FGSV-Nr. FGSV B 29
Ort Würzburg
Datum 17.09.2009
Titel Waschbeton – (K)eine oberflächliche Technik (!)?
Autoren Dipl.-Ing. George Jurriaans
Kategorien Betonstraßen
Einleitung

Waschbeton wird in Deutschland beim Straßenbau und Autobahnbau immer öfters eingesetzt. Es handelt sich hierbei um das Ausbürsten des Betonmörtels an der Oberfläche und diese Technik ist genügend ausgereift, sodass hier sicherlich nicht mehr von einer oberflächlichen Technik die Rede sein kann.

Der Beton wird in der Regel zweilagig zweischichtig eingebaut. Die obere Schicht kann dann relativ dünn eingebaut werden und ist abhängig von dem benutzten Größtkorn. In der Regel jedoch zwischen 40 und 70 mm. Der Mörtel wird an der Oberfläche ausgebürstet und dafür wird die Oberfläche mit einem Oberflächenverzögerer eingesprüht. Dieser Oberflächenverzögerer kann auch ein Kombinationsmittel sein, das heißt ein Verzögerer mit eingebautem Nachbehandlungsmittel. Nach dem Auftragen eines normalen Oberflächenverzögerers wird eine Kunststofffolie auf die Betondecke verlegt.

Jeder Staat hat seine eigene Referenz der Oberfläche einer Straße und deshalb wäre es besser, nicht über Lärmreduzierung zu sprechen, sondern über den Lärmpegel. Es ist dann für jeden klar, was die Leistung der betroffenen Oberfläche ist. Aus vielen untersuchten Waschbetonen geht hervor, dass beim Mischverkehr eine Rautiefe von ca. 1,5 ± 0,2 benötigt wird, wobei eine höhere Rautiefe anzustreben ist. Dies ist selbstverständlich abhängig von der maximalen Korngröße, dem Reifenprofil, der Reifenzusammensetzung, dem Pkw/Lkw-Anteil usw.

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Der Fachvortrag zur Veranstaltung ist im Volltext verfügbar. Das PDF enthält alle Bilder und Formeln.

1     Einleitung

Waschbeton wird in Deutschland immer öfters beim Straßenbau und Autobahnbau  eingesetzt. Es handelt sich hierbei um das Ausbürsten des Betonmörtels an der Oberfläche. Diese Technik ist genügend ausgereift, sodass hier sicherlich nicht mehr von einer oberflächlichen Technik die Rede ist.

In verschiedenen Ländern Europas sieht man Waschbeton schon seit vielen Jahren. Besonders in Belgien, der Wiege des Waschbetons, ist er weit verbreitet. Man hat hier anfangs vor allem die Griffigkeit des Splittes ausnutzen wollen. Ein Nachteil ist jedoch, dass bei älteren Strecken ein zu großes Korn verwendet wurde, wodurch ein sehr hoher Lärmpegel erreicht wird. Auch in Schweden kommt der Waschbeton auf Autobahnen oft zum Einsatz. Hier stehen jedoch die Griffigkeit und die Reduzierung des Lärms nicht an erster Stelle. Weil man hier im Winter vermehrt mit Spikes fährt, wird der Mörtel aus der Oberfläche gefahren. In Österreich und den Niederlanden wird Waschbeton nur wegen der Lärmreduzierung eingesetzt. Hier kommt er nur bei Bundesstraßen und Gemeindestraßen zum Einsatz, da bei Autobahnen die Anwendung von OPA oder ZWOPA die Standardbauweise ist.

