FGSV-Nr. FGSV 002/107
Ort Karlsruhe
Datum 17.09.2013
Titel Praktische Erfahrungen mit der Flüssigstreuung in Bayern
Autoren MR’in Dipl.-Ing. Angela Roßmann
Kategorien Straßenbetrieb, Winterdienst
Einleitung

Im Bundesland Bayern wird seit 2008 die Solestreuung erprobt. In einer bis zum letzten Winter dauernden Pilotphase wurden die Einsatzmöglichkeiten systematisch untersucht. Waren zu Beginn im Winter 2009/2010 noch 5 Meistereien mit 6 Streumaschinen an den Versuchen beteiligt, wurden im letzten Winter 2012/2013 bereits bei 27 Autobahn- und Straßenmeistereien 53 Geräte eingesetzt. Anfangs waren die Versuche noch auf die Einsätze auf offenporigen Fahrbahnbelägen (OPA) in 4 Autobahn- und einer Straßenmeisterei beschränkt. Die Versuche blieben nicht nur auf OPA beschränkt, sondern man erkannte schnell, dass sich Vorteile in der Liegedauer und Kostenersparnisse durch geringere Ausbringmengen auf allen Straßenbelägen ergeben. Die Pilotphase wurde von der BASt in zwei Forschungsvorhaben zur Liegedauer von Tausalzen auf Autobahnen und Landstraßen begleitet.

Ziel der Arbeitsgruppe war:

–    Ausarbeitung einer Streudichteempfehlung in Ergänzung des FGSV-Merkblattes,

–    Erarbeitung einer Handlungsanweisung zur sicheren Nutzung des neuen Mediums,

–    Definition von Qualitätsanforderungen an die Streumaschinen und Soleanlagen,

–    Erarbeitung eines Bemessungstools für Streumaschinen unter Beachtung der zu betreuenden Flächen und Sonderbeläge sowie zulässiger technischer Achslasten und Gesamtgewichte der Trägerfahrzeuge.

Da man umfassende Erfahrungen sammeln wollte, wurden verschiedene Fahrzeuge und Geräte beschafft. So kamen neben dem für die Solestreuung als Standard-Trägerfahrzeug vorgesehenen 3-Achs-Lkw bei 3 Autobahnmeistereien 4-Achs-Lkw mit bis zu 13.000 l Sole und 5 m³ Salz fassende Kombistreumaschinen zum Einsatz. Auch Anhängerstreumaschinen zum reinen Sole Ausbringen wurden bei zwei Autobahn- und einer Straßenmeisterei erprobt. Darüber hinaus noch eine Solestreumaschine auf einem Geräteträger. Die Forschungsvorhaben und die Erfahrungen aller am Pilotprojekt Beteiligten belegen die Vorteile der Solestreuung vor allem in präventiven Einsätzen, als Kombistreuung auf offenporigen Belägen, bei beginnendem Schneefall und im Nachgang eines Räumeinsatzes zur schnelleren Beseitigung des Restschnees auf der linken Fahrspur. Die Sole haftet länger auf der Fahrbahn als FS 30, reagiert schneller mit vorhandenem Schnee und bietet eine erhebliche Kosten- und Salzeinsparung, was nicht zuletzt auch der Umwelt zugutekommt. Als Standard haben sich sowohl auf Autobahnen als auch an Straßenmeistereien Kombistreumaschinen mit einem Solevolumen von 6.600 Litern und einem Trockenstoffbehälter von 5 m³ bewährt. Neben den Vorteilen wurden aber auch einige Probleme festgestellt. So können im nachgeordneten Straßennetz Fahrbahnaufweitungen und Abbiegespuren noch nicht mit Sole abgestreut werden, weil die Streutechnik die benötigten Sprühweiten nach links (6,0 m ab Fahrzeugachse) noch nicht abbilden kann. Hier haben die Hersteller der Streumaschinen Nachbesserungen in Aussicht gestellt. Weiterhin müssen auch alle Rahmenbedingungen auf die neue Technik abgestimmt werden. Unter Umständen werden größere und leistungsfähigere Solelöseanlagen, Pumpen und Lagertanks nötig. Umfangreiche Verwiegungen haben aufgezeigt, dass bei der Verwendung von Kombistreumaschinen zwingend 3-Achs-Lkw als Trägerfahrzeuge eingesetzt werden müssen, um die technisch zulässigen Achslasten und Gesamtgewichte einhalten zu können. Zukünftig sollen durch flächendeckende Schulungen und Weiterbildungen die Beschäftigten auf dem aktuellen Stand gehalten werden, um die neuen Techniken sinnvoll einzusetzen und alle Vorteile daraus zu nutzen.

