FGSV-Nr. FGSV 002/113
Ort Karlsruhe
Datum 22.09.2015
Titel Erfahrungen mit der ergebnisorientierten Steuerung des Straßenbetriebsdienstes
Autoren Ltd. RBDir. Dipl.-Ing. Jürgen Porwollik, RBauR'in Dipl.-Ing. Monika Wigger
Kategorien Straßenbetrieb, Winterdienst
Einleitung

Der Landesbetrieb Straßenbau NRW (kurz: Straßen NRW) ist für ein rund 19.000 Kilometer umfassendes überörtliches Straßennetz in Nordrhein-Westfalen zuständig. Zu diesem Netz zählen rd. 2.200 km Bundesautobahnen, 4.000 km Bundesstraßen, ca. 12.000 km Landesstraßen und etwa 1.000 km Kreisstraßen. Die Organisation des Landesbetriebes gliedert sich in eine Zentrale, 10 Niederlassungen und 29 Master-Meistereien, denen insgesamt 80 Meistereien zugeordnet sind. Seit September 2015 sind die Niederlassungen in 4 Regionen gegliedert, womit - in Analogie zum Master-Meisterei-Modell - eine verbesserte niederlassungsübergreifende Personalauslastung ermöglicht werden soll. 

Straßen NRW hat bereits im Zusammenhang mit der Erprobung des Bundesleistungsheftes im Jahr 2001 alle wesentlichen Voraussetzungen zur Umsetzung der ergebnisorientierten Steuerung des Straßenbetriebsdienstes geschaffen. Die seit 1998 auf Basis von SAP-CO implementierte Kosten- und Leistungsrechnung stellt dabei eine wichtige Komponente dieser Voraussetzungen dar. Mit der im Jahr 1999 begonnenen Erfassung des Anlagebestandes der Bundesfern- und Landes- und Kreisstraßen wurde ein weiterer unverzichtbarer Bestandteil der Steuerungskonzeption des Straßenbetriebsdienstes realisiert.

Auf dieser Basis wird nunmehr seit mehreren Jahren bei Straßen NRW die Planung der Ressourcen des Straßenbetriebsdienstes wie Budget, Personal und Geräte nach dem „Bottom-up-Prinzip“ auf Grundlage des Bundesleistungsheftes durchgeführt.

Durch das einhergehende Berichtswesen wird eine bessere Steuerung der Meistereien sowie das Setzen von Benchmarks ermöglicht. Es ist ein landesweiter Vergleich der Meistereien möglich und die Meistereien können ihre Leistungen selbst an vergleichbaren Meistereien messen. Zudem kann auf Grundlage der Daten entschieden werden, ob die Vergabe einer Leistung wirtschaftlicher ist als die eigene Ausführung. Die Daten dienen ferner als Grundlage für Kalkulationen der Betriebsdienstkosten für Kreisstraßen oder im Zuge der vorläufigen Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen für ÖPP-Projekte.

Im Rahmen der mehrjährigen Umsetzung der ergebnisorientierten Steuerung beim Landesbetrieb Straßen NRW traten jedoch auch Schwierigkeiten auf. Hierfür sind landesbetriebsinterne aber auch bundesweite Maßnahmen wie beispielsweise die Überarbeitung des Bundesleistungsheftes erforderlich.

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1 Einleitung

Die öffentliche Verwaltung befindet sich seit einigen Jahren in einem Veränderungsprozess, um künftigen Herausforderungen und Entwicklungen gerecht werden zu können. Wirtschaftliches Handeln, Kostenbewusstsein und Kundenorientierung erlangen dabei einen immer größer werdenden Stellenwert. Auch die Verantwortlichen des Straßenbetriebsdienstes müssen sich diesen Anforderungen stellen und Maßnahmen ergreifen, um zukünftig kostenbewusster zu arbeiten. In diesem Zusammenhang wurde bereits 2006 durch den Maßnahmenkatalog MK1 die „Neue Steuerungskonzeption des Straßenbetriebsdienstes“ durch das Bundesministerium für Verkehr eingeführt. Mit den darin enthaltenen übergeordneten und strategischen Überlegungen und Anweisungen zur Umsetzung der ergebnisorientierten Steuerung des Straßenbetriebsdienstes soll der Wechsel von der bislang praktizierten inputorientierten Steuerung hin zu einer leistungsorientierten Output-Steuerung ermöglicht werden. (Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, 2006) 

