FGSV-Nr. FGSV 002/115
Ort Duisburg
Datum 15.02.2017
Titel Infrastrukturmanagement in der ASFINAG
Autoren Dipl.-Ing. Christian Honeger
Kategorien Infrastrukturmanagement
Einleitung

Die ASFINAG ist ein kundenfinanzierter Autobahnerrichter und -betreiber. Durch die Einführung der Vignette im Jahr 1997 und der Lkw-Maut im Jahr 2004 wurde ein nachhaltiges Finanzierungsmodell geschaffen, welches der ASFINAG eine wirtschaftliche Eigenständigkeit ermöglicht. Die ASFINAG-Firmengruppe besteht im Wesentlichen aus einer Holding und Tochtergesellschaften, welche entsprechend den Kernaufgaben Bemautung, Bau und Betrieb ausgerichtet sind. Im Unternehmenskontext der ASFINAG ist das Asset Management innerhalb der Betriebsgesellschaft der ASFINAG die zentrale Drehscheibe zur Sicherstellung einer nachhaltigen Erhaltung des Streckennetzes im Sinne des Unternehmenszwecks. Im Fokus steht eine optimale Bereitstellung unserer Infrastruktur für unseren Kunden – den Straßenbenutzer – mit den Zielen Verkehrssicherheit, Verfügbarkeit und nachhaltiger Wirtschaftlichkeit. Mit den Einheiten „Bauliches Erhaltungsmanagement“, „Projektentwicklung“ und „Engineering“ liegen operative und strategische Aufgaben im Wirkungsbereich der Organisationseinheit Asset Management. Mit der Erhaltungsstrategie, dem Netzzustandsbericht und Prozessen für die Erhaltungsplanung und Projektentwicklung sind die wichtigsten Werkzeuge klar aufgestellt: Die Erhaltungsstrategie leitet sich aus der Unternehmensstrategie her, macht die Zielsetzungen im Bereich Erhaltung klar und transparent und stellt somit die Erfüllung der Unternehmensziele sicher. Der Netzzustandsbericht gibt Auskunft über die Entwicklung des Zustands und den Anlagenwert der baulichen und elektromaschinellen Anlagen des ASFINAG-Streckennetzes, über geplante Investitionen in die Sanierung und Wiedererrichtung und die dadurch erwartete Wirksamkeit, sowie einen Ausblick hinsichtlich des zukünftigen, langfristigen Sanierungsbedarfs. Der Netzzustandsbericht ist somit ein wichtiges Steuerungsinstrument bezüglich Netzentwicklung und Nachweis der Erfüllung der Erhaltungsstrategie. Gut aufgestellte Prozesse zur Abwicklung des baulichen Erhaltungsmanagements und der Projektentwicklung sichern die qualitätvolle und systematische Abwicklung der gestellten Aufgaben und sind Grundlage für die Erfüllung strategischer Zielvorgaben. Der gegenständliche Beitrag gibt einen Überblick über das Infrastruktur-Management der Abteilung Asset Management in Zusammenwirken mit allen beteiligten Organisationseinheiten der ASFINAG.

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1 ASFINAG

1.1 Entwicklung der ASFINAG und Kennzahlen

Der Autobahnbau in Österreich startete im Wesentlichen in den 1960er Jahren. Mit den Herausforderungen der Errichtung der wichtigsten alpenquerenden Verbindungen und den damit verbundenen finanziellen Herausforderungen wurden Sondergesellschaften zur Errichtung, Betrieb und Bemautung dieser für den Verkehrsbedarf wichtigen Strecken gegründet. Dies waren die Brenner Autobahn, Tauern Autobahn, Pyhrn Autobahn und Arlberg Straßentunnel Aktiengesellschaft. Die ASFINAG wurde dann im Jahr 1982 ursprünglich als reine Finanzierungsgesellschaft gegründet. Weiter wurden die Sondergesellschaften Autobahnen- und Schnellstraßen AG (ASAG) sowie die Wiener Bundesstraßen Gesellschaft (WBG) zur Planung und Errichtung von Autobahn- und Schnellstraßenabschnitten in Mittel- und Ostösterreich gegründet. Die Finanzierung dieser beiden Gesellschaften erfolgte durch die ASFINAG, die Erhaltung und der Betrieb lang in der Verantwortung der Bundesstraßenverwaltung, welche in Form von Werkverträgen durch das zuständige Ministerium an die betroffenen Bundesländer übertragen wurde.

