FGSV-Nr. FGSV A 45
Ort Leipzig
Datum 21.09.2021
Titel Wiederverwendung von Asphalt Erfordernisse zur Weiterentwicklung
Autoren Dipl.-Ing. Dipl.-Wirt.-Ing. Hans Schmidt
Kategorien Asphaltstraßen
Einleitung

Die Wiederverwendung von Asphalt hat sich seit ca. 40 Jahren im Rahmen der Asphaltherstellung etabliert. In diesem Zeitraum wurden über 300 Mio. t Ausbauasphalt an den Asphaltmischanlagen aufbereitet und auf gleicher Wertschöpfungsstufe wieder in den Stoffkreislauf eingebracht. Dies bedeutet eine Kreislaufwirtschaft auf höchstem Niveau, wie sie sonst nur in der Stahl-, Papier- oder Glasindustrie zu finden ist und einen ganz wesentlichen Beitrag zur Nachhaltigkeit der Asphaltbauweise leistet. Kaum vorstellbar ist es, wenn diese Menge hätte deponiert werden müssen.

Um die höchstwertige Wiederverwendung ohne Qualitätseinbußen durchführen zu können, sind neben den anlagentechnischen Voraussetzungen entsprechend umfangreiche Voruntersuchungen und ein wirksames Asphaltgranulatmanagement erforderlich. Die Anforderungen und Rahmenbedingungen werden hierfür durch das Technische Regelwerk gesetzt; im Falle der Wiederverwendung von Asphalt durch die ZTV und TL Asphalt-StB sowie vor allem durch die TL AG-StB und das M WA, die im Wesentlichen auf den Erfahrungen seit den 1980er Jahren des vorigen Jahrhunderts beruhen.

Wegen der sich wandelnden Anforderungen an das Bauwerk Straße – sowohl aufgrund gestiegener Verkehrsbelastungen als auch aufgrund von klimatischen Veränderungen – haben sich die Asphaltbauweise und die verwendeten Baustoffe aber gerade in den letzten Jahren deutlich weiterentwickelt. Generell ist ein Trend zu härteren Bindemitteln zu beobachten. Weiterhin kommen vermehrt modifizierte Bindemittel zur Anwendung, die heute über die klassischen Untersuchungsmethoden nur unzureichend angesprochen werden können. Dazu kommt, dass sich auch der Stand der Technik bei den Asphaltmischanlagen stetig weiterentwickelt hat.

Hierdurch bedingt stößt die Wiederverwendung an regelwerksbedingte Grenzen, die teilweise dazu führen, dass die Zugaberaten stagnieren bzw. ggf. sogar niedriger ausfallen, da diese neuen Entwicklungen vom aktuellen technischen Regelwerk nicht erfasst werden. Daher ist es unumgänglich, den neuen baustoff- und maschinentechnischen Entwicklungen auch im Regelwerk Rechnung zu tragen. Durch neue performanceorientierte Prüfverfahren sowohl auf Bitumenebene als auch auf Asphaltebene sind die Eigenschaften der Ausbauasphalte zielgerichteter anzusprechen. Weiterhin sind Wege aufzuzeigen, wie stark gealterte oder sehr harte Bindemittel erneut in den Wiederverwendungskreislauf eingebracht werden können; dies nicht zuletzt vor dem Hintergrund der mehrfachen Wiederverwendung, die in den nächsten Jahren und Jahrzehnten zunehmen wird.

Für die dargestellten Anforderungen ist das Technische Regelwerk zur Wiederverwendung von Asphalt zu aktualisieren, damit der Wiederverwendungskreislauf nicht ins Stocken gerät und weiter ausgebaut wird; insbesondere auch aus Nachhaltigkeitsgründen. Jede Tonne Ausbauasphalt, die bei der Asphaltproduktion mehr verwendet wird, trägt dazu bei, dass weniger CO2 freigesetzt wird.

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Der Fachvortrag zur Veranstaltung ist im Volltext verfügbar. Das PDF enthält alle Bilder und Formeln.

