FGSV-Nr. FGSV 002/139
Ort Karlsruhe
Datum 19.09.2023
Titel Breite Einführung der FS100-Technologie auf Bundesfernstraßen
Autoren Dražan Bunoza
Kategorien Straßenbetrieb, Winterdienst
Einleitung

Im Rahmen eines Forschungsprojektes im Jahr 2010/11 des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr konnte nachgewiesen werden, dass bei der präventiven Streuung mit der FS100-Technologie erhebliche Streustoffmengen eigespart werden können. Trotzdem zeigen Auswertungen der gemeldeten Verbrauchszahlen von Tausalzlösungen, dass die FS100-Technologie auf große Zurückhaltung stößt. Die Ursachen für die geringe Anwendung sind nicht bekannt und sollten im Rahmen eines Forschungsprojektes (FE 03.0606/2020/MGB „Breite Einführung der FS100-Technologie auf Bundesfernstraßen“) eruiert werden. Auftragnehmer des Forschungsprojektes war die Bietergemeinschaft Saltresearch & Consulting und WINDIP. Der Verfasser, als Leiter der Autobahnmeisterei Mendig, hat die Bietergemeinschaft fachlich und inhaltlich unterstützt und ist auch als Co-Autor am Forschungsprojekt beteiligt. Ziel des Verfassers war die Sicherstellung, dass gerade wichtige Problemstellungen des praktischen Winterdienstes einer näheren Betrachtung unterzogen werden. Darüber hinaus sollten weitere Vorteile im Hinblick auf die Wirtschaftlichkeit herausgearbeitet und Lösungsvorschläge unterbreitet werden, wie die Nutzung der reinen Soleausbringung verbessert werden kann.

Die Veröffentlichung basiert überwiegend auf dem Bericht zum Forschungsprojekt und ist auszugsweise hier dargestellt [1].

Bei der Nutzung anderer Quellen wurde unmittelbar im Text darauf verwiesen. Es wird erwartet, dass der Forschungsbericht Mitte 2024 veröffentlicht wird.

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Volltext

Der Fachvortrag zur Veranstaltung ist im Volltext verfügbar. Das PDF enthält alle Bilder und Formeln.

1 Umfang des Forschungsvorhabens

Der Umfang des Forschungsvorhabens wurde insbesondere durch die Forschungsnehmer so gewählt, dass viele Aspekte untersucht werden, die insbesondere dem praktischen Winterdienst zugutekommen.

Zum einen sollte aufgeklärt werden, woran es liegt, dass die Akzeptanz für FS100 mangelhaft ist und zum anderen ging es um die Feststellung, welche technischen Betrachtungen näher untersucht werden müssen, um die FS-100 Anwendung zu forcieren und bei den Nutzern zu etablieren.

Hierzu wurden folgende Untersuchungen getätigt:

  • Online-Befragung der Autobahn- und Straßenmeistereien in Deutschland:
    Die ideale Möglichkeit Informationen über die ablehnenden Gründe der FS100-Strategie zu erfassen, lag in der Etablierung einer Online-Befragung. Hierzu wurde allen 560 Straßenmeistereien und 189 Autobahnmeistereien in Deutschland die Chance gegeben, sich an der Umfrage zu beteiligen.
  • Online-Befragung bei den Herstellern von Streumaschinen:
    Von großem Interesse war es auch zu ermitteln, wie die Meinung der Hersteller zu diesem Thema ist.
  • Streumaschinenprüfung:
    Die Anwendung der FS100-Technologie ist nur möglich, wenn es auf dem Markt entsprechende Maschinen gibt, die in der Lage sind, reine Sole über eine Breite bis 12 m auszubringen. Idealerweise sollte die Möglichkeit vorhanden sein, neben der etablierten Düsenausbringung, auch die Ausbringung über einen Streuteller zu untersuchen.
  • Griffigkeitsuntersuchungen in der Klimakammer:
    Dem Forschungsnehmer war bekannt, dass die Einsatzgrenze der FS100-Ausbringung von -6 °C viele Praktiker abschreckt, diese Art der präventiven Winterdienststrategie anzuwenden. Daher war es besonders wichtig zu eruieren, ob diese Temperaturgrenze nach unten verschoben werden kann, idealerweise auf -10 °C.
  • Feldversuche:
    Die Ergebnisse in der Klimakammer, sollten auch praktisch manifestiert werden, so dass entsprechende Feldversuche eingeplant wurden.
  • Untersuchung der Nachhaltigkeit der FS100-Technologie:
    Die Nachhaltigkeit sollte im Hinblick auf die Wirtschaftlichkeit, Umweltschutz, Verkehrssicherheit und Beschäftigung näher untersucht werden.
  • Lösungsvorschläge:
    Das Ziel des Forschungsprojektes ist es, Lösungsvorschläge für eine breite Anwendung der FS100-Technologie zu unterbreiten und nutzbare Unterlagen für die Anwender zur Verfügung zu stellen.

2 Derzeitige Empfehlung zur Anwendung der FS100-Technologie im In- und Ausland

In der Europäischen Union gibt es keine gemeinsame Winterdienstpolitik und auch keine einheitlichen Richtlinien oder Empfehlungen für die Durchführung des Winterdienstes auf Straßen in den einzelnen Mitgliedsländern. Das Anforderungsniveau für den Winterdienst und die praktizierten Streutechniken sowie deren Anwendungsbereiche werden jeweils national festgelegt. Dies gilt auch für die Glättebekämpfung mit Feuchtsalz und reiner Sole.

In Tabelle 1 sind für Deutschland und andere europäischen Länder Informationen zur Anwendung von Solestreuung im Winterdienst zusammengestellt.

Tabelle 1: FS100-Anwendung im europäischen Ausland

Zusammenfassend kann in allen betrachteten europäischen Ländern festgestellt werden, dass die Glättebekämpfung mit Salzlösungen (FS100) ein elementarer Bestandteil der Winterdienststrategie ist. Als Salzlösung wird meistens NaCl-Sole mit einer Konzentration im Bereich 20 – 23 M.-% verwendet.

Auffallend ist jedoch, dass die FS100-Technologie in den einzelnen Ländern unterschiedlich eingesetzt wird.

Gerade was die Anwendung bei Glättearten mit hohen Wasserfilmdicken (Schneeglätte, Glatteis) anbelangt, sind einige Länder sehr vorsichtig und geben keine Vorgaben für die kurative Anwendung. Viele Länder geben genaue Vorgaben bei der Sprühdichte (z. B. D, UK), in Frankreich gibt es sie scheinbar nicht.

3 Online-Befragung der Autobahn- und Straßenmeistereien in Deutschland

Um den derzeitigen Stand der Anwendung der FS100-Technologie in Deutschland zu ermitteln, wurden Informationen bei den Autobahn- und Straßenmeistereien (AM und SM) abgefragt. Hierzu wurde sich eines Online-Fragebogens bedient.

Der Online-Fragebogen war in insgesamt acht Themenfelder gegliedert:

Fragegruppe A:  Allgemeine Angaben

Fragegruppe B:  Streutechnologien im Winter 2020/21

Fragegruppe C:  Salz- und Soleverbrauch im Winter 2020/21

Fragegruppe D:  FS100-Technologie

Fragegruppe E:  Winterdiensteinsätze

Fragegruppe F:  Winterdienstfahrzeuge

Fragegruppe G:  Personaleinsatz

Fragegruppe H:  Verbesserungsmöglichkeiten.

Für die Beantwortung der Fragen war ein Zeitraum von acht Wochen vorgesehen und die Adressaten waren unmittelbar die Leiter der entsprechenden Meistereien bzw. die Winterdienstverantwortlichen.

Ausgehend von insgesamt 189 AM und 560 SM betrug die Beteiligung bei den AM 34,4 % (65 Meistereien) und bei den SM 37,5 % (210 Meistereien)1).

Im Weiteren sollen die wichtigsten Aspekte der Onlinebefragung dargestellt werden. Zuerst wurde angefragt, ob und in welchem Umfang FS100 praktiziert wird.

Hierbei zeigen sich zwei komplett unterschiedliche Tendenzen. Im Bereich der Autobahnmeistereien praktizieren 82,5 % der Befragten FS100, wohingegen bei den Straßenmeistereien lediglich 27 % der Befragten FS100 nutzen.

1) Gesamtzahlen der Meistereien der Autobahn GmbH und aus „Der Elsner 2021“

Bild 1: Verbreitung der FS100-Anwendung bei Autobahnmeistereien im Winter 2020/21

Bild 2: Verbreitung der FS100-Anwendung bei Straßenmeistereien im Winter 2020/21

In den Bildern 3 bis 8 sollen beispielhaft an einigen Bundesländern und Autobahnmeistereien aufgezeigt werden, die eine hohe Rücklaufquote in Bezug auf die Abfrage aufwiesen, wie die tatsächliche Nutzung der Streutechnologie in den Meistereien eingeschätzt wird.

