FGSV-Nr. FGSV 001/20
Ort Berlin
Datum 13.10.2004
Titel Neue Verfahren der Baulichen Erhaltung von Betonstraßen
Autoren Dipl.-Ing. Ralf Alte-Teigeler, Univ.-Prof. Dr.-Ing. habil. Michael Schmidt
Kategorien Kongress
Einleitung

Die Lebensdauer und die Oberflächeneigenschaften von Betonfahrbahndecken können durch neue, wirtschaftliche und dauerhafte Erhaltungsverfahren verbessert werden. Hierzu gehören der schnelle Ersatz geschädigter Platten innerhalb nur weniger Stunden mit speziellen Schnellbetonen sowie die Verbesserung des Tragverhaltens gerissener Platten durch die Injektion von Epoxydharz oder Zementleim mit dem Niedrigdruckverfahren. Die Griffigkeit und die Ebenheit können wesentlich erhöht und die Geräuschentwicklung kann nachhaltig verringert werden, wenn die Oberfläche mit Diamantscheiben gezielt abgefräst und dabei aufgeraut wird („Grinding“) oder wenn sie mit einem hartstoffhaltigen Epoxydharzsystem beschichtet wird. Damit stehen nunmehr für alle erforderlichen Erhaltungsmaßnahmen an Betonfahrbahnen geeignete und erprobte Verfahren zur Verfügung.

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1 Einleitung

In den letzten Jahren wurden für Betonfahrbahnen verschiedene neue Erhaltungsverfahren entwickelt. Substanziell geschädigte Platten können mit Schnellbeton praktisch „unter Verkehr“ innerhalb nur weniger Stunden ersetzt werden. Die unvermeidliche Verkehrsbehinderung wird dadurch auf ein Minimum begrenzt.

Risse über Dübeln und Ankern können die Betonplatten schwächen und zu Schäden führen. Sie können durch Niederdruckinjektionen mit Epoxydharz vollständig und kraftschlüssig verschlossen werden, so dass praktisch die volle Tragfähigkeit wieder hergestellt wird. Umfangreiche, vom Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen und von der Industrie finanzierte Untersuchungen an der Universität Kassel haben die Wirksamkeit beider Maßnahmen bestätigt.

Die Rauheit und die Griffigkeit von Straßenbelägen nehmen im Laufe der Zeit durch den starken Verkehr ab. Inzwischen ist es möglich, die Oberfläche von Betondecken mit speziellen Großgeräten so aufzurauen, dass die Griffigkeit für längere Zeit wieder allen Anforderungen genügt („Grinding“). Gleichzeitig kann erforderlichenfalls die Ebenheit verbessert werden. Entwässert die Oberfläche nicht ausreichend, können Rillen eingefräst werden, in denen das Wasser ablaufen kann. Dieses sog. „Grooving“ wird häufig auf Flugplätzen angewendet. Eine weitere, inzwischen ebenfalls sehr dauerhafte Maßnahme zur Verbesserung der Griffigkeit und der Geräuschemission sind Epoxydharzbeschichtungen, die mit Hartstoffen bestimmter Körnung abgestreut werden.

Der Beitrag informiert über die Ergebnisse praxisnaher wissenschaftlicher Untersuchungen zur Wirksamkeit und Dauerhaftigkeit der Rissinjektion und der Verwendung von Schnellbeton sowie über praktische Erfahrungen mit der Oberflächenbehandlung von Betonoberflächen auf Straßen und Flugplätzen.

2  Ersatz von Fahrbahnplatten mit Schnellbeton

Betonfahrbahnen ermüden wie alle dynamisch hoch beanspruchten Bauteile im Laufe der Zeit. Gegen Ende ihrer geplanten Lebensdauer treten in aller Regel zunächst in einzelnen Platten des am höchsten belasteten Fahrstreifens ermüdungsbedingte Risse auf, die zu einer schnellen Abnahme der Tragfähigkeit und des Fahrkomforts führen. Andere Bereiche sind dagegen oft noch für längere Zeit ungeschädigt. Bis heute werden solche Einzelplatten häufig provisorisch mit Asphalt saniert. Insbesondere bei Bauweisen ohne Verbund zwischen Betondecke und Tragschicht beschleunigt dies die Zerstörung der Decke eher noch.

