FGSV-Nr. FGSV 001/22
Ort Düsseldorf
Datum 08.10.2008
Titel Innovativer offenporiger Asphalt in Nordrhein-Westfalen
Autoren Dipl.-Ing. Stefan Ehlert
Kategorien Kongress
Einleitung

Offenporige Asphaltdeckschichten (OPA-Schicht) sind die effizienteste Art, Reifen-FahrbahnGeräusche direkt an ihrer Entstehungsquelle zu mindern. Gleichzeitig ist Offenporiger Asphalt der Fahrbahnbelag mit der geringsten Nutzungsdauer im Vergleich zu den Standarddeckschichten. Die Herstellung einer dünnen Gussasphaltschicht (Bauweise „OPA auf Gussasphalt-OPA MA“) unter einer OPA bietet gleichermaßen eine wasserdichte und erhaltungsfreundliche Unterlage. Diese Randbedingungen müssen stärker gewichtet werden, um die Bauweise zukunftsorientiert bauen zu können. Einen weiteren großen Vorteil bietet diese Bauweise hinsichtlich der lärmtechnischen Effizienz. Im Gegensatz zu der „klassischen“ Bauweise mit einer Abdichtung aus bitumenhaltigem Bindemittel stehen die zugänglichen Hohlräume über die gesamte Einbaudicke zur Verfügung. Die Bauweise „OPA MA“ bewirkt damit eine optimale Nutzbarkeit der hochwertigen Baustoffe einer OPA und kann so einen Beitrag zur Ressourcenschonung liefern.

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1 Einleitung

Der Einsatz von Offenporigen Asphaltdeckschichten (OPA-Schicht) hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Dieser Trend wird sich auch in den kommenden Jahren fortsetzen. Je nach örtlicher Situation liegt vielen Planfeststellungsbeschlüssen für Ausbaumaßnahmen an Autobahnen ein Fahrbahnbelag mit einem Korrekturwert DStrO = -5 dB(A) gemäß den RLS-90 (1) zugrunde. Daraus ergibt sich zwangsläufig der Einbau einer Offenporigen Asphaltdeckschicht. Beispielhaft sind hier die Ausbaumaßnahmen an der BAB A 2 bei Bönen, BAB A 3 bei Köln und BAB A 40 zwischen Bochum und Gelsenkirchen zu nennen. Insgesamt sind in NRW seit dem Jahr 2000 ca. 35 km Richtungsfahrbahnen mit Offenporigen Asphaltdeckschichten gebaut worden, mit einer Gesamtfläche von ca. 600 000 m² (Stand Mitte 2008).

Offenporige Asphaltdeckschichten sind die effizienteste Art, Reifen-Fahrbahn-Geräusche direkt an ihrem Entstehungsort – der Kontaktfläche des Reifens zu dem Fahrbahnbelag – zu reduzieren. Die Bauweise ist jedoch auch durch viele Besonderheiten gekennzeichnet. Im Wesentlichen sind dies die Notwendigkeit besonders hochwertiger Baustoffe, die Erfordernis spezieller Entwässerungseinrichtungen und eine deutlich geringere Lebensdauer im Vergleich zu den Standarddeckschichten.

In den letzten Jahren ist diese Bauweise durch eine extreme Entwicklung der Sieblinie konsequent in Richtung Maximierung des Hohlraumgehaltes entwickelt worden. Der aktuelle Stand der Technik sieht in der fertigen Schicht einen Hohlraumgehalt von mindestens 22,0 Vol.-% vor. Dieses ist nur durch einen sehr hohen Anteil der gröbsten Körnung verbunden mit einem sehr geringen Anteil feiner Gesteinskörnung und Füller zu erreichen. Diese Rezeptur bedingt, dass sich in dem Mischgut nur noch Korn auf Korn abstützt und an den (wenigen) Berührungspunkten durch das Bindemittel verklebt ist. Die Folge ist ein Mischgut, das sehr anfällig gegenüber horizontalen Beanspruchungen (z. B. Brems- und Beschleunigungsvorgänge der Lkw) und mechanischen Beschädigungen (z. B. Felgenfahrt infolge geplatzter Reifen) ist. Diese Schwächen wirken sich deutlich in der Lebensdauer aus, die mit ca. 10 Jahren auf einem sehr niedrigen Niveau liegt.