Bild 3: Darstellung der angewandten Streutechnologien eines Bundeslandes im Jahr 2020/21

Bild 4: Darstellung der angewandten Streutechnologien eines Bundeslandes im Jahr 2020/21

Bild 5: Darstellung der angewandten Streutechnologien eines Bundeslandes im Jahr 2020/21

Bild 6: Darstellung der angewandten Streutechnologie auf Autobahnmeistereien der Autobahn GmbH im Winter 2020/21

Bild 7: Darstellung der angewandten Streutechnologie auf Autobahnmeistereien der Autobahn GmbH im Winter 2020/21

Bild 8: Darstellung der angewandten Streutechnologie auf Autobahnmeistereien der Autobahn GmbH im Winter 2020/21

Betrachtet man sich die Bilder 3 bis 8, so sind mehrere Aspekte auffällig.

Die Anwendung von FS30 als Standardverfahren zur Bekämpfung der winterlichen Glätte ist unübersehbar. Bei allen Meistereien ist die Nutzung dieser Streutechnologie vorhanden. Zudem fällt auf, dass auch die reine Soleausbringung (FS100) bereits von vielen Meistereien praktiziert wird. Was jedoch negativ auffällt, ist die Tatsache, dass die reine Trockensalzausbringung immer noch sehr präsent ist. Es gibt Straßenmeistereien, bei denen der Anteil an der Trockenstreuung bei 90 % liegt, was einem absolut inakzeptablen Wert entspricht. Sogar im Bereich der Autobahnmeistereien ist dieses Phänomen sichtbar. Hier ist dieses Bild zwar nicht so stark ausgeprägt, aber mit einer Trockenstoffausbringungsrate in Höhe von bis zu 60 % immer noch viel zu hoch.

Die Ausbringung von Trockenstoff entspricht nicht mehr dem Stand der Technik.

Bereits im „Merkblatt für den Unterhaltungs- und Betriebsdienst an Straßen, Teil: Winterdienst außerhalb geschlossener Ortslagen“, Ausgabe 1984 wurde in den Hinweisen für den Streudienst empfohlen, dass auf trockenen, feuchten und nassen Fahrbahnen Feuchtsalz gestreut werden soll. Daher verwundert es umso mehr, dass dieses nahezu 40 Jahre später, im heutigen Realwinterdienst nicht beachtet wird.

Im Weiteren wurde angefragt, ob und in welcher Anzahl Fahrzeuge für die Ausbringung der FS100-Technologie auf den Meistereien zur Disposition stehen. Hierbei haben 89 % der Teilnehmer bei den Autobahnmeistereien diese Frage bejaht, wohingegen von 72 % der Straßenmeistereien diese Antwort verneint wurde. Dieses deutliche Missverhältnis ist natürlich ein eindeutiger Grund für die sehr geringe Ausbringungsquote von FS100 bei den Straßenmeistereien (Vergleich von Bild 9 mit Bild 2).

Bild 9: Fahrzeuge für FS100-Technologie

Abschließend sollte noch dargestellt werden, was nach Ansicht der Befragten geändert werden müsste, um künftig mehr FS100-Einsätze umzusetzen.

Die Tabelle 2 zeigt einen Auszug der Antworten.

Tabelle 2: Kriterien für Erhöhung von FS100-Einsätzen, Auszug aus der Onlinebefragung

4 Online-Befragung der Hersteller von Streumaschinen

Ergänzend zur Umfrage bei den Nutzern wurden Informationen zur FS100-Technologie bei Herstellern von Winterdienstgeräten abgefragt. Dazu wurde ebenfalls ein Online-Fragebogen entwickelt.

Der Online-Fragebogen war in vier Themenfelder als Fragegruppen gegliedert:

Fragegruppe A:    Allgemeine Angaben

Fragegruppe B:    Verbreitung der FS100-Technologie

Fragegruppe C:   Angaben zur Technologie

Fragegruppe D:   Verbesserungsmöglichkeiten.

Es wurden 18 Hauptfragen mit 14 Unterfragen gestellt. An der Umfrage haben 5 Hersteller teilgenommen.

Nachfolgend werden die wichtigsten Ergebnisse der Umfrage beschrieben.

Das Bild 10 bestätigt den geringen Verkaufsanteil an FS100-Streugeräten in den Jahren 2019 und 2020. Vielmehr wird auch hier wieder bekräftigt, dass viele Nutzer immer noch an Trockenstoffausbringung festhalten, da Verkaufsanteile an dieser Streustofftechnik bis zu 80 % vorhanden sind.

Bild 10: Verkaufsanteile in Deutschland in den Jahren 2019 und 2020 (in % der verkauften Stückzahl aller Streumaschinen, nur für auftauende Streumittel)

Alle Hersteller weisen ein breit gefächertes Portfolio an FS100-Streumaschinen auf, so dass dem Kunden eine große Vielfalt zur Verfügung steht. Nachfolgend zeigt die Tabelle 3 die Herstellervielfalt.

Tabelle 3: Herstellerangaben zu ihren FS100-Streumaschinen

Hersteller wurden im Onlinefragebogen auch danach befragt, ob sie mit den Ausschreibungsunterlagen zufrieden sind. Hierbei ist die Mehrheit der Hersteller mit den Inhalten der Ausschreibungen, insbesondere für FS100-Streumaschinen nicht zufrieden.

Als Gründe für die Unzufriedenheit wurde folgendes angegeben (Originalzitate aus der Befragung):

  • „Die Maximalmengen sind zu groß.“
  • „Unzureichende Definition der Anforderungen.“
  • „In Ausschreibungen werden FS100-Streugeräte Normgeprüfte Streugeräte von Herstellern werden umgangen, indem nur Teile von Normen (Teil 1) oder Überprüfungen vor Ort gefordert werden. Teilweise werden Ausschreibungen formuliert, wie Soleausbringung über Teller mit Breiten bis 10 m, wobei keine Normprüfungen gefordert werden. Ausschreiber sollten nur normgeprüfte Streubilder zulassen und fordern, allein aufgrund der Rechtssicherheit bei der Beschaffung und Anwendung.“

Darüber hinaus wurde ebenfalls von den meisten Unternehmern moniert, dass für die FS100-Streumaschinen bisher von den Beschaffern nicht durchgängig die Vorlage einer Typprüfungsbescheinigung nach DIN EN 15597 verlangt wird.

Diese Vorgehensweise durch die Verantwortlichen im Beschaffungswesen ist nicht zielführend und sinnvoll. Normen basieren auf den gesicherten Ergebnissen von Wissenschaft, Technik und Erfahrung und dienen der Allgemeinheit. Daher weist eine normgeprüfte Streumaschine die Eigenschaft nach, dass es für den Bereich des Winterdienstes, in einem Breitenspektrum von 3 bis12 m, den Streustoff so verteilt, dass eine sichere Glättebekämpfung möglich ist.

Von den Anforderungen abzuweichen, nur um Hersteller am Ausschreibungsprozess zu beteiligen, die die notwendige Standard-Typprüfung nicht absolviert haben, sollte absolut tabu sein. Darüber hinaus repräsentieren diese Abweichungen Sondereinstellungen, die die Hersteller zwar einrichten können, aber dieses nicht unentgeltlich erwartet werden sollte, da der Aufwand sehr hoch ist.

Zudem stellt sich hier die Frage der Verhältnismäßigkeit, da ansonsten erwarten werden darf, dass jede beliebige Einstellung gesondert ausgeschrieben und beauftragt werden kann. Dies würde jedoch wieder die Sinnhaftigkeit einer Norm in Frage stellen.

