FGSV-Nr. FGSV 001/23
Ort Mannheim
Datum 15.09.2010
Titel Klimawandel – Anpassungsstrategien für die Straßenverkehrsinfrastruktur
Autoren Dr. Udo Tegethof
Kategorien Kongress
Einleitung

Den Prognosen des International Panel on Climate Change (IPCC) zufolge lassen die nächsten Jahrzehnte gravierende klimatische Veränderungen erwarten. Bis zum Jahr 2050 sollen die Durchschnittstemperaturen im Sommer um bis zu 2,5 °C und im Winter um bis zu 3,0 °C ansteigen. Dabei werden im Sommer um bis zu 40 % geringere und im Winter bis zu 30 % ergiebigere Niederschläge erwartet.

Die Fragen, welche Risiken sich hieraus für Ingenieurbauwerke, Brücken oder Straßenabschnitte in welchem Ausmaß und zu welchem Zeitpunkt ergeben, sollen profunde beantwortet werden. Dazu verfolgt die Bundesanstalt für Straßenwesen eine Strategie, in der die Vorgehensweise zur Ermittlung der Auswirkung des Klimawandels, der Betroffenheit sowie des Anpassungs- und Handlungsbedarfs fixiert wurde. Seit einem Jahr wird diese Strategie mit Leben gefüllt, indem vier sondierende Forschungsprojekte initiiert wurden. Mit Blick auf die Änderung der Niederschläge und Temperaturen werden zunächst die damit verbundenen Risiken für Böschungen, Brücken sowie für Straßenbeläge (Aquaplaning) abgeschätzt und erste Handlungshinweise für bautechnische Anpassungsmaßnahmen erarbeitet. In einem weiteren, inzwischen abgeschlossenen Projekt wurden Straßendaten und regionalisierte Klimaprognosen miteinander fusioniert. Hierdurch wird eine Filterung auf Netzebene möglich, die eine direkte Identifizierung möglicherweise betroffener Infrastrukturelemente zulässt.

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1 Einleitung

Warum befasst sich die BASt mit dem Thema Anpassung an den Klimawandel? Nicht erst dem vierten Bericht des Intergovernmental Panel of Climate Change (IPCC 2007) sind Belege für die ansteigende Durchschnittstemperatur der Troposphäre zu entnehmen. Ganz besonders in Europa sind die Durchschnittstemperaturen stärker angestiegen als im weltweiten Mittel (Bild 1).

Für den Straßenbau ergibt sich die Frage: Entstehen aus dem Klimawandel Gefahren für die Straßen und den Verkehr? Auf diese Frage müssen fundierte Antworten gefunden werden.

Der Juli 2010 brachte eine außergewöhnliche Hitzeperiode, in deren Verlauf Betonfahrbahnen gesprengt wurden und Asphalt aufweichte. Zwischen dem 2. und 27. Juli 2010 konnte man der Presse 14 Schäden an verschiedenen Bundesfernstraßen vor allem bei Beton-, aber auch bei Asphaltbelägen entnehmen. Der August brachte in einigen Landesteilen viel mehr Regen als gewöhnlich, so dass die Wassermassen auch Straßen unterspülten. Offensichtlich sind nicht alle Bestandteile der Straßeninfrastruktur jeder Wetterperiode gewachsen. Dies ist aber auch aus wirtschaftlichen Gründen generell nicht möglich. Jedoch sollte der Anteil dessen, was unter extremen Verhältnissen in Mitleidenschaft gezogen wird, nicht wachsen.

Bild 1: Beobachtete Abweichungen der jährlichen Temperaturmittel in Europa, 1850 bis 2009, relativ zum Durchschnitt der Jahre 1850 bis 1899 [EEA 2010]

Bild 2: Hitzeschaden an der BAB A 29, 14. Juli 2010 (Weihrauch 2010)

Welche Charakteristika bringt der Klimawandel mit sich? Das IPCC rechnet abhängig von den Zuwachsraten aller Treibhausgase und dem angewandten Modell bis 2100 mit einer Zunahme der globalen Durchschnittstemperatur um 1,1 °C bis 6,4 °C. Für Deutschland ergibt sich aus diesen Analysen, je nach verwendetem Szenario, ein Temperaturanstieg von 2 °C bis 4 °C bis zum Ende des Jahrhunderts.