Eine Strukturreform im Jahr 1993 – mit dem Ziel Synergien zu nutzen – führte die Sondergesellschaften in den Bundesländern Tirol und Vorarlberg (Brenner Autobahn und Arlberg Straßentunnel AG) zur Alpenstraßen AG und die restlichen Sondergesellschaften (Tauern und Pyhrn Autobahn AG, ASAG und WBG) zur Österreichischen Autobahnen und Schnellstraßen AG (ÖSAG) zusammen.

Mit der Schaffung der gesetzlichen Voraussetzungen für eine flächendeckende Bemautung des österreichischen Autobahnen- und Schnellstraßennetzes im Jahr 1997 wurde die Vignette für Fahrzeuge unter 12 t als Lösung für eine Zwischenfinanzierung eingeführt. Der ASFINAG wurde hierzu das Fruchtgenussrecht, also das Recht, das im Bundeseigentum befindliche Autobahn- und Schnellstraßennetz zu bemauten und sämtliche Liegenschaften der Straßenerhaltung zu nutzen, eingeräumt, und im Gegenzug wurden auch die bisher für den Straßenbau aufgelaufenen Verbindlichkeiten in der Höhe von 5.662 Mrd. Euro an die ASFINAG übertragen. Mit der Einführung der fahrleistungsabhängigen Bemautung für Fahrzeuge über 3,5 t und der Weiterführung der zeitabhängigen Vignette für Fahrzeuge bis 3,5 t wurde die heute bestehende Finanzierungsgrundlage der ASFINAG geschaffen.

Im Jahr 2006 wurden – mit dem Ziel einer weiteren Bündelung der Kompetenzen – die Werkverträge mit den Bundesländern gekündigt und sämtliche Aufgaben für den Betrieb und die Erhaltung der Strecken in neu gegründete Betriebsgesellschaften der ASFINAG übergeführt. Nächste Schritte der Konsolidierung der Unternehmensstruktur der ASFINAG erfolgten in den Jahren 2008 und 2010. Die ASFINAG ist heute entsprechend ihren drei Kernaufgaben „bauen“, „bemauten“ und „betreiben“ organisiert und durch die Mauteinnahmen ausschließlich kundenfinanziert (Bild 1).

Bild 1: ASFINAG Unternehmensstruktur

Die Finanzierung der ASFINAG durch unseren Kunden prägt unsere Ausrichtung, welche in Vision, Mission und Zielen klar definiert ist.

ASFINAG Vision 2020 – Dienstleister auf hohem Niveau

Die ASFINAG zählt im europäischen Vergleich zu den führenden Autobahnbetreibern mit den Schwerpunkten Verfügbarkeit, Verkehrssteuerung, Verkehrsinformation, Verkehrssicherheit und Technologische Neuerungen. Wir agieren international und vernetzen uns mit dem öffentlichen Verkehr.

ASFING Mission – Verlässlichkeit auf allen Wegen

Die ASFINAG ist ein kundenfinanzierter und wirtschaftlich agierender Betreiber und Errichter von Autobahnen und Schnellstraßen. Wir bieten unseren Kunden ein verkehrssicher ausgebautes und gut serviciertes Netz mit hoher Verfügbarkeit und benutzerfreundliche Mautsysteme.

Bild 2: Das ASFINAG-Streckennetz

Wir arbeiten im Einklang mit unserer wirtschaftlichen, ökologischen und gesellschaftlichen Verantwortung und stärken den Wirtschaftsstandort Österreich.

Unternehmenszieldimensionen:

Finanzen, Kunden, Prozesse und Mitarbeiter

Der Ausbau des ASFINAG-Streckennetzes (Bild 2) ist mit seinen 2.199 km Länge weitgehend abgeschlossen. Die wichtigsten offenen Neubauvorhaben sind die Ergänzung noch fehlender Verbindungen zu unseren östlichen Nachbarländern, eine Verbindung in die Schweiz, der Lückenschluss des Autobahnrings um Wien sowie Projekte im Bereich der Landeshauptstädte Linz und St. Pölten. Am bestehenden Netz sind im Wesentlichen die Errichtungen zweiter Tunnelröhren (bis 2019 sind, mit Ausnahme des Arlbergtunnels, alle Autobahntunnel 2-röhrig) sowie die Zulegung von zusätzlichen Fahrstreifen aus Kapazitätsgründen geplant. Im Sinne unserer Kunden wird auch laufend an einer Verbesserung der Park- und Rastinfrastruktur sowie der Verkehrssicherheit auf Basis von Road Safety Inspections gearbeitet.

