FGSV-Nr. FGSV C 12
Ort Bamberg
Datum 05.03.2013
Titel Widerlagerhinterfüllungen bei integralen Brücken
Autoren Dipl.-Ing. Dipl.-Geol. Sebastian Szczyrba, Prof. Dr.-Ing. Wolfram Kudla
Kategorien Erd- und Grundbau
Einleitung

Bei integralen Brücken wird der Brückenüberbau mit den Widerlagern und den Pfeilern monolithisch verbunden, so dass auf den Einbau von Lagern und Dehnfugen verzichtet werden kann. Die Temperaturunterschiede der Umgebungstemperatur führen zu Längenänderungen im Brückenüberbau, die auf die Widerlager übertragen werden. Die dadurch entstehenden Verschiebungen zwischen Widerlager und angrenzender Hinterfüllung bewirken Änderungen beim Erddruck, der auf die Widerlager einwirkt. Dadurch kann der Erddruck in der Winterstellung bis auf den aktiven Erddruck absinken, während im Sommer Erddrücke auftreten, die deutlich oberhalb des Erdruhedruckes liegen. Die wechselnde Erddruckbeanspruchung ist daher bereits beim Entwurf wirklichkeitsnah anzusetzen. Im Rahmen eines Forschungsvorhabens wurden an einer Rahmenbrücke mit einer lichten Weite von 17,50 m bei Frankfurt/Main vier unterschiedliche Hinterfüllungsvarianten ausgeführt. Mit einem mehrjährigen Messprogramm konnten die Setzungen an der Fahrbahnoberfläche und innerhalb der Hinterfüllungen nach Verkehrsfreigabe ermittelt werden. Zusätzlich wurden der Erddruck, die Temperatur und die horizontalen Verschiebungen der Widerlager mit einer Messanlage über einen Zeitraum von 4,5 Jahren erfasst. Der über die gesamte Widerlagerhöhe resultierende Erddruckbeiwert schwankte dabei in der Hinterfüllung 1 mit dem Kies/Sand-Gemisch zwischen KWinter = 0,25 und KSommer = 0,9. Die Fahrbahnebenheit war nur vom Einbauzustand der Asphaltdeckschicht geprägt. Die Setzungen unter Verkehrsbelastung waren mit wenigen Millimetern sehr gering.

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Der Fachvortrag zur Veranstaltung ist im Volltext verfügbar. Das PDF enthält alle Bilder und Formeln.

1 Einleitung

Bei integralen Brücken wird der Brückenüberbau mit den Widerlagern und den Pfeilern monolithisch verbunden, so dass auf den Einbau von Lagern und Dehnfugen verzichtet werden kann. Dafür treten bei Temperaturschwankungen Zwangsbeanspruchungen im Tragwerk auf, die bei Entwurf und Bemessung zu berücksichtigen sind. Bei ausreichend tragfähigem Untergrund werden integrale Brücken in Deutschland in der Regel als Rahmenbauwerke mit Flachgründungen ausgeführt (Engelsmann et al. 1999). Der Vorteil bei Rahmenbauwerken liegt unter anderem in der besseren Ausnutzung der Querschnitte. So kann durch das Eckmoment das Feldmoment im Brückenüberbau deutlich reduziert werden. Damit sind verringerte Überbauhöhen oder größere Stützweiten bei gleicher Überbauhöhe möglich.

Die jahreszeitlichen Temperaturunterschiede und auch die Tageschwankungen der Umgebungstemperatur führen zu Längenänderungen im Brückenüberbau, die auf die Widerlager übertragen werden. Die dadurch entstehenden Verschiebungen zwischen Widerlager und angrenzender Hinterfüllung bewirken Änderungen beim Erddruck, der auf die Widerlager einwirkt (vgl. England et al. 2000; Tsang et al. 2002). Dadurch kann der Erddruck in der Winterstellung bis auf den aktiven Erddruck absinken, während im Sommer Erddrücke auftreten können, die deutlich oberhalb des Erdruhedruckes liegen. Die wechselnde Erddruckbeanspruchung ist daher nach Pelke et al. (2003) bereits beim Entwurf wirklichkeitsnah anzusetzen.