Die Entwicklung hat hinsichtlich des Hohlraumgehaltes ihr Maximum erreicht. Zusätzliches Entwicklungspotenzial ist daher eher im Bereich der Bindemittel zu suchen. Hier sind die Produzenten der Höherpolymermodifizierten Bitumen gefragt, um die vorhandenen Materialien weiter zu optimieren oder Additive zu entwickeln, die die schnelle und starke Versprödung verlangsamen. Das Potenzial von in Deutschland aktuell am Markt befindlichen gummimodifizierten Bindemitteln wird bei Straßen.NRW seit August 2007 auf der BAB A 61 bei Rheinbach im direkten Praxisvergleich zu der „Standard-OPA“-Variante beobachtet.

Die Asphaltdeckschichten aus Offenporigem Asphalt sind in die neuen ZTV Asphalt-StB 07aufgenommen worden. Dieses könnte den Schluss zulassen, dass Asphaltdeckschichten aus Offenporigem Asphalt zu den Standarddeckschichten gezählt werden. In Anbetracht der vielen außergewöhnlichen Randbedingungen, die bei Planung und Bau dieser Deckschichtart berücksichtigt werden müssen, sollten sie auf jeden Fall weiterhin auch als eine besondere Bauweise eingestuft werden. Gegen unliebsame Überraschungen, falsche Erwartungen und bedeutend höhere langfristige Gesamtkosten ist man nur gefeit, wenn bereits bei der Ausschreibung und Bauvorbereitung sämtliche Einflussfaktoren bzw. Randbedingungen bekannt sind und entsprechend gewürdigt werden.

Im Hinblick auf die im Vergleich zu dichten Deckschichten geringe Lebensdauer von ca. 10 Jahren ergibt sich für eine Straßenbauverwaltung die Notwendigkeit, Sanierungsmaßnahmen in kürzeren Abständen als üblich durchzuführen. Dieses wiederum führt zu häufigeren Eingriffen in den fließenden Verkehr, so dass die Gefahr von baustellenbedingten Verkehrsstauungen steigt. Infolgedessen entwickelte die Straßenbauverwaltung Nordrhein-Westfalen (Straßen.NRW) eine sanierungsfreundliche Variante der Bauweise OPA. Die innovativen Entwicklungen des Offenporigen Asphaltes beziehen sich hierbei weniger auf das Mischgut selber – seine Rezeptur oder die Baustoffe – sondern vielmehr auf die Einbindung in den gesamten Straßenoberbau.

2 Entwicklung der Bauweise OPA auf Gussasphalt („OPA MA“)

Aufgrund der speziellen Struktur einer Offenporigen Asphaltdeckschicht muss das anfallende Regenwasser innerhalb der Deckschicht abgeführt werden (Bild 1). Darunterliegende Asphaltschichten, insbesondere die Asphaltbinderschicht, müssen vor diesem Wasser geschützt werden.

Bisher wird als Standardbauweise eine Abdichtung der Asphaltbinderschicht mit Bitumen ausgeführt. Temperaturbedingt wird bei Aufbringen der OPA-Schicht ein Teil dieser BitumenAbdichtung in die OPA-Schicht gezogen und verschließt dort den unteren Teil der Hohlräume. Im Falle der Sanierung einer OPA-Schicht wird die Bitumenabdichtung zwangsläufig mitgefräst. Aufgrund diverser Einflussfaktoren bei der Herstellung der Abdichtung und der OPA-Schicht (z. B. Fehlstellen infolge von Baustellenverkehr) wird eine flächendeckende Wirksamkeit der Abdichtung aus Bitumen bei Straßen.NRW eher kritisch bewertet.

