FGSV-Nr. FGSV 002/93
Ort Bamberg
Datum 12.02.2009
Titel Zustand der Verkehrswegeinfrastruktur aus Sicht eines Bundeslandes
Autoren MR Dipl.-Ing. Roland Degelmann
Kategorien Infrastrukturmanagement
Einleitung

Die Ergebnisse der aktuellsten Zustandserfassung und -bewertung in Bayern zeigen – neben einem insgesamt besseren Straßenzustand der Bundesstraßen gegenüber dem der Staatsstraßen sowohl bei den Bundes- als auch bei den Staatsstraßen innerhalb des vergangenen Jahrzehnts eine geringfügige Verbesserung des für die Befahrbarkeit und Verkehrssicherheit relevanten Gebrauchswertes. Allerdings wird auch eine signifikante Verschlechterung des Substanzwertes, der als Indikator für die Entwicklung des Anlagevermögens der Straßen herangezogen werden kann, deutlich.

Generell lässt sich somit feststellen, dass es der bayerischen Straßenbauverwaltung mit dem verfügbaren Finanzrahmen in den vergangenen Jahren noch gelungen ist, den Verkehrsteilnehmern eine Infrastruktur mit tendenziell leicht verbesserter Oberflächenqualität zur Verfügung zu stellen. Gleichwohl ist die Erhaltung des Gesamtnetzes in dieser Weise langfristig nicht ausreichend, weil die kontinuierliche Verschlechterung der Substanz durch die steigende Beanspruchung der Straßen, vor allem durch den Schwerverkehr, bei einer solchen Entwicklung immer häufiger zu baulichen Unterhaltungsmaßnahmen mit deutlich steigenden Kostenansätzen pro Kilometer führen wird.

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1 Ausgangssituation

Das ca. 23 000 km lange Netz der Bundesfern- und Staatsstraßen in Bayern stellt ein Anlagevermögen von über 40 Mrd. € dar. Dieses gilt es dauerhaft zu erhalten. Dabei sind die verfügbaren Haushaltsmittel möglichst effektiv einzusetzen und Werkzeuge wie die Zustandserfassung und -bewertung (ZEB) der Straßen sowie die Ergebnisse der Bauwerksprüfungen konsequent heranzuziehen. Auch vor dem Hintergrund der weiterhin zunehmenden Verkehrsbelastung muss der Erhaltung des bestehenden Straßennetzes zunehmend mehr Bedeutung beigemessen werden. So kommt eine aktuelle, vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung beauftragte Studie zu dem Ergebnis, dass bundesweit die Verkehrsleistungen bis zum Jahr 2025 deutlich zunehmen werden. Insbesondere im Güterfernverkehr, beim grenzüberschreitenden Güterverkehr sowie beim Gütertransitverkehr ist auf der Straße mit starken Zuwächsen zu rechnen [1]. Diese Zuwächse werden Bayern aufgrund der gegenüber dem Bundestrend weiter wachsenden Bevölkerung, der überdurchschnittlichen Wirtschaftsentwicklung sowie der zentralen Lage in besonderem Maße treffen.

Mit dieser Verkehrsentwicklung geht eine künftig noch stärkere Beanspruchung der Straßen und Ingenieurbauwerke einher, durch die sich der Verschleiß entsprechend erhöhen wird.

Um vor diesem Hintergrund auch in Zukunft eine ausreichende Infrastruktur anbieten zu können, ist ein möglichst umfassendes Wissen über den aktuellen Zustand aller Anlagenbestandteile und die für diese zu erwartende Zustandsentwicklung zwingend.

2 Zustandserfassung und -bewertung (ZEB) der Fahrbahnen

Seit 1992 werden in Bayern in regelmäßigem Turnus Zustandserfassungen und -bewertungen des qualifizierten Straßennetzes durchgeführt. Diese bilden die Grundlage für die Darstellung der Zustandsentwicklung und die Prognose von Tendenzen für die Zukunft. Die ZEB ist damit wesentlicher Bestandteil des Erhaltungsmanagements. Sie ermöglicht es, die Erhaltungsstrategie an konkreten und damit überprüfbaren Zielen auszurichten und stellt ein effektives Controlling sicher.

