FGSV-Nr. FGSV 001/21
Ort Karlsruhe
Datum 11.10.2006
Titel Systematische Bewertung des Anlagevermögens von Straßen vor dem Hintergrund des NKF
Autoren Dipl.-Ing. Nicolas Grosch
Kategorien Kongress
Einleitung

Bei knapper werdenden Ressourcen zur Erhaltung der Straßen bietet die kostenorientierte Betrachtungsweise des Neuen Kommunalen Finanzmanagements (NKF) eine Chance für den Straßenbaulastträger zur Identifikation von Optimierungsmöglichkeiten der Mittelverwendung. Voraussetzung ist eine eng verzahnte und systematisierte Kommunikation zwischen den kaufmännischen und fachtechnischen Verantwortlichen. Die Landeshauptstadt Düsseldorf verfolgt in diesem Zusammenhang den Aufbau eines kommunalen Erhaltungs-Management-Systems (EMS-K), das in einem anschließenden Schritt in ein umfassendes Pavement-Management System der Kommune (PMS-K) einfließen soll. Zielaussagen des Systems in Verbindung mit dem NKF sind zum einen die Ermittlung des Ressourcenbedarfs zur Erhaltung eines definierten Qualitätsniveaus. Zum Zweiten werden die durchgeführten Erhaltungsmaßnahmen und Unterhaltungsaktivitäten unter Kosten-Nutzen-Aspekten beurteilt. Beides steuert letztendlich die Strategie zur Vermögensentwicklung der Anlage „Straße“.

 

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1  Einleitung

Im Bereich der Straßenunter- und -erhaltung sind in den letzten Jahren zwei gegenläufige Trends zu beobachten. Während die zu unterhaltenden Straßennetzlängen bzw. -flächen stetig zugenommen haben und die Verkehrsbelastung, und hierbei insbesondere der für die Beanspruchung des Straßenaufbaues relevante Schwerverkehr stetig steigt, werden die zur Erhaltung des Straßennetzes zur Verfügung gestellten Ressourcen gekürzt bzw. bleiben bestenfalls nominal auf gleichem Niveau (Bild 1).

Dies führt jedoch unweigerlich zu einer Qualitätsverschlechterung im Netz. Um dem entgegenzuwirken, sind die noch vorhandenen Mittel bestmöglich einzusetzen. Die Anwendung des Neuen Kommunalen Finanzmanagements (NKF) auf die kommunale Straßeninfrastruktur versetzt den Straßenbaulastträger in die Lage, gezielt kosten- und nutzenorientierte Erkenntnisse im Hinblick auf die tatsächliche Wirksamkeit der durchgeführten Maßnahmen mit den jeweils eingesetzten Mitteln auf die Lebensdauer der Straße zu gewinnen. Dieser kann dann mit Hinblick auf den Werterhalt des Straßenvermögens entsprechend gesamtwirtschaftlich optimiert entscheiden und arbeiten.

Voraussetzung bildet die Ableitung und Dokumentation geeigneter Produkte und Kennzahlen. Für die praxisorientierte Anwendung müssen diese Produkte und Kennzahlen sich auf praktikable und nachvollziehbare Größen beziehen. Im Straßenraum bieten sich hierzu die Straßenabschnitte des Netzes an. Sie stellen eine jederzeit auch vor Ort überprüfbare Größe dar und erlauben die notwendige Zuordnung von Bau- sowie Unterhaltungsmaßnahmen in einem aufwandsgerechten Verhältnis. Letztlich lässt sich in relativ einfacher Form die Kernfrage beantworten, was die Straße bzw. der einzelne Straßenabschnitt an Kosten verursacht (hat) und welche (Zustands)Qualität den Nutzern dafür geliefert wurde (wird).

Startpunkt für das NKF ist die vollständige Erfassung des derzeitigen Vermögens in der Eröffnungsbilanz. Ab dem Zeitpunkt der Ersterfassung sind sämtliche vermögensrelevanten Zu- und Abgänge konsequent zu berücksichtigen. Dabei ist zwischen vermögenswirksamen Vorgängen (Abschreibung, vermögenswirksame Baumaßnahmen) und Aufwand (Unterhaltung, Instandsetzungs- sowie sonstige Baumaßnahmen) zu differenzieren.