Es wird erwartet, dass durch die Anwendung der neuen Steuerungskonzeption vor allem die Wirtschaftlichkeit des Betriebsdienstes der Länder gesteigert werden kann und die Betriebsdienstkosten gesenkt werden können. Durch die verbesserte Kostentransparenz sowohl landesintern wie auch im Ländervergleich kann die Planung von Ressourcen und deren Kontrolle anhand von Plan-, Soll- und Ist-Daten erfolgen. Somit ist eine leistungsbezogene Zuweisung von Finanzmitteln möglich, die sich nicht an der Höhe der Mittel vergangener Haushaltsperioden, sondern an den im Bundesleistungsheft (Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, 2004) beschriebenen Leistungen orientiert. Die zugewiesenen Budgets sind dann an die pro Straßenklasse vereinbarten Leistungsmengen gekoppelt. Es ist weiterhin möglich durch die ergebnisorientierte Steuerung des Betriebsdienstes die Wettbewerbsfähigkeit sowohl intern wie auch extern zu verbessern. 

Der Weg zur ergebnisorientierten Steuerung begann in NRW bereits 1978 mit der Anwendung des sogenannten LKE-Verfahrens (Leistungs- und Kostenermittlungsverfahren). Im Jahr 1998 wurde die Kosten- und Leistungsrechnung (KLR) auf der Grundlage von SAP-CO eingeführt und der Anlagebestand an Straßen flächendeckend erfasst. Mittlerweile erfolgt sowohl die Budget- wie auch die Personalbemessung der einzelnen Meistereien bestandsbezogen mittels der KLR. NRW kann inzwischen auf eine langjährige Erfahrung mit der Anwendung betriebswirtschaftlicher Instrumente zur Steuerung des Betriebsdienstes zurückblicken und diese bei aktuellen Fragestellungen wie beispielsweise der Kostenkalkulation für ÖPP-Projekte für sich verwenden.

2 Umsetzung bei der Ressourcenplanung

2.1 Allgemeines

Die Steuerungskonzeption beinhaltet im Wesentlichen die Planung der Leistungsmenge (Outputplanung) und der Ressourcen (Inputplanung) des Straßenbetriebsdienstes. Bis 2004 erfolgte beim Landesbetrieb Straßen NRW die Planung der Ressourcen vereinfachend auf Grundlage der Netzlänge und von Zuschlägen beispielsweise für den Winterdienst, Bauwerke, Radwege etc. Seit 2005 wird diese Planung als Outputplanung auf der Grundlage der Jahresarbeitsmenge durchgeführt. Hierbei spielen der Anlagebestand der Straßen der Meistereien und die Turnusse der Leistungserstellung die ausschlaggebende Rolle. Für jede Meisterei werden so auf Grundlage des Bundesleistungsheftes mit dem jeweiligen Anlagebestand über den Zeitraum eines Jahres die Leistungsmengen geplant. 

Die Datenaufnahme, -haltung und –pflege erfolgt gemäß der „Richtlinie zur Erhebung des Anlagebestandes auf Bundesfernstraßen“ (Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, 2011) in der Fachschale Unterhaltung und Instandsetzung (FSUI) und ist täglich aktuell. Dabei werden die Bestandsdaten in vier Streckenbänder und etwa 40 Objekte mit attributiver Unterscheidung gegliedert. Gemäß den Erfahrungen in NRW bestehen beim Vergleich der Meistereien erhebliche Unterschiede in deren Anlagenbestand. Abbildung 1 stellt diesen Umstand am Beispiel der Gräben/Mulden und der Rohrleitungen dar. Aus diesen Unterschieden im Anlagebestand ergeben sich wiederum unterschiedlich hohe Aufwände für den Betriebsdienst. 

