FGSV-Nr. FGSV 002/96
Ort Stuttgart
Datum 16.03.2011
Titel Großräumige Verkehrsprognose in der Hansestadt Bremen mit dem Cell-Transmission-Model
Autoren Dr.-Ing. Thorsten Schüler, Dipl.-Math. Andrea Schieferstein, Dipl.-Ing. Stefan Bartels
Kategorien HEUREKA
Einleitung

Der Bericht befasst sich mit einem neuen Modell für eine großräumige Verkehrsprognose – dem Cell-Transmission-Model. Das Modell wurde im Rahmen eines Umsetzungsprojektes weiter entwickelt und in der Hansestadt Bremen implementiert. Auf der Basis einer geschwindigkeitsabhängigen Zelleinteilung und eines vorhandenen Verkehrsnetzes wird der Verkehr mit einem mesoskopischen Ansatzes simuliert. Der Bericht erläutert die Randbedingungen und Vorgaben, die eingesetzten Modelle, Hardware- und Softwareaspekte sowie die gesammelten Erfahrungen.

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Der Fachvortrag zur Veranstaltung ist im Volltext verfügbar. Das PDF enthält alle Bilder und Formeln.

1 Kontext

Das Amt für Straßen und Verkehr der Hansestadt Bremen beabsichtigte im Jahr 2008 ein Prognosemodul zur Erstellung, Darstellung und Weitergabe einer auf aktuell verfügbaren Daten aus Online-Messstellen basierenden Mittel- und Kurzfrist-Verkehrsprognose sowohl für das BAB-Netz als auch für die Hauptmagistralen im nachgeordneten Netz erarbeiten zu lassen.

Die Mittelfristprognose sollte dabei in Form eines vorhandenen Umlegungsmodells, welches in das Prognosemodul zu integrieren ist, erfolgen. Für die Kurzfristprognose sollte ein eigenständiges Modell implementiert werden, welches auf Basis historischer Messwerte und einer Simulation die kurzfristige Entwicklung der Verkehrssituation darstellen kann. Zusätzlich sollte das Prognosemodul ebenfalls in der Lage sein, für beide Prognosehorizonte die Auswirkungen von Verkehrsverlagerungen auf den Verkehrszustand im Netz abzubilden. Für beide Prognosemodelle sollte eine gemeinsame Bedienoberfläche hergestellt werden, in der Störungs- und Maßnahmenszenarien erstellt und verwaltet bzw. in die einzelnen Module importiert sowie die Ergebnisse der Mittel- und Kurzfristprognose auf Basis einer digitalen Kartengrundlage visualisiert werden können.

Auf der Basis dieser Vorgaben wurde in den Jahren 2009 und 2010 das System ProTRANS in Form verschiedener Hardware- und Softwarekomponenten in der Hansestadt Bremen implementiert und in Betrieb genommen.

2 Vorgaben und Randbedingungen

Im Abschnitt Vorgaben und Randbedingungen werden die Vorgaben und Randbedingungen vorgestellt, die bei der Planung und Implementierung des Prognosemodul zu berücksichtigen waren.

2.1 Das Verkehrsnetz

Das zu simulierende Verkehrsnetz besteht aus dem Hauptstraßennetz der Hansestadt Bremen. Es umfasst den Stadtbereich, Bremen Nord und angrenzende Bereiche von Niedersachsen.

Bild 1: Netzumgriff

Das zugrunde liegende gerichtete Verkehrsnetz für die Mittelfristprognose besteht aus ca. 5.000 Knoten und 10.000 Kanten. Darauf aufbauend basiert die Kurzfristprognose mit dem Cell-Transmission-Model (kurz CTM) auf einem Verkehrsnetz (dem CTM-Netz) mit ca. 30.000 Knoten und ca. 40.000 Kanten. Für die Kurzfristprognose wurden in das ProTRANS- System die Versorgungsdaten von ca. 500 Lichtsignalanlagen, ca. 650 TMC Locations und ca. 500 Messquerschnitten zumeist durch automatisches Importieren eingepflegt.

2.2 Verkehrsumlegungsmodell

Eine wesentliche Vorgabe war die geforderte Nutzung eines bereits vorhandenen und etablierten makroskopischen Verkehrsumlegungsmodells als Datengrundlage. Sowohl die Netztopologie, d. h. die versorgten Verkehrsnetzinformationen, als auch die Berechnungsergebnisse dieses Planungswerkzeugs werden für die Berechnungen der Kurzfristprognose herangezogen. Aus den Umlegungsergebnissen werden zum Beispiel die Abbiegeraten ermittelt.

2.3 Verkehrsdaten und TMC-Meldungen

Für die Integration der aktuellen Messdaten aller zu berücksichtigen Detektionseinheiten (klassische Messquerschnitte, Traffic Eyes, Parkhäuser) ist eine Kommunikation zum Datenlieferanten von Verkehrsdaten der Hansestadt Bremen implementiert worden, über die ein permanenter Datenimport stattfindet. Neben den aktuellen Messdaten der Detektionseinheiten werden gleichzeitig die aktuell geschalteten Lichtsignalprogramme der zu berücksichtigten Lichtsignalanlagen geliefert. Zusätzlich werden verkehrliche Störungen in Form von zeitlich begrenzten Ereignissen zur Verfügung gestellt.

Des Weiteren besteht eine Verbindung zum Verkehrswarndienstsystem, einem Lieferanten von TMC-Meldungen. Analog zu den Verkehrsdaten werden die TMC-Meldungen von einer zweiten Schnittstelle laufend abgefragt und eingelesen. Die Auswirkungen der TMC-Meldungen werden parallel zu den Ereignissen des Verkehrsrechners in der Kurzzeitprognose berücksichtigt.

2.4 Zentraler Kalender

Für die Verwaltung der verschiedenen Quellen für Ereignisse, welche die Kurzfristprognose beeinflussen, war eine zentrale Kalenderkomponente gefordert. Der zentrale Kalender des Prognosemoduls enthält alle Ereignisse, welche bei der Kurzfristprognose zu berücksichtigen sind. Hierzu gehören Veranstaltungen, Maßnahmen, Baustellen und Störungen, welche durch den Verkehrsrechner der Hansestadt Bremen an das ProTRANS-System gemeldet werden sowie die TMC-Meldungen, welche vom ProTRANS-System eingelesen werden. Parallel dazu können auch manuell Ereignisse in das ProTRANS-System eingepflegt werden.

Einflussmöglichkeiten von Ereignissen bestehen in den Bereichen:

- Kantenkapazitäten

- Lichtsignalprogramme

- Abbiegebeziehungen

- Nachfragebeziehungen

- Detektionseinheiten

2.5 Ergebnisbereitstellung

Neben der Darstellung der Prognose-Ergebnisse innerhalb des ProTRANS-Systems gab es die Vorgabe, die Ergebnisse auch für eine Darstellung im Internet bereitzustellen. Hierzu sollte aber nicht der Detaillierungsgrad des ProTRANS-System herangezogen werden, sondern eine aggregierte Darstellung mit Hilfe von ganzen Streckenzügen erfolgen.

3 Verkehrsmodelle

Der Abschnitt Verkehrsmodelle beschreibt die wichtigsten Modellansätze, die bei der Implementierung des Prognosemoduls zum Einsatz gekommen sind.

Das ProTRANS-System besteht aus einer Vielzahl von Komponenten und Modellen, welche im Folgenden kurz aufgeführt werden. In den anschließenden Kapiteln werden die wichtigsten Modelle näher erläutert.

