FGSV-Nr. FGSV 002/119
Ort Bergisch Gladbach
Datum 29.03.2017
Titel Mobile Messung der NO2-Belastung, der Verteilung und der Emissionsquellen mit dem ICAD-Gerät
Autoren Dr. Martin Horbanski, Dr. Johannes Lampel, Dr. Ulrich Platt, Dr. Denis Pöhler, Alexandra De Agunaga, Katja Bigge, Lena Herrmann, Christopher Krufczik, Tobias Oesterle, Tim Adler, Florian Kanatschnik
Kategorien Luftqualität
Einleitung

Stickstoffdioxid (NO2) ist aktuell Luftschadstoff Nr. 1 in Deutschland und in den meisten industrialisierten Ländern. In Deutschland wurde 2015 an ca. 60% der verkehrsnahen Umweltmessstationen der geltende EU-Grenzwerte (2008/50/EG) von 40µg/m³ im Jahresmittel überschritten. Hauptverursacher in Städten sind Kraftfahrzeuge, insbesondere Diesel. Aber auch Heizungen, Kraftwerke, Industrie und jede Art an Verbrennungen sind Emissionsquellen. Die NO2 Messungen erfolgen in der Regel an einer bis wenigen Messstationen je Stadt, in kleineren Städten gibt es sogar oft gar keine Messungen. Hinzu kommt das bekanntermaßen die NO2 Belastung bereits auf kleinen Skalen stark schwankt und ein einzelner Messort oft nicht repräsentativ für eine ganze Umgebung ist. Um die wahre Belastung zu bestimmen wäre eine Art flächendeckende Erfassung nötig. Von besonderem Interesse wäre auch die wahre Belastung für Fußgänger, Fahrradfahrer, Autofahrer oder auch die NO2 Belastung in Innenräumen zu bestimmen. Aufgrund der technischen Eigenschaften ist dies mit gewöhnlich vorhandenen Technologien wie CLD, Passivsamplern und auch neuen elektrochemischen Sensoren nicht ausreichend zufriedenstellend möglich. Zwar wird in letzter Zeit viel Hoffnung in elektrochemische Sensoren gelegt, jedoch zeigen immer wieder Vergleichsstudien (z.B. Wan et al. 2016), dass diese nicht geeignet sind, verlässliche Aussagen zur NO2-Belastung zu liefern. Hier wird ein neues mobiles NO2 / NOx ICAD (Iterative CAvity enhanced Doas) Messsystem vorgestellt und einige bisherige Anwendungen und Messungen der NO2-Belastung in Städten und Straßen präsentiert. Es eignet sich auch, direkt Emissionen zu bestimmen, z.B. reale NOx-Fahrzeugemissionen, womit die Quellen der NO2-/ NOx-Belastung direkt untersucht werden können.

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Einleitung

Stickstoffdioxid (NO2) ist aktuell Luftschadstoff Nr. 1 in Deutschland und in den meisten industrialisierten Ländern. In Deutschland wurde 2015 an ca. 60% der verkehrsnahen Umweltmessstationen der geltende EU-Grenzwerte (2008/50/EG) von 40 µg/m³ im Jahresmittel überschritten. Hauptverursacher in Städten sind Kraftfahrzeuge, insbesondere Diesel. Aber auch Heizungen, Kraftwerke, Industrie und jede Art an Verbrennungen sind Emissionsquellen. Die NO2-Messungen erfolgen in der Regel an einer bis wenigen Messstationen je Stadt, in kleineren Städten gibt es sogar oft gar keine Messungen. Hinzu kommt das bekanntermaßen die NO2-Belastung bereits auf kleinen Skalen stark schwankt und ein einzelner Messort oft nicht repräsentativ für eine ganze Umgebung ist. Um die wahre Belastung zu bestimmen wäre eine Art flächendeckende Erfassung nötig. Von besonderem Interesse wäre auch die wahre Belastung für Fußgänger, Fahrradfahrer, Autofahrer oder auch die NO2-Belastung in Innenräumen zu bestimmen. Aufgrund der technischen Eigenschaften ist dies mit gewöhnlich vorhandenen Technologien wie CLD, Passivsamplern und auch neuen elektrochemischen Sensoren nicht ausreichend zufriedenstellend möglich. Zwar wird in letzter Zeit viel Hoffnung in elektrochemische Sensoren gelegt, jedoch zeigen immer wieder Vergleichsstudien (z.B. Wan et al. 2016), dass diese nicht geeignet sind, verlässliche Aussagen zur NO2-Belastung zu liefern. Hier wird ein neues mobiles NO2 / NOx ICAD (Iterative CAvity enhanced Doas) Messsystem vorgestellt und einige bisherige Anwendungen und Messungen der NO2-Belastung in Städten und Straßen präsentiert. Es eignet sich auch, direkt Emissionen zu bestimmen, z.B. reale NOx-Fahrzeugemissionen, womit die Quellen der NO2-/ NOx-Belastung direkt untersucht werden können.