Ergebnisse regelmäßiger Kostenanalysen bestätigen, dass nur etwa ein Drittel der Betriebsdienstkosten die Fahrbahn betreffen und zwei Drittel der Kosten für die Straßenausstattung und die Seitenräume aufzuwenden sind. Demnach entspricht die beim Landesbetrieb seit 2005 durchgeführte Zuweisung im Gegensatz zur vorher praktizierten Zuweisung über Netzlängen den tatsächlichen Anforderungen der einzelnen Meistereien.

Abbildung 1: Bestandsdaten - 2 Objekte im Vergleich

Neben dem Anlagenbestand müssen für die Ermittlung der meistereispezifischen Leistungsmenge die Turnusse der Leistungserstellung bekannt sein. Diese werden bei Straßen NRW für jede Straßenklasse für die Leistungsbereich 1 bis 4 aus Langzeit-Ist-Erfassungen nachkalkuliert und als mehrjähriger Medianwert für alle Meistereien einheitlich verwendet. Für die Leistungen der Leistungsbereiche 5 (Winterdienst) und 6 (Sonstige Leistungen) werden die gemittelten tatsächlichen Aufwände der zurückliegenden Jahre berücksichtigt.

Abbildung 2: Beispiel für Turnusse und Häufigkeiten pro Jahr bei Straßen NRW

Über die Verknüpfung des meistereispezifischen Anlagebestandes mit dem ermittelten Turnus werden für jede Meisterei meistereispezifische Leistungskataloge erstellt, welche die Basis der Ressourcenplanung der Meistereien darstellen.

2.2 Planung der Budgets

Die jährlichen Budgets werden bei Straßen NRW für jede Meisterei auf Grundlage der Ressourcenplanung für alle Straßenklassen ermittelt. So errechnet sich das zur Verfügung gestellte jährliche Meistereibudget beim Landesbetrieb aus der Summe der Produkte von Bestand, Turnus und Stückkosten der einzelnen Leistungen. Die Stückkosten berücksichtigen für jede Leistung die anteilige Betriebszeit (Personal, Fahrzeuge und Geräte), die Rüst-, Fahr- und Absicherungszeiten sowie den durchschnittlichen Materialverbrauch über den Ansatz von kalkulierten Stundentarifen und die anteilig auf jede Leistung entfallenden Gemeinkosten. Die Stückkosten werden als nachkalkulierte Medianwerte über alle Meistereien ermittelt.  

Über die so kalkulierten Meistereibudgets ergibt sich für jede Straßenklasse eine bestandsabhängige Schlüsselung zu der noch eine bestandsunabhängige Budgetkomponente hinzukommt. Das bestandsunabhängige Budget ergibt sich aus den Fixkosten wie Kosten für Taumittel, Strom, Wartungsverträge und Einleitungsgebühren. In NRW machen dabei die Gebühren für das Einleiten von Straßenoberflächenwasser in kommunale Systeme ein Finanzvolumen von etwa 25 Mio. € jährlich aus. Diese Kosten hängen nicht direkt mit dem Bestand zusammen und werden daher aus Vorjahresanalysen berechnet. Die so ermittelten Meistereibudgets enthalten die Personalkosten, die Sachmittel für den Materialeinkauf und die Kosten für Fremddienstleistungen. 

Abbildung 3 stellt das Ergebnis der Budgetermittlung aller Straßenmeistereien des Landesbetriebs für das Jahr 2015 dar. Es ist zu erkennen, dass sich die UI-Budgets der Meistereien teilweise stark unterscheiden. So beträgt das Budget der Meisterei Marl mehr als das Doppelte der Meisterei Erndtebrück. Diese Unterschiede ergeben sich im Wesentlichen aus dem unterschiedlichen Anlagebestand der Meistereien. Die Netzlängen der Straßenmeistereien betragen im Durchschnitt etwa 300 km. Weiterhin werden bei Meistereien mit einem geringen Personalbestand die personellen Defizite mit finanziellen Zuweisungen für Fremddienstleistungen ausgeglichen.

