FGSV-Nr. FGSV B 31
Ort Karlsruhe
Datum 19.09.2013
Titel Endbereiche – Längsdehnungsverhalten von Betonfahrbahnen
Autoren Dr.-Ing. Axel Riwe
Kategorien Betonstraßen
Einleitung

Der Baustoff Beton dehnt sich bei Erwärmung aus und zieht sich bei Abkühlung zusammen. Dabei ist der Zusammenhang zwischen der Temperaturänderung und der dadurch bedingten Dehnung linear. Dieser lässt sich mit einem einzigen Parameter, dem Wärmeausdehnungskoeffizienten beschreiben. Festigkeit und Steifigkeit des Betons sind nicht temperaturabhängig. Die Plattenbildung mit Scheinfugen erzeugt dabei ein gemeinsames Ausdehnen, hingegen erfolgt die Verkürzung plattenweise. Endbereiche von Betondecken entstehen bei jedem Wechsel zu angrenzenden Oberbauten, die meist in Asphaltbauweise ausgeführt wurden. In den ZTV BetonStB 07 sind zur Ausbildung von Endbereichen Empfehlungen enthalten, wonach eine verstärkte letzte Plattenreihe oder ein Endsporn einzubauen ist. Bei beiden Ausführungsarten werden in der Praxis oftmals Schäden festgestellt. Zum einen treten bei Endspornen Querrisse in Verbindung mit Aufwölbungen (Aufknicken) auf, zum anderen schieben Endbereiche mit verstärkter Platte die angrenzende Asphaltkonstruktion im Übergangsbereich zu einer Wulst zusammen. Die Nachrechnung dieser Konstruktionen zeigt, dass weder Endsporn noch verstärkte Platten die Verschiebungen der Endbereiche ausreichend reduzieren können. Daher ist es konstruktiv zu bevorzugen, die Verschiebung des Endbereichs zuzulassen. Dies kann durch den Einbau einer zuvor rechnerisch ermittelten Anzahl von Raumfugen erfolgen. Die Berechnung muss unter anderem die zum Einbauzeitpunkt vorhandene Temperatur, die maximal mögliche Temperaturdifferenz und somit die Länge des Endbereiches berücksichtigen. Es wurden die drei Varianten mit verdübelten Raumfugen, mit unverdübelten Raumfugen und Unterlagschwellen sowie mit unverdübelten Raumfugen und verstärkten Endfeldern mit den jeweiligen Vor- und Nachteilen betrachtet. Zur Erprobung wurde eine Lösung mit unverdübelten Raumfugen und verstärkter Betondecke in diesem Bereich in der Praxis bei der Fahrbahnerneuerung eines Autobahnabschnitts begleitet. Die notwendige Anzahl an Raumfugen wurde vorab für die möglichen Temperaturen zum geplanten Einbauzeitpunkt berechnet. Nachdem der Einbau der Betondecke im entsprechenden Endbereich mit Gleitschalungsfertiger erfolgte, wurden die Raumfugen durch Schneiden der Betondecke auf volle Tiefe hergestellt. Durch den Einbau von Messpunkten in der Betondecke sowie außerhalb der Fahrbahn als Referenzpunkte können auftretende Längsverschiebungen im Endfeldbereich ermittelt werden.

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Der Fachvortrag zur Veranstaltung ist im Volltext verfügbar. Das PDF enthält alle Bilder und Formeln.

1 Einleitung

Endbereiche von Betondecken entstehen vorwiegend vor Bauwerken mit Asphaltvorfeldern, die im Zuge der Straße vorhanden sind. In den ZTV Beton-StB 07 sind zur Ausbildung von Endbereichen Empfehlungen enthalten, wonach eine Verstärkung der letzten Plattenreihe oder ein Endsporn einzubauen ist.

In dem im Auftrag der Bundesanstalt für Straßenwesen durchgeführten Forschungsvorhaben FE 89.0269/2011 ­ ,,Dimensionierung und Konstruktion von Endbereichen beim Neubau und bei der Erneuerung des Oberbaus in Betonbauweise" wurden diese Ausbildungsvarianten untersucht und rechnerisch überprüft. Unter anderem wurden aber auch neue Varianten für die Endbereichsausbildung entwickelt und erprobt, die die Längenänderung in diesen Bereichen nicht aufnehmen sondern zulassen.