Bild 1: Vergleich der Entwicklung der Finanzmittel zur Unterhaltung mit der Entwicklung der Fahrleistung im Straßennetz der LH Düsseldorf

Die systematische Erfassung und Bereitstellung aller diesbezüglichen Informationen bzw. Daten erfolgen durch die technischen Abteilungen. Diese sind daher verantwortlich für die Erstellung von entsprechenden Erfassungs- und Bewertungstools sowie -richtlinien. Die Integration der Datensammlung und -bereitstellung in die vorhandenen Arbeitsprozesse sichert dabei eine wirtschaftliche Handhabung.

Die in der Landeshauptstadt Düsseldorf geplante Methodik zur praxisorientierten Abwicklung dieser systematischen Datenbereitstellung und -bewertung wird im Folgenden näher erläutert.

2  Ausgangssituation

Die Fläche des Straßennetzes der LH Düsseldorf beträgt bei einer Gesamtlänge von 1.250 km ca. 18,7 Mio. m². Zur Bewertung des Vermögens, das das kommunale Straßennetz darstellt, sind die Wertansätze nach [1] „auf der Grundlage von vorsichtig geschätzten Zeitwerten durch geeignete Verfahren vorzunehmen“. Aufgrund der seinerzeit verfügbaren Daten sowie unter Berücksichtigung der erforderlichen Praktikabilität hat die LH Düsseldorf den Ansatz über die Wiederbeschaffungskosten gewählt. Als Datengrundlagen standen ein digitales Netzmodell, differenziert nach Straßenklassen, die Flächenangaben des Straßenraums innerhalb der Straßenbegrenzungslinien sowie die Bewertungsergebnisse einer messtechnischen Erfassungskampagne gemäß E EMI 2003 [2] im Hauptverkehrsstraßennetz zur Verfügung.

Die durchschnittliche betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer der Straßen wurde einheitlich auf 60 Jahre festgelegt, da die verschiedenen Bauweisen bei den Bauklassen dazu dienen, bei unterschiedlichen Belastungen eine gleiche Nutzungsdauer zu erzielen.

Eine durchschnittliche Restnutzungsdauer wurde anhand einer auf Basis der vorhandenen Unterlagen und Zustandsdaten ermittelten prozentualen Verteilung des Alters der Straßen gemäß Bild 2 festgelegt:

Über diese Eckwerte wurden die Flächen der Straßenklassen den einzelnen Restnutzungsdauern gleichermaßen zugeordnet, so dass sich zu jeder festgelegten Straßenklasse und unter Berücksichtigung der Restgröße „Sonstige Flächen“ 6 verschiedene Flächen mit Restnutzungsdauern ergeben (s. Tabelle 1). Zurzeit werden somit 36 Anlagegüter ausgewiesen.

Bild 2: Eckwerte der durchschnittlichen Restnutzungsdauer im Straßennetz der LH Düsseldorf

Die Wertermittlung erfolgte unter Zugrundelegung der durchschnittlichen Wiederherstellungskosten (WHK) auf der Basis der Einheitspreise des Mittelpreisspeichers für die Wiederherstellung des Oberbaues incl. Rinnenherstellung für die Bauklassen I, III, V und G/R jeweils gemäß den RStO 01.

Somit ergibt sich der Wiederbeschaffungszeitwert (WBZW) für die Eröffnungsbilanz folgendermaßen:

Formel siehe PDF

Die (vorläufigen) Vermögenswerte sind wie folgt:

Tabelle 1: Vorläufige Vermögenswerte der Eröffnungsbilanz zum Straßenvermögen, differenziert nach Straßenklassen

Dieses Vermögen ist den folgenden Einflüssen, bzw. Veränderungen unterworfen, die in geeigneter Form zu berücksichtigen und zu monetarisieren sind:

  • Alterung/Verschleiß
  • Baumaßnahmen zur Erhaltung
  • Baumaßnahmen zur Verkehrsverbesserung, Netzerweiterung
  • Baumaßnahmen Dritter (Kanalbau, ÖPNV-Betreiber, ...)
  • Aufgrabungen Dritter
  • Unterhaltungsaktivitäten zur Aufrechterhaltung der Verkehrssicherheit
  • Unterhaltungsaktivitäten zur Sicherstellung der geplanten Lebensdauer des Baukörpers „Straße“.