Diese Änderungen der Mittelwerte liegen allerdings in Größenordnungen, die unsere Bauwerke ohne weiteres verkraften. Das Bild 3 zeigt jedoch, wie stark bei bauwerksverträglicher Entwicklung des Mittelwertes die intensiveren und extremen Ereignisse zunehmen können.

Bild 3: Änderung in den Häufigkeiten von intensiven und extremen Ereignissen bei Zunahme von Mittelwert und Streuung der Verteilung der Wetterereignisse (verändert nach (Hupfer 2004))

Damit übereinstimmend zeigen die Ergebnisse regionaler Klimaprojektionen für Deutschland folgende Veränderungen für den Klimawandel:

  • Häufigere und längere Hitzeperioden im Sommer; mildere Winter.
  • Veränderung der Niederschlagsverteilung (trockenere Sommer, niederschlagsreichere Winter), verbunden mit einer Zunahme von Starkniederschlagsereignissen.
  • Änderungen im Sturmgeschehen (intensivere Winterstürme, häufigere Gewitter mit Hagel und Sturmböen).

2 Strategie

Temperatur-, Wind- und Niederschlagsverteilungen stellen bemessungsrelevante Einwirkungen dar. So kann davon ausgegangen werden, dass sich aus den prognostizierten Auswirkungen des Klimawandels Einflüsse auf Planung, Entwurf, Bemessung, Bau und Betrieb der Straßeninfrastruktur ergeben. Aus diesem Grund ist eine Strategie zur Anpassung des Sektors Straße an die Folgen des Klimawandels erforderlich und zu implementieren (Krieger 2009).

Zunächst sind die sich aus dem Klimawandel ergebenden Bedrohungen aufzustellen. Eine wesentliche Grundlage bilden hierbei die Ergebnisse der bereits vorhandenen globalen und regionalen Klimaprojektionen, die hinsichtlich der für die Straßenverkehrsinfrastruktur relevanten Einwirkungen zu analysieren und gegebenenfalls für die hier vorliegende spezifische Aufgabenstellung zu modifizieren sind (Bild 4).

Um Sicherheit in der Aussage zu bekommen, ist es erforderlich, verschiedene Modelle auf der Grundlage unterschiedlicher Szenarien anzuwenden. Für die weiteren Untersuchungen sind die aus den Szenarien gewonnenen Informationen zum Klimawandel mit den vorhandenen Datensätzen für die relevanten Elemente der Straßenverkehrsinfrastruktur zu fusionieren. Eine besondere Herausforderung stellt hierbei die Fusion der rasterbezogenen Klimadaten mit netzbezogenen Informationen zur Straßenverkehrsinfrastruktur dar. Relevante Datengruppen mit Netzbezug sind unter anderen: Straßennetz, Verkehr, Aufbau der Fahrbahnbefestigungen, Bauwerksdaten (Brücken, Tunnel und andere Ingenieurbauwerke) sowie der Zustand der Fahrbahnbefestigung. Die BASt verfügt mit dem IT-System BISSTRA bereits über eine leistungsfähige Plattform zur Speicherung und Analyse der oben genannten Datengruppen mit Netzbezug. Diese Plattform lässt sich hinsichtlich einer fusionierten Informationsbasis weiterentwickeln.

Parallel zu der Bereitstellung von Werkzeugen für die Fusion von Klima- und Infrastrukturdaten sind Verwundbarkeitsanalysen für alle vom Klimawandel betroffenen Elemente der Straßenverkehrsinfrastruktur zu erstellen. Die Ergebnisse dieser Analysen, die an repräsentativen Bauwerken (Klassierung des Bestandes) durchgeführt werden können, ergeben Hinweise zum Grad der Betroffenheit für verschiedene Bauweisen und Bauwerksarten. Verwundbarkeitsanalysen dienen auch dazu, Anpassungsmaßnahmen (Planung, Bau, Betrieb) hinsichtlich einer Verringerung der Verwundbarkeit zu analysieren. Als Ergebnis wird ein Katalog möglicher Maßnahmen einschließlich Aussagen zu Kosten und zur Kostenwirksamkeit zur Verfügung stehen.

