/km.

Abbildung 3: Vergleichsmessungen von Plume Chasing (ICAD Messgerät) und PEMS zu den bestimmten NOx-Emissionen. Untersucht wurden zwei EURO 6 Diesel Pkw auf einer Strecke von 31km. Die bestimmte Emission je Fahrt ist rechts dargestellt.

In einer weiteren Studie wurde gezielt untersucht, ob und wie genau Plume Chasing auch Emissionsvariationen innerhalb weniger Sekunden wiedergeben kann [Reber, 2018]. Bei den Untersuchungen wurden kurze Beschleunigungen durchgeführt (Abbildung 4). Eine geringere Reaktionszeit als bei PEMS ist durch die zusätzliche Luftdurchmischung erwartet, weshalb die Messwerte des PEMS zeitlich gemittelt werden müssen. Außerdem wird der zeitliche Versatz noch berücksichtigt. Die Ansprechzeit vom Plume Chasing wurde auf 10 s bestimmt, weshalb die PEMS Daten für einen Vergleich über 10 s gemittelt wurden. Damit ergibt sich eine gute Übereinstimmung der momentanen NOx/CO2 Emissionen beider Messverfahren. Eine Umrechnung in NOx/km ist hier durch die starken kurzzeitigen Peaks für die Darstellung nicht sinnvoll. Besonders gute Übereinstimmungen werden bei geringen bis mittleren Geschwindigkeiten und nahem Fahrzeugabstand (5m) erreicht (Abbildung 4). Bei großen Fahrzeugabstand ab 25m und Geschwindigkeiten von mind. 80 km/h können teilweise weniger als 30 % der Messdaten noch in der Emissionsfahne mit dem Plume Chasing Verfahren bestimmt werden. Dadurch ergaben sich Ungenauigkeiten im kurzzeitigen NOx Emissionswert bis zu 25%.

Abbildung 4: Vergleichsmessungen von Plume Chasing (ICAD Messgerät) und PEMS bei kurzen Emissionsänderungen. Die PEMS Daten werden gemittelt über 10s (filtered) und für die Darstellung gegeneinander verschoben.

Des Weiteren fanden umfangreiche Vergleichsmessungen an Lkw Emissionen im Auftrag der Schweizer BAFU in Zusammenarbeit mit der EMPA statt [Roth, 2018]. Die Emissionen von 3 Test-Lkw von EURO II (hohe Emissionen), EURO V (mittlere Emissionen) und EURO VI (niedrige Emissionen) wurden unter verschiedensten Bedingungen und Strecken untersucht. Ziel war es zu prüfen wie zuverlässig unter verschiedenen Messbedingungen Plume Chasing hohe und niedrige Emissionen unterscheiden kann, um z.B. defekte oder manipulierte Abgasreinigungssysteme an LKW zu bestimmen. Die PEMS NOx Emissionsmessungen des EURO VI Lkw lieferten keine verwertbaren Daten (über weite Strecken lieferte dies unrealistische 0mg/kWh), wodurch nur ein Vergleich des EURO II und EURO V möglich waren. Die Zeitreihe der Emission eines der EURO V Messungen ist in Abbildung 5 gezeigt. 

Abbildung 5: Vergleichsmessungen von Plume Chasing (ICAD Messgerät) und PEMS an einem EURO V Lkw über verschiedene Verkehrsabschnitte.

Verglichen werden die bestimmten Emissionen in NOx/CO2 beider Messverfahren mit 2 Minuten Zeitauflösung. Die Emissionen variieren über einen großen Bereich bis 160ppm/% (entspricht einer Emission von 12.000 mg/kWh). Beide Messverfahren geben eine gute Übereinstimmung trotz teilweise schwieriger Messbedingungen auf dicht befahrenen Autobahnen, bergigen Landstraßen oder sogar im Stadtverkehr. Konnte mit dem Plume Chasing keine Messung in der Abgasfahne erfolgen, ist kein Datenpunkt für dieses Zeitfenster angegeben. Über alle LKW-Vergleichsmessungen ergibt sich eine gute Korrelation beider Messverfahren mit Korrelationskoeffizient R=0,88. Die Steigung liegt bei 0,83, das bedeutet einen geringeren Emissionswert vom Plume Chasing gegenüber PEMS. Vor allem beim EURO II liefert PEMS höhere Werte und führt zu dieser Steigung. Ursache kann neben Unsicherheiten beim Plume Chasing auch Querempfindlichkeiten und somit Überschätzungen der Emissionen des PEMS Messverfahrens liegen. Die beste Übereinstimmung der Emissionswerte konnte für Landstraßen und Bergauffahrten (R=0,91 und R=0,93) sowie auf Autobahnen (R=0,89) beobachtet werden. Bei einer Messung über mehrere Minuten kann so für einen EURO V Lkw eine Übereinstimmung des Emissionswertes von 100 mg/kWh erreicht werden.