Unter Berücksichtigung der zahlreichen Einflussfaktoren (Alter, Schwerverkehr, Bauklasse, Oberflächenbelag, durchgeführte Erhaltungsmaßnahmen, ...) und angesichts der Netzausdehnung ist eine sehr große Datenvielfalt zu verwalten. Entsprechend hohe Investitionskosten sind bei der Datenerstbeschaffung und erst recht im Rahmen der Fortführung der Daten anzusetzen. Eine wirtschaftliche Vorgehensweise kann daher nur durch eine Mehrfachnutzung der Daten erzielt werden unter Vermeidung von Redundanzen. Dies bedingt wiederum die Erstellung eines EDV-technischen Gesamtkonzepts, in dem neben den Belangen der Straßenerhaltung die weiteren Kernaktivitäten des Straßenbaulastträgers integriert werden (können).

Folgende Kernaktivitäten sind in der LH Düsseldorf in erster Vordringlichkeit genannt worden:

  • betriebliche und bauliche Straßenunterhaltung
  • Erhaltungsplanung (Instandsetzungsprogramm, Erhaltungsstrategien)
  • Verkehrsplanung (Verkehrsmengenkarte, -prognose, Netzerweiterung)
  • Verkehrssteuerung (LZA-Koordinierung, Wegweisung)
  • Koordinierung mit Dritten (Aufgrabungen, Straßenraumnutzung, Bauprojekte).

Es ist dabei offensichtlich, dass der Straßenbaulastträger nur einen Teil der Aufgaben in eigener Zuständigkeit wahrnimmt. Im kommunalen Netz sind daneben die Aktivitäten zahlreicher weiterer Akteure zu berücksichtigen [3].

 

3  EDV-technisches Gesamtkonzept

Die Landeshauptstadt Düsseldorf verfolgt innerhalb eines derartigen EDV-technischen Gesamtkonzepts einen schrittweisen Aufbau. Bezogen auf die Straßenerhaltung wird in einem ersten Schritt der Aufbau eines auf die kommunalen Belange ausgerichteten Erhaltungs-Management-Systems (EMS-K) betrieben. Dieses soll anschließend in ein Pavement-Management-System (PMS-K) bzw. letztendlich in ein Infrastruktur-Management-System (IMS-K) überführt werden.

Die Management-Systeme sind in sich modular aufgebaut. Dieses erlaubt die höchstmögliche Flexibilität hinsichtlich der Integration der verschiedenen Aufgaben der Fachabteilungen. Ferner ermöglicht es eine sukzessive Umsetzung, wobei direkt Ergebnisse erzielt werden können, ohne dass das Gesamtkonzept realisiert sein muss. Grundvoraussetzung hierfür ist ein zentrales Element, das die Kommunikation der Daten zwischen den Modulen gewährleistet.

Für den Straßenbaulastträger bietet sich ein digitales Modell des Straßennetzes an.

3.1   Basisdaten Netzmodell, Flächenmodell

Vor dem Hintergrund der Vielfalt an Aufgabenstellungen der Fachabteilungen bedarf es bei der Definition des Detaillierungsgrads des datentechnischen Modells stets einer Abwägung zwischen dem Aufwand für die Erfassung/Pflege und dem Aufwand für die Erzeugung von Schnittstellen zwischen den unterschiedlichen Anforderungen der jeweiligen Aufgaben. Die Bandbreite reicht dabei von einem stilisierten Netzmodell für ein Verkehrserzeugungsmodell bis hin zu routenfähigen Netzen. In der LH Düsseldorf wird seit ca. 25 Jahren das Netzmodell in Form eines sogenannten Kanten-Knoten-Modells aufgebaut und gepflegt. Dabei wird ein Straßenabschnitt zwischen zwei Kreuzungen bzw. Einmündungen durch eine Kante abgebildet, die Kreuzungen/Einmündungen als Knoten (Bild 3).