- PM-DA: Datenaufbereitung für die Messquerschnitte / Datenaufbereitung für die detektierten Streckenabschnitte / Identifizierung von Ganglinienunterklassen und Bildung von Musterganglinien / Aktualisierung von Musterganglinien

- PM-DH: Datenbank-Server / Kommunikationsbibliotheken für verschiedene Programmiersprachen / Archivierung von historischen Daten / Rearchivierung

- PM-MFP: Maßnahmengenerator für die Mittelfristprognose / Schnittstelle zur Ansteuerung des Umlegungsprogramms / Aufbereitung der Ergebnisse der Mittelfristprognose und LOS-Bestimmung

- PM-KFP: Maßnahmengenerator für die Kurzfristprognose / Prognose der 15-Min- Verkehrsbelastungen (ARIMA + Propagierung) und Fehlerberechnung für den letzten Prognoseschritt / Simulation der Verkehrslage (CTM) / Aufbereitung der Ergebnisse der Kurzfristprognose, LOS-Bestimmung und Fehlerberechnung für den letzten Prognoseschritt

- PM-BS: Integrierte Anwenderschnittstelle

- PM-KOM: Schnittstelle VMZ / Schnittstelle Internet / Schnittstelle Baustellen/Veranstaltungen / Schnittstelle Landesmeldestelle

3.1 Ganglinienbildung

Da sowohl die Datenaufbereitung, als auch die ARIMA Prognose auf einem ganglinienbasierten Ansatz aufbauen, wird in diesem Abschnitt die Ermittlung und Klassifizierung der Ganglinien beschrieben.

3.1.1 Clusteranalyse

Grundsätzlich gibt es verschiedene Tagestypen, für die sich Ganglinien über alle Detektionseinheiten markant unterscheiden. Basierend auf historischen Verkehrsdaten von allen Detektoren wurde eine Clusteranalyse durchgeführt, welche verkehrlich ähnliche Tage zusammenfasst. Aufgrund der Clusteranalyse wurden sinnvolle Tagestypen definiert. Die so gefundenen Tagestypen werden als Vorklassen bezeichnet. Innerhalb von Vorklassen wird eine weitere Klassifizierung in Unterklassen vorgenommen, um innerhalb eines Tagestyps verschiedene Verkehrsszenarien besser abzubilden (z. B. an Tagen mit hohem Verkehrsaufkommen oder einem Sonderereignis). Dabei werden ebenfalls mittels einer Clusteranalyse ähnliche Ganglinien in Unterklassen zusammengefasst.

Die Ähnlichkeit von Ganglinien wurde anhand der Form der Ganglinien und anhand der Lage der Ganglinien ermittelt (siehe VORTISCH 2006). Beide Verfahren werden im Folgenden erläutert:

1. Zur Bestimmung der Ähnlichkeit der Form wurde als Abstandsmaß der Korrelationskoeffizient gewählt, welcher die Ähnlichkeit der Form/des Verlaufs zweier Ganglinien beschreibt. Dieser nimmt einen Wert zwischen 0 und 1 an und bewegt sich nahe an 1, wenn die beiden Ganglinien sehr ähnliche Formen besitzen. Die Formel zur Berechnung des Korrelationskoeffizienten lautet wie folgt:

Formel siehe PDF.

wobei xi und yi die 15-Minuten Verkehrsstärkewerte der Ganglinien x und y sind und x ,  y  deren Mittelwerte. Um die Koeffizienten als Abstandsmaß zu verwenden, wird der Korrelationskoeffizient von 1 abgezogen und wird somit größer je unähnlicher sich die Objekte sind. Als Abstand ergibt sich:

Formel siehe PDF.

2. Zur Bestimmung der Ähnlichkeit der Lage wird die mittlere relative Ähnlichkeit als Abstandsmaß benutzt. Dabei wird die Ähnlichkeit der Lage/des Verkehrsaufkommens zwischen den Ganglinien ermittelt. Für jeden Zeitschritt werden die beiden Werte der zu vergleichenden Ganglinien ermittelt und der kleinere Wert von beiden wird durch den größeren Wert geteilt. Dieser Wert ist also 1, wenn die Werte gleich sind und wird kleiner je größer der Unterschied zwischen ihnen ist. Um den endgültigen Wert für die komplette Ganglinie zu erhalten, wird der Mittelwert über alle punktweisen Ähnlichkeiten (Anzahl an Zeitschritten für einen Tag) gebildet. Die Formel für die relative Ähnlichkeit lautet also:

Formel siehe PDF.

Auch hier gilt, dass dieses Maß ein Ähnlichkeitsmaß ist. Da sich der endgültige Wert wieder zwischen 0 und 1 befindet, wird dieser von 1 abgezogen, um relative Ähnlichkeit als Abstandsmaß benutzen zu können:

Formel siehe PDF.

Der Wert strebt gegen 1 falls die Lage sehr unterschiedliche ist bzw. strebt gegen 0 wenn die Ganglinien eine gleiche Lage besitzen.

Die beiden Werte corrDist(x,y) und proxDist(x,y) werden gewichtet (Summe der Gewichte ist gleich 1) und aufsummiert. Für die erste Implementierung wurde eine Gleichgewichtung vorgenommen. Somit sind beide Parameter 0,5. Der daraus resultierende Wert repräsentiert somit die Ähnlichkeit der Ganglinien.

3.1.2 Bildung und Aktualisierung von Vor- und Unterklassen

Am Ende eines Tages werden je Detektionseinheit Tagesganglinien gebildet, sofern ausreichend viele plausible Daten für die Detektionseinheit vorhanden sind.

Je Detektionseinheit wird die Unterklasse der aktuellen Vorklasse gesucht, die die größte Ähnlichkeit mit der Tagesganglinie hat. Die Tagesganglinie wird der entsprechenden Unterklasse zugeordnet. Die ermittelte Unterklassenganglinie und die Vorklassenganglinie werden mit der neu hinzugekommenen Tagesganglinie neu berechnet.

Die Anzahl an Tagesganglinien in einer Unterklasse wurde beschränkt, so dass sich die Unterklassenganglinie und die Vorklassenganglinie nur aus den letzten n Tagesganglinien berechnet. Ältere Tagesganglinien werden aus der Vor- und Unterklassenberechnung ausgeschlossen. Mit dieser Methode werden sowohl saisonale Unterschiede als auch langfristige Veränderungen des Verkehrsgeschehens an jeder Detektionseinheit automatisch erkannt und berücksichtigt.

Zum Finden der am besten passenden Unterklassenganglinie wird das Verfahren wie unter 3.1.1 beschrieben verwendet.

3.2 Datenaufbereitung

Die Datenaufbereitung beinhaltet mehrere Prozesse:

- Plausibilitätsprüfung der Eingangsdaten (jede Minute)

- Vervollständigung und Normierung der Eingangsdaten (alle 3 Minuten)

- Aggregierung der Verkehrsstärkewerte (alle 15 Minuten)

- Abgleich der Werte mehrerer Messstellen (täglich)

- Aktualisierung von Vor- und Unterklassen (täglich, siehe Abschnitt 3.1)

3.2.1 Plausibilitätsprüfung der Eingangsdaten

Im Rahmen des Moduls Datenaufbereitung wird jede Minute eine Plausibilitätsprüfung der eingehenden Messstellendaten vorgenommen. Hierfür werden entsprechende Wertebereichsprüfungen und Plausibilitätsprüfungen gemäß den Vorgaben der MARZ durchgeführt. Die für nicht plausibel befundenen Datensätze werden markiert und im späteren Verlauf durch Ersatzwerte substituiert.