Das NO2-/ NOx-ICAD Messsystem

Bild 1: NO2-/NOx-ICAD Messgerät in 19“ Rackbauform.

Bild 2: NO2-Messungen mit dem ICAD System an einer Straße (Photo: M. Boeckh, Pressebüro Rhein-Neckar)

Bild 3: Bestimmung der NO2-Belastung eines Fahrradfahrers. Ansaugleitung ist am Lenker auf Nasenhöhe, Messgerät im Anhänger.

Das NO2-/NOx-ICAD System basiert auf der direkten optischen Absorptionsspektroskopie im blauen Spektralbereich (~430 – 465nm) zwischen 2 hochreflektiven Spiegeln. Durch die Bestimmung des Absorptionsspektrums und der Anwendung des ICAD Algorithmus wird die einzigartige und charakteristische Absorptionsstruktur von NO2 im Spektrum identifiziert und von anderen Absorptionen getrennt (z.B. H2O, Glyoxal) (zum Patent angemeldet). Mit einem internen Konverter kann ebenfalls NO als NOx bestimmt werden. In Verschiedenen Vergleichsuntersuchungen hat sich das ICAD System als beste NO2-Messtechnik bewiesen (z.B. ACTRIS s-b-s intercomparison NOx 2016 campaign DWD-Hohenpeißenberg).

ICAD weisst aufgrund des physikalischen Messprinzips zahlreiche Vorteile gegenüber anderen Optischen Messmethoden (z.B. CAPS und CRD) und anderen Technologien auf:

  • Hohe Messgenauigkeit von 0,1 µg/m³
  • Frei von Interferenzen (benötigt auch keine Trocknung um H2O zu entfernen)
  • Kalibrationsfrei (intrinsische Kalibration, wenn Absorptionsweg bekannt)
  • Keine Nullpunktsdrift
  • Unempfindlich zu absoluten Intensitätsschwankungen z.B. durch Temperatur, Vibration, Alterung
  • Geringer Stromverbrauch
  • Relativ leichtes Gewicht
  • Messung von NOx über Konverter
  • Reaktionszeit von 4s (10 bis 90%)
  • Keine Verbrauchsgase

Daher ist das ICAD Messsystem neben Langszeitmessungen für eine Vielzahl an Anwendungen geeignet:

  • Präzisionsmessungen von NO2 / NOx (Wissenschaft, Hintergrundkonzentrationen)
  • Städtische Luftqualitätsmessungen (Straßen, Plätze, Tunnel, Straßenschluchten)
  • Innenraummessungen
  • Mobile, schnelle und präzise Schadstoffmessungen
  • Personenbezogene NO2-Schadstoffbelastungsmessungen (Fußgänger, Fahrradfahrer, etc.)
  • Emissionsmessungen (z.B. Schornstein)
  • Reale Fahrzeugemissionen (Real Driving Emissions – RDE) nach dem „Plume Chasing Principle“ (mit der Erweiterung eines CO2-Messsensors)
  • Emissionsuntersuchung von Diffusen Quellen
  • Medizinische Inhalationsgasuntersuchung

Ab Sommer 2017 soll in einem Spin-off der Universität Heidelberg das NO2- / NOx-ICAD Messsystem erhältlich sein. Dabei wird das Projekt im Rahmen der EXIST Forschungstransfer vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie und co. finanziert vom ESF – Europäischen Sozialfond der EU gefördert.