Diese umfangreichen Untersuchungen zeigen, dass Plume Chasing reale NOx Emissionen einfach und zuverlässig bestimmen kann. Es konnte keine signifikante Überschätzung des Emissionswertes beobachtet werden. Somit kann es zuverlässig hohe Emitter im realen Verkehr bestimmen. 

Untersuchung reale NOx Emission eines Busfuhrparks

Eine der Anwendungsbereiche von Plume Chasing ist die Untersuchung der realen NOx Emissionen eines Fuhrparks wie des ÖPNV. Die realen Emissionen dieser Fahrzeuge sind in der Regel nicht bekannt, sie können jedoch einen bedeutenden Teil der Gesamtemissionen und somit der NO2 bzw. NOx Schadstoffbelastung in der Stadt verursachen. Vor allem bis EURO V liegen die realen Busemissionen im Stadtverkehr deutlich über denen der EURO Norm, was auf das Prüfverfahren zurückzuführen ist. Jedoch weichen die realen Emissionen verschiedenen Busse stark ab, da diese kundenspezifischer hergestellt werden. Durch Bestimmung und Reduktion der Emissionen hoher Emittenten im ÖPNV können Städte effektiv eine Schadstoffreduktion erreichen.

Abbildung 6: NOx Emissionsbestimmung ÖPNV Busse in Reutlingen 2017. Jeder Balken entspricht einem untersuchten Bus. So weit möglich wurden EURO Norm und Baujahr gekennzeichnet, die Sortierung ist von älteren Fahrzeugen (links) zu neueren Fahrzeugen (rechts).

Abbildung 6 zeigt die realen NOx Emissionen des ÖPNV (22 Busse) in Reutlingen im städtischen Verkehr [Reber, 2017]. Ältere Fahrzeuge zeigen wie erwartet hohe Emissionen bis 7100 mg/kWh. Auch neuere EURO V Busse weisen jedoch im Stadtverkehr fast alle ebenfalls hohe Emissionen auf (3.500 bis

6.500 mg/kWh) und liegen damit deutlich über dem Zulassungswert von 2000 mg/kWh. Erst mit den EURO VI ist eine deutliche Reduktion zu sehen. Viele EURO VI Busse liegen sogar unter dem Zulassungsgrenzwert von 400 mg/kWh. Ursache für die geringen realen Emissionen liegen am neuen Zulassungsverfahren, das seit dieser Fahrzeugklasse RDE Messungen ebenfalls einschließen. In Abbildung 6 zeigt jedoch auch einen EURO VI Bus mit 5000 mg/kWh und somit die Emission von zehn andere EURO VI Bussen zusammen. Hier handelt es sich sehr wahrscheinlich um einen Bus mit defekter Abgasreinigung (Emissionsmessung über 10 Minuten). Plume Chasing kann einfach und verlässlich derartige Defekte aufdecken. Die Mittlere Emission aller untersuchten Busse in Reutlingen beträgt 3574 mg/kWh und somit gerade einmal EURO III Niveau.

Abbildung 7 zeigt eine ähnliche Untersuchung in Heidelberg mit 49 Bussen, wobei hier nur die des rnv gezeigt werden (Danke für die Bereitstellung von Fahrzeugdaten durch den rnv). Bis auf einen Bus handelt es sich vollständig um EURO V und VI Modelle. Ebenfalls ist hier zu sehen, dass EURO V Busse sehr hohe Emissionen aufweisen. Vor allem die neueren Fahrzeuge incl. der EEV (Enhanced Environmently Friendly Vehicles) werden Ihrem Namen nicht gerecht und erreichen nur EURO II Niveau. EURO VI Busse zeigen wieder deutlich niedrigere Emissionen, wobei einzelne Fahrzeuge auch höher liegen. Aus diesen Daten können Empfehlungen für Prüf- und Wartungen einzelner Fahrzeuge abgeleitet werden.

Abbildung 7: Wie Abbildung 6 für eine Studie in Heidelberg nur der rnv Busse.

