FGSV-Nr. FGSV B 34
Ort Aschaffenburg
Datum 26.09.2020
Titel Betonstraßen von heute und morgen – Herausforderungen und Lösungsansätze
Autoren Dipl.-Ing. Thomas Wolf
Kategorien Betonstraßen
Einleitung

Der Betonstraßenbau besitzt in Deutschland eine lange Tradition. Dementsprechend hat die Bauweise viele verschiedene Entwicklungsstufen durchlaufen und ist heute angekommen bei der unbewehrten Plattenbauweise mit verdübelten Querscheinfugen, verankerten Längsscheinfugen und Waschbeton als Standardoberfläche auf Autobahnen.

Die Deckendicken für die höchste Belastungsklasse Bk100 nach RStO 12 [1] reichen dabei von 26 cm auf einer Asphalttragschicht über 27 cm auf HGT oder Verfestigung bis zu 29 cm auf ungebundener Schottertragschicht.

Die regional bewährte Bauweise Betondecke im direkten Verbund zur HGT / Verfestigung kommt aktuell noch auf Flugbetriebs- oder Industrieflächen zur Anwendung. Im Straßenbau wird der Verbund i. d. R: durch einen Vliesstoff, in seltenen Fällen auch durch eine Asphaltzwischenschicht, unterbrochen.

Der Einbau der Betondecke erfolgt auf Autobahnen zweischichtig oder zweilagig mit modernen Gleitschalungsfertigern. Der einschichtige Einbau beschränkt sich dabei auf nachträglich herzustellende Flächen wie z. B. Beschleunigungs- und Verzögerungsspuren an Anschlussstellen sowie auf Handfelder.

Für die Betonherstellung und den Einbau sind die FGSV-Regelwerke ZTV Beton-StB [3] und TL Beton-StB [4] bindend. Sie bilden die Erfahrungen der Betonstraßenfachleute der letzten Jahrzehnte ab und stellen damit eine hohe Ausführungsqualität und Dauerhaftigkeit der Bauweise sicher.

Das zunehmende Bedürfnis der Bevölkerung nach Lärmminderung und Fahrkomfort stellt auch die Betonbauweise vor weitere Herausforderungen. Die Entwicklung von alternativen Betonoberflächen, natürlich unter Beibehaltung aller bestehenden positiven Eigenschaften der Betonstraße, steht hierbei im Fokus der Arbeit der FGSV-Arbeitsgruppe 8 Betonbauweisen. Dabei kristallisiert sich die Grindingoberfläche aufgrund ihrer hervorragenden Ebenheit und Griffigkeit sowie einem hohen Lärmminderungspotential als zukünftige Betonoberfläche auf Bundesfernstraßen heraus.

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Der Fachvortrag zur Veranstaltung ist im Volltext verfügbar. Das PDF enthält alle Bilder und Formeln.

1 Erwartungen an eine moderne Betonstraße

Welche Anforderungen werden an eine moderne Betonstraße gestellt? Da sich die Erwartungshaltung von Nutzer und Eigentümer teilweise unterscheidet, wird diese im weiteren Verlauf auch getrennt betrachtet.

Der Nutzer, also der Auto-, Motorrad- oder Lkw-Fahrer, erwartet zunächst einmal, dass er möglichst schnell von „A“ nach „B“ kommt. Staus durch Überlastung, Baustellen oder Unfälle sind stets ein Ärgernis. Aber auch Geschwindigkeitsbeschränkungen werden von vielen Fahrzeugführern als störend empfunden. Im Vordergrund für den Nutzer steht daher die volle Verfügbarkeit der Straße (Bild 1).

Bild 1: Betonfahrbahn auf der BAB A 73 bei Coburg kurz nach der Verkehrsfreigabe

Die Eigenschaften Fahrkomfort (Ebenheit, Rollgeräusche) und Sicherheit (Griffigkeit, Helligkeit, Entwässerung etc.) spielen für den Nutzer in der Wahrnehmung zunächst nur eine sekundäre Rolle, wenngleich sie ebenso bedeutend sind.

Mit den Themen Rollwiderstand und Treibstoffverbrauch setzt sich der Autofahrer bisher nicht auseinander. Aufgrund der aktuellen Debatten zu Klimawandel und CO2-Ausstoß kann diese Eigenschaft zukünftig aber an Bedeutung gewinnen.

Für den Eigentümer der Straßen sind die vorgenannten Punkte natürlich ebenso wichtig, da er sowohl für die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer als auch für den Lärmschutz der Anwohner zuständig ist. Zudem steht nicht nur die Baufirma, sondern auch der Bauherr sofort im Fokus der Medien und der Öffentlichkeit, wenn z. B. bei einer neu hergestellten Fahrbahn der Fahrkomfort nicht den Erwartungen der Nutzer entspricht.

