FGSV-Nr. FGSV 001/20
Ort Berlin
Datum 13.10.2004
Titel Gesteinskörnungen – Das neue zweigeteilte Regelwerk ist erschienen
Autoren Dipl.-Ing. Hans-Josef Ritter
Kategorien Kongress
Einleitung

Das neue zweigeteilte Regelwerk stellt die Anwendungsdokumente der seit dem 01.06.2004 gültigen Europäischen Normen für Gesteinskörnungen im Straßenbau dar. Der Begriff der Zweiteilung bezieht sich hierbei auf die bautechnischen und vertraglichen Regelungen. Bei eingehender Betrachtung ist erkennbar, dass die veränderten Regelungen zur Güteüberwachung, zur umweltverträglichen Anwendung und zur Prüfung der Baustoffe auch Bestandteile des neuen Regelwerkes für die Gesteinskörnungen sind. Die gegenüber dem bisherigen Regelwerk jetzt erfolgten Veränderungen sind von großer Bedeutung für die Produktion und Verwendung der Gesteinskörnungen. Alle Beteiligten am Straßenbau, die ausschreibende Behörde, die bauausführenden Firmen, die Produzenten der Baustoffgemische, die Produzenten der Gesteinskörnungen und die überwachenden Institutionen müssen sich mit den Veränderungen intensiv auseinandersetzen und für ihre Aufgabengebiete übernehmen.

Das neue zweigeteilte Regelwerk der Gesteinskörnungen, das in Wahrheit ein mehrteiliges Regelwerk ist, ist ein Ergebnis der Entwicklung innerhalb der Europäischen Union. Im Rahmen des Zusammenwachsens der EU werden Hindernisse, wie z. B. unterschiedliche Regelwerke, beseitigt. Im Folgenden wird erläutert, warum ein neues Regelwerk notwendig wurde. Das Vorgehen bei der Umsetzung und die damit entstandenen Regelungen für die Gesteinskörnungen wird betrachtet und anhand von Beispielen Einblicke in das Regelwerk gegeben. Abschließend erfolgt noch ein Blick auf die Folgen des neuen zweigeteilten Regelwerkes.

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1 Warum ein neues Regelwerk?

1.1  Ursprung der Europäischen Normen

Mit dem 1.6.2004 hat die Erarbeitung der Europäischer Normen (EN) für Gesteinskörnungen, die in den letzten Jahren im Europäischen Komitee für Normung (Comité Européen de Normalisation (CEN)) stattgefunden hat, ihren ersten Abschluss erreicht. Seit diesem Datum sind die Europäischen Normen für Gesteinskörnungen gültig und müssen in den Mitgliedsländern des CEN angewendet werden.

Entscheidend für die Entwicklung im Bereich des Bauwesens ist die Bauproduktenrichtlinie (BPR) [1] aus dem Jahr 1988. Die Richtlinie wurde in Deutschland 1992 durch das Bauproduktengesetz (Bau PG) [2] umgesetzt. Die BPR legt fest, dass die jeweiligen bestehenden nationalen Anforderungen im Bereich des Hoch- und Tiefbaus nicht nur die bauliche Sicherheit, sondern u.a. auch die Gesundheit, Dauerhaftigkeit und den Umweltschutz betreffen. Diese Anforderungen beeinflussen die in den einzelnen Ländern verwendeten Bauprodukte. Die Regelungen in den einzelnen Staaten sind unterschiedlich, hierdurch wird der Warenverkehr innerhalb der EU behindert, d. h. die jeweiligen nationalen Regelwerke stellen ein Handelshemmnis dar.

Die Beseitigung dieser Hemmnisse soll nach Vorgabe der Politik in Europa durch die Festlegung gemeinsamer Anforderungen an die Sicherheit der Bauprodukte erfolgen. In diesem Zusammenhang darf das jeweils in den Mitgliedsstaaten bestehende Schutzniveau nicht reduziert werden, d. h. die bisherigen eigenen Anforderungen an Bauprodukte müssen in den gemeinsamen Anforderungen wieder gefunden werden. Diese wesentlichen Anforderungen sind in Grundlagendokumenten festgelegt und bilden die Basis für die technische Erarbeitung neuer Regelungen.