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Volltext

Der Fachvortrag zur Veranstaltung ist im Volltext verfügbar. Das PDF enthält alle Bilder und Formeln.

1 Einleitung

Taumittellösungen sind schon seit vielen Jahren als Streumittel bekannt. Sie kamen bereits seit 1982 in Taumittelsprühanlagen auf Brücken zum Einsatz. Meist wurden Calciumchlorid oder Magnesiumchlorid eingesetzt, da Natriumchlorid bei ca. -6 °C gefriert und sich Glätte bilden kann, während CaCl2 und MgCl2 auch noch bei tieferen Temperaturen wirksam sind. Taumittelsprühanlagen wurden ausschließlich auf Brücken, die oft von Reifglätte überzogen wurden, eingesetzt. Schon damals erkannte man, dass sich durch den präventiven Einsatz von Salzlösungen Glätte vermeiden und somit auch die Unfall- und Stauzahlen verbessern lassen (BASt-Info 10/06).

2 Die Anfänge in Bayern

2008 wurde für die AM Trockau die erste Solestreumaschine in Bayern beschafft. Damit war die AM Trockau eine der ersten Meistereien in Deutschland, die mit der neuen Solestreutechnik ausgestattet wurde.

Bild 1: Kombistreumaschine AM Trockau

Bei dem ersten Gerät handelte es sich um eine Kombistreumaschine, die sowohl herkömmliches Feuchtsalz FS 30 als auch eine Tausalzlösung FS 100 ausbringen kann. Kombistreugeräte können stets beide Taustoffe bis zu einer Höchstgrenze von jeweils 40 g/m² in beliebiger Kombination ausbringen. Als Trägerfahrzeug wurde ein 3-Achser-Lkw mit einer Lenk-Lift-Achse gewählt. Nur so konnte eine Überschreitung der technisch zulässigen Achslasten und Gesamtgewichte gemäß § 34 StVZO vermieden werden, da dieser Lkw auch mit einer sogenannten überbreiten Räumkombination der Fa. Zaugg (Räumbreite 7,50 m) ausgestattet wurde.

Die ersten Streuversuche fanden auf offenporigem Asphalt (OPA) auf der BAB A 9 im Bereich der sogenannten „Bindlacher Allee“ bei Bayreuth statt. Dieser Bereich wurde ausgewählt, weil dort in den vorausgegangenen Jahren aufgrund der exponierten Lage trotz massivsten Winterdiensteinsätzen immer wieder Glätteereignisse mit Unfallhäufungen auftraten. Weiterhin wurde bei Schneefall nach Räumeinsätzen beobachtet, dass die linke Fahrspur länger mit Schneematsch bedeckt war und von den Verkehrsteilnehmern nicht als Fahrspur angenommen wurde.

Die ersten Streuversuche wurden im Kombibetrieb und ausschließlich auf dem ca. 5 km langen OPA-Teilstück durchgeführt.

Schon nach den ersten Streuversuchen wurde festgestellt, dass die Wirkung des Streumittels erheblich schneller einsetzte und auch die Glätte länger vermieden werden kann. Nach Räumeinsätzen wurde vor allem der 3. Fahrstreifen, der seither lange von Schneematsch bedeckt blieb und von den Verkehrsteilnehmern nicht gerne benutzt wurde, sehr schnell „schwarz“, was sich positiv auf den Verkehrsfluss auswirkte. Insgesamt wurde der Eindruck gewonnen, dass die Solestreuung in Kombination mit FS 30 auf OPA-Belägen von Vorteil ist. Daraufhin wurde begonnen, verschiedene Streudichten zu erproben und die Solestreuung auf andere Streckenbereiche auszudehnen.