3.2.2 Vervollständigung und Normierung der Eingangsdaten

Der Prozess umfasst die Vervollständigung von Verkehrsdatensätzen, die alle 3 Minuten gestartet wird. Durch den Prozess ist gewährleistet, dass für jedes Aggregationsintervall einer Messstelle ein Eingangsdatensatz zur Verfügung steht. Fehlende Datensätze werden anhand der letzten verfügbaren Messwerte und anhand der Werte der Vorklassenganglinie vervollständigt. Hierbei kommen verschiedene Verfahren zum Einsatz:

- Verfahren A: Stehen für die letzten n Zeitintervalle mindestens m Werte zur Verfügung und befindet sich der letzte verfügbare Messpunkt im kritischen Bereich des LOS-Diagramms (Staubereich), werden die letzten Messwerte des Verkehrsstärkewertes (Q) als Ersatzwerte übernommen.

- Verfahren B: Stehen für die letzten n Zeitintervalle mindestens m Werte zur Verfügung und befindet sich der letzte verfügbare Messpunkt im unkritischen Bereich des LOS-Diagramms, wird ein Korrekturfaktor wie folgt berechnet: Die Summe der m-Werte wird durch die Summe der Fahrzeuge von der Vorklassenganglinie für die entsprechenden Minuten geteilt. Der neue Verkehrsstärkewert (Q) ergibt sich folglich durch Multiplikation von dem Wert der Vorklassenganglinie mit dem Korrekturfaktor.

- Verfahren C: Stehen für die letzten n Zeitintervalle weniger als m Werte zur Verfügung, wird der Verkehrsstärkewert (Q) der Vorklassenganglinie übernommen.

Im Anschluss an die Datenvervollständigung werden die Verkehrsdaten des letzten 3 Minuten Intervalls zu einem Wert normiert. Dies betrifft zum einen die Datensätze der Messstellen, zum anderen wird ein normierter Signalprogrammwert der letzten 3 Minuten für jede LSA gebildet. Dabei wird folgendes Verfahren verwendet: (...)

3.2.3 Aggregierung der Verkehrsstärkewerte

In diesem Prozess werden zyklisch die normierten Datensätze des vorhergehenden 15-Minutenintervalls zu einem Wert der Messstellen-Tagesganglinie aggregiert. Diese Werte fließen im Anschluss in die ARIMA-Prognose mit ein.

3.2.1 Abgleich der Werte mehrerer Messstellen

Der Prozess umfasst den automatischen Abgleich der Werte mehrerer Messstellen. Hierfür wird einmal täglich die Tagesverkehrsbelastung mehrerer zuvor gruppierter Messstellen miteinander verglichen und auf Abweichungen der Verkehrsstärken hin überprüft.

3.3 ARIMA-Prognose

Die Hauptaufgabe des Prognosemoduls ist die Erstellung einer flächendeckenden Prognose der Verkehrslage. Dazu werden die gemessenen Verkehrsdaten an den Messstellen ermittelt und bis zu 75 Minuten in die Zukunft (Prognoseschritte 15, 30, 45, 60 und 75 Min) prognostiziert. Der Ansatz baut auf den historischen Ganglinien auf. Durch Simulation mit dem CTM Modell, welches als Eingangsdaten die prognostizierten Werten an den Messstellen erhält, kann eine flächendeckende Prognose der Verkehrslage ermittelt werden.

Dieses Kapitel stellt die Prognose der Verkehrsdaten an den Messstellen mit einem ARIMA Prognosemodell vor. Die Parameter, welche das ARIMA Modell verwendet, werden täglich neu optimiert werden. Die Optimierung dieser Parameter wird ebenfalls dargestellt.

3.3.1 Modellansatz

Die Prognose rechnet mit dem Modell nach Williams (siehe WILLIAMS, B 2003), welcher in seinem Beitrag mehrere saisonale ARIMA Modelle getestet hat. Dabei wurde festgestellt, dass die Modellform saisonale ARIMA(1,0,1)(0,1,1) für die Prognose von 15-Min- Verkehrsbelastungen optimal ist. In der Hansestadt Bremen wurde ein ARIMA(1,0,1)(0,1,1)96 Modell implementiert wobei die Saisonalität nur innerhalb der Vorklasse betrachtet wird.

Zu Beginn der Prognoseberechnungen wird verglichen, welche Unterklassenganglinie der gültigen Vorklassen, diejenige ist, welche die größte Ähnlichkeit mit den bisher aktuell gemessenen Verkehrsdaten am Messquerschnitt hat (nach beschriebener Methode in 3.1.1). Es wird weiterhin angenommen, dass die Ganglinie auch für den Prognosehorizont ähnlich verläuft wie die zugrunde gelegte Vergleichsganglinie. Die Werte fließen in die nachfolgend aufgeführte Prognoseformel als Referenzganglinie ein.

Die Werte von q für die nächsten 15-Minuten Intervalle werden wie folgt berechnet:

Formel siehe PDF.

Die Parameter (...) werden für alle detektierten Streckenabschnitte und Ganglinienunterklassen mit einem Optimierungsverfahren bestimmt. Die Optimierung wird im nachfolgendem Kapitel näher erläutert.

Am Ende jedes Tages werden die prognostizierten Werte, die durch die ARIMA Prognose ermittelt wurden, mit den tatsächlich gemessenen Werten verglichen, um eine Überprüfung der Prognose und Modellqualität durchführen zu können. Die Fehler werden täglich ermittelt, in der zentralen Datenbank gespeichert und in der Bedienstation visualisiert.

3.3.2 Optimierung der ARIMA-Parameter (...)

Um die Prognose stetig zu verbessern werden die Parameter (...) (i von 1 bis 5) für alle Messquerschnitte und Ganglinienunterklassen mit einem Optimierungsverfahren bestimmt. Durch die Optimierung werden die Parameter ermittelt, welche für den Vortag die besten Prognoseergebnisse ergeben hätten. Der Optimierungsvorgang wird täglich (am Anfang eines Tages) für alle Detektionseinheiten und Prognoseschritte der am Vortag geltenden Vorklasse wiederholt.

Für die Optimierung der Parameter wird der Downhill-Simplex Algorithmus verwendet. Der Downhill-Simplex Algorithmus ist ein Algorithmus, der zur multidimensionalen Optimierung häufig verwendet wird. Für die Optimierung werden keine Ableitungen der Zielfunktion verwendet. Das Finden des Minimums erfolgt ausschließlich auf geometrische Art und Weise, indem ein n-dimensionaler Simplex (ein Gebilde mit n-Kanten) aufgebaut wird und darin das Minimum iterativ gesucht wird.

Da der Optimierungsaufwand sehr hoch und rechenintensiv ist wurde hier eine einfachere Zielfunktion für die Optimierung als das in 3.1.1 vorgeschlagene Verfahren verwendet. Als Zielfunktion wird das MAPE Abstandsmaß (mean absolute percentage error – durchschnittliche absolute prozentuale Abweichung) zwischen zwei Ganglinien verwendet.

Die ARIMA-Parameter werden so lange optimiert, bis der Abstand zwischen der Prognose mit entsprechenden Parametern (...) am besten die in der Realität aufgetretenen Ganglinien trifft und das Abstandsmaß somit am geringsten ist.

3.4 Cell-Transmission-Model

Dieser Abschnitt befasst sich mit der Berechnung der Kurzfristprognose mit Hilfe des Cell- Transmission-Models (CTM). Dieses Verkehrsmodell wird zur Simulation der Verkehrslage verwendet.