Abbildung 3: Budgetvergleich der Straßenmeistereien von Straßen NRW 2015

Im Vergleich dazu ist das Budget dargestellt, was sich nach der Budgetermittlung über Netzlänge und Zuschläge in Anlehnung an den Ergebnisbericht der „Meisterei 2000“ (Länderfachausschuss Straßenunterhaltung und Betriebsdienst, 1995) ergibt. Diese Verfahrensweise findet heute noch bei vielen Straßenbauverwaltungen Anwendung.

Der Vergleich zeigt, dass bei einigen Meistereien nur geringe Unterschiede zur bestandsabhängigen Budgetermittlung bestehen. Bei den meisten Meistereien lassen sich jedoch durch die verschiedenen Bemessungsansätze deutliche Unterschiede für die Budgets erkennen. Dabei gibt es sowohl Meistereien, die durch die bestandsabhängige Budgetierung deutlich niedrigere, aber auch Meistereien, die eine deutlich höhere Budgetzuweisung erhalten.

2.3 Planung des Personals

Die Personalbemessung erfolgt für jede Meisterei in Analogie zur Budgetermittlung. Ausgehend vom meistereispezifischen Anlagebestand wird unter Berücksichtigung der Turnusse und Produktivitäten aller Leistungen die benötigte Gesamtpersonalkapazität errechnet. Die landebetriebsintern ermittelten Produktivitäten beinhalten die Betriebszeiten sowie Rüst-, Fahr- und Absicherungszeiten der Leistungen und stellen die nachkalkulierten Medianwerte dar. 

Die theoretische 100 % Personalbesetzung errechnet sich dann aus dem Quotienten des Gesamtjahresaufwandes und der Jahresarbeitszeit eines Mitarbeiters. Die Jahresarbeitszeit eines Mitarbeiters wird hierfür mit 1.500 h (Nettoarbeitszeit) angenommen. Darüber hinaus ist eine bestandsunabhängige Komponente zu berücksichtigen. So ist unabhängig vom Bestand jeder Meisterei Personal für die Streckenwartung, den Unfalldienst und den Winterdienst zur Verfügung zu stellen. Daher setzt sich das Personalberechnungsverfahren gemäß Abbildung 4 zu 60 % aus der bestandsabhängigen Komponente und zu 40 % aus einer bestandsunabhängigen Komponente zusammen.

Abbildung 4: Personalberechnungsverfahren Straßen NRW

Die Organisation und Ausstattung der Meistereien hat so zu erfolgen, dass diese wirtschaftlich arbeiten können. Unter Berücksichtigung der ganzjährigen Auslastung von Personal und Fahrzeugen sowie der grundsätzlichen Vergabe aller nicht wirtschaftlich mit eigenem Personal zu erbringenden Leistungen, wie z. B. das Warten und Instand halten der Lichtsignalanlagen, ist daher in NRW mit der Gesamtpersonalvertretung eine Sollbesetzung von maximal 80 % vereinbart worden. Gemäß der aktuellen Personalbemessung von Straßen NRW beträgt das 80 %‑Soll 1.783 UI‑Stellen bei einer Ist-Besetzung von 1.844 (incl. Werkstattpersonal). Der momentan noch bestehende Überhang wird durch Personalabgänge über die Zeit abgebaut. Die von der 80 %‑Sollbesetzung abweichende Istbesetzung der Meistereien wird durch Sachmittelabzüge bzw. –zuschläge im Rahmen der Budgetierung kompensiert.

Ausgehend von 2.500 Stellen im Jahr 2001 (Bemessung in Anlehnung an das Arbeitspapier Meisterei 2000) wurden bisher bereits etwa 650 Stellen abgebaut. Der Überhang konnte demnach bereits zu großen Teilen ausgeglichen werden, wobei sich diesbezüglich große regionale Unterschiede ergeben. 