Bild 2: Kombistreuung auf OPA, Benetzen der Spitzen mit Sole Vertiefungen werden mit Salzkörnern gefüllt

2.1 Weitere Streumaschinen

Durch die durchweg positiven Erfahrungen angeregt, wurden weitere Solestreumaschinen beschafft und erprobt.

Zuerst bei der AM München-Nord mit zwei Solestreumaschinen, bei den AMen Inning, Oberthulba und der SM Würzburg jeweils mit einem Gerät. Somit waren im Winterdienst 2009/2010 bei 5 Meistereien 6 Geräte im Einsatz.

Bei der Auswahl der Autobahnmeistereien wurden – wie bei der AM Trockau auch – die Meistereien ausgewählt, bei denen trotz massivster Winterdiensteinsätze vereinzelt Glättebildung auf offenporigen Belägen entstand, der der Meisterei machtlos gegenüberstanden.

Bei der SM Würzburg mit ihrer topografischen Lage herrscht meist Reifglätte und überfrierende Nässe. Auch hier ist die Solestreuung prädestiniert, diese Fahrbahnzustände zu bekämpfen.

Bild 3: Verteilung der Streumaschinen in Bayern im Winterdienst 2009/2010

2.2 Einführung der Arbeitsgruppe – AG Solestreuung –

Zur Begleitung der Einführung der Solestreuung in Bayern wurde an der Zentralstelle für den Betriebsdienst [ZSB] eine Arbeitsgruppe Solestreuung eingerichtet. Dort wurden alle Meistereien zusammengefasst und die Solestreuung fachlich begleitet. Damit war sichergestellt, dass ein umfassender Erfahrungsaustausch stattfand und niemand mehr „von Null“ mit Streuversuchen beginnen musste.

2.3 Achslasten, Verwiegung

Durch die Solestreuung müssen die Streumaschinen größer werden, weil mehr Sole mitgeführt werden muss. Somit wird mehr Gewicht auf die Winterdienst-Lkw gebracht.

Die bisherigen Ausnahmegenehmigungen gemäß StVO für die 2-Achs-Lkw sind vom Staatsministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie in Bayern nicht mehr verlängert worden. Aus diesem Grund wurde der 3-Achs-Lkw zum Standardfahrzeug für die Bayerische Bauverwaltung.

Bild 4: Gegenüberstellung der technischen Achslasten

Der 3-Achs-Lkw bietet gegenüber dem 2-Achs-Lkw viele Vorteile. So ist er bei gleicher Länge lediglich ca. 10.000 € teurer, bietet aber 6 t mehr Achslast und ist durch die Lift-Lenk-Achse erheblich wendiger als ein 2-Achs-Lkw. Wird aufgrund der zu betreuenden Strecke mehr Sole benötigt, kann auch der Einsatz eines 4-Achs-Lkw in Betracht gezogen werden. Das Fahrgestell eines 4-Achs-Lkw kostet genauso viel wie das eines 3-Achs-Lkw, ist ca. 1 m länger, hat aber 10 t mehr Ladekapazität.

Bild 5: 4-Achs-Lkw bei der Verwiegung

Alle Fahrzeuge wurden in verschiedenen Lade- und Lastzuständen, mit und ohne Schneepflug verwogen. Dazu wurden an der Straßenmeisterei Traunstein sowie in den Folgejahren an der ZSB und dem Gerätehof Würzburg Wiegeplatten beschafft. Hierdurch konnten möglichst kurze Anfahrtswege und kurze Zeitaufwände für die aufwendigen Verwiegungen in allen möglichen Beladungszuständen gewährleistet werden. Im Vordergrund der Verwiegungen stand die Fragestellung, welche maximalen Mengen und Volumen unter Einhaltung der technisch zulässigen Achslasten und Gesamtgewichte gemäß § 34 StVZO auf unterschiedlichen Trägerfahrzeugen mitgeführt werden dürfen. Die technisch zulässige Achslast ist die Achslast, die unter Berücksichtigung der Werkstoffbeanspruchung nicht überschritten werden darf. Diese beträgt bei 2-Achs-Lkw bei der Vorderachse 10 t und bei der Hinterachse 13 t.

