FGSV-Nr. FGSV 002/93
Ort Bamberg
Datum 12.02.2009
Titel Einführung und Anwendung von Pavement Management Systemen – Erfahrungen aus Bayern
Autoren MR Dipl.-Ing. Roland Degelmann
Kategorien Infrastrukturmanagement
Einleitung

Neben dem Neu-, Um- und Ausbau ist die Erhaltung des Bundesfern- und Staatsstraßennetzes die zentrale Aufgabe der Straßenbauverwaltung. Die Ergebnisse der in den vergangenen Jahren auf den bayerischen Straßen durchgeführten Zustandserfassung und -bewertung (ZEB) machen auch vor dem Hintergrund einer zunehmenden Beanspruchung der Straßen durch weiter steigendes Verkehrsaufkommen, höhere Achslasten und zunehmendes Schwertransportaufkommen deutlich, dass in Zukunft der Zustandsentwicklung und Substanzsicherung ein noch stärkeres Augenmerk zu widmen ist. Zur Optimierung der Straßenerhaltung wurde in Bayern im Jahr 2008 erstmals das sogenannte Koordinierte Erhaltungs- und Bauprogramm (KEB) eingeführt, das die Staatlichen Bauämter bei der mittelfristigen Planung von Erhaltungsmaßnahmen auf Grundlage objektiver Maßstäbe wie Straßen- und Bauwerkszustand unterstützt sowie die Basis für ein Controlling der Erhaltungsarbeit darstellt. Außerdem wurde der Schlüssel für eine bedarfsgerechte Verteilung der Bestandserhaltungsmittel weiterentwickelt. Die sich unter diesen Voraussetzungen einstellende Entwicklung des Straßenzustandes kann im Rahmen der nächsten ZEB verifiziert werden.

PDF
Volltext

Der Fachvortrag zur Veranstaltung ist im Volltext verfügbar. Das PDF enthält alle Bilder und Formeln. 

1 Allgemeines

Die Erhaltung der Straßenverkehrsanlagen (Straßen, Bauwerke, sonstige Anlagenteile) ist eine vordringliche Aufgabe, um die Sicherheit und Leistungsfähigkeit der Straßeninfrastruktur zu gewährleisten. Die wachsende Straßenbeanspruchung, vor allem durch den Schwerverkehr, sowie die ungünstiger werdende Altersstruktur und der wirtschaftliche Einsatz der Haushaltsmittel zwingen den Straßenbaulastträger zunehmend, die Erhaltung netzweit zu systematisieren, um einen technisch und wirtschaftlich optimierten und bedarfsorientierten Mitteleinsatz zu erreichen.

Wesentliche Aufgaben eines in genanntem Sinn betriebenen Erhaltungsmanagements für den Bereich der Straßen sind

  • die Bewertung der Netzqualität (Situationsanalyse),
  • die Bewertung der Zustandsentwicklung,
  • die Planung von Erhaltungsmaßnahmen auf Netzebene,
  • die Erstellung eines mittelfristigen Erhaltungsprogramms sowie
  • die Umsetzung des Erhaltungsprogramms auf Ausführungsebene.

Auf Grundlage dieser Bausteine wurde zur Planung von Erhaltungsmaßnahmen an Straßen die Beschreibung eines geschlossenen Prozesskreislaufes für die wesentlichen verwaltungstechnischen Aufgaben eines effizienten Erhaltungs-Management-Systems (EMS) erstellt.

Dieser berücksichtigt neben den Fahrbahnbefestigungen auch die Brücken- und Ingenieurbauwerke.

Bild 1: Prozesskreislauf Erhaltungsmanagement

Im Folgenden werden die wesentlichen Instrumente des EMS näher erläutert.

2 Pavement-Management-System

Der Begriff Pavement-Management-System (PMS) steht grundsätzlich für die systematische Planung von Erhaltungsmaßnahmen anhand nachvollziehbarer Kriterien. Im engeren Sinne wird darunter häufig die rechnergestützte Erhaltungsplanung verstanden. Es handelt sich dabei um eine Software, die die Straßenbauverwaltung bei der Erhaltungsplanung unterstützt. Ein PMS dient dabei als wertvolles Werkzeug für den planenden Ingenieur – es kann nach dem derzeitigen Stand der Wissenschaft die fachliche Kompetenz eines Straßenbauingenieurs jedoch nicht ersetzen.

Das PMS berücksichtigt für die Ermittlung der effizientesten Maßnahmen eine Reihe von Eingangsdaten:

  • Straßenzustand (Quer- und Längsebenheit, Griffigkeit, Substanzmerkmale), sowohl Ist-Zustand als auch Prognose,
  • Straßenaufbau (Schichtarten, -stärken und -baujahr),
  • Verkehrsdaten,
  • finanzielle Mittel,
  • Unfalldaten,
  • Maßnahmenlisten.

Die Vollständigkeit, Aktualität und Qualität der Straßeninformationen im Erhaltungsmanagement beeinflussen entscheidend die Qualität der darauf aufbauenden Entscheidungen. Die meisten aller bekannten Pavement-Management-Systeme verfügen über eine eigene Datenbank. Die Daten werden dort in dem geforderten, mit den Aufgaben des PMS korrespondierenden Umfang verwaltet und fortgeschrieben. Um das PMS zu betreiben, müssen detaillierte Daten in den genannten Bereichen bereitgestellt werden. Defizite bei der Bereitstellung der erforderlichen Daten schließen den sinnvollen Betrieb des PMS aus. Beim häufig ersatzweise betriebenen Füllen der Datenlücken mit Pauschalwerten wird eine nicht einschätzbare Verminderung der Qualität der erarbeiteten Ergebnisse hingenommen.