Bild 1: Durchgeführte und geplante ZEB-Kampagnen in Bayern

Im Rahmen der ZEB wird der Straßenzustand netzweit lückenlos anhand der vier Hauptmerkmale

  • Längsebenheit,
  • Querebenheit (Spurrinnentiefe und fiktive Wassertiefe),
  • Griffigkeit und
  • Oberflächenschäden (Netzrisse und Flickstellen)

erfasst. Die Daten (Zustandsgrößen) werden mit Spezial-Fahrzeugen im fließenden Verkehr gewonnen. Für die Bewertung werden die gemessenen Zustandsgrößen nach einem bundesweit einheitlichen Bewertungsverfahren in dimensionslose Zustandswerte umgewandelt, die mit den Noten 1 bis 5 dargestellt werden.

Über Gewichtungs- und Verknüpfungsvorschriften werden die Teilwerte

  • „Gebrauchswert“ (= Zusammenfassung der für den Gebrauch der Straße und die Verkehrssicherheit relevanten Zustandswerte Längsebenheit, Spurrinnentiefe, fiktive Wassertiefe und Griffigkeit) sowie
  • „Substanzwert“ (= Zusammenfassung der für die Substanz und den Zustand der Straße wichtigen Zustandswerte Längsebenheit, Spurrinnentiefe, Netzrisse und Flickstellen)

ermittelt.

Aus dem Gebrauchswert und dem Substanzwert wird der „Gesamtwert“ gebildet.

Für die Beschreibung des Straßenzustands und die Beurteilung erforderlicher Sanierungsmaßnahmen werden 1,5-, Warn- und Schwellenwerte herangezogen.

  • Der „1,5-Wert“ (Note 1,5) entspricht in der Regel dem Abnahmewert nach Durchführung einer Baumaßnahme.
  • Der „Warnwert“ (Note 3,5) beschreibt einen Zustand, dessen Erreichen bzw. Überschreiten Anlass zu intensiver Beobachtung und Analyse der Ursachen gibt. Die Überschreitung führt gegebenenfalls zur Planung geeigneter Erhaltungsmaßnahmen.
  • Der „Schwellenwert“ (Note 4,5) beschreibt einen Zustand, bei dessen Erreichen bzw. Überschreiten die Einleitung von baulichen oder bis dahin verkehrsbeschränkenden Maßnahmen geprüft werden muss.

Auf der Grundlage der Ergebnisse der ZEB erstellen die Staatlichen Bauämter Erhaltungs- und Bauprogramme zum Einsatz der jährlich für die Erhaltung zur Verfügung stehenden Mittel.

3 Ergebnisse der ZEB 2007

Aufbauend auf der Ermittlung der Zustandswerte werden statistische Auswertungen für sämtliche Landkreise, Bauämter, Regierungsbezirke und für ganz Bayern durchgeführt. Mit den Ergebnissen der Zustandserfassungen 2007 besteht nun außerdem erstmals die Möglichkeit, die Veränderungen auf Bundes- und Staatsstraßen innerhalb eines Zeitraums von einem Jahrzehnt zu dokumentieren und die weitere Entwicklung des Zustandes abzuschätzen. Nachfolgend werden die Ergebnisse der ZEB 2007 und der Zustandsentwicklung auf Bundes- und Staatsstraßen aufgezeigt. Auf die Darstellung der Zustandsentwicklung auf den Bundesautobahnen wird wegen der in diesem Jahr anstehenden Messkampagne und den dementsprechend in Kürze vorliegenden aktualisierten Ergebnissen verzichtet.

3.1 Ergebnisse der ZEB auf Bundesstraßen

Der Vergleich der Zustandswerte 1999, 2003 und 2007 verdeutlicht, dass sich der für die Befahrbarkeit und Verkehrssicherheit relevante Gebrauchswert des bayerischen Bundesstraßennetzes im 3-Kampagnenvergleich (1999, 2003 und 2007) geringfügig von 2,28 (1999) und 2,33 (2003) auf 2,23 (2007) verbessert hat. Besorgniserregend stellt sich die signifikante Verschlechterung des Substanzwertes, der als Indikator für die Entwicklung des Anlagevermögens der Straßen herangezogen werden kann, von 2,31 (1999) und 2,28 (2003) auf 2,61 (2007) dar. Diese Entwicklung, insbesondere von 2003 bis 2007, verdeutlicht, dass sich mit den verfügbaren Mitteln lediglich eine Verbesserung an der Oberfläche der Straßen hat erreichen lassen, was sich jedoch positiv vor allem auf die Verkehrssicherheit und den Fahrtkomfort für den Kraftfahrer auswirkt.