Eine „traditionelle“ Maßnahme ist die Instandsetzung mit Frühhochfestem Fließbeton. Sie hat allerdings den Nachteil, dass trotz der im Vergleich zu Normalbeton schnelleren Erhärtung noch immer vergleichsweise lange Sperrzeiten erforderlich sind, bis der Beton ausreichend fest ist und für den Verkehr freigegeben werden kann.

In den letzten Jahren wurden deshalb sehr schnell erhärtende sog. „Schnellbetone“ entwickel [1, 2]. Zusammen mit einer speziellen Verfahrenstechnik ist es möglich ist, eine oder mehrere geschädigte Platten innerhalb von nur noch ca. 6 bis 8 Stunden auszubauen, zu ersetzen und wieder für den Verkehr freizugeben. Grundlage des Schnellbetons sind Trockenmischungen mit speziellen Portlandzementen, die von verschiedenen Herstellern geliefert werden. Sie werden vor Ort in mobilen Mischeinrichtungen mit der groben Gesteinskörnung und mit Wasser gemischt. Nachdem der Altbeton ausgebaut und in die benachbarten Platten neue Dübel und Anker eingebohrt und eingeklebt wurden, wird der sehr leicht verarbeitbare, nahezu fließfähige Beton eingebracht, mit Rüttelflaschen verdichtet, an der Oberseite mit einer leichten Vibrationsbohle geglättet und bis zur Verkehrsfreigabe feucht abgedeckt (Bild 1).

Bild 1: Einbringen von Schnellbeton auf der BAB A 7

Im Rahmen eines vom BMVBW und der Industrie finanzierten Forschungsvorhabens wurden die Tragfähigkeit und die Dauerhaftigkeit eines solchen Betons und der damit sanierten Betonplatten von der Universität Kassel untersucht [3, 4]. Im Labor wurden u. a. die Verarbeitbarkeit und die Festigkeitsentwicklung des Betons bei Herstell- und Lagerungstemperaturen von 3 bis 5, bei 20 und bei 30°C, der Frost-Tausalz-Widerstand nach 12 Stunden und nach 28 Tagen sowie das Ermüdungsverhalten bei dynamischer Verkehrsbelastung an unterschiedlich alten Biegebalken und an Fahrbahnplatten geprüft. Auf der hoch belasteten BAB A 7 bei Hannover wurden mit Unterstützung des Niedersächsischen Landesverwaltungsamtes im Winter und im Frühjahr 2002 bei Umgebungstemperaturen von ca. 7 bis 9 °C sowie im Sommer bei ca. 19°C mehrere Fahrbahnplatten ersetzt. Deren Verhalten wird seither beobachtet.

Bei allen Temperaturen war der Beton in den ersten 30 bis 40 min nach dem Mischen sehr weich (Konsistenzklasse F 4) bis fließfähig (F 5), d. h. er war leicht zu verarbeiten und zu glätten. Das Bild 2 zeigt die Veränderung des Ausbreitmaßes bei 20°C.

Bild 2: Konsistenzänderung des Schnellbetons [2]

Das Bild 3 gibt den Anstieg der Druckfestigkeit innerhalb der ersten 48 Stunden wieder, gemessen an 150 mm-Würfeln im Labor. Die bei 20 oder 30°C hergestellten und gelagerten Prüfkörper erreichten bereits nach ca. 4 Stunden eine Druckfestigkeit von 15 N/mm2, nach ca. 8 Stunden von 20 N/mm2. Bei 3°C erhärteten die kleinen Prüfkörper dagegen wesentlich langsamer. Bei den Praxisversuchen war dieser Unterschied dagegen nicht mehr festzustellen. Unabhängig von der Umgebungstemperatur stieg die Betontemperatur in den massiven Platten durch die freigesetzte Hydratationswärme auf ca. 30°C an. Die Erhärtung wurde dadurch beschleunigt. Mit dem Schmidthammer wurde die Zieldruckfestigkeit von 20 N/mm2 auch bei niedrigen Umgebungstemperaturen von 8°C bereits nach max. 6 Stunden gemessen.