Um den Binnenmarkt ohne Handelshemmnisse zu erreichen, sind gemäß der Bauproduktenrichtlinie harmonisierte Normen zu schaffen. Zu diesem Zweck wurden von der Europäischen Kommission Mandate an CEN vergeben. Für den Bereich der Gesteinskörnungen gilt das Mandat M/125. Die Mandate sind als Beauftragung, zur Erarbeitung von Europäischen Normen (EN) zu betrachten und legen die wesentlichen Eigenschaften der Bauprodukte fest. Gleichzeitig wird auch die Art des Konformitätsnachweises für das Bauprodukt fixiert.

Liegt für ein Bauprodukt kein Mandat vor, ist die erarbeitete EN als freiwillige Norm (nicht mandatiert) zu betrachten. Deren Übernahme in nationale Regelwerke wird allerdings wegen der Vereinheitlichung des Binnenmarktes nachdrücklich empfohlen. Für das neue Regelwerk der Gesteinskörnungen liegen mandatierte und nicht mandatierte Europäische Normen vor.

1.2  Europäische Normen

Grundlage für die Anwendung der EN sind die Baukoordinierungsrichtlinie [3] sowie die Liefer-Koordinierungsrichtlinie [4] aus dem Jahr 1993. Hiermit wird die Verbindung von den technischen Spezifikationen im Straßenbau zu den Vertragsunterlagen jeder einzelnen Baumaßnahme hergestellt. Zu den technischen Spezifikationen gehören technische Anforderungen an eine Bauleistung, ein Bauprodukt oder eine Lieferung. Gemäß der Liefer-Koordinierungsrichtlinie sind vom öffentlichen Auftraggeber in diesem Zusammenhang, zur Beschreibung der Anforderungen, sowohl mandatierte als auch nicht mandatierte Normen sowie Europäisch Technische Zulassungen bei Ausschreibungen zu berücksichtigen.

Die Umsetzung der Baukoordinierungsrichtlinie in nationales Recht erfolgt in Deutschland über die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) [6]. Dort sind im Teil 1, Abschnitt 2 die entsprechenden Basisparagraphen mit den zusätzlichen Bestimmungen nach EG-Baukoordinierungsrichtlinie aufgeführt [5].

Im § 9 erfolgt die „Beschreibung der Leistung“. Hierbei wird darauf hingewiesen, dass die technischen Anforderungen in den Vergabe- und Vertragsunterlagen „unter Bezugnahme auf die gemeinschaftsrechtlichen technischen Spezifikationen“ festzulegen sind. Die Umsetzung in den Allgemeinen Technischen Vertragsbedingungen (ATV) der VOB wird durch die Detaillierung in den Zusätzlichen Technischen Vertragsbedingungen (ZTV), Technischen Lieferbedingungen (TL) und Technischen Prüfbedingungen (TP) ergänzt.

1.3 Die wesentlichen Europäischen Normen für den Straßenbau

Bei den EN ist zwischen den Stoff- und Prüfnormen zu unterscheiden. Während in den Stoffnormen die Anforderungen an den Baustoff beschrieben werden, erfolgt in den Prüfnormen die Definition der Verfahren zur Überprüfung der jeweiligen Eigenschaften. Im Bild 1 sind die in den letzten Jahren erarbeiteten Anforderungsnormen für die Gesteinskörnungen aufgeführt. Die fettunterlegten EN sind die für den Straßenbau wesentlichen Normen. Die Europäischen Anforderungsnormen sind dadurch charakterisiert, dass in ihnen durch Bildung von Stufen und Klassen die bisherigen Anforderungsniveaus in Europa berücksichtigt werden konnten. Auf die Auflistung der einundvierzig EN-Prüfnormen für die Gesteinskörnungen wurde verzichtet. Die Anforderungsnormen und die Prüfnormen wurden zu einem Paket geschnürt, das am 1.6.2004 in Kraft trat.