Bild 1: Abfließendes Regenwasser in einer Schicht aus Offenporigem Asphalt

Im Sommer 2002 wurde auf der BAB A 40 bei Essen-Holsterhausen eine Asphaltdeckschicht aus Offenporigem Asphalt aufgebracht. Die besondere Situation dieses Abschnittes der BAB A 40 (hohe Verkehrsbelastung, kein Standstreifen, enge Fahrstreifen, sehr stauanfällig) bedingte einen möglichst kurzen Eingriff in den Verkehr. Eine Überprüfung der Randbedingungen ergab die Möglichkeit, den OPA im Hocheinbau auf den vorhandenen ca. 25 Jahre alten Gussasphalt herzustellen. Der Einbau erfolgte schließlich unter Vollsperrung des Autobahnabschnittes an einem Wochenende je Fahrtrichtung in den Sommerferien. Auf Grundlage dieser Baumaßnahme wurden die Überlegungen zu der Bauweise „OPA auf Gussasphalt“ intensiviert. Die Vorteile im direkten Vergleich zu der Abdichtung aus Bitumen gingen im Wesentlichen zunächst in zwei Richtungen: 1. Eine Gussasphaltschicht stellt in jedem Fall eine höherwertigere Abdichtung dar, mit der zuverlässig eine wasserundurchlässige Schicht als Unterlage einer OPA erzielt wird; 2. Im Falle der Sanierung muss lediglich bis auf die Oberkante der Gussasphaltschicht abgefräst werden. Hierdurch bleibt die Abdichtung erhalten. Dieses führt wiederum dazu, dass beim Aufbringen der neuen OPA der Arbeitsschritt für die Herstellung der Abdichtung entfallen kann. Wertvolle Arbeitszeit wird hiermit gespart und die Eingriffe in den Verkehr werden auf ein zeitliches Minimum beschränkt.

Bild 2: Einbau einer Offenporigen Asphaltdeckschicht auf der BAB A 40 bei Essen

In den folgenden Jahren wurden weitere Abschnitte im Essener Stadtgebiet der BAB A 40 in dieser Weise mit einer OPA auf einer vorhandenen Gussasphaltschicht hergestellt (Bild 2). Die Argumente für die Bauweise „OPA auf Gussasphalt“ werden von Straßen.NRW so positiv bewertet, dass diese Bauweise auch bei weiteren Sanierungs- und Ausbaumaßnahmen zum Einsatz kommt, wie z. B. auf der BAB A 59 bei Dormagen.

Im Rahmen von Ausbaumaßnahmen bietet diese Bauweise den Vorteil, dass auf der fertig hergestellten Gussasphaltschicht der Baustellenverkehr wenig Schaden anrichten kann. Die Randarbeiten können bis kurz vor Einbau der OPA abgeschlossen werden. Besonderes Augenmerk muss dann natürlich auf eine sorgfältige Reinigung und ein zeitlich gut abgepasstes Ansprühen der Unterlage gelegt werden.

Die Vorteile werden komplettiert durch eine Verbesserung der akustischen Effizienz der Asphaltdeckschicht aus Offenporigem Asphalt. Durch eine dichte Unterlage wird die akustisch wirksame Schichtdicke einer OPA erhöht. Als akustisch wirksame Schichtdicke wird diejenige Schichtdicke bezeichnet, die über zugängliche und miteinander verbundene Hohlräume verfügt. Bei der Herstellung einer Schicht aus Offenporigem Asphalt in der Bauweise mit einer Abdichtung aus bitumenhaltigem Bindemittel steigt ein Teil dieses Bindemittels in Folge der großen Auftragsmenge, der Wärmekapazität des frisch aufgebrachten Mischgutes und des Verdichtungsvorganges in die OPA-Schicht auf. Durch dieses aufsteigende Bitumen werden die untersten Hohlräume der OPA-Schicht verschlossen. Der Bereich, auf den sich dieser Vorgang auswirkt, umfasst die bisherigen Untersuchungen nach ca. 0,5 bis 1 cm. Die lärmmindernde Wirkung einer OPA beruht zum größten Teil auf dem hohen Anteil an zugänglichen Hohlräumen. Der Anteil dieser zugänglichen Hohlräume wird durch das aufsteigende Bitumen verringert. Dies bedeutet, dass bei einer OPA-Einbaudicke von 4,0 cm nach klassischer Bauweise lediglich eine Dicke von 3,0 bis 3,5 cm als akustisch wirksame Schichtdicke zur Verfügung steht. Im Gegensatz hierzu findet der Effekt des aufsteigenden Bitumens bei der Bauweise „OPA MA“ nicht statt. Die Hohlräume der OPA-Schicht sind über die gesamte Schichtdicke zugänglich und stehen somit komplett als akustisch wirksame Schichtdicke zur Verfügung. Das Bild 3 verdeutlicht diesen Zusammenhang.

An die Baustoffe für OPA-Schichten werden besonders hohe Anforderungen gestellt. Die Forderung nach einem möglichst effizienten Einsatz ist demnach mehr als sinnvoll. Mit der Bauweise „OPA MA“ werden die Ressourcen und das Potenzial dieser Deckschichart optimal ausgenutzt.