Über diesen langen Zeitraum waren unterschiedliche Arten und Regelungen der Fortschreibung hinterlegt. Auf Basis der zwischenzeitlichen Erfahrungen genügt es, eine einfache Netzstruktur zu definieren, deren Abstrahierungsgrad im Wesentlichen so zu wählen ist, dass eine möglichst geringe Anzahl an Elementen eine klare Vor-Ort-Wiedererkennbarkeit gewährleistet. Das Straßennetz Düsseldorfs besteht unter Berücksichtigung dieser Prämisse derzeit bei 1.250 km und ca. 9.000 Straßenkreuzungen bzw. -einmündungen aus 17.750 Kanten und 13.400 Knoten.

Während das Netzmodell bei zahlreichen Fragestellungen gute Hilfestellung bietet, wird es gerade in Zusammenhang mit dem NKF, der Vermögensbewertung und der konsequenten und systematischen Verfolgung der Vermögensveränderungen offensichtlich, dass eine Aussage zur flächenhaften Dimension notwendig ist. In einfachen Ansätzen ist dies möglich durch Angabe von mittleren Breiten bzw. in leicht verbesserter Form anhand von repräsentativen Querschnitten, die den Straßenraum mit trapezförmigen Flächen stilisiert abbilden. Angesichts der Entwicklung der georeferenzierten Datenerfassung und der Notwendigkeit der Datenhistorisierung sind diese Arten der Erfassung, die vorwiegend aus Kostengründen gewählt wurden, nicht mehr zeitgemäß. Eine aktuelle Möglichkeit der Flächenerfassung kann durch Umwandlung von digital verfügbaren linienhaften Daten, wie sie üblicherweise derzeit im Katasterplan bzw. beim Vermessungsamt vorliegen, in Flächendaten erfolgen. Im Bild 4 ist ein beispielhaftes Ergebnis einer digitalen Umwandlung von Linieninformationen der städtischen Grundkarte in Flächendaten zu sehen.

Zur Flächenerfassung ist eine Erfassungsrichtlinie zu erstellen, in der u. a. neben der Definition der (Teil)Flächendifferenzierung (z. B. Fahrbahn, Gehweg, Begleitgrün, …) beispielsweise auch die Mindesterfassungsgröße und die Erfassungsgenauigkeit zu definieren sind. Die erfassten Teilflächen sind den Kanten des Netzmodells zuzuordnen. Bezüglich der Erfassung ist eine ähnliche Prämisse wie beim Netzmodell anzuwenden, nämlich die eindeutige Vor-Ort-Wiedererkennbarkeit der Situation, allerdings ist auch insbesondere dem Pflegeaufwand Beachtung zu schenken.

Bild 3: Darstellung eines Ausschnitts des Netzmodells der LH Düsseldorf

Bild 4: Darstellung von Flächendaten, erzeugt aus den linienhaften Elementen der Stadtgrundkarte

Das digitale Modell besteht somit aus einem linienhaften Netzmodell der Straßenabschnitte sowie einem flächenhaften Modell der Teilflächen. Sinnvollerweise sind beide miteinander verknüpft. Eine hierarchische Verlinkung zwischen dem Netzmodell (primäres Ordnungssystem) und dem Flächenmodell (sekundäres Ordnungssystem) bildet eine wesentliche Voraussetzung für eine praktikable Historisierbarkeit der Daten [4]. Diese ist wiederum die Voraussetzung für die erforderliche Betrachtung der Daten über die Zeitschiene hinweg, um u. a. Aussagen zur mittel- und langfristigen Effizienz der eingesetzten Mittel zu ermöglichen.