Als Ergebnisse dieser Verwiegungen konnten unter Einhaltung der technisch zulässigen Achslasten und Gesamtgewichte gemäß § 34 StVZO folgende Fahrzeugkonfigurationen empfohlen werden:

Bild 6: Tabelle der Fahrzeugkonfigurationen

Ein weiteres Ziel der AG war unter anderem die Ausarbeitung von Streudichteempfehlungen in Ergänzung der „Empfehlungen für ein effektives Räumen und Streuen im Straßenwinterdienst“ [FGSV/VKS-AA 4.8/FA Winterdienst], um den Anwendern einfache Regeln zur Verwendung der neuen Technik an die Hand geben zu können und somit mehr Sicherheit in der Anwendung der neuen Möglichkeiten zu bieten. In den Sitzungen der AG war man sich sehr schnell einig, dass durch die neuen Möglichkeiten auch Schulungsbedarf bei den Anwendern entsteht, damit alle Möglichkeiten zur Einführung der neuen Technologie ausgeschöpft werden können.

2.4 Begleitung der Streuversuche durch die BASt

Die Streuversuche wurden von der Bundesanstalt für Straßenwesen [BASt] mit zwei Forschungsvorhaben zur Liegedauer von Tausalz begleitet. Unter anderem bei der Autobahnmeisterei Trockau mit den Forschungsvorhaben
FE 4.0224/2008/DRB
FE 4.0238/2010/KRB
Empfehlungen zum richtigen Aufbringen von Tausalzlösungen (Hausmann, 2011)

und bei der Straßenmeisterei Würzburg mit dem Forschungsvorhaben
FE 4.0250/2011/KGB
Liegedauer von Tausalzen auf Landstraßen.

Von diesem Forschungsvorhaben, dass das Karlsruher Institut für Technik KIT, im Auftrag der BASt durchgeführt hat, ist der Abschlussbericht noch nicht erstellt.

2.5 Ausbreitung in die Fläche

Da man umfassende Erfahrungen im Einsatz der Solestreuung sammeln wollte, wurde das Augenmerk auf die Streutechnik und verschiedene Einsatzkriterien gelegt. Solestreumaschinen wurden außerhalb des Standardausrüstungskatalogs als Sonderbeschaffung mit Zustimmung der Obersten Baubehörde im BayStMI (OBB) beschafft.

Reichen für die Betreuung von Standardschleifen auf 2-spurigen Autobahnen Kombistreumaschinen mit einem Soletank von 6.600 Litern und einem Trockensalzbehälter von 5,0 m³ auf einem 3-Achs-Lkw aus, so müssen für Betreuungsschleifen mit „Überlängen“, Mehrbreiten oder verstärktem Anteil an Sonderbelägen individuelle Konfigurationen gewählt werden.

Alternativkonzepte

Aus dieser Überlegung heraus wurden bei der AM München Nord, AM Trockau und AM Fischbach 4-Achs-Lkw beschafft und mit Streumaschinen mit bis zu 13 000 l Sole und 6 m³ Salz ausgestattet. Bei der Verwiegung der Lkw wurde festgestellt, dass 4-Achs-Lkw, die mit Vorbau- und Seitenpflug ausgestattet sind, an die Grenze der technisch zulässigen Achslasten auf den Hinterachsen stoßen.

Die Straßenmeisterei Würzburg liegt topografisch im Bereich des Maintals. Im Winterdienst steht in diesem Gebiet nicht so sehr die Schneeräumung im Vordergrund, vielmehr sind Reif- und Eisglätte zu bekämpfen. Daher wurde ein Geräteträger der SM Würzburg mit einem reinen Solestreugerät ausgestattet. Vorteil dieser Lösung ist, dass das Fahrzeug mehr Sole [5 m³] mitführen kann; Nachteil ist, dass bei Schneefall oder wenn FS 30 benötigt wird, die Streumaschinen abgesetzt und ein FS 30-Streuer aufgebaut werden muss.