Die notwendigen Voraussetzungen für die operative Erhaltungsplanung mit einer Pavement-Management-Software sind für die Bundes- und Staatsstraßen in Bayern derzeit nicht ausreichend erfüllt. Daher kommt der Einsatz von Pavement-Management-Software in der bayerischen Straßenbauverwaltung derzeit flächendeckend ausschließlich für den Bereich der Autobahnen zum Einsatz. Bei den Staatlichen Bauämtern mit Straßenbauaufgaben war er bislang auf wenige Pilotämter beschränkt.

Aus den dargestellten Gründen muss sich ein umfassendes Erhaltungs-Management-System nach dem Verfügungsstand der Daten richten. Insbesondere in Deutschland, wo die Straßeninformationsbanken fachbereichsübergreifend betrieben werden, ist es aus ökonomischer Sicht nicht zu vertreten, die Systeme der Datenbeschaffung und Verwaltung an die jeweilige PM-Applikation anzupassen. Vielmehr soll eine „skalierte“ Lösung angestrebt werden, die den jeweiligen Verfügungsstand hinsichtlich der Inputdaten berücksichtigt. Daher wurden alternative EMS-Lösungen erarbeitet und bereits mehrfach eingesetzt, die an die jeweilige Datengrundlage angepasst sind. Zu solchen Verfahren zählt in erster Linie das System der „Verbesserten Erhaltungsplanung“ (VEP). Die entscheidende Rolle wird in diesem System den Zustandsdaten beigemessen. Die sonstigen Daten, vor allem die Aufbaudaten, werden zwar einbezogen, aber nicht für den Entscheidungsautomatismus (dazu müssten sie flächendeckend und aktuell vorliegen), sondern um eine ingenieurmäßige Analyse des Entscheidungsprozesses zu unterstützen. Da hierfür die detaillierte Datenanalyse ausschließlich auf einem begrenzten Bereich stattfindet, kann dieses Verfahren bereits bei einer weniger dichten Datenabdeckung eingesetzt werden.

Der Aufbau eines EMS erfolgte in Bayern bei den Staatlichen Bauämtern daher auf Basis des Systems der VEP.

3 Verbesserte Erhaltungsplanung (VEP)

Das System der VEP wurde von der bayerischen Straßenbauverwaltung in Zusammenarbeit mit der Heller Ingenieurgesellschaft, Darmstadt, entwickelt und in den Jahren 1999 und 2000 flächendeckend eingeführt.

3.1 Automatische Abschnittsbildung

Im Rahmen der VEP werden Erhaltungsabschnitte gebildet, die sich aus mehreren, hintereinander liegenden Auswerteabschnitten zusammensetzen. Der Begriff „Auswerteabschnitte“ bezeichnet dabei 100 m- bzw. im Ortsdurchfahrtsbereich 20 m lange Abschnitte, für die Zustandsgrößen, Zustandswerte sowie Teil- und Gesamtwerte ermittelt werden.

Im ersten Schritt wird für alle Auswerteabschnitte die Dringlichkeitsklasse (DK) über eine zweidimensionale Dringlichkeitsmatrix ermittelt. Eingangsgröße für die Matrix sind der modifizierte Gebrauchs- und der modifizierte Substanzwert, die jeweils über Gewichtungs- und Verknüpfungsvorschriften aus den Zustandsmerkmalen gebildet werden.

Bild 2: Ermittlung der Dringlichkeitsklasse je Auswerteabschnitt

Da die 100 m bzw. 20 m langen Auswerteabschnitte aufgrund ihrer Länge nicht für eine direkte Baulosbildung geeignet sind, werden sie im zweiten Schritt nach definierten Kriterien zu längeren homogenen Erhaltungsabschnitten zusammengefasst. Die Bildung der Erhaltungsabschnitte erfolgt automatisch unter Berücksichtigung folgender praxiserprobter Parameter:

  • Es werden nur Auswerteabschnitte mit einer Dringlichkeitsklasse zwischen 1 und 5 berücksichtigt.
  • Die Länge eines Erhaltungsabschnitts muss mindestens 500 m betragen.
  • Ein Erhaltungsabschnitt darf 100-m-Auswerteabschnitte (bzw. 20-m-Abschnitte im Bereich der Ortsdurchfahrten) im besseren Zustand beinhalten, wenn deren Gesamtlänge 20 % der Länge des gesamten Erhaltungsabschnitts nicht übersteigt.
  • Die Mindestlänge der zusammenhängenden Auswerteabschnitte mit schlechterem Zustand muss mindestens 200 m betragen.
  • Die maximale Länge der zusammenhängenden Auswerteabschnitte mit besserem Zustand darf 200 m nicht überschreiten.
  • Bis zu drei Auswerteabschnitte werden durch Interpolation überbrückt, wenn keine Messdaten vorliegen.