Abbildung 5 stellt das Ergebnis der Personalberechnung 2015 für alle Straßenmeistereien von Straßen NRW bezogen auf das 80 %‑Soll dar. Der Durchschnittswert der Soll-Besetzung der Straßenmeistereien liegt bei 22 Mitarbeitern (incl. Werkstattpersonal). Dabei variiert die mit Hilfe des teilweise bestandsabhängigen Personalberechnungsverfahrens ermittelte Soll-Besetzung je nach Straßenmeisterei zwischen 16 und 27 Mitarbeitern. Im Vergleich dazu ist die in Anlehnung an den Ergebnisbericht der „Meisterei 2000“ (Länderfachausschuss Straßenunterhaltung und Betriebsdienst, 1995) über Netzlänge und Zuschläge ermittelte Sollbesetzung dargestellt. Es fällt auch hier auf, dass die so ermittelten Werte im Vergleich zur bestandsabhängigen Personalberechnung größtenteils deutlich abweichen. Meistens führt die Personalermittlung in Anlehnung an den Ergebnisbericht der „Meisterei 2000“ zu einer deutlichen Überbesetzung.

Abbildung 5: Personalvergleich der Straßenmeistereien von Straßen NRW 2015

Für überschlägige Bemessungsansätze können die in Abbildung 6 genannten Erfahrungswerte für straßenklassenspezifische Betreuungslängen (reine Netzlängen) je UI-Mitarbeiter herangezogen werden. Die Anwendung dieser Kennzahlen ist lediglich bei großen Straßennetzen geeignet, da nur dann vereinzelte starke Abweichungen von diesem Wert einen geringen Einfluss auf den Erfahrungswert ausüben.

Abbildung 6: Erfahrungswerte Betreuungslänge (Netz) je UI-Mitarbeiter, Straßen NRW

2.4 Ergebnis

Die Erfahrungen zeigen, dass die Umsetzung der ergebnisorientierten Steuerung und der daraus resultierenden veränderten Ressourcenplanung und -zuweisung in NRW mittlerweile auf große Akzeptanz bei den Meistereien stößt, da dieser Ansatz dem tatsächlichen Arbeitsaufwand jeder Meisterei entspricht. Zudem werden die Bestandsdaten nun auch im Interesse der Meistereien sorgfältiger gepflegt, da diese einen unmittelbaren Einfluss auf die zur Verfügung stehenden Ressourcen (Budget, Personal) einer Meisterei haben. Die Grundlage für die zukünftige Ressourcenplanung verbessert sich dadurch stetig. Weiterhin ist seit Einführung der bestandsabhängigen Zuweisung die Nachsteuerung der Budgets in viel geringerem Aufwand erforderlich, da im Rahmen der neuen Steuerungskonzeption die Meistereien unter anderem mehr Eigenverantwortung erhalten haben, um innerhalb von bestimmten Rahmenvorgaben flexibler und somit effektiver handeln zu können.

3 Berichtswesen und Benchmarks

Zur Optimierung und Aktualisierung der Steuerungsparameter werden bei Straßen NRW regelmäßige Auswertungen wichtiger Kennzahlen durchgeführt. Diese Kennzahlen sollen sowohl die interne Betriebssteuerung wie auch meistereiübergreifende Betriebsvergleiche ermöglichen und als Grundlage für Make-or-Buy-Entscheidungen dienen.  

Zu diesen Kennzahlen zählen die Mengenkennzahlen, Leistungskennzahlen und Kostenkennzahlen. 

Als wichtigste Mengenkennzahl ist der Turnus zu nennen. Er ergibt sich als Quotient aus der Menge pro Periode und Leistungsart und dem Referenzbestand. Zur Überprüfung der Effektivität der Leistungserstellung werden jährlich für alle Meistereien die erbrachten Leistungsmengen nachkalkuliert. Die Medianwerte werden als Einheitsturnusse für die Ressourcenbemessung verwandt und bilden deren Grundlage. Auffälligkeiten bei den meistereispezifischen Turnussen der verschiedenen Leistungen werden mit den betroffenen Meistereien diskutiert, um Gründe für diese Auffälligkeiten zu ermitteln und gegebenenfalls auftretende Buchungsfehler zukünftig zu vermeiden. Durch die Anwendung der ergebnisorientierten Steuerung bei Straßen NRW war es möglich die Turnusse der Leistungen zwischen den Meistereien seit 2006 stetig zu harmonisieren. 

