FGSV-Nr. FGSV A 39
Ort Weimar
Datum 05.05.2009
Titel Straßenbau in Thüringen
Autoren Assessor jur. Markus Brämer
Kategorien Asphaltstraßen
Einleitung

Die Wirtschaft im Freistaat Thüringen ist kleinteilig und mittelständisch geprägt. Klein- und Kleinstbetriebe prägen die Wirtschaftsstruktur, was sich in den gegenwärtigen Krisenzeiten auch als Vorteil erweist. Ein entscheidender Faktor für die erfolgreiche Entwicklung der kleinteilig aufgestellten Wirtschaft sind die infrastrukturellen Rahmenbedingungen, die den Unternehmen im Freistaat zur Verfügung stehen.

Viele Aufgaben im Rahmen der Infrastrukturentwicklung sind im Landesamt für Bau und Verkehr konzentriert, so dass man von dem zentralen „Infrastrukturamt“ in Thüringen sprechen kann. Im Landesamt werden ca. 800 Mio. € für den Bereich Hoch- und Straßenbau im Jahr bewirtschaftet.

1990 gab es in Thüringen zwei Autobahnen, die A 4 von Ost nach West und die A 9 von Nord nach Süd. Heute ist Thüringen über die fast vollständig dreispurig ausgebauten Autobahnen A 4 und A 9, sowie die drei völlig neugebauten Autobahntrassen der A 71 und A 73 und die A 38 im Norden in alle Richtungen bestens an das deutsche und europäische Fernstraßennetz angebunden.

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1 Einleitung

Im Freistaat Thüringen sind von 1991 bis heute insgesamt ca. 6,3 Mrd. € im Bundesfernstraßenbereich investiert worden. Hiervon entfielen ca. 1 Mrd. € auf den Neubau von Ortsumgehungen mit einer Streckenlänge von insgesamt 291 km. Im gleichen Zeitraum hat der Freistaat fast 1,7 Mrd. € für den Ausbau und die Instandsetzung des Landesstraßennetzes eingesetzt.

Die A 71/A 73 ist weit über die Grenzen Thüringens hinaus mit ihren 55 Brücken und 6 Tunneln als gelungenes Beispiel für deutsche Ingenieurkunst sowie landschafts- und umweltschonende Linienführung bekannt und besitzt Lehrpfadcharakter. Die Gesamtfertigstellung wurde im letzten Jahr mit der Verkehrsfreigabe des letzten Teilstücks in Bayern gefeiert. Aufgrund seiner Mittellage in Deutschland und Europa sind diese Verkehrsadern für den Freistaat besonders wichtig. Entlang den Autobahnen pulsiert das wirtschaftliche Leben Thüringens. Nicht zufällig ist deshalb auch das derzeit erfolgreichste Gewerbegebiet des Landes nach dem Erfurter Kreuz benannt. Es liegt zwischen Erfurt und Arnstadt direkt an der Kreuzung von A 71 und A 4 und hat sich durch die Niederlassung von mehreren Firmen der Solarbranche und von N 3, einer Kooperation von Rolls Royce und Lufthansa, zu einem Wirtschaftsstandort mit überregionaler Ausstrahlung entwickelt.

2 Kernaufgaben der Thüringer Straßenbauverwaltung

Aufgrund der zahlreichen schon fertiggestellten Neubautrassen wird die Erhaltung und der Betrieb des vorhandenen Straßennetzes von immer größerer Bedeutung. Eine zentrale Aufgabe der Thüringer Straßenbauverwaltung ist daher das Netz der Bundesfernstraßen und Landesstraßen:

  • wirtschaftlich zu erhalten (Pavement Management Systems – PMS)
  • verkehrssicher zu betreiben (Betriebsdienst durch Autobahnmeistereien bzw. Gebietsbereiche)
  • und qualifiziert zu verwalten (TT-SIB, SIB-BW, Straßenbuch,Straßenaufsicht gem. § 48 ThürStrG).