Die zyklischen Verschiebungen der Widerlager gegen die Hinterfüllung können nach (England 2000) an der Fahrbahnoberfläche Hebungen aber vor allem auch Setzungen durch eine zunehmende seitliche Verdichtung des Hinterfüllmaterials bewirken. Im Rahmen eines Forschungsvorhabens wurden an einer Rahmenbrücke bei Frankfurt/Main vier unterschiedliche Hinterfüllungsvarianten ausgeführt (Bild 1). Mit einem mehrjährigen Messprogramm konnten die Setzungen an der Fahrbahnoberfläche und innerhalb der Hinterfüllungen nach Verkehrsfreigabe ermittelt werden. Zusätzlich wurden der Erddruck, die Temperatur und die horizontalen Verschiebungen der Widerlager mit einer Messanlage über einen Zeitraum von fast 5 Jahren erfasst.

Bild 1: Lageplan mit Messtechnik am BW 15 an der BAB A 66 (S ... Streckenmessrohr, N ... Neigungsmessrohr)

2 Beschreibung des Bauwerks und der Hinterfüllungen

Das untersuchte Bauwerk BW 15 wurde an der BAB A 66 zwischen Frankfurt/Main und Wiesbaden als Ersatzneubau in den Jahren 2007/2008 errichtet. Die Brücke besitzt eine lichte Weite zwischen den Widerlagern von 17,50 m und wurde als eingespannter Rahmen aus Stahlbeton mit Flachgründung ausgeführt. Mit einem Kreuzungswinkel zwischen den Achsen von ca. 45° weist das Bauwerk eine große Schiefe auf (vgl. Lageplan im Bild 1). Die BAB A 66 verläuft im Bauwerksbereich mit drei Fahrstreifen und einem Standstreifen. Die Gesamtbreite des Bauwerks liegt einschließlich der Kappen bei ca. 35 m. Zwischen den Richtungsfahrbahnen ist die Brücke durch Fugen getrennt, so dass für jede Richtungsfahrbahn eine separate Teilbrücke in zwei hintereinander folgenden Bauabschnitten errichtet wurde. Dank der Unterstützung durch die Hessische Straßen- und Verkehrsverwaltung wurden an diesem Bauwerk vier Hinterfüllungsvarianten ausgeführt, die in der Tabelle 1 und im Bild 2 dargestellt sind.

Tabelle 1: Ausgeführte Hinterfüllungsvarianten

Bild 2: Hinterfüllbereiche 1 bis 4 und Messtechnik am BW 15 an der BAB A 66 (S ... Streckenmessrohr, N ... Neigungsmessrohr, Q ... Quermessrohr)

Im ersten Bauabschnitt wurde zwischen August 2007 und März 2008 die Richtungsfahrbahn Wiesbaden für drei Fahrstreifen ausgebaut. Die Verkehrsführung erfolgte während dieser Phase vollständig über die Richtungsfahrbahn Frankfurt. Im Hinterfüllbereich 1 wurde als Referenzmaterial nach ZTV E-StB ein Kies-Sand-Gemisch mit einem Feinkornanteil von ca. 5 % eingebaut und auf einen Verdichtungsgrad DPr von mindestens 100 % der einfachen Proctordichte verdichtet.

Am Übergang zwischen Brückenbauwerk und Hinterfüllung wurde im Hinterfüllbereich 2 zusätzlich eine tief liegende Schleppplatte nach (Pelke et al. 2003) eingebaut, deren Oberfläche mit dem Planum abschließt (Bild 3). Oberhalb der Schleppplatte wurde anschließend der normale Straßenoberbau mit einer Höhe von 90 cm ausgeführt. Als Auflager für die Schleppplatte wurde am Widerlager eine 0,85 m breite Konsole aus Stahlbeton hergestellt. Die Schleppplatte erstreckt sich parallel zum Widerlager mit einer Breite von 6,00 m, wobei die mittlere Dicke der Platte 0,50 m beträgt. Die Richtungsfahrbahn Wiesbaden konnte am 9. 3. 2008 für den Verkehr frei gegeben werden.