Zur Aktualisierung der Leistungskennzahlen werden ebenfalls jährlich für alle Leistungen und Meistereien die Produktivitäten nachkalkuliert. Diese errechnen sich dabei als Quotient aus der Betriebszeit und der erbrachten Leistungsmenge. Die Medianwerte der Produktivität der Meistereien werden als Grundlage für die Arbeitsplanung und Ressourcenbemessung verwendet und dienen somit als Benchmark für die Meistereien.  

Die Stückkosten als wichtige Kostenkennzahl sind ebenso Grundlage für die Bemessung der Meistereibudgets und werden daher jährlich nachkalkuliert. Sie ermitteln sich als Quotient aus den Gesamtkosten und der Menge je Leistungsart und Periode. Die aktuellen Medianwerte dienen der Budgetermittlung und der Kalkulation externer Kostenangebote. 

Über die Ist-Kosten einer Leistung und die gesamten Betriebsdienstkosten kann der Anteil jeder Leistung an den Gesamtkosten ermittelt werden. Hierdurch können die besonders kostenintensiven Leistungsarten aufgezeigt werden. So ergibt die Auswertung der anteiligen Kosten, dass in NRW bereits 10 der insgesamt 76 Leistungen des Bundesleistungsheftes je nach Straßenklasse 43 bis 62 % der gesamten Betriebsdienstkosten binden. Die 10 kostenintensivsten Leistungsarten sind in Abbildung 7 und Abbildung 8 in Abhängigkeit von der jeweiligen Straßenklasse (Bundesautobahn bzw. Landesstraße) dargestellt. Diese „Kostentreiber“ können sowohl regional als auch von Jahr zu Jahr variieren. Jedoch zeigt sich, dass etwa die Hälfte der 10 „Kostentreiber“ sowohl auf Bundesautobahnen wie auch auf Landesstraßen übereinstimmen.

Abbildung 7: Kostenintensive Leistungsarten auf Bundesautobahnen

Abbildung 8: Kostenintensive Leistungsarten auf Landesstraßen

Für überschlägige Kostenvergleiche sind darüber hinaus die straßenklassenspezifischen Betriebsdienstkosten von Interesse. Hierfür ist der Quotient aus den Kosten und der Netzlänge zu berechnen. Die Anwendung dieser Kennzahl (Abbildung 9) ist lediglich bei großen Straßennetzen geeignet, da nur dann vereinzelte starke Abweichungen von diesem Wert einen geringen Einfluss auf den Erfahrungswert ausüben.

Abbildung 9: Erfahrungswerte Betriebsdienstkosten Straßen NRW

4 Konkrete Anwendung

4.1 Allgemeines

Durch die beim Landesbetrieb praktizierte ergebnisorientierte Steuerung ergeben sich nicht nur intern Vorteile. Es ist Straßen NRW dadurch möglich sich dem Wettbewerb zu stellen und externe Aufträge zu erhalten. Darüber kann ein Anteil zur Zukunftssicherung des landeseigenen Betriebsdienstes geleistet werden.

4.2 Kreisstraßen

In Nordrhein-Westfalen obliegt die Zuständigkeit der Kreisstraßen den Kreisverwaltungen. Sechs Landkreise haben sich jedoch entschlossen den Straßenbetriebsdienst durch den Straßen NRW durchführen zu lassen, wobei die beauftragten Netzlängen zwischen 46 und 265 km variieren. Insgesamt beträgt die Länge der durch den Landesbetrieb betreuten Kreisstraßen 1.016 km. 

Im Vorfeld hat Straßen NRW dazu mit den Kreisverwaltungen individuelle Verträge auf der Grundlage des Bundesleistungsheftes abgeschlossen. Die Preiskalkulation für die Kostenangebote erfolgte in Analogie zur Budgetermittlung in Abhängigkeit vom individuell ermittelten Anlagebestand. Durchschnittlich betragen die Einnahmen für die Unterhaltung der Kreisstraßen derzeit 5.500 €/km. Die Durchführung des Betriebsdienstes auf den Kreisstraßen bietet zudem in der Regel erhebliche Synergien für das wirtschaftliche Betreiben der Kreis-, Landes- und Bundesstraßen aus einer Hand.