Bild 3: Bildung der Erhaltungsabschnitte

Für die resultierenden Erhaltungsabschnitte wird anschließend die Dringlichkeitsklasse (DKErh.) ermittelt. Hierfür werden der durchschnittliche modifizierte Gebrauchswert und der durchschnittliche modifizierte Substanzwert berechnet. Anschließend werden die beiden Durchschnittswerte dann erneut – analog zur Ermittlung der Dringlichkeitsklasse für die Auswerteabschnitte – über die zweidimensionale Dringlichkeitsmatrix in Beziehung gesetzt.

Ein Erhaltungsabschnitt kann bis zu 20 % bessere Strecken als Dringlichkeitsklasse 5 enthalten. Als Dringlichkeitsklasse eines Erhaltungsabschnitts (DKErh.) kann daher aufgrund der Mittelwertbildung und/oder bei stark heterogener Zustandverteilung eine 6, 7 oder gar 8 ermittelt werden.

3.2 Berechnung der Verkehrsbelastung

Innerhalb jeder Dringlichkeitsklasse eines Erhaltungsabschnitts werden die Maßnahmen aufgrund ihrer Verkehrsbedeutung sowie der Beanspruchung durch Schwerverkehr gereiht. Hierzu werden separat für das Bundes- und Staatsstraßennetz folgende Kenngrößen berechnet:

  • Durchschnittliche, längengewichtete Verkehrsbelastung DTVKfz (zur Berücksichtigung der Verkehrsbedeutung),
  • Durchschnittliche, längengewichtete Verkehrsbelastung DTVSV (zur Berücksichtigung der Beanspruchung durch Schwerverkehr),
  • Längengewichtete Standardabweichung des DTVKfz,
  • Längengewichtete Standardabweichung des DTVSV.

Als Grundlage für die Berechnung dienen hierbei die Ergebnisse der Straßenverkehrszählung 2005.

3.3 Dringlichkeitsreihung

Die Dringlichkeitsreihung der ermittelten Erhaltungsabschnitte innerhalb der gleichen Dringlichkeitsklasse (DKErh.) erfolgt unter Berücksichtigung der Verkehrsbedeutung sowie der Beanspruchung durch Schwerverkehr. Dabei werden die durchschnittlichen modifizierten Teilwerte jedes Erhaltungsabschnitts, das heißt der durchschnittliche modifizierte Gebrauchs- und der durchschnittliche modifizierte Substanzwert, mit einem Faktor FDTV, welcher die verkehrliche Bedeutung der Strecke wiedergeben soll, bzw. FSV, zur Berücksichtigung der Beanspruchung durch Schwerverkehr, multipliziert und anschließend zu einem gewichteten Gesamtwert addiert. Anhand dieses gewichteten Gesamtwerts erfolgt die klasseninterne Reihung. Je höher der gewichtete Gesamtwert ist, desto dringlicher wird der Erhaltungsabschnitt eingestuft.

Bild 4: Dringlichkeitsreihung unter Berücksichtigung der Verkehrsbelastung

Für die Ermittlung der Faktoren FDTV und FSV finden die unter Abschnitt 3.2 aufgeführten Kenngrößen Verwendung. Ist die durchschnittliche Verkehrsbelastung innerhalb des Erhaltungsabschnitts durch Kfz bzw. durch den Schwerverkehr gleich dem Landesdurchschnitt (μDTV bzw. μSV), werden die Faktoren FDTV bzw. FSV gleich 1,0 gesetzt werden. Für Strecken mit einer Verkehrsbelastung größer dem Landesdurchschnitt zuzüglich der ermittelten Standardabweichung beträgt der Faktor F = 1,5. Für Strecken mit einer Verkehrsbelastung kleiner dem Landesdurchschnitt abzüglich Standardabweichung wird F = 0,5 gesetzt. Zwischen diesen Werten wird linear interpoliert.

Bild 5: Funktion zur Berechnung der Gewichtungsfaktoren FDTV bzw. FSV

4 Koordiniertes Erhaltungs- und Bauprogramm (KEB)

4.1  Systematik KEB

Den erhöhten Anforderungen an ein effizientes EMS kann jedoch auch mit den bisherigen Verfahren der VEP nur unvollständig Rechnung getragen werden. Daher hat die bayerische Straßenbauverwaltung das Verfahren der VEP konsequent weiterentwickelt und das so genannte „Koordinierte Erhaltungs- und Bauprogramm“ (KEB) erarbeitet, welches die vorhandenen Grundlagen nutzt und wesentlich erweitert. Es berücksichtigt die Erfahrungen auf sämtlichen Ebenen der Verwaltung – sowohl in strategischer als auch in operativer Hinsicht. Darüber hinaus wird die konsequente Nutzung der mit erheblichem Aufwand erstellten Grundlagen, wie der ZEB und der Bauwerksprüfungen, sowie Hilfsmittel, wie die bereits erwähnte VEP, in den Vordergrund gestellt. Zielsetzung war es, die Erhaltung der Fahrbahnbefestigungen und der Bauwerke unter Einsatz eines koordinierten Erhaltungs- und Bauprogramms zu optimieren. Damit sind folgende wesentliche Erwartungen bzw. Forderungen verbunden:

  • Konsequente Nutzung der vorhandenen Grundlagen, Hilfsmittel, Daten usw.,
  • Systematische Abarbeitung der vorgeschlagenen Erhaltungsabschnitte der VEP,
  • Berücksichtigung der Perspektiven Dritter (z. Gemeinde),
  • Dokumentation der getroffenen Entscheidungen,
  • Nachvollziehbare Dringlichkeitsreihung (u. für die Öffentlichkeitsarbeit),
  • Controlling,
  • Systematische Beobachtung der Zustandsentwicklung.