Für die Verkehrsfreigabe ist die Druckfestigkeit lediglich ein indirektes Maß. Damit die gerade ersetzten Platten durch den Verkehr nicht geschädigt werden, muss die Biegezugfestigkeit des Betons größer sein als die verkehrsinduzierten Biegezugspannungen zusammen mit eventuellen Wölbspannungen durch Temperaturgradienten innerhalb der Platte. Die Verkehrslastspannungen wiederum hängen von der Tragfähigkeit der Tragschicht unter der Betonplatte und davon ab, ob beide anfänglich einen festen Verbund eingehen. Berechnungen nach Eisenmann/Westergaard ergaben, dass bei 22 bis 26 cm dicken Deckenplatten auf einer HGT oder einer Verfestigung nach ZTV T-StB eine Biegzugfestigkeit von mindestens ca. 2 N/mm2, auf einer ungebundenen Tragschicht oder auf einer HGT mit einem Geotextil von mindestens 3 N/mm2 erforderlich ist. Dabei ist bereits berücksichtigt, dass die Biegezugfestigkeit innerhalb der ersten 24 Stunden schnell weiter ansteigt und danach bereits die Festigkeit von üblichem Straßenbeton erreicht.

Bild 3: Druckfestigkeitsentwicklung [4]

Das Bild 4 zeigt das an Biegebalken (150 · 150 · 700 mm3) und an 150 mm-Würfeln festgestellte Verhältnis zwischen Druck- und Biegezugfestigkeit in Abhängigkeit von der Beton- und Lagerungstemperatur. Es wird deutlich, dass die Biegezugfestigkeit während der anfänglichen Erhärtung schneller ansteigt als die Druckfestigkeit. Bei allen untersuchten Einbau- und Lagerungsbedingungen wurden die o.a. Mindestwerte spätestens nach 8 Stunden erreicht. Aus den Berechnungen und den im Bild 5 gezeigten Verhältniswerten ergeben sich zum einen die in der Tabelle 1 angegebenen Mindestwerte für die Druck- und Biegezugfestigkeit des Schnellbetons in der Erstprüfung. Zum anderen beruht darauf auch die mit dem Schmidthammer an den eingebauten Platten nachzuweisende Druckfestigkeit, die erreicht sein muss, damit sie für den Verkehr freigegeben werden können.

Bild 4: Verhältnis zwischen Druck- und Biegezugfestigkeit des Schnellbetons

Das Trag- und Verbundverhalten des Schnellbetons bei dynamischer Verkehrsbeanspruchung wurde im Labor an Biegebalken und im Aufspannfeld an realitätsnahen Platten auf einer HGT mit und ohne zusätzlicher Temperaturbeanspruchung geprüft. Das Bild 5 zeigt den Versuchsaufbau der Plattenversuche. Sowohl die Balken als auch Platten bestanden jeweils zur Hälfte aus einem üblichen Straßenbeton („Altbeton“) und aus einem daran nachträglich anbetonierten Schnellbeton. Die Balken und die Platten waren in der Anschlussfläche verdübelt. Der Schnellbeton wurde bei den Platten einmal direkt auf volle Höhe an den Altbeton anbetoniert und einmal wurde eine Scheinfuge ausgebildet. Zusätzlich wurden Balken nur aus Schnellbeton geprüft. Mit der einer 50 kN-Radlast (Oberlast) entsprechenden Beanspruchung wurde einmal nach 12 Stunden und einmal nach 28 Tagen begonnen.

Bild 5: Versuchsaufbau mit Altbeton (links) und Reparaturbeton (rechts), Belastungsstempel neben der Betonierfuge und Messwertaufnehmer

Das Bild 6 zeigt als Beispiel die Verformungen, die an unterschiedlichen Stellen des Plattenteils aus Schnellbeton gemessen wurden. An der hinteren freien Plattenecke befand sich Messstelle 1; Messstelle 2 war in der Mitte der Schnellbetonplatte, die übrigen an verschiedenen Stellen unmittelbar neben der Scheinfuge. Die anfänglich starke Verformung ist eine Folge des Temperaturgradienten, der während der anfänglich schnellen Hydratation innerhalb der Platte entsteht (Bild 7). Sobald er abgeklungen war und die Platte wieder vollflächig auflag, blieben die Einsenkungen bis zum Erreichen von 1 Mio. Lastwechseln konstant, d. h. das Tragverhalten der Platte veränderte sich nicht mehr. Sowohl bei den Platten mit als auch ohne Scheinfuge blieb auch der Verbund zum Altbeton erhalten.