Anhand von so genannten Blasendiagrammen können die Veränderungen der Mittelwerte der verschiedenen Indikatoren zwischen zwei ZEB-Kampagnen für alle Staatlichen Bauämter gleichzeitig visualisiert werden, wobei die Größe der Blase Aufschluss über die jeweilige Netzlänge eines Bauamtes gibt. In den dargestellten Blasendiagrammen wird deutlich, dass sowohl beim Gebrauchs- als auch beim Substanzwert die Unterschiede zwischen einzelnen Bauämtern sehr groß sind. Besonders bedenklich ist die bei allen Staatlichen Bauämtern eingetretene Verschlechterung des Substanzwertes zwischen den Messkampagnen 2003 und 2007.

Bild 2: Kampagnenvergleich ZEB 1999 – 2003 – 2007 auf Bundesstraßen, Mittelwerte beziehen sich auf die Schnittmenge der in den Kampagnen befahrenen Streckenanteile

Bild 3: Mittelwerte der Gebrauchswerte der Staatlichen Bauämter 1999 – 2007 auf Bundesstraßen

Bild 4: Mittelwerte der Substanzwerte der Staatlichen Bauämter 1999 – 2007 auf Bundesstraßen

Neben den Mittelwerten für den Gebrauchs-, Substanz- und Gesamtwert stellen die Häufigkeitsverteilungen zu den einzelnen Indikatoren eine wichtige Grundlage für die Zustandsanalysen dar. Die Häufigkeitsverteilung wird auf Basis der 4 Zustandsklassen

  • besser als 1,5-Wert,
  • zwischen 1,5 und Warnwert,
  • zwischen Warn- und Schwellenwert,
  • über Schwellenwert

ermittelt und für die verschiedenen Zustandsindikatoren zusammengestellt. Anhand der Häufigkeitsverteilung des Substanzwertes können Aussagen zum regional erforderlichen Nachholbedarf bei der Erhaltung abgeleitet werden.

Bild 5: Mittelwerte der Substanzwerte der Staatlichen Bauämter 2003 bis 2007 auf Bundesstraßen

Bild 6: Häufigkeitsverteilung des Substanzwerts in den Regierungsbezirken auf Bundesstraßen

3.2 Ergebnisse der ZEB auf Staatsstraßen

Auf dem bayerischen Staatsstraßennetz wurden in den Jahren 1996/1998, 2002/03 und 2007 insgesamt drei Messkampagnen zur Zustandserfassung durchgeführt.

Der Gebrauchswert wies bei der ersten Messkampagne 1996/98 einen Mittelwert von 2,98 auf. Im Zeitraum bis zur zweiten Messkampagne 2002/2003 verbesserte sich dieser auf 2,79. Bei der letzen Messkampagne im Jahr 2007 wurde ein mittlerer Gebrauchswert von 2,88 ermittelt. Er liegt damit heute geringfügig besser als bei der Zustandserfassung in den Jahren 1996/1998.

Der Substanzwert wies bei der ersten Messkampagne 1996/1998 einen Mittelwert von 2,88 auf. Im Zeitraum bis zur zweiten Messkampagne 2002/2003 verschlechterte er sich auf 3,07. Die aktuellen Messungen aus dem Jahr 2007 zeigen, dass sich die Substanz der Staatsstraßen weiter deutlich verschlechtert hat, auf jetzt 3,46.

Damit hat sich auch der Gesamtwert im Betrachtungszeitraum von 3,34 (1996/98) nach einer geringfügigen Verbesserung auf 3,30 (2002/03) aktuell auf 3,61 (2007) verschlechtert.

Ein Vergleich der Daten nach den einzelnen Regierungsbezirken zeigt, dass bei Gebrauchs- und Substanzwert nur geringfügige Unterschiede zur gesamtbayerischen Entwicklung zu erkennen sind. Gänzlich gegenläufige Entwicklungen zur Gesamtentwicklung Bayerns sind in keinem der Regierungsbezirke festzustellen.

Im Ämtervergleich sind zwar erhebliche Unterschiede der Mittelwerte vorhanden, die negative Entwicklung ist jedoch insbesondere beim Substanzwert bayernweit einheitlich erkennbar.