Bild 3: Vergleich akustisch wirksame Schichtdicke

3 Dimensionierung des Straßenoberbaues mit OPA MA

Straßen.NRW ist ständig bestrebt, neue Erkenntnisse in der Praxis des Straßenbaues zu sammeln und umzusetzen. Eine Möglichkeit in diesem Zusammenhang ist die Einrichtung von Erprobungsstrecken. Im Rahmen des Projektes „Leiser Straßenverkehr“ [3] wurde auf der BAB A 1 bei Mechernich eine Erprobungsstrecke mit verschiedenen Einbaudicken einer OPA hergestellt. Messungen der BASt haben ergeben, dass die Einbaudicke im direkten Verhältnis zu der lärmtechnischen Wirksamkeit steht, das heißt der OPA-Abschnitt mit der größten Einbaudicke erzeugt die beste lärmtechnische Wirksamkeit.

Bei allen Ausbaumaßnahmen an BAB, denen im Planfeststellungsbeschluss Forderungen über eine Deckschicht mit einem DStrO = -5 dB(A) zugrundeliegen, kommen in NRW OPA-Schichten mit einer Einbaudicke von mindestens 4,5 cm zum Einsatz.

Die Bauweise „OPA MA“ stellt keinen Standardoberbau gemäß der Tafel 1 der „Richtlinien für die Standardisierung des Oberbaues von Verkehrsflächen“ (RStO 01), Ausgabe 2001 [4] dar. Hierdurch treten Fragen hinsichtlich der Dimensionierung, des Lasteintrages und letztlich der Nutzungsdauer dieser Bauweise auf. Die ersten Gedanken zu der Dimensionierung basierten auf einer möglichen Beibehaltung der Gesamtaufbaudicke des Asphaltes in der Bauklasse SV von 34 cm gemäß Zeile 1, Tafel 1, RStO 01 [4]. Damit hinsichtlich der lärmtechnisch wirksamen Schichtdicke eine möglichst gute Effizienz gewährleistet werden kann, wird die OPA-Schicht mit einer Einbaudicke von mindestens 4,5 cm hergestellt. Die Schicht aus Gussasphalt 0/5 S wird momentan in einer Einbaudicke von 2,0 bzw. 2,5 cm hergestellt. Insbesondere vor dem Hintergrund der geringen Einbaudicken dient dieses zur Erfahrungssammlung. Das Konzept der RStO 01 [4] sieht eine Gesamtdicke der Fahrbahndecke von 12 cm vor. Diesem Konzept folgend wäre die Asphaltbinderschicht in 5,5 cm Dicke auszuführen. Bei diesen Einbaudicken empfiehlt sich ausschließlich der Asphaltbinder 0/16 S. Bezogen auf die Verdichtungsqualität, die auf den höchstbelasteten Autobahnen eine große Rolle spielt, sollten jedoch 6,0 cm Einbaudicke gewählt werden. Rechnerisch beträgt die Dicke der Fahrbahndecke dann 12,5 cm, und liegt 0,5 cm über dem Standardaufbau. Da OPA bei Straßen.NRW ausschließlich in Ausnahmefällen gebaut werden, ist dieses vertretbar. Die Asphalttragschicht wird gemäß den RStO 01 [4] in 22,0 cm Dicke angesetzt.

Parallel zu dem Praxiseinsatz, der erfahrungsgemäß an einen längeren Beobachtungszeitraum gebunden ist, lässt Straßen.NRW seit Anfang 2008 den Einfluss der Gussasphaltschicht bei der Bauweise OPA MA durch Vergleichsrechnungen mit dem Programm „PaDesTo“ untersuchen. Die Vergleichsrechnungen wurden für verschiedene Aufbauvarianten durchgerechnet und der „Referenzvariante“ (Tafel 1, Zeile 1, BK SV, RStO 01 [4]) gegenübergestellt.

In einem ersten Schritt wurden hierzu als Grundlage für die weiteren Diskussionen Untersuchungen an der Ruhr-Universität Bochum durchgeführt. Den Anfang bildeten E-ModulBestimmungen für den Offenporigen Asphalt sowie für den Gussasphalt mit viskositätsverändernden Zusätzen zur Temperaturabsenkung. Der Vergleich der Bauweisen fand anschließend über die Berechnung des Ermüdungsverhaltens und die Gegenüberstellung der Verläufe des Ermüdungsindex statt.