Bild 3: Oberkante der Schleppplatte im Hinterfüllbereich 2 am BW 15

Im zweiten Bauabschnitt wurden in den Hinterfüllungen 3 und 4 zwei Keile mit qualifizierten Bodenverbesserungen hergestellt, deren Ausgangsmaterial im Bereich 3 aus einem feinkörnigem Boden mit ca. 35 % Feinkornanteil mit d 0,06 mm und im Bereich 4 aus einem grobkörnigem Boden mit ca. 8 % Feinkornanteil bestand. Um eine erhöhte Zwangsbeanspruchung des Brückenrahmens aufgrund der wesentlich höheren Scherfestigkeit und des höheren Verformungswiderstandes der qualifizierten Bodenverbesserung zu vermeiden, wurde an der Widerlagerwand eine 20 cm dicke, vertikale Schicht aus EPS-Hartschaumstoff eingebaut, deren oberer Abschluss ein 30 cm breiter Vorsprung des Brückenüberbaus bildet. Das BodenBindemittel-Gemisch wurde im Baumischverfahren auf einem separaten Mischfeld hergestellt. Dafür wurde auf dem lagenweise ausgebreitetem und verdichtetem Ausgangsmaterial Zement ausgestreut und eingefräst. Direkt anschließend erfolgte der Einbau in den Hinterfüllungen. Die Bindemittelmenge wurde so festgelegt, dass die geforderten Druckfestigkeiten von ca. 1,4 N/mm² im Bereich 3 und ca. 2,5 N/mm² im Bereich 4 eingehalten werden konnten.

Innerhalb der Hinterfüllungen wurde an diesem Bauwerk eine obere und eine untere Lage Neigungs- bzw. Streckenmessrohre angeordnet, so dass mit den Verformungen zwischen diesen beiden Rohren die Setzungen innerhalb der Hinterfüllung erfasst wurden. Zusätzlich wurde ein umfangreiches Messprogramm zur Erfassung der Erddrücke, der Verschiebungen zwischen Widerlager und Hinterfüllung sowie der Temperaturverläufe ausgeführt, das in (Kudla, Szczyrba 2010) ausführlich vorgestellt wird.

3 Setzungen an der Fahrbahnoberfläche

Die Fahrbahnebenheit im Längsprofil beeinflusst den Fahrkomfort, die Fahrsicherheit sowie die Beanspruchung der Fahrzeuge und des Ladegutes. Für den Bau wird eine Sollhöhe der Fahrbahnoberfläche mit großen Ausrundungsradien vorgegeben. Unebenheiten können durch Höhenungenauigkeiten beim Einbau der Deckschichten und durch Setzungen in der anschließenden Nutzungsperiode entstehen. Um die Größenordnung der beiden Hauptanteile abzuschätzen, wurde die Höhe der Fahrbahnoberfläche mit Nivellements wenige Tage nach dem Einbau der Asphaltdeckschicht und im Abstand von etwa sechs Monaten nach Verkehrsfreigabe ermittelt und ausgewertet.

Bild 4: Nivellement der Fahrbahnoberfläche im Standstreifen der RiFa Wiesbaden, Setzungen seit Nullmessung am 5. 3. 2008

Das Bild 4 zeigt die Setzungen der Fahrbahnoberfläche im Bereich des Standstreifens der RiFa Wiesbaden, die mit wenigen Millimetern sehr gering waren. Nach einer Verkehrsbelastung von fast 5 Jahren hatte sich die Fahrbahnoberfläche über dem Hinterfüllbereich 1 mit grobkörnigem Boden um ca. 4 mm gesetzt. Die Verformungen in Brückenmitte waren demgegenüber mit bis zu 11 mm bei den Wintermessungen deutlich größer. Die Setzungsdifferenzen zwischen Brücke und Hinterfüllungen betrugen maximal 2 mm. Zusätzlich war am Ende der Schleppplatte im Hinterfüllbereich 2 eine Zunahme der Setzungen zu verzeichnen. Dadurch entstand eine leichte Mulde hinter der Schleppplatte, die jedoch bei einer Länge von 8 m nur maximale Setzungsdifferenzen von 4 mm aufwies.

Die Verformungen der Fahrbahnoberfläche über den Hinterfüllungen 3 und 4 mit den qualifizierten Bodenverbesserungen lagen in der gleichen Größenordnung

Insgesamt sind die eingetretenen Setzungen der Fahrbahnoberfläche über allen vier Hinterfüllungen am Bauwerk 15 als unkritisch zu bewerten. Die Darstellung im Bild 4 ist stark überhöht. Das Ebenheitskriterium nach ZTV Asphalt von 4 mm auf einer 4 m langen Messstrecke wurde durchgehend eingehalten. Die Setzungen über den Hinterfüllungen waren kleiner als die Verformungen des Brückenüberbaus infolge der Temperatureinwirkung und des Kriechens im Beton.