Für weitere umfassende Erprobungen wurden für die AM Neusitz, AM Inning und SM Freising drei Solestreumaschinen auf Anhängern beschafft. Als Zugfahrzeug wurde ein voll aufgerüsteter 3-Achs-Lkw mit einer 6 m³ FS 30 Streumaschine verwendet. Vorteil der Anhängervariante sind die Unabhängigkeit vom Zugfahrzeug und die große mitgeführte Solemenge. Bei Bedarf kann die Solestreumaschine auf dem Anhänger auch noch mit den auf dem Trägerfahrzeug mitgeführten Soletanks verbunden werden, sodass die bereitstehende Solemenge nochmals um 2.600 Liter erhöht werden konnte.

Bild 7: Anhängerstreumaschine

Als sehr wichtig wird von den Fahrern der niedrige Schwerpunkt und damit das gute Fahrverhalten im Anhängerbetrieb genannt. Sind die Solestreumaschinen auf Lkw bauartbedingt sehr hoch aufbauend, um die Sole und das Trockensalz in der nötigen Menge auf dem Fahrzeugrahmen unterzubringen, kann man die Anhängerstreumaschinen durch das separate Fahrgestell niedriger ausführen. Weiterhin kann die Länge des Aufbauraumes dem Soletank angepasst werden.

Die Zugfahrzeuge müssen über die nötige Ausstattung, wie eine verstärkte Anhängerkupplung, Stützlast und genügend Motorleistung verfügen. Hierbei muss das Zuggesamtgewicht beachtet werden. Bei Einsätzen auf Autobahnen mit Steigungsstrecken wird bei Anhängern mit 13.000 l Fassungsvermögen für das Zugfahrzeug eine Motorleistung von 500 PS als notwendig erachtet. Im nachgeordneten Straßennetz können als Zugfahrzeuge auch geeignete Traktoren zum Einsatz kommen. Nachteile der Soleausbringung mit Anhängerstreuern sind die eingeschränkten Möglichkeiten während des Einsatzes. So ist keine Kombistreuung und kein Räumeinsatz möglich. Auch die Betreuung von Anschlussstellen wird erschwert bzw. fast unmöglich gemacht.

Die Solestreuung blieb nicht nur auf die Autobahnen und dort auf offenporige Asphaltschichten beschränkt, sondern weitete sich auf die Fläche in fast ganz Bayern aus. Wobei sich Meistereien, die überwiegend Schneefall und wenige präventive Einsätze haben, noch sehr zurückhaltend zeigen. Ein regionaler Trend kann aber trotz allem nicht ausgemacht werden.

Vielmehr ist zu beobachten, dass Meistereien, die schon eine Solestreumaschine haben und somit erste Erfahrungen sammeln konnten, weitere Solestreumaschinen beschafft haben oder noch beschaffen wollen.

Das ist zum einen auf die durchweg positiven Erfahrungen als auch auf die für die Solestreuung vorhandenen benötigten Rahmenbedingungen zurückzuführen.

Wirtschaftlichkeitsberechnungen zeigen, dass die Kosteneinsparungen der FS 100 Streuung gegenüber der FS 30 Streuung so groß sind, dass es durchaus sinnvoll sein kann, bei Neuanschaffungen von Lkw diese für die Ausbringung von Sole zu konfigurieren und zu bemessen und entsprechende Solestreumaschine zu beschaffen, auch wenn die Ertüchtigung von Soleerzeugern erst in den nächsten Jahren ausgeführt werden soll. Hier können zusätzliche Lagertanks wirtschaftliche Alternativen bilden.

