FGSV-Nr. FGSV 002/98
Ort Köln
Datum 19.10.2011
Titel Anwendung des neuen OKSTRA-Schemas "Schwerlast" für die fachliche Prüfung von Großraum- und Schwerlasttransporten
Autoren Dipl.-Inf. Heiko Hüter, BDir. Dipl.-Ing. Wolfgang Macheleidt
Kategorien OKSTRA
Einleitung

Wolfgang Macheleidt ist im Landesbetrieb Straßenwesen Brandenburg, Vorstandsbereich Bau und Betrieb, als Fachbereichsleiter für das Erhaltungsmanagement tätig. Die systematisierte Erhaltungsplanung (Pavement-Management-System und Bauwerk-Management-System) umfasst die Bundesfern- und Landesstraßen und schließt Erhaltungsbedarfsprognosen und monetäre Bewertungen der Anlagenteile ein. Zu den Aufgaben des FB zählen außerdem die Zustandserfassung an den Fahrbahnbefestigungen (ZEB), die Bauwerksprüfung nach DIN 1076 und die brückentechnische Bearbeitung von Großraum- und Schwertransporten. Herr Macheleidt ist Leiter der Bund/Länder-Fachgruppen BMS und VEMAGS-Statik, in denen die OKSTRA-Schnittstellen nach der Aufgabenstellung der Dienstbesprechung „IT-Koordinierung im Straßenwesen“ zu realisieren waren. 

Heiko Hüter arbeitet seit über 10 Jahren bei der Firma NOVASIB und beschäftigt sich mit Themen rund um die Straßeninformationsbank. Aktuell arbeitet er als Projektleiter für Themen im Bereich offener, serviceorientierter Architekturen. Diese waren eine wesentliche Grundlage der neu geschaffenen Version TT-SIB 5. Fachliche Standards wie der OKSTRA sind hier von großer Bedeutung. 

Die Anzahl der über die Straße transportierten Güter wächst stetig. Davon ist auch der Teil der genehmigungspflichtigen Großraum- und Schwerlasttransporte betroffen. Überschreitet ein Transport die gesetzlichen Bestimmungen bzgl. Abmessungen, Achslasten oder Gesamtgewichten ist er entsprechend § 29 Abs. 3 der Straßenverkehrsordnung genehmigungspflichtig. Der Antrag erfolgt entsprechend den Richtlinien zum Antrags- und Genehmigungsverfahren für die Durchführung von Großraum- und Schwertransporten (RGST 1992) und muss bei der zuständigen Genehmigungsbehörde eingereicht werden. Diese holt dann die Zustimmungen der anzuhörenden Stellen (Straßenbaubehörden, Gemeinden, Polizei, …) des eigenen Bundeslandes ein. Führt ein Transport durch weitere Bundesländer, müssen auch die Erlaubnisbehörden anderer Bundesländer angefragt werden. Die Verteilung erfolgt hierbei über das VEMAGS Verfahrensmodul.

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Volltext

Der Fachvortrag zur Veranstaltung ist im Volltext verfügbar. Das PDF enthält alle Bilder und Formeln.

Innerhalb der anzuhörenden Stellen erfolgt die fachliche Prüfung des Antrags. Hier wird der geplante Transport z.B. entsprechend der Tragfähigkeit der überfahrenen Ingenieurbauwerke (Brücken, Stützwände), dem verfügbaren Lichtraumprofil, geplanter Baumaßnahmen oder Verkehrsraumeinschränkungen bewertet. Im Ergebnis wird der Transport entweder abgelehnt oder es wird eine Zustimmung erteilt. Die Zustimmung kann unter bestimmten Auflagen erfolgen (z.B. Geschwindigkeitsbeschränkungen an einzelnen Brücken, vorgeschriebene Fahrspuren, …). Nur wenn alle beteiligten Stellen eine Zustimmung erteilen, wird der Antrag genehmigt.

Zur Bewältigung der jährlich wachsenden Zahl von Anträgen sind für die fachliche Prüfung automatisierte Systeme im Einsatz. Ein solches System ist NOVALAST. Es verknüpft die Daten der innerhalb den Straßenbauverwaltungen der Länder im Einsatz befindlichen Datenbanken (Straßeninformationsbank, SIB Bauwerke, SPERRINFOSYS oder andere Baustelleninformationssysteme). NOVALAST ermittelt automatisch die streckenbezogenen Ingenieurbauwerke und führt eine Lichtraumprofilprüfung durch. Die Durchfahrtshöhen können hierbei Fahrstreifenweise oder nur nach der minimalen Durchfahrtshöhe geprüft werden.