Auf die Anfrage wie die in Deutschland die FS100-Anwendung verbessert werden könnte, antworteten die Hersteller wie folgt (Originalzitate aus der Befragung):

  • „Mehr reine FS100-Streumaschinen, mehr Kombi-Streumaschinen, typgeprüfte Streumaschinen, bessere Solebereitstellung, regelmäßige Schulungen des Winterdienst-Personals, Präsentationen bei Tagungen, Messen mit Ausstellung von Winterdienstgeräten, Publikationen“
  • „Verbesserte Ausbildung der Straßenmeister im Bereich Grundlagen der Wirkung von Salz beim Auftauen von Eis, generell verbesserte Schulung der Grundlagen des modernen Winterdienstes“
  • „Mehr Kombi-Streumaschinen, bessere Solebereitstellung, regelmäßige Schulungen des Winterdienst-Personals.“
  • „Mehr Kombi-Streumaschinen, Präsentationen bei Tagungen, Publikationen.“
  • Vermehrt werden Kombinationsstreugeräte ausgeschrieben, welche verschiedene Soleanteile fordern: FS 0-100, teilweise definiert als FS0, FS30, FS50, FS100. Hierzu gibt es Streutechnologien, die diese Anforderungen nach DIN EN 15597-1-2 Hierbei ist zu beachten, dass keine speziellen Anpassungen wie spezieller Soleteller, umgerüstete Solezuführung oder andere Anpassungen verbaut werden. Mit Sonderumbauten werden die entsprechenden anderen geprüften Streubilder verändert. Die angebotene Streutechnologie sollte in der Lage sein, alle geforderten Streubilder nach Norm ohne Spezialumbauten zu erreichen.“

5 Griffigkeitsuntersuchungen in der Klimakammer

Im Rahmen dieses Forschungsprojekts erfolgten Untersuchungen zur Beurteilung der Griffigkeit bei höheren aufgetragenen Mengen von Natriumchloridlösungen (NaCl-Sole) in einer Klimakammer der BASt. Ziel war es, den Einfluss von aufgetragener Tausalzlösung auf die Griffigkeit bei winterlichen Temperaturen zu beurteilen. Dabei war nicht nur die Griffigkeit unmittelbar nach dem Auftragen der Lösung, sondern auch bei verschiedenen Zwischenständen der Abtrocknung bis hin zur vollständigen Abtrocknung zu erfassen. Ebenso war Griffigkeit bei der Wiederbefeuchtung von abgetrockneter Lösung zu messen. Hintergrund dieser Betrachtung war, dass Unfälle im Winter entstanden sind, die anscheinend auf zu große Salzmengen zurückzuführen waren (chem. Glätte).

Darüber hinaus sollte zudem erforscht werden, ob die zurzeit geltende Empfehlung FS100 nur bis zur Temperatur von -6 °C einzusetzen in den tieferen Bereich bis zu -10 °C verschoben werden kann.

Für die Bestimmung der Griffigkeit stand ein SRT-Pendelgerät zur Verfügung.

Als Prüfflächen kamen verschiedene Bohrkerne (Durchmesser 15 cm) zum Einsatz, die bereits bei einem früheren Projekt genutzt wurden. Die damals ermittelten Oberflächeneigenschaften enthält die Tabelle 4. Die Angaben „alt“ und „neu“ beziehen sich auf den Zeitpunkt der Entnahme aus der Straße.

Tabelle 4: Griffigkeitswerte nach SRT und Rautiefen nach dem Sandfleckverfahren ausgewählter Deckschichtbauweisen für die Bestimmung der kritischen Wasserfilmdicke bei der Glättebildung

Auf die Bohrkerne wurden Sprühdichten bis zu 80 g/m2 aufgetragen. Dieser Wert überschreitet die Sprühdichteempfehlungen für vorbeugende und kurative Streueinsätze mit FS100-Technologie erheblich. Auf die Bohrkerne wurde Sole in der Klimakammer bei Temperaturen von -5 °C und -10 °C aufgetragen. Bislang konnte noch keine kritische Absenkung der Griffigkeit durch das Auftragen und anschließende Abtrocknung der aufgetragenen Sole erkannt werden. Bis auf eine Ausnahme übersteigen alle Zustände den kritischen SRT-Wert von 50 (5 x wiederholt und temperaturkorrigiert).

6 Typprüfung von FS100-Streumaschinen nach DIN EN 15597

Im Rahmen dieses Forschungsvorhabens wurden zwei Sole-Sprühmaschinen einer Typprüfung nach der DIN EN 15597-2 unterzogen. Hintergrund der Prüfungen waren weitere Untersuchungen zur Liegedauer von erweiterten Soleausbringungen. Da das Forschungsprojekt die breite Anwendung der FS100-Technologie auf Bundesfernstraßen untersucht, kamen hierbei nur Streumaschinen in Frage, die auch Streubreiten bis 12 m, sowohl mit Düsen als auch mit einem (modifizierten) Streuteller abdecken.

Die Typprüfung nach der genannten Norm umfasst eine statische und eine dynamische Prüfung. Die Prüfparameter der statischen und dynamischen Prüfung sind abhängig vom zu prüfenden Streumaschinentyp. Die in diesem Forschungsprojekt berücksichtigten Streumaschinen mit einer Streubreite bis zu 12 m entsprechen dem Typ B1 der DIN EN 15597-1.

Die statische Prüfung besteht darin, dass über Wägen die Genauigkeit und Gleichmäßigkeit des Prüfmaterialflusses und die angemessene Streumenge überprüft werden. Bei Streumaschinen für flüssige Streustoffe muss die Prüfung so durchgeführt werden, dass die Sole aus dem Streustoff-Verteilersystem (Düsen oder Teller) sicher aufgefangen wird. Die Prüfung wird im Stillstand durchgeführt, so dass daher die Fahrgeschwindigkeit zu simulieren ist. Die Anforderungen für die statische Prüfung in Bezug auf Streudichte, Streubreite und Streugeschwindigkeit für den Streumaschinen-Typ B1 können der nachfolgenden Tabelle 4 entnommen werden.

Tabelle 5: Anforderungen an die statische Prüfung, Typ B1

Die Anforderungen wurden von beiden Streumaschinen erfüllt.

Im Anschluss an die erfolgreich durchgeführte statische Prüfung schließt sich die dynamische Prüfung an. Durch diese Prüfung lässt sich die Qualität des Streustoffauswurfes sehr genau ermitteln. Bei der dynamischen Prüfung wird das Streufahrzeug aktiv getestet, das heißt fahrend und mit eingeschaltetem Streustoffverteiler. Dies gewährleistet eine Betrachtung des Streustoffauswurfes unter realen Bedingungen.

Das Prüffeld muss den Anforderungen der DIN EN 15597 entsprechen. Im Bereich der AM Mendig gibt es den Rastplatz Hummerich, A 61, Betriebskilometer 215,100, Fahrtrichtung Ludwigshafen, der die geforderten Abmessungen aufweist und für die dynamischen Prüfungen genutzt wurde.

Die zu erfüllenden Prüfparameter für die dynamische Prüfung sind aus der Tabelle 5 ersichtlich.

Tabelle 6: Anforderungen an die dynamische Prüfung, Typ B1

Die dynamische Prüfung wurde ebenfalls von beiden Streumaschinen erfolgreich absolviert.

Im Diagramm 1 wird der anspruchsvollste Prüfpunkt 3 dargestellt.

Diagramm 1: Vergleich der Streustoffverteilung von Sole mittels Düsen bzw. Teller

Anhand des Diagramms 1 kann das Ergebnis beider Streumaschinen ersehen werden. Die dynamische Prüfung wurde von beiden Herstellern bestanden, wobei sich die Verteilung der Sole voneinander unterscheidet. Streumaschinen verschiedener Hersteller weisen unterschiedliche Streucharakteristika auf, die auch hier recht gut zu beobachten sind. Die Bilder 11 und 12 bestätigen die Streustoffverteilung gemäß Diagramm 1. Erfreulich ist, dass bei beiden Streumaschinen die Ausbringungsmengen in die Straßenrandbereiche (sogenannter Überwurf links und rechts) sehr gering sind. Die Randbereiche stellen die Bankette dar. In diesen Bereichen sollte möglichst wenig Streustoff vorgefunden werden. Hier landen im Schnitt auf beiden Seiten des Straßenrandbereiches 28,2 % Sole bezogen auf die Streudichte je g/m², was bei 15 g/m² einem Salzgehalt von ca. 0,85 g/m² je Seite entspricht. Solche Werte sind ökologisch absolut vorbildlich (s. weitere Ausführungen im Abschnitt 7.3)

Bild 11: Blick auf die Streustoffverteilung, Prüfpunkt 3 – Ausbringung mittels modifizierter Teller

Bild 13: Blick auf die Streustoffverteilung, Prüfpunkt 3 – Ausbringung mittels Düsen

Beide Maschinen kämen somit für die erweiterten Untersuchungen, die im Rahmen von Feldversuchen getätigt werden sollten, in Frage.

Aufgrund der milden Winter 2021/22 sowie 2022/23 konnten die Feldversuche leider nicht durchgeführt werden. Es ist beabsichtigt, dieses im kommenden Winter 2023/24 nachzuholen.

7 Nachhaltigkeit der FS100-Technologie

Durch eine frühere Forschungsarbeit wurde bereits nachgewiesen, dass die betriebswirtschaftliche Bilanz der Soletechnologie abhängig ist von der technologischen Ausstattung der jeweiligen Autobahn- oder Straßenmeisterei. Die Anwendung der FS100-Technologie erfordert neue Technik zur Bereitstellung und Ausbringung des flüssigen Taustoffes. Die dafür erforderlichen Investitionen werden durch Streustoffeinsparungen gedeckt (Hausmann, 2012).

