FGSV-Nr. FGSV A 42
Ort Hamburg
Datum 05.05.2015
Titel Nanomodifizierung – Chance für Asphalt?
Autoren Prof.-Dr. Uwe Beginn
Kategorien Asphaltstraßen
Einleitung

Die zurzeit in Deutschland verwendeten Deckschichten auf Autobahnen und anderen Straßen weisen eine Lebensdauer von ca. 10 bis 15 Jahren auf, die sich wegen des prognostizierten starken Anstiegs des Straßenverkehrs [1] und der dadurch verursachten erhöhten Belastung zunehmend verkürzen wird. Dem gegenüber steht ein Staatshaushalt, der für Erhalt und Sanierung der Verkehrsinfrastruktur „nicht mehr viel übrig“ hat. Strategien zur Verlängerung der Nutzungsdauer und Verringerung der Defektanfälligkeit von Straßenoberflächen sind daher Schlüsseltechnologien im Straßenbau der kommenden Jahrzehnte. Eine der Versagensursachen von Fahrbahndecken ist die Versprödung des Bindemittels, welches das Gesteins des Asphalts zusammenhält und aufgrund seiner Fließfähigkeit Mikrorisse reparieren kann. Die Versprödung wird u. a. durch den Verlust weichmachender Bestandteile und die Eindiffusion von Sauerstoff hervorgerufen, der durch Oxidation die Entstehung spröder Harzfragmente verursacht [2]. Eine Gegenstrategie besteht im Additivieren des Bindemittels mit plättchenförmigen Nanopartikeln von großem Aspektverhältnis D/h, deren Durchmesser im Mikrometerbereich (D~1 – 100 mm), deren Höhe hingegen im Nanometerbereich (h~1 – 10) liegt. Seit den 1990er Jahren ist aus der Polymertechnologie bekannt, dass die Einarbeitung von ca. 3 bis 6 wt% plättchenförmiger Nanopartikel die mechanischen Eigenschaften von Kunststoffen verbessern kann [3]. „Nanokomposite“ sind steifer, fester, aber auch brüchiger als die reinen Polymere. Gegenüber den Polymeren weisen sie geringere Permeabilität auf und sind weniger leicht entzündlich [4]. Zum einen sind die Plättchen für diffundierende Gase undurchdringlich, sie vergrößern die Diffusionswege. Arbeitet man derartige Partikel in bituminöse Bindemittel ein, dann sollten sich die Diffusionszeiten von Sauerstoff und Effluenten erhöhen. Adsorbiert das die Plättchen umgebende Material (=“Matrix“) stark an die Plättchenoberfläche, so bildet sich eine ca. 1 nm dicke Grenzschichtphase zwischen Plättchen und Matrix aus, in der die Matrixmoleküle eine geringere Bewegungsfreiheit aufweisen. Aufgrund der großen Plättchenoberfläche kann sich so viel Matrixmaterial in der Grenzschichtphase befinden, dass Bitumen/ Nanoplättchen-Komposite fester, steifer und viskoser als undotierte Bitumina werden. Der Vortrag diskutiert Herstellungstrategien, Möglichkeiten und Grenzen von Bitumen/Nanopartikel-Kompositen am Beispiel polymermodifizierter MMT-Systeme.

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Die zurzeit in Deutschland verwendeten Deckschichten auf Autobahnen und anderen Straßen weisen eine Lebensdauer von ca. 10 bis 15 Jahren auf, die sich wegen des prognostizierten starken Anstiegs des Straßenverkehrs [1] und der dadurch verursachten erhöhten Belastung zunehmend verkürzen wird. Dem gegenüber steht ein Staatshaushalt, der für Erhalt und Sanierung der Verkehrsinfrastruktur „nicht mehr viel übrig“ hat. Strategien zur Verlängerung der Nutzungsdauer und Verringerung der Defektanfälligkeit von Straßenoberflächen sind daher Schlüsseltechnologien im Straßenbau der kommenden Jahrzehnte. Eine der Versagensursachen von Fahrbahndecken ist die Versprödung des Bindemittels, welches das Gesteins des Asphalts zusammenhält und aufgrund seiner Fließfähigkeit Mikrorisse reparieren kann. Die Versprödung wird u. a. durch den Verlust weichmachender Bestandteile und die Eindiffusion von Sauerstoff hervorgerufen, der durch Oxidation die Entstehung spröder Harzfragmente verursacht [2]. Eine Gegenstrategie besteht im Additivieren des Bindemittels mit plättchenförmigen Nanopartikeln von großem Aspektverhältnis D/h, deren Durchmesser im Mikrometerbereich (D~1 – 100 mm), deren Höhe hingegen im Nanometerbereich (h~1 – 10) liegt. Seit den 1990er Jahren ist aus der Polymertechnologie bekannt, dass die Einarbeitung von ca. 3 bis 6 wt% plättchenförmiger Nanopartikel die mechanischen Eigenschaften von Kunststoffen verbessern kann [3]. „Nanokomposite“ sind steifer, fester, aber auch brüchiger als die reinen Polymere. Gegenüber den Polymeren weisen sie geringere Permeabilität auf und sind weniger leicht entzündlich [4]. Zum einen sind die Plättchen für diffundierende Gase undurchdringlich, sie vergrößern die Diffusionswege. Arbeitet man derartige Partikel in bituminöse Bindemittel ein, dann sollten sich die Diffusionszeiten von Sauerstoff und Effluenten erhöhen. Adsorbiert das die Plättchen umgebende Material (=“Matrix“) stark an die Plättchenoberfläche, so bildet sich eine ca. 1 nm dicke Grenzschichtphase zwischen Plättchen und Matrix aus, in der die Matrixmoleküle eine geringere Bewegungsfreiheit aufweisen. Aufgrund der großen Plättchenoberfläche kann sich so viel Matrixmaterial in der Grenzschichtphase befinden, dass Bitumen/ Nanoplättchen-Komposite fester, steifer und viskoser als undotierte Bitumina werden. Der Vortrag diskutiert Herstellungstrategien, Möglichkeiten und Grenzen von Bitumen/Nanopartikel-Kompositen am Beispiel polymermodifizierter MMT-Systeme.

1 Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Prognose der deutschland weiten Verkehrsverflechtung 2025, München/Freiburg, 2007

2 Cetinkay a, R.: Bewertung der Einflussgrößen auf die thermisch-oxidative Alterung von Bitumen im Asphalt, 1. Aufl., Europäischer Universitätsverlag, Bochum 2011

3 Balaz s, A. C.; Emric k, T.; Russe l, T. P.: Science 2006, 314, 1107

4 a) Schmid t, D.; S h a h, D.; Gianneli s, E. P.: Curr. Opin. Solid State Mater. Sci. 2002, 6, 205

b) C h e n, B.: Brit. Ceram. Trans. 2004, 103, 241

c) Artz i, N.; Narki s, N.; Siegman n, A.: J. Polym. Sci. B: Polym. Phys. 2005, 43, 1931

d) Usuk i, A.; Hasegaw a, N.; K a t o, T.: Adv. Polym. Sci. 2005, 179, 135