FGSV-Nr. FGSV A 43
Ort Bamberg
Datum 16.05.2017
Titel Einfluss von Qualitätsunterschieden polymermodifizierter Bindemittel gleicher Sorte auf das mechanische Verhalten von Asphalten
Autoren Dr.-Ing. Manfred Hase
Kategorien Asphaltstraßen
Einleitung

Das Ziel zweier Forschungsvorhaben [2] und [3] war es herauszufinden, ob sich unterschiedliches rheologisches Stoffverhalten verschiedener polymermodifizierter Bindemittel gleicher Sorte von verschiedenen Herstellern auf das Verformungs-, Kälte-, Ermüdungs- und Steifigkeitsverhalten von Asphalten auswirkt. Für die Untersuchungen wurden drei Bitumensorten (25/55-55 A, 10/40-65 A, 40/100-65 A) von jeweils vier verschiedenen Herstellern verwendet. Es wurden zwei Asphaltdeckschichtvarianten (AC 11 D S, SMA 11 S) und eine Asphaltbinderschichtvariante (AC 16 B S) mit jeweils zwei verschiedenen Verdichtungsgradniveaus untersucht. Ferner wurden Asphalttragschichtvarianten (AC 22 T S) mit Bitumen der Sorte 25/55-55 A und 50/70 von je zwei Herstellern in analoger Weise untersucht. Die Ergebnisse der Untersuchungen zur Ansprache der Bindemitteleigenschaften belegen, dass signifikante Unterschiede in technischen Eigenschaften von Bitumen gleicher Sorte und unterschiedlicher Hersteller in 90 % [2] und 74 % [3] der untersuchten Varianten vorhanden sind. Diese technischen (rheologischen) Unterschiede der Bitumen gleicher Sorte von verschiedenen Herstellern beeinflussen auch das Verformungs-, Kälte-, Ermüdungs- und Steifigkeitsverhalten von Asphalten.

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1 Untersuchungsmethodik

Zur Bestimmung des unterschiedlichen rheologischen Stoffverhaltens verschiedener polymermodifizierter Bindemittel gleicher Sorte auf das Verformungs-, Kälte-, Ermüdungs- und Steifigkeitsverhalten von Asphalten wurden drei Bitumensorten (25/55-55 A, 10/40-65 A, 40/100-65 A) von jeweils vier verschiedenen Herstellern verwendet. Als Asphaltmischgutvarianten wurden zwei Asphaltdeckschichtvarianten (AC 11 D S, SMA 11 S) und eine Asphaltbinderschichtvariante (AC 16 B S) ausgewählt. Weiterhin wurden auch Asphalttragschichtvarianten (AC 22 T S) mit Bitumen zwei Bitumensorten 25/55-55 A und 50/70 von je zwei Herstellern untersucht. Zur Ermittlung etwaiger Einflüsse unterschiedlicher Hohlraumgehalte der Asphalte auf die Performance-Eigenschaften wurden je Asphaltvariante Probekörper mit zwei unterschiedlichen Verdichtungsgradniveaus k1 (ca. 100 %) und k2 (97 % bis 98 %) hergestellt. Weiterhin wurden Untersuchungen zur Bestimmung von konventionellen und rheologischen Bindemitteleigenschaften (EP RuK, Pen, elast. Rückstellung, KD, BP nach Fraaß, BBR-Analytik, Temperatursweep DSR-Versuch 5 °C bis 20 °C, MSCR-Test bei 20 °C) im Lieferzustand und im gemäß DIN EN 12607-1 gealterten Zustand (RTFOT-Verfahren) durchgeführt.