Bild 3: Mauterlöse 2015 (1.859 Mrd Euro) *) netto

Bild 4: Kaufmännische Kennzahlen 2014 und 2015

In der Gewinn- und Verlustrechnung wird der Neubau, welcher fruchtgenusserhöhend wirkt, nicht berücksichtigt. Das heißt nur wenn der Anteil des Neubaus (Streckenerweiterung) größer ist als der Jahresüberschuss wirkt sich das erhöhend auf den Schuldenstand aus (Bilder 3 und 4). Jedenfalls kann der operative Betrieb und die Erhaltung sowie der Zinsendienst für die durch die ASFINAG am Kapitalmarkt ausgegebenen Anleihen („Schulden“) der ASFINAG eigenständig und ausschließlich aus den Einnahmen finanziert werden.

Das aktuelle Infrastruktur-Investitionsprogramm (Bild 5) zeigt einen leicht steigenden Anteil für die bauliche Erhaltung. Die Ausgaben für den Neubau werden bis 2020 durch die Errichtung 2. Tunnelröhren im Netz sowie den Baustart großer Neubauprojekte nochmals deutlich ansteigen und nach 2020 wieder sinken. Die Investitionen sind in den Jahren 2017 und 2018 von der Einführung des Maut-Nachfolgemautsystems „GO-Maut 2.0“ geprägt und decken danach wieder die üblichen betrieblichen Investitionen ab.

Bild 5: Infrastruktur-Investitionsprogramm

Ein Rückblick auf die Budgetentwicklung seit 1997 (Bild 6) zeigt sehr deutlich, wie durch die Sicherung der Einnahmenseiten durch die Maut, die Investitionen der ASFINAG in die Infrastruktur kontinuierlich entwickelt werden konnten. Auf die Wirtschaftskrise ab 2008 und die damit zurückgehenden Mauteinnahmen wurde durch eine Reduktion der Aktivitäten im Bereich Neubau reagiert. Die Ausgaben für den Bereich der baulichen Erhaltung wurden weitgehend konstant gehalten und ab 2013 an den zu erwartenden langfristigen Bedarf herangeführt.

Bild 6: Entwicklung des Infrastruktur-Investitionsprogramms seit 1997

1.2 Das Asset Management in der ASFINAG

Die Abteilung Asset Management ist der Betriebsgesellschaft ASFINAG Service GmbH zugeordnet (Bild 7). Die Schwesterabteilung in der Alpenstraßen GmbH, welche für die Bundesländer Tirol und Vorarlberg zuständig ist, ist in enger Zusammenarbeit verbunden.

Bild 7: Organigramm ASFINAG Service GmbH

Die Abteilung Asset Management (Bild 8) ist für die strategische und operative Steuerung des Assets der baulichen Anlagen (Straßen, Brücken, Tunnel, Stützmauern, Lärmschutzwände etc.) und in Zusammenarbeit mit der Abteilung Elektromaschinelle Erhaltung für den Asset der elektromaschinellen Anlagen (Strategie und Projektentwicklung) verantwortlich. Die strategische Grundlage bildet die Erhaltungsstrategie der ASFINAG. Die regionalen Teams der Abteilung (Bauliches Erhaltungsmanagement – BEM) führen die Zustandserfassungen (Prüfungen und Kontrollen) durch, welche die operativen Grundlagen für Sanierungen und Baumaßnahmen sind. Im Zuge der Projektentwicklung werden die daraus resultierenden Maßnahmen geplant und zur Umsetzung an die ASFINAG Bau Management Gesellschaft BMG übergeben.

Bild 8: Organigramm und Aufgaben Abteilung Asset Management

Aus einer ursprünglich ausschließlich regionalen Gliederung der Abteilung wurde eine funktionale und regionale Gliederung entwickelt.