Bild 1

2 Umsetzung in das neue Regelwerk

2.1 Struktur

Für den Koordinierungsausschuss Straßenbautechnik der FGSV (KoA Bau) wurden in den Jahren 1998 und 1999 Vorschläge zur Umsetzung der EN in das nachgeordnete Regelwerk erarbeitet [7]. Dabei wurden zwei Alternativen vorgeschlagen,

  • Alternative 1: einteiliges Regelwerk, das aus den anwendungsbezogenen Zusätzlichen Technischen Vertragsbedingungen (ZTV) besteht. Im Vergleich zu den heutigen Regelwerken müsste diese ZTV um anwendungsbezogene Anforderungen an die Baustoffe ergänzt werden. Grundlage für diese Ergänzungen bilden dann die jeweiligen EN. Die für die Gesteinskörnungen und andere Bauprodukte bisher gewohnten Regelwerke, wie z. B. die TL Min-StB [8], die RG Min-StB [9] und andere produktspezifische Technische Lieferbedingungen, würden entfallen.
  • Alternative 2: sah ein zweiteiliges Regelwerk vor, in dessen erstem Teil, den Technischen Lieferbedingungen (TL), die Anforderungen an Baustoffe und Baustoffgemische bezogen auf bestimmte Anwendungsbereiche beschrieben werden. Im zweiten Teil, den Zusätzlichen Technischen Vertragsbedingungen, erfolgt nur die Beschreibung der für die Ausführung maßgebenden Randbedingungen. Die Alternative 2 bietet die Möglichkeit der getrennten Überarbeitung der Regelwerke.

Der KoA Bau entschied sich für die Alternative 2 und beauftragte Anfang 2000 die verschiedenen Arbeitsgruppen der FGSV mit der Erarbeitung der neuen Regelwerke. Bisher erfolgte die Abgrenzung der ZTV’en in Abhängigkeit von der Funktion der betrachteten Schicht. So werden in den derzeit gültigen ZTV T-StB [10] alle Tragschichten behandelt. Zukünftig wird die Abgrenzung der Regelwerke untereinander produkt- bzw. baustoffbezogen erfolgen. Somit gibt es u. a. die ZTV SoB-StB [11]. Insgesamt waren fünf ZTV’en vorgesehen, verwirklicht wurden vier (Bild 2), da bei der Umsetzung der EN in der Arbeitsgruppe Asphaltstraßen der FGSV festgelegt wurde, die ursprünglich beabsichtigten Regelwerke für „Dünne Schichten im Kalteinbau, Oberflächenbehandlungen und Schlämme“ mit in die neue ZTV Asphalt-StB [12] aufzunehmen und damit ersatzlos zu streichen.

Bild 2

In den geplanten fünf, dann aber bearbeiteten vier (s. o.) Technischen Lieferbedingungen (TL) sollten die baustoffspezifischen Anforderungen behandelt werden. Bei der Bearbeitung der Abschnitte für die Gesteinskörnungen in den jeweiligen produkt- und baustoffbezogenen TL wurde erkannt, dass eine Parallelität von Anforderungen vorhanden war, die es sowohl dem Produzenten als auch dem Verwender schwierig machte, die jeweils im Bezug genommene TL zu erkennen. Aus diesem Grund wurde beschlossen die TL Gestein-StB [13] zu erarbeiten (Bild 3). Diese ersetzt die TL Min-StB [8] und kann gleichzeitig von den Technischen Lieferbedingungen für die einzelnen Anwendungsbereiche in Bezug genommen werden.

2.2  Technische Lieferbedingungen für Gesteinskörnungen im Straßenbau

In die TL Gestein-StB wurden die für den Straßenbau relevanten Eigenschaften der Gesteinskörnungen aus den Normen DIN EN 12620 [14], DIN EN 13043 [15] und DIN EN 13242 [15] zusammengefasst. Mit Beginn der Umsetzung der EN wurde festgelegt, dass keine Veränderungen der Anforderungen gegenüber den bisherigen Festlegungen vorgenommen werden sollten, d. h. in der TL Gestein-StB wurden für die einzelnen Eigenschaften die Kategorien der EN gewählt, die den Anforderungen der TL Min-StB [8] entsprachen.