2 Verhalten von Einzelplatten und Plattensystemen bei Erwärmung

Beton dehnt sich bei Erwärmung aus und zieht sich bei Abkühlung zusammen. Dabei ist der Zusammenhang zwischen der Temperaturänderung und der dadurch bedingten Dehnung im in der Praxis relevanten Bereich linear. Dieser lässt sich mit einem einzigen Parameter, dem Wärmeausdehnungskoeffizienten beschreiben. Festigkeit und Steifigkeit des Betons sind nicht temperaturabhängig. Die Plattenbildung mit Scheinfugen erzeugt dabei ein gemeinsames Ausdehnen, hingegen erfolgt die Verkürzung bei Abkühlung plattenweise. Bei Straßen ist die Längsausrichtung entscheidend, da in den meisten Anwendungsfällen das Spannungsund Ausdehnungsverhalten in Querrichtung nur eine untergeordnete Rolle spielt. Aus diesem Grund erfolgt für die weiteren Ausführungen eine einaxiale Betrachtungsweise.

Demzufolge führt eine Erwärmung zur Ausdehnung gemäß folgender Formel:

Formel siehe PDF

Wird diese Längsdehnung behindert, führt dies zum Aufbau von Normalspannungen.

Formel siehe PDF

Ohne die Behinderung der Dehnung bleibt der Querschnitt spannungsfrei.

Das Bild 1 zeigt eine Plattenreihe bei Erwärmung, anschließender Abkühlung und erneuter Erwärmung unter idealen Randbedingungen und ohne Dehnungsbehinderung, das heißt ohne Spannungsaufbau. Gut zu erkennen ist die einmalige Ausdehnung der Plattenreihe, die sich bei weiteren Erwärmungszyklen unter den genannten Randbedingungen nur steigern kann, wenn sich die Temperaturdifferenz bezogen auf die Einbautemperatur erhöht.

Bild 1: Verhalten des Plattensystems in Längsrichtung bei Temperaturänderung

In praxi sind andere Randbedingungen anzutreffen. Zum einen erfolgt eine Dehnungsbehinderung über die Reibung der Betondecke zur Unterlage und gegebenenfalls eine Dehnungsbehinderung an den Endbereichen, zum anderen kommt es während des Nutzungszeitraums zu einer allmählichen Fugenverschmutzung, wodurch eine erneute Erwärmung zu einer Normalspannungserhöhung (Druckspannung) führen kann. Wie im Bild 2 zu sehen ist, entsteht ein neuer Nullspannungszustand bei Behinderung der Zusatzdehnung.

Bild 2: Verhalten des Plattensystems unter Berücksichtigung von Dehnungsbehinderungen und Fugenverschmutzung

3 Endbereiche

Endbereiche entstehen am Übergang zu anderen Konstruktionen, überwiegend vor Bauwerken sowie am Anfang und Ende eines Bauloses, wenn ein Wechsel der Oberbauart an diesen Stellen erfolgt.

Im Betonquerschnitt kommt es zum Aufbau temperaturinduzierter Druckspannungen, wenn eine Dehnbehinderung vorliegt. Solange die Reibungskraft größer ist als die temperaturindizierte Druckkraft, besteht volle Dehnbehinderung. Diese ergibt sich dann allein aus der Reibung der Betonplatten auf der jeweiligen Unterlage.

Zum Ende der Plattenreihe hin wird das Plattenpaket immer kürzer und somit auch die zuzuordnende Reibungskraft. Übersteigt die Druckkraft nun die Reibungskraft, kommt es zu einer Verschiebung der Betonplatten in diesem Bereich. Der Endbereich ist somit definiert als der am Ende einer Plattenreihe liegende Abschnitt, in dem eine Verschiebung stattfinden kann.

Bild 3: Endbereich einer Betondecke

Die Länge eines Endbereichs ergibt sich zu

Formel siehe PDF

Gemäß RDO Beton 09 Gleichung 4.5 kann für das Totalmodul näherungsweise angenommen werden:

Formel siehe PDF

Das Schwinden des Betons eröffnet zusätzlichen Spielraum für die temperaturbedingte Dehnung und sollte rechnerisch berücksichtigt werden. Einen möglichen Ansatz hierzu liefert der typische Schwindverlauf über 30 Jahre (Bild 4), berechnet nach (MC 90). Da das Schwindmaß unter anderem von der Rezeptur, Festigkeit, Dauer der Austrocknung, relativer Luftfeuchtigkeit sowie der Umgebungstemperatur des Betons abhängt, sollten vorzugsweise bekannte Schwindmaße der tatsächlich eingesetzten Betone bei den Berechnungen verwendet werden.