Bei einer konsequenten Nutzung der FS100-Technologie können darüber hinaus weitere Vorteile in Bezug auf die Nachhaltigkeit gewonnen werden. Dies sind:

  1. Wirtschaftlichkeit,
  2. Umweltschutz,
  3. Personalkapazität und
  4. Verkehrssicherheit.

7.1 Wirtschaftlichkeitsbetrachtung in Bezug auf die Streustoffe

In diesem Forschungsprojekt wurden aktuelle Wirtschaftlichkeitsberechnungen durchgeführt. Für den häufig zu bekämpfenden Fahrbahnzustand, die Reifglätte, werden im „Merkblatt für den Winterdienst auf Straßen“, Ausgabe 2020 der FGSV, Anhaltswerte für die Streumenge pro m² empfohlen. Für die Berechnung der Salzeinsparung beim Wechsel von FS30- auf FS100-Streuung wird nachstehend nur von vorbeugenden Streueinsätzen gegen Reifglätte bei -6 °C ausgegangen, wobei für die FS100-Streudichte 15 g/m² anstatt 15 ml/m² angesetzt worden sind. In der Praxis wird auch bei FS100-Streuung die Streudichte in den Streufahrzeugen in g/m² eingegeben. Auch in der Streumaschinennorm DIN EN 15597-2 wird die Streudichte für flüssige Taustoffe in g/m² angegeben. In der Tabelle 7 ist beispielhaft die Einsparung für 50 Präventiv-Einsätze gegen Reifglätte bei -6 °C und für eine Streufläche von 1,0 Mio. m² dargestellt. Für dieses Beispiel ergibt sich eine Salzeinsparung von 57 %.

Tabelle 7: Salzeinsparung durch FS100 anstatt FS30 bei einer Streufläche von 1,0 Mio. und 50 Präventiveinsätzen gegen Reifglätte bis -6 °C

Im Bild 13 sind die Salzeinsparungen in Abhängigkeit von unterschiedlichen Streuflächen und von der Anzahl präventiver FS100-Volleinsätze gegen Reifglätte bei Fahrbahntemperaturen bis -6 °C dargestellt. Je mehr präventive Einsätze erfolgen und je größer die Streufläche ist, desto größer ist dementsprechend die Salzeinsparung.

Bild 13: Salzeinsparung in Abhängigkeit von den Streuflächen und von der Anzahl präventiver FS100-Volleinsätze gegen Reifglätte bei Fahrbahntemperaturen bis -6 °C

Für die Fahrbahnfläche von 1,0 km² ist die Einsparung in Abhängigkeit von der Anzahl der Präventiveinsätze und dem Salzpreis im Bild 14 in grafisch dargestellt.

Bild 14: Salzkosteneinsparung bei 1,0 kFahrbahnfläche in Abhängigkeit vom Salzpreis und von der Anzahl präventiver FS100-Volleinsätze gegen Reifglätte bei Fahrbahntemperaturen bis -6 °C

Eine grobe Abschätzung für das gesamte Bundesgebiet mit den befestigten Flächen (ohne Äste) der Bundesautobahnen (300 km2) und der Bundesstraßen (339 km²) ergibt für das Szenario mit 50 Präventiv-Einsätzen folgende jährliche Einsparpotenziale:

  • Bundesautobahnen
    65.000 t Salz
    3,5 Mio. € (Salzpreis 75 €/t)
  • Bundesstraßen
    74.000 t Salz
    3,9 Mio. € (Salzpreis 75 €/t)

(die befestigten Flächen wurden dem „Handbuch für Straßen- und Verkehrswesen“ (Elsner 2022) entnommen.)

Die erzielten Einsparungen beim Streustoff vermindern die Winterdienst-Gesamtkosten bzw. können für Investitionen in Streumaschinen genutzt werden.

7.2 Wirtschaftlichkeitsbetrachtung in Bezug auf die Winterdienstorganisation

Neben der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung im Hinblick auf die Streustoffeinsparung muss auch eine Betrachtung im Hinblick auf die genutzte Streutechnologie erfolgen. Hier ist es von besonderer Bedeutung herauszustellen, welche Einsparungspotenziale der Winterdienst mit FS100 im Gegensatz zum „Standardverfahren“ FS30 aufweist.

Diese Betrachtung kann jedoch nicht pauschal erfolgen, da jedes Bundesland eigene Winterdienstregelungen hat. Hiermit verbunden sind unterschiedliche Personalanforderungen, Winterdienstkonzepte sowie finanzielle Möglichkeiten. Daher werden hier 2 Szenarien dargestellt. Es werden die Einsparpotenziale der FS100-Nutzung auf Autobahnen sowie auf dem klassifizierten Straßennetz veranschaulicht. Aufgrund von detaillierten Kenntnissen des Realwinterdienstes in Rheinland-Pfalz, werden die Einsparpotenziale dieser beiden Straßenkategorien, auch am Beispiel dieses Bundeslandes dargestellt.

Trotz Abweichungen in anderen Bundesländern wird angenommen, dass die hier erläuterten Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen zu ähnlichen Ergebnissen führen.

7.2.1 Winterdienstszenario Straßenmeistereien

57 Straßenmeistereien in Rheinland-Pfalz sind zuständig für das klassifizierte Straßennetz, bestehend aus 2.871 km Bundesstraßen, 7.224 km Landesstraßen und 7.339 km Kreisstraßen2).

Der Winterdienst wird nach besten Kräften in der Zeit von 6:00 bis 22:00 Uhr durchgeführt, so dass in diesem Zeitraum je nach Wetterlage geräumt und gestreut wird. Um rechtzeitig vor Beginn des Berufsverkehrs die Befahrbarkeit zu gewährleisten, wird bereits um 3:00 Uhr mit den ersten Kontrollfahrten begonnen, um einen ersten Eindruck über Glättezustände zu erhalten. Hierbei befährt das Kontrollteam neuralgische, zu Glätte neigende Straßenbereiche, um zu ermitteln, ob sich Glättezustände beobachten lassen. Sollte Glätte erkannt werden, wird unverzüglich ein flächendeckender Winterdiensteinsatz ausgerufen. Bleiben die Kontrollfahrten hingegen unauffällig, erfolgt kein Winterdiensteinsatz.

Der Winterdiensteinsatz erfordert hohe Personal- und Geräteressourcen, die nachfolgend näher betrachtet werden. Hierbei wird sich lediglich auf Reifglätteereignisse sowie Glätte durch überfrierende Feuchte beschränkt, da sich gerade diese Glättearten mit FS100 bevorzugt behandeln lassen.

Die entsprechenden Kontrollfahrten erfolgen immer mit 2 Fahrern, die mit 2 Lkw ihre Kontrollrouten abfahren. Sollte ein Winterdiensteinsatz notwendig werden, werden zusätzlich 2 weitere, in Rufbereitschaft befindliche Fahrer sowie der Einsatzleiter aktiviert. Somit erfordert ein nächtlicher Winterdiensteinsatz in Rheinland-Pfalz insgesamt 5 Mitarbeiter. 4 Mitarbeiter bedienen dann das gesamte Straßennetz mit FS30 und 1 Einsatzleiter fungiert als Koordinator und Ansprechpartner.

Wie bereits dargestellt, wird angenommen, dass in einer Winterperiode ca. 50 Präventiv-Einsätze notwendig sind, so dass in Tabelle 8 die Personalkosten für das oben beschriebene Szenario dargestellt werden.

2) Straßenlängenverzeichnis Rheinland-Pfalz, 2022

Tabelle 8: Darstellung der Winterdienstkosten bei Präventiveinsätzen von Straßenmeistereien mit FS30

Erläuterungen zu den Zeilen, Tabelle 8:

Zeile 2:

Hier wird von 50 Einsätzen in einer Winterdienstsaison ausgegangen, was sich mit den praktischen Gegebenheiten deckt.