1 Einleitung

Die Wiederverwendung von Asphalt wird seit Anfang der 1980er Jahre des vorigen Jahrhunderts mit großem Erfolg betrieben und stellt im Sinne der Kreislaufwirtschaft die höchste Wertschöpfungsstufe dar. Während zu Beginn der Wiederverwendung aufbereiteter Ausbauasphalt in den Asphalttragschichten mitverwendet wurde, erfolgt dies heute nach entsprechender Selektion und Aufbereitung in allen Schichten des Asphaltoberbaus. Mit der Herausgabe der „Technischen Lieferbedingungen für Asphaltgranulat“ (TL AG-StB) und des „Merkblattes für die Verwertung von Asphaltgranulat“ als Vorläufer des heutigen „Merkblattes für die Wiederverwendung von Asphalt“ (M WA) sowie der Verankerung der Wiederverwendung in den „Zusätzlichen Technischen Vertragsbedingungen und Richtlinien für den Bau von Verkehrsflächenbefestigungen aus Asphalt“ (ZTV Asphalt-StB) und „Technischen Lieferbedingungen für Asphaltmischgut für den Bau von Verkehrsflächenbefestigungen“ (TL Asphalt-StB) wurden frühzeitig die Weichen gestellt, den Umgang mit Ausbauasphalt in geordneten Bahnen zu regeln.

Über die weiteren Entwicklungen im Umgang mit Ausbauasphalt und dem daraus aufbereitetem Asphaltgranulat wurde regelmäßig auch im Rahmen der Asphaltstraßentagungen berichtet. Es stellt sich die Frage, warum die Wiederverwendung erneut Thema der Asphaltstraßentagung 2021 mit dem Untertitel „Erfordernisses zur Weiterentwicklung“ ist. Hierfür gibt es mehrere Gründe, auf die nachfolgend eingegangen wird.

Nach wie vor ist bei verschiedenen Auftraggebern und damit der ausschreibenden Stellen eine gewisse Skepsis gegenüber der Mitverwendung von Asphaltgranulat – vor allem in den Schichten oberhalb der Asphalttragschichten – erkennbar, die auch heute noch dazu führt, dass in Ausschreibungen die Wiederverwendung ausgeschlossen oder eingeschränkt wird. Dies erfolgt zum Teil auch dadurch, dass zum Ausgleich vermeintlicher Qualitätsrisiken weitere Anforderungen, z. B. an den Fülleranteil, gestellt werden, welche indirekt zu einer Einschränkung der Zugabemenge führen. Hier gilt es durch vertrauensbildende Maßnahmen – auch im Technischen Regelwerk – die vorhandenen Bedenken zu beseitigen.

Die Randbedingungen, unter denen heute die Wiederverwendung von Asphalt stattfindet, unterliegen zunehmend Veränderungen. Gerade in den Jahren seit Beginn des neuen Jahrhunderts hat sich die Asphaltbauweise deutlich weiterentwickelt. Auf die gestiegenen Anforderungen an die Verkehrsflächenbefestigungen wurde und wird zunehmend mit speziell ausgerichteten Asphalt- und Bitumenkonzepten reagiert, welche als Folgewirkung auch die Eigenschaften des zum Ende des Lebenszyklus anfallenden Ausbauasphaltes beeinflussen und eine Beurteilung der Eigenschaften des im Ausbauasphalt enthaltenen Bindemittels erschweren. Hierfür sind die bestehenden und im Technischen Regelwerk festgelegten Vorgehensweisen sowie die Methoden zur Untersuchung und Beurteilung der Asphaltgranulatqualität zu hinterfragen.

An dieser Stelle muss auch noch einmal unmissverständlich zum Ausdruck gebracht werden, dass das Kreislaufwirtschaftsgesetz den Erzeuger von Abfällen – und hierzu gehört Ausbauasphalt formal – zur Verwertung verpflichtet. Im § 7 (2) KrWG heißt es: „Die Erzeuger oder Besitzer von Abfällen sind zur Verwertung ihrer Abfälle verpflichtet.“ Im § 8 wird ausgesagt, dass die Verwertung hochrangig anzustreben ist. Auf den Asphalt übertragen bedeutet dies, dass eine „Wiederverwendung für denselben Zweck für den sie ursprünglich bestimmt waren“ (KrWG § 3) angestrebt werden soll.