Bild 4: Typischer Schwindverlauf berechnet nach MC90

Neben der Länge des Endbereichs ist die mögliche Gesamtverschiebung DL von Bedeutung, um einen Endbereich konstruktiv ausbilden zu können.

Die Gesamtverschiebung, die am Ende des Endbereichs maximal auftreten kann, ergibt sich zu:

Formel siehe PDF

4 Lösungen in den Regelwerken

Für die Endfeldausbildung wird in den ZTV Beton-StB 07 bauvertraglich festgelegt, dass ,,zur Sicherung der letzten Platte geeignete Maßnahmen vorzusehen sind". Es werden jedoch Empfehlungen ausgesprochen, wie dies erfolgen kann. Die nachfolgenden Bilder enthalten Prinzipskizzen zu den im Regelwerk enthaltenen Ausführungsvarianten.

In der Praxis kam es bei beiden Ausführungsvarianten häufig zu Schäden in der Betonkonstruktion sowie im benachbarten Asphaltbereich.

Einerseits treten Querrisse in Verbindung mit Aufwölbungen (Aufknicken) an Endspornen auf, wobei oftmals zwei parallel laufende Querrisse und eine Verästelung feststellbar sind.

Bild 5: Endsporn nach ZTV Beton-StB 07

Bild 6: Verstärkung der letzten Platte gemäß ZTV Beton-StB 07

Andererseits schieben Endbereiche mit verstärkter Platte bzw. trotz vorhandenen Endsporns die angrenzende Asphaltkonstruktion im Übergangsbereich zu einer Wulst zusammen. An der Grenze zwischen Beton und Asphalt treten Ausbrüche auf. Diese Schadensbilder lassen den Schluss zu, dass unter bestimmten Randbedingungen beide Ausführungsvarianten nicht geeignet sind, die auftretenden Horizontalkräfte aufzunehmen und in den Untergrund/Unterbau abzuleiten. Die Bilder 7 und 8 zeigen typische Schadbereiche.

Bild 7: Schaden am Endsporn und im angrenzenden Asphaltbereich

Bild 8: Schaden im Asphaltbereich durch Verschiebung der verstärkten Platte

Der Sporn verhindert die Dehnung nicht, sondern behindert sie nur unwesentlich. Mit wachsender Spornverschiebung nimmt die Druckkraft auf den Sporn ab und die Widerstandskraft des Sporns zu.

Formel siehe PDF

Das Bild 9 zeigt eine Grenzbetrachtung. Die rote Kurve steht für die sich entwickelnde Spornkraft unter günstigen Bedingungen gemäß Gleichung (6), die blaue Kurve für ungünstige Bedingungen. Die schwarze Kurve zeigt den Aufbau des vollen Erdwiderstands, der sich bei Verschiebung des Endsporns einstellt. Erst wenn die rote oder blaue oder eine dazwischen liegende spezielle Kurve für die Spornkraft die schwarze Kurve schneidet, ist die Erdwiderstandskraft groß genug, um die weitere Bewegung des Endsporns zu stoppen. Diese Grenzbetrachtung zeigt, dass sich die Platte mit dem Endsporn dazu ca. 1 bis 6 cm bewegen muss und unter den sich einstellenden Randbedingungen auch wird. Wenn diese Bewegung nicht durch Konstruktionselemente wie z. B. Raumfugen zugelassen wird, kommt es in erster Instanz durch die volle Bewegung am Ende zu einer Schädigung der angrenzenden Asphaltbereiche.

Bild 9: Endsporn nach ZTV Beton-StB 07 ­ Grenzbetrachtung

Es sind also große Verschiebungen notwendig, um den Erdwiderstand vollständig zu mobilisieren. Unter ungünstigen Randbedingungen (blaue Kurve) reicht selbst der volle Erdwiderstand nicht sofort aus, um die Verschiebung zu stoppen. Die Platte mit Endsporn kann also erst wirksam werden, wenn durch Zulassung der erforderlichen Verschiebung der Erdwiderstand aufgebaut werden kann.