Zum Netz der Bundesfernstraßen und Landesstraßen in Thüringen gehören mit Stand vom

1. 1. 2009:

480 km Bundesautobahnen mit 972 Brücken

 

1 720 km Bundesstraßen mit 640 Brücken

 

4 670 km Landesstraßen mit 1 239 Brücken.

 

2.1 Wirtschaftlich erhalten

Um das gesamte Netz (BAB, Bund und Land) wirtschaftlich zu erhalten, wird seit 1995 im Zyklus von vier Jahren eine regelmäßige Zustandserfassung und -bewertung (ZEB) vorgenommen. Erfasst und bewertet werden dabei Längs- und Querebenheit, Griffigkeit und Substanz. Diese Zustandsdaten bilden zusammen mit den Netzdaten, den Aufbaudaten sowie den Daten zu Verkehrsmengen und Verkehrssicherheit eine der wesentlichen Grundlagen für das Pavement Management System (PMS) für die Fahrbahnen.

Mittels PMS lässt sich die Wechselwirkung von Mittelbedarf/Mittelverfügbarkeit und Zustandsentwicklung darstellen. Entsprechende Möglichkeiten bietet ein, unter anderem zustandsgewichtetes Bauwerkspriorisierungsprogramm für den Bereich der Brücken und Stützwände. Anhand von Tabellen und Statistiken im Sinne eines Monitorings wird die Zustandsnotenentwicklung der Brücken in Bundesfernstraßen und Landesstraßen analysiert und ausgewertet. Sowohl das PMS als auch das Bauwerkspriorisierungsprogramm dienen der Thüringer Straßenbauverwaltung als Prognose- und Planungsinstrument.

Auf dieser Grundlage erfolgt eine regional ausgewogene sowohl mengen- als auch zustandsgewichtete Verteilung der Erhaltungsmittel für den Bereich der Bundesautobahnen, Bundesstraßen und Landesstraßen.

Auch vor dem Hintergrund der Konjunkturbelegung hat die Landesregierung bereits im letzten Jahr ein aktuelles Investitionsprogramm für die Erhaltung der Landesstraßen 2009 bis 2013 in Höhe von jährlich 50 Mio. € aufgelegt. Dies ist eine Aufstockung von bisher 36 Mio. € um 14 Mio. € auf 50 Mio. €. Damit wird mittelfristig eine Substanzverbesserung der Landestraßen sowie der Brücken und Stützwände erreicht werden können.

2.2 Verkehrssicher betreiben

Bedarfsgerechte Lichtsignalanlagen, Beschilderung und Fahrbahnmarkierung gehören ebenso zu einer verkehrssicheren Straßenausstattung wie passive Schutzeinrichtungen an Straßen und Brücken. Gemeinsam mit dem Baulastträger, der Abteilung Autobahnen sorgt die gemäß § 44 (1) StVO zuständige Straßenverkehrsbehörde für Bundesautobahnen im Rahmen regelmäßiger Verkehrsschauen und Unfallkommissionsarbeit für einen verkehrssicheren Betrieb der Autobahnen.

Die Verwaltungsbehörde für die Tunnel im Freistaat ist zuständig für die Einhaltung sämtlicher Sicherheitsanforderungen an Tunnel. Darüber hinaus verfügt Thüringen über eine zentrale Betriebsleitstelle in der Autobahnmeisterei in Zella Mehlis auf der Thüringer Waldautobahn mit der Rennsteigquerung. Von dort werden alle Straßentunnel in Thüringen (derzeit insgesamt ca. 32 km) rund um die Uhr überwacht und zentral gesteuert. Darunter der längste Straßentunnel in Deutschland, der Tunnel Rennsteig mit 7,9 km.

Eine sachgerechte Beurteilung und zeitnahe Bearbeitung einer zunehmenden Anzahl von Anträgen für Großraum- und Schwertransporte (ca. 32 000 Anträge in 2007) hat insbesondere unter Berücksichtigung der dauerhaften Tragfähigkeit von Brücken zu erfolgen. Dies ist ein enormer Verwaltungsaufwand, denn ca. 150 Anträge am Tag sind zu bearbeiten.