Stationäre NO2-Messungen in Städten

Das ICAD-System kam in den letzten Jahren für verschiedene Studien zur Bestimmung vor allem der NO2-Belastung und Verteilung in deutschen Städten zum Einsatz (Bild 2 und 3). Aus einer kurzzeitigen Messung kann zwar nicht direkt auf die Belastung im Jahresmittel geschlossen werden, denn meteorologische Bedingungen und direkte aktuelle Fahrzeugemissionen verursachen eine starke zeitliche NO2-Variation. Durch die Verwendung von Referenzmessstationen können diese Faktoren jedoch bestimmt und berücksichtigt werden, wodurch sich aus punktuellen Messungen extrapolierte Jahresmittelwerte bestimmen lassen. Die Methode und deren Validierung wird vorgestellt. Bei Vergleichsmessungen ließ sich eine Genauigkeit der bestimmten Jahresmittelwerte auf ±20% ermitteln. Ein Beispiel einer damit erzielten Karte der NO2-Jahresmittelwerte ist in Bild 4 für Köln gezeigt.

Eine Auswahl dieser Ergebnisse ist in Bild 5 gezeigt. Sie zeigen z.B., dass in einigen Städten (Stuttgart, Frankfurt, Köln, Dortmund und Düsseldorf) die Belastung auch in zentrumsnahen Nebenstraßen fast überall über 40µg/m³ im Jahresmittel sehr hoch ist, was durch die bisherigen Messstationen nicht erfasst wird. Für manche Städte (z.B. Dortmund, Düsseldorf, Köln und Wiesbaden) zeigt sich leider auch, dass die am stärksten belasteten Orte nicht durch die vorhandenen Messstationen abgedeckt sind, da an anderen Straßen deutlich höhere Belastungen beobachtet wurden. Die Ergebnisse zeigen auch sonst, dass die wahre NO2-Belastung und Verteilung stark variiert und meist nur unzureichend bekannt ist. In anderen Städten zeigt sich aber auch, dass die hohen Belastungen nur an sehr wenigen Orten anzutreffen sind (z.B. Tübingen, Potsdam, Freiburg, Leipzig). Auch in einer Reihe weiterer Städte zeigt sich, dass die vorhandenen Messstationen bereits die Orte mit den höchsten Belastungen erfassen.

Bild 4: Karte der bestimmten NO2-Belastung in Köln in µg/m³ als extrapolierte Jahresmittelwerte. Die mit U bezeichneten Marker zeigen die Umweltmessstationen mit den jeweiligen Jahresmittelwerten von 2015. Orte mit deutlich höheren Belastungen als an den Umweltmessstationen können beobachtet werden. Außerdem zeigt sich, dass auch Nebenstraßen im Innenstadtbereich durch hohe NO2-Konzentrationen gekennzeichnet sind.

Bild 5: Auszug von stationären Messergebnissen in deutschen Städten 2016. Jeder Balken stellt einen Messort und dessen extrapolierten NO2-Jahresmittelwert dar. Die Farbe kennzeichnet die Kategorie des Messortes.

NO2-Belastung für Fahrradfahrer

Mit dem ICAD-Instrument kann aber auch mobil die wahre Belastung von Fahrradfahrern (Bild 6) bestimmt werden. In der Regel wird davon ausgegangen, dass die NO2-Belastung nur an den Hot Spots der Messstationen vergleichbar hoch ist. Jedoch zeigen die Messungen für Fahrradfahrer, dass die Nähe zu den emittierenden Fahrzeugen zu einer deutlichen Erhöhung der Belastung führt. Somit ist man als Fahrradfahrer in der Innenstadt höheren NO2-Konzentrationen ausgesetzt als an den Umweltmessstationen bestimmt wird. Zwar wird dies teilweise wieder kompensiert durch Abschnitte mit geringeren NO2-Belastungen, jedoch ergeben sich im Mittel über eine längere Strecke dennoch üblicher Weise höhere Belastung als an den verkehrsnahen Umweltmessstationen gemessen wird. Es gibt jedoch Unterschiede zwischen den Städten, die vor allem von der Fahrradwegeplanung abhängt. Auf Fahrradwegen direkt an der Straße können maximale Konzentrationen von weit über 1000 µg/m³ regelmäßig beobachtet werden. Am Beispiel von München (Bild 6) ist gezeigt, dass bei einer längeren typischen Fahrstrecke die Belastung mit 108µg/m³ an einem durchschnittlichen Tag (keine besonders hohe Schadstoffbelastung) bedenklich hoch ist. Daraus lässt sich schließen, dass die hohen NO2-Belastungen in deutschen Städten an den Umweltmessstationen nicht nur eine kleine Bevölkerungsgruppe betreffen. Fahrradfahrer sind oft direkt den Emissionen der Fahrzeuge und daher sehr hohen Konzentrationen ausgesetzt.