Die Platte mit Endsporn selbst hat unter den genannten Umständen große Spannungen aufzunehmen. Das Bild 10 zeigt die den Spannungen zugeordneten Gesamtverformungen.

Bild 10: Gesamtverformung des Systems mit Endsporn

Die in den ZTV Beton-StB 07 vorgesehene Bewehrung (siehe Bild 5) beträgt 10 cm²/m und ist in vielen Fällen nicht ausreichend. In der Tabelle 1 sind erforderliche Bewehrungsgrade as aufgeführt, die als obere Bewehrung aso und untere Bewehrung asu in x- bzw. y-Richtung erforderlich sind. Dabei sind die Berechnungsfälle 1 und 2 günstige und 3 und 4 Fälle mit ungünstigen Randbedingungen. Es ist gut zu erkennen, dass für Fälle, bei denen insbesondere die Verschiebungen verhindert werden sollen, die Bewehrung nach ZTV Beton-StB 07 auf keinen Fall ausreicht, so dass die Konstruktion versagen muss.

Tabelle 1: Gesamtverformung des Systems mit Endsporn

Alles in allem ist eine Platte mit Endsporn nicht geeignet, die Verschiebungen in ausreichendem Maße zu reduzieren. Des Weiteren ist ein Bruch der Spornplatte wahrscheinlich und eine Stufenbildung in der Fahrbahn zu erwarten. Der Endsporn nach ZTV Beton-StB 07 ist somit keine geeignete Konstruktion.

Bei der verstärkten letzten Platte gemäß ZTV Beton-StB 07 soll sich eine Behinderung der Verschiebungen allein aus dem höheren Gewicht und somit aus der höheren Reibungskraft zur Unterlage der verstärkten Endplatte ergeben.

Berechnungen haben jedoch gezeigt, dass die verstärkte Platte als Endbereich die Verschiebung praktisch nicht vermindert. Um überhaupt rechnerische Unterschiede ausweisen zu können, müssen die Ergebnisse im Submillimeterbereich angegeben werden. Die größere Plattendicke dient also allein der Aufnahme von höheren Biegemomenten am freien Plattenrand (Übergang zur Asphaltkonstruktion).

5 Alternative Endbereichsausbildungen und erste Praxiserfahrungen

Da die Untersuchungen ergeben haben, dass es in der Regel ungünstig ist, die Horizontalkräfte mittels baulicher Konstruktionen in den Untergrund/Unterbau ableiten zu wollen, ist es konstruktiv zu bevorzugen, die Verschiebung im Endbereich zuzulassen. Die Verschiebewege sind zuvor rechnerisch zu kalkulieren und die notwendige Anzahl von Raumfugen festzulegen. Diese richten sich vor allem nach der Temperatur zum Einbauzeitpunkt der Betondecke und der Reibung zur Unterlage.

Im Folgenden werden drei Varianten mit ihren Vor- und Nachteilen diskutiert, die im Zuge der Forschungsarbeit entwickelt wurden.

Das Bild 11 zeigt die prinzipielle Lösung der Ausbildung eines Endbereichs mit verdübelten Querfugen, die als Raumfugen ausgebildet werden. Dargestellt sind in diesem Beispiel drei Raumfugen. Die Dübel in den Raumfugen sorgen für die Querkraftübertragung, so dass die Betondeckendicke gegenüber der freien Strecke unverändert bleiben kann. Eine Ausnahme bildet die letzte Plattenreihe vor der Anschlussbefestigung, da dort keine Verdübelung möglich ist. Daher muss die letzte Plattenreihe verstärkt werden. Die Ausbildung der Verstärkung richtet sich nach der vorhandenen Unterlage (Bild 11).

Zur Ausbildung der Raumfugen mit Verdübelung ist es erforderlich, diese bereits vor dem Betonieren herzustellen und zu fixieren. Die Fugeneinlage und die Dübel sind ebenfalls vor dem Betonieren einzubringen.

Der Vorteil dieser Lösung besteht in der konstruktiv einwandfreien und dauerhaften Lösung hinsichtlich der Aufnahmefähigkeit der Belastungen aus Verkehr und Witterung (hier ist die ungleichmäßige Feuchte- und Temperaturverteilung gemeint) der Konstruktion. Die Aufnahme von Horizontalverschiebungen infolge Erwärmung der Konstruktion gegenüber dem Herstellungszeitpunkt ist bei ausreichender Anzahl von Raumfugen ebenfalls gegeben.