Bereits die Setzungen über der Referenzhinterfüllung nach ZTV E-StB mit grobkörnigem Boden lagen in Bezug auf eine Gerade zwischen Widerlager und dem Ende der Hinterfüllung unter 2,0 mm. Mit den qualifizierten Bodenverbesserungen im Hinterfüllbereich 3 und 4 wurden ähnliche Setzungen der Fahrbahnoberfläche erreicht. Die höhere Steifigkeit der qualifizierten Bodenverbesserungen führte nur im unmittelbaren Übergangsbereich zum Widerlager zu geringeren Setzungen der Fahrbahnoberfläche.

Die Setzungen der Fahrbahnoberfläche konnten mit der Schleppplatte im Vergleich zur Standardhinterfüllung im Bereich 1 nicht reduziert werden. Wie bei anderen Untersuchungen, z. B. (Jaup 1999), traten deutliche Setzungen der Fahrbahnoberfläche am Ende der Schleppplatte auf. Ab einer Tiefe von 2,40 m unterhalb der Fahrbahnoberfläche waren die Setzungen des Hinterfüllmaterials unterhalb der Schleppplatte jedoch geringer als bei der Referenzhinterfüllung.

4 Auswertungen zur Fahrbahnebenheit

Die Fahrbahnebenheit vor Verkehrsfreigabe wurde durch einen Vergleich zwischen den vorgegebenen Sollhöhen und den Isthöhen bewertet. Dabei traten deutliche Differenzen zwischen Soll- und Ist-Höhe der Fahrbahn vor Verkehrsfreigabe auf. Am Beispiel der Richtungsfahrbahn Frankfurt zeigt das Bild 5 die Abweichungen zwischen der Sollhöhe und den Fahrbahnhöhen, die vor Verkehrsfreigabe und bei den folgenden Messungen ermittelt wurden. Die Einbauabweichungen betrugen bis zu 25 mm (Bild 5b). Demgegenüber waren die Setzungen unter Verkehrsbelastung mit maximal 5 mm über den Hinterfüllungen deutlich geringer (Bild 5a).

Bei allen Nivellements nach Verkehrsfreigabe zeigte sich gegenüber der Sollhöhe ein ähnlicher wellenförmiger Verlauf der Fahrbahnunebenheiten (Bild 5b). Signifikante Veränderungen bei der Ebenheit im Längsprofil konnten nicht festgestellt werden.

Die Abweichungen von der Sollhöhe wurden mit dem Nivellement der Fahrbahnoberfläche vor Verkehrsfreigabe ermittelt, das teilweise nur wenige Tage nach dem Einbau der Deckschichten ausgeführt wurde. Die Einbauabweichungen betrugen hier mehr als das 10-fache der später eingetretenen Setzungen unter Verkehr. Die Unebenheit im Längsprofil wurde ausschließlich durch den in der Höhe ungenauen Einbau der Deckschichten geprägt. Weitere Ausführungen zur Fahrbahnebenheit können (Szczyrba, Kudla 2010b) entnommen werden.

Bild 5: Nivellement der Fahrbahnoberfläche im Standstreifen der RiFa Frankfurt, a) Setzungen nach Verkehrsfreigabe b) Abweichung der ermittelten Ist-Höhen zur Sollhöhe (Messungen vor und nach Verkehrsfreigabe)

5 Horizontalverformungen und Erddruckentwicklung

5.1 Messprogramm

Erddruckmessungen wurden im Hinterfüllbereich 1 mit grobkörnigem Boden und im Hinterfüllbereich 3 mit qualifizierter Bodenverbesserung vorgenommen. Jeweils in Fahrbahnachse wurde ein Profil mit acht Erddruckgebern in unterschiedlichen Höhenlagen angelegt, bei dem die Geber paarweise angeordnet wurden, um eine Kontrollmöglichkeit der Messwerte und gleichzeitig ein redundantes System zu erhalten (Bild 6). Die Verschiebungen zwischen Widerlager und Hinterfüllung wurden mit zwei 3-fach Extensometern bestimmt. Zusammen mit 12 Temperaturgebern sind alle elektrischen Geber an eine automatische Messstation angeschlossen, mit der stündlich ein kompletter Datensatz erfasst wird.