Die Zuordnung von den Teilflächen zu den Kanten hat den weiteren erheblichen Vorteil, dass sämtliche weiteren Daten, die auf die Flächen bezogen sind, z. B. Belagsart, Oberflächenzustand etc. stationiert werden können. Derart kann eine feinteiligere Untergliederung von den abschnittsbezogenen Teilflächen vermieden werden, was ansonsten zu nicht pflegbaren Datenmengen führen würde.

Grundsätzlich ist wiederum darauf hinzuweisen, dass die Festlegung der Verfahrensweisen und der Datenzuordnungen maßgeblich von den gewünschten Auswertungen bzw. Zielaussagen gesteuert werden sollte. Für das NKF bedeutet dies, dass das Produkt „Straße“ sich aus den Straßenabschnitten zusammensetzt, die sich aus den dargestellten Teilflächen als kleinste Einheit rekrutieren.

3.2   Konzept des Erhaltungs-Management-Systems

Auf Basis des Netz- und Flächenmodells sind die relevanten vermögenswirksamen und finanztechnischen Einflüsse zielorientiert zu erfassen und zu dokumentieren. Die Zielaussagen des Erhaltungs-Management-Systems in Zusammenarbeit mit dem NKF sind nach operativen und strategischen Zielen zu differenzieren.

Im operativen Bereich ist in erster Linie eine Prioritätenliste des Instandsetzungsbedarfs zu erzeugen. Die Priorisierung wird dabei auf der Basis des allgemeinen Zustands, weiterer kommunalspezifischer Faktoren sowie – falls möglich – unter Berücksichtigung der abschnittsspezifischen Unterhaltungskosten vorgenommen. Zu der Prioritätenliste ist der zur Instandsetzung erforderliche Finanzbedarf mit anzugeben. Zweitens ist die kosten-nutzen-orientierte Wirksamkeitsbeurteilung der durchgeführten Unterhaltungs- und Instandsetzungsaktivitäten vorzunehmen.

Auf strategischer Ebene ist der mittelfristige bzw. langfristige Ressourcenbedarf zu ermitteln. Dabei werden im Wesentlichen zwei Fragestellungen im Vordergrund stehen:

  • Entwicklung der Netzqualität bei vorgegebenem Budget
  • Budgetbedarf bei vorgegebener Netzqualität.

Bild 5: Bausteine des kommunalen Erhaltungs-Managements

Im Bild 5 sind die im Rahmen der Erhaltungsplanung zu berücksichtigenden Einflüsse der jeweiligen Erfassungstools sowie der Output dargestellt.

Es sind grundsätzlich drei Einflussbereiche zu berücksichtigen. Auf der einen Seite sind der Verschleiß und die natürliche Alterung vorhanden. Die Dokumentation erfolgt derzeit durch eine regelmäßige und systematische visuelle und/oder messtechnische Zustandserfassung und -bewertung.

Auf der anderen Seite wird zum einen die Unterhaltung eingesetzt mit den wesentlichen Zielen der Aufrechterhaltung der Verkehrssicherheit sowie der Verringerung von überdurchschnittlichem Verschleiß infolge Schädigungen. Zum zweiten wird die Straßeninstandsetzung sowie -erneuerung betrieben mit dem Ziel der Verlängerung der Lebensdauer bzw. der entsprechenden Erneuerung von Straßen(abschnitten).

Die rechtssichere Dokumentation der Aufrechterhaltung der Verkehrssicherheit und die Festlegung der erforderlichen Unterhaltungsarbeiten erfolgt mittels einer digitalen Straßenkontrolle. Hierbei werden vor Ort die Schäden, differenziert nach unterschiedlicher Handlungsnotwendigkeit, direkt digital in Handhelds erfasst und mittels Datenabgleich der zentralen Datenbank zugespielt (Bild 6). Dieses bildet die Voraussetzung für die abschnitts- und flächenscharfe Erfassung der mit der Reparatur entstehenden Kosten (Kosten-Leistungs-Rechnung, KLR-Bauhof). Letztlich bildet dieses die Basis für die Optimierung der Unterhaltungsarbeiten in den städtischen Bauhöfen einerseits und dient andererseits als eine Eingangsgröße in das Erhaltungs-Management-System zur Steuerung der notwendigen Baumaßnahmen. Die frühzeitige Einführung einer digitalen Straßenkontrolle sichert darüber hinaus die Qualität des Netz- und Flächenmodells durch die indirekte laufende Vor-Ort-Überprüfung.