Die zentrale Arbeitsgrundlage des KEB bildet eine Excel-Liste. In dieser Excel-Liste können übersichtlich strukturiert alle relevanten Informationen der Erhaltungsplanung eines Staatlichen Bauamtes eingetragen werden. Das KEB ist als mittelfristiges Erhaltungs- und Bauprogramm konzipiert. Für den Aufbau der KEB-Liste werden als Grundlage automatisch erzeugte Vorschläge für sanierungswürdige Streckenabschnitte und Bauwerke vorgegeben. Das KEB ist bislang auf den Bereich der Bundes- und Staatsstraßen beschränkt und wird seit dem Jahr 2008 durch die zuständigen Staatlichen Bauämter umgesetzt. Für Bundesautobahnen ist das KEB derzeit noch nicht beabsichtigt, da hier mit dem PMS als Instrument der Erhaltungsplanung gute Erfahrungen gemacht werden konnten. Die Excel-Listen werden an jedem Staatlichen Bauamt für die Bundes- und Staatsstraßen getrennt geführt, wobei die Struktur der Excel-Listen für die Bundesstraßen und Staatsstraßen gleich ist.

Der Eintrag der automatisch gebildeten Maßnahmenvorschläge wurde bei der Erstauslieferung der Excel-Grundlisten für jedes Bauamt zentral von Seiten der Obersten Baubehörde vorgenommen, um den Eingabeaufwand für die Staatlichen Bauämter zu reduzieren. Die Maßnahmenvorschläge entsprechen für den Bereich der Fahrbahnen den Erhaltungsabschnitten, die mit Hilfe der VEP auf Basis der Ergebnisse der ZEB 2007 gebildet worden sind. Bei den Bauwerken sind diejenigen als Maßnahmenvorschläge in den Grundtabellen des KEB enthalten, bei denen die Bauwerksprüfung eine Gesamtzustandsnote ≥ 2,8 ergeben hat. Das Auswahlkriterium wurde bei den Bauwerken auf die Gesamtzustandsnote beschränkt, da dieses bereits eine Gewichtung für die verschiedenen Bauteilgruppen enthält und nur Schäden, die einen wesentlichen Einfluss auf den Zustand des Gesamtbauwerks besitzen mit einer Gesamtzustandsnote ≥ 2,8 bewertet sein sollten.

Jede dieser potenziellen Maßnahmen an Fahrbahnen bzw. Bauwerken wird in der Grundliste des KEB in einer eigenen Zeile als Maßnahmenvorschlag dargestellt.

Die Reihung der Maßnahmenvorschläge entspricht bei den Fahrbahnen der Dringlichkeitsreihung nach dem Verfahren der VEP. Die Dringlichkeitsreihung bei den Bauwerken erfolgt nach der Gesamtzustandsnote. Andere entscheidungsrelevante Kriterien, wie z. B. der Straßenaufbau bzw. die letzte durchgeführte Maßnahme sowie Perspektiven Dritter (z. B. Gemeinde), werden bei der automatischen Generierung des Erhaltungsprogramms außer Acht gelassen. Ebenso werden den Erhaltungsabschnitten noch keine konkreten Maßnahmenarten oder Kosten zugewiesen. Diese Zuweisung wird erst bei der Aufstellung des Bauprogramms durch die Staatlichen Bauämter vorgenommen. Dabei stehen ingenieurmäßige Kriterien im Vordergrund.

Bild 6: Koordiniertes Erhaltungs- und Bauprogramm (KEB)

Bei der Aufstellung des Bauprogramms durch die Staatlichen Bauämter müssen in einem ersten Schritt die Maßnahmenvorschläge in den Grundlisten auf Plausibilität geprüft werden. Die Maßnahmenvorschläge können dann gegebenenfalls ergänzt bzw. unter Angabe von Gründen in ihrer Dringlichkeit verändert werden. Zudem können die Grenzen der Erhaltungsabschnitte an die lokalen Gegebenheiten angepasst und die Maßnahmenarten nach ingenieurmäßigen Kriterien den Abschnitten zugeordnet werden. Darüber hinaus werden die Maßnahmenkosten bestimmt sowie die Realisierungsjahre anhand der vorgegebenen Budgets festgelegt. Die Umsetzung führt schließlich zu einem konkreten Bauprogramm für Fahrbahnen und Bauwerke mit amtsinterner Dringlichkeitsreihung auf Basis der automatisch gebildeten Maßnahmenvorschläge. Große Bedeutung hat dabei die Dokumentation der getroffenen Entscheidungen. Es muss dokumentiert werden, weshalb Maßnahmen zurückgestellt werden oder warum Maßnahmen in ihrer vorgeschlagenen Dringlichkeit verändert werden oder warum außerhalb der Maßnahmenvorschläge neue Projekte vorgezogen werden. Den Rahmen für das KEB bilden die strategischen Zielvorgaben wie z. B. Budgetrahmen der Erhaltungsmittel oder angestrebter Straßenzustand.