2     Ausführung

Um sowohl einen qualitativen als auch einen kostengünstigen Waschbeton zu bekommen, ist eine zweilagige Betonfahrbahn zu empfehlen. Die obere Schicht kann dann relativ dünn eingebaut werden. Die Dicke ist abhängig vom verwendeten Größtkorn, in der Regel zwischen 40 und 70 mm. Da der Mörtel ausgebürstet werden muss, muss die Oberfläche mit einem Oberflächenverzögerer eingesprüht werden. Dieser Oberflächenverzögerer kann auch ein Kombinationsmittel sein, das heißt ein Verzögerer mit Nachbehandlungsmittel. Nach dem Auftragen des Oberflächenverzögerers muss eine Kunststofffolie auf die Betondecke verlegt werden. Dies entfällt natürlich bei der Verwendung eines Kombinationsmittels. Wenn der Beton genügend erhärtet ist und die Oberfläche durch den Verzögerer noch genügend „weich“ ist, kann der feine Mörtel ausgebürstet werden, sodass das Größtkorn teilweise freigelegt wird. In der Regel findet das Ausbürsten nach dem Schneiden statt. Das Freilegen darf nicht mehr als 1/3 des kleinsten Korn der größten Körnung betragen. Als Beispiel darf bei der Körnung 4/8 maximal 1/3 x 4 mm = 1,33 mm ausgebürstet werden. Nach dem Ausbürsten muss man die Oberfläche erneut gegen Austrocknen schützen und die ganze Oberfläche mit einem Nachbehandlungsmittel versehen.

 

3     Lärmreduzierung

Da jedes Land eine eigene Präferenz der Oberfläche einer Straße hat, ist es nicht logisch, über Lärmreduziering zu sprechen, sondern über den Lärmpegel. Es ist dann für jeden klar, was die Leistung der betroffenen Oberfläche ist. Selbstverständlich ist der Lärmpegel sowohl von der Geschwindigkeit als auch von der Reifenkomposition abhängig. Mit Reifenkomposition ist der Anteil Lkw/Pkw gemeint. Zusätzlich spielt die Zusammensetzung des Gummis und die Formgebung des Profils eine Rolle. Eine Zusammenarbeit zwischen Straßenbau- und Reifeningenieuren ist deshalb gefragt. Lkw-Verkehr benötigt in der Regel eine größere Rautiefe als Pkw-Verkehr. Allgemein gilt beim Mischverkehr, dass eine Rautiefe von ca. 1,5 ± 0,2 benötigt wird, wobei eine höhere Rautiefe anzustreben ist. Niedrigere Rautiefen führen zu einer unzureichenden Lärmreduzierung und zu einem höheren Materialverlust (Ausbürsttiefe 1/3 des kleinsten Korns der größten Körnung). Anstatt einer Körnung 4/8 wäre eine Körnung 5/8 oder sogar eine Körnung 6/8 zu empfehlen, sodass eine größere Rautiefe erreicht werden kann. Eine Ausfallkörnung ist nicht nur gewünscht, sondern notwendig, um die benötigten größeren Körner an die Oberfläche zu bekommen. Ein Sand 0/1 führt hier zu einer besseren Reduzierung als ein Sand 0/2. Auf diese Weise sind in den Niederlanden Lärmreduzierungen von bis zu 2 dB(A) möglich. Das würde in Deutschland bedeuten, dass eine Lärmreduktion von bis zu 3 dB(A) möglich ist (der Grund sind die unterschiedlichen Referenzbeläge). In Deutschland hat man sich nach dem DStro-Wert von -2 dB(A )zu richten. Die Messverfahren sind in den europäischen Ländern harmonisiert und in den Bildern 1 und 2 dargestellt.

Bild 1: SPB-Verfahren   

Bild 2: CPX-Verfahren (Uniformitat der Fahrbahn)

 

4     Regelwerke in Deutschland

Die Regelwerke in Deutschland sind

  • ARS Nr.5/2006 (17. 2. 2006),
  • ARS Nr. 14/2006 (16. 5. 2006),
  • ZTV Beton-StB 07, TL Beton-StB 07, TP Beton-StB 07, TP Beton-StB 10
  • „Merkblatt für die Herstellung von Oberflächentexturen auf Verkehrsflächen aus Beton“ (M OB).

Aus diesen Regelwerken geht hervor, dass der Korrekturwert von Waschbeton den gleichen DStrO-Wert hat wie der von einer Jutetuch-Längstexturierung (-2 dB(A)). Dazu hat Waschbeton noch Griffigkeitsvorteile gegenüber der Jutetuch-Längstexturierung. Demzufolge löst Waschbeton die bisherige Standardbauweise ab. An die Betonmischung werden ansonsten noch Anforderungen gestellt an das Größtkorn (8 mm), die Polierresistenz von Splitt (PSV53), die Bruchflächigkeit (C100/0) und den Mindestzementgehalt (420 kg/m3).

