FGSV-Nr. FGSV B 34
Ort Aschaffenburg
Datum 26.09.2020
Titel Betonstraßenbau in Indien
Autoren Dr.-Ing. Sebastian Kunz
Kategorien Betonstraßen
Einleitung

Anlässlich der Verleihung des Förderpreises der Otto-Graf-Stiftung auf der Betonstraßentagung 2018 wurde der Betonstraßenbau in Indien besichtigt. Das indische Straßennetz umfasst insgesamt rund 4,7 Millionen Kilometer. Wegen des mäßigen Fahrbahnzustands sind rund 90 % des Straßennetzes nicht für schwere Lkw geeignet. Die rund 80.000 km Fernstraßen sind zu einem Großteil nur einspurig, ein Ausbau auf zwei bis drei Spuren wird aufgrund der hohen Auslastung angestrebt. Planmäßig sollen durch Infrastrukturprogramme rund 7.000 km neue Fernstraßen pro Jahr entstehen. Daneben ist geplant, bis 2030 rund 200 neue Flughäfen und 35 Containerumschlagplätze zu errichten. Dabei hat der Betonstraßenbau in Indien eine lange, wechselvolle Geschichte: Nachdem zu Beginn des 20. Jahrhunderts die ersten Zementwerke eröffnet wurden, wurde bereits 1914 in Madras (Chennai) die erste Betonfahrbahndecke Indiens fertiggestellt. In den 1920er und 1930er-Jahren folgte eine Blütezeit, in der diverse Verkehrsflächen in Betonbauweise errichtet wurden. Aufgrund Zementknappheit wurden dann ab etwa 1940 fünfzig Jahre lang fast ausschließlich Asphaltdecken ausgeführt, die Betonbauweise rückte erst nach Ende staatlicher Regulierungen ab den 1990er-Jahren langsam wieder in den Fokus. Heute steigt der Anteil der Betonfahrbahndecken am Straßennetz kontinuierlich an. Während Freudenstein bereits 2003 über die Realisierung größerer Infrastrukturprojekte in Gleitschalungsbauweise berichtet hatte, folgt hier eine kurze Darstellung der Besonderheiten bei der Herstellung kleinerer Abschnitte, insbesondere in Mumbai, Pune und Delhi (Abs. 3.2).

PDF
Volltext

Der Fachvortrag zur Veranstaltung ist im Volltext verfügbar. Das PDF enthält alle Bilder und Formeln.

1 Indien, das Land der Gegensätze

Indien ist für Europäer nicht unbedingt das einfachste Land der Welt. Die indische Zählweise in Lakh (100.000) und Crore (10.000.000) macht den Umgang mit großen Zahlen für Außenstehende etwas schwierig. Bevölkerungsmäßig liegt Indien mit rund 136 Crore und 90 Lakh (also 1,36,90,00,000 oder einfach 1,369 Milliarden) Menschen knapp hinter China, wobei Indien China bereits 2020 als bevölkerungsreichstes Land der Welt ablösen dürfte (Alexander 2015; Imöhl, 2019). Dabei ist Indien ein Land der Gegensätze. Extreme Armut und überschwänglicher Reichtum liegen hier so dicht beieinander, wie sonst nirgendwo auf der Welt. Mumbai, Megacity mit über 22 Millionen Einwohnern, besitzt heute mehr Dollar-Milliardäre als New York City und erwirtschaftet als Großraum rund ein Drittel des gesamten indischen Steueraufkommens. Mitten in der Stadt, etwas nördlich des Finanzzentrums, findet man sich demgegenüber in Dharavi, einem der größten Slums Asiens wieder. Der knapp zwei Quadratkilometer große Stadtbezirk beherbergt rund 600.000 bis 1.000.000 Einwohner und weist die höchste Bevölkerungsdichte weltweit auf – durchschnittlich 6,2 Menschen teilen sich hier ein Zimmer von 12,5 m² Größe. Die überwiegende Mehrheit dieser Menschen sind Dhalits, die als Angehörige der untersten Kaste häufig in die Armut hineingeboren werden. Auch wenn das Kastensystem bereits 1949 offiziell abgeschafft wurde, ist der soziale Aufstieg der „Unberührbaren“ auch heute noch die Ausnahme und wird von radikalen Hindus unterbunden. Dennoch widerlegt Dharavi das allgemein klischeehafte Bild eines Slums: Hier haben sich Tausende kleiner Firmen angesiedelt, die jährlich Produkte im Wert von über 650 Millionen US-Dollar produzieren (Stiebitz, 2017; Reinke; Sauerborn, 2014).