Die Arbeiten im Rahmen des Betriebsdienstes auf Bundes- und Landesstraßen werden seit 1997 in Thüringen nicht mehr durch staatliche Straßenmeistereien erledigt, sondern nach öffentlicher Ausschreibung an geeignete Unternehmen vergeben.

Steuerung der Auftragsrealisierung sowie hoheitliche Streckenkontrolle erfolgen unter anderen durch die, den Straßenbauämtern nachgeordneten Gebietsbereiche vor Ort (16 GB für 17 Landkreise). Dabei geht es im Einzelnen unter anderen um die örtliche Einweisung der Unternehmen, die ordnungsgemäße Überwachung, Abnahme und Abrechnung der ausgeschriebenen Leistungen in den Hauptgewerken:

Winterdienst, Störungsbeseitigung (Leitpfostenreinigung, Totholzbeseitigung, Verkehrszeichenreparatur), Sofortreparaturen an der Straße (Fahrbahn, Gerinne, Einläufe, Bankette, Gräben), Grasmahd, Baum- und Gehölzpflege, Reinigungsarbeiten, Fahrbahnunterhaltung, Bauwerksunterhaltung, Ersatz und Ergänzung von Wegweisung und Beschilderung, Schutzplankenreparatur, Straßenmarkierung, Unterhaltung von Lichtsignalanlagen.

Der Betriebsdienst auf den Thüringer Bundesautobahnen wird weiterhin durch konventionelle Autobahnmeistereien erledigt (AM Blintendorf, AM Breitenworbis, AM Erfurt, AM Hermsdorf, AM Zella-Mehlis).

2.3 Qualifiziert verwalten

Wesentliche Grundlage der fachtechnischen Informationen, während sämtlicher Lebenszyklusphasen von Straßen und Brücken, während Planung, Bau, Erhaltung und Betrieb, bildet in Thüringen die Straßeninformationsbank TT-SIB mit der angegliederten SIB-BW für Ingenieurbauwerke.

Vollständige, richtige und aktuelle Projektdaten aus diesen Phasen müssen einem vollständigen, richtigen und aktuellen Netz als „digitalem Straßenbuch“ zugeordnet werden können um somit allen Fachbereichen jederzeit, qualifiziert zur Verfügung zu stehen. Netzänderungen ergeben sich ebenfalls durch Widmung, Umstufung und Einziehung von Straßen. Das TLBV überwacht als Straßenaufsicht gemäß § 48 ThürStrG die Erfüllung der Straßenbaulastträgeraufgaben gegenüber Landkreisen, kreisfreien Städten und Gemeinden.

In Thüringen sind derzeit zwei Projekte im Bereich Straßenbau im Rahmen einer Öffentlich Privaten Partnerschaft (ÖPP) in der Realisierung:

  • Bau- und Erhaltungsmodell für Landesstraßen im Saale-Holzland-Kreis

Bei diesem Projekt wurde ein Teilnetz von ca. 20 km Länge (ohne Ortsdurchfahrten) des Landestraßennetzes als ÖPP-Projekt vergeben. Vertragsbestandteil sind die grundhafte Erneuerung, die Erhaltung und der Betrieb (mit definierten Betriebsdienstleistungen) sowie deren Finanzierung über einen Zeitraum von 30 Jahren.

Das Projekt wurde nach positivem Ergebnis einer Wirtschaftlichkeitsuntersuchung im Wege eines Offenen Verfahrens ausgeschrieben und im Herbst 2007 beauftragt. Nach Abschluss der grundhaften Erneuerung Ende 2009 gehen die Betriebs- und Erhaltungspflichten bis zum Vertragsende 2037 an den Auftragnehmer (AN) über. Die vertraglich fixierten Zustands- und Qualitätsparameter werden dabei in allen Phasen geprüft und bewertet.

Der AN erhält vom Auftraggeber für seine Leistungen Vergütung in zwei Teilen.

Für die Phase der grundhaften Erneuerung wird ein Entgelt in Höhe von 60 % der Nettobaukosten (max. 5 Mio. € netto) teilabschnittsweise ausgezahlt. Die Auszahlung erfolgt auf Basis einer einredefreien Fortfaitierung.