Es handelt sich um das ursprünglich von Daganzo (siehe DAGANZO 1994) vorgestellte CTM, welches von Rohde, Friedrich und Schüler (siehe ROHDE 2008) für den innerstädtischen Einsatz erweitert wurde. Das Modell ist ein mesoskopisches Verkehrsmodell und basiert darauf, dass Fahrzeuge innerhalb eines Simulationstaktes von Zelle zu Zelle geschoben werden (Abbildung 2).

Ausgangspunkt für eine Berechnung sind die berechneten Verkehrsbelastungen in den Zellen im letzten Zeitintervall und die prognostizierten ARIMA-Verkehrsbelastungen an den MQ und an den Netzgrenzen.

Bild 2: Schemahafte Darstellung des CTM

Für jede Zelle sind die Parameter maximal Verkehrsstärke (qMax), freie Geschwindigkeit (vfree), Dichte im Staufall (kjam) und die Wellengeschwindigkeit (w) des zugeordneten q-k- Diagramms zu versorgen (Abbildung 3).

Im Rahmen der Implementierung in der Hansestadt Bremen findet die Simulation alle drei Minuten statt und simuliert die Verkehrslage im Zwei-Sekunden-Takt bis eine Stunde in die Zukunft. Das CTM simuliert den Verkehr zwischen Minute t-3 und t+60 (t = aktuelle Minute). Generell ist der Simulationstakt frei wählbar.

Das Modell berücksichtigt je Simulationslauf (alle drei Minuten)

- die Simulationsergebnisse vom letzten Simulationslauf (Initialisierung des Netzes)

- die aktuell gültigen Abbiegeraten an Kreuzungen

- die aktuell gültigen Lichtsignalprogramme

- die Verkehrsdaten je Detektionseinheit

- die prognostizierten Verkehrsdaten je Detektionseinheit für die nächsten 75 Minuten

- die Messwerte an Parkhäusern

- die aktuellen Baustellen und Störungsmeldungen z.B. aufgrund von TMC Meldungen oder vordefinierten Ereignissen, die Einfluss auf die Kapazität, freie Geschwindigkeit, Lichtsignalprogramme oder Abbiegeraten an bestimmten Stellen haben.

Bild 3: Q-K-Diagramm

3.4.1 Initialisieren des Netzes mit Verkehrsdaten.

Da die Simulation nicht immer mit einem leeren Netz starten soll, wird vor der Simulation das Netz mit den vorhandenen Daten der vorherigen Simulation (die für die 3. Prognoseminute berechnet wurden) initialisiert.

Bild 4: Kurzfristprognose, Simulationshorizonte

Das CTM wird alle 3 Minuten zum Zeitpunkt t angestoßen und simuliert den Verkehr zwischen t-3 Minuten und t+60 Minuten. Der Ausgangspunkt der nächsten Berechnung ist die für den Zeitpunkt t geschätzte Verkehrslage aus dem vorherigen Simulationslauf.

Die Anzahl an Fahrzeugen, mit der die Zellen initialisiert werden, errechnet sich nach der Formel:

Formel siehe PDF.

3.4.2 Erweiterung des CTM um Messquerschnitte

In dem zur Verfügung gestellten CTM Modell gab es bislang nicht die Möglichkeit, Messwerte von Detektionseinheiten innerhalb des Netzes einfließen zu lassen. Bislang war es nur möglich, den Verkehr an Netzgrenzen einzuspeisen.

Das Modell wurde im Zuge des Projektes dahingehend weiterentwickelt, dass auch Daten von Detektionseinheiten innerhalb des Netzes aufgenommen werden können. An den Detektionseinheiten werden die gemessenen Werte stromabwärts des Messquerschnitts eingespeist. Sofern kein Staufall vorliegt können alle Fahrzeuge stromaufwärts der Detektionseinheit frei abfließen. Stromabwärts des Messquerschnitts wird der aktuelle gemessene Wert (plausibilitätsgeprüft) der Detektionseinheit übernommen.

Liegt ein Staufall vor, so können die Fahrzeuge stromaufwärts des Messquerschnitts nicht frei abfließen, sondern nur genau so viele Fahrzeuge, wie am Messquerschnitt gemessen werden. Die Fahrzeuge, die nicht abfließen können, stauen sich auf, und es baut sich stromaufwärts des Detektors ein Stau auf. Staus werden somit im Netz propagiert.

In der Simulation der Verkehrslage fließen die aktuell gemessenen Verkehrsdaten und die ARIMA Prognosewerte für die kommende nächste Stunde ein.

Die Zelle vor dem Messquerschnitt wird als Vergleichszelle für die Bewertung verwendet, indem die berechneten Werte von dem Modell mit den gemessenen Werten am Messquerschnitt verglichen werden.

Am Ende jedes Tages werden auch hier die prognostizierten Werte, die durch das CTM ermittelt wurden, mit den tatsächlich gemessenen Werten verglichen, um eine Überprüfung der Prognose und Modellqualität durchführen zu können. Mit dieser Methode können auch Bereiche aufgedeckt werden, die z. B. zu wenig oder falsch detektiert sind, wenn beispielsweise die Differenzen zwischen gemessenen und modellierten Werten sehr stark abweichen.

3.4.3 Propagierung an Netzgrenzen

Da die Netzgrenzen meistens nicht detektiert sind, wird eine Propagierung der gemessenen Werte an Detektionseinheiten im Netz bis zu den Netzgrenzen durchgeführt. Damit wird sichergestellt, dass ebenfalls plausible Werte im Netz zwischen Netzgrenze und erstem Detektor erzeugt werden und in der GUI angezeigt werden können.

Von den Netzgrenzen ausgehend wird so lange im Netz iteriert, bis alle möglichen Routen zu nahegelegenen Messquerschnitten gefunden werden. Eine Route besitzt als Anfangspunkt die Netzgrenze und als Endpunkt den Messquerschnitt. Zu der Route werden jeweils die Abbiegebeziehungen (vorwärts und rückwärts) abgespeichert. Dabei sind die Vorwärts- und Rückwärtsabbiegebeziehungen wie folgt definiert:

Formel siehe PDF.

Für eine Route von einer Netzgrenze bis zu einer Detektionseinheit ergibt sich somit das Produkt aller Abbiegebeziehungen.

Route 1 zu MQ 1:
∏ Vorwärtsabbiegebeziehung = A►B * B►C
∏ Rückwärtsabbiegebeziehung = C►B * B►A
Route 2 zu MQ 2:
Vorwärtsabbiegebeziehung = A►B * B►D
Rückwärtsabbiegebeziehung = D►B * B►A

Die Werte für die Netzgrenze werden aus den Detektorwerten wie folgt berechnet:

Formel siehe PDF.

Wobei qMQ1 sowohl die gemessene als auch die prognostizierten Verkehrsstärken darstellt.

Falls mehrere Routen von einer Netzgrenze zu verschiedenen MQ gefunden werden, wird der Mittelwert aller Einzelergebnisse berechnet:

Formel siehe PDF.

Wie in einem Baum wird vom Stamm (hier vergleichbar mit der Quelle) ausgehend jeder einzelne Ast nach einem Messquerschnitt abgesucht. Nach jeder Verzweigung wird der Anteil an Fz, die von der Quelle bis in diesen Ast fahren, anhand der Abbiegebeziehungen ermittelt. Die Iteration im Netz nach einem Messquerschnitt bricht ab wenn das Produkt der Vorwärtsabbiegebeziehung kleiner als 1 % ist. Das heißt, wenn weniger als 1 % des Verkehrs die entsprechende Route fährt. Die Iteration in diesem Ast bricht ab, und die anderen Äste werden durchsucht.

Wird keine Route gefunden, so wird ein Defaultwert angenommen.