Bild 6: Verformung einer Platte mit Scheinfuge; 1,0 Mio. Lastwechsel

Bild 7: Temperaturverlauf in der Reparaturbetonplatte

Der Frost- und der Frost-Tausalzwiderstand wurden mit dem CIF- bzw. dem CDF-Verfahren nach Setzer geprüft, und zwar auch an Proben, die zu Prüfbeginn erst 12 Stunden alt waren. Das Ergebnis zeigt das Bild 8. Die Abwitterungen bei Tausalzangriff lagen mit ca. 270 g/m2 weit unter dem sonst für 28 Tage alten LP-Beton geltenden Richtwert von 1 500 g/m2. Die Abwitterung der 28 Tage vorgelagerten Proben ging weiter auf nur noch ca. 130 g/m2 zurück.

Bild 8: Abwitterung beim CDF-Versuch mit 3%-iger Tausalzlösung, Probenalter bei Prüfbeginn 12 h

Zusammenfassend kann aus den umfangreichen Untersuchungen gefolgert werden, dass geschädigte Betonfahrbahnplatten mit Schnellbeton innerhalb von nur ca. 6 bis 8 Stunden ersetzt werden können. Um dies zu erreichen, muss der Beton die in der Tabelle 1 zusammengestellten Anforderungen hinsichtlich seiner Zusammensetzung, seiner Verarbeitbarkeit und seiner Festigkeitsentwicklung erfüllen. Sie sind im Rahmen einer Erstprüfung nachzuweisen. Fertige Platten können für den Verkehr freigegeben werden, sobald der Beton bei Platten auf HGT eine Druckfestigkeit von mindestens 15 N/mm2, bei Platten auf ungebundener Tragschicht oder auf Geotextil von 20 N/mm2 erreicht hat.

Tabelle 1: Anforderungen an Schnellbeton in der Erstprüfung und Zeitpunkt der Verkehrsfreigabe

3 Kraftschlüssiges Verpressen von Rissen

Unter bestimmten Voraussetzungen wurden bei der Herstellung von Betondecken Risse oder Hohlräume über eingerüttelten Dübeln oder Ankern festgestellt. Sie schwächen die betroffenen Platten im hoch beanspruchten Fugenbereich. Ohne eine vorbeugende Sanierung verlängern sie sich in den Rollspuren in die Platten hinein oder der Beton bricht zwischen den Dübeln heraus. Zudem sind die Dübel und die Anker u. U. auf volle Länge der eindringenden Tausalzlösung ausgesetzt. Das Bild 9 zeigt solche Risse in der BAB A 1 nördlich von Hamburg. Dabei können drei Typen unterschieden werden: Senkrechte, meist wenig geöffnete Risse, die vom Dübel/Anker bis zur Oberseite verlaufen, Risse mit örtlichen Aufweitungen und Risse mit einem flachen Hohlraum unmittelbar über dem Dübel oder dem Anker (Bild 10).

Bild 9: Risse und Hohlräume über Dübeln (BAB A 1)

Bild 10: Arten von Rissen und Hohlräumen über Dübeln und Ankern

In einem von der Bauchemischen Industrie finanzierten Forschungsvorhaben wurde die Wirksamkeit eines neuartigen Verfahrens zum kraftschlüssigen Verpressen solcher Risse an der Universität Kassel untersucht [5]. Bei diesem so genannten „Niedrigdruckverfahren“ werden Injektionslösungen auf Zement-, Epoxyd- oder Polyurethanharzbasis mit den im Bild 11 gezeigten Injektionspumpen mit niedrigem Druck von nur ca. 0,5 bar injiziert. Die in den Rissen oder Hohlräumen befindliche Luft oder Feuchtigkeit kann dadurch langsam und vollständig erweichen. Bei Injektionen an Scheinfugen wird zuvor die Fuge mit einem elastisch verformbaren Dämmschaum abgedichtet, so dass das Injektionsgut nicht in den Fugenspalt eindringt.

Bild 11: Injektion der Risse mit Niedrigdruckinjektoren (links); Vollständige Verpressung mit Epoxydharz mit festem Verbund zum Beton (rechts)

Der erreichbare Verfüllgrad und die mögliche Tragfähigkeitssteigerung wurden im Labor an dynamisch belasteten Biegebalken geprüft. Bereits beim Betonieren wurden in die Balken die drei im Bild 10 dargestellten Schwächungen künstlich eingebracht. Die Risse wurden oberflächlich verdämmt und danach injiziert (Bild 11).

Bei der Injektion mit einem niedrig viskosen Epoxydharz wurden die Risse und Hohlräume vollständig verfüllt, wie die REM-Aufnahme im Bild 11 (rechts) beweist. Der Feinstzementleim drang zwar auch in die feinen Risse ein, er schrumpfte jedoch während des Erhärtens. Dabei entstanden wiederum sehr feine Risse zwischen dem Beton und dem Injektionsgut.