Zusätzlich spielen für den Eigentümer weitere Punkte eine Rolle. Das sind z. B. die Herstellkosten, die Unterhalts- bzw. Betriebskosten (Wartung, Pflege) und die Nutzungsdauer der Fahrbahn.

Zusammenfassend lassen sich aus den Erwartungshaltungen der Nutzer und Eigentümer zwei wesentliche Anforderungen an moderne Fahrbahnen und damit Herausforderungen für die Betonstraßenfachleute ableiten:

– sehr gute Oberflächeneigenschaften und

– eine hohe Dauerhaftigkeit bei geringem Wartungsaufwand.

2 Herausforderung Betonoberfläche

Die Standard-Oberflächentextur der Betondecke auf Bundesfernstraßen hat sich in den letzten Jahrzehnten mehrfach entsprechend der Griffigkeits- und Lärmanforderungen verändert (Bild 2).

Bild 2: Entwicklung der Standard-Betonoberfläche auf Bundesfernstraßen (von links nach rechts: Stahlbesen, Jutetuch und Kunstrasen, Waschbeton, Grinding mit Grooving)

Der Stahlbesenquerstrich war und ist noch heute eine sehr gute Methode für der Herstellung einer dauerhaft griffigen Betonoberfläche. Aufgrund seiner schlechteren Lärmeigenschaften kommt diese Texturierungsmethode heute nur noch bei Flächen mit langsam fahrendem Verkehr zum Einsatz bzw. dort, wo keine erhöhten Anforderungen an die Lärmminderung bestehen. Dies sind vor allem Rastanlagen, kommunale Flächen wie Kreisverkehre und Busspuren sowie Flugbetriebs- und Industrieflächen (z. B. Containerumschlag-Terminals).

Der Jutetuchlängsstrich wird auf Bundesfernstraßen aufgrund seiner bedingt dauerhaften Griffigkeit nicht mehr angewendet. Hier wird noch eher dem Kunstrasenlängsstrich der Vorzug gegeben, wobei dieser aufgrund seiner fehlenden Lärmeinstufung in den RLS-90 [5] nur in Bereichen eingesetzt werden kann, für die keine erhöhten Lärmanforderungen aus der Planfeststellung bestehen.

Die Waschbetonoberfläche vereint eine sehr gute und dauerhafte Griffigkeit mit geringen Lärmemissionen und ist daher seit ihrer Einführung durch das ARS Nr. 05 des BMVBS im Jahr 2006 [7] die Standard-Betonoberfläche auf Bundesfernstraßen.

Auch wenn die Waschbetonherstellung (Bild 3) in Österreich bereits lange vor 2006 zum Standard gehörte, so war ihre Einführung in Deutschland für Baufirmen und Bauherren zunächst Neuland. Bereits nach kürzester Zeit hatte sich das Know-how für Betontechnologie, Einbau und Herstellung der Oberfläche bei den Firmen entwickelt. Durch permanente Verbesserungen in der Praxis sowie parallele Forschung ist die Waschbetonbauweise heute auf einem hohen Qualitätsniveau angekommen.

Bild 3: Ablaufschema Waschbetonherstellung

Dem Lärmminderungspotential der Waschbetonbauweise sind jedoch technologische Grenzen gesetzt, so dass selbst unter optimalen Voraussetzungen kaum höheren DStrO-Werte als minus 2 dB(A) möglich sind. Die Herstellung der Waschbetonoberfläche (Auskehren) erfolgt zwar maschinell durch hydraulisch angetriebene, i. d. R. an Radladern montierte Stahlbesen (Bild 4).

Bild 4: Herstellung der Waschbetonoberfläche durch Entfernen des Oberflächenmörtels

Dennoch wird das Auskehrergebnis in gewissem Maße auch vom Auskehrpersonal und der Witterung während der Erhärtung des Betons (Temperatur, Niederschlag, Schattenlage usw.) beeinflusst.

Insbesondere aber das begrenzte Lärmminderungspotential der Waschbetonbauweise hat bereits vor mehreren Jahren dazu geführt, dass nach zusätzlichen Betonoberflächen / Texturierungsvarianten gesucht und dahingehend Forschung betrieben wurde. Hierbei wurden verschiedene neue, aber auch alte Ideen geprüft, weiterverfolgt oder wieder verworfen:

– Texturierung des Frischbetons/Oberflächenmörtels mit Matrizen, Walzen und dgl.,

– Offenporiger Beton,

– Tellerschleifen von Waschbetonoberflächen,

– Grinding und Grooving.