Zusätzlich werden die Daten aus der SIB Bauwerke ausgelesen und an einen Statikrechenkern übertragen. Ein solcher Rechenkern ist VEMAGS Statik.

Einleitung

VEMAGS Statik wird als Webdienst bereitgestellt. Die Schnittstelle basiert auf dem OKSTRA. Zur Übertragung der Bauwerksdaten wird das Schema Bauwerke verwendet. Dieses stellt die notwendigen Fachobjekte zum standardisierten Austausch der Informationen zu den Brücken und Stützbauwerken bereit. Die für die Statik relevanten baulichen Eigenschaften (z.B. Tragfähigkeit, Baustoff, Informationen zu den einzelnen Stützsegmenten) können übertragen werden. Darüberhinausgehende Informationen wurden im neuen Schema Schwertransport in den OKSTRA 1.015 eingeführt. Der Vortrag zeigt den praktischen Einsatz des OKSTRA für den Datenaustausch zwischen NOVALAST und VEMAGS Statik.

Das Genehmigungsverfahren für Großraum- und Schwertransporte erfordert im Rahmen der Anhörung des Straßenbaulastträgers Tragfähigkeitsprüfungen und Höhenkontrollen an allen auf der beantragten Strecke befindlichen Brücken. Die statischen Nachrechnungen für das Befahren der Schwerlasttransporte erfolgen in den Bundesländern derzeit mit sehr unterschiedlichen und zum Teil nicht mehr zeitgerechten Softwareprodukten. Das bisherige Verfahren ist angesichts erheblich gestiegener Transportanträge und des veränderten Verkehrsgeschehens an seine Grenzen gestoßen.

Mit dem internetbasierten „Verfahrensmanagement Großraum- und Schwertransporte“ (VEMAGS) wurde ein aus mehreren Komponenten bestehendes Antrags- und Bearbeitungssystem konzipiert, das auf modernen und sicheren Kommunikationstechnologien beruht. Das VEMAGS-Verfahrens- Modul wurde als bundesweit einheitliche Schaltzentrale ohne Medienbrüche auf den Weg gebracht, mit dem Ziel, die Genehmigungszeiten zu verkürzen und die Transparenz zu erhöhen. Als Bund/Länder-Projekt wurde der Rechenkern VEMAGS-Statik entwickelt. Die an das Verkehrsgeschehen angepassten Lastannahmen und genauere, auf die Bauwerksart und das statische System bezogene Berechnungsverfahren sollen helfen, Schäden an der wertvollen Bausubstanz zu vermeiden und den Erhaltungsbedarf zu vermindern.

Die für die brückentechnische Prüfung erforderlichen Fahrzeug- und Streckendaten werden im VEMAGS-Verfahrens-Modul mit dem Transportantrag an die zuständigen Länder verteilt und über eine XML-Schnittstelle (Xvemags) an die dort für das Anhörverfahren zur Verfügung stehenden IT- Systeme übergeben. 

NOVALAST® und VEMAGS-Statik – keine Brücke ohne Strecke

Im laufenden Betrieb (150 – 180 Anträge/Tag) sind für die brückentechnische Anhörung leistungsfähige und automatisierte Verfahren erforderlich. Die manuelle Erfassung und Auswertung der Ein- und Ausgangsdaten wird den Anforderungen aus dem Tagesgeschäft nicht gerecht. Zur Ablösung bisher genutzter automatisierter und halbautomatisierter Einzellösungen für die Erstellung der Straßennetzgrundlage setzt Brandenburg gemeinsam mit anderen Bundesländern die GIS-Anwendung NOVALAST® ein.