Ein großes Problem sind der allgegenwärtige Müll (Bild 1 b) und die Umweltverschmutzung. Weil es genug Müll gibt, wird vielerorts mit Plastik geheizt. Dementsprechend liegen die vierzehn dreckigsten Städte der Welt (bezogen auf die Luftqualität) allesamt in Nordindien – die Luft in den nordindischen Metropolen entspricht fast ausnahmslos den Kategorien „Ungesund“, „Sehr ungesund“ oder „Gefährlich“ (Webermann, 2018).

Im starken Kontrast zu Müll, Verschmutzung und Chaos stehen prachtvolle Bauwerke aus der Zeit der Mogul-Herrschaft – beispielsweise das Agra-Fort (Bild 1 a) und der Taj Mahal – sowie diverse Sakralbauten. Daneben sind in den Städten des Nordens und Nordwestens häufig Einflüsse der britischen Kolonialarchitektur zu finden, im Süden haben die Portugiesen ihre Spuren hinterlassen.

Bilder 1a und b: Im Eingangsbereich touristischer Sehenswürdigkeiten (hier beispielhaft das Agra-Fort), religiöser Stätten und vor Regierungsgebäuden (insbesondere in Neu-Delhi) wird penibel auf Sauberkeit und Ordnung geachtet. Wenige Meter weiter sieht dies häufig anders aus.

Mit seiner Lage zwischen 8° 4‘ und 37° 6‘ Nördlicher Breite und 68° 7‘ und 97° 25‘ Östlicher Länge ist Indien das siebtgrößte Land der Welt und erstreckt sich über mehrere Klimazonen. Im Norden wird das Land durch den Himalaya begrenzt. In den Bergregionen Ladakhs liegen alpine, teils gemäßigte bis arktische Klimaverhältnisse vor, die Temperaturen betragen bis zu -40 °C. Nordindien weist demgegenüber subtropisches Klima mit mäßig kühlen Wintern und sehr warmen Sommern auf, die Temperaturen bewegen sich zwischen 10 °C und bis >50 °C. Südindien besitzt demgegenüber tropisches Klima mit konstant heißen Temperaturen von rund 35 °C (Sturm, 2019).

Bereist wurde nur ein kleiner Teil des indischen Subkontinents: Mumbai (ehemals Bombay) und Pune (Poona) im Westen, Goa im Südwesten sowie Delhi und Agra im Norden (Bild 2):

Bild 2: Bereiste Städte/Regionen

2 Verkehr und Infrastruktur

Der Verkehr in Indien ist „speziell“. Als ehemalige britische Kolonie herrscht in Indien Linksverkehr. Dazu begegnen einem auf Indiens Straßen allerhand kuriose Verkehrsteilnehmer. Eigentlich muss man als Fahrer auf der Straße mit allem rechnen: Fußgänger, Hunde, Ziegen, Kamele, Esel, Kühe, Elefanten, Roller, Rickshaws, und (unbeleuchteter) Schwerverkehr jedweder Couleur. Vorfahrt und rote Ampeln werden grundsätzlich missachtet, Fahrzeuge hoffnungslos überladen, Begrenzungen von Geschwindigkeit oder Lenkzeiten aufgrund der langen Distanzen, schlechten Straßenzustände und geringen Löhne vollkommen überbewertet und Unfälle auf schlechtes Karma oder Schicksal zurückgeführt – auch dann, wenn man auf der Autobahn entgegen der Fahrtrichtung fährt, weil man dort im Stau schneller voran kommt.