Als sehr erfolgversprechende Oberfläche hat sich inzwischen die Grindingtextur herauskristallisiert (Bild 5). Es wurde dahingehend sehr gezielte Forschung betrieben und auch in der Praxis eine Vielzahl von Erprobungsstrecken errichtet, die in den nächsten Jahren weiter gemessen und ausgewertet werden.

Bild 5: Betonoberfläche mit Grindingtextur

Neben einem hohen Lärmminderungspotential von derzeit bis zu minus 5 dB(A) liegen viele weitere Vorteile des Grindings auf der Hand. Das Schneidergebnis (Oberflächentextur) ist im Gegensatz zum Waschbeton nicht witterungs- und personalabhängig.

Das Grinding führt zu einer sehr hohen Griffigkeit und praktisch als "Nebenprodukt" automatisch auch zu einer hervorragenden Ebenheit der Betonoberfläche. Zudem ist, falls erforderlich, auch ein mehrmaliges Grinding während der Nutzungsdauer zur Wiederherstellung der Oberflächeneigenschaften möglich.

Ein weiterer wesentlicher Aspekt, der für das Grinding spricht, ist die dafür erforderliche Betonzusammensetzung. Es können wieder Betone mit einem Größtkorn von 22 mm und reduziertem Zementgehalt von ca. 350 kg/m³ eingesetzt werden, was die Verfügbarkeitsproblematik der Gesteinskörnungen (siehe Abschnitt 4) deutlich entspannen würde. Ob in manchen Regionen ggf. auch reine Kiesbetone möglich sind, wird derzeit untersucht, ebenso wie der Einfluss der Kornform und des Größtkorns auf das Grindingergebnis.

3 Herausforderung Dauerhaftigkeit

Wie eingangs erwähnt, erwartet der Nutzer, in erster Linie aber der Eigentümer, eine hohe Nutzungs- bzw. Lebensdauer der Straße bei gleichzeitig geringem Unterhaltungsaufwand. Die Betonbauweise kann dies in besonderem Maße leisten, denn Beton ist generell ein sehr dauerhafter Baustoff, der allein aufgrund seines hohen Verformungswiderstandes den statischen und dynamischen Beanspruchungen aus Verkehr sehr gut gewachsen ist. Hinzu kommt aber noch ein weiterer wesentlicher Vorteil der Betonbauweise. Die Dicke der Betondecke hat einen direkten Einfluss auf die Lebensdauer der Fahrbahn. Das Bild 6 soll wesentliche Einflussfaktoren auf die Nutzungsdauer einer Betonstraße verdeutlichen.

Bild 6: Wesentliche Einflussfaktoren auf die Nutzungsdauer einer Betonstraße

Die Verkehrsbelastung hat – unabhängig von der Bauweise – einen maßgeblichen Einfluss auf die Lebensdauer einer Straße. Die Erfahrungen der vergangenen Jahrzehnte haben uns gezeigt, dass es schwierig ist, genaue Prognosen zur Verkehrsentwicklung abzugeben. Sowohl dieser Parameter, als auch die Witterung und der Tausalzeintrag im Winter lassen sich daher nicht beeinflussen.

Für einen dauerhaften Straßenoberbau sind eine funktionierende Entwässerung ebenso wesentlich, wie anforderungsgerechte Frostschutz- bzw. Tragschichten. Dies wird durch die in den Fachgremien der FGSV erarbeiteten Regelwerke sichergestellt.

Gleiches gilt für die Fugen und Fugenfüllstoffe. Sowohl bei der Neuherstellung, aber vor allem auch während der Nutzungsdauer, ist besonderes Augenmerk auf den Zustand der Fugenfüllung zu legen. Eine 100 %-ige Dichtheit der Fugen ist sicher nicht praxisnah, jedoch ist es Aufgabe der Fugenfüllung, einen regelmäßigen Wasserzutritt sowie das Eindringen von Feststoffen in die Fuge maßgeblich zu verhindern.

3.1 Deckendicke und Betonfestigkeit

Die Betonfestigkeit, vor allem aber die Deckendicke, sind entscheidende Parameter im Betonstraßenbau, mit denen sich die Nutzungsdauer einer Betonfahrbahn steuern lässt.

Die erforderliche Deckendicke ist in Abhängigkeit von Belastungsklasse und Tragschicht in den RStO geregelt [1] oder wird im Einzelfall nach den RDO Beton [2] dimensioniert.