Während der Ausführung muss man einen gleichmäßigen dünnen Film Verzögerer auf den Beton sprühen und diesen mit einer PE-Folie oder Nachbehandlungsmittel schützen. Man kann auch ein System wählen, wobei alles in einem Produkt integriert ist (Kombinationsmittel). Im Bild 3 sind die Vor- und Nachteile der beiden Systeme wiedergegeben.

Bild 3: Vor- und Nachteile der Systeme

Nach ausreichender Erhärtung muss die Oberfläche ausgebürstet werden. Auf diese Weise wird das Splittkorngerüst freigelegt und die gleichmäßig angeordnete grobe Gesteinskörnung wird nun sichtbar. Die mittlere Rautiefe wird nach Deutscher Norm bei ca. 0,8 mm liegen, wobei angemerkt werden muss, dass dieser Wert zu niedrig ist für eine optimale Herabsetzung des Lärmpegels. Die Reihenfolge von Bürsten und Schneiden der Fugen ist abhängig von Randbedingungen und es ist deshalb wichtig, dass man diese Aktivitäten in eine Hand gibt. Nach dem Ausbürsten muss man den Beton erneut gegen Austrocknung schützen und deshalb die Oberfläche wieder mit einem Nachbehandlungsmittel besprühen.

Bild 4: Aufbringen des Oberflächenverzögerers    

Bild 5: Das Ausbürsten der Oberfläche

 

5     Jüngste Erfahrungen

Die Stadt Apeldoorn (ca. 25 km nördlich von Arnheim Niederlande) bemüht sich stark, die Umwelt- und die wirtschaftlichen Aspekte auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen. Obwohl eine Betonstraße teurer ist als eine Asphaltstraße, hat Apeldoorn einen Vergleich durchgeführt, in dem die Erstausgaben, Erhaltungskosten, Lärmmaßnahmen und Life-Cycle-Kosten integriert waren. Das Resultat war für Apeldoorn (unter Befürwortung des Beigeordneten R. Metz und des Projektleiters S. Lubberhuizen) der Anlass, sich trotz hoher Erstkosten für Beton (Waschbeton!) zu entscheiden. Wichtig war, dass eine langlebige, erhaltungs- und lärmarme Straße gebaut wurde, wodurch die Einwohner in Zukunft weniger belastet werden. Der Break-even-point liegt bei ungefähr 10 Jahren.

Da die Baustelle zu klein war, um eine eigene Mischwerkanlage aufzustellen, hat man einen Transportbetonlieferanten beauftragt, die Herstellung des Frischbetons zu übernehmen. Der Unterbeton kam aus Apeldoorn und der Oberbeton aus Deventer. Die Kontrolle des Frischbetons stand unter Leitung der Qualitätsabteilung von BAM Betonverhardingen (Subunternehmen). Der erste Abschnitt wurde mit einem Oberbeton eingebaut, bei dem etwas weniger kubische Körner (etwas mehr Flachanteil) verwendet wurden. Beim zweiten Abschnitt wurden mehr kubische Körner verwendet. Die Lärmwerte sind beim ersten Abschnitt etwas ungünstiger als beim zweiten Abschnitt. Der Grund ist, dass man weniger tief ausbürsten kann, wenn es flache Körner gibt. Die Lärmreduktion des ersten Abschnittes war 1,5 dB(A) gegenüber dem AC 16 der Niederlande.     

Bild 6: Oberflächentextur

Bild 7: Nachbehandeln der Oberfläche nach dem Ausbürsten

 

6     Beachtenswerte Punkte

Noch wichtiger als sonst muss man die Rüttelenergie richtig auf die Plastizität des Frisch-betons abstimmen. Zu hohe Rüttelenergie oder zu weicher Frischbeton (oder eine Kombination von beidem) führt in der Regel dazu, dass eine Vermischung von Ober- und Unterbeton entsteht (Rüttelgassen).