Darüber hinaus wird für die nachfolgende Erhaltungs- und Betriebsphase, bis zum Ende der Vertragslaufzeit im Jahr 2037, ein gleichbleibendes Quartalsentgelt für Erhaltung und Betrieb gezahlt, einschließlich des übrigen Vergütungsanteils der grundhaften Erneuerung. Dieses Quartalsentgelt unterliegt nicht mehr der Fortfaitierung und kann bei Nichterreichen der vertraglichen Mindeststandards gemindert werden.

  • Betreibermodell BAB A 4 Eisenach/Hörselberge (A-Modell)

Projektbestandteil sind Erhaltung und Betrieb eines Teilabschnittes der BAB A 4 von der Landesgrenze Hessen/Thüringen bis östlich der Anschlussstelle Gotha auf 44,7 km Länge einschließlich ca. 24,5 km Neubau im Bereich der Hörselberge. Das Projekt wurde nach positivem Ergebnis einer Wirtschaftlichkeitsuntersuchung im Wege eines Verhandlungsverfahrens mit Teilnahmewettbewerb als Baukonzession ausgeschrieben und im Herbst 2007 an den Konzessionär (KN) Via Solutions Thüringen GmbH & Co. KG vergeben. Als Konzessionsgeber (KG) fungiert hier die DEGES als Vertreter des Bundes. Ein diesbezüglicher Konzessionsvertrag regelt unter anderen die Pflichten des KN bei Planung, Bau, Erhaltung und Betrieb sowie deren Finanzierung (Projektfinanzierung) über den Konzessionszeitraum von 30 Jahren bis 2037. Die vertraglich fixierten Zustands- und Qualitätsparameter werden dabei in allen Phasen durch den KG geprüft und bewertet. Daneben bewirken entsprechend differenzierte Verkehrsbeeinträchtigungskosten zügiges Bauen mit möglichst geringer Beeinträchtigung des Verkehrs.

Aus Gründen der ordnungsgemäßen Absicherung der Winterdienstsaison 2007/2008 ist der Betriebsdienst erst zum 1. 5. 2008 dem KN übertragen worden. Allein die hoheitliche Streckenkontrolle wird in angepasstem Umfang weiterhin von der zuständigen Autobahnmeisterei Erfurt durchgeführt. Vertraglicher Gesamtfertigstellungstermin des Neubauabschnittes Hörselbergumfahrung ist der 31. 12. 2010.

Für sämtliche während des Konzessionszeitraums zu erbringenden Leistungen erhält der KN eine Anschubfinanzierung sowie Einnahmen aus der Lkw-Maut aufgrund des ABMG. Das Verkehrsmengenrisiko trägt hierbei der KN.

  • BAB 9 AS Lederhose bis Landesgrenze Thüringen/Bayern

Ein weiteres Projekt auf dem Abschnitt der BAB A 9 AS Lederhose bis Landesgrenze Thüringen/Bayern ist derzeit in Vorbereitung. Es ist beabsichtigt, den 6-streifigen Ausbau eines 19 km langen Abschnittes zwischen Triptis und Schleiz sowie Erhaltung und Betrieb für den gesamten 46,5 km langen Abschnitt zwischen AS Lederhose und Landesgrenze Thüringen/ Bayern als ÖPP-Projekt auszuschreiben und zu vergeben.