Busse und Lkw sind häufig mit viel Liebe zum Detail verziert, was einerseits die Verbundenheit und Abhängigkeit der Fahrer zu Ihrem Fahrzeug vor Augen führt und gleichzeitig die Religiosität verdeutlicht (Bild 3a bis c).

Bilder 3a bis c: Indische Verkehrsmittel: Lebensmitteltransport am Gemüsemarkt in Delhi, Schulbus in Old-Delhi und „durchschnittlich“ beladener Baustofftransport

Das indische Straßennetz umfasst insgesamt rund 4,7 Millionen Kilometer (Stand 2013):

Expressways/National Highways    79.116 km  (Autobahn/Bundesstraße)

State Highways                             163.898 km  (Bundes-/Landesstraße)

Urban Roads                                 411.084 km  (Kreis-/Gemeindestraße)

Rural Roads and Others            4.043.670 km  (Dorfstraßen/Wirtschaftswege)

Rund 50 % des Straßennetzes – vor allem Wirtschaftswege und Dorfstraßen – sind unbefestigt.

Von den rund 80.000 km Fernstraßen ist ein Großteil nur einspurig, ein Ausbau auf zwei bis drei Spuren wird aufgrund der hohen Auslastung angestrebt (IRC, 2013) und wurde insbesondere im „National Highway Development Project“ vorangetrieben, über das bereits Freudenstein 2003 berichtet hatte.

Rund 90 % des Straßennetzes sind nicht für schwere Lkw geeignet. Wegen des oft mäßigen Fahrbahnzustands beträgt die Tagesfahrleistung eines Lkw nur rund 300 km pro Tag, weshalb aufgrund der langen Transportzeiten rund ein Drittel der Ernte bereits auf dem Transport verdirbt (Freudenstein, 2003; Wirtgen, 2012). Ungleichmäßige Einbaudicken und Anschlusshöhen, mangelhafte Verdichtung der Tragschicht, unzureichende Entwässerung und mäßige Fahreigenschaften sind nur einige Beispiele für die unzähligen Mängel des indischen Straßennetzes. Sie tragen in Kombination mit der Überladung der Fahrzeuge und der häufig vernachlässigten Instandhaltung zu einem vorzeitigen Versagen der Flächen bei. Zur Regenzeit, etwa ab Mai/Juni nehmen vor allem Schlaglöcher in den Asphaltdecken signifikant zu, wobei Mumbai gemeinhin als Welthauptstadt der Schlaglöcher herausgestellt wird (ICR, 2014; Khant, 2018).

Vor dem Hintergrund des starken Wirtschaftswachstums hat die indische Regierung bereits seit den 1990er-Jahren umfangreiche Infrastrukturprogramme aufgelegt, über die seit 1992 ein Investitionsvolumen von rund 420 Milliarden US-$ in die Straßeninfrastruktur geflossen ist. Im Finanzjahr 2016/17 betrug das Investitionsvolumen rund 15 Milliarden US-$. Planmäßig sollen durch diese Infrastrukturprogramme rund 7.000 km neue Fernstraßen pro Jahr entstehen. Daneben ist geplant, bis 2030 rund 200 neue Flughäfen und 35 Containerumschlagplätze/Häfen zu errichten (Hundt, 2017; EI, 2016). Rund ein Drittel der in den letzten Jahren durchgeführten Projekte im Fernstraßenbau wurden durch private Betreiber realisiert, weitere 9 % werden nach einem Hybridmodell umgesetzt, bei dem sich Staat (40 %) und private Betreiber (60%) die Baukosten teilen (Hundt 2017).