Im § 45 KrWG werden die Pflichten der öffentlichen Hand angesprochen. Danach hat der Abfallerzeuger zu prüfen, ob und in welchem Umfang die nach dem Gebrauch der Erzeugnisse entstandenen Abfälle unter besonderer Beachtung des Vorrangs der Vorbereitung zur Wiederverwendung und des Recyclings verwertet werden können. Diese etwas sperrige Formulierung kann auch so verstanden werden, dass sich die ausschreibende Straßenbauverwaltung mit dem anfallenden Ausbauasphalt im Hinblick auf eine möglichst hochwertige Wiederverwendung im Vorfeld auseinandersetzen muss. Dazu gehört nicht nur die Feststellung, ob gegebenenfalls noch teerhaltige Bestandteile in den auszubauenden Schichten vorhanden sind, sondern auch, welche Qualität die auszubauenden Asphaltschichten aufweisen!

Grundsätzlich bleibt festzuhalten, dass Ausschreibungen, welche die Wiederverwendung von Ausbauasphalt ohne technischen Grund ausschließen oder stark einschränken, gegen das Kreislaufwirtschaftsgesetz verstoßen!

Die Wiederverwendung von Asphalt erhält auch gesellschaftspolitisch eine immer stärkere Bedeutung, da sie einen Weg aufzeigt, die Asphaltbauweise nachhaltig zu gestalten:

Schonung von Deponieraum

Seit Beginn der Wiederverwendung sind in Deutschland weit über 300 Mio. t ausgebauter Asphalt zu neuem Asphalt verarbeitet worden. Hierdurch wurde nicht nur wertvoller Deponieraum geschont, sondern auch ein erheblicher finanzieller Aufwand der Straßenbauverwaltungen für eine Deponierung dieser Massen vermieden.

Weniger Frachtverkehr

Ausbauasphalt ersetzt 1:1 den Anteil von ungebrauchten Gesteinskörnungen und neu anzuliefernden Bitumen. Die Transportwege von der Ausbaustelle bis zur Asphaltmischanlage sind in der Regel deutlich kürzer als die Transportwege zwischen Steinbruch bzw. Bitumenraffinerie und Asphaltmischanlage. Hierdurch wird nicht nur eine CO2-Einsparung durch einen geringeren Kraftstoffverbrauch der Liefer-Lkw erzielt; gleichzeitig werden auch die Straßen durch den geringeren Kilometeraufwand geschont, was sich wiederum positiv auf die Nutzungsdauer der Verkehrswege auswirkt.

Ressourcenschonung und CO2-Einsparung

Den größten Beitrag für eine Minderung der CO2-Emissionen bei der Asphaltherstellung ergibt sich durch einen möglichst hohen Anteil an Ausbauasphalt. Bilanztechnisch liefert der Anteil des raffinerieseitig gelieferten Frischbitumens den größten Beitrag zur CO2-Emission bei der Asphaltherstellung, was dazu führt, dass das Einsparpotenzial an CO2 bei einer Steigerung des Asphaltgranulatanteils auf bis zu 60 % einen höheren Einsparungseffekt aufweist als die Absenkung der Asphaltmischguttemperatur um 30 °C (Bild 1) [1].

Bild 1: Treibhauspotenzial Asphalt (Quelle: Kytzia, Pohl; Straße und Autobahn 8/2021)

Auch bei einer langfristigen Betrachtung der Asphaltbauweise über den gesamten Lebenszyklus („from cradle to grave“) wird deutlich, welchen Anteil das einzusetzende Frischbitumen hinsichtlich der Umweltbelastung aufweist (Bild 2).

Bild 2: Betrachtung der Gesamtumweltbelastung der Asphaltbauweise (Bestimmung der Umweltbelastungspunkte nach DIN EN ISO 14040)

Des Weiteren ergeben sich durch die Steigerung der Asphaltgranulat-Zugabemenge Vorteile bei der Ressourcenschonung. Der Abbau von Gesteinslagerstätten unterliegt strengen Auflagen; die Gewinnung sollte mit Bedacht und unter Berücksichtigung einer langfristigen Ressourcenbereitstellung betrieben werden. In noch potenzierter Form gilt dies auch für das aus Rohöl gewonnene Bitumen. Neben Fragen zur langfristigen Verfügbarkeit ist zu beachten, dass ein Großteil der Rohölquellen in geopolitisch unstabilen Regionen liegt. Nicht zuletzt durch die sich wandelnden Anforderungen an eine Begrenzung des CO2-Ausstoßes wird weiterhin damit zu rechnen sein, dass sich die Raffinerielandschaft in Deutschland und Europa deutlich ändern wird.

Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass die Mitverwendung von Asphaltgranulat bei der Asphaltproduktion immer mehr die Grundlage für eine sichere und bedarfsgerechte Bereitstellung von Asphaltmischgut, sowohl unter ökologischen als auch unter ökonomischen Gesichtspunkten, bildet. Hierfür gilt es, die entsprechenden Rahmenbedingungen in den technischen Regelwerken laufend auf aktuellem Stand zu halten bzw. im Sinne der langfristigen Qualitätssicherung weiter auszubauen.

2 Stand des Technischen Regelwerkes

Die Wiederverwendung von Asphalt ist aktuell in den Technischen Regelwerken ZTV Asphalt-StB 07/13 und TL Asphalt-StB 07/13 geregelt. Flankiert werden diese beiden Regelwerke durch die TL AG-StB 09 und dem M WA 09/13. Die letzte Überarbeitung dieser Regelwerke fand demnach 2013 statt, welche sich aber im Wesentlichen redaktionell auf die Anpassung an aktualisierte Regelwerke, die in Bezug genommen wurden, erstreckte. Durch die Weiterentwicklung der Asphaltbauweise, vor allem auch hinsichtlich der Modifizierung von Bitumen zur Anpassung an die gestiegenen Anforderungen aus Klima und Verkehr wird erkennbar, dass das Regelwerk an seine Grenzen stößt und eine Reihe von offenen Fragen bestehen. Hinzu kommt eine maschinentechnische Fortentwicklung, einhergehend mit einem aufgerüsteten Mischanlagenstandard für die Asphaltgranulatzugabe, welche im bestehenden Regelwerk nur unzureichend Berücksichtigung findet.

Um diesen Entwicklungen Rechnung zu tragen und Missinterpretationen bei der Bewertung des anfallenden Ausbauasphaltes vorzubeugen ist eine Überarbeitung der TL AG-StB und des M WA zwingend erforderlich. Dies erfolgt idealerweise parallel zu der derzeit stattfindenden Überarbeitung der ZTV und TL Asphalt-StB, da die Regelwerke unmittelbar ineinandergreifen.

3 Anpassung Technisches Regelwerk an den Stand der Technik

Seit Beginn des neuen Jahrtausends ist ein Trend hin zu härteren Bindemitteln erkennbar, der den überproportional gestiegenen Belastungen des Straßenoberbaus aus dem ständig steigenden Schwerverkehrsanteil und den klimatischen Randbedingungen Rechnung trägt. Dies gilt sowohl für Straßenbaubitumen in den unteren Asphaltschichten als auch für Polymermodifizierte Bitumen in den Asphaltdeck- und -binderschichten. Zudem werden hierfür sowie auch zur Prozesssicherheit beim Einbau von Asphaltschichten in kühleren Jahreszeiten beispielsweise wachsmodifizierte Bitumen verwendet. Setzt man für die Bewertung von Asphaltgranulat, welches aus diesen Schichten gewonnen wurde, den Erweichungspunkt Ring und Kugel (EP RuK) als Bewertungskriterium an, so führt dies aufgrund der seit Mitte der 1980er Jahre des vorigen Jahrhunderts unveränderten Anforderungen zu einer Fehlinterpretation für die weitere Verwendung bis hin zum Ausschluss dieser Asphaltgranulate für die Heiß-Wiederverwendung. Bekannt ist, dass der EP RuK für die Bewertung der Bitumenqualität nach heutigen Maßstäben nur noch bedingt geeignet ist und allenfalls dann zu interpretierbaren Aussagen führt, wenn es sich ausschließlich um unmodifizierte Straßenbaubitumen handelt. Daher finden derzeit Bestrebungen statt, für die Beurteilung der Bitumen die Untersuchungen mit dem Dynamischen Scherrheometer (DSR) anstelle des EP RuK im Regelwerk zu verankern, mit dem sich wesentlich zuverlässiger Aussagen über die Qualität eines Bitumens – sowohl Straßenbau-bitumen als auch modifizierte Bitumen – treffen lassen (Bilder 3 und 4). Zur Beurteilung viskositätsveränderter Bitumen ist dieses Verfahren schon in den „Empfehlungen zur Klassifikation von viskositätsveränderten Bindemitteln“ (E KvB), Ausgabe 2016, für die Beurteilung verankert. Zur Beurteilung eines im Ausbauasphalt vorhandenen Bitumens soll daher in den TL AG-StB ebenfalls das DSR-Verfahren festgeschrieben werden; im ersten Schritt zumindest dann, wenn der ermittelte EP RuK auffällig hohe Werte ergibt. Dies kann auf Basis der heute geltenden TL AG-StB 09 beispielhaft schon dann der Fall sein, wenn das Bitumen im Ausbauasphalt ein PmB 25/55-55 A (alte Bezeichnung PmB 45) enthält. Hierfür ergibt sich schon beim Ersteinbau des Asphaltmischgutes im Rahmen der Kontrollprüfung ein zulässiger oberer Grenzwert für den EP RuK von 71 °C! Dieser Wert liegt schon 1 °C oberhalb des in der TL AG-StB genannten kritischen Wertes von 70 °C! Ein Einfluss der Liegezeit auf die Bitumenalterung während der Nutzung des eingebauten Asphaltes ist dabei noch nicht berücksichtigt!