Das Straßennetz ist als Teil des Verkehrsnetzes und damit als Teil der gesamten Verkehrsinfrastruktur Träger des motorisierten sowie des nichtmotorisierten Individualverkehrs und des straßengebundenen öffentlichen Verkehrs. Die strategische Entwicklung der Verkehrsnetze leitet sich aus den Erfordernissen der Raumplanung, das heißt der Raumordnung und der Landesplanung ab. Grundlage und Rahmenkonzeption dabei bilden die „Richtlinien für die integrierte Netzgestaltung“ (RIN), die im Januar 2009 eingeführt worden sind. Die RIN greifen die Ziele der Raumordnung und Landesplanung für die Erreichbarkeiten der zentralen Orte auf und leiten die funktionale Gliederung der Verkehrsnetze aus der zentralörtlichen Gliederung ab. Die RIN sind eine methodische Planungshilfe für die integrierte Verkehrsnetzplanung, mit der bestehende Verkehrsnetze analysiert und bewertet sowie Netzkonzepte für zukünftige Verkehrsnetze entwickelt werden. Im Rahmen einer „Großräumigen verkehrswirtschaftlichen Untersuchung über künftig notwendige Fernverkehrsverbindungen in Thüringen (VWU)“ wurden bereits 2005 ein infrastrukturdatenorientiertes Verkehrsmodell Netzkonzepte für den Zeitraum 2010, 2020 und 2030 entwickelt, untersucht und in ihrer Wirtschaftlichkeit begründet. Die in diesem Zusammenhang abgeleiteten „Eckdaten der Verkehrsentwicklung Thüringens bis 2020“ fanden unter anderen Eingang in das „Landesverkehrsprogramm des Freistaates Thüringen (2007)“.

3 Qualitätssicherung im Thüringer Straßenbau

Die für den Straßenbau zur Verfügung gestellten Steuermittel müssen effizient und nachhaltig umgesetzt werden. Daher ist die Einhaltung und Überwachung von Qualitätsstandards unabdingbar.

In Auswertung von Schäden auf Bundesfern- und Landesstraßen wurde durch das Landesamt Ende 2006 ein Positionspapier zur Qualitätsverbesserung erarbeitet. Die inhaltlichen Schwerpunkte wurden innerhalb des Gremiums des Runden Tisches des Bauindustrieverband Hessen-Thüringen diskutiert und so kam es Ende 2006 zu Festlegungen von erhöhten Qualitätsanforderungen.

Im Auftrag des Ministeriums wurden daraufhin im Jahr 2007 Pilotprojekte ausgeschrieben, um die Machbarkeit zu testen und praktische Erfahrungen zu sammeln. Im Ergebnis konnte bestätigt werden, dass die Baufirmen sich auf erhöhte Qualitätsanforderungen einstellen und hochwertige Asphaltschichten einbauen.

Die mit den Teilnehmern des Runden Tisches abgestimmten Maßnahmen zur Qualitätsverbesserung wurden ab 2008 in einem Regionalleistungskatalog Asphaltbauweisen zusammengefasst, der die häufigsten Mischgutarten einschließlich Einbau beinhaltet. Dieser basiert auf dem aktuellen Regelwerk ZTV Tragschichten und ZTV Asphalt.

Mit der Einführung des von der FGSV erarbeiteten neuen Asphaltregelwerkes (ZTV Asphalt 07) ab 1. 1. 2009 musste dieser Regionalleistungskatalog entsprechend angepasst werden.

Die Straßenbauverwaltungen der Länder hatten vom neuen Asphaltregelwerk stellenweise etwas andere Vorstellungen und diese in ca. 600 Einzelkriterien auch artikuliert.

Die Straßenbauverwaltung Thüringen hatte 2007 eine Qualitätsoffensive bezüglich Stellungnahmen zu den Regelwerken ergriffen. An dieser hatten sich acht weitere Bundesländer beteiligt und weitere Qualitätsstandards gefordert. Diese wurden stellenweise berücksichtigt. Die Länder haben nun ergänzende Festlegungen getroffen, um die veröffentlichten und zur Anwendung empfohlenen Regelwerke mit landestypischen Ergänzungen einzuführen.

Zur Erhöhung der Qualität von Asphaltschichten bei Bundes- und Landesstraßen werden im aktuellen Regionalleistungskatalog für Asphaltschichten, aber auch für ungebundene und hydraulisch gebundene Schichten einschließlich Betondecken, nunmehr folgende Maßnahmen festgelegt. Schwerpunkte bei Asphalt sind insbesondere:

  • Verwendung von Haftmitteln in allen Schichten,
  • Erhöhung des Verdichtungsgrades auf 98 %,
  • Absenkung des Hohlraumgehaltes bei Deckschichten,
  • Einschränkung der Bindemittel-Toleranzen,
  • Maßnahmen bei ungünstigen Witterungsbedingungen.