Bild 11: Endbereich mit verstärkter letzter Platte und verdübelten Raumfugen (Beispiel)

Als nachteilig kann sich die relativ komplizierte und aufwändige Ausführung erweisen. Unter Umständen ist es nicht oder nicht ohne weiteres möglich, den Endbereich mit einem Gleitschalungsfertiger zu bauen. In diesen Fällen wäre dann ein Handeinbau erforderlich. Bezüglich der Dauerhaftigkeit ist zunächst festzustellen, dass Raumfugen alle 6 bis 8 Jahre saniert werden müssen (ähnlicher Turnus wie bei Scheinfugen). Durch die Ausführung von Raumfugen in voller Tiefe kann sich die Entfernung des Fugenfüllmaterials und die Neufüllung als schwierig erweisen, da bei dieser Variante die Raumfugen verdübelt sind. Allerdings ist zu beachten, dass das Fugenmaterial infolge der ersten irreversiblen Ausdehnung des Endbereichs in der Fuge zusammengedrückt ist, so dass im Zuge der turnusmäßigen Fugenpflege gegebenenfalls nur ein Austausch des Fugenvergusses zu erfolgen hat, sofern keine Feststoffe tiefer eingedrungen sind.

Eine weitere Möglichkeit, einen Endbereich auszubilden, enthält das Bild 12. Es zeigt die Ausbildung mit unverdübelten Raumfugen und Unterlagschwellen. Die fehlende Verdübelung führt dazu, dass die Übertragung der Querkräfte von einer Plattenreihe zur nächsten nicht in der Betondecke erfolgen kann. Zur Aufnahme der Querkräfte werden aus diesem Grund Unterlagschwellen an den Querfugenbereichen angeordnet. Bei Ausführung einer gebundenen Tragschicht kann die Unterlagschwelle einen Rechteckquerschnitt annehmen. Bei ungebundenen Tragschichten ist eine breitere Unterlagschwelle erforderlich, die an den Seiten gevoutet ist.

Bild 12: Endbereich mit Unterlagschwellen und unverdübelten Raumfugen (Beispiel)

Die Vouten sollten im Winkel von 45° erfolgen, damit ein verträglicher Übergang der Steifigkeit unter der Betondecke entsteht. Die letzte Unterlagschwelle ist im Bereich des Befestigungsübergangs anzuordnen.

Zwischen Unterlagschwellen und Betondecke wird eine Folie angeordnet, um die Horizontalverschiebung in diesen Bereichen nicht zu behindern und ein Kippen der Unterlagschwellen zu verhindern.

Vorteil dieser Ausführungsvariante ist die relativ einfache Herstellungsmöglichkeit, zumal ein maschineller Betoniervorgang bis zum Befestigungswechsel unproblematisch ist. Die Querkraftaufnahme ist durch die Unterlagschwellen gegeben, wobei diese rechnerisch dimensioniert werden müssen. Die Aufnahme der Längsverschiebungen ist durch die richtige Anzahl von Raumfugen bei vorheriger Berechnung ebenfalls gegeben. Die Erneuerung der Raumfugen im relevanten Erhaltungsturnus ist vergleichsweise einfach.

Als nachteilig könnte sich für die Dauerhaftigkeit dieser Konstruktion der große Steifigkeitswechsel der Unterlage der Betondecke erweisen. Hier liegen keine verwertbaren Praxiserfahrungen vor. Die Haltbarkeit wird maßgeblich von Art und Menge der Schwerverkehrsbelastung abhängen. Die Folgen könnten eine allmählich eintretende Stufenbildung oder ein Plattenversagen am Übergang zwischen Tragschicht und Unterlagschwelle sein.

Unverdübelte Raumfugen können auch in Verbindung mit verstärkten Platten in Endbereichen zum Einsatz kommen. Auf eine Querkraftübertragung in der Betondecke wird in diesem Fall verzichtet. Die vertikalen Belastungen aus Verkehr und Witterung erfordern daher eine Erhöhung der Dicke der Betondecke, die die freien Plattenränder an den Querfugen berücksichtigt. Dies ist rechnerisch zu bestimmen RDO Beton.