Bild 6: Schnitte zur Lage der Erddruckgeber, Temperaturgeber und Extensometer an der Erdseite der Widerlager in den Hinterfüllbereichen 1 und 3

5.2 Temperaturverlauf und Horizontalverformungen

Mit den Messungen konnten die Temperaturen am Bauwerk über einen Zeitraum von fast fünf Jahren ermittelt werden. Die stündlich mit dem Sensor T10 gemessenen Lufttemperaturen lagen zwischen -12 °C im Winter und 33 °C im Sommer, wobei die Tagesschwankungen bis zu 17 K betrugen. Über den gesamten Beobachtungszeitraum ergab sich eine mittlere Temperatur der Luft am Standort der Brücke von 11 °C. Trotz unterschiedlicher Temperaturverläufe in den einzelnen Monaten traten in allen drei Jahren etwa gleich große Maximaltemperaturen im Sommer auf (30 °C bis 33 °C). Der Sensor T9 wurde bei der Herstellung des Brückenüberbaus an der Bewehrung befestigt und mit einbetoniert, so dass mit diesem Geber der Temperaturverlauf in der Mitte des Brückenüberbaus erfasst wird (Bild 6). Die Temperatur im Brückenüberbau betrug zwischen -6 °C und 31 °C, so dass die jahreszeitlichen Schwankungen zwischen Sommer und Winter bei maximal 37 K lagen (Bild 8).

Die Verschiebung des gesamten Brückenbauwerks konnte mit geodätischen Lagemessungen erfasst werden, die jeweils im Sommer und Winter ausgeführt wurden. An jedem Widerlager befinden sich dafür sechs Zieltafeln und als Bezugspunkte dienten 8 Festpunktpfeiler, die in einem Abstand von 30 bis 100 m zum Brückenbauwerk angeordnet wurden. Das Bild 7 zeigt die Verschiebungen der oberen Zielmarken an den Widerlagern der RiFa Wiesbaden, wobei zusätzlich die Konturen der Brücke aufgenommen wurden. Das Widerlager Frankfurt mit der angrenzenden Hinterfüllung 1 befindet sich im oberen Bildteil mit den Messmarken R1, R3 und R5. Entsprechend liegt das Widerlager Wiesbaden im unteren Bildteil und zeigt die Verformungen der Messmarken L1, L3 und L5. Die Kantenlänge der im Bild eingetragenen Quadrate entspricht Verformungen von 1 mm. Da die lichte Weite zwischen den Widerlagern bei ca. 18 m liegt, wurden die Verformungen im Bild 7 mit einem Faktor von 2000 verstärkt dargestellt, um Verformungen der sechs Zielmarken in einer Darstellung sichtbar zu machen. Die zyklischen Verschiebungen der Widerlager sind im Bild 7 mit einer Sommer- bzw. Winterstellung der Widerlager gut zu erkennen. Dabei ist zu beachten, dass die Lagemessungen aufgrund der Vorbereitungszeit für die Messungen nicht zu den Extremwerten im jahreszeitlichen Temperaturverlauf durchgeführt werden konnten. Die Temperaturen im Brückenüberbau zum Zeitpunkt der Lagemessungen wurden als Tagesmittelwerte daher im Bild 7 aufgenommen und lagen zwischen 0 °C und 23 °C. Die maximalen Verformungsbeträge zwischen Sommer und Winter betrugen in den spitzen Ecken der Teilbrücken zwischen 3,0 mm und 5,2 mm und waren damit deutlich größer als in den stumpfen Ecken mit maximalen Verformungsbeträgen zwischen 2,3 mm und 2,6 mm.

Bild 7: Ergebnisse der Lagemessung an den oberen Messmarken der Widerlager RiFa Wiesbaden (Höhe der oberen Messmarken ca. 2,30 m unter Fahrbahnoberkante) Die Kantenlänge der im Bild eingetragenen Quadrate entspricht Verschiebungen von 1 mm senkrecht bzw. parallel zur Ansichtsfläche der Widerlager

Durch die Verknüpfung der kontinuierlichen Extensometermesswerte mit den Ergebnissen der halbjährigen Lagemessungen konnte ein Funktionsansatz aufgestellt werden, um die Verformungen des Widerlagers im Messquerschnitt aus den Extensometermesswerten vereinfachend als Fußpunktdrehung des Widerlagers abzuleiten (Gleichung 1). Die Gesamtverdrehung zwischen Sommer- und Winter lag bei ca. 0,7 mm/m für das 8,4 m hohe Widerlager.