Als Beispiel für die mechanische Wirksamkeit der Injektionsmaßnahmen ist im Bild 12 die Durchbiegung in der Mitte verdübelter Biegebalken dargestellt, die unmittelbar über dem Dübel einen etwa 1 bis 2 mm hohen Hohlraum aufwiesen, entsprechend Typ 3 im Bild 10. Sie wurden bei 4-Punkt-Lagerung statisch belastet. Der Vergleich der Kurvenverläufe zeigt, dass durch die Injektion von Epoxydharz die aufnehmbare statische Last um ca. 50 % größer wurde. Auch den übrigen Fällen nach Bild 10 wurde die Lastaufnahme ähnlich verbessert.

Bild 12: Verbesserung der Tragfähigkeit eines gerissenen Biegebalkens mit einem Hohlraum über dem Dübel durch Injektion von Epoxydharz oder Feinstzement

Bei dynamischen 4-Punkt-Biegezugversuchen zeigte sich die Wirkung z. T. noch deutlicher. Die 150 mm hohen, 700 mm langen, in der Mitte verdübelten Balken wurden 1 Mio. Lastwechseln ausgesetzt. Die Biegezugbeanspruchung an der Balkenunterseite entsprach derjenigen, die ein mit 50 kN belastetes Einzelrad an der Unterseite einer 22 cm dicken Betonfahrbahnplatte hervorruft. Das Bild 13 zeigt die in der Mitte ungeschädigter Balken gemessene Durchbiegung im Vergleich zu Balken mit einem bis zur Oberseite durchgehenden Riss über dem Dübel, der nicht oder unterschiedlich injiziert wurde.

Bild 13: Tragfähigkeit injizierter und nicht injizierter Biegebalken mit Riss und Hohlraum über dem Dübel bei Schwellbeanspruchung entsprechend einer Radlast von 50 kN

Alle Balken rissen an der Unterseite bei einer Oberlast von ca. 3 kN, entsprechend einer Biegezugspannung von ca. 5 N/mm2. Dies entsprach der Biegezugfestigkeit des Betons. Je nach Zustand und Verpressgut resultierten daraus sehr unterschiedliche Anfangsverformungen von anfänglich nur ca. 1,3 mm bei den nicht oder mit verformungsweichem Polyurethanharz verpressten Balken oder nur ca. 0,7 mm nach der Injektion von Epoxydharz. Während sich die Anfangsverformung bei den injizierten Balken im weiteren Belastungsverlauf insgesamt nur wenig veränderte, musste der Versuch bei dem nicht injizierten Balken nach ca. 700 000 Lastwiederholungen beendet werden, weil die Durchsenkung progressiv zunahm und den Messwertbereich der Aufnehmer überschritt. Bei den übrigen Schädigungstypen nach Bild 10 war der Einfluss der Injektionen ähnlich ausgeprägt. Am wirksamsten war sie wiederum bei den Balken mit einem Hohlraum unmittelbar über dem Dübel.

Aus den Untersuchungen ist zu folgern, dass die Tragfähigkeit von Betonfahrbahnplatten, die herstellbedingt oder durch frühe Zwangsspannungen Risse und/oder Hohlräume über Dübeln und Ankern aufweisen, nahezu vollständig wiederhergestellt werden kann, wenn sie mit einem geeigneten niedrigviskosen Epoxydharz verpresst werden. Dazu bietet sich das sog. „Niedrigdruckverfahren“ an, weil damit sowohl feine Risse als auch größere Hohlräume praktisch vollständig verfüllt werden. Zudem erfordert es keinen größeren apparativen Aufwand und ist sehr flexibel anwendbar. Größere Fahrbahnsperrungen sind nicht erforderlich, der Verkehr wird entsprechend wenig behindert. Verschiedene praktische Anwendungen auf Autobahnen haben die Untersuchungsergebnisse inzwischen bestätigt.