Bestimmung von Defekten und Manipulierten Lkw Emissionssystemen

Eine der Hauptanwendungen von Plume Chasing ist die Bestimmung von individuellen Fahrzeugen mit hohen NOx Emissionen. Bei Lkw kann dies dazu genutzt werden, um an EURO V und EURO VI ein defektes oder manipuliertes Abgasreinigungssystem zu bestimmen. Als Abgasreinigungssysteme kommen hier SCR Systeme (Selektive Katalytische Reduktion) zum Einsatz, die aus AdBlue® zuerst Ammoniak bilden, welcher dann mit den Stickoxiden vor allem zu Wasser und Stickstoff reagiert. AdBlue® ist dadurch ein Verbrauchsstoff und führt bei einem Lkw zu Kosten von bis zu 2000 €/Jahr. Außerdem muss in regelmäßigen Abständen die SCR Anlage für mehrere tausend € ausgetauscht werden. Manipuliert wird die Abgasanlage durch Emulatoren, die im Internet bereist ab 25 € erhältlich sind. Es gibt Hardware-Emulatoren, ein elektronisches Bauteil, welches in den Lkw eingebaut wird und somit die Fahrzeugelektronik austrickst, um die Abgasreinigung abzustellen oder zu reduzieren. Diese sind mittlerweile kleiner als ein Feuerzeug und können an unzugänglichen Stellen (z.B. unter der Sattelplatte) eingebaut werden. Als weiteres gibt es reine Software-Emulatoren, wo auf das Fahrzeug eine manipulierte Motorsteuerungssoftware aufgespielt wird. Es findet also keinerlei physische Veränderung statt. Diese Softwareemulatoren sind vor allem für EURO VI Lkw einfach erhältlich. Neuere Emulatoren weisen viele Parameter auf, die eine einfache Identifizierung erschweren. Z.B. erfolgt eine Abschaltung erst ab einer höheren Fahrgeschwindigkeit und ist im Stand oder geringen Fahrgeschwindigkeiten in Takt, wodurch ein Aufdecken nur bei hohen Fahrgeschwindigkeiten möglich ist. Auch gibt es somit einen AdBlue® Verbrauch, auch wenn dieser viel geringer ist.

Bisherige Kontrollen zum Aufdecken von Abgasmanipulationen basierten nur auf der Suche eines physischen Emulators. Jedoch lassen sich dabei nur schwer Hardware-Emulatoren und keine Software-Emulatoren finden. Für erstere müsste ja bereits über mehrere Stunden die komplette Lkw Elektronik ausgebaut werden. Es ist daher zu erwarten, dass nur ein Bruchteil der wahren Manipulationen aufgedeckt wird und diese liegen im geringen einstelligen Prozentbereich. Es ist daher ebenfalls verständlich, dass Emulatoren an EURO VI Lkw (vorrangig Softwareemulatoren) bei Kontrollen nicht aufgedeckt werden und somit die Quote bei EURO VI deutlich niedriger ausfällt.

Plume Chasing bestimmt aus den hohen Emissionen ob, ein Lkw potentiell manipuliert ist. Die Messungen erfolgen unter Fahrbedingungen unter denen EURO V und VI Lkw geringe Emissionen aufweisen. Dies ist in der Regel für Autobahnen und Landstraßen beim warmen Motor der Fall [TNO 2014; TNO 2016]. Unter diesen Bedingungen ist eine hohe NOx Emission über mehrere Minuten nicht durch eine Fahrzeugeigenschaft zu erklären, sondern nur durch eine defekte oder manipulierte Abgasreinigungsanlage. Als Schwelle zur Identifikation eines derartigen Lkw verwenden wir den EURO Grenzwert + einer Unsicherheitstoleranz von 1000 mg/kWh (entsprechend bei EURO V 3000 mg/kWh, Euro VI 1400 mg/kWh). 

Abbildung 8: Histogramm bestimmter NOx Emissionen (x-Achse) von EURO V Lkw auf deutschen Autobahnen im Jahr 2016 [Pöhler und Adler, 2017]. Je mehr Fahrzeuge in einer Emissionskategorie bestimmt wurden, umso höher ist der Balken. 

Tabelle 1: Anteil an LKW mit deutlich überhöhten Emissionswerten (Euro Norm Emission + 1000 mg/kWh) bei einer Studie in Deutschland [Pöhler und Adler, 2017].