4.2 Gliederung der KEB-Tabellen

Die vertikale Gliederung der KEB-Liste ist in unterschiedlichen Blöcken aufgebaut. Die ersten beiden Blöcke der KEB-Excel-Liste enthalten in der vertikalen Gliederung die vorgeschlagenen sanierungswürdigen VEP-Streckenabschnitte sowie die Bauwerke, für die Erhaltungsmaßnahmen aufgrund der Gesamtzustandsnote erforderlich erscheinen. In den weiteren Blöcken werden die geplanten und die durchgeführten Maßnahmen dargestellt.

Bild 7: Vertikale Gliederung der KEB-Excel-Liste

Über die Kostenspalten ergibt sich eine erste Reihung für die Abarbeitung der Maßnahmen, wobei im Controlling-Bereich über die farbliche Darstellung angezeigt wird, zu welchem Prozentsatz die Abarbeitung erfolgt ist. Der Summenblock unterhalb der Kosten der Einzelmaßnahmen dient zur Übersicht, ob das verfügbare Budget eingehalten wurde.

Die horizontale Gliederung unterteilt die KEB-Excel-Liste in

  • Maßnahmen, die bereits in vergangenen Jahren begonnen oder durchgeführt wurden,
  • Maßnahmen, die mittelfristig in einem fortlaufenden 4-Jahreszeitraum vorgesehen sind,
  • Maßnahmen, die trotz Bedarf im laufenden 4-Jahreszeitraum nicht finanzierbar sind. Diese Maßnahmen werden im KEB dargestellt, um den aus technischer Sicht geforderten Erhaltungsbedarf zu dokumentieren,
  • Maßnahmevorschläge, die nicht als vordringlich erachtet und daher zurückgestellt werden,
  • Maßnahmen, durch die Maßnahmenvorschläge umgesetzt werden, die jedoch nicht aus den Haushaltsmitteln der Bestandserhaltung finanziert werden.

Die horizontale Gliederung ermöglicht somit einen guten Überblick über die Erhaltungsplanung in den Staatlichen Bauämtern.

Bild 8: Horizontale Gliederung der KEB-Excel-Liste

4.3 Koordination und Controlling des KEB

Die entsprechenden Grundlisten des KEB für die Bundesstraßen und Staatsstraßen wurden nach dem jeweiligen Vorliegen der Ergebnisse der Zustandserfassung und -bewertung (ZEB) 2007 erstmals im Jahr 2008 an die zuständigen Staatlichen Bauämter in Bayern verteilt. Das KEB wurde anschließend von den Staatlichen Bauämtern erstmals erstellt.

Im Rahmen eines effizienten Erhaltungsmanagements übernehmen die Regierungen die fachliche und organisatorische Koordination des KEB. Nach Erstellung und Fortschreibung der KEB-Listen durch die Staatlichen Bauämter haben die Regierungen einen Monat Zeit, die Programme der Bauämter gemäß den getroffenen Abstimmungen zu analysieren und damit die Grundlage für weitere zielgerechte Entscheidungen vorzubereiten.

Die Regierungen übermitteln der Obersten Baubehörde zeitnah die wesentlichen Ergebnisse des Controllings.

Damit Anpassungen und Ergänzungen an den KEB-Excel-Listen bayernweit einheitlich erfolgen, werden diese in der Regel zentral durch die Oberste Baubehörde vorgenommen. Um eine größtmögliche Kontinuität bei der Führung der KEB-Excel-Listen zu ermöglichen, beschränken sich diese auf den zwingend notwendigen Umfang.

Die bayernweite Einführung des KEB für Bundes- und Staatsstraßen ermöglicht eine Analyse und ein Controlling der Erhaltungsprogramme der Staatlichen Bauämter. Das Controlling beschränkt sich dabei in erster Linie auf die strategischen Ziele („Werden die richtigen Dinge getan?“). Eine detaillierte Einzelbetrachtung der Projektplanung (z. B. gewählte Maßnahmenart) von Seiten der Obersten Baubehörde ist bisher nicht vorgesehen.

Wichtigste Grundvoraussetzung für ein aussagekräftiges Controlling ist eine einheitliche Datenbasis. Vordringlich ist beim KEB zu analysieren, ob ausreichend begründet und dokumentiert ist,

  • weshalb Maßnahmen zurückgestellt werden oder
  • warum Maßnahmen in ihrer vorgeschlagenen Dringlichkeit verändert werden oder
  • warum außerhalb der Maßnahmenvorschläge neue Projekte vorgezogen werden.

Bild 9: Abwicklung des Koordinierten Erhaltungs- und Bauprogramms (KEB)

Für darüber hinausgehende Analysen der KEB-Listen wachsen die Anforderungen an die Datenbasis mit den Anforderungen an die Qualität der Auswertungen. Verbesserungen der Datenbasis durch verstärkte Plausibilitätskontrollen der Datensätze sind hier möglich und notwendig.