Die Dimensionierung nach RDO Beton ermöglicht auch eine Reduzierung der standardisierten Deckendicke gemäß RStO, wenn dafür die Betonfestigkeit (in diesem Falle die Spaltzugfestigkeit) erhöht wird. Diese Zusammenhänge sind selbstverständlich nicht neu und wurden – je nach Philosophie der Baufirmen – auch bei einzelnen ÖPP-Projekten so angewendet.

Das Bild 7 zeigt beispielhaft diesen Zusammenhang, wobei die in der Berechnung angesetzte Tragschicht für die weitere Betrachtung unerheblich ist.

Bild 7: Beispiel für eine Dimensionierung nach RDO Beton, B-Zahl 135 Mio, Nutzungsdauer 30 Jahre

Im Rahmen der Überarbeitung der aktuellen ZTV Beton-StB [3] wurde nach langer und intensiver Diskussion beschlossen, die Druck- und Biegezugfestigkeit als bisheriges Anforderungskriterium künftig durch die Spaltzugfestigkeit zu ersetzen. Über die Höhe der Anforderung und das Nachweisverfahren wird in den Gremien aktuell noch beraten.

Die bislang gesammelten Erfahrungen aus Ergebnissen von Kontrollprüfungen zeigen jedoch, dass in manchen Regionen bereits ein Anforderungswert von 3,3 MPa im Oberbeton mit den verfügbaren Rohstoffen nicht zielsicher zu erreichen wäre.

Das v. g., bei ÖPP-Projekten angewendete, Vorgehen einer Dickenreduzierung scheidet daher für herkömmliche Bauverträge aus. Vielmehr wäre hier der umgekehrte Weg zu beschreiten, indem die Betondeckendicke ggf. erhöht wird, angepasst an die Leistungsfähigkeit der örtlich verfügbaren Materialien.

Wir Straßenbau-Fachleute sollten uns zusammen mit der Politik auch einmal die grundsätzliche Frage stellen, ob im Hinblick auf die eingangs bereits erwähnte möglichst lange Nutzungsdauer der Fahrbahnen (Verfügbarkeit) die derzeitige Praxis einer Dimensionierung auf 30 Jahre noch zeitgemäß ist. Dies betrifft die Beton- und Asphaltbauweise gleichermaßen.

Wir sehen an unserem Bestandsnetz, dass viele Betondecken ihre ursprünglich geplante Nutzungsdauer weit überschritten haben und trotzdem noch immer – wenn auch mit sicherlich vermindertem Fahrkomfort – für den Verkehrsteilnehmer verfügbar sind. Darüber sollten wir froh sein und dies auch offen kommunizieren.

In diesem Zusammenhang sollten wir auch diskutieren, ob es nicht sinnvoller und am Ende wirtschaftlicher ist, unsere Fahrbahnen von vorn herein wenige Zentimeter dicker zu bauen, als rechnerisch erforderlich, um entsprechende Tragfähigkeitsreserven für die Zukunft zu haben. Die Mehrkosten dafür sind im Vergleich zu den Vorteilen, hierzu zählt beispielsweise auch eine deutliche Reduzierung des Unterhaltungsaufwandes, zu vernachlässigen, erst recht, wenn man die volkswirtschaftlichen Verluste durch Baustellenstaus in die Rechnung mit einbezieht.

3.2 Ausführungsqualität

Die Herstell- bzw. Ausführungsqualität hat selbstverständlich auch einen Einfluss auf die Dauerhaftigkeit bzw. Nutzungsdauer einer Fahrbahn. Dabei führt eine hohe Qualität beim Einbau dazu, dass die geplante Nutzungsdauer der Fahrbahn auch erreicht bzw. sogar übertroffen wird. Im umgekehrten Fall können Ausführungsprobleme in der Anfangsphase zu einem frühzeitigen Mangel bzw. im schlimmsten Fall zum Ausfall der Konstruktion führen. Dies gilt im Übrigen nicht nur für die Betonbauweise, sondern Bauweisen übergreifend. Das Bild 8 zeigt, welche wesentlichen Faktoren die Ausführungsqualität bestimmen können.

Bild 8: Wesentliche Einflüsse auf die Ausführungsqualität

Die Qualität der Ausgangsstoffe ist ein wichtiger Faktor für die Güte des Betons bzw. das Endprodukt Straße. Die nicht einfachen Randbedingungen der Großprojekte, wie beispielsweise die Notwendigkeit großer Materialmengen in sehr kurzen Zeiträumen, stellen die Hersteller oft vor größere Herausforderungen. Die Beibehaltung des aktuellen hohen Qualitätsstandards auf der Grundlage unserer Regelwerke für Zement, Gesteinskörnung und Zusatzmittel ist daher oberstes Ziel.