Das Bauliche Erhaltungsmanagement (BEM) ist verantwortlich für die Sicherstellung eines in der Erhaltungsstrategie festgelegten Bauwerks- und Streckenzustandes. Durch eine verlässliche Zustandserfassung (Prüfung und Kontrolle), die Anforderung von notwendigen Sanierungsmaßnahmen sowie die bautechnische Übernahme umgesetzter Sanierungsmaßnahmen bzw. Neubauprojekte, wird die Verantwortung für die bautechnische Infrastruktur der ASFINAG wahrgenommen. Die Maßnahmenvorschläge werden zustandsorientiert erstellt und auf Basis von Lebenszyklusanalysen optimiert. Die Sicherstellung des Werterhalts des ASFINAG-Netzes bei einer optimalen Verfügbarkeit und Wirtschaftlichkeit ist die zentrale Zielsetzung. Im laufenden Betrieb sind diese Teams auch für die technische Beurteilung von Sondertransportanträgen und für die erste technische Beurteilung von Schäden an unserer Infrastruktur im Fall von Ereignissen (Unfälle, Naturgefahren etc.) verantwortlich.

Die verlässliche Sicherstellung der Kernaufgaben dieser regionalen Teams ist die Basis für eine sichere, wirtschaftliche und nachhaltige Entwicklung des baulichen Zustandes und der Verfügbarkeit unseres Netzes.

Das Team Projektentwicklung (PEW) führt die zentrale Bestellerfunktion von Baumaßnahmen der ASFINAG Service Gesellschaft aus. Sie bündelt Anforderungen aus verschiedenen Bereichen bzw. Abteilungen, entwickelt sie zu zeitlich und räumlich zusammenhängenden Projekten, stellt sie in Kontext mit der Korridorplanung bzw. dem Infrastruktur-Investitionsprogramm, führt allfällig notwendige Voruntersuchungen durch und übergibt ein Gesamtprojekt an den Umsetzer, die ASFINAG Bau Management Gesellschaft. Gebündelt werden Projekte nur, wenn dies aus Gründen der Netzverfügbarkeit, Wirtschaftlichkeit oder technischen Ausführung sinnvoll ist. Zielsetzung bei der Übergabe ist eine gesamtheitliche Bestellung mit dem Hauptaugenmerk auf die zeitliche und technische Umsetzbarkeit. Der fachübergreifende Überblick über kurz-, mittel- und langfristige Maßnahmen am Netz der ASFINAG ermöglicht diesem Team Projektbestellungen mit optimalen Kundennutzen (Verfügbarkeit kurz- bis langfristig) bei gleichzeitig optimierter Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit sicher zu stellen.

Der kooperative Einsatz dieses Teams stellt einen wesentlichen Erfolgsfaktor in der abteilungs- und gesellschaftsübergreifenden Zusammenarbeit dar.

Das Engineering (ENG) nimmt eine wichtige strategische Steuerungs- und Qualitätssicherungsfunktion innerhalb der Abteilung ein. Mit der Erstellung und Weiterentwicklung der Erhaltungsstrategie werden die wesentlichen operativen und strategischen Rahmenbedingungen für die Abteilung definiert. Mit dem strategischen Reporting werden die Aktivitäten der Abteilung berichtet und die Entwicklung des Netzzustandes dokumentiert. Dem Engineering kommt auch eine wichtige Aufgabe im Bereich der Qualitätssicherung und der Entwicklung und Bereitstellung von Management Tools zu. Durch eine zentrale Betreuung von Sonderprojekten und der kontinuierlichen Begleitung und Evaluierung von technischen Abläufen wird durch diese Einheit eine Qualitätssicherungs- und Wissensmanagementfunktion wahrgenommen. Das Engineering stellt mit einem Austausch mit der Abteilung Strategie und Internationales der Holding auch die direkte operative Schnittstelle an die Unternehmensstrategie sicher. Durch die Weitergabe des Netzzustandsberichts an die Abteilung Technische Koordination der Holding und die Abteilung Controlling, Kosten- und Mauttarifrechnung werden die strategischen Grundlagen für die kommenden Planungsvorgaben zum Infrastruktur-Investitionsproramm und für die finanzielle Langfristplanung der ASFINAG geliefert. Auf dieser Grundlage können Entscheidungen auf strategischer Ebene über das Portfolio getroffen werden.