Bild 13: Verstärkte Endfelder mit unverdübelten Raumfugen (Beispiel)

Aus der Ermittlung der erforderlichen Anzahl von Raumfugen ergibt sich die Länge des auszubildenden Endbereichs. Dabei ist die Lage der Tragschicht bei der letzten noch verdübelten Plattenreihe kontinuierlich abzusenken, um die erhöhte Deckendicke für den Endbereich zu gewährleisten. Die Tragschicht ist im Endbereich in mindestens gleicher Qualität und Dicke wie auf der freien Strecke auszuführen.

Um die Horizontalverschiebung im Endbereich zu erleichtern, sollte eine Folie, wie im Bild 13 dargestellt, zwischen Betondecke und Tragschicht eingebaut werden. Dies ist insbesondere bei Ausführung von gebundenen Tragschichten sinnvoll.

Auch bei dieser Konstruktion liegt der Vorteil in der maschinellen Herstellbarkeit der Betondecke bis zum Befestigungswechsel. Hinzu kommt die kontinuierliche Ausführung der darunter liegenden Tragschicht. Bei dieser Variante ist auch die Ausführung mit einer Asphaltzwischenschicht möglich. Die Raumfugenerneuerung im Erhaltungsturnus ist unproblematisch. Die fehlende Querkraftübertragung wird durch die größere Betondeckendicke im Endbereich kompensiert.

Nachteilig kann die fehlende Verdübelung bezüglich der Dauerhaftigkeit der Konstruktion sein. Für Fälle, bei denen hohe Belastungen durch Art und Menge des Schwerverkehrs auftreten, kann es unter den Querfugenbereichen der Raumfugen verstärkt zu Erosions- und Umlagerungserscheinungen in der Tragschicht kommen. Diese führen gegebenenfalls zu Stufenbildungen in der Betondecke und später zu Plattenversagen.

Die Variante nach Bild 13 wurde bei einer Baumaßnahme 2012 in Sachsen-Anhalt bereits umgesetzt. Da in diesem Fall bei geringen Temperaturen betoniert wurde, ergaben sich rechnerisch bis zu 6 Raumfugen. Die Deckendicke des Endbereichs wurde um 5 cm gegenüber der durchgehenden Strecke erhöht. Um die auftretenden Längsverschiebungen messen zu können, wurden Messpunkte sowohl in der Betondecke als auch außerhalb der Fahrbahn als Referenzpunkte angebracht. Nach dem Einmessen lassen sich so Verschiebungen der Betonplatten im Verhältnis zu den außerhalb liegenden Festpunkten ermitteln. Zudem wurden Temperaturmessfühler in die Betondecke eingebaut, so dass die Temperaturverteilungen innerhalb der Betondecke erfasst werden können. Durch kontinuierliche Messungen in den Folgemonaten nach Einbau konnten die Verschiebungen der Messpunkte in Relation zur tatsächlich vorhandenen Betontemperatur ermittelt und ausgewertet werden. Die Messungen dauern an und werden fachlich begleitet.

Bild 14: Endbereich mit Messpunkten für Verschiebung und Temperatur ­ Variante nach Bild 13

6 Zusammenfassung

Endbereiche von Fahrbahndecken in Betonbauweise treten am Übergang zu anderen Oberbauten auf, meist zu Asphaltoberbauten. Die Zahl der Endbereiche sollte minimiert werden, z. B. durch kontinuierliches Betonieren über A-Bauwerke geringerer Stützweite hinweg (Pfeifer 1997).

Konstruktionen, die eine Ableitung der Horizontalkräfte am Übergang zu anderen Oberbauten vorsehen, sind nur wirksam, wenn Verschiebungen den Aufbau von Erdwiderstandskräften ermöglichen. Alternativen wären Blöcke aus gebundenen Materialien, die jedoch in ihrer Dimension Brückenwiderlagern gleich kämen.

Endbereiche, die konstruktiv Verschiebungen ermöglichen und dadurch die Horizontalspannungen abbauen, sind zu bevorzugen.

Es wurden 3 Varianten entwickelt, die diese Eigenschaft besitzen. Der Herstellungsaufwand ist unterschiedlich, die Dauerhaftigkeit muss in den nächsten Jahren untersucht werden. Das Risiko für den Bauherrn beim Bau der unverdübelten Raunfugen ist jedoch überschaubar, da eine nachträgliche Verdübelung ohne weiteres möglich ist.

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