3.4.4 Berücksichtigung von Ereignissen und Maßnahmen

Um die Verkehrslagerekonstruktion und Prognose so realitätsnah wie möglich zu gestalten, werden alle aktuellen Ereignisse eingegeben und somit auf Veränderungen gegenüber der “Normalsituation“ reagiert.

Dazu werden die folgenden Punkte betrachtet:

- Abfrage der aktuellen Ereignisse und der für den Prognosehorizont gültigen Ereignisse im Kalender

- Anpassungen von Kapazitäten und/oder Geschwindigkeiten aufgrund relevanter Ereignisse

- Anpassungen von Lichtsignalprogrammen aufgrund relevanter Ereignisse

- Anpassungen von Abbiegebeziehungen aufgrund relevanter Ereignisse

- Referenzierte Ereignisse (Ereignisse, die auf andere, z. B. schon vorhandene Ereignisse, verweisen)

Modellspezifische Umsetzung von Störungen und Baustellen im Netz werden wie folgt berücksichtigt:

- Baustellen: Herabsetzen der Geschwindigkeit einzelner Streckenabschnitte und/oder Anpassung der Streckenkapazitäten

- Sperrungen: Anpassung der Kapazität einzelner Streckenabschnitte auf 0

- Veränderte Abbiegeraten z. B. bei Sperrung (Umleitung)

- Veränderte Lichtsignalprogramme

Durch die Abfrage vor Beginn der Kurzfristprognose werden somit auch alle TMC-Meldungen berücksichtigt, die über die TMC-Schnittstelle als relevant erkannt wurden. Die veränderten Parameter werden im CTM übernommen.

Die modellspezifische Umsetzung von LSA-Anpassungen sieht wie folgt aus. Vor Beginn einer CTM-Simulation werden spezielle Anpassungen der Lichtsignalprogramme (Umlaufzeiten von Knoten und Freigabezeiten von Signalgruppen), die über die Bedienstation eingegeben und Zeitscheiben im Kalender zugeordnet wurden, eingelesen. Die entsprechend zugeordneten Lichtsignalprogramme werden verwendet, solange das Ereignis aktiv ist. Das CTM-Modell übernimmt die entsprechenden neuen Parameter und berücksichtigt diese in der Simulation.

3.4.5 Berücksichtigung von Parkhausdaten

Um Verkehrsströme, die an Parkhäusern erzeugt werden bzw. abfließen, ebenfalls zu betrachten, werden die Informationen von den Parkhausdetektoren in der Simulation verwendet.

Im vorgegebenen Netz steht bei Parkhausdetektoren jeweils lediglich die Differenz zwischen Zu- und Abfluss aus dem Parkhaus zur Verfügung.

1. Ist der Wert > 0, so bedeutet das, dass sich das Parkhaus mehr und mehr füllt und Fahrzeuge aus dem Netz in das Parkhaus fahren.

2. Ist der Wert < 0, so verlassen mehr Fahrzeuge das Parkhaus und die Belegung fällt. Das Parkhaus stellt eine Quelle dar, welche Verkehr für das nachfolgende Netz erzeugt.

3. Ist der Wert 0, so nimmt das Parkhaus keinen Einfluss auf das nachgeordnete Netz.

Im ersten Fall werden an den Anbindungen zum Parkhaus die Abbiegeraten verändert. Im Fall, dass ein Parkhaus keinen Einfluss auf den nachgeordneten Verkehr hat (3.), sind die Abbiegeraten immer 1 für die Route auf der Hauptfahrspur und 0 für die Route auf die Parkhausanbindung. Tritt der erste Fall ein, wird die Abbiegebeziehung wie folgt verändert:

Formel siehe PDF.

Im zweiten Fall erzeugt das Parkhaus Verkehr, welcher in das nachgeordnete Netz einfließt. Das Parkhaus wird in diesem Fall wie eine Netzgrenze behandelt, die während des Prognoselaufs konstant Verkehr in das Netz einspeist.

Für den gesamten Prognosehorizont wird der aktuelle Differenzwert angenommen, da eine Prognose ohne historische Ganglinien keinen Mehrwert in der Genauigkeit der Prognose darstellen würde.

4 Implementierung

Die Implementierung des Prognosemoduls ProTRANS erfolgte auf einer verteilten Rechnerarchitektur, welche auf Standard-PC-Servern und Standard-PC-Rechnern aufbaut. Sie besteht aus den zentralen Komponenten Datenbankrechner, Applikationsrechner, Simulationsrechner und Verkehrsumlegungsrechner sowie verteilten Bedienstationen.

Alle Komponenten arbeiten weitestgehend asynchron und haben als gemeinsame Komponente ausschließlich die zentrale Datenbank.

4.1 Datenbankrechner

Der Datenbankrechner stellt für alle ProTRANS-Komponenten eine zentrale persistente Datenhaltung bereit. Sowohl die statischen als auch die dynamischen Daten werden vorgehalten und stehen den jeweils anderen Komponenten zur Verfügung.

Über einen regelbasierten Ansatz stehen den Komponenten alle relevanten Daten über den Aufruf weniger Datenbank-Prozeduren zur Verfügung. Über eine Klassifikation von Datenarten können nahezu alle Informationen ausschließlich über eine Lese-Prozedur aus der Datenbank geladen und ausschließlich über eine Schreib-Prozedur in der Datenbank gesichert werden. Einfache Filterfunktionalitäten sind bei der Nutzung der Zugriffsprozeduren möglich.

Auf dem Datenbankrechner werden zwei Datenbanken vorgehalten. Für den aktuellen Tag und den Betrieb existiert die “Online“-Datenbank. Parallel werden ausgewählte dynamische Daten in Abhängigkeit spezifischer Verfallsinformationen in einer “Offline“-Datenbank für den Benutzer transparent vorgehalten.

In Abhängigkeit der Datenarten findet eine automatische Archivierung älterer Daten in Form von gepackten CSV-Dateien statt.

Weitere Aufgaben des Datenbankrechners sind:

- Rearchivierung von Daten auf Anfrage von Bedienstationen,

- Aufbereitung der Daten für optimierte Abfragen durch die Kurzfristprognose (Cell-Transmission-Modell)

- Aufbereitung der Daten für statistische Auswertungen

4.2 Applikationsrechner

Die Komponenten auf dem Applikationsrechner haben die Aufgaben

- Datenaufbereitung (Vervollständigung, Ersatzwertberechnung, Normierung),

- Datentransfer (Import der Messdaten, Import der aktuellen Lichtsignalprogramme, Import der TMC-Meldungen, Export für die Darstellung im Internet) und

- Datenarchivierung.

Alle Komponenten werden durch eine spezielle Komponente überwacht und bei Ausführungsproblemen automatisch neu gestartet.

4.3 Simulationsrechner

Der Simulationsrechner hat die ausschließliche Aufgabe, den Verkehr der Hansestadt Bremen alle drei Minuten für die nächsten 60 Minuten zu simulieren. Die Hardware besteht aus einem handelsüblichen Server-Rechner mit 8 Kernen mit einem Server-Betriebssystem. Die Berechnungsalgorithmen sind weitestgehend parallelisiert. Aufgrund der Netzgröße, des Berechnungsintervalls (3 Minuten), der Simulationsdauer (60 Minuten) und der Leistungsfähigkeit des Rechners wird zur Zeit mit einem Simulationsschritt von 2 Sekunden gerechnet. Die für die Simulation zugrunde liegenden Abbiegeraten werden anhand des zentralen Kalenders aus den jeweils dem aktuellem Zeitpunkt zugeordneten Szenarien und Ereignissen bestimmt.