Während bis in die 1990er-Jahre häufig die Asphaltbauweise der Betonbauweise vorgezogen wurde (vgl. Abschnitt 3.1) steigt der Anteil der Betonfahrbahndecken am Streckennetz seither kontinuierlich an. (Bapat, 2007; Anima; Singh et al., 2014). Geht es nach Verkehrsminister Nitin Gadkari (GCR, 2014), werden Fahrbahndecken in Indien zukünftig nur noch in Betonbauweise ausgeführ.

3 Betonstraßenbau

3.1 Von den Anfängen bis zur Gegenwart

Der Betonstraßenbau hat in Indien eine lange, wechselvolle Geschichte. Nachdem 1904 und 1913 in Madras (das heutige Chennai) und Porbundar die ersten Zementwerke eröffnet wurden, wurde bereits im Frühjahr 1914 vor der Stadtverwaltung in Madras die erste Betonfahrbahndecke Indiens fertiggestellt. Trotz einer zugesagten Gewährleistungsfrist von 10 Jahren konnte diese Decke ihre Dauerhaftigkeit aber nicht unter Beweis stellen: Nach Ausbruch des ersten Weltkriegs im August 1914 wurde die Betondecke am 22. September 1914 bei einem deutschen Bombenangriff der SMS Emden auf die nahegelegenen Hafenanlagen und Öltanks größtenteils zerstört (Bild 4a) (Singh, 2016).

Aufgrund der dennoch guten Erfahrungen mit der Herstellung der Betondecke in Madras folgte in den 1920ernd 1930er-Jahren der Bau diverser Fernstraßen (u.a. Mumbai-Pune, DelhiAgra, Mysore-Bangalore) und kommunaler Straßen (u.a. in Mumbai, Delhi, Hyderabad, etc.). Das letzte größere Projekt dieser „Blütezeit“ war 1938/39 die Errichtung des Marine Drive in Bombay (das heutige Mumbai, Bild 4b), der großteils auf aufgeschüttetem Land entstand und als Küstenstraße auch heute noch das Stadtbild Mumbais prägt (Kumar, 2013; Singh, 2016).

Nach Ausbruch des zweiten Weltkriegs blieb der Zement in Indien ab etwa 1940 der Errichtung von Fabriken der Rüstungsindustrie vorbehalten, woraufhin der Betonstraßenbau in den Folgejahren stetig zurückging und auch nach Kriegsende, etwa ab Ende der 1940er-Jahre, aufgrund der Zementknappheit weiter zurückgestellt blieb. Um die indische Zementindustrie nach der Unabhängigkeit 1947 zu stärken und den Import zu verhindern, wurde Zement für rund vier Jahrzehnte staatlich reguliert, wobei die Preise vorgegeben und die Verteilung vorgenommen wurde. Aufgrund der mit der Preisbindung einhergehenden, geringen Rentabilität wurde seitens der indischen Zementindustrie lange Zeit nicht in neue Technik investiert, die Kapazitäten blieben gering. In der Folge wurden fast ausschließlich Asphaltdecken hergestellt, die Betonbauweise geriet nach und nach in „Vergessenheit“. Die staatliche Regulierung der Zementindustrie wurde erst ab 1977 langsam aufgehoben, ab 1989 war Zement wieder frei verfügbar (Bapat, 2007; ICR 2014; Singh, 2016; Sengupta, 2008).

Bild 4a und b: Der deutsche Bombenangriff auf die Hafenanlagen von Madras, bei dem auch die erste Betonfahrbahndecke Indiens zerstört wurde (oben) und der Marine Drive in den 1940er-Jahren (unten)

Etwa zu Beginn der 1990er-Jahre rückten Betonfahrbahndecken dann aufgrund der umfangreichen Infrastrukturmaßnahmen immer mehr in den Fokus. Fertiger kamen nach dem „Dornröschenschlaf“ erstmals 1993/94 bei einer Erweiterung der Delhi-Mathura-Road von zwei auf drei Fahrstreifen zum Einsatz (Länge rd. 56 km). 2002 folgte das erste größere ÖPP-Fernstraßen-Projekt – ein 95 km langer Abschnitt des Mumbai-Pune-Expressways, der vollständig in Betonbauweise ausgeführt wurde (Freudenstein, 2003). Nach Abschluss des „National Highway Development Projects“ (2007), wurde 2012 dann der Yamuna-Expressway, ein 165 km langer Autobahn-Abschnitt zwischen Delhi und Agra (Taj Mahal), entlang der Yamuna, fertiggestellt (Bilder 5a bis c). Daneben wurden auch zunehmend mehr untergeordnete Fahrbahndecken in Betonbauweise ausgeführt (Bapat, 2007; Kumar ,2013).