Bild 7: Kampagnenvergleich ZEB 1996/98 – 2002/03 – 2007 auf Staatsstraßen, Mittelwerte beziehen sich auf die Schnittmenge der in allen Kampagnen befahrenen Streckenanteile

Bild 8: Kampagnenvergleich ZEB 1996/98 – 2002/03 – 2007 auf Staatsstraßen, Mittel der Substanzwerte in den Regierungsbezirken, Werte beziehen sich auf die Schnittmenge der in allen Kampagnen befahrenen Netzanteile

Bild 9: Mittelwerte der Substanzwerte der Staatlichen Bauämter 1996/98 – 2007 auf Staatsstraßen

3.3 Vergleich der ZEB-Ergebnisse auf Bundes- und Staatsstraßen in Bayern

Eine netzweite Betrachtung des Bundes- mit dem Staatsstraßennetz in Bayern zeigt, dass die Mittelwerte der ZEB 2007 bei den Bundesstraßen deutlich über dem Niveau der Staatsstraßen liegen, das heißt der Straßenzustand der Bundesstraßen ist wesentlich besser als der der Staatsstraßen.

Bild 10: Mittelwerte der ZEB 2007, Bundesstraßen und Staatsstraßen (Gesamtnetz)

Erwähnt sei, dass das Gesamtnetz alle befahrenen Streckenabschnitte der ZEB 2007 enthält. Geringfügig abweichende Zahlenwerte zu den Kampagnenvergleichen (Gliederungspunkte 3.1 und 3.2) ergeben sich daraus, dass bei den Kampagnenvergleichen jeweils nur die Schnittmenge der in allen drei Kampagnen befahrenen Streckenanteile betrachtet wird.

Auch bei differenzierter Betrachtung der Mittelwerte der ZEB 2007 in allen Regierungsbezirken wird deutlich, dass der Zustand der Staatsstraßen in ganz Bayern erheblich kritischer ist als der Zustand der Bundesstraßen.

Bild 11: Mittelwerte der ZEB 2007 bezogen auf die Regierungsbezirke, Bund und Land (Gesamtnetz)

3.4 Fazit

Generell lässt sich feststellen, dass es der Bayerischen Straßenbauverwaltung in den vergangenen Jahren noch gelungen ist, den Verkehrsteilnehmern eine Infrastruktur mit tendenziell leicht verbesserter Oberflächenqualität zur Verfügung zu stellen. Gleichwohl ist die Erhaltung des Gesamtnetzes in dieser Weise langfristig nicht ausreichend, weil die kontinuierliche Verschlechterung der Substanz durch die steigende Beanspruchung der Straßen, vor allem durch den Schwerverkehr, bei einer solchen Entwicklung immer häufiger zu baulichen Unterhaltungsmaßnahmen mit deutlich steigenden Kostenansätzen pro Kilometer führen wird.

4 Bauwerksprüfungen

Neben dem Wissen um den Fahrbahnzustand und die Entwicklung der sonstigen Anlagenteile ist für eine nachhaltige Straßenerhaltung insbesondere auch die Kenntnis des Zustandes der Ingenieurbauwerke von Bedeutung. Dieser wird anhand von Bauwerksüberwachungen und -prüfungen ermittelt.

Die regelmäßige Bauwerksüberwachung erfolgt im Rahmen der laufenden Beobachtung (2x/Jahr) und der Besichtigung (1x/Jahr) durch das Straßenunterhaltungspersonal. Ergänzend dazu finden turnusmäßige Bauwerksprüfungen statt: eine einfache Prüfung alle drei sowie die Hauptprüfung alle sechs Jahre. Je nach Ereignis können weitere Prüfungen aus besonderem Anlass durchgeführt werden. Bei der Prüfung wird jeder Einzelschaden mit Noten bezüglich der Standsicherheit, der Verkehrssicherheit und der Dauerhaftigkeit bewertet.

Das Ergebnis der Prüfung sind Zustandsnoten zwischen 1 („sehr gut“) und 4 („ungenügend“), die von der Bewertung der Fahrbahnbefestigungen auf Basis der ZEB mit Zustandsnoten zwischen 1 und 5 abweichen.