Hinsichtlich der Analyse der KEB-Excel-Listen wird sich die Oberste Baubehörde bei der Auswertung relevanter Kennzahlen auf wenige „globale“ Schlüsselkennzahlen beschränken, mit denen ein Ämtervergleich möglich ist (Benchmarking). Aufgrund der unter Abschnitt 5 näher beschriebenen Veränderung bei der Mittelverteilung orientieren sich die Erhaltungsmittel künftig in etwa zur Hälfte am Umfang der Maßnahmenvorschläge und somit am Umfang der Grundlisten beim KEB. Daraus lässt sich im Rahmen des Controllings die Zielvorgabe ableiten, dass in den jeweiligen Haushaltsjahren auch möglichst viele Maßnahmenvorschläge aus der KEB-Grundliste durchgeführt werden.

Darüber hinaus ermöglichen die KEB-Excel-Listen auch weitere Datenauswertungen. Beispielsweise können für die Bundes- und Staatsstraßen durchschnittliche Maßnahmekosten für die Bestandserhaltung getrennt nach Maßnahmenart ermittelt werden. Ein rascher Überblick über die Erhaltungsplanung der Staatlichen Bauämter ist zudem sehr hilfreich, wenn Anfragen zur Bestandserhaltung zu beantworten sind.

Bereits heute zeigt sich zudem, dass mit Hilfe des KEB eine zielorientierte Abwicklung der Straßenerhaltung für Fahrbahnen und Bauwerke geleistet werden kann, wenn sich die Randbedingungen kurzfristig verändern – z. B. durch die Bereitstellung zusätzlicher Finanzmittel im Rahmen von Konjunkturprogrammen.

5 Steuerung des Mitteleinsatzes in der Bestandserhaltung

5.1 Anlass

Auf der strategischen Ebene wurden im Jahr 2008 weitergehende Auswertungen des Zustandes auf der Netzebene realisiert. Zu diesen Auswertungen auf der strategischen Ebene zählten u. a.:

Analysen auf Basis der Ergebnisse der ZEB 2007:

  • Statistische Vergleichsanalysen der Zustandsgrößen und Zustandswerte (Vergleich von Zustandsmittelwerten),
  • Häufigkeitsverteilungen der Zustandswerte (geostatistische Zustandsanalyse),
  • Quantilenanalyse (Grenzwerte, Netzbezogener Zustandsvergleich, Quantilenkarten),
  • Dynamische Zustandsanalyse (Kampagnenvergleich).

Analysen auf Basis der Ergebnisse der VEP:

  • Statistische Vergleichsanalysen der VEP (Vergleiche von Erhaltungsabschnitten),
  • Homogenitätsanalyse („Erhaltungsfreundlichkeit“).

Bei diesen Analysen zeigten sich starke regionale Unterschiede im Zustandsniveau. Vor allem aus diesem Grund wurde der bisherige Verteilungsschlüssel für die Bestandserhaltung der Staats- und Bundesstraßen mit dem Ziel weiterentwickelt, die zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel auf Grundlage objektiver Maßstäbe noch effektiver und bedarfsgerechter einzusetzen.

5.2 Bisheriger Verteilungsschlüssel

Die Bestandserhaltungsmittel wurden bisher im Wesentlichen anteilig nach Straßenfläche auf die einzelnen Regierungsbezirke aufgeteilt.

Bei den Staatsstraßen erfolgte die Mittelverteilung nach der Netzlänge. Zusätzlich fand seit einigen Jahren auch der Straßenzustand Berücksichtigung. Hierzu wurden die Netzanteile mit den Mittelwerten der ZEB 2002/2003 gewichtet. Die Gewichtungsfaktoren waren allerdings so stark abgeschwächt, dass die Unterschiede gegenüber einer reinen Mittelverteilung nach Netzlänge auf Regierungsbezirksebene nur unwesentlich waren.

Bei den Bundesstraßen lagen der Mittelverteilung ausschließlich die sogenannten Bewertungslängen zugrunde, die sich aus der Netzlänge und der Streifigkeit ableiten lassen.

5.3 Anforderungen an den weiterentwickelten Verteilungsschlüssel

Die Anforderungen, die vor Erarbeitung des neuen Verteilungsschlüssels der Bestandserhaltungsmittel definiert wurden, waren hoch. Insbesondere galt es, die Gebiete mit einem schlechten Fahrbahn- und Bauwerkszustand spürbar stärker als bisher zu berücksichtigen. Gleichzeitig jedoch sollten die Mittel auch weiterhin dorthin fließen, wo viel Streckenlänge und Bauwerksfläche zu erhalten ist, um den Staatlichen Bauämtern eine weitgehend nachhaltige Erhaltungsstrategie ihres Netzes zu ermöglichen. Ein weiteres Ziel war, dass möglichst viele Straßenbenutzer von der neuen Verteilung profitieren, ohne dass dabei der ländliche Raum außer Acht gelassen wird. Im Hinblick auf die personelle Ausstattung der Staatlichen Bauämter bestand die Vorgabe, Stärkungen bzw. Schwächungen des bisherigen Erhaltungsbudgets in einem umsetzbaren Rahmen zu halten.

Trotz dieser zahlreichen Einflussfaktoren und zu beachtenden Randbedingungen sollte der Verteilungsschlüssel letztlich noch einfach vermittelbar und transparent sein.

Aufgrund der vielen, sich teilweise widersprechenden Anforderungen mussten Kompromisse geschlossen werden. So fanden nicht alle der ursprünglich diskutierten Einflussfaktoren, wie beispielsweise das Unfallgeschehen oder der Ausbaustandard, ihre Berücksichtigung im überarbeiteten Schlüssel.

