FGSV-Nr. FGSV 001/26
Ort Bremen
Datum 28.09.2016
Titel Dynamische Aspekte bei der Projektbewertung und Investitionsplanung
Autoren Prof. Dr. Christoph Walther
Kategorien Kongress
Einleitung

In der Verkehrsplanung bezeichnet der Begriff ,,komparativstatische Bewertungsverfahren" Ansätze, bei denen im Bewertungszeitraum konstante jährliche Nutzen, aber Zinseffekte berücksichtigende jährliche Kosten (Annuitäten) verwendet werden. Die Dynamisierung eines solchen Ansatzes kann in zwei Dimensionen erfolgen: Zum einen kann der Erkenntnis Rechnung getragen werden, dass es sich bei den Nutzen und Kosten eines Projektes nicht um über die Zeit konstante Beiträge handelt, sondern um Größen, die über die ganze Lebensdauer des Projektes anfallen, sich aber aufgrund von nicht konstanten Randbedingungen (Demografie, Wirtschaft, technischer Fortschritt) von Jahr zu Jahr ändern können. Zum anderen betrifft die Dynamisierung die Realisierungsreihenfolge möglicher Projekte und damit auch deren Zusammenfassung zu Projektbündeln. Dabei lässt sich feststellen, dass verschiedene Projekte einander in ihren Wirkungen verstärken (komplementäre Projekte), andere Projekte hingegen schlechte Bewertungsergebnisse erzielen, wenn dritte Projekte bereits realisiert sind (substitutive Projekte). Eine parallele Dynamisierung in beiden Dimensionen führt zu extrem komplexen Bewertungsverfahren. In diesem Kontext sind auch systemdynamische Modelle zu betrachten, die neben direkten verkehrlichen Wirkungen von Projekten auch die so genannten indirekten ökonomischen Wirkungen außerhalb der Verkehrssysteme (wider economic benefits wie Arbeitsplätze, BIP etc.) modelbasiert ermitteln. Dabei werden Rückkoppelungen und Abhängigkeiten zwischen verschiedenen Sektoren (Bevölkerung, Wirtschaft, Umwelt, Verkehr) und den dort auftreten den Wirkungen im Zeitverlauf berücksichtigt. Die auf Basis der systemdynamischen Betrachtung ermittelten Wirkungen von Projekten im Zeitverlauf können dann in einer dynamischen Nutzen-Kosten-Analyse aufbereitet werden. Im Vergleich zu Neu und Ausbau ist die Erhaltungsplanung im Hinblick auf eine gesamtwirtschaftliche Bewertung von Maßnahmen noch nicht so weit entwickelt. Sie stellt aber einen speziellen Anwendungsfall einer dynamischen Investitionsplanung dar. Denn die Bewertungsgegenstände selbst verändern sich dynamisch über die Zeit. Ein Schaden, der heute mit einer Maßnahme kleineren Umfangs behoben werden könnte, kann sich über die Jahre so weiterentwickeln, dass eine andere Maßnahme oder die angedachte Maßnahme in einem ganz anderen Umfang notwendig wird. Hierbei stehen bei der Erhaltung auch nicht einzelne Maßnahmen an, sondern Maßnahmenbündel bzw. Strategien, die für einen gewissen Zeitraum zu festgelegten Zeitpunkten Einzelmaßnahmen vorsehen. Das Auffinden optimaler Erhaltungsprogramme für Teilnetze führt auf die Klasse der Rucksack-Probleme im Operation Research, die auch in der Dynamischen Investitionsplanung bei Neubauprogrammen eingesetzt werden können. Die verschiedenen dynamischen Bewertungsansätze werden im Beitrag auch anhand von entsprechenden Beispielen erläutert. Die hohen Anforderungen an Datengrundlagen und Modellierung führen auf eine abschließende Diskussion der Vor-­ und Nachteile der Anwen­dung von dynamischen Bewertungsverfahren. Dabei ist herauszuheben, dass Aspekte wie Projektpriorisierung, Projektabgrenzung, Ausgestaltung von Handlungsprogrammen und vari­ierende Budgetvorgaben dynamischen Bewertungsprozessen inhärent sind und bei isolierten komparativ­statischen Bewertungen nachgängig noch geleistet werden müssen. Der Vortrag beruht auf der FGSV-­Publikation „Hinweise zu dynamischen Aspekten bei der Projektbewer­tung und Investitionsplanung im Verkehrssektor“, in der die skizzierten Ansätze ausführlich erläutert und diskutiert werden.

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Die Kurzfassung dieses Vortrages ist als PDF verfügbar.