Im Rahmen des Forschungsauftrages FE 07.286 „Entwicklung einer Prüfsystematik zur Identifizierung der Bitumenart und des verwendeten Modifizierungsmittels in einem Ausbauasphalt“ [2] wurde eine Prüfsystematik für das DSR entwickelt, welche es ermöglicht, die Art der Modifizierung eines Bitumens in einem Ausbauasphalt zu erkennen und zu charakterisieren.

Weiterhin soll alternativ der Nachweis des Kälteverhaltens (TP Asphalt-StB, Teil 46 A) des mit dem Ausbauasphalt hergestellten Asphaltes in den TL AG-StB aufgenommen werden.

Ebenfalls hat sich in den letzten Jahrzehnten die Anlagentechnik zur schonenden Mitverwendung des Asphaltgranulates kontinuierlich weiterentwickelt, einhergehend mit einem ausgeprägten Asphaltgranulatmanagement. Aufgrund der heute differenzierteren Gewinnung des Ausbauasphaltes durch schichtenweises Fräsen – getrennt nach Asphaltdeckschicht bzw. Asphaltdeck- und -binderschicht sowie Asphalttragschicht – werden heute in der Regel mehrere Asphaltgranulathalden, differenziert nach Qualität und Korngröße, aufbereitet und gelagert.

Bilder 3 und 4: Dynamisches Scherrheometer

So verfügen fast alle Asphaltmischanlagen über mindestens zwei Aufgabedoseure für Asphaltgranulat, um passgenau Asphaltgranulat für die zu produzierende Asphaltmischgutsorte ohne große Umstellprozesse zusetzen zu können. Hierüber können auch mehrere Asphaltgranulate, gezielt an die Sieblinie angepasst, zugesetzt werden bzw. kann ein Asphaltgranulat zur weiteren Verbesserung der Homogenität über zwei Doseure zugegeben werden.

Unterstützt werden die Qualitätsbemühungen vielfach durch die trockene Lagerung des unmittelbar zur Verarbeitung vorgesehenen Ausbauasphaltes in Hallen sowie durch den Einsatz modernster Anlagensteuerungen die alle Einsatzkomponenten gezielt aufeinander abstimmen. Modernste Anlagentechnik mit indirekt beheizten Paralleltrommeln ermöglicht eine sehr schonende Erwärmung des Ausbauasphaltes bis zu 160 °C. Dabei können maschinentechnisch Zugabemengen bis zu 100 % realisiert werden (Bilder 5 und 6).

Bild 5: Hallenlagerung und mehrere Aufgabedoseure (Quelle: Benninghoven)  

Bild 6: Indirekt beheizte Paralleltrommel (Quelle: Bayerische Asphaltmischwerke)

Diese Entwicklungen sollen zukünftig im M WA und auch in den TL Asphalt-StB Berücksichtigung finden, in dem bei der Berechnung der maximalen Zugabemenge, die seit den 1980er Jahren des vorigen Jahrhunderts unverändert zur Anwendung kommt, zwei weitere Faktoren in die zugehörige Formel aufgenommen werden.

So zeigen Auswertungen an Asphaltmischanlagen zur Bewertung der Eigenüberwachung, dass die Zugabemengen in der Berechnung, differenziert nach Asphaltmischgutart, teilweise angehoben werden können, ohne dass dies zu Auswirkungen in der Zusammensetzung und auf die Eigenschaften des mit diesem Asphaltgranulat hergestellten Asphaltes geführt hätte. Untermauert wird dies durch Erfahrungen der Straßenbauverwaltungen in Bayern.