Die einzelnen Teilaufgaben innerhalb der drei Minuten sind:

- Einlesen der statischen Informationen aus der Datenbank (bei Netzänderungen)

- Simulieren des Verkehrs für die nächsten 60 Minuten unter Berücksichtigung der aktuellen und prognostizierten Messdaten sowie der versorgten Ereignisse

- Speichern der Prognose-Werte für die Horizonte 0, 15, 30, 45, 60 (Minuten) in der Datenbank

4.4 Verkehrsumlegungsrechner   

Der Verkehrsumlegungsrechner hat die alleinige Funktion, auf Abruf eine Verkehrsumlegung zu rechnen. Wenn im Prognosemodul Zukunftsszenarien oder neue Grundszenarien auf der Basis mittel- und langfristiger Verkehrsbeeinflussungen berechnet werden, wird das Verkehrsumlegungsmodul mit den entsprechenden Änderungen versorgt und gestartet. Die Verkehrsumlegungsergebnisse und die daraus resultierenden Abbiegeraten werden im Prognosemodul im Anschluss integriert und in Abhängigkeit des versorgten Kalenders in der Kurzfristprognose berücksichtigt.

4.5 Bedienstation

Als Schnittstelle zum Benutzer hat die Bedienstation eine besondere Funktion. Sie ist die einzige Verbindung zwischen dem Benutzer und dem ProTRANS-System.

Bild 6: Screenshot der Pro TRANS-Bedienstation

Die Hauptaufgaben der Bedienstation sind:

- ONLINE: Visualisierung der Ergebnisse der Mittelfrist- und Kurzfristprognose (Level Of Service, Verkehrsstärke)

- NETZMODELL-TOOL: Bearbeiten ausgewählter Netz- und Infrastrukturelemente (z. B. Detektionseinheiten, Lichtsignalanlagen)

- ZENTRALER KALENDER: Anzeigen und Bearbeiten aller berücksichtigten Ereignisse in einem zentralen Kalender

- DIAGRAMME: Anzeigen und Bearbeiten von Diagrammen (LOS- und q-k-Diagramme) sowie Anzeigen von Ganglinien für Detektionseinheiten und Lichtsignalanlagen

Bei der Konzeption der Anwenderschnittstelle wurden folgende Philosophien umgesetzt. Die einzelnen erforderlichen Aktivitäten für die Bearbeitung der Hauptaufgaben wurden minimiert, in dem schnelle Zugriffs- und Wechselmöglichkeiten im Hauptfenster bereitgestellt werden. Es wurde versucht, für möglichst viele Teilaufgaben (z. B. im Bereich der Bearbeitung von Infrastrukturelementen) dieselben Regeln und Abläufe zu implementieren, so dass die Einarbeitungszeit verkürzt und durch die wiederkehrenden Elemente vereinfacht wird. Nahezu alle Dialoge sind nach dem gleichen Muster aufgebaut und somit leichter verständlich. Abbildung 6 zeigt das Hauptfenster der Bedienstation und zwei Dialoge zum Bearbeiten von Infrastrukturelementen.

4.5.1 Funktionen

Eine der Hauptfunktionen der Bedienstation ist die Visualisierung der Ergebnisse der Mittelfristprognose (Szenarien) und der Kurzfristprognose (siehe Abbildung 6). Auf der Basis des Verkehrsnetzes werden die aktuellen Simulationsergebnisse in Form von Level of Service oder Verkehrsbelastungen angezeigt.

Die Basisversorgung des Prognosemoduls erfolgt in der Hansestadt Bremen im Rahmen der Erstellung des Verkehrsumlegungnetzes. Für die Versorgung der zusätzlichen Informationen (z. B. Detektionseinheiten) sind im Prognosemodul Editoren integriert, mit denen neue Elemente erstellt sowie vorhandene Elemente bearbeitet und gelöscht werden. Abbildung 7 zeigt beispielhaft einen Teilbereich des Editors für eine Detektionseinheit.

Bild 7: Pro TRANS Bedienstation, Editor für Detektionseinheiten

Alle in der Verkehrszentrale auflaufenden Ereignisse werden in einem zentralen Kalender visualisiert (Abbildung 8). Die Ereignisse werden in Baustellen, Störungen, Veranstaltungen und verkehrliche Maßnahmen untergeteilt. Über verschiedene Ansichten können die Ereignisse im Kalender dargestellt werden. Mit dem Ereigniseditor können sowohl die beeinflussenden Elemente für die Kurzfristprognose (z. B. Kantenkapazitäten, Lichtsignalprogramme, Abbiegebeziehungen) als auch die Termine für die Ereignisse erzeugt oder bearbeitet werden. Des Weiteren werden im zentralen Kalender jedem Tag die entsprechenden Basisszenarien zugeordnet. Die Basisszenarien stellen die Abbiegeraten für die Kurzfristprognose zur Verfügung.

Bild 8: Screenshot einer Ansicht des zentralen Kalenders

Bild 9: Screenshot, Pro TRANS Bedienstation, Ganglinien

Die Qualitätskontrolle der Messdaten und Prognosedaten erfolgt über die Bedienstation mit Hilfe verschiedener Teilmodule. Für die Überprüfung von Messdaten stehen Gangliniendiagramme bereit (Abbildung 9). Anhand der gemessenen Daten der Detektionseinheiten kann eine Übersicht über die Prognosegenauigkeit angezeigt werden (Abbildung 10). Des Weiteren werden für die differenzierte Darstellung des Level of Service LOS-Diagramme und für die genaue Versorgung der Kanten des Prognosenetzes q-k- Diagramme zum Anpassen vorgehalten.

4.5.2 Schnittstellen

Die wichtigste Schnittstelle ist die Verbindung zwischen dem Prognosemodul und dem Datenlieferanten von Verkehrsdaten der Hansestadt Bremen. Als Verkehrsdaten stehen über die Schnittstelle

- aktuelle Messdaten der Detektionseinheiten (klassische Messquerschnitte, Traffic Eyes, Parkhäuser) inkl. Status der Detektionseinheiten,

- aktuelle Lichtsignalprogramme inkl. Status der Lichtsignalanlagen und

- aktuelle Ereignisse

zur Verfügung, die vom Prognosemodul übernommen und in die Prognose-Berechnungen integriert werden. Das Datenformat und das Übertragungsprotokoll sind verkehrsrechnerspezifisch und basieren auf XML (eXtensible Markup Language) und SOAP (Simple Object Access Protocol).

Parallel zu den übermittelten Ereignissen des Verkehrsrechners greift eine zweite Schnittstelle auf den automatisch übermittelten Bestand von aktuellen TMC-Meldungen zu. Die TMC-Schnittstelle ordnet den TMC-Meldungen automatisch die referenzierten Kanten des Prognosenetzes zu und passt die Kapazitäten gemäß der Ereigniskennung an. Dabei werden die offiziellen Ereignistypen (Event-Codes) berücksichtigt. Die Zuordnung von Kapazitätsmodifikationen zu Ereignistypen erfolgt durch den Anwender. Bei einer Überlappung mit Ereignissen des Verkehrsrechners werden die Ereignisse des Verkehrsrechners temporär automatisch deaktiviert. Das Datenformat entspricht den offiziellen Definitionen der TMC-Meldungen. Die Meldungen werden von einer Server- Komponente der Hansestadt Bremen automatisch auf einen beim Prognosemodul eingerichteten FTP-Server (File Transfer Protocol) übertragen.