Bild 6: Darstellung eines Handhelds mit dem digitalen Netzmodell der LH Düsseldorf zur Erfassung von Schäden im Straßenraum

Zur abgesicherten Beurteilung des Instandsetzungsbedarfs, der möglichen Baumaßnahmen zur Instandsetzung bzw. Erneuerung sowie des dazugehörigen Finanzbedarfs ist eine entsprechende Fachdatenbank aufzubauen und zu pflegen, die u. a. Aussagen über den vorhandenen Aufbau, über verwendete Materialien und über bereits durchgeführte Aktivitäten Auskunft geben kann. Der Aufbau einer derartigen Informationsquelle ist sehr kostenaufwändig. Eine Verknüpfung zu einem Aufgrabungsmanagement kann hier wertvolle Unterstützung bieten (s. Abschnitt 3.3).

Bei der Durchführung der Instandsetzungs- bzw. Erneuerungsmaßnahmen bietet das Modul Projektabwicklung Transparenz über alle Schritte von der Planungsphase mit ersten Kostenschätzungen über die Abnahme bis zum Ablauf der Gewährleistung und stellt u. a. die Basis für Qualitätsverbesserungen bei internen Abstimmungsprozessen dar.

Alle Basisdaten fließen in das eigentliche Modul des Erhaltungs-Management-Systems (EMS-K) zusammen, das darauf aufbauend die operativen und strategischen Zielaussagen erzeugt. Die Städte Ludwigshafen, Wiesbaden und Düsseldorf haben in gemeinsamer Abstimmung ein Konzept erarbeitet, das als Ausgangspunkt für die Entwicklung eines derartigen Moduls Verwendung finden kann. Hauptanliegen war dabei, die für eine Fachverwaltung notwendigen Zielaussagen zu definieren, sowie die erforderlichen Rechenalgorithmen in Verbindung mit den notwendigen Basisdaten zu identifizieren. Im Rahmen der geführten Diskussionen wurden zahlreiche offene Fragestellungen identifiziert. Es mussten daher etliche Annahmen auf der Basis von gemeinsamen Plausibilitätsüberlegungen getroffen werden. Es ist somit klar, dass die ersten Auswertungen noch von vielen Unsicherheiten geprägt sein werden. Ein wesentlicher Aspekt einer geeigneten Software ist aus diesem Grund die vollkommene Transparenz der Daten und hinterlegter Rechenvorgänge.

Der Output des System-Moduls versetzt dann den Straßenbaulastträger in die Lage, unter anderem folgende Kernaussagen zu treffen und Optimierungsprozesse einzuleiten:

Operativ:

  • Optimierte Maßnahmenwahl unter wirtschaftlichen und objektiven Kriterien
  • Frühzeitige Koordinierung der erforderlichen Erhaltungsmaßnahmen innerhalb des Fachamts zur rechtzeitigen Einleitung von notwendigen Planungen
  • Frühzeitige Koordinierung der erforderlichen Erhaltungsmaßnahmen mit Dritten innerhalb (Kanalbau, ...) und außerhalb der Fachverwaltung (Leitungsträger, ...) mit dem Ziel der gemeinsamen Abstimmung von optimierten Eingriffszeitpunkten
  • Zielorientierte Mittelbeantragung, gegebenenfalls mit Jahresmittel-Abflusskurve
  • Darstellung des Ressourcenverbrauchs, der Mittelverwendung sowie des Zielerreichungsgrads inklusive Vermögensveränderung.

Strategisch

  • Transparente Darstellung des mittel- und langfristigen Ressourcenbedarfs gegenüber den Entscheidungsträgern u. a. zur Zielerfüllung der intergenerativen Gerechtigkeit
  • objektivierte Darstellung der Auswirkungen von verschiedenen Erhaltungsstrategien hinsichtlich Mittelverwendung und der resultierenden Netzqualität.