Wenn man sich das Netz der Bundesautobahnen in Thüringen betrachtet, so ergibt sich beim derzeitigen Ausbaustand der BAB A 4, A 9, A 38, A 71, A 73, sei es nun 4-streifig oder 6-streifig ca. 408 km (Neubau- oder Grunderneuerung), davon 218 km (53 %) in Betonbauweise und 190 km (47 %) in Asphalt. Auf Bundesfern- und Landesstraßen liegt dieses Verhältnis bei mehr als 95 % für Asphalt. Für hochbelastete Straßen ist die Betonbauweise derzeit im Bezug auf Lebensdauer und Standfestigkeit zu favorisieren.

Die Probleme der Asphaltbauweise liegen derzeit in der Haltbarkeit und Resistenz gegen Verformungen, Probleme des Mischgutes sowie Zusammensetzung und Rezeptierung.

Die Liegedauer und Nutzungszeiten entsprechend den RPE werden nicht erreicht. Daher müssen die Erhaltungszyklen verkürzt werden; dementsprechend kommt es zu Verteuerungen des geplanten Nutzungszeitraums. Ziel muss es daher sein, neue hochstandfeste Straßenkonstruktionen zu schaffen, die die Lebenszyklen optimal sichern können und einen hohen Qualitätsstandard sichert. Inwiefern die neue TL Asphalt-StB und ZTV Asphalt-StB einen Beitrag hierzu leisten kann, bleibt abzuwarten.

Aufgrund der Untersuchungen kann zusammenfassend festgestellt werden, dass Bauweisen mit Gussasphalt wieder verstärkt mit verbesserten Rezepturen (Lärmproblematik) zum Einsatz kommen sollten. Ferner ist ein konsequenter Einsatz von Zusätzen und Bindemitteln zur Nutzung von Niedrigtemperaturasphalt anzustreben; generell sind damit hohe Standfestigkeiten und längere Nutzungszeiten erreichbar.

Splittmastixasphalte sollten in ihrer Rezeptierung optimiert werden, damit prognostizierte Nutzungszeiträume auch erreicht werden.

Ein Comeback der Asphaltbetone sollte in Erwägung gezogen werden, da durch höhere Dichtigkeit als SMA und eine Optimierung der Zusammensetzung unter Verwendung von speziellen Bitumina, eventuell in Kombination mit Kompaktasphalt als dünnere Deckschicht, längere Nutzungszeiten erreichbar sind, mit heutigem Standard sind auch die Forderungen der Griffigkeit beherrschbar.

Der Einsatz von offenporigen Asphalten und auch in zweilagiger Ausführung sollte im Bezug auf Herstellung, Unterhaltung und Schadenssanierung neu überdacht und bewertet werden.

Die Qualitätsforderungen und Standards müssen konsequent umgesetzt werden (Dichtigkeit, Griffigkeit, Hohlraumgehalt, Zusätze, Bitumenqualität).

4 Aktuelle und zukünftige Herausforderungen der Straßenbauverwaltung

Die Verkehrsmengen werden auch zukünftig weiter wachsen, da die Bedeutung von Mobilität im Stellenwert der Gesellschaft und als Voraussetzung für wirtschaftliche Prozesse weiter zunehmen wird. Bis zum Jahr 2025 ermitteln alle seriösen mittel- bis langfristigen Prognosen eine weiterhin starke Zunahme der Verkehrsleistung auf der Straße. Für den motorisierten Individualverkehr ist ein Zuwachs von 16 % und im Straßengüterverkehr sogar eine Zunahme von 71 % zu erwarten.

Im Masterplan Güterverkehr und Logistik der Bundesregierung wird zudem die Bedeutung des Logistiksektors in Deutschland und Europa expliziert hervorgehoben.

Mit einem Jahresumsatz von 189 Mrd. € und mehr als 2,6 Mio. unmittelbar in diesem Bereich Beschäftigten ist der Logistiksektor der sich mit der stärksten Dynamik entwickelnde Arbeitsmarkt in Deutschland.