NOVALAST® stellt dabei ein zusätzliches und zurzeit unverzichtbares Werkzeug in der VEMAGS-Umgebung dar. Die NOVALAST-Routenplanung greift direkt auf die unter Oracle geführte Straßeninformationsbank (TT-SIB und SIB-Bauwerke) zu, integriert den künftigen Rechenkern VEMAGS-Statik und stellt eine komfortable fahrstreifenweise Höhenkontrolle zur Verfügung. Die Branchensoftware NOVALAST® ermittelt die Fahrstrecke und die Bauwerksliste als Voraussetzung für die Tragfähigkeitsprüfung, die Höhenkontrolle, die Auflagenliste und die statistische Auswertung. Bis zur Fertigstellung von VEMAGS-Statik wurde NOVALAST® mit einer vorhandenen, an das neue Regelwerk angepasste Fortranlösung (SUSTRA-LAST) eingesetzt. 

Fahrstrecke und Bauwerksliste mit NOVALAST®

Während die Transportnummer und die Fahrzeugdaten über die Schnittstelle direkt in die Eingabemaske eingehen, muss NOVALAST® die vom Spediteur in der gegenwärtigen VEMAGS- Ausbaustufe noch verbal beschriebene Route (z.B.: B 5 von A-Dorf nach B-Dorf) in das Netzknotenstationierungssystem übersetzen. Der Anwender stellt die Fahrstrecke über die im Erfassungsfenster für alle Straßen des klassifizierten Netzes angebotenen Abschnittsfolgetabellen (Netzknoten, Abschnitt, Netzknotenname) der Straßeninformationsbank zusammen, in dem er den betroffenen Teil einer Straße durch Start- und Endpunkt markiert und gleichzeitig in die Fahrstreckentabelle und die grafische Oberfläche aufnimmt. Er wiederholt das Verfahren für die in den jeweiligen Endpunkten (Netzknoten) anschließenden Straßen, bis die gesamte beantragte Strecke vollständig erfasst und in der Karte dargestellt ist. Mit ähnlicher Systematik bietet NOVALAST® auch den umgekehrten Weg an, bei dem die Teilstrecken der Route mit interaktiven Zoom- und Verschiebefunktionen in der grafischen Oberfläche ausgewählt und in die Streckentabelle übertragen werden. Ist die Fahrstrecke mit allen Netzknoten- und Stationierungsdaten aufgelistet, fügt NOVALAST® die in der Objektklasse Bauwerke gefundenen Bauwerksnummern hinzu und hat damit alle auf der beantragten Route befindlichen Teilbauwerke selektiert. Anschließend werden die für die Tragfähigkeitsprüfung und Höhenkontrolle relevanten Bauwerksdaten aus SIB-Bauwerke zugefügt. 

Das Rechenzentrum VEMAGS-Statik

Die Fahrzeugdaten, die Bauwerksart, Geometriedaten, das statische System und die für die Ermittlung der Lastbilder notwendigen Angaben zur Anzahl der Fahrstreifen in und gegen Stationierungsrichtung werden von NOVALAST® aus der Bauwerksliste über die Schnittstelle (OKSTRA Web-Service) an den Rechenkern übergeben. In den Lastbildern für den gleichzeitigen, uneingeschränkten Verkehr, für Fahrten mit WVZ-Anlage und LKW-Überholverbot sowie für die Alleinfahrt bis hin zum Schritttempo wird ein dritter Fahrstreifen berücksichtigt. Zur Abbildung des heutigen Verkehrsgeschehens steht nach dem Regelwerk des Bundesverkehrsministeriums (ARS 14/2003) für die auflagenfreie Fahrt nach StVZO eine 440 kN Fahrzeugkombination (FzK) neben den Schwertransport. Bei einteiligen Überbauten mit Gegenverkehr im dritten Fahrstreifen ist eine weitere 440 kN FzK mit auf 70 % reduzierten Lastanteil vorgesehen. VEMAGS-Statik ist modular aufgebaut und rechnet mit realen Stützweiten. Während die bislang verwendeten Statikprogramme bei allen Bauwerken Schnittgrößenvergleiche am Biegeträger durchführen, unterscheidet VEMAGS-Statik nach den verschiedenen Bauwerksarten der ASB-ING (z.B.: Platten, Plattenbalken, Stabbogen, Rahmen) und hält entsprechende Rechenalgorithmen bereit. VEMAGS-Statik nutzt die in SIB-Bauwerke erfassten statischen Systeme in Längs- und Querrichtung bzw. die Anzahl der Stege bei Plattenbalken und Trägerrosten und ermittelt danach die Schnittgrößen am Einfeld- oder Durchlaufsystem bzw. setzt die zugehörigen Querverteilungsfaktoren für den Plattenbalken.