Formel siehe PDF

sh/h - Drehwinkel Widerlager bei Fußpunktdrehung

E1 - Messwert des 5 m langen Extensometers E1

E3 - Messwert des 1,2 m langen Extensometers E3 (Widerlagerbeton)

5.3 Erddruckverlauf

Die Widerlagerverformungen bewirkten erhebliche Schwankungen des gemessenen Erddrucks im Hinterfüllbereich 1 mit grobkörnigem Boden zwischen Sommer und Winter, die zusätzlich von ausgeprägten Tagesschwankungen überlagert wurden. Dabei traten die größten jahreszeitlichen Erddruckschwankungen bei den Erddruckgebern in einer Tiefe von 4,30 m unter Fahrbahnoberkante auf (etwa halbe Widerlagerhöhe). Die Messwerte lagen hier zwischen 120 kN/m² im Sommer und ca. 30 kN/m² im Winter. Die maximalen Tagesschwankungen betrugen bis zu 25 kN/m² (Bild 8).

Beim Erddruckgeber D08, der sich in einer Tiefe von 1,30 m unter Fahrbahnoberkante befindet, betrug der maximale Erddruck im bisherigen Beobachtungszeitraum von fast fünf Jahren 60 kN/m² und war damit größer als die Vertikalspannung, die aufgrund der geringen Tiefe des Gebers unter Fahrbahnoberkante nur bei ca. 30 kN/m² liegt. Mit den jeweils im Herbst zurückgehenden Temperaturen nahm der Erddruck an den oberen Gebern so stark ab, dass am Geber D08 etwa zwischen November und März fast kein Erddruck registriert wurde (Bild 8). Am Geber D08 schwanken die Verhältniswerte K von Horizontal- zu Vertikalspannung somit zwischen Kmin,D08 = 0 im Winter und Kmax,D08 = 2,0 im Sommer.

Bild 8: Erddruckverlauf an den Gebern D04 und D08 im Hinterfüllbereich 1 im Vergleich zum Temperaturverlauf im Brückenüberbau (Geber T09) für das Jahr 2010

Die Schwankungsbereiche der Erddrücke, die im Hinterfüllbereich 1 mit grobkörnigem Boden an den Erddruckgebern aufgetreten sind, wurden im Bild 9 eingetragen. Dabei wurden die Mittelwerte der jeweiligen Geberpaare verwendet. Zum besseren Vergleich enthält das Bild 9 zusätzlich die Verläufe für den Erdruhedruck sowie für den passiven und aktiven Erddruck.

Aus der Auswertung von großmaßstäblichen Modellversuchen und Messungen an Schleusenkammerwänden hat (Vogt 1984) eine empirische Beziehung aufgestellt, die eine Abhängigkeit zwischen einem mobilisierten Erddruckbeiwert Kmob, und den Verschiebungen sh für jede einzelne Stelle einer Wand in der Tiefe z beschreibt (Gleichung 2). Dieser Ansatz wird nach (Pelke 2003) in Deutschland bei der Bemessung von integralen Brücken verwendet.

Formel siehe PDF

Aus den Messergebnissen wurden Tagesmittelwerte für den Erddruck berechnet, der über die gesamte Widerlagerhöhe im Messquerschnitt einwirkt. Der höchste einwirkende Erddruck trat mit Eres,max = 500 kN/m am 23. 8. 2012 auf. Der Drehwinkel von der Winterstellung mit dem niedrigsten Erddruck im Winter 2011/12 bis zur Sommerstellung 2012 betrug sh/h = 0,64 mm/m und ergab eine Kopfverschiebung von 5,4 mm. Mit dieser Kopfverschiebung wurde der Erddruckverlauf über die Widerlagerhöhe nach dem Ansatz von (Vogt 1984) berechnet und im Bild 9 eingetragen. Der berechnete Erddruck verläuft im oberen Bereich über den Maximalwerten, die an den Erddruckgebern D5/6 und D7/8 gemessen wurden. Im Gegensatz war der maximale Messwert in einer Tiefe von 4,30 m unter Fahrbahnoberkante am Geberpaar D3/D4 deutlich höher als nach dem Ansatz von Vogt. Der über die Widerlagerhöhe berechnete Erddruck für eine Kopfverschiebung von 5,4 mm betrug Eres,5,4 mm = 540 kN/m und war damit um 8 % höher als der resultierende Erddruck aus den Messungen am 23. 8. 2012. Für eine Bemessung ist der Ansatz nach Vogt somit ausreichend genau, wenn als Eingangswerte die Verschiebungen zwischen Winter- und Sommerstellung angesetzt werden.