Die Berechnungen sind mit verschiedenen bemessungsrelevanten Beanspruchungen B der Bauklasse SV durchgeführt worden, die typische Verkehrsbelastungen auf den Autobahnen in NRW widerspiegeln. Dem nachfolgenden Vergleich liegt eine bemessungsrelevante Beanspruchung B von 150 Mio. 10-t-Achsen zugrunde, da diese Beanspruchung maßgeblich für die Autobahnen ist, auf denen OPA in NRW zum Einsatz kommt.

Da eine Gesamtaussage inklusive der Behandlung weiterer Fragestellungen noch aussteht, sind die im Folgenden dargestellten Teilergebnisse dieser Berechnungen (Bild 4) als Zwischenergebnisse zu verstehen.

Bild 4: Verlauf des Ermüdungsindex [5]

Die absoluten Nutzungsdauern fallen für die weiteren Betrachtungen und Diskussionen zum momentanen Stand der Untersuchungen nicht ins Gewicht, da dem Asphaltbinder für die Berechnungen lediglich ein Kalibrierasphalt mit einem Straßenbaubitumen 50/70 zugrunde lag. Für eine Gesamtaussage müssten E-Module für einen Asphaltbinder mit einem PmB 45 bestimmt werden, da bei den zugrundegelegten Verkehrsbelastungen polymermodifiziertes Bitumen der Regelfall ist.

Bei der Variante „OPA MA“ (6,0 cm Asphaltbinder) werden in der Asphalttragschicht für die gewählte Verkehrsbelastung bereits nach ca. 19 Jahren an der Unterseite die zulässigen Spannungen überschritten. Infolgedessen wird zu diesem Zeitpunkt die Rissbildung in der Asphalttragschicht beginnen. Das Ende der Nutzungsdauer ist noch nicht unmittelbar erreicht, sondern wird durch den zeitlichen Verlauf der Rissfortpflanzung bestimmt. Da hierzu noch keine gesicherten Aussagen vorhanden sind, kann über die endgültige Nutzungsdauer an dieser Stelle keine Aussage getroffen werden. Der Verlauf des Ermüdungsindex bei der Referenzvariante erreicht nach fast 26 Jahren 100 % Ermüdung. Der Unterschied zu der Variante 2 von ca. 6,5 Jahren ist sehr deutlich erkennbar.

Der Dimensionierungsansatz für die Bauweise „OPA MA“ sollte mindestens den gleichen Verlauf des Ermüdungsindex aufweisen wie derjenige der Referenzvariante. Anhand der Vergleichsrechnungen konnte gezeigt werden, dass der gewählte Dimensionierungsansatz hierfür nicht ausreicht. Dabei ist zu beachten, dass sich bei der Anwendung eines Dimensionierungsprogrammes, insbesondere in Verbindung mit Offenporigen Asphaltdeckschichten weitere Fragen stellen. Die Berücksichtigung des Lastabtrages auf die Unterlage sollte beispielsweise bei dem groben Korngerüst einer OPA differenziert betrachtet werden, ebenso die schnelle Alterung des Bindemittels infolge Oxidation.

Als Fazit der bisherigen Ergebnisse wird unter Berücksichtigung aller Berechnungsvarianten die Beibehaltung der Asphaltbinderschichtdicke von 8,0 cm befürwortet. Bei einer bemessungsrelevanten Beanspruchung B > 150 Mio. 10-t-Achsen ist dieses aus Sicht von Straßen.NRW erforderlich, um eine Nutzungsdauer von 30 Jahren des Gesamtaufbaues gewährleisten zu können.

4 Offenporiger Asphalt auf 8 Fahrstreifen der BAB A 3

Im Rahmen des 8-streifigen Ausbaus der BAB A 3 am Kölner Ring im Bereich des AK Köln-Ost wurde aufgrund der Höhe und Zusammensetzung der Verkehrsbelastung erstmals in der Fläche ein einschichtiger OPA 0/8 in 5,0 cm Dicke (Bild 5) eingebaut. Als Unterlage dient eine 2,0 cm dicke Gussasphaltschicht 0/5 S.