Zeile 3:

Es wird die Wahrscheinlichkeit für die Winterdiensteinsätze angegeben. Dieser Wert berücksichtigt folgende Überlegungen: Bei der reinen Soleausbringung haben bereits frühere Forschungsergebnisse (Hausmann, 2012) sowie Einsatzerfahrungen in der AM Mendig, Rheinland-Pfalz, gezeigt, dass Restsalz von vorhergehenden Einsätzen sehr positive Auswirkungen auf die Winterdienstorganisation haben. Dieses Phänomen bezeichnet man als „Imprägnierfaktor“ und geht mit einer deutlich längeren Liegezeit einher. Bei praktischen Untersuchungen mit FS100 im Winter 2015/16 in der AM Mendig wurden Liegezeiten von bis zu 28 Stunden festgestellt. Nun ist es bei der Nutzung von FS30 so, dass Präventiveinsätze täglich wiederholt werden müssen, da gerade dieser „Imprägnierfaktor“ nicht vorhanden ist. Innerhalb von Minuten bis zu einigen wenigen Stunden treten Streuverluste bis zu 80 % auf, was dazu führt, dass präventive Einsätze mit FS30 täglich wiederholt werden müssen. Somit entspricht dieser Wert in der Zeile 3 einer Einsatzwahrscheinlichkeit für präventive Winterdiensteinsätze von 100 %.

Zeile 7 und 8:

Die Kosten wurden durch die Fachgruppe Betriebsdienst des Landesbetriebes Mobilität Rheinland-Pfalz mittels der ergebnisorientierten Betriebsdienststeuerung (Controlling) ermittelt und den Forschungsnehmern zur Verfügung gestellt (Stand 2022).

Zeile 9:

Hier wird die Dauer des Einsatzes mit 3 Stunden angegeben. Der Landesbetrieb Mobilität des Landes Rheinland-Pfalz verfolgt den Ansatz, dass ein flächendeckender Einsatz bis zum Beginn des Berufsverkehrs abgeschlossen sein soll. Hierbei beginnt der Einsatz um 3:00 und endet um 6:00 Uhr, so dass auch die Empfehlungen des Merkblattes für den Winterdienst 2020 hinsichtlich der Räum- und Streuzeiten eingehalten werden. Zudem lassen die hohen Streuverluste einen längeren Vorlauf nicht zu, so dass versucht werden muss, unmittelbar vor Glättebeginn, Tausalz auf die Straße auszubringen. Längere Vorlaufzeiten sind dabei zu vermeiden.

Zeile 13:

Betrachtet man sich abschließend die Zeile 13, so kann man festhalten, dass die 50 Präventiveinsätze entsprechend der Organisationsstruktur des Landes Rheinland-Pfalz mit FS30 in einer Winterdienstsaison Kosten von 61.380 € pro Straßenmeisterei verursachen.

Zeile 14:

Die gesamten Winterdienstkosten des Landes Rheinland-Pfalz mit FS30 ergeben sich zu ca. 3,5 Millionen €.

Zeile 15:

Zeile 15 gibt einen Überblick auf die anfallenden Personalstunden. Demnach fallen 750 Stunden Personalstunden für präventive Einsätze mit FS30 pro Meisterei und Wintersaison an.

Demgegenüber wird in der Tabelle 9 dargestellt, wie der Winterdienst mit der FS100-Technologie optimiert werden kann.

Tabelle 9: Darstellung der Winterdienstkosten bei Präventiveinsätzen von Straßenmeistereien mit FS100

Erläuterungen zu den Zeilen, Tabelle 9:

Zeile 2-4:

Im Gegensatz zu FS30 ermöglicht die reine Soleanwendung, dass nicht täglich Präventiveinsätze gefahren werden müssen. Wie bereits erläutert, wirken sich FS100-Einsätze imprägnierend aus, so dass durch diese Wirkung mindestens jeder 4. Einsatz (ca.25 %) entbehrlich ist. Nach Erfahrungen bei der AM Mendig konnten bei konsequenter Anwendung der FS100-Technologie die Präventiveinsätze sogar um 1/3 bis hin zu 50 % reduziert werden. Daher wird in Zeile 3 die Wahrscheinlichkeit für Einsatzfälle mit 75 % angegeben, was bedeutet, dass keine 50 Präventiveinsätze zu fahren sind, sondern lediglich 38 Einsätze.

Zeile 5:

Hier wird angenommen, dass das eingesetzte Personal von 5 auf 2 reduziert werden könnte, da nun aus der Kontrollfahrt direkt eine präventive Einsatzfahrt mit FS100 wird.

Es besteht dann die Möglichkeit, aufgrund der längeren Liegedauer der Sole auf der Fahrbahn, den Einsatz entsprechend vorzuziehen. Hier ist zu empfehlen, um der Verkehrssicherheit gerecht zu werden, dass der Einsatz so weit vorverlegt wird, dass der Umlauf vor Eintritt des Berufsverkehrs (6:00 Uhr) beendet werden kann.

Zeile 9:

Aufgrund des reduzierten Fahrzeugeinsatzes verlängert sich die Einsatzzeit gegenüber FS30. Da es sich um Präventiveinsätze handelt, bestehen keine zeitlichen Vorgaben die zu berücksichtigen sind, so dass eine Einsatzverlängerung durchaus geduldet werden kann. Dementsprechend wird in diesem Szenario der Einsatzbeginn von 3:00 Uhr auf 21:00 Uhr vorverlegt. Beachtet man die Einsatzdauer von 5,5 Stunden, so endet der Einsatz um 2:30 Uhr. Mit diesem Einsatzende wird auch berücksichtigt, dass der tiefsten zu erwartenden Temperatur im Winter, welche in der Regel zwischen 2:00 und 4:00 Uhr eintritt, begegnet wird.

Zu erwähnen ist noch, dass in diesem Szenario kein Einsatzleiter benötigt wird. Der Einsatzleiter hat die Aufgabe den Winterdienst zu koordinieren. Dieses macht nur dann Sinn, wenn der Einsatz einen gewissen Aufwand erreicht. Bei 2 Fahrzeugen ist der Koordinierungsaufwand vernachlässigbar, wobei vorausgesetzt werden muss, dass die Fahrer die entsprechenden Routen sicher kennen müssen. Dieses ist organisatorisch durch Schulungen zu gewährleisten.

Zeile 13:

Zusammenfassend ist hier ersichtlich, dass die Winterdienstkosten einer Straßenmeisterei in Bezug auf die Personalkosten bei Nutzung der FS100-Technologie in einer Winterdienstsaison 42.845 € betragen und somit um 18.835 € niedriger liegen als bei der Nutzung von FS30.

Zeile 15:

Mit dieser präventiven Arbeitsweise summieren sich die Personalstunden auf 418, was einer Einsparung gegenüber der Standardarbeitsweise mit FS30 von 332 Stunden bedeutet.

Somit lassen sich die Einsparungen, bezogen auf das ganze Land Rheinland-Pfalz, unter Berücksichtigung von 57 Straßenmeistereien auf 1.056.495 € beziffern.

7.2.2 Winterdienstszenario Autobahnmeistereien

Nachfolgend wird betrachtet, wie sich die Situation im Bereich der Autobahnen darstellt. Seit dem 1.1.2021 nimmt die Autobahn GmbH des Bundes die Zuständigkeit für die Autobahnen wahr. Sie ist somit zuständig für die Planung, den Bau, die Instandhaltung und den Betrieb der rund 13.000 km Autobahnen.

Aufgrund der Tatsache, dass organisatorisch noch keine einheitlichen Winterdienstregelungen, insbesondere im präventiven Bereich existieren (Stand 2022), basiert die folgende Betrachtung auf den Regelungen des Landes Rheinland-Pfalz. Hier hat der Landesbetrieb Mobilität vereinbart, dass der Winterdienst auf Autobahnen mittels präventiver Maßnahmen verkehrssicherer gestaltet werden soll. Hierzu wurden die Autobahnmeistereien größtenteils mit ausreichend dimensionierten Solelöseanlagen und Salzsilos ausgestattet. Zudem wurden nahezu alle Meistereien mit mindestens einem hybriden Streufahrzeug ausgerüstet, welches sowohl FS30 als auch FS100 ausbringen kann.

Die Winterdienstorganisation wurde so gestaltet, dass mindestens 2 Mitarbeiter im Winterdienst in Rufbereitschaft versetzt werden. Sollte aufgrund einer Wetterlage mehr Personal erforderlich sein, kann die Rufbereitschaft aufgestockt werden. Aufgrund der Tatsache, dass sich die Berechnungen an den Glätteereignissen Reif und überfrierende Feuchte orientiert, wird mit dem Standardfall von 2 Mitarbeitern gerechnet. Zudem wird ein Winterdienstkoordinator aktiviert, der den Einsatz leitet und zusätzlich das Wetter und die Straßenwetterstationen beobachtet, um auf jegliche Wetterveränderungen sehr schnell reagieren zu können. Des Weiteren ist der Winterdienstkoordinator Ansprechpartner für Polizei und Bürger.

Wie auch bei den Straßenmeistereien wird angenommen, dass es in einer Winterdienstperiode zu 50 Präventiveinsätzen kommt. In der nachfolgenden Tabelle 10 sind die Ergebnisse für das Szenario mit FS30 aufgeführt.