3.3   Erweiterung auf Pavement-Management-System/Infrastruktur-Management-System

Innerhalb des Erhaltungs-Managements werden neben Verschleiß und Alterung die Vorgänge zur Erhaltung des Straßennetzes betrachtet, die in der Verantwortung und Steuerungsmöglichkeit des Straßenbaulastträgers liegen. Daneben sind weitere Bauaktivitäten zu berücksichtigen. Zum einen finden weiterhin Neubauaktivitäten, wenn auch im Vergleich zu den vergangenen Jahrzehnten in deutlich geringerem Umfang, statt. Des Weiteren werden im bestehenden Netz Veränderungen vorgenommen, die beispielsweise der Verbesserung des Verkehrsablaufs dienen und somit unabhängig vom Alter oder Zustand sind. Ferner ist zu beachten, dass im Gegensatz zu dem Außerortsbereich die Baumaßnahmen von Dritten im kommunalen Straßenraum eine signifikante Größenordnung einnehmen. Im Straßennetz von Düsseldorf finden jährlich ca. 10.000 Aufgrabungen statt.

Um eine umfassende systematische Straßenerhaltung zu betreiben sowie zur mittel- und langfristigen Beurteilung der Wirksamkeit von durchgeführten Erhaltungsmaßnahmen sind daher auch diese Aktivitäten insgesamt zu erfassen. Dies gilt gleichermaßen für die Implementierung eines generellen Auskunftssystems.

Die konsequente Weiterführung dieses Gedankengangs mündet in ein vollständiges Infrastruktur-Management. Im Bild 7 ist ein möglicher Aufbau eines Gesamtsystems aufgezeigt.

Innerhalb des PMS findet die Koordinierung der Erhaltungsmaßnahmen aus dem EMS mit den weiteren Baumaßnahmen des Straßenbaulastträgers sowie von Dritten im Straßennetz statt. Diese bildet die Basis für die Abstimmung mit den weiteren infrastrukturellen Komponenten wie Verkehrsleiteinrichtungen, Ingenieurbauwerke, Kanäle, etc.

Bild 7: Bausteine einer Infrastruktur sowie eines Pavement-Managements auf Basis des Erhaltungs-Management-Systems

 

4  Kommunikation zwischen EMS und NKF

Im Rahmen der systematischen Vermögensbewertung und Dokumentation der Zu- und Abgänge für das NKF sind die im Management-System erfassten Vorgänge wie folgt zwischen vermögenswirksamen und nicht vermögenswirksamen Vorgängen (Aufwand) zu differenzieren:

  • Alterung/Verschleiß -> Abschreibung
  • Vermögenssteigerung -> vermögenswirksame Baumaßnahmen
  • Aufwand -> Unterhaltung und nicht vermögenswirksame Baumaßnahmen.

Während demnach die Unterhaltungsaktivitäten eindeutig dem Aufwand zuzuordnen sind, ist eine Regelung zu finden, in der festgelegt ist, welche Baumaßnahme (Instandsetzung, Erneuerung, Verkehrsverbesserung) vermögenswirksam ist und welche lediglich unter Aufwand zu verbuchen ist.

Es kann hierbei in der Regel keine Kostengrenze beziffert werden oder beispielsweise eine Einschätzung der Verlängerung der Lebensdauer herangezogen werden. Daher wird in der LH Düsseldorf jeweils eine Einzelfallentscheidung getroffen. Als Leitgedanke wird dabei beurteilt, ob die mit der Maßnahme neu hergestellte Fläche aufgrund ihrer Dimension, Art und Lage so beschaffen ist, dass sie im Falle einer anstehenden Kompletterneuerung des Straßenabschnitts, in dem sie liegt, nicht mit erneuert würde. Dann stellt sie nämlich einen eigenständigen Wert bzw. Vermögensteil dar. Dieses soll an folgendem Beispiel erläutert werden:

Wird entlang einer alten demnächst erneuerungsbedürftigen Straße eine Zufahrt zur Erschließung eines neu bebauten Grundstücks hergestellt, so wird aller Voraussicht nach die Zufahrtssituation im Rahmen der ein paar Jahre später stattfindenden Erneuerung mit erneuert. Die Baumaßnahme stellt somit einen Aufwand dar. Würde die Zufahrtsituation aber ein Industriegelände erschließen und mit einer gesonderten Bauweise über eine Länge von z. B. 50 m die Zufahrtsmöglichkeit sicherstellen, so wird aller Voraussicht nach bei einer Erneuerung dieser Bereich nicht mit angefasst. Diese Baumaßnahme stellt somit einen Vermögensgewinn dar.

Die gemeinsame Darstellung der o. g. Kostenkomponenten ist ein wesentliches Ergebnis des NKF zur Unterstützung des Straßenbaulastträgers. Die Gesamtbetrachtung ermöglicht die transparente Darstellung der Auswirkungen von zu geringen Finanzmitteln [5].

Bei sinkender Netzqualität steigt allein aus Gründen der Aufrechterhaltung der Verkehrssicherheit der Unterhaltungsaufwand kontinuierlich, vermutlich ab einem bestimmten Zustandswert überproportional. Die hierfür notwendigerweise eingesetzten Mittel stellen einen Aufwand dar und tragen nicht zur Vermögensentwicklung bei. Das reduzierte Vermögen erschwert zum einen die erforderliche Aufstockung der Finanzierungsmittel. Die sinkende Netzqualität bindet zum anderen steigende Unterhaltungsmittel und reduziert somit zusätzlich die verfügbaren Ressourcen, die ansonsten zur langfristigen Netzverbesserung und Vermögensentwicklung hätten beitragen könnten.

Dies führt letztlich zum Kollaps, bei dem die verfügbaren Ressourcen ausschließlich zur Unterhaltung im Sinne der Gefahrenabwehr verwendet werden können. Dieser Gedankengang ist durchaus nicht neu. Einige Kommunen haben bereits diese Spirale durchlaufen. Die dargestellten Mittel der modernen EDV-Technik und der dargestellten Management tools liefern jedoch die Informationen, die die Konsequenzen dieser Vorgehensweise auf einer fundierten und objektiven umfassenden Datengrundlage aufzeigen. Gleichzeitig versetzen sie die Fachverantwortlichen in die Lage, Strategien zu entwickeln, wie dem wirtschaftlich optimiert entgegengewirkt werden kann.

Die Kosten, die mit dem Betreiben eines derartigen Management-Systems verbunden sind, sind gleichfalls in die Gesamtkostenbetrachtung einzubeziehen. Die mit dem Modell implementierte Reduktion von redundanten Datenhaltungen in Verbindung mit der Mehrfachverwendung der Daten sichert dabei ein Höchstmaß an Wirtschaftlichkeit. Die zum Betreiben des Management-Systems erforderlichen Mittel belaufen sich nach derzeitigem Kenntnisstand für das anvisierte Erhaltungs-Management-System der LH Düsseldorf einschließlich der erforderlichen Erstdatenbeschaffung auf eine Größenordnung unter 5 ct/m².

 

Literaturverzeichnis

  1. Landesregierung NRW: Gesetz über ein Neues kommunales Finanzmanagement für Gemeinden im Land Nordrhein-Westfalen, 11/2004
  2. Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen: Empfehlungen für das Erhaltungsmanagement von Innerortsstraßen, Ausgabe 2003 (E EMI 2003), Köln, 2003
  3. Gawin, P.: Weiterentwicklung des Erhaltungsmanagements vor dem Hintergrund anhaltender Budgetknappheit, Straße+Autobahn, 5/2006
  4. Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen: Arbeitspapier zur Systematik der Straßenerhaltung, Kommunale Belange, Abschnitt K 1: Grundlagen, Unterabschnitt K 1.4: Datenorganisation zur Historisierung, in Vorbereitung
  5. Bürgi, M.; G öbbels, D.; Hotat, M.: Systematische Straßenerhaltung in der Stadt Zürich, 2005