Aufbauend auf diesen Verwundbarkeitsanalysen können in einem weiteren Schritt Kriterien bereitgestellt werden, mit denen eine Einschätzung zur Kritikalität von Bauwerksarten bzw. Bauweisen auf Netzebene möglich wird (Bewertungsverfahren für kritische Straßenverkehrsinfrastruktur).

Auf der Grundlage dieses Bewertungsverfahrens für kritische Straßenverkehrsinfrastruktur lässt sich unter Zugrundelegung der fusionierten Daten (Klimawandel + Straßenverkehrsinfrastruktur) eine netzweite Analyse einschließlich einer Priorisierung der von den Auswirkungen des Klimawandels betroffenen Objekte durchführen.

Bild 4: Strategie zur Anpassung der Straßenverkehrsinfrastruktur an den Klimawandel (verändert nach (K r i eg er 2009))

Auf dieser Grundlage kann dann unter Verwendung des Kataloges von Anpassungsmaßnahmen (einschließlich Kosten und Maßnahmenwirksamkeiten) ein Programm für die Anpassung der Straßenverkehrsinfrastruktur an die Folgen des Klimawandels aufgestellt werden.

Da ein solches Programm nicht losgelöst von den derzeit rein zustandsgetriebenen Managementsystemen der Erhaltung (BMS, PMS) implementiert werden kann, ist in einem abschließenden Schritt ein Abgleich des sich aus Anpassungsmaßnahmen ergebenden Programms mit den zustandsbasierten Programmen dieser Systeme durchzuführen.

3 Sondierende Forschungsprojekte

Zur Abdeckung des Themas ist ein breites Spektrum von Forschungsarbeiten erforderlich, zu deren Vorbereitung in der BASt die abteilungsübergreifende „Arbeitsgruppe Klima“1) gebildet wurde. Zunächst wurden vier sondierende Projekte aus den Bereichen Verkehrstechnik, Brückenbau und Straßenbau in Auftrag gegeben.

3.1 Netzbezug

Im Projekt FA 89.239 „Bereitstellung der Straßen- und Bauwerksdaten für die Analyse der Auswirkung des Klimawandels“, durchgeführt vom Ingenieurbüro Heller, entstand das Programm „Klimawandel online“ (H e l l er, Skakuj 2010). Es ermöglicht die Verknüpfung zwischen rasterbezogenen Klimadaten und netzbezogenen Informationen zur Straßenverkehrsinfrastruktur (Bild 5). Mit Hilfe dieses Werkzeugs können z. B. die Anzahl der Tage mit >20 mm Niederschlag für einen beliebig zu wählendem Zeitraum bis zum Jahr 2010 in einer themenbezogenen Karte als Rasterelemente ausgegeben werden. In einem weiteren Schritt werden für diese Raster Strecken ausgegeben, deren Querneigung unter 0,1 % liegt. So lassen sich z. B. Aquaplaning gefährdete Streckenabschnitte finden.

Bild 5: Verknüpfung rasterbasierter Klimadaten mit Datenbankelementen der Straßenverkehrsinfrastruktur

1) Die Mitglieder der AG Klima sind, Cyrus Schmellekamp (Abt. B), Michael Bürger, Oliver Ripke, Udo Teget hof (Leiter), Marko Wieland, Andreas Wolf, (Abt. S), Birgit Hartz (Abt. V), und Vera Glenz (Abt. Z)

3.2 Rutschungen

Das Projekt FA 89.238 „Abschätzung der Risiken von Hang- und Böschungsrutschungen durch die Zunahme von Extremwetterereignissen“ (Forschungsstelle Rutschungen e.V. Mainz), soll eine Abschätzung liefern, ob unter den geänderten klimatischen Verhältnissen vermehrt mit Rutschungen zu rechnen ist. Die Analyse aufgetretener Rutschungen zeigt, dass mehrere niederschlagsreiche Winter den Rutschereignissen voraus gehen. Sommerliche Starkniederschläge scheinen weniger relevant zu sein (K umerics 2010). Ebenso können sommerliche Starkniederschläge Rutschungen verursachen und zu Verkehrsbehinderungen führen (Bild 6).