4 Verbesserung der Ebenheit, der Griffigkeit und der Entwässerung

4.1 Allgemeines

Die Fahrbahnoberfläche ist wie die Haut des Menschen ein multifunktionelles Organ: einerseits ist sie Teil des tragenden Systems und wird durch die Fahrzeuge dynamisch auf Druck, Zug und Biegezug beansprucht. Hinzu kommt der unmittelbare chemisch-physikalische Angriff durch Frost und Tausalz. Und sie ist zusammen mit ihren Kontaktpartnern, den Fahrzeugreifen für den Fahrkomfort, die Geräuschentwicklung und vor allem für die Verkehrssicherheit verantwortlich. Dabei unterliegt sie einem ständigen, wenn auch geringen Verschleiß. Bei Betonfahrbahnen bedeutet dies, dass sich die anfänglich vorhandene Oberflächenstruktur und damit auch die Griffigkeit im Laufe der Zeit mehr oder weniger stark verändert.

Die wesentlichen messbaren Kriterien für die Verkehrssicherheit sind die Griffigkeit und für den Fahrkomfort die Ebenheit. Bei neuen Betondecken wird die ausreichend hohe Griffigkeit im Wesentlichen durch die Zusammensetzung, die Festigkeit und die künstlich eingeprägte Oberflächenstruktur des wenige Millimeter dicken feinkörnigen Oberflächenmörtels erreicht, der sich beim Fertigungsprozess an der Oberfläche anreichert [6]. Summarischer Kennwert für die Struktur ist die Rauigkeit. Die so genannte Mikrorauigkeit der Mörtelschicht wird z. B. verbessert, wenn kantiger, oberflächenrauer gebrochener Sand verwendet wird. Die Makrorauheit hängt von der eingeprägten Oberflächenstruktur und – insbesondere, wenn der Oberflächenmörtel abgefahren ist – vom Grobkorn des Betons ab.

Der Oberflächenmörtel wird durch die verschleißende Beanspruchung der Reifen im Laufe der Zeit „geglättet“, d. h. die wirksame Rauigkeit der anfänglich eingeprägten Struktur nimmt ab [7]. Wie schnell dies stattfindet, hängt von der Verkehrsbeanspruchung, vor allem aber von der Festigkeit des Oberflächenmörtels ab. Hierzu werden derzeit umfangreiche Untersuchungen durchgeführt [8]. Zur Bewertung der Griffigkeit wurden vor einiger Zeit sog. Ziel-, Warn- und Schwellenwerte eingeführt [9], die sich auf Messungen mit dem SCRIM-Gerät beziehen. Wenn der sogenannte Warnwert von 0,39, spätestens aber wenn der Schwellenwert von 0,32 erreicht wird, muss die Griffigkeit durch geeignete Maßnahmen verbessert werden.

4.2 „Grinding“ und „Grooving“

Eine Maßnahme ist das so genannte „Grinding“. Dabei wird die Oberfläche sehr gezielt abgetragen und dabei aufgeraut. Der Abtrag erfolgt mit den im Bild 14 dargestellten diamantbesetzten Scheiben, die mit geringem Abstand auf einer rotierenden Welle angebracht sind. Die Welle ist ca. 1,20 m breit. Der gegenseitige Abstand der Scheiben beträgt beim „Grinding“ ca. 2 mm, beim „Grooving“ mehrere Zentimeter. Die Welle wird über die Oberfläche geführt, wobei die Abtragstiefe elektronisch so gesteuert wird, dass der Oberflächenmörtel gleichmäßig bis zum Kernbeton abgetragen wird, d. h. bis das Grobkorn sichtbar wird. Das Bild 15 zeigt die so entstehende Oberflächenstruktur. Sie kann durch Veränderung des gegenseitigen Abstandes der Scheiben variiert werden, je nachdem ob in erster Linie die Griffigkeit erhöht, die Geräuschemission verringert oder die Entwässerung verbessert werden sollen.

Bild 14: Fräswelle mit Diamantscheiben (rechts) zum „Grinding“ und „Grooving“ von Fahrbahnoberflächen

Bild 15: Aufgeraute Betonoberflächen nach dem „Grinding“

Das Bild 16 zeigt die Ergebnisse von Griffigkeitsmessungen mit dem SCRIM-Verfahren an einem Betondeckenabschnitt der BAB A 24 in Brandenburg [10] Der Warnwert von 0,39 wurde dort in weiten Bereichen der Lkw-Spur unterschritten. Nach der Oberflächenbehandlung wurde ein Werte von 0,69 gemessen, der über dem Abnahmewert für neue Fahrbahndecken lag. Er war auch bei einer Wiederholungsmessung nach mehr als einem Jahr praktisch noch unverändert.