4.3 Öffentliche private Partnerschaften

In einem weiteren konkreten Fall konnte die beim Landesbetrieb praktizierte Betriebskostenkalkulation Anwendung finden. Im Frühjahr 2015 wurde der Landesbetrieb Straßenbau NRW beauftragt, die Datenerhebung für die sogenannte PSC-Variante im Rahmen der vorläufigen Wirtschaftlichkeitsuntersuchung für ein mögliches ÖPP-Projekt auf den Bundesautobahnen A1 und A30 durchzuführen. Dabei mussten unter anderem die jährlichen Kosten des Betriebsdienstes für die insgesamt 30jährige Laufzeit ermittelt werden. Die Kostenkalkulation des Betriebsdienstes wurde dafür individuell für die einzelnen Ausbau- und Erhaltungsphasen vorgenommen. Hierfür musste eine gesonderte Betrachtung des Anlagebestandes und der Turnusse der Leistungserstellung in Abhängigkeit von der jeweiligen Ausbau- bzw. Erhaltungsphase erfolgen. Dazu konnte auch auf Erfahrungswerte der bereits 6-streifig ausgebauten A2 zurückgegriffen werden. 

Bezogen auf die 30jährige Laufzeit liegen die ermittelten Betriebsdienstkosten (incl. der Managementkosten) für die 6-streifige Ausbaustrecke der A1 bei weniger als 35.000 €/km und für die 4-streifige Erhaltungsstrecke der A30 bei ungefähr 25.000 €/km. Bei bisherigen ÖPP-Projekten wurden demgegenüber mit durchschnittlichen PSC-Kosten des Betriebs in Höhe von etwa 49.000 €/km, also mehr als 30 % über den in NRW ermittelten Betriebsdienstkosten kalkuliert. Auch im Rahmen der Ermittlung des Verfügbarkeitskontos war es möglich auf die Erfahrungen mit der ergebnisorientierten Steuerung zurückzugreifen, indem die meistereispezifischen Produktivitäten der einzelnen Leistungen zugrunde gelegt werden konnten. Die Kosten und Verfügbarkeitseinschränkungen aufgrund des landeseigenen Betriebsdienstes konnten so konkret errechnet werden und der Landesbetrieb muss den Wettbewerb mit externen Anbietern nicht scheuen.

5 Erfahrungen, Fazit, Ausblick

Im Rahmen der Umsetzung der „Neuen Steuerungskonzeption“ wurden beim Landesbetrieb viele positive Erfahrungen gewonnen. Durch die Übertragung von Budgetverantwortung an die Meistereien und die durchgeführten Auswertungen arbeiten die Meistereien mittlerweile kostenbewusster, wodurch in vielen Bereichen die Kosten reduziert werden konnten. Somit konnte die Wirtschaftlichkeit des Straßenbetriebsdienstes insgesamt gesteigert werden, wodurch der landeseigene Betriebsdienst in nahezu allen Bereichen wettbewerbsfähig ist. 

Als positive Begleiterscheinung kann der Landesbetrieb seitdem auf eine besser gepflegte Bestandsdatenbank (FSUI der Straßeninformationsbank NRW) zurückgreifen. 

Die im Rahmen der praktischen Umsetzung der „Neuen Steuerungskonzeption“ gewonnenen Erfahrungen haben jedoch auch Umsetzungsprobleme offenbart. So ließ sich erkennen, dass die Einheitlichkeit beim Aufschrieb nicht immer gegeben ist. Beispielsweise variieren die gebuchten Zeitaufwände für die Leistungsart 1.01 „Schäden an Fahrbahnen beseitigen“ zwischen 15 und 165 Minuten je Stück. Der Zeitunterschied von bis zu 2,5 Stunden weist darauf hin, dass eine weitergehende Präzisierung beim Aufschrieb dieser Leistung notwendig ist. 

Daher hat Straßen NRW mit der Umstellung des Erfassungssystems im Jahr 2014 die „Erläuterungen zur einheitlichen Erfassung von Leistungsdaten“ eingeführt. Hierdurch wird die Erfassung aller Leistungen konkret beschrieben und der Begriff „Stück“ definiert. Für die Leistung 1.01 „Schäden an Fahrbahnen beseitigen“ wurde 1 Stück Schaden bis zu einer Größe von 0,5 m² definiert, bei einer Schadensfläche von 1 m² ist die Beseitigung von 2 Schäden aufzuschreiben. 