Bild 9: Erddruck im Hinterfüllbereich 1 mit grobkörnigen Boden und Vergleich mit theoretischen Erddruckansätzen

In der Winterstellung ist bei der Bemessung ein unterer Grenzwert des aktiven Erddruckes zu berücksichtigen, der im Bild 9 unter Berücksichtigung der Kapillarkohäsion ermittelt wurde. Durch die Wirkung der Kohäsion trat im oberen Bereich des Widerlagers bei den Messungen im Winterhalbjahr kein Erddruck auf, was sehr gut mit den theoretischen Werten übereinstimmte. Bei den tiefer liegenden Gebern traten Erddrücke oberhalb des aktiven Erddruckes auf, da die Horizontalverformungen in diesem Tiefenbereich kleiner waren und der wirkende Erddruck daher nicht auf den Grenzwert des aktiven Erddruckes absank.

Die Ergebnisse, die aus den Messwerten abgeleitet wurden, lassen sich in einer dimensionslosen Darstellung besser mit Literaturangaben oder Messergebnissen an anderen Bauwerken vergleichen. Als Bezugsgröße wurde die Resultierende Evertikal gebildet, die mit einem hydrostatischen Ansatz der Vertikalspannungen infolge Eigengewichts über die gesamte Widerlagerhöhe nach Gleichung 3 berechnet wurde. Der über die gesamte Widerlagerhöhe resultierende Erddruckbeiwert Kres konnte anschließend mit Gleichung 4 ermittelt werden.

Formel siehe PDF

Formel siehe PDF

Im Beobachtungszeitraum von März 2008 bis Februar 2013 schwankte der resultierende Erddruckbeiwert im HF 1 mit grobkörnigem Material zwischen den Extremwerten Kres,min = 0,22 im Winter und Kres,max = 0,89 im Sommer. Bezogen auf den Minimalwert wirkte im Sommer somit ein bis zu 4-fach höherer Erddruck auf das Widerlager ein. Das Bild 10 gibt einen Überblick zu den ermittelten Erddruckbeiwerten Kres in Abhängigkeit von der Widerlagerverdrehung sh/h.

Im Hinterfüllbereich 3 am Bauwerk 15 war zwischen dem Widerlager und der qualifizierten Bodenverbesserung eine vertikale EPS-Schicht zur Erddruckreduktion eingebaut worden, die zu deutlich geringeren Erddruckschwankungen führte. Auch insgesamt wurde durch die vergleichsweise hohe Druckfestigkeit der qualifizierten Bodenverbesserung von mindestens 1,1 N/mm² und die damit verbundene hohe Kohäsion in Kombination mit dem Einbau der vertikalen EPS-Schicht eine deutliche Erddruckreduktion erreicht. Die Spannweiten des resultierenden Erddruckbeiwertes im Hinterfüllbereich 3 lagen zwischen 0,05 und 0,28 (Bild 10).

Bild 10: Resultierender, mobilisierter Erddruckbeiwert Kmob über die gesamte Widerlagerhöhe in Abhängigkeit von der Widerlagerverdrehung für den Hinterfüllbereich 1 mit grobkörnigem Boden und dem Hinterfüllbereich 3 mit qualifizierter Bodenverbesserung und vertikaler EPS-Schicht zur Erddruckreduktion (jeweils Tagesmittelwerte ohne erstes Jahr)