Die TL Gestein-StB orientiert sich in ihrem Aufbau an den Europäischen Normen. Der AA 6.7, der in der FGSV für die Bearbeitung der Regelwerke der Gesteinskörnungen zuständig war, entschloss sich für die ausführliche Beschreibung der Eigenschaften mit den zugehörigen Kategorien. Dieses Vorgehen zeigt den Übergang von den EN zur TL Gestein-StB am deutlichsten. Somit benötigen die Anwender der TL Gestein-StB nur noch dieses eine Regelwerk.

Die TL Gestein-StB gilt für die Lieferung von Gesteinskörnungen für Asphalt, Beton, hydraulisch gebundene und ungebundene Baustoffgemische, Pflasterdecken und Plattenbeläge. Es ist festgelegt, dass die angegebenen Grenzwerte und Toleranzen sowohl die Streuung durch die Probenahme, die Probeteilung und die Präzision der Prüfverfahren als auch die herstellungsbedingten Unregelmäßigkeiten enthalten.

Bild 3

Die EN weisen darauf hin, dass bestimmte Gesteinskörnungen, z. B. rezyklierte oder industriell hergestellte Gesteinskörnungen, Eigenschaften besitzen können, die nicht im Mandat erfasst sind. Für die Beurteilung dieser Gesteinskörnungen können die am jeweiligen Verwendungsort geltenden Vorschriften herangezogen werden. Dies trifft auf die umweltrelevanten Merkmale zu. In einem Anhang der TL Gestein-StB wurden die wasserwirtschaftlichen Anforderungen festgelegt.

Um die Verknüpfung mit den Technischen Lieferbedingungen für die Baustoffe und Baustoffgemische der unterschiedlichen Anwendungsbereiche herzustellen, sind in Zusammenarbeit mit den entsprechenden Gremien der FGSV die Tabellen mit den Eigenschaften und Anforderungskategorien für die einzelnen Anwendungsbereiche erarbeitet worden.

Die Anforderungen an bestimmte Eigenschaften der Gesteinskörnungen werden in den EN durch Kategorien beschrieben. Für die Eigenschaften der Gesteinskörnungen, die bisher in der TL Min-StB festgelegt waren, wurden die Kategorien gewählt, die dem bisherigen Anforderungsniveau entsprachen. Damit verbunden ist die Prüfung dieser Eigenschaften. Für Eigenschaften für die bisher kein Grenzwert bestand oder festgelegt werden konnte, wurde die Kategoriebezeichnung „angegeben“ gewählt. Auch sie beinhaltet die Durchführung der Prüfung. Bei Eigenschaften der EN für die in Deutschland keine Anforderungen bestehen, wurde die Kategorie „NR“, d. h. keine Anforderung, gewählt und gleichzeitig festgelegt, dass bei dieser Kategorie keine Prüfung der Eigenschaft notwendig ist.

2.3 Konformitätsnachweis bei Gesteinskörnungen

Der Nachweis der Konformität, d. h. die Übereinstimmung der Gesteinskörnungen mit den in den TL Gestein-StB festgelegten Anforderungen, gilt für den Produzenten. Der Nachweis der Konformität umfasst die Eignungsbeurteilung der hergestellten Gesteinskörnungen, die werkseigene Produktionskontrolle (WPK) und den Konformitätsnachweis.

Die EN für Gesteinskörnungen [14, 15, 16], die durch die TL Gestein-StB für den Bereich des Straßenbaus umgesetzt werden, sind mandatierte Normen. Diese Normen enthalten den „Anhang ZA“, in dem die Vorgaben zur Erfüllung des Mandates M/125 beschrieben sind. Für die Gesteinskörnungen sind als Systeme zur Bestätigung der Konformität die Verfahren 2+ und 4 festgelegt. In Deutschland wurde das Verfahren 2+ gewählt (Bild 4). Die Aufgaben sind auf den Produzenten und die anerkannte Stelle aufgeteilt.