2 Untersuchungsergebnisse (Auszüge)

2.1 Ergebnisse Bindemitteluntersuchungen (Auszug)

Aus dem Forschungsbericht FE 07.196/2001/BGB „Optimierung der versuchstechnischen Rahmenbedingungen für die Durchführung und Auswertung performance-orientierter Bitumenuntersuchungen mittels Dynamischen Scher-Rheometers“ [1] ist bekannt, dass mit Hilfe eines BLACK-Diagrammes Unterschiede im rheologischen Stoffverhalten bitumenhaltiger Bindemittel gut veranschaulicht werden können. Hierzu wurden die jeweils zusammengehörigen Wertepaare Komplexer Schubmodul G* und Phasenverschiebungswinkel d für alle geprüften Temperaturstufen in einem x-y-Koordinatensystem in Abhängigkeit voneinander dargestellt.
Das Bild 1 zeigt beispielsweise das Ergebnis für die Bindemittelsorte 40/100-65A von vier verschiedenen Herstellern. Es lassen sich deutliche Unterschiede im rheologischen Verhalten der Bindemittelsorte 40/100-65 A erkennen.

Bild 1: BLACK-Diagramm für gemäß DIN EN 12607-1 gealterte Bitumen der Sorte 40/100 65A verschiedener Hersteller

Die in BLACK-Diagrammen für verschiedene Bitumen erkannten rheologischen Unterschiede der untersuchten Bitumen spiegeln sich auch im Gebrauchsverhalten der untersuchten Asphalte wider.

2.2 Ergebnisse Asphaltuntersuchungen (Auszüge)

Die Ergebnisse einaxialer Druck-Schwellversuche, ermittelt an Marshall-Probekörpern (MPK) sowie an Bohrkernen (BK), sind beispielsweise für die Asphaltmischgutvariante SMA 11 S mit dem Bitumen 40/100-65 A im Bild 2 dargestellt.

Eine Unterscheidung nach verwendeten Bitumen bzw. Bitumenhersteller kann bei dem SMA 11 S, Bitumen 40/100-65 A, Verdichtungsniveau k2, anhand der Kenngröße „Anzahl der Lastwechsel (nw)“ festgestellt werden. An Marshall-Probekörpern (MPK), die mit Bitumen des Herstellers 2 hergestellt wurden, konnte der kleinste Wert mit knapp 2.000 Lastwechsel (nw) gemessen werden. Im Vergleich hierzu wurden mit dem Bitumen des Hersteller 1 etwa 10.000 Lastwechsel erreicht. 

Bild 2: Anzahl der Lastwechsel nw, DSV (MPK, BK), SMA11S, 40/100-65A 

Zur Interpretation der Versuchsergebnisse wurden die Messreihen mit verschiedenen Verfahren der mathematischen Statistik ausgewertet. Es wurden einfache Varianzanalysen und modifizierte LSD-Tests (Least-Significant Difference Test) an den ermittelten Merkmalsgrößen (hier beispielsweise Lastwechselzahl nw) durchgeführt. Mit Hilfe einer einfachen Varianzanalyse wurde die Gleichheit der Mittelwerte mehrerer Stichprobengruppen überprüft. Die Nullhypothese „alle Mittelwerte sind gleich“ wurde mit einer statistischen Sicherheit von 95 % verworfen oder nicht verworfen. Mit einem nachgeschalteten modifizierten LSD-Test wurde darüber hinaus die Aussage getroffen, welche Mittelwerte zu homogenen Gruppen zusammengefasst werden können, das heißt der gleichen Grundgesamtheit entstammen. Dazu wurden die Mittelwerte der Größe nach absteigend geordnet und es wurde überprüft, ob benachbarte Mittelwerte eine größere Differenz aufweisen als die kleinste signifikante Differenz [4].

In diesem Falle konnte nachgewiesen werden, dass die Lastwechselzahlen nw der MPK, die mit den Bitumen der Hersteller 1 und 3 hergestellt wurden, signifikant höhere Lastwechsel aufweisen, als die mit den Bitumen der Hersteller 4 und 2 hergestellen MPK. Die varianzanalytischen Betrachtungen zeigten, dass die Lastwechselzahl der MPK (k2 – Niveau) zu 85,5 % durch das Bitumen (Hersteller) beeinflusst wird. 

Das Bild 3 zeigt exemplarisch die Ergebnisse der Untersuchungen zur Ansprache des Kälteverhaltens eines SMA 11 S mit höher polymermodifiziertem Bitumen der Sorte 40/100-65 A und einem Verdichtungsniveau k1 von ca. 100 %. Die Kennwerte der Zugfestigkeit, Bruchtemperatur, Bruchspannung und Zugfestigkeitsreserve werden durch das Bitumen der verschiedenen Hersteller maßgeblich beeinflusst. Die statistischen Auswertungen ergaben, dass die Kälteflexibilität signifikant durch das Bitumen der Hersteller (Wahl des Herstellers) beeinflusst wird.