Durch die räumliche Nähe des AK Köln-Ost und einer Anschlussstelle wurde der Standstreifen als zusätzlicher Fahrstreifen in Form einer kombinierten Beschleunigungsspur über eine Länge von ca. 1 000 m ausgebildet. Hierdurch entstand ein Straßenquerschnitt mit teilweise 20 m Breite je Fahrtrichtung. Diese Breite eines Straßenquerschnittes erfordert eine besondere Berücksichtigung verschiedener Aspekte und Besonderheiten bei der Baudurchführung. Im Folgenden werden hierzu beispielhaft die Entwässerungssituation der OPA und die Notwendigkeit der Ausführung einer Längsnaht beschrieben.

Bild 5: Straßenaufbau mit Offenporiger Asphaltdeckschicht für die BAB A 3 – Kölner Ostring

4.1 Entwässerung

Die große Einbaudicke von 5,0 cm erforderte eine Entwässerungsrinne mit seitlichen Zuläufen. Aufgrund des großen Straßenquerschnittes war ein Abflussquerschnitt der Kastenrinne von 300 mm erforderlich. Diese Kombination der Anforderungen ließ sich nur durch eine Sonderanfertigung realisieren. Bei dieser Sonderanfertigung liegen die seitlichen Zulauföffnungen in einer Tiefe von 8,0 cm (Oberkante) bis 11,0 cm (Unterkante). Damit das Wasser aus der OPA-Schicht in die Entwässerungsrinne fließen kann, wurde auf einer Breite von 50 cm vor der Rinne der OPA in zweischichtiger Variante (0/8 – 0/16) ausgebildet.

Die Herstellung des Straßenoberbaues für die Entwässerung erfolgte in den nachfolgend genannten Schritten (Bilder 6 und 7):

  1. Einbau der Asphalttragschicht bis auf Oberkante der Zulauföffnung der Entwässerungsrinne (Kastenrinne)
  2. Einbau einer Gussasphaltschicht von 50 cm Breite längs der Entwässerungsrinne mit einem leichten Gefälle zu den Zulauföffnungen, als Abdichtung der Asphalttragschicht
  3. Einbau der Asphaltbinderschicht bis an die Gussasphaltschicht
  4. Einbau der Gussasphaltschicht als Abdichtung der Asphaltbinderschicht
  5. Abdichten der freien Ränder der Asphaltbinderschicht mit PmB-H und Verfüllen des Spaltes zwischen Gussasphalt und Entwässerungsrinne mit Fugenvergussmasse
  6. Einbau des OPA 0/16 mit Seitenbeschicker
  7. Einbau des OPA 0/8.

Bild 6: Schematischer Querschnitt der Randausbildung mit Entwässerungsrinne                   

Bild 7: Randausbildung mit Entwässerungsrinne (ohne OPA-Mischgut)

Bild 8: 1 000 l Wasser für die BAB A 3 / Wasseraustritt in die Entwässerungsrinne

Die Funktionsweise der Entwässerungseinrichtung, das heißt der Durchfluss des Wassers von der Schicht OPA 0/8 durch die Schicht OPA 0/16 in die Entwässerungsrinne wurde unter anderen in einem Vor-Ort-Versuch mit 1 000 l Wasser getestet (Bild 8). Wie auf dem Bild gut zu erkennen ist, fließt das Wasser ausschließlich durch die OPA-Schichten und tritt aus den seitlichen Zulauföffnungen der Entwässerungsrinne zum Vorschein.

4.2 Ausführung einer Längsnaht

Offenporige Asphaltdeckschichten erfordern einen ungestörten Wasserdurchfluss in dem gesamten Querschnitt, um Wasseraustritte zu verhindern. Zudem bergen Wasseransammlungen in dem Belag die Gefahr der überfrierenden Nässe und der Eislinsenbildung. Der ungehinderte Wasserdurchfluss wird durch ein ungestörtes Gefüge im gesamten Straßenquerschnitt gewährleistet. Das bautechnische Optimum zur Erzielung eines ungestörten Gefüges innerhalb einer OPA-Schicht stellt der Einbau mit einem Fertiger über die gesamte Fahrbahnbreite dar oder aber der Einbau „heiß auf heiß“, mit gestaffelt fahrenden Fertigern. Dieses lässt sich in der Praxis ausschließlich durch Vollsperrungen realisieren. In den Ballungsräumen von NRW können Vollsperrungen zunehmend schwieriger umgesetzt werden. Hieraus ergab sich die Notwendigkeit, dass Lösungen für den Einbau „heiß auf kalt“ von OPA-Abschnitten gefunden werden mussten.