Eine weitere Schnittstelle ist der Internet-Export. Für eine spätere Darstellung im Internet überträgt das Prognosemodul periodisch oder ereignisorientiert die zu veröffentlichenden Polygonzüge und die zugehörigen Verkehrsinformationen via FTP auf einen Server der Hansestadt Bremen in Form von XML-Dateien. Dabei werden die statischen Daten (Netzkanten) täglich und die dynamischen Daten (Verkehrslagen) nach jeder Simulation bzw. Berechnung der Kurzfristprognose auf dem FTP-Server aktualisiert. Die Weiterverarbeitung erfolgt durch Dritte.

5 Erfahrungen

Das Kapitel Erfahrungen befasst sich mit den gemachten Erfahrungen während der Implementierung und dem darauffolgenden Betrieb. Im Folgenden werden die Themenkomplexe

- Prognose-Ergebnisse,

- Verkehrsnetze,

- Spuraufweitungen vor Kreuzungen,

- Sondersituationen,

- Zellenlängen,

- Restverkehre bei Sperrungen und

- TMC-Referenzen kurz angesprochen.

5.1.1 Prognose-Ergebnisse

Für den Vergleich der Prognose-Ergebnisse an den Kanten und Detektionseinheiten mit den zu einem späteren Zeitpunkt gemessenen Daten der Detektionseinheiten wurden die gesamten Daten von mehreren vollständigen Tagen im Dezember 2010 herangezogen. Zu diesem Zeitpunkt befand sich das System bereits im technischen Betrieb und wurde unter dem Gesichtspunkt der Versorgung auf noch vorhandene Fehler geprüft. Eine Analyse der Prognoseergebnisse ergab folgende Werte:

Bei ca. 52 % der Kanten (30 Minuten Prognose/60 Minuten Prognose) wurde der später gemessene Level-Of-Service prognostiziert. Bei ca. 5 % bis 6 % der Kanten (30 Minuten Prognose/60 Minuten Prognose) wurden stark abweichende Level-Of-Service-Werte prognostiziert.

Bild 10: Screenshot, Pro TRANS Bedienstation, Prognoseabweichungen

Die Berechnungsgrundlage basiert auf den Detektionseinheiten und auf den direkt vor den Detektionseinheiten liegenden Zellen. Da keine Rückwärtspropagierung der Verkehrsbelastungen von den Detektionseinheiten ausgehend stattfindet, können diese Werte für eine Qualitätskontrolle gegenübergestellt werden.

Die Bedienstation beinhaltet die Funktion Prognoseabweichungen, mit der Prüfungen im laufenden Betrieb durchgeführt werden können. Abbildung 10 zeigt beispielhaft eine Auswertung einer Zeitscheibe.

5.1.1 Verkehrsnetze

Die immer wieder auftretende Problematik der Verwendung unterschiedlicher Verkehrsnetze führte auch in diesem Projekt zu Kompromissen, Sonderlösungen und manuellen Nacharbeiten. Die Vorgabe der Verwendung des Verkehrsumlegungsmoduls inklusive des dazugehörigen Verkehrsnetzes hatte den Vorteil einer verifizierten Grundversorgung und einer gesicherten langfristigen Pflege. Nachteilig wirkte sich aus, dass diese Grundversorgung aufgrund ihrer bereits lange gepflegten Existenz zu keinem aktuellen Koordinatensystem kompatibel ist, sondern auf proprietären Koordinaten aufbaut.

Die erste Schwierigkeit ergab sich bei dem Versuch, entsprechende öffentlich zugängliche schematisierte Hintergrundlandschaften zur optischen Verbesserung der Ansicht zu integrieren. Durch eine automatisierte Verschiebung der proprietären Koordinaten konnte einen ausreichende Annäherung geschaffen werden.

Bei der Versorgung von Infrastrukturelementen, die in Form von externen Dateien inklusive Koordinaten vorlagen, waren nach dem automatisierten Import manuelle Nacharbeiten erforderlich. Zum Beispiel lagen die TMC-Locations auch nach einer automatischen Verschiebung nur in den wenigsten Fällen ausreichend genau auf den jeweiligen Kanten, so dass die Zuordnung der TMC-Locations zu den entsprechenden Kanten manuell erfolgte.

Wie beim Import von Daten ergab sich ein ähnlich gelagertes Problem beim Export der Daten. Das Koordinatensystem des Verkehrsumlegungsmodell war nicht kompatibel mit dem Koordinatensystem des Verkehrsnetzes im Rahmen der Darstellung im Internet. Da für die Darstellung im Internet eine Aggregierung der Prognoseergebnisse auf ganze Streckenzüge zu leisten war, wurde hier eine Lösung über eine eigene Ebene gewählt. Im Prognosemodul können Polygonzüge, die automatisch importiert werden können, den Netzkanten des Prognosemoduls zugeordnet werden. Beim Export der Daten werden die Prognoseergebnisse für die zugeordneten Kanten zusammengefasst und den jeweiligen Polygonen zugeordnet und exportiert.

5.2 Spuraufweitungen an Kreuzungen

Aufgrund der eigentlichen Funktion (Verkehrsumlegung) des zugrunde liegenden Verkehrsnetzes waren in diesem Netz keine Spuraufweitungen vor Kreuzungen versorgt. Gerade vor Lichtsignalanlagen mit deren zum Teil gesonderten Aufstellspuren für einzelne Lichtsignalgruppen konnte der Verkehr nicht ausreichend gut simuliert werden. Für eine verbesserte Abbildung wurden Funktionen und Strukturen geschaffen, mit denen der Anwender vor Lichtsignalanlagen einzelnen Lichtsignalgruppen auch einzelne Aufstellspuren zuordnen kann. Die entsprechenden Abbiegebeziehungen werden bei der Kurzfristprognose automatisch den neu definierten Spuren zugeordnet und bei der Simulation entsprechend berücksichtigt.

Bild 11: Spuraufweitung, Eingabedialog

Bild 12: Spuraufweitung, Netzgrafik

5.2.1 Zellenlängen

Bild 13: Kanten, Netzausschnitt

Bild 14: Zellen, Netzausschnitt

Dass sich das Modell für Straßen außerorts und Straßen innerorts eignet, war im Vorfeld der Implementierung ausreichend überprüft worden. Bei der Kontrolle des Netzes fiel dann der folgende Ausschnitt aus dem Rahmen.

Auffällig ist die dichte Folge von Zellen, die eine extrem kurze Zellenlänge besitzen. Nach der Überprüfung der verkehrlichen Situation an dieser Stelle wurde klar, dass die kurzen Zellenlängen eine Folge der korrekt versorgten Geschwindigkeit von 2 km/h sind.

An dieser Stelle führt keine Brücke über die Weser, sondern es fährt eine Fähre.

Hier zeigt das Modell seine Flexibilität bezüglich der vorhandenen Infrastruktur. Auch Strecken mit langsamen Geschwindigkeiten können mit dem Modell automatisch abgebildet werden.

5.2.2 Restverkehr bei Sperrungen

Wird aufgrund einer Baustelle zu einem bestimmten Zeitpunkt eine Straße komplett gesperrt, d. h. durch diese Straße dürfen keine Fahrzeuge mehr fahren, kann in Abhängigkeit der Streckenführung das Problem der Restverkehre entstehen. Existiert in der Simulation eine eigene Linksabbiegespur, über die in die jetzt gesperrte Straße nicht mehr gefahren werden kann, so fließt der Verkehr, der sich unmittelbar vor der Sperrung der Straße auf der Linksabbiegespur befand, nicht mehr ab. Bei der Anzeige der Ergebnisse in den Bedienstationen werden diese Kanten dann häufig mit schlechten LOS-Werten dargestellt, obwohl in der Realität keine Verkehr mehr über diese Kante fließen kann.