Die strategische Ausrichtung ist Kennzeichen dieses Teams. Mit seinen Leistungen und der Unterstützerfunktion für die anderen Teams der Abteilung, leistet das Engineering einen wesentlichen Beitrag zur Weiterentwicklung der Abteilung und Wirksamkeit der Teams.

Der Leitgedanke des Asset Managements – die Netzverantwortung aktiv zu managen – wird mit dieser Struktur erfolgreich umgesetzt. Klare Zuständigkeiten ermöglichen den Teams ein effektives Wirken und für die Mitarbeiter eine klare Ausrichtung hinsichtlich der an ihre Rolle gestellten Anforderungen. Das Bild 9 zeigt, wie die Abteilung mit anderen Organisationseinheiten der ASFINAG zusammenwirkt und wie übergreifende Verantwortungen klar wahrgenommen werden.

Bild 9: Die Abteilung Asset Management im Kontext der ASFINAG

2 Abläufe

Dieser Abschnitt soll einen Überblick über die Herangehensweise im Asset Management der ASFINAG geben.

2.1 Grundlagen für das Erhaltungsmanagement

Operative Grundlage jedes Erhaltungsmanagements ist eine strukturierte Zustandserfassung und Verwaltung der Bestands- und Zustandsdaten inklusive der zu treffenden Maßnahmen in einem Datenbanksystem. Dies erfolgt in der ASFINAG seit den 1990er Jahren, wodurch ein umfangreicher Datenbestand hinsichtlich Zustand der Bauwerke und getroffene Maßnahmen vorliegt. Dies ist eine wichtige Grundlage für die Arbeit des Asset Managements. Analysen und Prognosen auf Portfolioebene werden hierdurch erst ermöglicht.

Jüngste Weiterentwicklung ist die Erstellung eines neuen Datenbanksystems inklusive moderner Schnittstellen für die Benutzer. Eine noch direktere Anbindung an das ASFINAG GIS-System und Nutzung von Tablet-Computern zur mobilen Datenerfassung bei Prüfungen und Kontrolle sind hier wichtige Neuerungen.

2.2 Mittelfristige Erhaltungsplanung

Den größten Budgetanteil auf der Ausgabenseite nimmt neben dem Neubau die bauliche Erhaltung ein. In der ASFINAG wird unter dem Begriff der baulichen Erhaltung, sowohl die Sanierung, als auch die Wiedererrichtung von bestehenden Bauwerken verstanden. Die Budgetplanung der ASFINAG erfolgt unter dem Namen „Infrastruktur-Investitionsprogramm IIP“ jährlich über eine 6-Jahresperiode. Mit dem Eigentümer, vertreten durch das Verkehrsministerium, und dem Finanzministerium, welches die Interessen der Republik Österreich hinsichtlich der Haftung für die Schulden der ASFINAG vertritt, wird das inhaltliche Einvernehmen hergestellt. Zum Abschluss muss das Budget vom Aufsichtsrat der ASFINAG genehmigt werden.

Die Rolle des Asset Management in der Budgetplanung ist es, die erforderlichen Sanierungs- und Neubaumaßnahmen in Einklang mit der Verfügbarkeit, Verkehrssicherheit und den vorgegebenen Budgetmittel zu planen. Diese mittelfristige Erhaltungsplanung erfolgt auf konkreter Projektebene auf Basis von ingenieurmäßigen Entscheidungen. Die Entscheidungen werden hierbei von den Vorgaben der Erhaltungsstrategie geleitet. Ein wichtiges Instrument ist hierbei die Korridorplanung, welche den zeitlichen und räumlichen Ablauf sämtlicher Maßnahmen auf einer Strecke im Sinne optimaler Verfügbarkeit und Verkehrssicherheit betrachtet. Definierte Regellebenszyklen und Prognosemodelle dienen begleitend als Entscheidungshilfe. Bei komplexen Fragestellungen liefert das Life Cycle Management Grundlage für eine maßnahmenübergreifende Entscheidung.