Straßen.NRW hat erstmals im Jahr 2005 auf der BAB A 57 bei Dormagen einen OPA auf einer Länge von ca. 1,2 km mit einer Naht „heiß auf kalt“ ausgeführt. Das Ansprühen der Nahtflanke verbietet sich generell, da ansonsten die Zugänglichkeit der Hohlräume zerstört würde. Bei der Ausführung wurde infolgedessen lediglich die Nahtflanke der frisch hergestellten Schicht mit einer an der Walze montierten Trennscheibe nahezu senkrecht abgequetscht. Ohne weitere Behandlung ist die nächste Fertigerspur an die kalte Nahtflanke angebaut worden. Die offenporige Struktur des Mischgutes und die hohe Klebkraft eines PmB-H haben bewirkt, dass sich die Flanken gut miteinander verbunden haben. Der gezielte Walzeneinsatz hat letztendlich dazu geführt, dass sich das Oberflächenbild als absolut homogen darstellt. Auch nach dreijähriger Liegedauer ist die Naht weiterhin wasserdurchlässig und zeigt keinerlei Kornverluste oder ähnliche Ermüdungs- bzw. Verschleißerscheinungen.

Im Rahmen des 8-streifigen Ausbaues der BAB A 3 bei Köln musste aufgrund der Verkehrsführungen der Einbau des Straßenoberbaues inklusive der OPA in mehreren Abschnitten mit Längsnaht erfolgen. Wegen der extremen Verkehrsbelastung sahen sich Straßen.NRW und Auftragnehmer veranlasst, die Ausbildung der Nahtflanke zu optimieren. Grundgedanke war hierbei, das Bindemittel an der Nahtflanke möglichst schonend zu erwärmen, damit zusätzlich zu der Wärme aus dem frischen Mischgut die Klebkraft des PmB-H aktiviert wird. Gleichzeitig musste die Lösung eine gewisse Sicherheitsreserve gegen übermäßige Erhitzung bieten, so dass das Bindemittel nicht „verbrannt“ wurde. Zur Ausführung kam die Variante eines „Mini-Replasters“ (Bild 9), mit dem die Naht auf ca. 100 °C vorerwärmt wurde. Mehrere „Replaster-Elemente“ wurden hintereinander in Längsrichtung der Nahtflanke unmittelbar vor der Fertigerbohle angeordnet und durch den Fertiger mitgeschoben. Unbedingt zu beachten ist bei dieser Lösung, dass die Replaster-Elemente abgeschaltet werden müssen, falls ein längerer Fertigerstillstand absehbar ist.

Das zunächst nur optisch beurteilte Endergebnis überzeugte hinsichtlich der Homogenität der Oberfläche vollständig (Bild 10). Wasserdurchlässigkeitsversuche bestätigten die Funktionsweise der Naht.

Eine Längsnaht stellt immer, unabhängig von der (Deck-)Schichtart, einen Schwachpunkt innerhalb des Querschnittes dar, insbesondere wenn sie, wie bei einem OPA, unbehandelt bleiben muss. Umso wichtiger ist eine sorgfältige Ausführung, bei der alle Beteiligten rechtzeitig auf alle Schwachstellen der jeweiligen Ausführungsvariante hingewiesen werden, damit die Fehlerquellen minimiert werden.

Bild 9: Fertiger mit „Mini-Replaster“ zur Erwärmung der Nahtflanke

Bild 10: Sehr gute Homogenität des Oberflächenbildes

5 Zusammenfassung

Der Einsatz von geräuschmindernden Fahrbahnbelägen hat in den letzten Jahren in NRW in großem Maße an Bedeutung zugenommen. Die Erwartungen an das Geräuschminderungspotenzial der Fahrbahnoberflächen sind ebenfalls gestiegen.