Die statische Prüfung besteht aus einem Vergleich der Schnittgrößen aus den der jeweiligen Brückenklasse zugeordneten Verkehrsbelastungen mit den Schnittgrößen der zugehörigen Lastbilder des Schwertransportes. Der Vergleich erfolgt nacheinander für alle Lastbilder. Ist die Ungleichung bei einem Lastbild erfüllt, setzt VEMAGS-Statik die erforderliche Fahrauflage (z.B Fahrt mit WVZ-Anlage) hinzu. Bleiben die Schnittgrößen aus dem Schwertransport bei allen Lastbildern über denen aus der DIN-Belastung, wird ein Fahrverbot ausgesprochen. Nach Abschluss des Rechenlaufs gibt VEMAGS-Statik die ermittelten Fahrauflagen über den Web- Service an NOVALAST® zurück. NOVALAST® übernimmt die Fahrauflagen mit einer farblichen Kennzeichnung in die Bauwerksliste, indem es die Datensätze bei Fahrverboten rot und bei Auflagen gelb unterlegt. Alle anderen Bauwerke können uneingeschränkt befahren werden. 

Der OKSTRA® als Schnittstelle zwischen NOVALAST® und VEMAGS-Statik

Für die Anbindung von VEMAGS Statik sind drei OKSTRA Schemata relevant. Zum einen müssen die Informationen zu den überfahrenen Brücken und Stützwänden übertragen werden. Diese Daten sind im OKSTRA Schema 007: Bauwerke modelliert. Ein Bauwerk setzt sich hier aus verschiedenen Teilbauwerken zusammen. So ist es z.B. i.A. so, dass sich eine Brücke auf einer zweibahnigen Straße / BAB aus mind. zwei Teilbauwerken zusammensetzt (jeweils ein Teilbauwerk je Richtungsfahrbahn). Je nach Fahrtrichtung des zu genehmigenden Schwerlasttransportes transformiert NOVALAST die Daten für die jeweils relevanten Teilbauwerke aus der internen Datenhaltung der TT-SIB und SIB Bauwerke in den OKSTRA 1.015.

Des Weiteren sind für die statische Bewertung eines Transportes die Antragsdaten zum geplanten Fahrzeug notwendig. Für die Angabe u.a. der Länge, Breite und des Gesamtgewichtes des Transportes definiert das Schema 033: Schwertransport die gleichnamige Entität. Diese kapselt gleichzeitig die weiteren notwendigen Angaben für die Statische Berechnung (z.B. den Ausgabeumfang, die Liste der überfahrenen Teilbauwerke oder die Nummer des Antrags). Für die Angaben zu den Achsen (Achsabstände und –gewichte) wird auf die bereits vorhandene Modellierung im Schema 012: dynamische Verkehrsdaten zurückgegriffen. Insgesamt ergibt sich die Modellierung aus Abbildung 1.

Abbildung 1: Entität Schwertransport im OKSTRA 1.015

Im Ergebnis der Statischen Bewertung durch den Rechenkern erhält NOVALAST ein VEMAGS_Berechnungsergebnis als OKSTRA XML Datei. Dieses ist ebenfalls im Schema Schwertransport modelliert. Zu jedem Teilbauwerk wird das jeweils zuletzt gerechnete Lastbild zurückgegeben. Gleichzeitig werden abhängig vom verlangten Ausgabeumfang Informationen zu den verglichenen Schnittgrößen zurückgegeben. Diese enthalten jeweils die Schnittgrößen laut DIN und die Schnittgrößen für den Schwertransport. Die konkreten Schnittgrößen hängen dabei von der Art des Teilbauwerkes ab. NOVALAST liest die übergebene OKSTRA XML Datei ein und wertet das Ergebnis aus. Abhängig von der Fahrstreifensituation und dem zuletzt gerechneten Lastbild werden die definierten Auflagen der RGST vergeben. Diese werden dann für die Anlage 3 (Fahrstreckenbezogenen Fahrauflagen) an das VEMAGS Verfahrensmodul zurückgegeben.

Abbildung 2 zeigt den Datenfluss zwischen NOVALAST und VEMAGS Statik.

Abbildung 2: Datenfluss NOVALAST / VEMAGS Statik