Den Prognosen zufolge sollen winterliche Niederschläge zunehmen. Spannend wird jetzt herauszufinden, wo im Straßennetz die Wahrscheinlichkeit von Rutschungen sich erhöht.

Bild 6: Kleine Risse in der Deckschicht zeugen von Erdbewegungen im Straßenunterbau (G idde 2010)

3.3 Spannbetonbrücken

Ziel des Forschungsprojektes FA 89.232 „Auswirkung des Klimawandels auf bestehende Spannbetonbrückenbauwerke“, durchgeführt vom ILEK (Institut für Leichtbau Entwerfen Konstruieren), Stuttgart, ist es, mit Hilfe des Prognosemodells REMO zukünftig mögliche Einwirkungen aus den Effekten des Klimawandels auf bestehende Spannbetonbrückenbauwerke zu ermitteln und deren Auswirkungen in Bezug auf Standsicherheit, Gebrauchstauglichkeit und Dauerhaftigkeit zu untersuchen (Bild 7).

Als relevant wurden bisher folgende Einwirkungsarten identifiziert:

  • Konstanter Temperaturanteil,
  • Linear veränderlicher Temperaturanteil,
  • Wind,
  • Niederschlag.

Diese Einwirkungen werden anschließend mit den gültigen/älteren Normen verglichen und die Auswirkungen durch FE-Rechnungen an verschiedenen Spannbetonbrückentypen ermittelt. Darauf aufbauend werden Empfehlungen für die Bewertung bestehender Spannbetonbrücken in Bezug auf Standsicherheit, Gebrauchstauglichkeit und Dauerhaftigkeit abgeleitet.

Die gegen Längenänderung zwängungsfrei gelagerte Durchlaufträgerbrücke erfährt aufgrund der bisher ermittelten Änderungen der Einwirkungen aus zukünftigen klimatischen Bedingungen keine zusätzlichen Beanspruchungen. Dies liegt daran, dass sich das Bauwerk ohne Zwängung verlängern bzw. verkürzen kann.

Bild 7: Lastfall positiver Temperaturunterschiede infolge Klimaprognosen bei Rahmenträgerbrücken (Novak 2010)

Die 1-feldrige Rahmenbrücke weist aufgrund ihrer Bauart eine deutlich höhere Gefährdung gegenüber Änderungen des konstanten Lufttemperaturanteils auf. Da Bodenplatte und Stiele nicht im gleichen Maße wie die Fahrbahnplatte den Lufttemperaturen ausgesetzt sind, entsteht in diesen eine geringere Längenänderung. Daher führen größere Werte des konstanten Temperaturanteils zu Vergrößerungen der Schnittkräfte und Spannungen im Vergleich zu jenen, die nach aktuellem Stand der Norm oder nach der alten DIN 1072:1967 ermittelt wurden.

3.4 Aquaplaning

Das Projekt FA 89.240 „Ermittlung des Aquaplaningrisikos auf Bundesfernstraßen unter Berücksichtigung des Klimawandels und den damit verbundenen Niederschlagsereignissen“ wird durchgeführt von der FH Giessen, FG Straßenwesen und Vermessung. Für ausgewählte Regionen werden beispielhaft verschiedene Autobahnabschnitte hinsichtlich der zu erwartenden Wasserfilmdicken und der erforderlichen Dimensionierung der gegebenenfalls vorhandenen Entwässerungseinrichtungen analysiert. Aufbauend auf den Analysen der zu erwartenden Wasserfilmdicken erfolgt eine Abschätzung der Zeitanteile, in denen der Verkehrsablauf durch die Regenintensität deutlich beeinträchtigt ist. In einem weiteren Schritt soll eine Abschätzung der Risikoentwicklung auf der Grundlage der klimatischen Entwicklung für kurz-, mittel-, und langfristige Prognosen durchgeführt werden (Bild 8).