Tabelle 10: Darstellung der Winterdienstkosten bei Präventiveinsätzen von Autobahnmeistereien mit FS30

Erläuterungen zu den Zeilen, Tabelle 10:

Zeilen 3-5: Es wird von 50 Präventivstreuungen ausgegangen.

Zeile 5: Die Situation des Personals gestaltet sich so, dass sich im Winterdiensteinsatz 2 Fahrer auf der Strecke befinden und ein Winterdienstkoordinator bzw. Einsatzleiter in der Einsatzzentrale der AM.

Zeile 7 und 8:

Die Kosten wurden durch die Fachgruppe Betriebsdienst des LBM Rheinland-Pfalz mittels der ergebnisorientierten Betriebsdienststeuerung (Controlling) ermittelt und den Forschungsnehmern zur Verfügung gestellt (Stand 2022).

Zeile 9:

Es wird von einer Einsatzdauer von 9 Stunden ausgegangen, wobei die Dauer variieren kann. In diesem Fall erfolgt der Einsatzbeginn um 22:00 Uhr und endet um 7:00 Uhr.

Zudem ist aufgrund der 24 Stunden-Winterdienstbetreuung auf Autobahnen das Personal im Winterdienstfall vorzuhalten. Wenn es jedoch, wie hier angenommen, zu einem Präventiveinsatz gerufen wird, verbleibt das Personal bis zur Frühschicht vor Ort. Des Weiteren ist davon auszugehen, dass aufgrund der hohen Streu- und Wehverluste durch die Nutzung von FS30 weitere Kontrollfahrten im Anschluss an die Präventivfahrt erforderlich werden.

Zeile 13:

Hier sind die Winterdienstkosten einer AM aufgeführt. Die Summe der Winterdienstkosten für das gesamte Land Rheinland-Pfalz summiert sich auf einen Betrag von 1.193.400 €, da der Betrag aus Zeile 13 mit der Gesamtanzahl von 13 Meistereien im Land multipliziert werden muss (Zeile 14).

Zeile 15:

Hier werden die Personalstunden je Meisterei und Wintersaison dargestellt. Demnach fallen

1.350 Personalstunden in einem Winter pro Meisterei für reine Präventiveinsatze mit FS30 an.

Im Weiteren wird dargestellt, wie sich eine konsequente Anwendung von FS100 gegenüber der Anwendung von FS30 auswirken könnte. Die Ergebnisse sind in der Tabelle 11 enthalten.

Tabelle 11: Darstellung der Winterdienstkosten bei Präventiveinsätzen von Autobahnmeistereien mit FS100

Erläuterungen zu den Zeilen, Tabelle 11:

Zeile 3 und 4:

Hier wird ebenfalls davon ausgegangen, dass durch den Imprägniereffekt von FS100 bis zu 25 % der Einsätze entfallen. Daher wird mit einer tatsächlichen Präventiveinsatzzahl von 38 Einsätzen gerechnet.

Zeile 5:

Hier wird aufgezeigt, dass nur 2 Mitarbeiter ohne den Winterdienstkoordinator den Präventiveinsatz durchführen können. Es wird der Ansatz verfolgt, dass es neben Einsatzplänen für kuratives Streuen auch solche für Präventiveinätze gibt, sodass es für einen Einsatzleiter keinen Koordinierungsaufwand gibt und somit sein Einsatz entbehrlich bleibt.

Zeile 7 und 8:

Siehe obige Erläuterungen zu FS30. Zeile 9:

Die Dauer des Einsatzes wird auf 5,5 Stunden anberaumt, da durch die 2 Fahrzeuge größere Streurouten zu bedienen sind. Ein weiterer Ansatz für diese Zeitdauer berücksichtigt den Umstand, dass man den präventiven Einsatz tagsüber zur regulären Arbeitszeit durchführen kann, wobei jedoch die hohe Verkehrsdichte höhere Streugeschwindigkeiten, wie sie zur Nachtzeit gefahren werden können, teilweise nicht zulässt. Diese Überlegung ist in den Zeitansatz eingeflossen. Wie bereits erwähnt gibt es für Präventiveinsätze keine Anforderungen an die Einsatzzeiten, so dass diese Vorgehensweise im Hinblick auf die Einsatzdauer nicht zu beanstanden ist. Zudem unterstützt die hohe Liegedauer von FS100 solche modernen Einsatzgestaltungen. Die AM Mendig praktiziert diese Winterdienstorganisation schon einige Jahre recht erfolgreich.

Zeilen 13 und 14:

Hier ist die Summe der Winterdienstkosten ersichtlich. Im Vergleich zur FS30-Anwendung ist das hier betrachtete Szenario um 58.360 €/AM wirtschaftlicher. In der Summe aller Autobahnmeistereien in Rheinland-Pfalz beträgt die Einsparmöglichkeit 434.720 €.

Zeile 15:

Der Blick auf die Personalstunden zeigt, dass bei FS100-Präventiveinsätzen 418 Personalstunden anfallen und somit um 932 Stunden gegenüber zur präventiven Arbeit mit FS30 reduziert werden können.

Die Niederlassungen der Autobahn GmbH des Bundes weisen, aufgrund der Umorganisation eine größere Anzahl an Meistereien auf, wobei die Berechnung und die Systematik durchaus auf alle übertragen werden kann.

In den berechneten Szenarien beschränkten sich die Optimierungsmöglichkeiten auf die Winterdienstorganisation. In beiden Szenarien wurden erhebliche Einsparpotenziale aufgezeigt, die durch eine konsequente Umstellung des präventiven Winterdienstes von FS30 auf FS100 erreicht werden können. Die Einsparpotenziale beruhen auf einer idealisierten Darstellung und sind so berechnet, dass es keine Beeinträchtigung durch Defekte an den Fahrzeugen bzw. an der Soleanlage und Personalausfall gibt.

Fasst man die Einsparpotenziale in Bezug auf die Winterdienstorganisation sowie der Streustoffe zusammen, so gibt es für eine Verweigerung von FS100 im präventiven Winterdienst kein Platz.

7.3 Umweltschutz

Die Einsparung von Salz ist verbunden mit einer Verminderung des Energieaufwandes, den entsprechenden CO2-Emissionen bei der Salz-Produktion und dem Salz-Transport. Für die Steinsalz-Produktion beträgt der CO2-Fußabdruck 13 kg CO2eq/t. Der Lkw-Transport mit einem Diesel-Lkw (>32 t, EURO 3/5 50:50) ist verbunden mit einem CO2-Fußabdruck von 0,086 kg 13 kg CO2eq/tkm (Götzfried, 2018). Daraus ergibt sich bei einer Entfernung der Meisterei zum liefernden Salzbergwerk von 250 km ein gesamter CO2-Fußabdruck von 34,5 kg CO2eq/t.

Für das Szenario mit 50 präventiven Streueinsätzen betragen die erzielbaren jährlichen Salzeinsparungen 65.000 t bei den Bundesautobahnen und 74.000 t bei den Bundesstraßen. Mit dem CO2-Fußabdruck von 34,5 kg CO2eq/t errechnen sich für die Bundesautobahnen in Höhe von 2.243,5 t CO2eq und für die Bundesstraßen von 2.590 t CO2eq, die den eingesparten Salzmengen zuzuschreiben sind. Insgesamt können bei voller Ausschöpfung der Einsparpotenziale infolge der Nutzung der FS100-Technologie im Bundesgebiet 4.833,5 t CO2eq-Emissionen vermieden werden.

Die Salzeinsparung durch die FS100-Technologie hat neben der Reduzierung der CO2-Emissionen in der Prozesskette Winterdienst auch nicht quantifizierbare positive Effekte für die Umwelt. Dies sind verringerte Einwirkungen auf Straßenrandböden und straßennahe Vegetation durch weniger ausgebrachte Salzmengen.

Diese positiven, weiteren Effekte werden anhand von Streustoffauswürfen aus aktuellen Typprüfungen in den Diagrammen 2 und 3 erläutert.

Diagramm 2: Streustoffverteilung einer FS100-Sprühmaschine, Prüfpunkt 15 g/m²-12 m (6L-6R)-60 km/h

Diagramm 3: Streustoffverteilung einer FS30-Sprühmaschine, Prüfpunkt 20 g/m²-12 m (9L-3R)-40 km/h

Die gezeigten Diagramme stellen typische Streustoffverteilungen von Streumaschinen dar.

Von großem Interesse sind hierbei die Überwürfe links und rechts. Die Überwürfe simulieren die Straßenrandbereiche bzw. die Bankette. Sie gehen ohne Wirkung auf der Straße verloren. Diese sollen möglichst wenig mit Tausalzen in Berührung kommen, was sich leider nicht vermeiden lässt. Die DIN EN 15597 hat daher die Salzeinwirkungen begrenzt.