Die Witterung beim Einbau ist nur bedingt kalkulierbar. Die Einbauentscheidung ist oft eine Gratwanderung für den verantwortlichen Bauleiter vor Ort. Er muss dabei das Wetterrisiko u. a. abwägen gegen die Einhaltung der Bauzeit, Materialversorgung sowie Personal- und Geräteengpässe. Eine falsch getroffen Entscheidung kann hierbei bereits über den wirtschaftlichen Erfolg oder Misserfolg einer Baustelle entscheiden.

Die Wetterbedingungen der letzten Jahre mit teilweise langanhaltenden, sehr hohen Temperaturen in den Sommermonaten sind eine Erschwernis für den Bau im Allgemeinen und die Betonherstellung im Besonderen. Im Gegensatz dazu werden die Winter kürzer und milder, so dass die Bautätigkeit bereits früher im Jahr beginnen kann. Daher wäre es von großem Vorteil, wenn die Hauptbautätigkeit nicht wie derzeit in der zweiten Jahreshälfte stattfinden, sondern zu großen Teilen auch in das Frühjahr verlegt würde. Dies hätte zum einen den Vorteil von moderateren Einbaubedingungen und andererseits würde es die in der Branche bekannten Schwierigkeiten der zweiten Jahreshälfte mindern. Dies betrifft insbesondere die Engpässe bei Personal, Gerät, Rohstoffen und Transportraum.

Dazu ist aber auch ein Umdenken bei Ausschreibung und Vergabe nötig, und zudem erfordert dies Baustellenverkehrsführungen während der Wintermonate.

Ein möglichst naher Standort der Mischanlage am Einbauort und damit kurze Transportzeiten fördern die Qualität des Betons. In Regionen mit geringer Bebauung gelingt es i. d. R. problemlos, einen großen und verkehrstechnisch günstig gelegenen Mischplatz zu finden. Idealerweise wird die Mischanlage auch gleich im Lieferwerk für die feine oder grobe Gesteinskörnung stationiert.

Leistungsfähige Misch- und Einbaugeräte sind ein wesentlicher Bestandteil des modernen Betonstraßenbaus. Die stetige Weiterentwicklung und Verbesserung der Geräte inkl. ihrer Steuerungen sind dabei selbstverständlich.

Bei den Überlegungen zu den erforderlichen Anforderungen an die Misch- und Dosiergenauigkeit sollte man aber bedenken, dass es sich um Baustellenmischanlagen mit Durchsätzen v. d. R. zwischen 200 und 300 m³ Beton je Stunde handelt und die Baustellenbedingungen nicht mit den Verhältnissen im Labor gleichzusetzen sind.

Zur Sicherstellung einer hohen Ausführungsqualität trägt neben den bereits erwähnten Punkten auch ein gutes Technisches Regelwerk bei. Die FGSV stellt für das Straßen- und Verkehrswesen die ideale Plattform dar.

Bei der Arbeit innerhalb der FGSV-Gremien sollten die mitwirkenden Personen immer den Praxisbezug vor Augen haben und sicherstellen, dass die Technischen Regelwerke einfach, verständlich und lesbar bleiben. Gleiches gilt für die Prüfungen und Messverfahren. Ein hoher Anteil von Praktikern in den FGSV-Gremien ist daher wünschenswert.

LEAN und BIM – das sind aktuelle Schlagworte in der Baubranche.

Dabei lässt sich LEAN sicherlich gut mit Arbeitsvorbereitung übersetzen. Diese ist von jeher Aufgabe der Baustelle bzw. des Bauleiters. Eine gute Arbeitsvorbereitung ist wichtig und Grundvoraussetzung für das Gelingen des Betoneinbaus bzw. der Baustelle. Hierbei besteht sicherlich innerhalb der Firmen noch Optimierungspotential. Wesentlich ist aber, dass die neu hinzukommenden Kolleginnen und Kollegen behutsam in die Abläufe eingeführt und dabei von erfahrenen Mitarbeitern angeleitet und unterstützt werden. So lassen sich Fehler in der Praxis bereits im Vorfeld vermeiden.

Die Digitalisierung schreitet mit BIM auch in der Bauindustrie voran. Insbesondere wird die Vernetzung von Baustelle, Maschine und Mensch zur Unterstützung und Effizienzsteigerung beitragen.