Der Produzent hat die WPK durchzuführen und ist verantwortlich für die Erstprüfung und die fortlaufende Prüfung der von ihm hergestellten Produkte. Die anerkannte Stelle führt keine Produktprüfungen durch. Sie inspiziert einmalig das Werk, zertifiziert die WPK und führt eine laufende Überwachung der WPK durch. Der Hersteller erstellt aufgrund der Bescheinigung der Zertifizierungsstelle seine Konformitätsbescheinigung und kann damit das CE-Zeichen für seine Produkte verwenden. Dieses Vorgehen bedeutet: es existiert keine Fremdüberwachung der Gesteinskörnungen mehr im Sinne der bisher gültigen RG Min-StB [9]. Der Produzent hat die alleinige Verantwortlichkeit für die Qualität der hergestellten Gesteinskörnungen.

Bild 4

Die Konformität wird durch das Zertifikat über die WPK, das die anerkannte Stelle ausstellt, die EG-Konformitätserklärung, die der Hersteller für sein Produkt erstellt, das Anbringen des CE-Zeichens mit der Nummer der anerkannten Stelle auf dem Lieferschein und dem Begleidokument, in dem die im „Anhang ZA“ festgelegten wesentlichen Eigenschaften des Produktes mit den Kategorien oder den tatsächlichen Werten beschrieben werden, dokumentiert.

2.4 Technische Lieferbedingungen für Baustoffgemische und Böden zur Herstellung von Schichten ohne Bindemittel

Bei der TL SoB-StB [17] ist der Begriff des Bodens, und damit dessen Verwendung im Straßenoberbau, gewöhnungsbedürftig. Dieser Begriff resultiert aus der alten ZTV T [10], nach der Kiese und Sande nach DIN 18196 [18] für Tragschichten verwendet werden konnten.

Die TL SoB-StB legt die Anforderungen an die Baustoffgemische und Böden für Frostschutzschichten, Schichten aus frostunempfindlichem Material, für Schotter- und Kiestragschichten und für Deckschichten fest. Sie greift bei den Anforderungen für die gesteinsspezifischen Eigenschaften der Baustoffgemische und Böden auf die TL Gestein-StB, Anhang E [13], zurück. Die Güteüberwachung durch den Produzenten umfasst die Eignungsbeurteilung und die Durchführung der WPK. Das System der WPK entspricht dem System, das in der TL Gestein-StB auf der Basis der EN festgelegt wurde.

Die TL SoB-StB ist das nationale Umsetzungsdokument für die nicht mandatierte DIN EN 13285 [19]. Mit dem damit verbundenen Fehlen des Konformitätsnachweisverfahrens ist auf europäischer Ebene nicht festgelegt, in welcher Form die Qualität der hergestellten Produkte sichergestellt und überprüft wird. In diesem Fall gelten auf der Basis der Bauproduktenrichtlinie die Anforderungen des Sicherheitsniveaus in Deutschland, d. h. die bisherigen Regelungen der RG Min-StB [9]. Die Qualitätsprüfung der Produkte der TL SoB-StB wird in den TL G SoB-StB [20] geregelt.

Für ein Baustoffgemisch, z. B. eine Tragschicht 0/45 gelten gegenüber den Regelungen der alten ZTV T-StB [10] zwei neue Grenzen für den Sieblinienbereich. Der allgemeine Bereich stellt die Absolutgrenzen für die möglichen Sieblinien eines Baustoffgemisches 0/45 im Lieferzustand da. Diese Grenzen dürfen nicht überschritten werden. Im SDV-Bereich (suppliers declared value = vom Hersteller erklärter Bereich) müssen 90 % der Ergebnisse der Korngrößenbestimmung im Rahmen der WPK liegen, 10 % der Ergebnisse können zwischen dem SDV-Bereich und dem allgemeinen Bereich liegen. Gleichzeitig muss die mittlere Korngrößenverteilung des Baustoffgemisches innerhalb des SDV-Bereiches liegen und vom Produzenten angegeben werden.

2.5. Technische Lieferbedingungen für Baustoffgemische und Böden für Schichten ohne Bindemittel im Straßenbau – Teil: Güteüberwachung – TL G SoB-StB

Die TL G SoB-StB [20] behandelt die Qualität der in Schichten ohne Bindemittel einzusetzenden Baustoffgemische und Böden im Zusammenhang mit den TL SoB-StB [17]. Sie beschreiben die Fremdüberwachung im Sinne der produktbezogenen Überwachung und die Eigenüberwachung durch Bezug auf die WPK des Produzenten. Die TL G SoB-StB [20] ersetzt den Teil der RG Min-StB [9], der bisher die Überwachung der Baustoffgemische regelte.