Bild 3: Kryogene Zugspannung, Zugfestigkeit und Zugfestigkeitsreserve für SMA 11 S, 40/100 65 A, Verdichtungsgrad k2 

Im Bild 4 sind auszugsweise die Ergebnisse der Ermüdungsfunktionen für die Asphaltvariante AC 11 D S, 25/55-55 A, k1 dargestellt. Aus dem Bild 4 geht hervor, dass das vorteilhafteste Ermüdungsverhalten die Variante mit Bitumen des Herstellers 1 aufweist, gefolgt von den Varianten mit Bindemittel der Hersteller 3 und 4, die auf etwa gleichem Niveau liegen. Das vergleichsweise ungünstigste Ermüdungsverhalten wurde an der Variante mit Bitumen des Herstellers 2 nachgewiesen. Auch das Ermüdungsverhalten, hier eines AC 11 D S, wird durch die Wahl des Bitumenherstellers beeinflusst.

Bild 4: Ermüdungsfunktionen AC 11 D S, 25/55-55 A, Verdichtungsgrad k1 

Im Bild 5 sind die Steifigkeitsmoduln in Abhängigkeit von der Temperatur beispielsweise für die Asphaltvariante AC 16 B S, 10/40-65 A, Verdichtungsgrad k2 dargestellt. Es lassen sich auch hier deutliche Unterschiede der Steifigkeitsmoduln erkennen, die durch die Wahl des Bitumens (Hersteller) hervorgerufen werden.

Bild 5: Steifigkeitsmoduln bei einer Frequenz von 10 Hz, AC 16 B S, 10/40-65 A, Verdichtungsgrad k2

3 Fazit

In den zwei Forschungsvorhaben [2, 3] konnten mit Hilfe rheologischer Prüfverfahren signifikante Unterschiede des Materialverhaltens der Bitumen gleicher Sorte, jedoch unterschiedlicher Hersteller erkannt werden, die sich auch auf das Verformungs-, Kälte-, Ermüdungs- und Steifigkeitsverhalten von Asphalten auswirken.

Weiterhin konnten im Rahmen der Bearbeitung der Forschungsvorhaben auch wesentliche rheologische Bitumenkennwerte bestimmt werden, die Rückschlüsse auf das Gebrauchsverhalten eines Asphaltes zulassen. Der Praxis steht somit ein gutes Instrument zur Verfügung, Asphalte mit günstigem, für den Anwendungsfall relevantem Gebrauchsverhalten, konzipieren zu können. Zukünftig sollte daher der Ermittlung und Berücksichtigung rheologischer Bitumenkennwerte in der Praxis mehr Beachtung gewidmet werden.

Literaturverzeichnis

1 H a s e, M.; Oelker s, C.: Optimierung der versuchstechnischen Rahmenbedingungen für die Durchführung und Auswertung performance-orientierter Bitumenuntersuchungen mittels Dynamischen Scher-Rheometer, Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen, Straßenbau Heft S 47

2 H a s e, M.; Oelker s, C.; Schindle r, K.: FE 07.225/2008/BGB, Einfluss von Qualitätsunterschieden polymermodifizierter bitumenhaltiger Bindemittel gleicher Sorte auf das mechanische Verhalten von Asphalten – Teil: Verformungsverhalten bei Wärme, Forschung Straßenbau und Straßenverkehrstechnik, Heft 1067, 2011

3 H a s e, M.; Oelker s, C.; Schröte r, A.; Zumsand e, K.: FE 07.0235/2009/BGB Einfluss von Qualitätsunterschieden polymermodifizierter bitumenhaltiger Bindemittel gleicher Sorte auf das mechanische Verhalten von Asphalten – Teil: Kälte-, Ermüdungs- und Steifigkeitsverhalten, 2016

4 Sach s, L.: Angewandte Statistik, Anwendung statistischer Methoden, 6. Auflage, Springer Verlag, 1984