Bild 5 a bis c: Eine der Mautstationen (Toll-Plazas) am Yamuna Expressway. Die Maut (One-Way) beträgt auf der Strecke Delhi-Agra (ca.165 km) für einen Pkw 138 Rupien (etwa 2,20 €), ein Lkw zahlt bis zu 933 Rupien (etwa 12,20 €).

Aufgrund des ständig steigenden Zementbedarfs ist Indien heute mit einer Produktionsmenge von rund 290 Millionen Tonnen pro Jahr hinter China der zweitgrößte Zementproduzent der Welt (Statista, 2018).

3.2 Betonstraßenbau Heute

Betonfahrbahndecken werden in Indien standardmäßig unbewehrt auf einer rund 15 cm dicken Magerbetonschicht (bezeichnet als DLC (Dry Lean Concrete) und vergleichbar mit einer klassischen HGT) eingebaut, wobei die DLC-Schicht nicht gekerbt wird (Freudenstein 2003) (vgl. Bilder 6, 8a und b). In der Regel erfolgt der Aufbau mit Verbundtrennung durch eine PE-Folie, wodurch Reflexionsrisse in der Decke verhindert werden sollen. Aufgrund der großen Achslasten (Einzelachse 200 kN, Doppelachse 400 kN, häufig zzgl. Überladung (Jain; Swamy et al., 2016) beträgt die Einbaudicke des Betons 32 bis 35 cm (Freudenstein, 2003; MORTH, 2013). Die Betonzusammensetzung, die technischen Eigenschaften, die konstruktiven Randbedingungen und die Einbauverfahren sind ausführlich in (MORTH, 2013) geregelt. So sind zu Beginn jeder Maßnahme bspw. Versuchsflächen anzulegen, bei denen die Betonzusammensetzung und die Einbauverfahren überprüft werden sollen. Bezüglich der Lufttemperaturen beim Betoneinbau gibt (MORTH, 2013) vor, dass eine Lufttemperatur von 30 °C nicht überschritten (bei zusätzlichen Maßnahmen 35 °C) und während der Regenzeit möglichst nicht betoniert werden soll. Hierdurch wird ein normkonformer Betoneinbau in großen Landesteilen stark eingeschränkt und kann allenfalls in den Nachtsunden stattfinden (MORTH, 2013).

Bild 6: Regulärer Aufbau einer indischen Betonfahrbahndecke (Freudenstein, 2003)

Während für den Bau von Fernstraßen (Expressways, Highways) in der Regel Betonfertiger oder Gleitschalungsfertiger zum Einsatz kommen (Freudenstein, 2003), erfolgt der Einbau innerstädtisch häufig mit einfachen, halbmechanischen Verfahren (z.B. handgeführte Bohlen mit Rüttlern, vgl. Bilder 10a und b) (Kumar, 2014).

Zunehmend werden seit einigen Jahren auch deteriorierte Asphaltdecken mit White-Topping – tlw. auch Thin-/Ultra-Thin-White-Topping – überbaut, wodurch die Tragfähigkeit der Decke wiederhergestellt oder erhöht werden soll. Häufig findet allerdings keine ausreichende Planung der Maßnahmen statt. Anschlusshöhen werden oft nicht angepasst, stattdessen werden die in der Regel nur rund 10 bis 12, teilweise auch 15 cm dünnen Asphaltdecken direkt und ohne entsprechende Vorbereitung überbaut (Bilder 7a bis d) (Kumar; Mathur, 2011; Prasad, 2018).