Bild 16: Verbesserung der Griffigkeit durch „Grinding“, gemessen in µ-SCRIM (BAB A 24) [10]

Das Verfahren kann auch angewendet werden, um die Ebenheit zu verbessern (Bild 17) oder um die Geräuschemissionen zu verringern, die z. B. beim Befahren alter, ausgemörtelter Betonfahrbahndecken oder bei nicht sachgerecht hergestellten Deckenfeldern mit ungünstig strukturierter Oberfläche entstehen, wie z. B. bei so genannten Regenfeldern. Von der BASt wurden z. B. in den Jahren 1999 und 2000 auf der BAB A 93 mit unterschiedlichen Verfahren die Griffigkeit und die Geräuschemission verschiedener Grindingoberflächen gemessen. Dabei war die Geräuschemission in einem Regenfeld nach der Oberflächenbearbeitung mit einer Scheibenbreite von 3,2 mm und einem Scheibenabstand von 1,6 mm um nahezu 7 dB(A) niedriger als zuvor. Im Regelfall kann von einer Geräuschminderung um i. M. 2 dB(A) gegenüber einer Jutetuchstruktur ausgegangen werden.

Bild 17: Verbesserung der Ebenheit auf einem 27 km langen Abschnitt der E 20 bei Stockholm durch „Grinding“. Messwerte nach AFU 96 der Swedish National Road Administration. Obere Kurve vor, untere nach der Behandlung [10]

Mit den gleichen Geräten können auch ca. 5 mm tiefe Rillen mit größeren Stegbreiten von ca. 25 bis 50 mm in die Betonoberfläche gefräst werden, in denen das Oberflächenwasser ungehindert abfließen kann. Aquaplaning wird durch dieses so genannte „Grooving“ verhindert. Die Maßnahme wird häufig auf Flugplätzen mit ihren in der Regel sehr großen Betondeckenfeldern angewendet (Bild 18).

Bild 18: Grooving einer Flugplatzfläche zur Verbesserung der Entwässerung

4.3 Beschichtungen

Die Griffigkeit und die Geräuschemission von Fahrbahnbelägen können auch mit speziellen Epoxydharzbeschichtungen verbessert werden. In das maschinell aufgebrachte, noch frische Epoxydharz werden Hartstoffe eingestreut, wie z. B. calcinierter Bauxit und Granit. Ihre Korngröße von 1 bis 4 mm, die Kornverteilung und die Menge sind so abgestimmt, dass die Griffigkeit wesentlich erhöht wird und gleichzeitig die Geräuschemission gegenüber alten, mit dem Besenstrich in Querrichtung aufgerauten Betondecken um ca. 2 dB(a) oder mehr verringert wird. Das Bild 19 zeigt das Aufbringen des Epoxydharzes und den Hartstoff. In der Tabelle 2 sind die Ergebnisse von Messungen zusammengestellt, die das Autobahnamt Krefeld im Jahr 2001 an einem Abschnitt der BAB A 40 bei Venlo mit unterschiedlich strukturierten Betonoberflächen hat durchführen lassen [11, 12].

Bild 19: Aufbringen des Epoxydharzes und Einstreuen des Hartstoffes

Tabelle 2: Ergebnisse von Griffigkeits- und Geräuschmessungen an Abschnitten mit und ohne „Grip-Belag“ auf der BAB A 40 bei Venlo [11, 12]

Wichtig für die dauerhafte Haftung solcher Beschichtungen ist neben einer sorgfältigen Vorbehandlung der Betonoberfläche, dass sie einerseits so dicht sind, dass sie das Eindringen von Wasser in die Betonoberfläche verhindern. Andererseits müssen sie aber so diffusionsoffen sein, dass Feuchtigkeit aus dem Betoninneren möglichst ungehindert verdunsten kann. Die älteste Strecke mit einer solchen Oberflächenbehandlung liegt seit fast 15 Jahren unter Verkehr.

5 Zusammenfassung

Neue, wirtschaftliche und inzwischen umfassend erprobte Verfahren für die Bauliche Instandsetzung von Betonfahrbahnen ermöglichen es, die Nutzungsdauer von Betondecken zu verlängern und die Oberflächeneigenschaften hinsichtlich Befahrbarkeit, Griffigkeit, Ebenheit, Entwässerung und Geräuschemission auch nach längerer Liegezeit unter Verkehr auf den Stand neuer Fahrbahndecken oder darüber hinaus zu verbessern.