Bild 8: Aquaplaninggefahr auf BAB (Hartz, Löhe 2008; DWD 2008)

4 Internationale Forschung

Ein Projekt des ERA-NET ROAD Programms befasst sich mit Anpassungen an den Klimawandel: „Road Owners Getting to Grips with Climate Change“. Dessen Projekt-Vorstand (PEB) startete im Jahr 2007 vier Forschungsprojekte – RIMAROCC, IRWIN, SWAMP und P2R2C2.

Dabei bedeuten:

RIMAROCC:

Risk Management for Roads in a Changing Climate
Ziel ist die Entwicklung einer gemeinsamen ERA NET ROAD-Methode für die Risikoanalyse und das Risikomanagement hinsichtlich der Auswirkungen des Klimawandels auf die Straßeninfrastruktur.

IRWIN:

Improved Local Winter Index to Assess Maintenance Needs and Adaption Costs in Climate Change Scenarios
Unter Verwendung historischer Beobachtungen aus dem Road Weather Information System (RWIS) in Schweden und Finnland wird ein verbesserter „Winter Road Index“ entwickelt. Der Index soll als ein Hilfsinstrument bei der Bewertung derzeitiger und zukünftiger Klimascenarien benutzt werden können.

SWAMP:

Storm Water Prevention – Methods to Predict Damage from the Water Stream in and near Road Pavements in Lowland Areas
Mögliche Schäden an Straßenoberflächen durch Starkregenereignisse, vornehmlich in tief gelegenen Landschaftsteilen (Niederlande, Dänemark, Deutschland, Schweden und Großbritannien) sollen frühzeitig erkannt und vermieden werden. Dazu werden zwei Regelwerke entwickelt. Teil 1 vermittelt Verfahren zur Bereitstellung digitaler Daten, Teil 2 wird Hinweise zur Analyse, Verbesserung und Erhaltung von Entwässerungssystemen geben.

P2R2C2:

Pavement Performance and Remediation Requirements following Climate Change
Es soll ein genereller Überblick gegeben werden über die Konsequenzen, die zukünftige Klimaänderungen auf Fernstraßen bewirken, sowie über die möglichen Gegenmaßnahmen. Unter gesamteuropäischer Betrachtungsweise werden nicht lokale Besonderheiten, sondern eher die hauptsächlichen, kontinentalen Klimaänderungen behandelt.

Zum Abschluss dieses Programms fand am 8. und 9. Dezember 2010 eine internationale, projektübergreifende Konferenz in der BASt statt, um die Ergebnisse und Empfehlungen zu präsentieren. Dabei wurden am ersten Tag die Ergebnisse der vier sondierenden BASt-Projekte vorgestellt, am zweiten Tag die ERA NET ROAD – Projekte. Die Aufzeichnungen des zweiten Tages können unter www.fehrl.org abgerufen werden.

5 Ausblick

Die weitere Forschung wird sich sowohl mit Methoden und Verfahrensweisen befassen als auch mit praktischen Anpassungsmaßnahmen, Prioritätenlisten und Kostengesichtspunkten. Es gibt Modelle zur Regionalisierung von Klimaprognosen und es gibt Modelle zur Berechnung der Erforderlichkeiten bei Elementen der Straßeninfrastruktur, wie z. B. den Straßenaufbau und die Brückenbauwerke, in die neben den vielen technischen Parametern auch meteorologische bzw. klimatologische Größen eingehen. Hinsichtlich der Konkretisierung von Auswirkungen des Klimawandels auf die Straßeninfrastruktur weisen beide Arten von Modellen Defizite auf. So sind die Rasterdaten der regionalen Klimaprognosen in räumlicher und zeitlicher Auflösung noch zu grob, um sie direkt z. B. in die Dimensionierung des Straßenaufbaus oder die Bemessung von Bauwerken einfließen zu lassen. Klimadaten aus dem Regionalmodellen REMO z. B. stellen jeweils die Mittelwerte eines 100 km² großen Gebietes dar. Sie reflektieren damit nicht die Verhältnisse, die unmittelbar am Straßenrand herrschen (Bild 9).