Diese Prognosen belegen die Dringlichkeit zum weiteren Ausbau und zur weiteren Komplettierung des Fernstraßennetzes. Ergänzend hierzu ist eine optimale Nutzung von Verkehrswegen durch eine Erhöhung der Effizienz des Verkehrs mittels Ausbau von Verkehrslenkungs- und Managementsystemen auf stark frequentierten Autobahnen herbeizuführen.

Der Finanzbedarf wird daher auch zukünftig nicht weniger und auch die Mautfinanzierung und die ÖPP-Projekte kann nur in Teilbereichen Finanzierungslücken schließen.

Die Pkw-Maut wird daher wohl mittel- bis langfristig in der Bundesrepublik kein Tabuthema bleiben. In unseren europäischen Nachbarländern wird dieser Paradigmenwechsel von der Steuerfinanzierung zur Nutzerfinanzierung bereits vorbereitet.

So soll in den Niederlanden bis spätestens 2016 eine streckenabhängige Straßenbenutzungsgebühr, zunächst ab dem Jahr 2011 lediglich für Lkw, ab 2012 schrittweise auch für Pkw eingeführt werden.

Gegenwärtig werden auch verschiedene Modelle zur Neuordnung der Aufgabenverteilung in der Straßenbauverwaltung zwischen Bund und Ländern diskutiert. Die Vorschläge reichen von einer eigenen Bundeszuständigkeit für Autobahnen, wie sie der Bundesrechnungshof im Zusammenhang mit einer Entflechtung der Bundesauftragsverwaltung ins Spiel gebracht hatte, bis zu Vorschlägen zur Abstufung von Bundesstraßen bei zurückgegangener Verkehrsbedeutung.

So stand im Rahmen der Föderalismuskommission II die Auftragsverwaltung aber auch die Abstufung von 20 000 km Bundesstraßen mit nicht mehr bestehender Fernverkehrsfunktion auf der Tagesordnung. Im Rahmen der Beratung zur FöKo II haben aber fast alle Ländervertreter einer Änderung des Grundgesetzes eine klare Absage erteilt, da sich die Bundesauftragsverwaltung über Jahrzehnte bewährt habe.

Die Umstufung von Bundesstraßen ist allerdings noch nicht vom Tisch und wird von Seiten des Bundes weiterverfolgt. In diesem Zusammenhang weisen alle Bundesländer jedoch daraufhin, dass eine Übernahme von Bundesstraßen als Landesstraßen nur bei einer entsprechenden Finanzausstattung in Betracht kommen kann.

Mit den gewandelten Herausforderungen zum Klimaschutz und einem sparsamen Energieverbrauch muss auch die Verteilung des Personen- und Güterverkehrs zwischen Schiene und Straße neu überdacht werden.

Ferner besteht zunehmend verstärkt Handlungsbedarf im Lärmschutz, weil Aktionspläne im Rahmen der Umgebungslärmgesetzgebung vermehrte Anstrengungen erforderlich machen.

Durch die verstärkte Ökologisierung und Europäisierung des Verkehrswegebaus hat sich der Umfang und die Dauer der Planungsverfahren weiter erhöht. Insbesondere auch bei speziellen artenschutzrechtlichen Prüfungen bei Brückenersatzneubauten.

Zur Bewältigung der gegenwärtigen und zukünftigen Herausforderungen werden auch gut ausgebildete Ingenieure gebraucht. Hierzu leisten die Bauhaus-Universität Weimar sowie die Thüringer Fachhochschulen einen wichtigen Beitrag. Die Ingenieurbüros, die Baufirmen und die Bauverwaltung brauchen engagierte und qualifizierte Nachwuchskräfte und daher müssen alle gemeinsam daran interessiert sein, jungen Menschen die Bedeutung und Attraktivität des Ingenieurberufs als Zukunftschance zu verdeutlichen.

5 Konjunkturimpulspaketmaßnahmen

Die Bundes- und Landesregierung hat in den letzten Wochen verschiedene Maßnahmen zur Überwindung der Konjunkturschwäche ergriffen, um Arbeitsplätze zu sichern und die Wachstumskräfte zu stärken, um somit insgesamt den Standort Deutschland zu modernisieren.