2.3 Langfristige Projektvorschau – Korridorplanung

Steigendes Verkehrsaufkommen und der durch die Alterung des Netzes bedingte steigende Erhaltungsbedarf erfordert zum Aufrechterhalten einer optimalen Verfügbarkeit ein professionelles und vorausschauendes Herangehen. Zu diesem Zweck wurde die Korridorplanung eingeführt. Sie liefert eine langfristige projektbezogene Vorschau, welche die wichtigsten und größten Projekte beinhaltet. Hierdurch sollen Synergie vor allem in Hinblick auf die Verfügbarkeit frühzeitig erkannt und gemanagt werden. Der betrachtete Zeitraum deckt ca. 20 Jahre in die Zukunft ab. Die Abteilung Asset Management liefert hierbei langfristige Sanierungskonzepte und Projektabläufe. Der Fokus wird auf die wichtigsten und wesentlichen General- und Zwischensanierungen und auf eine die Gewerke übergreifende Betrachtung (z. B. in Tunnels die baulichen und elektromaschinellen Anforderungen) gelegt.

Bei dieser langfristigen Projektvorschau wird der aktuelle Zustand der Bauwerke berücksichtigt und anhand der Regellebenszyklen der Zeitpunkt zu erwartender Sanierungsmaßnahmen abgeschätzt. Die langfristige Projektvorschau liefert eine Orientierungshilfe für die konkreten Projekte und die Budgetplanung im Rahmen des 6-jährigen Infrastruktur-Investitionsprogramms. Eine langfristige und nachhaltige Vorgehensweise ist hierdurch gesichert.

2.4 Langfristige Budgetplanung

Bei der langfristigen Budgetplanung liegt der Fokus in der Ermittlung des zu erwartenden Erhaltungsbedarfs. Hierbei wird bewusst auf komplexe Analysen im Sinne einer besseren Transparenz und Nachvollziehbarkeit verzichtet. Aktuelle Zielsetzung ist die Ermittlung der Größenordnung und der Entwicklung des Budgetbedarfs und das Aufzeigen der wesentlichen Treiber für den Aufwand. Die Ermittlung erfolgt auf Basis definierter Regellebenszyklen der einzelnen Assetklassen. Im Rahmen einer Portfolioanalyse geht jedes einzelne Bauwerk über seinen Errichtungszeitpunkt, seine räumlichen Abmessungen und definierte Kostensätze für die Sanierungsart, entsprechend dem zugeordneten Lebenszyklusmodells, ein. Der aktuelle Erhaltungszustand wird bei der Langfristprognose nicht berücksichtigt.

Durch die Vollständigkeit der Betrachtung für die einzelnen Assetklassen, ist die Ermittlung des Budgetbedarfs hinreichend genau. Das Ergebnis dieser Analysen wurde als Grundlage für die Festlegung der budgetären Planungsvorgaben verwendet und sichert nun eine Balance zwischen dem Erhaltungsbedarf und den erforderlichen Budgetmitteln. Ebenso wurden diese Grundlagen in der finanziellen ASFINAG Langfristprognose, welche den Zeitraum bis zum Jahr 2030 betrachtet, berücksichtigt.

Zukünftig soll auf Basis dieser Methode und der zusätzlichen Berücksichtigung des aktuellen Zustands bzw. des aktuellen Status im Lebenszyklus eine Portfolioanalyse des Erhaltungsrückstands und Analysen zur wirtschaftlichen Optimierung im Portfolio ermöglicht werden. Eine Kennzahl, welche diesen Zustand möglichst gut beschreibt, wird derzeit erarbeitet.

3 Erhaltungsstrategie

Seit ca. 15 Jahren gibt es in der ASFINAG strategische Festlegungen mit konkreten Zielsetzungen und Nachverfolgungen von definierten Kennzahlen zum Thema Erhaltung, welche kontinuierlich weiterentwickelt wurden. Im Jahre 2012 wurden diese Festlegungen unter dem Titel „Erhaltungsstrategie der ASFINAG“ zusammengeführt (Bild 10). Die aktuelle Version 1.1 wurde zuletzt im Jahr 2016, nach einer inhaltlichen und redaktionellen Überarbeitung, beschlossen. Besonderheit dieser Strategie ist es, dass die Erhaltungsziele aus den Konzernzielen hergeleitet werden. Anstatt direkte Zustandsziele zu definieren werden Gebrauchsziele definiert, aus welchen allenfalls Zustandsziele abgeleitet werden können.