5.4 Neuer Verteilungsschlüssel bei den Staatsstraßen

Im Ergebnis weicht der weiterentwickelte Verteilungsschlüssel bei der Staatsstraßenerhaltung vom bisherigen dadurch ab, dass er neben einer stärkeren Gewichtung des Straßenzustandes auch die Verkehrsbelastung, differenziert nach Kraftfahrzeug- und Schwerverkehr, sowie den Bestand und den Zustand der Ingenieurbauwerke angemessen berücksichtigt. Konkret erfolgt die Verteilung der Staatsstraßenbestandserhaltungsmittel auf die Staatlichen Bauämter zukünftig nach folgendem Schlüssel:

  • 40 % werden nach der Bewertungslänge (Streckenlänge und Streifigkeit) und der jeweiligen Verkehrsleistung (Netzlänge multipliziert mit der Verkehrsbelastung) verteilt. Dabei wird die Bewertungslänge zur Hälfte sowie die Verkehrsbelastung durch Kraftfahrzeuge und die Verkehrsbelastung durch Schwerverkehr jeweils zu einem Viertel berücksichtigt.
  • 40 % werden nach dem Fahrbahnzustand verteilt. Verteilungsmaßstab sind dabei die auf Basis der Ergebnisse der ZEB 2007 mit dem Verfahren der Verbesserten Erhaltungsplanung (VEP) errechneten Erhaltungsabschnitte. Bei diesem Verfahren werden aus der ungeheuren Fülle der ZEB-Daten Streckenabschnitte mit einer Mindestlänge von 500 m herausgefiltert, die sich in einem sanierungsbedürftigen Zustand befinden. Diese zentral errechneten Erhaltungsabschnitte finden auch Eingang in das Koordinierte Erhaltungs- und Bauprogramm. Somit werden die von den Staatlichen Bauämtern abzuarbeitenden Erhaltungsvorschläge finanziell zumindest mit einem Sockelbetrag entsprechend ihrer bayernweiten Anteile dotiert.
  • Zusätzlich wird auf Grundlage der beiden vergangenen Zustandserfassungen und -bewertungen in den Jahren 2002/2003 und 2007 ein Faktor für die Zustandsentwicklung berücksichtigt. Dadurch werden die Staatlichen Bauämter bei der Mittelvergabe stärker bedacht, in deren Zuständigkeitsbereich sich der Zustand in diesem Zeitraum besonders schnell verschlechtert hat.
  • 10 % werden nach der Bauwerksfläche verteilt, wodurch der gegenüber der Fahrbahn höhere Erhaltungsbedarf der Bauwerke Berücksichtigung findet.
  • 10 % werden nach dem Bauwerkszustand anhand der Ergebnisse der turnusmäßigen Bauwerksprüfungen verteilt. Verteilungsmaßstab hierbei ist die Fläche der Brücken, deren Gesamtzustandsnote 2,8 oder schlechter ist. Dies entspricht nach dem Technischen Regelwerk gerade noch der Kategorie „ausreichender Bauwerkszustand“ (Note 2,5 – 2,9) bzw. schon den Kategorien „nicht ausreichender“ (Note 3,0 – 3,4) oder „ungenügender Bauwerkszustand“(Note 3,5 – 4,0). Mit diesem Ansatz soll den kurzfristig anstehenden aufwendigen Bauwerkssanierungen finanziell Rechnung getragen werden. Auch diese sanierungsbedürftigen Bauwerke werden ins oben angeführte Koordinierte Erhaltungs- und Bauprogramm übernommen und müssen bei der Aufstellung der Erhaltungsprogramme von den Staatlichen Bauämtern berücksichtigt werden.

Insgesamt werden damit die Mittel für die Erhaltung der Fahrbahnen und Ingenieurbauwerke künftig jeweils zur Hälfte bestandsorientiert und zustandsbezogen verteilt. Die Aufteilung der Anteile zwischen Fahrbahnen und Ingenieurbauwerken im Verhältnis 80 % zu 20 % orientiert sich an den Erfahrungswerten bei der Staatsstraßenerhaltung der vergangenen Jahre.

Bild 10: Zusammenfassende Darstellung der Verteilung der Bestandserhaltungsmittel bei den Staatsstraßen

5.5 Neuer Verteilungsschlüssel bei den Bundesstraßen

Der weiterentwickelte Verteilungsschlüssel bei den Bundesstraßen entspricht im Wesentlichen dem der Staatsstraßen. Entscheidender Unterschied ist die Aufteilung der Anteile zwischen Fahrbahnen und Ingenieurbauwerken. Diese erfolgt im Verhältnis 75 % zu 25 %. Damit wird dem höheren Brückenflächenanteil und -erhaltungsbedarf auf Bundesstraßen gegenüber dem auf Staatsstraßen Rechnung getragen.

5.6 Ausblick

Die aktuell ermittelten Verteilungsschlüssel für die Bestandserhaltungsmittel werden erstmals in diesem Jahr angewendet und sollen bis zum Vorliegen der Ergebnisse der nächsten Zustandserfassung und -bewertung, die im Jahr 2011 sowohl auf Bundes- als auch auf Staatsstraßen durchgeführt wird, beibehalten werden. Anhand der dann vorliegenden Ergebnisse werden die Verteilungsschlüssel einer Erfolgskontrolle unterzogen und an die neuen Rahmenbedingungen angepasst werden.