Bilder 7a bis d: White-Topping in Pune und Bangalore. Die alte Asphaltdecke wird in der Regel direkt mit Beton überbaut, für kreuzende Versorgungsleitungen werden regelmäßige Pflasterstreifen angeordnet.

Daneben besteht das größte Problem beim innerstädtischen Bau von Betondecken in der Logistik, da die rechtzeitige Anlieferung größerer Betonmengen aufgrund des hohen Verkehrsaufkommens schwierig ist. Auch außerhalb der Ballungszentren ist eine effiziente Warenbeförderung über Schienen-, Straßen- oder Seewege aufgrund der mäßigen Transportinfrastruktur nicht sichergestellt, Orte im Hinterland können nur schwerlich erreicht werden (Kumar, 2013; GCR, 2014; Hundt, 2017).

3.2 Bilddokumentation zu Konstruktion und Herstellung

Bilder 8a und b: Der Einbau erfolgt auf einer „HGT“, die nicht gekerbt wird. Die zur Nachbehandlung ausgelegten Jutetücher werden in den ersten 7 Tagen feuchtgehalten. Teilweise kommen auch wachshaltige Nachbehandlungsmittel zum Einsatz, die aufgrund der Verbundtrennung (PE-Folie, Bilder 9a und b) auf der Tragschicht verbleiben können (MORTH, 2013).

Bilder 9a und b: Zur Verbundtrennung wird eine PE-Folie zwischen HGT und Betondecke eingebaut. Die Decke wird unbewehrt ausgeführt, Felder mit Einbauteilen werden bewehrt und von Hand eingebaut.

Bilder 10a bis d: Der Einbau erfolgt außerorts in der Regel mit Betonfertigern (oben links). Innerorts werden demgegenüber meist einfache, halbmechanische Verfahren (vor allem handgeführte Bohlen mit Rüttler) eingesetzt, die Herstellung erfolgt abschnitts-/bzw. plattenweise (oben rechts). In beiden Fällen wird in der Regel eine starre Seitenschalung verwendet. Anker werden entweder durch Aussparungen in der Schalung eingelegt (unten links) oder vorab an der Schalung befestigt (unten rechts). Mit dem Betonierfortschritt werden diese dann eingedreht und nach dem Entfernen der Seitenschalung zurückgebogen.

Bilder 11a bis d: Zurückbiegen der Anker (oben links) und Nachbehandlung durch „Ponding“ (weitverbreitet und kostengünstig, insbesondere bei kleineren Bauabschnitten (Kulkarni; Pereira, 2011): Mit Mörtel werden auf der texturierten Betonoberfläche noch vor dem Fugenschnitt kleine Wasserbecken angelegt, die regelmäßig aufgefüllt werden. In den ersten Tagen ist hierzu quasi durchgehend ein Arbeiter abgestellt, der sich um die Nachbehandlung kümmert. Die Ränder und Flanken werden mit feuchten Jutetüchern bedeckt, im Querfugenbereich werden die Jutetücher nach dem Fugenschnitt durch Wasserbecken ersetzt. Trockengefallene Becken konnten selbst bei Temperaturen > 35 °C nirgendwo festgestellt werden – die Nachbehandlung wird gewissenhaft betrieben und auch sonst wird größter Wert auf eine saubere, fehlerfreie Bauausführung gelegt (Freudenstein, 2003; EI, 2016).

Bilder 12a bis d: Nach 7 bis 14 Tagen wird die Nachbehandlung eingestellt, der Mörtel wird abgebrochen (oben links). Selten wird zur Nachbehandlung kleiner Bauabschnitte auch Nachbehandlungsmittel verwendet (oben rechts), auf dem Land wird feuchtes Stroh ausgebracht (unten) (Kulkarni; Pereira, 2011). Bei größeren Bauabschnitten, die mit Gleitschalungsfertigern hergestellt werden, kommen in der Regel Nachbehandlungsmittel zum Einsatz (Freudenstein, 2003).