Baustoffgemische und Böden, die in einem Produktionsschritt hergestellt werden, müssen im Rahmen des Eignungsnachweises und der Güteüberwachung die gemischspezifischen Anforderungen der TL SoB-StB [17] und die gesteinsspezifischen Anforderungen der TL Gestein-StB [13] erfüllen.

Bei Baustoffgemischen, die aus Gesteinskörnungen nach TL Gestein-StB [13] durch Zusammensetzung und Mischung hergestellt werden, müssen die in den TL Gestein-StB [13] beschriebenen Anforderungen an die gesteinsspezifischen Eigenschaften erfüllen. Für die so hergestellten Baustoffgemische sind im Rahmen des Eignungsnachweises und der Güteüberwachung nur die gemischspezifischen Anforderungen der TL SoB-StB [17] zu überprüfen.

2.6 Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen und Richtlinien für den Bau von Schichten ohne Bindemittel im Straßenbau – ZTV SoB-StB

Die ZTV SoB-StB [11] regelt nur noch den Einbau der Baustoffgemische und Böden nach TL SoB-StB [17]. Sie legt fest, dass die Baustoffgemische und Böden, die auf die jeweilige Schicht bezogenen Anforderungen der TL SoB-StB [17] erfüllen müssen. Die Baustoffgemische müssen entsprechend den TL G SoB-StB [20] güteüberwacht sein. Für Böden gelten die Regelwerke sinngemäß.

Die Anforderungen an die in den Schichten eingebauten Baustoffe und Böden beziehen sich auf die Korngrößenverteilung und den Feinanteil, den Verdichtungsgrad und Verformungsmodul, die profilgerechte Lage, Ebenheit und Einbaudicke. Dabei wurden mit Ausnahme der Korngrößenverteilung, die bisherigen Anforderungen der ZTV T-StB [10] übernommen. Die Prüfungen entsprechen den Festlegungen der bisherigen ZTV T-StB [10]. Die Prüfverfahren wurden auf der Basis der gültigen Europäischen Prüfverfahren aktualisiert.

Die Festlegungen zur Abnahme und zu den Mängelansprüchen werden einheitlich in einem vorgeschalteten Regelwerk beschrieben. Nur die Besonderheiten der Verjährungsfrist für Tragschichten ohne Bindemittel und Schichten aus frostunempfindlichem Material im ländlichen Wegebau werden in den ZTV SoB-StB [11] behandelt.

Zur Verdeutlichung der Anforderungen an die Korngrößenverteilung und den Feinanteil der eingebauten Schicht sind im Anhang die Sieblinienbereiche für die Frostschutzschichten, Kies- und Schottertragschichten und Deckschichten dargestellt. Hierbei handelt es sich mit Ausnahme des Feinanteils um die Grenzwerte, die dem allgemeinen Bereich der TL SoB-StB [17] entsprechen.

3 Folgen des neuen Regelwerkes

Die tiefgreifenden Veränderungen, die das neue Regelwerk auf die bisher gewohnten Abläufe bei den Produzenten, Verwendern und der Verwaltung ausübt, werden erst bei detaillierter Betrachtung und Umsetzung in der Praxis deutlich. Durch die hersteller- und produktbezogene Ausrichtung der Europäischen Normen und damit des neuen Regelwerkes ist der Produzent alleine verantwortlich für das Produkt. Dies beinhaltet, dass er die Abläufe zur Herstellung und Überwachung der Produkte festlegt, beschreibt, durchführt und die Umsetzung dokumentiert. Für eine Vielzahl von Produzenten wird der erhöhte Umfang und die Anzahl der Prüfungen im Rahmen der WPK nur die Fremdvergabe an ein qualifiziertes Labor zulassen. Für die Ergebnisse, die das Labor erzeugt, bleibt im Rahmen der WPK der Produzent verantwortlich.