Ebenso bedingen Veränderungen bei den Arbeitsprozessen notwendige Anpassungen der Leistungserstellung. Auch in NRW werden beispielsweise zunehmend offenporige Fahrbahnbeläge eingesetzt, die hinsichtlich der Reinigung oder des Winterdienstes wesentlich aufwendigerer Arbeitsverfahren bedürfen. Ebenso ist der Reinigungsaufwand entlang geschlossener Schutzeinrichtungen sehr viel höher als bei offenen Schutzeinrichtungen. Vergleichbare Besonderheiten liegen bei drei weiteren Leistungen vor. Da die Mehraufwände im Bundesleistungsheft nicht abgebildet sind, wurden diese in NRW zur besseren Differenzierung als interne zusätzliche Katalogleistungen aufgenommen (Abbildung 10).

Abbildung 10: Zusätzliche interne Katalogleistungen

Gemäß den in NRW gewonnenen Erfahrungen mit der ergebnisorientierten Steuerung des Straßenbetriebsdienstes empfiehlt sich dringend die Umsetzung der Steuerungskonzeption des Maßnahmenkatalogs Straßenbetriebsdienst (MK 1) konsequent zu vollziehen. Damit kann sichergestellt werden, dass die Ressourcenzuteilung (Budget, Personal) bedarfsorientiert erfolgen kann. Die Wirtschaftlichkeit und damit auch die Wettbewerbsfähigkeit kann durch die Umsetzung deutlich verbessert werden.

Es wird jedoch auf Grundlage der langjährigen Erfahrung mit der ergebnisorientierten Steuerung in NRW empfohlen das Bundesleistungsheft unter Berücksichtigung der genannten Problemstellung zu überarbeiten und den geänderten Rahmenbedingungen anzupassen. 

Durch eine Umsetzung der „Neuen Steuerungskonzeption“ in allen Bundesländern könnte eine leistungs- und bedarfsbezogene Zuweisung der Finanzmittel für den Straßenbetriebsdienst erfolgen. Das Ziel des MK1 anstelle einer an der Höhe der Mittel vergangener Haushaltsperioden orientierten Zuweisung eine leistungsbezogene Mittelzuweisung durchzuführen, könnte so umgesetzt werden. Hierdurch wären die zugewiesenen Budgets an die pro Straßenklasse vereinbarten Leistungsmengen gekoppelt und die Einhaltung der Budgets könnte über die Kosten- und Leistungsrechnung kontrolliert werden. Es würde somit ein geschlossener Budgetkreislauf entstehen, über den Kosten- bzw. Leistungsziele vereinbart werden können. 

Eine bundesweite verbesserte Kostentransparenz und Steigerung der Wirtschaftlichkeit des Betriebsdienstes wäre so zu erreichen. Außerdem könnten bundesweite Vergleiche und die Festlegung von Benchmarks durchgeführt werden, wenn für alle Länder einheitliche Annahmen und Grundlagen gelten.

6 Literaturverzeichnis

Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Abteilung Straßenbau, Straßenverkehr (2006): Maßnahmenkatalog Straßenbetriebsdienst MK 1: Umsetzung der Steuerung des Straßenbetriebsdienstes in den Ländern, Verkehrsblatt 2006, Bonn. 

Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Abteilung Straßenbau, Straßenverkehr (2011): Maßnahmenkatalog M3: Richtlinie zur Erhebung des Anlagebestandes der Bundesfernstraßen, Bonn. 

Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, Abteilung Straßenbau, Straßenverkehr (2004): Leistungsheft für den Straßenbetriebsdienst auf Bundesfernstraßen, Version 1.1 Überarbeitung 2012, Bonn. 

Länderfachausschuss Straßenunterhaltung und Betriebsdienst (1995): Rationalisierung der Straßenunterhaltung „Meisterei 2000“ Ergebnisbericht.