Offenporige Asphaltdeckschichten (OPA) sind die effizienteste Art, Reifen-Fahrbahn-Geräusche direkt an ihrer Entstehungsquelle zu mindern. Aufgrund der besonderen Randbedingungen hinsichtlich Bevölkerungsdichte und Verkehrsbelastung, muss Straßen.NRW unkonventionelle Wege für die Ausführung dieser Bauweise gehen. Diese sind unter anderen die Ausführung einer dünnen Gussasphaltschicht als zuverlässige, wasserdichte Unterlage, um die Bauweise erhaltungsfreundlich und damit zukunftsorientiert bauen zu können (Bauweise OPA auf Gussasphalt („OPA MA“). Die zu erwartende Nutzungsdauer der OPA-Schicht liegt derzeit bei ca. 10 Jahren. Hieraus resultieren kurze Sanierungsintervalle im Vergleich zu den dichten Deckschichtarten und damit häufigere Eingriffe in den fließenden Verkehr. Die Gefahr baustellenbedingter Verkehrsstauungen steigt an. Durch die Bauweise „OPA MA“ entfällt bei dem Ersatz der OPA-Schicht das Aufbringen einer neuen Abdichtung und die gegebenenfalls erforderliche Teil-Erneuerung des Asphaltbinders. Einen weiteren großen Vorteil bietet diese Bauweise hinsichtlich der lärmtechnischen Effizienz. Die zugänglichen Hohlräume der OPA-Schicht stehen über der gesamten Einbaudicke zur Verfügung. Im Gegensatz hierzu werden bei der klassischen Bauweise auf einer Abdichtung aus bitumenhaltigem Bindemittel („SAMI-Bauweise“) die Hohlräume im unteren Teil der OPA-Schicht durch aufsteigendes Bindemittel zugesetzt. Als Folge hiervon wird die lärmtechnisch wirksame Schichtdicke verringert. Die Erhöhung der lärmtechnisch wirksamen Schichtdicke bei der Bauweise „OPA MA“ bewirkt damit eine optimale Nutzbarkeit der hochwertigen Baustoffe einer Asphaltdeckschicht aus Offenporigem Asphalt und kann so einen Beitrag zur Ressourcenschonung liefern.

Die Wahl der Schichtdicken für den Asphaltoberbau der Bauweise „OPA MA“ steht zusätzlich im Fokus. Vergleichende Dimensionierungsberechnungen unterstützen die Diskussion über die Auswirkungen dieser Bauweise auf das Gesamtverhalten des Asphaltoberbaues. Hierbei stehen die auftretenden Spannungen innerhalb des Straßenoberbaues und die Nutzungsdauer des gesamten Straßenoberbaues im Vordergrund.

Am Beispiel des 8-streifigen Ausbaues der BAB A 3 bei Köln wurden baupraktische Erfahrungen mit einer Nahtausbildung „heiß auf warm“ und der Einsatz einer Entwässerungsrinne mit seitlichen Zulauföffnungen dargestellt.

Vor dem Hintergrund einer 10-jährigen Nutzungsdauer bleiben OPA bei Straßen.NRW aus wirtschaftlichen Erwägungen, die die häufigeren Eingriffe in den fließenden Verkehr bei Erhaltungsmaßnahmen beinhalten, eher die Ausnahme. Sie werden vorrangig dort eingesetzt, wo herkömmliche Lärmschutzmaßnahmen zu unwirtschaftlich sind oder aber nicht mehr ausreichend wirksam sind.

Literaturverzeichnis

  1. Bundesministerium für Verkehr: Richtlinien für den Lärmschutz an Straßen (RLS 90), Ausgabe 1990, Köln, FGSV 334
  2. Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen: Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen und Richtlinien für den Bau von Verkehrsflächenbefestigungen aus Asphalt (ZTV Asphalt-StB 07), Ausgabe 2007, Köln, FGSV 799
  3. Bundesanstalt für Straßenwesen, (2005): Verbundprojekt „Leiser Straßenverkehr – Reduzierte Reifen-Fahrbahn-Geräusche“ Projektgruppe „Leiser Straßenverkehr“, Heft S 37, Bergisch Gladbach
  4. Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen: Richtlinien für die Standardisierung des Oberbaues von Verkehrsflächen (RStO 01), Ausgabe 2001, Köln, FGSV 499
  5. Einfluss einer Offenporigen Asphaltdeckschicht und einer Abdichtung aus Gussasphalt auf das Ermüdungsverhalten eines Asphaltoberbaus (2008): Landesbetrieb Straßenbau NRW (unveröffentlicht), Auftragnehmer: Prof. Dr.-Ing. M. Radenberg, Lehrstuhl für Verkehrswegebau, Ruhr-Universität Bochum