6 Zustandsprognosen

Neben der durchgeführten Optimierung des Mitteleinsatzes auf Grundlage der bekannten Zustandsentwicklungen wird im Bereich der Bayerischen Straßenbauverwaltung angestrebt, ein Verfahren zur langfristigen Prognose des Erhaltungsbedarfs bei den festgelegten Qualitätsanforderungen an den Fahrbahnzustand zu implementieren. Hierdurch sollen die Auswirkungen eines bestimmten Mitteleinsatzes auf die Entwicklung des Zustandes des Gesamtstraßennetzes vorab abgeschätzt und mit Hilfe der tatsächlichen Entwicklung verifiziert werden.

6.1 Zustandsprognosen mit Hilfe stochastischer Ansätze

Bisher wurden für die Prognose des Zustands an Abschnitten ohne Maßnahmen u. a. folgende stochastische Verfahren angewandt:

  • Ermittlung der Klassenübergänge anhand einer Übergangsmatrix (Markow-Kette). Dieses Verfahren wurde für die Griffigkeit eingesetzt.
  • Ermittlung eines Faktors für die Zustandsverschlechterung anhand einer Wahrscheinlichkeitsverteilung. Dieses Verfahren wurde für die Allgemeine Unebenheit eingesetzt.
  • Ermittlung eines Aufschlags zur Zustandsverschlechterung anhand einer Wahrscheinlichkeitsverteilung. Dieses Verfahren wurde für die Spurrinnentiefe eingesetzt.
  • Ermittlung eines Aufschlags zur Zustandsverschlechterung anhand einer Wahrscheinlichkeitsverteilung unter gleichzeitiger Berücksichtigung der Wahrscheinlichkeit, dass ein Wert 0 bleibt. Dieses Verfahren wurde für die Fiktive Wassertiefe, für die Flickstellen und für die Netzrisse eingesetzt.

6.2 Zustandsprognosen mit Hilfe Neuronaler Netze

Neben diesen bekannten Ansätzen besteht die Möglichkeit, Zustandsprognosen auch auf der Basis von Neuronalen Netzen zu erstellen.

Die Methodik Neuronaler Netze lehnt sich an biologische Informationsverarbeitungsprozesse im Gehirn an – daher auch der Name. Neuronale Netze sind in der Lage, selbständig aus Erfahrung Zustandsdaten oder auch Finanzdaten, Verkaufsdaten usw. zu erkennen und stellen so ein flexibel handhabbares Werkzeug der Prognosetechnik dar.

Innerhalb eines Neuronalen Netzes werden künstliche Neuronen (Nervenzellen) als Grundelemente der Informationsverarbeitung in Schichten organisiert, wobei jedes Neuron mit anderen Neuronen – in der Regel denen der nachgelagerten Schicht – verbunden ist. Dadurch lassen sich auch hochgradig nicht-lineare und komplexe Zusammenhänge ohne spezifisches Vorwissen über die etwaige Richtung und das Ausmaß der Wirkungsbeziehungen zwischen einer Vielzahl von Variablen modellieren. Zum Erlernen von Strukturen wird das Neuronale Netz zunächst in einer sogenannten Trainingsphase mit beobachteten Daten „gefüttert“. Nach der Trainingsphase ist das Netz konfiguriert und kann für die Analyse neuer Daten eingesetzt werden.

Für die untersuchten Lernverfahren im Bereich der Zustandserhaltung kommen Backpropagation-Netze zum Einsatz, bei denen die einzelnen Musterdaten auf das Netz gelegt, die Soll- mit den Ist-Ausgaben verglichen und über den ermittelten „Fehler“ Korrekturen an den Gewichten der einzelnen Neuronen vorgenommen werden.

Bild 11: Training von Neuronalen Netzen und Prognose

Die seit 2008 aus den drei letzten Erfassungskampagnen an Bundes- und Staatsstraßen zur Verfügung stehenden Daten werden genutzt, um mit Hilfe Neuronaler Netze Prognosen zur Zustandsentwicklung treffen zu können. Das Bild 12 zeigt das Ergebnis eines solchen Rechenlaufs, bei dem die normierten Soll- und Istwerte einer Zustandsgröße entlang eines Straßenabschnitts gegenüber gestellt werden.

Bild 12: Rechenergebnisse einer Zustandsprognose (Soll- Ist-Vergleich)

Besonders hilfreich ist bei der Anwendung Neuronaler Netze vor allem, dass für die Prognose auch mehrere Zustandsgrößen miteinander verbunden werden können und so gegenseitige Abhängigkeiten unterschiedlicher Parameter in die Prognose mit einfliesen.

Aus den zwischenzeitlich vorliegenden Untersuchungsergebnissen wird deutlich, dass die gewählten Ansätze in der Lage sind, Zustandsentwicklungen realitätsnah zu prognostizieren.

7 Ausblick

Die Bayerische Straßenbauverwaltung hat in den vergangenen Jahren das systematische Erhaltungsmanagement kontinuierlich ausgebaut. Sie wird mit zukunftsorientierten Ansätzen auch in den nächsten Jahren ihren hohen Wissenstand weiter verbessern.