Bild 6: Messung der NO2-Belastung als Fahrradfahrer in München am 24.2.2016, 17:47 - 19:39. Messwerte in µg/m³. Mittelwert: 108,7 µg/m³. Regelmäßige Maximalwerte von weit über 200 µg/m³ (lila / blau).

NO2 Belastung für Autoinsassen

Auch die Belastung für Autoinsassen wird in der Regel unterschätzt, da die Schadstoffe bei Standard Pollenfiltern ungehindert ins Fahrzeuginnere gelangen. Durch die Nähe zu den Auspuffrohren der anderen Fahrzeuge werden sehr hohe Konzentrationen ins Fahrzeug geleitet, und diese liegen um ein vielfaches höher als z.B. neben der Straße an einer Umweltmessstation bestimmt wird. Mit dem ICAD NO2-Messgerät wurde in einer Studie die NO2 Schadstoffwerte im Fahrzeuginnenraum bei gewöhnlichen Fahrten im Gebiet um Köln für einen Standard VW Golf 5 untersucht. Gleichzeitig erfolgte die Bestimmung der NO2 Konzentration außerhalb des Fahrzeuges (auf Höhe des rechten Außenspiegels). Verschiedene Umgebungsbedingungen wurden zu Kategorien unterschieden: Stadt, Autobahn oder Tunnel (Bild 7) und die mittlere Konzentration aufgetragen.

Aus Bild 7 wird direkt ersichtlich, dass die NO2-Schadstoffbelastung im Fahrzeuginnenraum kaum niedriger ist als in der Umgebung. Außerdem ist die NO2-Belastung für Autoinsassen bereits im Stadtbereich mit 91 µg/m³ deutlich höher als der zeitgleiche Messwert der Umweltmessstation von ~63 µg/m³ (Köln Turiner Straße, gemittelt wurde über die gleichen Zeiträume). Beschränkt man sich nur auf die Hauptverkehrszeit, ist der Unterschied noch größer (97 µg/m³ zu 60 µg/m³). Unerwartet ist jedoch, dass die Belastung auf der Autobahn noch mal deutlich höher liegt. Ursache sind hier wohl vor allem die hohen Fahrzeugemissionen, so dass trotz besseren Luftaustausches der Umgebung die Konzentrationen im Innenraum im Mittel bei 156 µg/m³ lag. Die Belastung liegt damit fast 3-mal höher als zeitgleich an der städtischen Messstationen von 62 µg/m³ (Messstation Köln Turiner Straße, gemittelt über die gleichen Zeiten). In Tunneln wurden durch den geringeren Luftaustausch besonders hohe Werte im Mittel von 291 µg/m³ bestimmt (zeitgleiche städtischen Messstationen ~60 µg/m³, Messstation Köln Turiner Straße). Die Belastung liegt damit auch deutlich über den erlaubten Stundengrenzwert von 200 µg/m³. Somit konnte beispielhaft gezeigt werden, dass die NO2-Schadstoffbelastung für Fahrzeuginsassen besonders hoch ist, und dies bereits an einem Tag mit durchschnittlichen Schadstoffwerten. Bei täglichen längeren Fahrten kann diese Belastung signifikant zu den negativen gesundheitlichen Auswirkungen von Stickstoffdioxid beitragen. 

Bild 7: Ergebnis der NO2-Fahrzeuginnenraumuntersuchung an einem Fahrzeug (VW Golf 5) mit Standard Pollenfilter. Die Außenkonzentration ist direkt am Fahrzeug (rechter Außenspiegel) gemessen. Die Innnenkonzentration in der Mitte der Fahrzeugkabine. Aufgetragen sind die gemittelten NO2-Schadstoffkonzentrationen die über mehrere Tage und Stunden in den jeweiligen Kategorien bestimmt wurden.