So stehen in Addition der herkömmlichen Haushaltsansätze, der Mautmehreinnahmen sowie der Konjunkturpakete I und II allein für das Jahr 2009 ein Investitionsvolumen von 12,1 Mrd. € für die Verkehrsinfrastruktur zur Verfügung. Hiervon entfallen ca. 1 Mrd. € auf den Straßenbau. Die ausgewählten Projekte gewährleisten zügige Baubeginne, so dass sie recht kurzfristig Konjunktur- und Beschäftigungsimpulse freisetzen und gesamtwirtschaftlich sinnvoll sind. Für die Verkehrsinfrastruktur sind diese Investitionen auch dringend erforderlich, denn sie ist die Lebensader der deutschen Volkswirtschaft. 1 Mrd. € Investitionen schaffen und sichern zudem bis zu 25 000 Arbeitsplätze in Deutschland, so wissenschaftliche Untersuchungen.

Für den Freistaat Thüringen bedeutet dies nun konkret Folgendes:

Im Rahmen des Konjunkturpaketes I gibt es eine Finanzierungszusage des Bundes für die

  • B 93 OU Gößnitz und Löhmigen,
  • B 19 OU Waldfisch,
  • B19 OU Wernshausen/Niederschmalkalden,
  • B 88 Bücheloh-Gehren
  • B 243 / A 38 Großwechsungen
  • sowie die A 71 von Sömmerda-Ost bis prov. AS B 85

mit einem Gesamtvolumen von ca. 135 €.

Im Rahmen des Konjunkturpaketes II sind weitere 12,4 Mio. € für den Bau einer weiteren OU und zusätzliche 12,6 Mio. € für Bundeserhaltungsmaßnahmen vorgesehen.

Die Landesregierung hat auch zur Konjunkturbelegung bereits in 2008 ein Investitionsprogramm für die Erhaltung der Landesstraßen von 2009 bis 2013 in Höhe von 50 Mio. € aufgelegt. Dies ist eine jährliche Aufstockung um 14 Mio. €. Damit wird mittelfristig eine Substanzverbesserung der Landesstraßen sowie der Brücken und Stützwände erreicht werden können.

6 Fertigstellung des Thüringer Autobahnnetzes

Gegenwärtig wird im Rahmen der Verlegung der A 4 aus dem Leutratal bei Jena mit Hochdruck der Jagdbergtunnel bei Jena gebaut. Mit dem Tunneldurchschlag ist gegen Ende des 3. Quartals zu rechnen. Auch die Großbaustelle bei Jena-Lobeda auf der A 4 mit der Saaletalbrücke und der Einhausung wird gegen Ende des 3. Quartals fertiggestellt.

Geplant sind noch der Umbau des Hermsdorfer Kreuzes und der Neubau des Abschnittes zwischen den Anschlussstellen Triptis und Schleiz auf der A 9.

Darüber hinaus wird zum Ende des Jahres die Südharzautobahn, die A 38, durchgängig befahrbar sein. Auch an der A 71 zwischen Sömmerda-Ost und der Anbindung an die A 38 bei Sangerhausen wird ebenfalls zügig weitergearbeitet. Bis voraussichtlich Ende 2012 soll auch dieser Abschnitt fertiggestellt sein.

Dann hat sich das Thüringer Autobahnnetz, das 1990 ca. 250 km umfasste, auf etwa 523 km mehr als verdoppelt. Ohne pathetisch werden zu wollen, ist dies eine Bilanz, auf die man stolz sein kann und es ist letztlich eine Erfolgsgeschichte im Ausbau der Verkehrsinfrastruktur in Deutschland. Hierfür kann man allen Beteiligten im Bund und im Freistaat Thüringen sowie der DEGES nur danken.

Aufgrund seiner Mittellage in Deutschland und Europa sind diese Verkehrsadern als Lebensadern für die weitere gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung des Freistaates von nachhaltiger Bedeutung.