Bild 8: Verteilung der Streumaschinen in Bayern im Winterdienst 2012/2013

3 Rahmenbedingungen

In Bayern wird ausschließlich Natriumchlorid für die Soleerzeugung verwendet. Dabei wird bei fast allen Meistereien die NaCl-Sole mit Solelöseanlagen selbst hergestellt. Diese Löseanlagen wurden bisher auf den Soleverbrauch zum FS 30 Streuen bei Räumeinsätzen bemessen. In der Regel sind die Solelöseanlagen bei Autobahnmeistereien leistungsfähiger bemessen als bei Straßenmeistereien. Die Erfahrungen der letzten Winter mit verstärktem Soleeinsatz haben gezeigt, dass die Bemessung der Solelöseanlagen nach dem Verbrauch für die FS 30 Streuung im Räumeinsatz auch weiterhin die richtige Bemessung ist. Während präventive Streueinsätze mit reiner Sole FS 100 im allgemeinen nur mit wenigen Fahrzeugen und nur ein oder zwei Mal am Tag stattfinden, finden die Räum- und Streueinsätze bei Schneefall bei Autobahnmeistereien rund um die Uhr und bei Straßenmeistereien meist zwischen 04:00 Uhr bis 22:00 Uhr mit allen verfügbaren Fahrzeugen statt. Somit müssen mehr Fahrzeuge mehrmals am Tag beladen werden.

Die gewonnenen Erfahrungen wurden in die Arbeitsgruppe des VKS/FGSV AA „Winterdienst“ zur Erstellung „Allgemeiner Empfehlungen zur Sicherstellung der Versorgungssicherheit bei dem Einsatz von Tausalzlösungen im Winterdienst unter betrieblichen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten“ eingebracht.

Wichtige Leistungsmerkmale für die Solestreuung sind angepasste Lagerkapazitäten und leistungsfähigere Solepumpen, um die Fahrzeuge schnell beladen zu können, wobei die kürzere Ladezeit vor allem im Kombibetrieb, wenn die Fahrzeuge im Streu- und Räumeinsatz sind, wichtig ist. Die Beladestandorte der Fahrzeuge sind dabei so auszuführen, dass die Streumaschinen mit Salz und Sole gleichzeitig beladen werden können.

Bild 9: Beispiel Düsenreinigung

Vor der Winterdienstsaison sind die Streumaschinen zu justieren und zu kalibrieren. Bei längeren Pausen während des Winterdienstes und nach dem Winterdienst sind die Geräte nach Anweisung der Hersteller zu reinigen. Die Filter und Leitungen müssen gründlich gespült werden.

Wichtig erwies sich auch, dass das Personal von Anfang an mit dem Thema Solestreuung vertraut gemacht worden ist. Je besser die Anwender von Beginn an informiert und geschult wurden, umso besser haben sie die neue Technologie angenommen und eingesetzt.

4 Erkenntnisse

Zentrale Erkenntnis der Solestreuung ist, dass Sole nur bis -60 °C eingesetzt werden darf (BASt 2012). Die Streubreite ist in 4 Stufen bis ca. 3,75 m nach links und 3,75 nach rechts einstellbar. Weitere seitliche Wurfweiten können mit den Solestreumaschinen bisher nicht vom Fahrzeug ausgestreut werden. Direkt hinter dem Fahrzeug werden Flachstrahldüsen eingesetzt, seitlich müssen Einzelstrahldüsen verwendet werden, weil nur so die nötige Breite bei hohen Ausbringgeschwindigkeiten erreicht werden kann. Bei Sprühversuchen mit Flachstrahldüsen hat der Fahrtwind den Sprühstrahl gebrochen und es konnte nicht die gesamte Fahrbahn abgestreut werden. Die Mehrkosten für die Beschaffung einer Solestreumaschine haben sich oft schon nach dem ersten Winterdienstjahr amortisiert. Für einen 3-Achs-Lkw kostet eine Kombistreumaschine ca. 15.000 € mehr als eine FS 30 Streumaschine. Bereits bei einem Verbrauch von ca. 350 t Sole ist die Differenz [Mehrkosten] erreicht.

Bild 10: Beispielsrechnung Amortisation

Durch die Solestreuung kann bis zu 60 % Salz eingespart werden (BASt, 2012) und leistet dadurch einen wichtigen Beitrag zur Schonung der Umwelt.

Optimal kann die Solestreuung nur angewendet werden, wenn die Einsatzleiter und Anwender auf die neue Technologie geschult sind. Bei den ersten Einsätzen haben die Anwender vielfach die Meinung, dass sie durch das Ausbringen der Sole und damit auch von viel Wasser, das sie auf die Fahrbahn aufbringen, Glätte erzeugen.