Die Erhaltungsstrategie wird in der Strategieebene aus den Kunden- und Finanzzielen der Konzernstrategie hergeleitet. Im Bereich der Kundenperspektive werden die Themen Netzverfügbarkeit und Sicherheit, im Bereich der Finanzziele die Themen Sicherstellung des zu erreichenden Jahresüberschusses und der Nachhaltigkeit betrachtet. Auf der Managementebene der Strategie werden dann Umsetzungsprogramme zur Erreichung der Ziele definiert. Konkrete Maßnahmen und Werkzeuge sind dann zuletzt auf der Umsetzungsebene der Strategie definiert.

Zusätzlich werden auf operativer Ebene für jede Assetklasse Erhaltungsmanagement-Systeme definiert. Diese beinhalten einen Schadenskatalog, Zustandsentwicklungsfunktionen, Methoden der Zustandserfassung, -auswertung und Prognose, einen Maßnahmenkatalog, Lebenszyklusmodelle, Vorgaben zur Maßnahmenplanung und -optimierung und Prioritätenreihung und Kostenschätzung.

Derzeit werden in der Erhaltungsstrategie die Assetklassen Fahrbahn, Brücke, Tunnel und elektromaschinelle Ausrüstung behandelt.

Bild 10: Matrix der ASFINAG-Erhaltungsstrategie

3.1 Überarbeitung der Erhaltungsstrategie

Seitens der ASFINAG wird derzeit an einer Überarbeitung der Erhaltungsstrategie gearbeitet. Grundsätzlich entspricht die Herangehensweise der aktuellen Strategie einem modernen Asset Management, welches sich an dem Unternehmenszweck der ASFINAG – ein sicheres, gut serviciertes und verfügbares Streckennetz wirtschaftlich und nachhaltig zur Verfügung zu stellen – orientiert.

Aus operativer Sicht fehlen jedoch mehrere wesentliche Assetklassen, wie zum Beispiel Lärmschutzwände, Stützkonstruktionen, geankerte Konstruktionen, Überkopfwegweiser und Erdbauwerke. Die vorhandenen Erhaltungsmanagement-Systeme sind ebenso zu aktualisieren.

Aus strategischer Sicht ist der Konnex zu den Unternehmenszielen zu evaluieren und zu ergänzen, im Besonderen sind hier soziökonomische Aspekte zu berücksichtigen. Ein weiteres Entwicklungsfeld ist die Integration eines risikobasierten Zugangs zum Erhaltungsmanagement.

Wesentlicher Aspekt der Erhaltungsstrategie ist auch die Lesbarkeit. Mit Hilfe der Erhaltungsstrategie deklariert das Asset Management seine Herangehensweise und die Ziele, die verfolgt werden. Die Strategie muss einerseits ausreichend detailliert verfasst werden, um Klarheit für die betroffenen Mitarbeiter zu schaffen und andererseits dem Management und sonstigen Stakeholdern den nötigen Überblick zu bieten.

Bild 11: Regelkreis Asset Management

4 Netzzustandsbericht

Durch das Asset Management wurde der Netzzustandsbericht entwickelt. Dieser Bericht gibt Auskunft über die Erreichung der Ziele der Erhaltungsstrategie, Grundlegenden Informationen zum Anlagenbestand (Mengengerüst, Altersverteilung, Wiederbeschaffungswert und technischer Anlagenzeitwert), zum Anlagenzustand, zu den geplanten Investitionen in die Erhaltung (IIP), Schlüsselobjekte und den zu erwartenden langfristigen Erhaltungsbedarf.

Der Netzzustandsbericht ist somit ein wichtiges internes technisches und strategisches Controlling Instrument, welches die Identifikation von konkretem Verbesserungs- und Änderungsbedarf ermöglicht. In Zusammenhang mit den operativen Abläufen im Asset Management und den strategischen Vorgaben der Erhaltungsstrategie und den Planungsvorgaben der Holding für das Erhaltungsbudget schließt der Netzzustandsbericht den Regelkreislauf des Asset Managements (Bild 11).

Literaturverzeichnis

ASFNAG, „Das Autobahnnetz in Österreich, 30 Jahre ASFINAG“, https://www.asfinag.at/docu- ments/10180/13369/de_Buch+30+Jahre+ASFINAG.pdf/8af1a7eb-9bda-4f3c-86a9-81181d4bacb9