Mit Schnellbeton ist es möglich, einzelne oder mehrere zusammenhängende Fahrbahnplatten innerhalb von nur ca. 6 bis 8 Stunden „unter Verkehr“ dauerhaft zu ersetzen. Die unvermeidliche Verkehrsbehinderung bleibt dadurch gering. Risse über Dübeln und Ankern, die die Tragfähigkeit der Betondecke im Fugenbereich schwächen und dadurch die Lebensdauer verkürzen, können durch die Injektion von Epoxydharz oder Zementleim vollständig und tragfähig verfüllt werden. Die Griffigkeit älterer Betonfahrbahnen kann durch gezieltes Aufrauen mit Diamantscheiben („Grinding“) oder durch spezielle Epoxydharzbeschichtungen auf anforderungsgerechte Werte oder darüber hinaus erhöht werden. Gleichzeitig ist es möglich, die Geräuschemission um 2 dB(A) oder mehr zu verringern. Und Aquaplaning kann vermieden werden, indem Entwässerungsrillen eingeschnitten werden. Das in den ZTV BEB-StB [13] enthaltene Erhaltungs- und Instandsetzungskonzept für Betondecken deckt damit praktisch den gesamten in der Praxis auftretenden Erhaltungsbedarf ab.

Literaturverzeichnis

  1. Felten, V.; Schmidt, M.; Alte-Teigeler, R.: Repair of Concrete Pavements using High Performance Concrete, Proc. Betonstraßen-Tagung, Lissabon 1998
  2. Schmidt, M.: Rapid repair of concrete pavements under traffic. Proc. 20th World Road Congress, Montreal 1995
  3. Teichmann, T.; Schmidt, M. (2003): Instandsetzung von Betondecken unter Verkehr mit Schnellbeton, Vortrag Betonstraßentagung 2003, Kurzfassung in: Schriftenreihe der Arbeitsgruppe Betonstraßen, H. 26, Bonn 2004
  4. Forschungsvorhaben FA 8.167: Untersuchung der Eigenschaften und der Dauerhaftigkeit von Instandsetzungsmaßnahmen mit schnell erhärtendem Beton (Schnellbeton) für die Instandsetzung von Betonfahrbahnen „unter Verkehr“, Universität Kassel, Schlussbericht 2004 (unveröffentlicht)
  5. Verfüllen von Rissen und Hohlräumen über Dübeln und Ankern in Betonfahrbahnen, Forschungsvorhaben der Firma MC-Bauchemie, Universität Kassel, Schlussbericht September 2004 (unveröffentlicht)
  6. Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen: Merkblatt für die Herstellung von Oberflächentexturen auf Fahrbahndecken aus Beton, Köln 2000
  7. Franke, H.-J. (2003): Griffigkeit von Fahrbahndecken aus Beton, in: Betonstraßentagung 2003, Schriftenreihe der Arbeitsgruppe Betonstraßen, H. 26, Bonn 2004
  8. Forschungsvorhaben FA 8.170: Beständigkeit unterschiedlicher Texturgeometrien von Straßenoberflächen unter Berücksichtigung der Betonzusammensetzung, TU München/ Universität Kassel (in Bearbeitung)
  9. ARS Nr. 24/2003: Technische Prüfvorschriften für Griffigkeitsmessungen im Straßenbau; Teil: Messverfahren SCRIM (TP Griff-StB (SCRIM)) Ausgabe 2001, mit Änderungen, Ergänzungen, BMVBW, 7.7.2003
  10. Alte-Teigeler, R. (2004): Grinding und Grooving zur Verbesserung der Griffigkeit, Ebenheit und der Geräuschemissionen von Betonfahrbahndecken, Teil 1. Manuskript (unveröffentlicht)
  11. Schalltechnische Untersuchungen an verschiedenen Fahrbahnbelägen auf der A 40 zwischen Duisburg und Venlo, RWTÜV Fahrzeug GmbH, Würselen, Dezember 2001
  12. Griffigkeitsmessungen mit SCRIM auf der BAB A 40 im Amtsbereich (des LB Straßenbau Nordrhein-Westfalen) NL Krefeld, SCRIM Nordrhein GmbH, Duisburg, Ergebnismitteilung 20011202, August 2001
  13. Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen: Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen und Richtlinien für die Bauliche Erhaltung von Verkehrsflächen – Betonbauweisen (ZTV BEB-StB 02), Köln 2002