Über eines sollten wir alle uns aber im Klaren sein, weder LEAN noch BIM werden den Menschen auf der Baustelle ersetzen! Und damit sind wir bereits bei der aktuellen und auch zukünftig größten Herausforderung für die Bauindustrie angekommen – der Verfügbarkeit von Personal.

Dabei gilt es, mehrere Probleme zu meistern. Es fehlt zunächst einmal grundsätzlich an Nachwuchs, der überhaupt bereit ist, in der Baubranche zu arbeiten. Hierbei geht es um Bauleiter, Bauüberwacher, Poliere, gewerbliches Personal, Laboranten u. v. m. Davon betroffen sind Auftraggeber und Auftragnehmer gleichermaßen.

Gute Bezahlung allein ist für die jungen Menschen dabei nicht mehr ausschlaggebend. Vielmehr taucht immer wieder der Begriff "Work-Life-Balance" auf. Die Vereinbarkeit von Beruf, Freizeit und Familie spielt eine tragende Rolle.

Die Aufgabe der Baufirmen muss es daher sein, die Ausbildung und den Job attraktiver zu gestalten. In den letzten Jahren hat sich auf diesem Gebiet bereits einiges getan. Die Werbung beginnt schon an den Schulen und Universitäten, es gibt attraktive Trainee-Programme, und auch die Begriffe „Elternzeit“ und „Homeoffice“ sind inzwischen in der Baubranche angekommen. Für Angestellte im Büro lässt sich dies natürlich einfacher umsetzen, als für gewerbliches Personal auf den Baustellen.

Trotz alledem ist in vielen Bauberufen die Auswärtstätigkeit unvermeidlich. Deutliche Arbeitszeitverkürzungen lassen sich in der Branche kaum umsetzen.

Der Trend im Straßenbau ist zudem ein ganz anderer. Die Verfügbarkeit der Straße und die Stauvermeidung haben eine hohe Priorität, was grundsätzlich auch im Interesse aller Beteiligten liegt. Allerdings wird immer häufiger versucht, dies in der Praxis durch kürzer werdende Bauzeiten und Nachtbaustellen umzusetzen.

Die sogenannten 24/7-Baustellen (rund um die Uhr, 7 Tage die Woche) sind medienwirksam, sie führen aber zu einer massiven Bindung von Ressourcen sowie zu einer hohen Belastung des Personals.

Wenn sich dieser Trend weiter fortsetzt, so wird das den Personalmangel in der Baubrache noch weiter verschärfen.

4 Herausforderung Rohstoffverfügbarkeit

Unter anderen aufgrund der seit Jahren anhaltenden stabilen Baukonjunktur, was grundsätzlich eine sehr positive Entwicklung ist, kommt es zunehmend in der Baubranche zu Materialengpässen, die sich auch im Straßenbau inzwischen sehr deutlich bemerkbar machen.

Für die Waschbetonbauweise werden beispielsweise hochwertige Splitte mit GK 8 mm, einem PSV-Wert von mindestens 53 und einer Kornform SI15 benötigt. Diese Korngruppen werden jedoch auch für andere Bauweisen (z. B. im Asphaltstraßenbau) verwendet, was die grundsätzliche Verfügbarkeit bereits einschränkt.

Weiterhin kommt hinzu, dass zur Erzielung der erforderlichen Festigkeiten Zementgehalte von ca. 420 kg/m³ nötig sind. Mit Einführung des ARS 04/2013 (AKR) [6] sind alle Gesteinskörnungen, die für Betonstraßen verwendet werden, durch eine gutachterliche Stelle zu prüfen und freizugeben. Die bisherigen Erfahrungen mit den hierfür durchzuführenden Performance- bzw. WS-Grundprüfungen zeigen, dass sich die hohen Zementgehalte nachteilig auf die Dehnungen in den Betonversuchen auswirken, was wiederum zum Ausschluss vieler Gesteinskörnungsvorkommen für die Verwendung im Waschbeton geführt hat.

Die derzeit geprüften und für den Betonstraßenbau freigegebenen Lieferwerke sind bei der BASt gelistet [8]. Das Bild 9 zeigt die Anzahl und Verteilung der Lieferwerke über die Fläche der Bundesrepublik Deutschland. Insgesamt stehen derzeit 31 geprüfte Werke für ganz Deutschland zur Verfügung, wovon jedoch nur 21 auch für die Verwendung im Oberbeton 0/8 (Waschbeton) zugelassen sind.