Eine erste Lösung für dieses Problem ist die Versorgung temporärer Senken, die im Zuge der Versorgung der entsprechenden Ereignisse vom Anwender definiert werden. Tritt ein Ereignis ein, fließt der Restverkehr auf den jetzt entstandenen Sackgassen aus dem Netz heraus.

5.2.3 TMC-Referenzen

Bei der Berücksichtigung der TMC-Locations ergab sich ein weiteres Problem im Bereich der Autobahnen. Dort existieren TMC-Locations, welche sowohl die Hauptfahrbahn als auch die dazugehörigen Auf- und Abfahrten referenzieren. Bei einer Sperrung einer Auffahrt wird in der TMC-Meldung eine Sperrung an der entsprechenden TMC-Location codiert. Der Hinweis, dass es sich lediglich um die Auffahrt handelt, ist nur durch Lesen des zugehörigen Textes in der TMC-Meldung erkennbar. Eine automatisierte Auswertung von TMC- Meldungen, bei denen die eigentliche Störung nur aus dem beschreibenden Text herausgelesen werden kann, ist nur sehr schwer zu realisieren und auch dann noch mit einem gewissen Risiko bezüglich fehlerhafter Interpretationen des Textes behaftet. Im Rahmen der Umsetzung in der Hansestadt Bremen bleiben nicht eindeutig auf eine Kante zu referenzierende TMC-Locations unberücksichtigt.

6 Vergleich mit anderen Verfahren

Für eine kurze Gegenüberstellung des hier vorgestellten Verfahrens mit anderen zur Zeit bekannten Verfahren werden die Produkte DINO – Dynamischer Netzmonitor und VISUM-Online herangezogen. Hierbei wird der Schwerpunkt auf eine kurze Beschreibung der verwendeten Teilverfahren gelegt.

Der Dynamische Netzmonitor DINO besteht im Wesentlichen aus einer zeitlich dynamisierten Verkehrsumlegung und einer Komponente zur automatischen Anpassung der Nachfragematrix aufgrund aktueller Messdaten. Diese beiden Hauptbestandteile werden solange nacheinander gestartet, bis die Ergebnisse der Verkehrsumlegung sich den aktuellen Messdaten ausreichend genähert haben. Die dynamische Verkehrsumlegung beginnt in der Vergangenheit und erstreckt sich in Abhängigkeit vom gewünschten Prognosehorizont 10 bis 15 Minuten in die Zukunft. Aufgrund des eher kurzen Prognosehorizonts kann hier auf eine Prognose der aktuellen Messdaten verzichtet werden.

Das System VISUM-Online ist auch für längere Prognosehorizonte geeignet. Es besteht im Wesentlichen aus den Komponenten Verkehrsumlegung, Messwert-Prognose und Messwert-Propagierung. Basis der Kurzfristprognose ist eine intelligente Verkehrsumlegung auf der Basis einer vorhandenen Verkehrsnachfrage. Auf der Basis der berechneten Verkehrsbelastungen (und somit auch der Abbiegeraten) werden die Messwerte auf dem Verkehrsnetz propagiert und entsprechend den Abbiegeraten an den Knoten aufgeteilt. Durch Vorwärts-Propagierung (in Fahrtrichtung) und Rückwärtspropagierung (entgegen der Fahrtrichtung) wird der Verkehr im Netz prognostiziert. Aufgrund des möglichen größeren Prognosehorizonts von mehr als 15 Minuten findet parallel eine ganglinienbasierte Messwert-Prognose statt.

Im Vergleich mit den oben kurz vorgestellten Verfahren beinhaltet ProTRANS wie VISUM-Online eine ganglinienbasierte Messwert-Prognose unter der Verwendung eines ARIMA-Modells (siehe Kapitel 3.3). Die Messwert-Prognose ist eine Voraussetzung für den in der Hansestadt Bremen geforderten Prognosehorizont von bis zu 60 Minuten. Des weiteren benötigt ProTRANS wie VISUM-Online Abbiegeraten an den Knotenpunkten, welche mit Hilfe einer (hier externen) Verkehrsumlegung berechnet werden. Für die Berechnung der Kurzfristprognose nutzt ProTRANS weder eine Nachfrageoptimierung noch eine Messwert-Propagierung. Durch die Aufteilung des Verkehrsnetzes in Zellen lässt ProTRANS den Verkehr für den Prognose-Zeitraum durch das Netz fahren und berechnet somit den jeweiligen Verkehrszustand in der Zukunft. Die Verkehrsflüsse der Simulation werden an den Stellen im Netz mit Messwerten zeitabhängig entsprechend angepasst. Würde man die Zellen und somit den Simulationszeitschritt so groß wählen, dass jede Kante nur aus einer Zelle bestehen würde, käme das Modell einer Messwert-Propagierung relativ nahe. Würde man die Zellen und somit den Simulationsschritt entsprechend klein wählen, käme das Modell eine mikroskopischen Simulation relativ nahe.

7 Ausblick

Der Ausblick zeigt die zukünftigen Aufgaben und Aktivitäten auf, die von der Verkehrsmanagementzentrale Bremen im Rahmen des Prognosemoduls wahrgenommen werden bzw. ermöglicht werden.

Mit dem Prognosemodul erhält die Verkehrsmanagementzentale einen Gesamtüberblick über die aktuelle und die zukünftige Verkehrssituation. Über den zentralen Kalender besteht die Möglichkeit, alle aktuellen den Verkehr beeinflussenden Ereignisse an einer Stelle zu sichten und zu bewerten.

Mit Hilfe der Berechnung von Szenarien besteht die Möglichkeit, Einflüsse von besonderen Ereignissen schon im Vorfeld abzuschätzen und entsprechende Maßnahmen vor dem Auftreten von möglichen Verkehrsproblemen einzuleiten.

Mit dem Prognosemodul steht ein Instrument zur Verfügung, das es ermöglicht, die zugrunde liegenden Modelle zeitnah mit den realen Verkehrslagen abzugleichen. Einflüsse von Änderungen der Netzparameter können unmittelbar beurteilt werden und ermöglichen eine komfortable Feinjustierung.

Sich täglich wiederholende Verkehrslagen erfordern keine Prognosen. Die Vorhersage der Auswirkung außerordentlicher Ereignisse auf das Verkehrsgeschehen stellt die eigentliche Herausforderung dar. Die Modellierung der Einflüsse von Baustellen, Störungen, verkehrslenkenden Maßnahmen, etc. erfordert permanente Eingriffe vom Bediener im Hinblick auf sich verschiebende Zeitpunkte und Lokalitäten. In naher Zukunft ist zu untersuchen, welcher Aufwand hier erforderlich ist, um ausreichend genaue Prognoseergebnisse erzielen zu können.

Für die weitere Zukunft ist eine Prognose von Reisezeiten denkbar.

8 Literatur

8.1 Zeitschriftenartikel

[1]    WILLIAMS, B. (2003). Modeling and Forecasting Vehicular Traffic Flow as a Seasonal ARIMA Process: Theoretical Basis and Empirical Results. Journal of Transportation Engineering, ASCE / November/December 2003

8.2 Beiträge aus Tagungsbänden

[2]    ROHDE, J., FRIEDRICH, B., SCHÜLER, T. (2008) Emissions- und Kraftstoffreduzierung im Stadtverkehr durch Versatzzeitoptimierung,

[3]    DAGANZO, C. (1994) The Cell Transmission Model: Network Traffic

8.3 Schriftenreihen

[4]    VORTISCH, P. (2006). Modellunterstützte Messwertpropagierung zur Verkehrslageschätzung in Stadtstraßennetzen. Institut für Verkehrswesen Universität Karlsruhe (TH), Schriftenreihe Heft 64/06