Durch umfängliche Erläuterungen zur Durchführung eines zielgerichteten Asphaltgranulatmanagements sowie klaren Regelungen zum Umgang mit einer fortlaufend bestückten Asphaltgranulathalde – bisheriger Sprachgebrauch: Wanderhalde – sollen die beiden Regelwerke TL AG-StB und M WA einen weiteren Beitrag zur Vertrauensbildung für die Straßenbauverwaltungen leisten. Die Abbildung zeigt beispielhaft einen zu erstellenden Haldenplan als einen Baustein des Asphaltgranulatmanagements.

Bild 7: Haldenplan für die AG-Lagerung an einer Asphaltmischanlage

4 Ausblick

Während mit der Überarbeitung von TL AG-StB und M WA der aktuelle Stand der Technik berücksichtigt wird, lässt sich schon heute erkennen, dass weitere zukünftige Fragestellungen auf die Wiederverwendung von Asphalt zukommen werden:

  • Welchen Einfluss hat ein bei der Asphaltherstellung mitverwendeter Ausbauasphalt bei einer erneuten Mitverwendung (Wiederverwendung 0, 3.0, …) (Bild 8)?
  • Wie lassen sich die Asphaltgranulatmengen bei der Wiederverwendung aus Gründen der Nachhaltigkeit und zur CO2-Minderung weiter steigern, ohne dass hierdurch die Gefahr einer Qualitätseinbuße entsteht?
  • Lässt sich die Wiederverwendung uneingeschränkt auch bei Produktion von temperaturreduzierten Asphalten umsetzen?

Bei der mehrfachen Wiederverwendung eines Asphaltes stellt sich die Frage, inwieweit sich das originäre Bitumen seit der erstmaligen Verwendung verändert hat bzw. ob es nach mehreren Nutzungszeiträumen noch einen wirksamen Beitrag leisten kann. Hierzu laufen derzeit mehrere Forschungsprojekte und Untersuchungsprogramme an Universitäten sowie auch in Unternehmen. Beispielhaft ist hier auf ein gemeinsames Forschungsprojekt der drei Forschungsgesellschaften aus Deutschland, Österreich und Schweiz (D-A-CH) verwiesen, welches derzeit unter dem Namen Mehrfachrecycling im Straßenbau (MARS) bearbeitet wird. Die erzielten Erkenntnisse sollen 2022 vorliegen.

Einen nicht unwesentlichen Beitrag zur Wiederverwendung mehrfach beanspruchter Ausbauasphalte sowie generell zur Nutzung stark oxidierter Bitumen wird zukünftig die Anwendung sogenannter Rejuvenatoren spielen. Mit diesen Produkten – zum Teil auf Mineralölbasis, zum Teil auf Basis nachwachsender Rohstoffe – werden in Deutschland seit ca. 2009 systematisch

Bild 8: Asphaltwiederverwendung 2.0, 3.0, …

Erfahrungen gesammelt. Dabei wurden Erprobungsstrecken in Zusammenarbeit mit mehreren Länderstraßenbauverwaltungen angelegt und labortechnisch begleitet. Sowohl auf Bitumen- als auch auf Asphaltebene kamen dabei Performance-Prüfverfahren zur Anwendung. Gerade in den letzten Jahren hat sich die Entwicklung und Erfahrungssammlung auf diesem Gebiet stark entwickelt. Auch auf kommunaler Ebene werden diese Bitumenadditive getestet. Führt man heute z. B. in der Zeitschrift „Straße und Autobahn“ eine Schlagwortsuche unter den Stichwörtern „Rejuvenator“ oder „Verjüngungsmittel“ durch, ist man erstaunt, wie viele Artikel und Erfahrungsberichte mittlerweile vorliegen. Dies hat dazu geführt, dass der FGSV-Arbeitsausschuss 7.8 „Wiederverwendung von Asphalt“ den Auftrag erhalten hat, ein Wissensdokument für die Anwendung von Rejuvenatoren im Asphaltstraßenbau zu erarbeiten. Ziel dieses Wissenspapieres ist:

  • die Vermeidung von „Wildwuchs“ in der Anwendung,
  • die Vorgabe einheitlicher Untersuchungsstandards zur Bewertung der Wirksamkeit von Rejuvenatoren sowohl auf Bitumen- als auch auf Asphaltebene,
  • die Grundlagenschaffung für eine systematische Erfahrungssammlung mit den angelegten Erprobungsstrecken.