Nimmt man das Bundesland Bayern mit der dort vorliegenden Sonderlösung einmal aus, so werden die Problembereiche (rot hinterlegt) schnell deutlich. In Norddeutschland fehlen geologisch bedingt die groben Gesteinskörnungen, in Mitteldeutschland ist die Verwendbarkeit der Lagerstätten aus AKR-Gründen eingeschränkt und in Baden-Württemberg sind zwar Kiese für den Unterbeton verfügbar. Es fehlt jedoch an Festgesteinslagerstätten für den Einsatz im Oberbeton.

Das Bundesland Hessen verfügt mit derzeit 8 Werken über eine vergleichsweise große Anzahl von geprüften und geeigneten Festgesteinslagerstätten. Leider führt dies nach wie vor nicht dazu, dass wieder Autobahnlose in Betonbauweise ausgeschrieben werden.

Bild 9: Anzahl der für den Betonstraßenbau verfügbaren Werke gemäß BASt-Listen mit Stand 29.07.19 (rote Zahl = WS-Grundprüfung, blaue Zahl = Performance-Prüfung)

Welche Lösungsmöglichkeiten sind denkbar? Die aktuellen TL Beton-StB [4] fordern für zweischichtige Decken die Verwendung von Zementen gleicher Art und Festigkeitsklasse. Somit kommen bisher – mit Ausnahme von wenigen Erprobungsstrecken – nur CEM I-Zemente zum Einsatz, mit denen zweifelsohne im Betonstraßenbau in Deutschland auch sehr gute Erfahrungen vorliegen.

Wie bereits beschrieben, müssen viele Gesteinslagerstätten aufgrund nicht bestandener WS- bzw. Performanceprüfungen in Verbindung mit CEM I-Zementen derzeit von der Verwendung im Betonstraßenbau ausgeschlossen werden. Untersuchungen haben jedoch gezeigt, dass eine nicht unerhebliche Anzahl von Kies- und Splittwerken in Kombination mit einem CEM II- oder CEM III-Zement eingesetzt werden könnte.

Da jedoch bei der Verwendung von hüttensandhaltigen Zementen im Oberbeton, insbesondere aus Gründen des Frost-Tausalzwiderstandes, eine gewisse Zurückhaltung vorherrscht, wurde in den Fachgremien der AG 8 angeregt, diese Zemente nur im Unterbeton zu verwenden und im Oberbeton weiterhin die bewährten CEM I-Zemente einzusetzen.

Um den positiven Einfluss auf die AKR-Vermeidung nachzuweisen und mögliche nachteilige Einflüsse auf die Dauerhaftigkeit der Betondecke auszuschließen, wurde das Forschungsvorhaben 08.0221 "Dauerhafte Betonfahrbahndecken unter Berücksichtigung aktueller ökologischer und wirtschaftlicher Aspekte" initiiert, deren Ergebnisse (FIB Weimar und Ruhr-Uni Bochum) vorliegen.

Diese Ergebnisse waren durchwegs positiv und haben dazu geführt, dass im FGSV-Arbeitskreis AK 8.2.5 "Zementanwendung" die bisherige Passage der TL Beton überarbeitet und die Anwendung unterschiedlicher Zemente im Ober- und Unterbeton bei Einhaltung gewisser Randbedingungen für die Zukunft empfohlen wurde.

Vor Einführung der neuen Regelungen sollen diese schnellstmöglich noch durch entsprechende Erprobungsstrecken in der Praxis abgesichert werden.

Eine weitere Möglichkeit, die Verfügbarkeit von Gesteinskörnungen zu erhöhen, wäre eine deutliche Reduzierung des Zementgehaltes von derzeit 420 kg/m³ im Waschbeton. Dies ist aber betontechnologisch nur machbar bei gleichzeitiger Erhöhung des Größtkorns, was wiederum aus lärmtechnischer Sicht für Waschbeton nicht möglich ist.

An dieser Stelle soll daher nochmals auf die im Abschnitt 2 bereits erläuterten Vorteile der Grindingoberfläche mit einem Größtkorn von bis zu 22 mm und dem im Vergleich zu Waschbeton reduzierten Zementgehalt von ca. 350 kg/m³ verwiesen werden.

5 Fazit

Die aktuellen und zukünftigen technischen Herausforderungen bestehen in der Entwicklung von dauerhaft griffigen, leisen und ebenen Oberflächentexturen, die – falls im Laufe der Nutzung erforderlich – ohne nennenswerten Aufwand auch mehrfach neu in den Beton eingebracht werden können. Die Grindingtextur ist eine solche Oberfläche, und sie sollte daher auch schnellstmöglich in das geltende Regelwerk überführt sowie in den „Richtlinien für den Lärmschutz an Straßen“ (RLS) lärmtechnisch eingestuft werden.