Bilder 13 a und b: Die beiden 2002 (Mumbai-Pune, Bild links) bzw. 2012 (Delhi-Agra/„Yamuna-Expressway“, Bild rechts) fertiggestellten Expressways weisen augenscheinlich einen vergleichsweise guten Allgemeinzustand auf. Eine Häufung von Eck-/Kantenschäden oder gröberen Längs-/Querrissen waren nur in einigen Teilbereichen zu finden, Stufenbildung, Längsunebenheiten o.Ä. wurden bei Überfahrt nicht bemerkt.

Bild 14: Fugenpflege wird auch betrieben, zumindest an Flughäfen.

Literaturverzeichnis

Alexander, M. B. (2015): Indien: Was ist ein Lakh, was ist ein Crore? Online im Internet: https://www.welt.de/reise/Fern/article147920682/Indien-ist-wie-ein-Trainingscamp-in-Kopfrechnen. html; Abgerufen am 01.03.2019

Anima, K.; Singh, C. S.; Gupta, V. C. (2014): Fly Ash-Fibre Reinforced Concrete (FAFC) Pavement- AN Alternative to RCC/PCC Pavement. In: J. o. Natural Sciences Research, Jahrgang 4 (2014), Heft 13

Bapat, J. D.; Sabnis, S. S.; Joshi, S. V. et al. (2007): History of Cement and Concrete in India – A Para-digm Shift. In: Proceedings of American Concrete Institute (ACI) Conference 2007, Atlanta, USA, 2007

Equipment India (EI) (2016): Concrete Paving to Flourish. In: Equipment India, Ausgabe Januar 2016, Online im Internet: http://www.equipmentindia.com/News.aspx?nId=+xGFk3lJblfxfC35XSlhmQ==; Abgerufen am 24.07.2019

Freudenstein, S. (2003): Betonstraßen in Indien. In: Tagungsband zur Deutschen Betonstraßentagung, 2003

Global Construction Review (GCR) (2014): India to stop paving any more roads with asphalt. Online im Internet: http://www.globalconstructionreview.com/news/india-stop-paving-any-more-roads-asphalt8726728987/; Abgerufen am 24.07.2019

Hundt, T. (2017): Indische Regierung will Infrastrukturdefizite beheben und Indien baut Verkehrskorridore aus. Online im Internet: https://www.gtai.de/GTAI/Navigation/DE/Trade/Maerkte/ Trends/Infrastruktur/Land-Indien/trend-land-indien.html; Abgerufen am 24.07.2019

Imöhl, S. (2019): Die zehn größten Länder der Welt nach Fläche. Online im Internet: https://www.han- delsblatt.com/politik/international/ranking-2019-die-zehn-groessten-laender-der-welt-nach-flaeche/24428374.html; Abgerufen am 24.07.2019

Indian Roads Congress (IRC) (2013): Indian Roads Congress & Roads in India Presentation at Japan Road Congress, Japan Road Congress, Japan, 2013

Indian Cement Review (ICR) (2014): Cement Concrete Roads Way towards economic growth. In: Indian Cement Review, Ausgabe Juli 2014. Online im Internet: http://www.indiancementreview.com/ News.aspx?nId=fP4q2zKA+0Uickclt+O6Hw==; Abgeru-fen am 24.07.2019

Jain, R. K.; Swam y, M.; Pandey, B.B. et al. (2016): Construction of a Cement Concrete Pavement in a Hilly Terrain in India. In: Proceedings of the 11th International Conference on Concrete Pavements, San Antonio (TX), USA, 2016, S. 252-265

Khant, H. (2018): Mumbai Man Nominates The City For Most Potholes In The Guinness Book!. Online im Internet: https://cocktailzindagi.com/mumbai-man-nominates-the-city-for-most-potholes-in-the-guin-ness-book/; Abgerufen am 24.07.2019