Der Nachweis der Konformität im Verfahren 2+ bedingt die Einschaltung einer anerkannten Stelle für die Zertifizierung der Werkseigenen Produktionskontrolle. Von großem Vorteil für den Produzenten ist die eindeutige Regelung der Verantwortung für das Produkt. Ab der Schnittstelle „Gefahrenübergang“ hat er keinen Einfluss mehr auf das Produkt und kann somit nicht mehr die Konformität gewährleisten.

Der Verwender muss die Überprüfung der Konformität des Produktes beim Wareneingang durchführen. Dies beinhaltet die Einsicht in die Konformitätserklärung des Produzenten und gleichzeitig einen erhöhten Umfang der Eingangsprüfung der gelieferten Produkte. Gleichzeitig muss das Bewusstsein geschaffen werden, dass die Verantwortung für die gelieferte und vereinnahmte Gesteinskörnung nach der Lieferung einzig und alleine beim ihm liegt. Der Nachweis der Konformität auf der Basis des Levels 2+ wird von den Verwendern als nicht ausreichend abgelehnt und durch die Forderung nach einer freiwilligen Fremdüberwachung des Produzenten durch eine anerkannte Stelle ergänzt.

Mit der Fertigstellung des neuen Regelwerkes müssen die bisherigen Festlegungen in den Allgemeinen Technischen Vertragsbedingungen (ATV) und die Formulierungen im Standardleistungskatalog (STLK) überarbeitet werden. Verbunden mit den Überarbeitungen der vorgenannten Werke sind die Ausschreibungsunterlagen für die Baumaßnahmen der veränderten Situation auf der Basis des neuen Regelwerkes zu überarbeiten.

Die Verwaltung muss sich darüber klar sein, dass sie entgegen den früheren Regelungen, bei den Gesteinskörnungen nach TL Gestein-StB keinen direkten Zugriff mehr auf den Produzenten besitzt. Ein indirekter Zugriff ist nur noch über die Kontrollprüfungen an Baustoffgemischen möglich. Ansprechpartner für die Verwaltung sind nur noch die im Rahmen des Bauvertrags einbezogenen Parteien. Auch der von der Verwaltung erhobene Wunsch einer freiwilligen Fremdüberwachung erweitert diese Zugriffsmöglichkeit nicht, da sie eine freiwillige Leistung des Produzenten der Gesteinskörnungen darstellt.

4 Zusammenfassung

Ausgehend von den europäischen Vorgaben und dem bisher bestehenden Regelwerk für die Gesteinskörnungen im Straßenbau wurden in diesem Beitrag die Grundlagen für die Erarbeitung und Anwendung des neuen „zweigeteilten Regelwerkes“ für die Gesteinskörnungen und dessen Umsetzung vorgestellt (Bild 5). Die Bestandteile des Regelwerkes, die sich an der vorgegebenen eindeutigen Trennung in Produktanforderungen und Anforderungen an dessen Verwendung orientieren, sind sicher die umfangreichsten und bedeutendsten Umstellungen der letzten Jahre und werden erheblichen Einfluss auf die Arbeitsweisen im Straßenbau haben.

Bild 5

Die aufgezeigten Änderungen innerhalb des neuen Regelwerkes beeinflussen nicht die Qualität des Produktes, da die in Deutschland gültigen Anforderungswerte bestehen bleiben. Allerdings sind die Folgen bei der Umsetzung für die Betroffenen teilweise mit erheblichen

Veränderungen verbunden.