Wechselnde Plastizität des Frischbetons und/oder ungleichmäßig aufgetragener Oberflächenverzögerer führt nach dem Ausbürsten zu einer unregelmäßigen Oberfläche. Demzufolge kann die Lärmreduzierung nicht erreicht werden. Zu weicher Frischbeton wird möglicherweise die Erhärtung des Betons nachteilig beeinflussen und beim Ausbürsten können zu tiefe Rautiefen erreicht werden. Die benötigte Ausbürsttiefe von 1/3 der maximalen Korngröße kann nicht erreicht werden.

Beim Einbau von „normalem“ Beton (Besen- und Jutetuchtextur) werden die kleinen Unebenheiten mit einer hochwertigen Schlämme unter Mithilfe der Längsglätter eingeebnet. Beim Waschbeton wird die Schlämme jedoch am nächsten Tag wieder weggebürstet und die Unebenheit wieder hervorgerufen. Um diesem vorzubeugen, sollte man die Unebenheiten nicht mit der hochwertigen Schlämme sondern mit der kompletten Frischbetonmischung (inklusive Gesteinskörnung) ausfüllen.

Das Erhöhen der Auswaschtiefe kann zu einem deutlich niedrigeren Lärmpegel der Waschbetondecke führen, wobei es natürlich wichtig ist, dass die gröberen Steine nicht aus der Oberfläche gebürstet oder herausgefahren werden. Das Freilegen darf nicht mehr als 1/3 des kleinsten Korn der größten Körnung betragen.

Wie bereits erwähnt, sollte man das Ausbürsten und Schneiden der Fugen bei nur einem Subunternehmen unterbringen, da es sein kann, dass das Schneiden zuerst geschehen sollte oder eventuell das Ausbürsten zuerst an der Reihe ist. Dies führt in der Regel zu Problemen auf der Baustelle. Gute Abstimmung zwischen Bau- und Subunternehmen ist hier wichtiger denn je.

 

Literaturverzeichnis

  1. Jurriaans, G.: Decision Support Asphalt-Concrete for the Reconstruction of the Oostveluwe-weg at Apeldoorn (in Dutch). ECCRA 3107118, 2007, Duiven
  2. Teuns, C.G.J.; Stet, M.J.A.; van Keulen, W.: Full Scale Pavement Tests of Exposed Concrete Aggregates: Acoustical Aspects and Friction Characteristics, International Symposium on Concrete Roads, Istanbul, 2004
  3. van Keulen, W.; van Leest, A.: The Acoustical Properties of Optimised Exposed Aggregate Concrete in the Netherlands, International Symposium on Concrete Roads, Istanbul, 2004
  4. van Leest, A.; van Keulen, W.; The Structural Properties of Optimised Exposed Aggregate Concrete in the Netherlands, International Symposium on Concrete Roads, Istanbul, 2004
  5. Caestecker, C.; van Messum, M.: Test Sections of Low Noise Cement Concrete Pavements, Infrastructure & Environment 1/97, pp. 9-25, 1997
  6. Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen: Allgemeines Rundschreiben Straßenbau, ARS Nr. 5/2006 (17. 2. 2006)
  7. Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen: Allgemeines Rundschreiben Straßenbau, ARS Nr. 14/2006 (16. 5. 2006)
  8. Forschungsgesellschaft für Straßen und Verkehrswesen: Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen und Richtlinien für den Bau von Tragschichten mit hydraulischen Bindemitteln und Fahrbahndecken aus Beton (ZTV Beton-StB 07), Ausgabe 2007, Köln, FGSV 899
  9. Forschungsgesellschaft für Straßen und Verkehrswesen: Technische Lieferbedingungen für Baustoffe und Baustoffgemische für Tragschichten mit hydraulischen Bindemitteln und Fahrbahndecken aus Beton (TL Beton-StB 07), Ausgabe 2007, Köln, FGSV 891
  10. Forschungsgesellschaft für Straßen und Verkehrswesen: Technische Prüfvorschriften für Tragschichten mit hydraulischen Bindemitteln und Fahrbahndecken aus Beton, (TP Beton-StB 10), Ausgabe 2007, Köln, FGSV 892
  11. Forschungsgesellschaft für Straßen und Verkehrswesen: Merkblatt für die Herstellung von Oberflächentexturen auf Verkehrsflächen aus Beton (M OB), Ausgabe 2009, Köln, FGSV 829