Betrachtet man sich die FS100-Sprühmaschine, so beträgt der Eintrag des Salzes in die Randbereiche 25,8 % (13,5 % links+12,3 % rechts) der Sollmenge je m². Bei einer Ausbringungsmenge von 15g/m² und einer Soledichte von 20 % betragen die tatsächlichen Salzmengen, die im Randbereich landen 0,77 g/m Fahrbahnlänge und Seite.

Betrachtet man sich die Salzimmissionen im Diagramm 3 (FS30-Verfahren) so betragen diese 75,7 % der Sollmenge je m². Unterstellt man einen Streustoffauswurf von 15 g/m² (die Prüfung wurde tatsächlich mit 20 g/m² getätigt) so betragen die Salzmengen, die im Bankett landen 8,6 g/m Fahrbahnlänge und Seite.

Die entspricht in diesem Fall einem Faktor 11!

Als Faustformel kann man festhalten, dass die wirkungslosen Salzimmissionen austragungsbedingt in die Straßenrandbereiche um das 10-fache bei der Nutzung von FS30 höher liegen als bei FS100.

7.4 Personalkapazität

Die Anwendung der FS100-Streuung bei vorbeugenden Streueinsätzen wirkt sich positiv auf die Beschäftigung der Winterdienstmitarbeiter aus. Die vorbeugenden Streueinsätze müssen nicht, wie bei FS30, unmittelbar vor einer drohenden Glättebildung nachts durchgeführt werden, sondern können bereits am Vortag erfolgen. Auch sind weniger nächtliche Kontrollfahrten erforderlich. Dadurch entfällt für die Mitarbeiter die besonders belastende Nachtarbeit. Diese Aspekte führen dazu, dass die Mitarbeiter am Folgetag für andere Arbeiten zur Verfügung stehen.

Untersucht werden soll die potenzielle Steigerung der Arbeitsleistung einer Meisterei, aufgrund des „Mehrgewinns“ an Stunden im Winterdienst, da das Personal nicht in nächtlichen Winterdiensteinsätzen aktiv ist und anstatt dessen tagsüber für anderweitige Arbeiten zur Verfügung stehen.

Der Betriebsdienst wird im Winter dominiert von 2 Tätigkeiten, die in einer gewissen Wechselwirkung zueinanderstehen. Auf der einen Seite ist der Winterdienst für sichere Straßen unumgänglich und andererseits sind Gehölzpflegemaßnahmen ebenfalls sehr wichtig für die Verkehrssicherheit sowie für die Pflege der Flora und Fauna.

Beschränkt werden die Arbeiten zudem durch die gesetzliche Vorgabe, dass Gehölzpflegemaßnahmen nur im Zeitraum vom 1. Oktober bis Ende Februar vollbracht werden dürfen. Durch diesen „Zwang“ ist jede gewonnene Stunde in der Gehölzpflege von hoher Bedeutung und es muss jede Möglichkeit in Betracht gezogen werden, Personal für diese Tätigkeiten einzusetzen bzw. vorzuhalten.

Anhand von ermittelten Leistungskennwerten der Betriebsdienstabteilung des Landesbetriebes Mobilität Rheinland-Pfalz können Arbeitsprozesse sehr genau betrachtet und gesteuert werden.

Leistungskennwerte von Betriebsdienstprozessen geben Aufschluss darüber, wie viele Personalstunden für gewisse Tätigkeiten benötigt werden. Dies dient einer einheitlichen Steuerung des Betriebsdienstes und gibt einen Überblick darüber, ob die Arbeiten mit dem dafür zur Verfügung stehenden Personal effektiv und wirtschaftlich ausgeführt werden.

Es wurden folgende Tätigkeiten untersucht:

  • Gehölzflächen zurückschneiden (Horizontalschnitt, auf den Stock setzen),
  • Straßenabläufe und Schächte reinigen,
  • Schlaglöcher beseitigen (Sofortmaßnahme).

Die Tabelle 12 gibt einen Überblick über die Tätigkeit mit den entsprechenden Leistungskennwerten für Straßenmeistereien, sowie das mögliche Arbeitsergebnis, welches durch die eingesparten Stunden (Nutzung von FS100 anstatt FS30 im Präventivwinterdienst) erreicht werden kann.

Tabelle 12: Produktivitätssteigerung durch die mit FS100 eingesparten Stunden

Erläuterungen zur Tabelle 12:

Produkt 1, Zeile 1:

Der Leistungskennwert für das Produkt Gehölzflächenrückschnitt sagt aus, dass der Medianwert (derjenige Messwert, der genau „in der Mitte“ steht, wenn man die Messwerte der Größe nach sortiert) aller Meistereien in Rheinland-Pfalz 0,065 Pers.-h/m² Gehölzfläche beträgt. Dies bedeutet, dass 1 Mitarbeiter einer Meisterei es in 3,9 Minuten schafft, auf einer Fläche von 1 m² das Gehölz auf den Stock zu setzen.

Produkt 1, Zeile 2:

Wie bereits in Ziffer 8.2.1 dargestellt, spart eine SM durch konsequente Nutzung von FS100 bei Präventiveinsätzen im Winterdienst gegenüber der Nutzung von FS30 332,00 Arbeitsstunden ein.

Produkt 1, Zeile 3:

Nutzt man nun die eingesparten Winterdienststunden für Gehölzarbeiten, so könnte man dadurch zusätzlich eine Fläche von 5.108 m² zurückschneiden.

Produkte 2 und 3:

Betrachtet man sich die Produkte 2 (Straßenabläufe und Schächte reinigen) und 3 (Schlaglöcher beseitigen) so könnten bis zu 1.145 Straßenabläufe und Schächte zusätzlich gereinigt oder bis zu 1.038 Schlaglöcher beseitigt werden.

Ähnliche Effekte lassen sich auch bei den Autobahnmeistereien realisieren. In der Tabelle 13 sind die detaillierten Ergebnisse enthalten.

Tabelle 13: Produktivitätssteigerung durch die mit FS100 eingesparten Stunden

Entsprechend den Erläuterungen für Straßenmeistereien lassen sich durch die Anwendung der FS100-Technologie auch sehr beachtliche Einsparungen bei Autobahnmeistereien erreichen. Es könnten bis zu 9.320 m² Gehölze zurückgeschnitten oder bis zu 2.330 Schächte gereinigt oder bis zu 621 Schlaglöcher beseitigt werden.

Betrachtet man sich die Produktivitätszugewinne nicht nur für eine einzelne Meisterei, sondern für alle Meistereien der Länder oder für den gesamten Zuständigkeitsbereich der Autobahn GmbH des Bundes so werden Möglichkeiten eröffnet, die durch andere Organisationsoptimierungen nur schwer zu erreichen wären.

7.5 Verkehrssicherheit

In einem Forschungsprojekt konnten die durchgeführten Messungen bestätigen, dass der Salzanteil in Salzlösungen bei präventivem Einsatz unter Verkehrseinwirkung eine deutlich längere Liegezeit hat als Salz, das mit der FS30-Technologie ausgebracht wird (Hausmann, 2012).

Bereits nach einer Stunde Verkehrseinwirkung wurden 81,6 % des als FS30 ausgestreuten Salzes von der Fahrbahn verfrachtet. Von dem als Sole gelösten Salz betrugen die Verluste lediglich 33,8 %. Nach vier Stunden Verkehrseinwirkung beträgt der Verlust bei FS30 Streuung 82 %, während bei Sole ein Verlust von 41,1 % gemessen wurde. Nach 22 Stunden Verkehrseinwirkung waren bei der Soletechnologie durchschnittlich noch 59,9 % des Salzes vorhanden. Für FS30 liegen für diesen Zeitraum keine Messungen vor (Bild 15).

Die visuellen Beobachtungen, die während der Streuversuche durchgeführt wurden, ließen deutlich erkennen, dass große Mengen des befeuchteten Salzes bereits in den ersten Minuten nach der Streuung an den Fahrbahnrand verfrachtet werden. Das bedeutet, dass durch die mit FS30 ausgebrachten größeren Salzmengen keinerlei Vorteil für die Verkehrssicherheit zu erwarten ist (Hausmann, 2012).

Die Taustoffverfrachtung wird vor allem durch die abrollenden Reifen und Verwirbelungen hinter den Fahrzeugen verursacht (Bild 16).

Bild 15: Vergleich der Taustoffverluste durch Verkehrseinwirkung auf Autobahnen nach präventiver Streuung (Hausmann, 2012)

Das Bild 16 zeigt das Problem der Salzverfrachtung recht eindeutig.