Diese Angst muss den Anwendern genommen und aufgezeigt werden, dass durch die Solestreuung und die längere Liegedauer der Sole eine erhebliche Menge an Salz eingespart werden kann und trotzdem Glätte effektiv bekämpft oder vermieden werden kann.

4.1 Einsatz der Solestreuung bei Autobahnmeistereien

Die Solestreuung ist auf Autobahnen bereits als Standard anzusehen, weil dort die Präventivstreuung üblich ist. Die meisten Autobahnmeistereien in Bayern sind bereits mit leistungsfähigen Solelöseanlagen und genügend Solelagerkapazität ausgestattet. Vor allem auf offenporigen Belägen ist die Solestreuung bzw. Kombistreuung auch bei Schneefall ein wichtiger Baustein für einen effektiven und wirtschaftlichen Winterdienst.

Auf 3-spurigen Autobahnabschnitten muss das Streufahrzeug auf der mittleren Spur fahren, um die gesamte Fahrbahn mit Sole besprühen zu können. Nach dem Anforderungsniveau soll bei einer Autobahnmeisterei die Strecke nach 120 min. betreut sein. Dazu soll jede Autobahnmeisterei mit mindestens 2 Solestreumaschinen ausgestattet werden. Größere Autobahnmeistereien brauchen entsprechend mehr Geräte.

Bei Autobahnmeistereien kommen vor allem 3-Achs-Lkw mit Solestreumaschinen mit Fassungsvermögen von ca. 8.800 l Sole und 5 m³ Salz zum Einsatz.

Wo mehr Sole benötigt wird, weil die zu betreuende Fläche größer ist, z. B. lange Betreuungsschleifen in 2- oder 3-spurigen Autobahnbereichen, werden 4-Achs-Lkw mit einem Fassungsvermögen von ca. 11.000 l Sole und 5 m³ Salz beschafft. In Ausnahmefällen kommen Anhängerstreumaschinen zum Einsatz. Positiv macht sich bei Einsatz der Solestreuung auf Bundesautobahnen auch die hohe Ausbringgeschwindigkeit, die erreicht werden kann, bemerkbar (CEN/TS 15597-2).

Bild 11: Solesprühen auf 3-spuriger Autobahn

4.2 Einsatz der Solestreuung bei Straßenmeistereien

Da die Solestreuung in Bayern mittlerweile auch im nachgeordneten Straßennetz weit verbreitet ist, konnten hier ebenfalls umfangreiche Erkenntnisse gesammelt werden. Bei Straßenmeistereien kommen vor allem 3-Achs-Lkw mit Lift-Lenk-Achse und Streumaschinen mit ca. 6.600 l Sole und 5 m³ Salz zum Einsatz.

Bild 12: 3-Achs-Lkw mit Lift-Lenk-Achse, SM Würzburg

Bei der SM Würzburg kam ein Geräteträger U 500 mit einer reinen Solestreumaschine zum Einsatz. Bei der Straßenmeisterei Freising wurde ein Anhängerstreugerät erprobt. Auch Fuhrunternehmer wurden mit Solestreumaschinen ausgestattet.

Im untergeordneten Straßennetz sind für die Solestreuung andere Eckpunkte maßgebend.

Bild 13: Geräteträger U 500 mit Solestreumaschine

Viele Fahrbahnaufweitungen an Kreuzungen, Ampeln, freien Strecken und sonstige Besonderheiten stellen hohe Anforderungen an die Flexibilität der Solestreumaschinen.

Es muss gewährleistet sein, dass die gesamte Fahrbahn mit einem Durchgang abgestreut werden kann, da eine doppelte Betreuung der Strecke wegen der fehlenden Streubreite nicht akzeptabel wäre.

Das können die herkömmlichen Streumaschinen bis dato noch nicht. Wenn in einem Kreuzungsbereich Abbiegespuren links und rechts und noch die Gegenfahrbahn mit der Sole abgestreut werden müssen, übersteigt das die Leistungsfähigkeit der bisherigen Streumaschinen. Üblicherweise kann bisher lediglich 3,75 m nach links und 3,75 m nach rechts gestreut werden. In diesem Fall müssten aber ca. 6 m nach links gestreut werden.