Eine Studie in Deutschland [Pöhler und Adler, 2017] über 250 Lkw zeigt, dass zahlreiche Lkw hohe Emissionen aufweisen. Ein Histogramm der Emissionen ist in Abbildung 8 für die EURO V Lkw gezeigt. Interessant ist, dass fast ausschließlich ausländische Lkw aus Ost- und Südeuropa betroffen sind. Dies schließt ein normales Auftreten dieser hohen Emissionen aus, da es sich um vergleichbare Fahrzeuge handelt. Der Anteil bei ausländischen Lkw beträgt bei EURO V ca. 25 % und EURO VI 19 %, hingegen war unter den Deutschen Lkw nur ein einziger EURO VI auffällig. Da ähnlich viele EURO VI wie EURO V Lkw betroffen sind, ist nicht mit einem Rückgang von Manipulationen bei neuen EURO VI Fahrzeugen zu rechnen.

In einer neueren Studie 2018 wurden Lkw auf der Transitstrecke in Tirol, Österreich untersucht. Hier liegt ein deutlich höherer Anteil an EURO VI Lkw vor aufgrund starker Einschränkungen und hoher Besteuerung für EURO V und älterer Lkw. Die Ergebnisse zeigen ein ähnliches Bild wie bereits in Deutschland. In Abbildung 9 ist das Histogramm für EURO V Lkw dargestellt. Es konnte sogar eine klare Separierung zwischen Fahrzeugen mit hohen Emissionen (über 4000 mg/kWh) und niedrigeren Emissionen (bis 3500 mg/kWh) beobachtet werden und trennt deutlich funktionstüchtige und nicht funktionstüchtige Abgasreinigungssysteme. Diese legt jedoch auch nah, dass der gewählte Grenzwert zur Unterscheidung niedriger und hoher Emissionen mit 3000 mg/kWh evtl. nicht ausreichend hoch gewählt wurde, sondern auf 3500 mg/kWh erhöht werden sollte.

Abbildung 9: Histogramm bestimmter NOx Emissionen von EURO V Lkw auf österreichischen Autobahnen im Jahr 2018 [Pöhler und Engel, 2018]. Die Anzahl bestimmter Lkw je Emissionskategorie ist angegeben.

Insgesamt lag der Anteil defekter oder potentiell manipulierter Abgasreinigungssysteme noch höher als in Deutschland mit 35 % bei EURO V und 25 % bei EURO VI (alle Länderherkunft). Dies kann entweder an einer unterschiedlichen Zusammensetzung der Herkunft der Fahrzeuge hängen, als auch an einer weiteren Verbreitung von Abgasmanipulationen. Es konnten außerdem ein Zusammenhang mit Speditionsunternehmen gefunden werden, was bedeutet, dass oft auffällige LKW einer Spedition zugeordnet werden konnten. Bei den Untersuchungen konnten einzelne auffällige Lkw einer Polizeikontrolle zugeführt werden. Bei der Hälfte dieser konnten auffällige zusätzliche Steuergeräte (wie AdBlue Emulatoren) gefunden werden oder Fehlermeldungen im Abgasreinigungssystem. Letztere können auch durch einen Emulator verursacht sein.

Zusammenfassung

Reale Emissionsmessungen mittels Plume Chasing ermöglichen die verlässliche Bestimmung der Emission individueller Fahrzeuge. Dabei können zwar nicht Genauigkeiten von PEMS erreicht werden, Vorteil ist jedoch, dass innerhalb kurzer Zeit die Emissionen einer Vielzahl an Fahrzeugen bestimmt werden. Durch das neue ICAD Messverfahren (Airyx GmbH) sind Plume Chasing NOx Emissionsmessungen auch technisch deutlich einfacher geworden. Bisher gibt es zwar nur Prototypensysteme, geplant ist diese jedoch weiterzuentwickeln und um Partikelmessungen zu erweitern.

In verschiedenen Vergleichsmessungen mittels PEMS an Pkw und Lkw konnte die Genauigkeit von Plume Chasing NOx unter den meisten Messbedingungen auf ca. 10 % bestimmt werden. Für Messungen im dichten, langsamen Verkehr ist es jedoch durch den Einfluss anderer Abgasfahnen nicht geeignet.