5 Literaturverzeichnis

  1. Bauproduktenrichtlinie (BPR): Richtlinie des Rates vom 21.12.1988 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedsstaaten über Bauprodukte; geändert durch Richtlinie des Rates 93/68/EWG vom 7.1993
  2. Bauproduktengesetz (Bau PG): Gesetz über das in Verkehr bringen von und den freien Warenverkehr mit Bauprodukten zur Umsetzung der Richtlinien 89/106/EWG des Rates vom 21.12.1988 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedsstaaten über Bauprodukte (Bauproduktengesetz-BauPG vom 10.8.1992 (Fassung vom 4.1998))
  3. Baukoordinierungsrichtlinie: Richtlinie 93/37/EWG des Rates vom 14.6.1993 zur Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge; geändert durch Richtlinie 97/52/EWG vom 13.10.1997
  4. Lieferkoordinierungsrichtlinie: Richtlinie des Rates vom 14.6.1993 über die Koordinierung des Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge (93/36/EWG)
  5. Weßelborg, H.-H., (2003), Umsetzung der Europäischen Normen in ein zweiteiliges nationales Regelwerk – Grundsätze. Mineralstofftagung 2003 der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen, Köln, 2./3.12.2003 (FGSV M 9)
  6. Vergabe und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB), Ausgabe 2000, Deutscher Vergabe- und Vertragsausschuss für Bauleistungen, Herausgeber: Deutsches Institut für Normung e.V., Beuth Verlag GmbH, Berlin
  7. Krass, K., (2000), Neugestaltung der Technischen Regelwerke des Straßenbaus durch Einbeziehung des Europäischen Normen (EN). Straße- und Autobahn, 1/2000, Seite 58 – 64
  8. Technische Lieferbedingungen für Mineralstoffe im Straßenbau (TL Min-StB 2000), Ausgabe 2000, Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen, Köln (FGSV 613)
  9. Richtlinien für die Güteüberwachung von Mineralstoffen im Straßenbau (RG Min-StB 93), Ausgabe 1993/96, ergänzte Fassung 2000, Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen, Köln (FGSV 612)
  10. Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen und Richtlinien für Tragschichten im Straßenbau (ZTV T-StB 95), Ausgabe 1995/Fassung 2002, Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen, Köln (FGSV 999)
  11. Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen und Richtlinien für den Bau von Schichten ohne Bindemittel im Straßenbau (ZTV SoB-StB 04), 15. Entwurf (Stand: 27.7.2004), Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen, Köln
  12. Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen und Richtlinien für Asphalt (ZTV Asphalt-StB), Entwurf, Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen, Köln
  13. Technische Lieferbedingungen für Gesteinskörnungen im Straßenbau (TL Gestein-StB 04), 12. Entwurf (Stand: 27.9.2004), Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen, Köln
  14. DIN EN 12620 – Gesteinskörnungen für Beton, Ausgabe 2003/04, DIN – Deutsches Institut für Normung e.V., Beuth-Verlag GmbH, Berlin
  15. DIN EN 13043 – Gesteinskörnungen für Asphalt und Oberflächenbehandlungen für Straßen, Flugplätze und andere Verkehrsflächen, Ausgabe 2002/12, DIN – Deutsches Institut für Normung e.V., Beuth-Verlag GmbH, Berlin
  16. DIN EN 13242 – Gesteinskörnungen für ungebundene und hydraulisch gebundene Gemische im Ingenieur- und Straßenbau, Ausgabe 2003/06, DIN – Deutsches Institut für Normung e.V., Beuth-Verlag GmbH, Berlin
  17. Technische Lieferbedingungen für Baustoffgemische und Böden zur Herstellung von Schichten ohne Bindemittel im Straßenbau (TL SoB-StB 04), 8.2 Entwurf (Stand: 20.9.2004), Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen, Köln
  18. DIN 18196 – Erd- und Grundbau – Bodenklassifikation für bautechnische Zwecke, Ausgabe 1998/10, DIN – Deutsches Institut für Normung e.V., Beuth-Verlag GmbH, Berlin
  19. DIN EN 13285 – Ungebundene Gemische – Anforderungen, Ausgabe 2003, DIN – Deutsches Institut für Normung e.V., Beuth-Verlag GmbH, Berlin
  20. Technische Lieferbedingungen für Baustoffgemische und Böden für Schichten ohne Bindemittel im Straßenbau – Teil: Güteüberwachung (TL G SoB-StB 04), 4. Entwurf (Stand: 8.9.2004), Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen, Köln

Redaktioneller Hinweis: Das neue Regelwerk ist zwischenzeitlich erschienen:

Zu 11: ZTV SoB-StB 04, Ausgabe 2004 (FGSV 698); zu 13: TL Gestein-StB, Ausgabe 2004 (FGSV 613); zu 17: TL SoB-StB 04, Ausgabe 2004 (FGSV 697). Die FGSV-Regelwerke sind erhältlich beim FGSV Verlag, Köln.