Beim Anfahren an Ampeln oder Kreuzungen wurde festgestellt, dass sich der Sprühdruck bei manchen Streumaschinen erst nach ca. 20 m bis 25 m Fahrweg aufbaut. Erst nach dieser kurzen Strecke kann wieder die gesamte Breite gesprüht werden.

Die Räum- und Streuschleifen bei allen Meistereien wurden in den Jahren 2008 bis 2011 durch die Fa. Durth Roos optimiert. Die Optimierung fand auf der Grundlage des Anforderungsniveaus und dem Einsatz von FS 30 statt. Durch die längere Liegedauer der Sole, die höheren Ausbringgeschwindigkeiten und größeren Reichweiten der Streugeräte können neue Streupläne erstellt und weitere Optimierungen vorgenommen werden. Problematisch stellte sich auch in einigen Fällen die geringere mitgeführte Salzmenge zu herkömmlichen FS 30 Streumaschinen dar.

Sollte in Ausnahmefällen während des FS 100 Streudurchganges auf FS 30 Streuung bei Schneefall umgestellt werden müssen, könnte unter Umständen die Salzmenge nicht mehr ausreichen. Es muss daher genau abgewogen werden, welche Solestreumaschine auf welche Strecke passt.

Bild 14: Streubreite in Kreuzungsbereichen

5 Schulung der Einsatzleiter und Anwender

Um alle Möglichkeiten der neuen Technologien ausschöpfen zu können, ist es notwendig, die Winterdiensteinsatzleiter und Anwender weiterzubilden und zu schulen.

Den Verantwortlichen müssen auch spezielle Wettervorhersagen und -prognosen zur Verfügung gestellt werden, um einen differenzierten und angepassten Winterdienst durchführen zu können. Auch hier werden Schulungen und Weiterbildungen als nötig erachtet.

Erstmalig wird dieses Jahr von der ZSB eine Schulungsoffensive durchgeführt. In einem ersten Schritt sollen alle Winterdiensteinsatzleiter aller Autobahn- und Straßenmeistereien geschult werden. Weitere Schulungsangebote sollen in den nächsten Jahren für die Anwender folgen.

6 Zusammenfassung und Aussichten

Als wichtigste Erkenntnisse der letzten Jahre, in denen die Solestreuung erprobt worden ist, sind zu nennen:

1.  Die Solestreumaschinen müssen immer auf die zu betreuende Strecke bemessen werden. Bevor eine Streumaschine beschafft wird, müssen die Gegebenheiten genau betrachtet werden.

a. Wird das Gerät auf der Autobahn oder im untergeordneten Straßennetz eingesetzt?
b.
Abbiegespuren
c.
Aufweitungen
d.
Bushaltebuchten
e.
Andere Besonderheiten?

2. Die Randbedingungen müssen stimmen:

a. Die Leistung der Solelöseanlage,
b.
Die Solelagerkapazität,
c. Die Leistung, der für die Solebeladung benötigten Pumpen.

3. Die Winterdiensteinsatzleiter und Anwender (eigenes Personal und Fuhrunternehmer) müssen über den Einsatz und die Möglichkeiten der neuen Technologien geschult und weitergebildet werden.

Die Solestreuung hat sich in Bayern bewährt. Dort wo die Streumaschinen auf die Strecke angepasst sind, die Randbedingungen stimmen und hochmotiviertes und gut geschultes Personal vorhanden ist, ist die Solestreuung eine wichtige Ergänzung zu einem wirtschaftlichen, leistungsfähigen und umweltschonenden Winterdienst.

Literaturverzeichnis

1) BASt: Empfehlungen zum richtigen Aufbringen von Tausalzlösungen, Verkehrstechnik Heft V 218

2) CEN/TS 15597-2

3) Hausmann, G.: Verteilung von Tausalzen auf der Fahrbahn, Abschlussbericht zum Forschungsvorhaben FE 03.0404/2005HRB im Auftrag der BASt, 2008

4) Bild 2 https://de.wikipedia.org/wiki/Asphalt

5) Bild 13 Google.de/maps