Bild 9: Beispielraster 10 x 10 km2 im Verhältnis zu Straßen und Landschaft

In zukünftigen Vorhaben müssen sowohl auf dem Gebiet der Klimatologie als auch im Straßenwesen die erforderlichen Modelle und Verfahren entwickelt und aufeinander abgestimmt werden, mit deren Hilfe Abschätzungen über die zusätzlichen Belastungen der Straßeninfrastruktur, infolge Änderung der klimatischen Verhältnisse, vorgenommen werden können. Seitens des Straßenwesens sind bestehende Algorithmen weiter auszubauen, bzw. auf Teilgebieten überhaupt erst zu entwickeln, um die Auswirkungen von Dauer- oder Extremereignissen auf das jeweilige Schutzgut zu modellieren.

Auf der Grundlage derartiger Verfahren können die Betreiber der Straßeninfrastruktur in die Lage versetzt werden, netzweite Risikobeurteilungen hinsichtlich der Anfälligkeit von Elementen der Straßeninfrastruktur gegenüber Änderungen der klimatischen Verhältnisse durchzuführen. Die Verfahren sollen ermöglichen, jeweils für objektrelevante Vorhersagezeiträume die kritischen Objekte bzw. Streckenabschnitte im Straßennetz zu lokalisieren, um deren Schadensrisiko mit rechtzeitig durchgeführten Anpassungsmaßnahmen herabzusetzen.

Neben den durchzuführenden Verwundbarkeitsanalysen und daraus abzuleitenden Kriterien für betroffene Ausstattungsteile müssen parallel Maßnahmen zur Verringerung der Verwundbarkeit der Straßenverkehrsinfrastruktur entwickelt werden.

Literaturverzeichnis

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  3. EEA (2010b): European Environmental Agency; www.eea.europa.eu/data-and-maps/figures/ european-annual-average-temperature-deviations-1850-2008-relative-to-the-1850-1899-average-in-oc-the-lines-refer-to-10-year-moving-average-the-bars-to-the-annual-land-only-european-average-1
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  6. Heller, S.; Skakuj, M. (2010): Bereitstellung der Straßen- und Bauwerksdaten für die Analyse der Auswirkung des Klimawandels. Schlussbericht, Bundesanstalt für Straßenwesen, Bergisch Gladbach, im Druck
  7. Hupfer, P.; Börngen, M. (2004): Gibt es „Klimakatastrophen“? Naturwiss. Rdsch. 57, 233– 240
  8. IPCC (2007): IPCC Fourth Assessment Report (AR4). International Panel on Climate Change. www.ipcc.ch/publications_and_data/publications_and_data_reports.htm
  9. Krieger, J. (2009): Strategiepapier zur Anpassung der Straßenverkehrsinfrastruktur an die Folgen des Klimawandels. Bundesanstalt für Straßenwesen, Bergisch Gladbach, unveröffentlicht
  10. Kumerics, C. (2010): Abschätzung der Risiken von Hang- und Böschungsrutschungen durch die Zunahme von Extremwetterereignissen, Forschungsstelle Rutschungen e.V., er Zwischenbericht zum FE 89.238/2009/AP, unveröffentlicht
  11. Novak, B. (2010): Auswirkung des Klimawandels auf bestehende Spannbetonbrückenbauwerke Universität Stuttgart, Institut für Leichtbau Entwerfen und Konstruieren, Zwischenbericht des Forschungsprojekts FE 89.232/2009/AP, unveröffentlicht
  12. Weihrauch, T. (2010): Hitzeschäden an Betonfahrbahnen, Schriftl. Mittteilung, Autobahnmeisterei Varel