Bild 16: Verfrachtetes Salz im Randbereich (Quelle: Bunoza)

8 Vorschläge zur breiteren Anwendung der FS100-Technologie

Alle betrachteten Aspekte unterliegen zahlreichen neuen Überlegungen zum präventiven Winterdienst, die nur erreichbar sind, wenn gewisse Voraussetzungen gegeben sind, wie z. B. Folgende:

  • Verfügbarkeit von Sole in der Meisterei,
  • Ausstattung der Meisterei mit Streumaschinen, die für die Soleausbringung geeignet sind,
  • Präzise Informationen über die Wetterlage und -entwicklung sowie zum Straßenzustand,
  • Vermittlung von Kenntnissen über die FS100-Technologie an alle involvierten Mitarbeiter durch umfassende Schulung.

8.1 Solebereitstellung

Für die Anwendung der FS30- und FS100-Technologien ist die Verfügbarkeit von Sole entsprechend dem Bedarf essenziell. Die Sole kann von Lieferanten bezogen werden oder durch Eigenerzeugung in hierfür vorhandenen Löseanlagen bereitgestellt werden.

Es wird empfohlen, dass die Meistereien mit nachstehenden Mindest-Soleerzeugungskapazitäten ausgestattet werden:

  • AM mit 75 Bewertungs-km
    2.600 Liter/Stunde (bei einer täglichen Betriebszeit von 20 Stunden mit automatisierten Anlagen)
    6.500 Liter/Stunde (wenn die Anlage nur tagsüber betrieben wird)
  • SM mit 300 km Netzlänge
    2.100 Liter/Stunde (tägliche Betriebszeit 20 Stunden)
    6.000 Liter/Stunde (wenn die Anlage nur tagsüber betrieben wird).

8.2 Ausstattung mit Streumaschinen

Um die FS100-Technologie anwenden zu können, ist die Ausstattung der Autobahn- und Straßenmeistereien mit dafür geeigneten Streumaschinen erforderlich. Dabei ist zu unterscheiden zwischen Sprühmaschinen, die nur für FS100-Einsätze verwendet werden können, und kombinierten Streumaschinen, die neben FS100 auch für andere Streutechnologien geeignet sind. Letztere werden nachfolgend als hybride Streumaschinen bezeichnet.

Hybride Streumaschinen werden für den Winterdienst auf Bundesfernstraßen als besonders geeignet angesehen. Hybride Streumaschinen können ohne Umrüstung sowohl FS30 als auch FS100 bei vorbeugenden und kurativen Streueinsätzen ausbringen. Diese Streumaschinen sollen auch geeignet sein, um unterschiedliche Fahrbahnbreiten zu bearbeiten. Diese Flexibilität ermöglicht dem Fahrer, die Streumethode an die Fahrbahn- und Wetterbedingungen anzupassen, ohne dass eine Rückkehr zur Meisterei erforderlich ist, um das Fahrzeug bzw. die Streumaschine zu tauschen.

8.3 Straßenzustands- und Wetterinformationssystem (SWIS)

Um den Winterdienst mit FS100 wirksam einsetzen zu können, ist für Meistereien die Verfügbarkeit eines Straßenzustands- und Wetterinformationssystems (SWIS) außerordentlich wichtig. Durch eine flächendeckende Nutzung von SWIS werden gezielte vorbeugende Winterdiensteinsätze ermöglicht. Eine zuverlässige Vorhersage von Raureif und Reifglätte kann die Einsatzplanung und die vorbeugende Streuung mit FS100 besonders gut unterstützen.

8.4 Schulung und Ausbildung

Um die Anwendung der FS100-Technologie weiter zu verbreiten, ist es auch wichtig, die Beschaffer von Streumaschinen und Salzlöseanlagen, und Anwender (Meistereileiter, Winterdiensteinsatzleiter, Straßenwärter) von den Vorteilen dieser Technologie zu überzeugen. Die FS100-Technologie muss Bestandteil der Winterdienst-Schulungen und dazugehöriger praktischer Unterweisungen sein.

Die FS100-Schulungen sollten folgende Themen behandeln:

  • Definition von FS100,
  • Vorteile von FS100 gegenüber anderen Streutechnologien,
  • Technische Voraussetzungen (Sole-Streumaschinen, Soleanlage),
  • Anwendung und deren Grenzen (Glättefälle, Temperaturen, Streudichten, Einsatzzeitpunkt, Umlaufzeiten)
  • Justierung von Solestreumaschinen,
  • Reinigung von Sprühdüsen, Sprühteller, Solefilter, Soletanks,
  • Dokumentation von FS100-Einsätzen,
  • FS100-Sonderfälle (Taumittelsprühanlagen, heiße Sole).

Auch in die Ausbildung der Straßenwärter muss die FS100-Technologie aufgenommen werden. Dazu sind die Lehrmaterialien entsprechend zu aktualisieren (Roessler et al., 2017).

8.5 Dokumentation der Streueinsätze

Gefahrene FS100-Einsätze sollten in den Einsatzberichten dokumentiert werden: Streukilometer, Streudichte, Soleverbrauch, Straßenzustand (trocken, feucht, usw.), Fahrbahntemperatur. In den Einsatzstatistiken der Meistereien sollten die FS100-Einsätze getrennt neben den anderen Einsätzen (FS30 etc.) ausgewiesen werden. Auch die Darstellung der FS100-Einsätze in einer jährlichen Winterdienstbilanz ist sinnvoll; zumindest sollte der Soleverbrauch für FS100-Einsätze neben dem Gesamt-Soleverbrauch ausgewiesen werden.

Zusätzlich sollte der Betrieb der Soleanlage dokumentiert werden: Betriebszeiten des Soleerzeugers, Sole-Produktionsmenge, fremdbezogene Sole-Menge, Sole-Lagermenge, Störmeldungen, Wartungsarbeiten, Ergebnisse der Konzentrationsmessung (siehe auch H SolA, 2022).

9 Zusammenfassung

Das Forschungsprojekt „Breite Einführung der FS100-Technologie auf Bundesfernstraßen“ hat die Möglichkeit eröffnet, den präventiven Winterdienst aus vielen Perspektiven neu zu untersuchen und zu bewerten.

Hierbei war es die Intention der Forschungsnehmer, möglichst intensiv auch die praktische Seite zu beleuchten und die Vorteile herausfiltern.

Die Vorteile sind vielfältig und liegen auf der Hand:

  • Wirtschaftlichkeit,
  • Umweltschutz,
  • Personaldisposition und
  • Verkehrssicherheit.

Die Gründe, die eine Anwendung von FS100 beeinträchtigen oder stark verzögern sind vielfältig und größtenteils von den Anwendern nicht zu vertreten. Hier ist die Managementebene der Autobahn GmbH bzw. der Straßenbauverwaltungen der Länder gefragt, die Hindernisse aus dem Weg zu räumen.

Insbesondere konnten folgende Gründe eruiert werden, die eine konsequente Nutzung der FS100-Streutechnologie behindert:

  • Zurverfügungstellung und Ausstattung mit den erforderlichen Ressourcen, wie B. ausreichend dimensionierte Solelöseanlagen, Fahrzeugen etc.,
  • Ausweitung der Lagertechnik auf die Belange der FS100-Streutechnik und
  • Schulungen für die Mitarbeiter, Beschaffer und Leiter von Autobahn- und Straßenmeistereien.

Die Erhöhung der reinen Soleanwendung ist nur möglich, wenn die Winterdienstverantwortlichen von der Technik überzeugt sind und engmaschig in die Praxis geführt und begleitet werden.

Ohne dieses Engagement und Herzblut der Mitarbeiter wird die FS100-Technik nicht über den ihr gebührenden Beachtung hinauskommen.

Der „schlafende Riese“ muss geweckt werden und die Vorteile müssen im modernen Winterdienst Berücksichtigung finden, um die vier Ziele des Winterdienstes zu erreichen:

„Sicherheit, Wirtschaftlichkeit, Verkehrsqualität und Umweltverträglichkeit sind die vier Ziele des Winterdienstes…“ (Durth, Hanke, 2004).

Literaturverzeichnis

  1. Bunoza, D.; Götzfried, F.: Breite Einführung der FS100-Technologie auf Bundesfernstraßen. Forschungsvorhaben der Bundesanstalt für Straßenwesen, Bad Wimpfen 2023, Veröffentlichung geplant Mitte 2024)
  2. Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen: Hinweise für die Beschaffung und den Betrieb von Soleanlagen für den Winterdienst (H SolA), Ausgabe 2020, Köln (FGSV 384162)
  3. Hausmann, G.: Empfehlungen zum richtigen Aufbringen von Tausalzlösungen, BASt-Bericht V 218, Dezember 2012