NO2-/ NOx-Emissionsquellenbestimmung / Reale Fahrzeugemissionen

Zur Verbesserung der NO2-Schadstoffbelastung sind nicht nur Immissionsmessungen wie oben beschrieben nötig, sondern oft quantifizierte Bestimmungen der Emissionsquellen. Es ist zwar bekannt, dass die Hauptquelle für hohe NO2-Belastungen Fahrzeugemissionen, insbesondere Diesel sind, jedoch ist für ein effektives Einleiten von Verkehrsmaßnahmen sinnvoll, die einzelnen Quellen genauer zu bestimmen. Vor allem sind typischer Weise genaue reale Fahrzeugemissionen schlecht oder gar nicht bekannt. Diese können von Stadt zu Stadt variieren, weil nicht nur die Fahrzeugflotte von PKW variiert, sondern auch unterschiedliche städtische Busse & Fahrzeuge sowie verschiedene LKW im Stadtgebiet anzutreffen sind. Ein pauschaler Ausschluss einzelner Fahrzeuggruppen (z.B. alle älteren Diesel-PKW) muss nicht effektiv für eine NO2-Schadstoffreduktion sein. Deutlich sinnvoller wäre es die realen Fahrzeugemissionen zu bestimmen, die oft schlecht oder gar nicht bekannt sind. Daraus können die wahren Hauptemittenten identifiziert und diese zuerst vom Verkehr ausgeschlossen werden. Reale Fahrzeugemissionsmessungen sind mit dem NO2- / NOx-ICAD Instrument nach dem „Plume Chasing Principle“ (Lau et al. 2015) möglich, wo die Schadstoffbelastung in der Emissionsfahne bestimmt wird (Bild 8). Aus diesen Konzentrationen erhält man erste Anhaltspunkte, welche Fahrzeuge hohe Emissionen aufweisen, jedoch spielt die Vermischung der Luftmasse bis zum Messeinlass eine große Rolle. Daher wird zusätzlich die CO2-Konzentration bestimmt und aufgrund recht gut bekannter CO2-Emissionswerte, lassen sich so auch die NO2- / NOx-Konzentrationen zu Emissionswerten umrechnen. Ein großer Vorteil dieser Methode ist, dass in kurzer Zeit eine Vielzahl an Fahrzeugen ohne deren Beeinflussung untersucht und deren Emissionswerte bestimmt werden können. Diese können dann mit Emissionsfaktoren für z.B. EURO 5 oder 6 verglichen werden.

Aus den bisherigen Untersuchungen werden zwei Studien vorgestellt. Generell lässt sich aber schlussfolgern, dass meist ältere Dieselfahrzeuge bis EURO 5 hohe Emissionen aufweisen, jedoch auch EURO 6 Fahrzeuge teilweise vergleichbar oder sogar höhere Emissionswerte aufweisen. Insgesamt werden die neuen Möglichkeiten der NO2- und NOx Schadstoffbeurteilung mit dem neuen ICAD Messsystem präsentiert.

Bild 8: Messprinzip für Fahrzeugemissionsbestimmung. Nach dem „Plume Chasing Principle“ wird die NO2-/ NOx-Schadstoffkonzentration in der Emissionsfahne eines Fahrzeuges bestimmt. Die gleichzeitige CO2-Messung in der Emissionsfahne ermöglicht es, aus den Schadstoffkonzentrationen Emissionswerte zu berechnen.

Reale Fahrzeugemissionen im Stadtgebiet

In Bild 9 sind die Ergebnisse einer Studie in Mainz (2014) dargestellt, wo sich auf die Messung von NO2 in der Emissionsquelle begrenzt wurde. Dabei konnten über 700 Fahrzeuge untersucht werden. Es zeigte sich, dass unter 8% der Fahrzeuge 45% der gemessenen NO2-Konzentrationen (Überhöhung gegen Hintergrund) in Mainz verursachen. Somit können direkt Hilfestellungen für eine Verbesserung der Schadstoffbelastung gegeben werden.

Bild 9: Messung von NO2-Fahrzeugemissionsquellen in der Stadt Mainz mit dem ICAD Instrument. Die bestimmten Konzentrationen der verschiedenen Fahrzeuge wurden Konzentrationsgruppen zugeordnet. Somit konnten die stärksten Emittenten bestimmt werden. Nur wenige Fahrzeuge verursachen einen Großteil der Emissionen.