Ziel des Arbeitskreises ist es, dass das Wissenspapier als „Hinweise zur Anwendung von Rejuvenatoren bei der Wiederverwendung von Asphalt“ (H Re WA) 2022 von der FGSV veröffentlicht wird.

Bei der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) wird zukünftig eine Liste bewährter Produkte für die Rejuvenierung von Bitumen nach dem Vorbild der Liste bewährter Produkte für die Absenkung der Asphaltmischguttemperatur geführt. Wesentliche Punkte für eine Aufnahme in diese Liste werden aller Voraussicht nach eine positiv bestandene Grundprüfung der Produkte nach den H Re WA, die Anlage von Erprobungsstrecken über mindestens 5 Jahre Liegezeit mit erweiterten Eignungsprüfungen und durchzuführende Nachuntersuchungen nach mindestens 5 Jahren sein.

Es ist davon auszugehen, dass die Anwendung von Rejuvenatoren auch unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit zunehmend eine größere Rolle spielen wird.

Zur Frage der Wiederverwendung bei temperaturabgesenkten Asphalten wird auf die derzeitige Erfahrungssammlung mit temperaturreduzierten Asphalten im Rahmen der Diskussion um die Grenzwerte für Dämpfe und Aerosole bei der Heißverarbeitung von Bitumen und Asphalt verwiesen. Hierbei kommen ebenfalls Asphalte, denen Asphaltgranulat zugegeben wird, zur Anwendung. Bei einer Absenkung der Asphalttemperatur um ca. 30 °C gegenüber den derzeit angewendeten Temperaturen sind bei Anwendung von viskositätsverändernden Zusätzen zum Asphalt oder Bitumen sowie bei der Verwendung von mineralischen oder chemischen Zusätzen keine Einschränkungen zu erwarten.

5 Fazit

Die Wiederverwendung von Ausbauasphalt ist nicht in Frage zu stellen, sondern muss im Sinne der Umwelt und der Nachhaltigkeit gefordert und gefördert werden. Das größte CO2-Einsparungspotenzial für die Asphaltheißbauweise steckt in der Wiederverwendung! Ziel muss dabei das höchste Wertschöpfungsniveau ohne Qualitätseinbuße für die Asphaltbauweise sein. Damit dies erreicht werden kann, wird das aktuelle Regelwerk für die Asphaltwiederverwendung an den aktuellen Stand der Technik sowie den Erfordernissen, bedingt durch die Weiterentwicklung der im Straßenbau verwendeten Bitumen, angepasst. Dabei wird auch den Bemühungen der Asphaltindustrie durch Installation eines Asphaltgranulatmanagement-Systems, durch eine engmaschige Überwachung und in Anlageninvestitionen für die Asphaltgranulataufbereitung und -zugabe, Rechnung getragen. Gleichzeitig wird mit der Überarbeitung mehr Transparenz in die Vorgänge zum Umgang mit dem Baustoff Asphaltgranulat an der Asphaltmischanlage geschaffen. Dies soll zu einer Stärkung des Vertrauens zwischen Asphalthersteller, Einbauunternehmen und Straßenbauverwaltungen beitragen.

Aufgrund der Dynamik, die sich derzeit aus den Anforderungen einer ständig steigenden Verkehrsbelastung bei gleichzeitig immer stärkeren Einflüssen aus der Klimaveränderung ergibt, ist das Regelwerk – nicht nur für den Bereich der Asphaltwiederverwendung – ständig auf weitere Anpassungen hin zu überprüfen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das größte Bitumenlager auf unseren Straßen liegt und das auch keiner neuen Rohölgewinnung zur Herstellung bedarf. Damit bietet die Wiederverwendung von Asphalt eine ideale Voraussetzung, die Nachhaltigkeit der Asphaltbauweise weiter zu steigern.

Literaturverzeichnis

  1. Kytzia ; Pohl T.: Ökobilanz in der Herstellung von Asphaltbelägen, Straße und Autobahn, Heft 8 S. 641-651; 2021, Kirschbaum Verlag, Bonn
  2. FE 286/2016/EGB: Entwicklung einer Prüfsystematik zur Identifizierung der Bitumenart und des verwendeten Modifizierungsmittels in einem Ausbauasphalt