Kulkarni, S. B.; Pereira, C.: Significance of Curing Concrete for Durability of Structures. In: NBM&CW – Infra Construction and Equipment, August 2011. Online im Internet: https://www.nbmcw.com/tech- articles/concrete/25057-significance-of-curing-of-concrete-for-durability-of-structures.html; Abgerufen am 09.08.2019

Kumar, R.; Mathur, R. (2011): Whitetopping - An Engineered Economical Long-lasting Solution for Distressed Roads. In: NBM&CW – Infra Construction and Equipment, September 2011. Online im Internet: https://www.nbmcw.com/tech-articles/roads-and-pavements/25314-whitetopping-an-engineer ed-economical-long-lasting-solution-for-distressed-roads.html; Abgerufen am 28.07.2019

Kumar, S. (2013): Dimensions in Construction and Maintenance of Rigid Pavements. In: Indian Cement Review, Februar 2013. Online im Internet: http://www.indiancementreview.com/News. aspx?nid=s3etw9O8xsgXSW1qbonlTg==; Abgerufen am 24.07.2019

Kumar, S. (2014): New Dimensions in Construction of Rigid Pavements. In: NBM&CW – Infra Construction and Equipment, März 2014. Online im Internet: https://www.nbmcw.com/tech-articles/roads-and-pavements/31520-new-dimensions-in-construction-of-rigid-pavements. html; Abgerufen am 24.07.2019

Ministry of Road Transport & Highways (MORTH) (2013): Specifications for Road and Bridge Works, 5th Revision, 2013

Prasad, S. (2018): White-Topping of Bengaluru Roads. Online im Internet: http://bengaluru.citizenmat- ters.in/bbmp-white-topping-tender-delay-monsoon-roads-bengaluru-26026; Abgerufen am 24.07.2019

Reinke, C.; Sauerborn, P. (2014): Infoblatt Kastensystem in Indien. Online im Internet: https://www.klett.de/alias/1041647; Abgerufen am 22.07.2019

Sengupta, S.; Ganvir, D.; Mathur, R. (2008): „Critical Review Points on the Design and Construction of Concrete Roads in India“. In: NBM&CW – Infra Construction and Equipment, Dezember 2008. Online im Internet: https://www.nbmcw.com/tech-articles/roads-and-pavements/473-critical-review-points-on- the-design-and-construction-of-concrete-roads-in-india.html; Abgerufen am 24.07.2019

Singh, B. (2016): Little Known Facts About Concrete Roads. In: NBM&CW – Infra Construction and Equipment, September 2016. Online im Internet: https://www.nbmcw.com/tech-articles/roads-and-pavements/35210-little-known-facts-about-concrete-roads.html; Abgerufen am 24.07.2019

Statista (2018): Produktion von Zement nach den wichtigsten Ländern weltweit im Jahr 2018; Online im Internet: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/153695/umfrage/produktion-von-zement-nach-laendern/; Abgerufen am 24.07.2019

Stiebitz, A. (2017): Ein Slum als Lebens- und Arbeitswelt. Online im Internet: https://www.deutsch-landfunkkultur.de/mumbais-stadtteil-dharavi-ein-slum-als-lebens-und.979.de. html?dram:article_id=382561; Abgerufen am 26.07.2019

Sturm, K. (2019): Reiseinformationen Indien/Reisezeit und Klima. Online im Internet: https://indien.de/reiseinformationen/beste-reisezeit-klima/#indiens-klimazonen; Abgerufen am 23.07.2019

Webermann, J. (2018): Atmen ist ungesund. Online im Internet: „https://www.tagesschau.de/ ausland/luft-who-neu-delhi-101.html; Abgerufen am 29.07.2018

Wirtgen (2012): Mammutprojekte im Straßenbau – Infrastrukturmaßnahmen in Indien. Online im Internet: https://www.wirtgen.de/de/news-media/presseberichte/article-detail.2125.php; Abgerufen am 24.07.2019