Reale LKW Emissionen / Manipulationen der Abgasreinigung

In einer weiteren Studie wurden die realen NOx-Emissionen von 254 LKW auf deutschen Autobahnen untersucht. Ziel war es, zu prüfen in wie weit die realen NOx-Emissionen mit denen der EURO-Normen übereinstimmen und wie weit die Abgasreinigungssysteme der LKW ordnungsgemäß arbeiten. Fokus waren vor allem EURO 5 (NOx 2000mg/kWh) und EURO 6 (NOx 400mg/kWh) LKW, die in der Regel mit Add-Blue Systemen zur Verringerung der NOx-Emissionen ausgestattet sind.

In der Studie konnte gezeigt werden, dass die Emissionswerte bereits innerhalb einer EURO Norm sehr stark variieren. Ein Beispiel ist für EURO 5 LKW in Bild 10 gegeben. Generell zeigt sich, dass die realen NOx-Emissionen einer großen Zahl an LKW unter oder sehr nahe am EURO NORM Grenzwert liegen (im Bild 10 bis 2000 mg/kWh). Eine Gruppe von Fahrzeugen überschreitet diese Emissionen jedoch deutlich. Interessanter Weise konnte in der Studie gezeigt werden, dass diese Überschreitung fast ausschließlich bei ausländischen Fahrzeugen anzutreffen ist. Wie in Bild 10 gezeigt, sind die Emissionswerte von deutschen LKW immer unterhalb von 2500mg/kWh, ausländische LKW sind hingegen mit Emissionen bis zu 5000 mg/kWh beobachtet worden. Wahrscheinlichste Ursache für die hohen Emissionen sind Manipulationen des Abgasreinigungssystems, wie sie in Osteuropa leicht erhältlich sind. Damit kann der Add-Blue Verbrauch reduziert und somit Kosten gespart werden. Damit tragen diese Fahrzeuge nicht nur zur hohen NOx-/ NO2-Luftverschmutzung bei, sondern verursachen auch Einnahmeausfälle im LKW-Mautsystem, da LKW mit geringen Emissionen Vergünstigungen erhalten.

Bild 10: Histogramm realer LKW-Emissionsmessungen von EURO 5 Fahrzeugen auf Deutschen Autobahnen. Auf der X-Achse ist die NOx Emissionsstufe aufgetragen bis 500, bis 1000 usw.. Die Prozentzahl gibt die Wahrscheinlichkeit eines Fahrzeuges in dieser Emissionsstufe an. Unterschieden wird die Verteilung für Deutsche und Ausländische Fahrzeuge.

Um eine eindeutige Grenzwertüberschreitung an einem LKW festzustellen, wurde berücksichtigt, dass reale LKW-Emissionen höher als die EURO Norm eines Testzyklus liegen können. Daher wurde den LKW eine zusätzliche sehr großzügige Toleranz von +1000 mg/kWh gegenüber der EURO Norm zugestanden. Liegt die Emission unter der EURO Norm + die Toleranz, wird der LKW als konform betrachtet, liegt die Emission darüber, als ein LKW mit einer Überschreitung. Wird dies auf alle untersuchten und identifizierten EURO 4 bis EURO 6 LKW angewendet ergibt sich, dass unter den deutschen LKW nur 3% den Emissionswert überschreiten (34 untersuchte LKW), aber 23% der ausländischen LKW (140 untersuchte LKW) deutlich diese Grenzwerte überschreiten.

Es werden weitere Beispiele dieser Studie gezeigt, die belegen, dass das NOx-ICAD-Messgerät geeignet ist, Überschreitungen der Emissionsgrenzwerte einzelner Fahrzeuge im realen Verkehr schnell zu bestimmen. Es ist damit geeignet, für Behörden sowohl reale Emissionen zu prüfen und z.B. Manipulationen der Abgasreinigung festzustellen und daraufhin zu ahnden.

Referenzen:

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Lau; C.F., Rakowska, A., Townsend, T., Brimblecombe, P., Chan, T.L., Yam, Y.S., Močnik, G., Ning, Z.: Evaluation of diesel fleet emissions and control policies from plume chasing measurements of on-road vehicles, Atmospheric Environment, Volume 122, December 2015, Pages 171-182, ISSN 1352-2310, http://dx.doi.org/10.1016/j.atmosenv.2015.09.048.