In Emissionsstudien an Bussen des ÖPNV wurde gezeigt, dass eine Analyse eines Fuhrparkes einfach möglich ist. Es zeigt sich eindeutig, dass neuere Fahrzeuge nicht automatisch geringere Emissionen aufweisen. Aus den Daten lässt sich leicht erfassen, welche Fahrzeuge ein defektes Abgasreinigungssystem aufweisen oder aufgrund von hohen Emissionen gewartet oder ausgetauscht werden sollen. EURO V Busse (incl. EEV) weisen meist sehr hohe Emissionen (3.500 bis 6.500 mg/kWh) im Stadtverkehr auf. Erst EURO VI Busse liegen mit Emissionen oft um die 400 mg/kWh deutlich besser. Jedoch gibt es jeweils starke Unterschiede von Fahrzeug zu Fahrzeug. Durch gezielte Handlungen an Bussen mit hohen Emissionen (Nachrüstung, Reparatur, Austausch) können somit effizient die Emissionen des Fuhrparks reduziert werden, um somit kosteneffizient die Schadstoffbelastung in den Städten zu reduzieren.

Umfangreiche Messungen an Lkw NOx Emissionen wurden in verschiedenen Ländern durchgeführt, um defekte und potentiell manipulierte Abgasreinigungssysteme durch so genannte Emulatoren zu identifizieren. Die Emulatoren können bei Kontrollen nur schwer oder gar nicht aufgedeckt werden. Bei Emissionsmessungen auf der Autobahn werden diese Fahrzeuge durch ihre deutlich höheren NOx Emissionen identifiziert. Die Untersuchungen zeigen, dass sowohl EURO V (bis 35 %) als auch EURO VI (bis 25 %) Lkw betroffen sind. Aufgrund der Abhängigkeit der Länderherkunft der Lkw und hoher Emissionen können reguläre Ursachen wie Alterung oder Variationen ausgeschlossen werden. Vor allem Lkw aus Ost- und Südeuropa sind betroffen, die mittlerweile jedoch einen Großteil der Lkw ausmachen. Einzelne dieser auffälligen Lkw konnten auch einer Polizeikontrolle zugeführt werden, wo zusätzliche Steuergeräte (wie AdBlue Emulatoren) gefunden wurden oder Fehlermeldungen im Abgasreinigungssystem anzutreffen waren (evtl. ebenfalls durch Emulatoren verursacht). Für einen besseren rechtlichen Nachweis von Manipulationen müssen jedoch bessere Prüfverfahren entwickelt werden. Plume Chasing Messungen können jedoch sehr gute Indizien liefern, um gezielt auffällige Lkw für die nötigen umfangreichen Untersuchungen zu bestimmen.

Referenzen

  1. Bishop G.A., and D.H. Stedman (1996); Measureing the Emissions of Passing Cars, Acc. Chem.
  2. Res., 29, 489-495.
  3. Chui F.L., A. Rakowska, T. Townsend, P. Brimblecombe, T.L. Chan, Y.S. Yam, G. Močnik, Z. Ning (2015), Evaluation of diesel fleet emissions and control policies from plume chasing measurements of on-road vehicles, Atmos. Environ., 122, 171-182.
  4. Krufczik C.(2017), Mobile NOx-Emissionsmessungen an Fahrzeugen mit einem ICAD-Messinstrument, Bachelorarbeit, Universität Heidelberg.
  5. Pöhler D. und T. Adler (2017), Bestimmung von realen Lkw NOx EMissionen (Real Driving Emissions) auf deutschen Autobahnen, öffentliches Gutachten, Institut für Umweltphysik, Universität Heidelberg.
  6. Pöhler D. und T. Engel (2018), Bestimmung von LKW NOX Emissionen (Real Driving Emissions) auf Tiroler Autobahnen und potenziellen Abgasmanipulationen, Abschlussbericht, Institut für Umweltphysik, Universität Heidelberg.
  7. Reber J. (2018), Mobile NOx-Emissionsmessungen an Stadtverkehrsbussen mit einem ICAD-Messinstrument, Bachelorarbeit, Universität Heidelberg.
  8. Roth U. (2018), Optimierung und Validierung des “Plume Chasing” Verfahrens bei LKWs, Bachelorarbeit, Universität Heidelberg.
  9. TNO (2014), The Netherlands In.Service Emission Testing programme for Heavy-Duty 2011-2013, TNO 2014 R10641.
  10. TNO (2016), The Netherlands In-Service Emissions Testing Programme for Heavy-Duty Vehicles 2015-2016 – Annual report, TNO 2016 R11270.