6 Zusammenfassung und Schlussfolgerungen

Bei den im Rahmen des Forschungsvorhabens untersuchten acht unterschiedlichen Hinterfüllungsvarianten traten innerhalb der Hinterfüllungen unter Verkehrsbelastung nur sehr geringe Setzungen von wenigen Millimetern ein. Die Setzungen über den Hinterfüllungen waren kleiner, als die vertikalen Temperatur- und Kriechverformungen in Brückenmitte. Die Setzungsunterschiede zwischen den verschiedenen Hinterfüllungsvarianten waren gering. Nach den Ergebnissen der ausgeführten Messungen mit dem grobkörnigen Material am Bauwerk 15 kann festgestellt werden, dass bei einer qualitätsgerechten Hinterfüllung die Setzungen innerhalb der Hinterfüllung durch die Verkehrsbelastung so klein sind, dass die Längsebenheit unter Verkehrsbelastung nicht signifikant verschlechtert wird. Um die qualitätsgerechte Ausführung der Hinterfüllung zu gewährleisten, kommt der Bauüberwachung in diesem Bereich eine besondere Bedeutung zu.

Bei den untersuchten Bauwerken waren die Abweichungen zur vorgegebenen Sollhöhe, die beim Einbau des Asphaltoberbaus entstanden waren, deutlich größer, als die Setzungen unter Verkehrsbelastung. Maßgebend für die Ebenheit im Längsprofil war allein der Zustand vor Verkehrsfreigabe und damit die beim Einbau der Deckschicht erreichte Ebenheit. Die Höhengenauigkeit bei der Herstellung des Asphaltoberbaus muss daher verbessert werden (Ziel geringere Abweichungen zur Sollhöhe bzw. zur Ausgleichsgradiente). Dafür wird empfohlen, die Höhe der Asphalttragschicht vor dem Einbau der Binder- und Deckschicht mittels Nivellement zu erfassen und mit der Sollhöhe bzw. der Ausgleichsgradiente zu vergleichen (zulässige Abweichung zur Sollhöhe +/-10 mm nach ZTV Asphalt-StB wird meist nicht kontrolliert). Beim Einbau der Binder- und Deckschichten wird im Allgemeinen nur die vorgegebene Einbaudicke überwacht.

Eine Kontrolle der Ebenheit auf der Deckschicht mit dem Planographen nach TP Eben ist allein nicht ausreichend, da damit nur die Ebenheit auf einer 4 m langen Messstrecke erfasst wird und keine Aussagen für längere Wellenbereiche getroffen werden können. Zusätzlich sollte deshalb ein Nivellement der Fahrbahnoberfläche vor Verkehrsfreigabe mit einem Punktabstand von maximal 2 m durchgeführt werden und die Höhenabweichungen zum gleitenden Mittelwert über 10 m und 30 m dargestellt werden. Bei größeren Baumaßnahmen wird eine vollständige Zustandserfassung mit einem Messfahrzeug nach ZTV ZEB-StB vor Verkehrsfreigabe empfohlen.

Mit den Erddruck-, Temperatur und Verformungsmessungen konnten die für integrale Brücken typischen zyklischen Schwankungen des einwirkenden Erddruckes in zwei Hinterfüllungen über einen Beobachtungszeitraum von fast fünf Jahren unter realen Bedingungen ermittelt werden. In der Hinterfüllung mit grobkörnigen Boden schwankte der über die gesamte Widerlagerhöhe resultierende Erddruck Kres zwischen 0,22 im Winter und 0,89 im Sommer bei relativ geringen Drehwinkeln von sh/h=0,7 mm/m zwischen Winter- und Sommerstellung. Bei der Ermittlung des mobilisierten Erdwiderstandes mit dem Ansatz nach (Vogt 1984) sollten die Gesamtverformungen zwischen Winter- und Sommerstellung angesetzt werden. Bei der Ermittlung des minimal einwirkenden Erddruckes in der Winterstellung muss auch bei grobkörnigen Böden die Kapillarkohäsion berücksichtigt werden. Für den Erddruckansatz bei der Bemessung integraler Brücken sollten weitere Felduntersuchungen an Brücken mit höheren Spannweiten durchgeführt werden, da die derzeit verwendeten Ansätze nicht in jedem Fall auf der sicheren Seite liegen.

Wir danken dem Autobahnamt Sachsen und der Hessischen Straßen- und Verkehrsverwaltung für die angenehme Zusammenarbeit sowie dem Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung BMVBS, vertreten durch die Bundesanstalt für Straßenwesen BASt, für die Förderung des Forschungsvorhabens.

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