Eine weitere Herausforderung – dies gilt im Übrigen für alle Bauweisen – besteht in der Erhöhung der Nutzungsdauer einer Straße bei gleichzeitiger Reduzierung des Unterhaltungsaufwand sowie damit verbunden der Vermeidung von Baustellen und Staus.

Dafür ist es erforderlich, zusätzliche Tragfähigkeitsreserven für unsere Straßen zu schaffen. Bei der Betonbauweise wäre dies problemlos durch die Erhöhung der Deckendicke im Unterbeton um wenige Zentimeter möglich.

Die Verfügbarkeit von Rohstoffen ist bereits heute ein wesentliches Thema und wird zu einer zunehmenden Herausforderung. Wir müssen mit den regional verfügbaren Rohstoffen auskommen und dürfen dabei nicht die wertvollen Deckenbeton-Gesteine für untergeordnete Anwendungen vergeuden. Ziel muss es sein, hierfür weitestgehend die beim Rückbau anfallenden RC-Materialien einzusetzen.

Die Betontechnologie sowie die Wahl des Aufbaus (Tragschichten) werden sich zukünftig zwangsläufig auch an der Verfügbarkeit der Rohstoffe orientieren müssen.

Die Betonstraßen, die wir heute in Deutschland mit unserer modernen Maschinen- und Gerätetechnik sowie den hochwertigen Rohstoffen herstellen, befinden sich qualitativ auf einem sehr hohen Niveau. Oftmals wird bei der Überarbeitung von Regelwerken im Zusammenhang mit dem Begriff Qualitätssteigerung auch die Verschärfung von Anforderungen diskutiert. Dies ist jedoch der falsche Ansatz.

Um eine weitere, nachhaltige Qualitätssteigerung zu erzielen, müssen die dafür erforderlichen Randbedingungen gegeben sein. Die im Text mehrfach erwähnten derzeitigen Voraussetzungen wie z. B. Rohstoffknappheit, Personalmangel, Nacht- und Wochenendarbeit usw. sind dabei gegenläufig zu den angestrebten Zielen.

Der größte Hebel zur Steuerung der Qualität sind nicht die Geräte, Regelwerke und Anforderungen, sondern gut ausgebildete, hoch motivierte und von Ihrer Arbeit leidenschaftlich überzeugte Baufacharbeiter, Techniker und Ingenieure. Das oberste Ziel und zugleich die größte Herausforderung für die Baubranche besteht aktuell und auch zukünftig darin, dieses Personal verfügbar zu haben.

Und genau an dieser Stelle müssen auch Politik und Medien unterstützend wirken. Nur wenn es gelingt, den Ruf der Branche nachhaltig aufzuwerten, werden sich wieder mehr junge Menschen für diesen interessanten Berufszweig entscheiden.

Dazu gehört einerseits mehr positive Berichterstattung über erfolgreich abgewickelte Bauprojekte, und andererseits muss die Politik der Bevölkerung vermitteln, welche Werte durch diese Branche geschaffen werden und wie bedeutend eine funktionierende Infrastruktur für Mobilität, Warenverkehr und Wirtschaft in unserem Land ist.

Literaturverzeichnis

1 Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (2012): Richtlinien für die Standardisierung des Oberbaus von Verkehrsflächen, Ausgabe 2012 (RStO 12), Köln (FGSV 499)

2 Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (2010): Richtlinien für die rechnerische Dimensionierung von Betondecken im Oberbau von Verkehrsflächen, Ausgabe 2009 (RDO Beton 09), Köln (FGSV 497)

3 Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (2007): Zusätzliche technische Vertragsbedingungen und Richtlinien für den Bau von Tragschichten mit hydraulischen Bindemitteln und Fahrbahndecken aus Beton, Ausgabe 2007 (ZTV Beton-StB 07), mit Änderungen März 2013, Köln (FGSV 899)

4 Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (2007): Technische Lieferbedingungen für Baustoffe und Baustoffgemische für Tragschichten mit hydraulischen Bindemitteln und Fahrbahndecken aus Beton, Ausgabe 2007 (TL Beton-StB 07), mit Änderungen März 2016, Köln (FGSV 891)

5 Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (2010): Richtlinien für den Lärmschutz an Straßen RLS-90, Ausgabe 1990, Köln (FGSV 334)

6 Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (2013): Allgemeines Rundschreiben Straßenbau Nr. 04/2013

7 Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (2006): Allgemeines Rundschreiben Straßenbau Nr. 05/2006

8 Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt): https://www.bast.de/BASt_2017/DE/Strassenbau/Qualitaetsbewertung/Listen/listen_node.html