Bei den Ergebnissen der Bauwerksprüfungen auf dem qualifizierten Straßennetz in Bayern ist, wie bei den Fahrbahnen auch, tendenziell eine negative Zustandsentwicklung in den letzten Jahren festzustellen. Besonders augenfällig ist diese Entwicklung bei Betrachtung der Veränderung der Zustandsnoten nach Brückenflächen der Teilbauwerke auf den Bundesstraßen. Dort nimmt seit 2004 die Brückenfläche mit sehr gutem (Zustandsnoten 1,0 – 1,4) und gutem Zustand (Zustandsnoten 1,5 – 1,9) permanent ab, während die Brückenflächenanteile mit ausreichendem (Zustandsnoten 2,5 – 2,9) bzw. mit nicht ausreichendem (Zustandsnoten 3,0 – 3,4) Zustand kontinuierlich zunehmen, worin sich ein stetig steigender Erhaltungsbedarf und eine älter werdende Altersstruktur der Bauwerke widerspiegelt.

Bild 12: Zustandsentwicklung der Bauwerksflächen im Zuge der Bundesstraßen

5 Umgang mit den Ergebnissen der Zustandserfassungen

5.1 Weitergehende Analysen der Zustandsdaten

Die aggregierten Mittelwerte der ZEB reichen in der Regel nicht vollständig für die systematische Erhaltungsplanung auf Netz- und Objektebene aus. Daher werden den Staatlichen Bauämtern zusätzliche Auswertungen zur ZEB zur Verfügung gestellt. Hierzu gehören umfangreiche Visualisierungen von Zustandsdaten auf Karten und Zustandsprofilen. Sie sind intuitiv verständlich und haben daher eine hohe Akzeptanz. So gehen beispielsweise aus Häufigkeitsverteilungen der einzelnen Zustandsmerkmale entsprechende Entwicklungen im jeweiligen Bauamtsbereich hervor, so dass den Ämtern ein Vergleich mit den bayernweiten Entwicklungen ermöglicht wird. Auch die straßenzugsbezogenen Zustandsänderungsprofile erlauben eine exakte Analyse der Veränderungen der Zustandsgrößen und -werte zwischen den beiden letzten Messkampagnen und können als Grundlage für die Festlegung von Maßnahmenarten bei der Erhaltungsplanung herangezogen werden. Mit Quantilenkarten können regionale Unterschiede einzelner Zustandsgrößen aufgezeigt werden.

Bild 13: Häufigkeitsverteilung der Netzrisse in einem Staatlichen Bauamt

Bild 14: Differenzbetrachtung der Entwicklung ausgewählter Zustandsmerkmale auf einem Straßenzug

Bild 15: Griffigkeits-Quantilenkarte des bayerischen Staatsstraßennetzes

5.2 Abschätzen zukünftiger Zustandsentwicklungen

Anhand von Modellrechnungen kann unter idealisierten Bedingungen abgeschätzt werden, in welcher Weise sich der Straßenzustand künftig in Abhängigkeit von der Mittelvergabe entwickeln wird. Da aus Sicht des Straßenbaulastträgers der Substanzwert als Indikator für das Anlagevermögen der Straßen von besonderem Interesse ist, wird im Folgenden die mittelabhängige Abschätzung der Substanzentwicklung der Staatsstraßen dargestellt:

Bild 16: Prognostizierter Mittelwert des Substanzwertes der ZEB 2011 für Staatsstraßen in Abhängigkeit vom jährlichen Mitteleinsatz

Unter Annahme der gleichen Geschwindigkeit des Alterungsprozesses der Staatsstraßen wie zwischen den Jahren 2003 und 2007 kann der Mittelwert der Substanz von derzeit 3,38 (bezogen auf das Gesamtnetz) bis zur nächsten ZEB 2011 erst ab einem jährlichen Erhaltungsbudget von über 100 Mio. € auf dem jetzigen Niveau gehalten werden. Bei Ansatz der in den vergangenen 10 Jahren durchschnittlich für die Bestandserhaltung eingesetzten etwa 50 Mio.€/Jahr wird sich der Substanzwert weiter auf einen Mittelwert von etwa 3,6 verschlechtern. Werden die Investitionen für die Straßenerhaltung ganz eingestellt, wird dies einen Mittelwert der Substanz von 3,8 im Jahr 2011 nach sich ziehen.

Die Ergebnisse der ZEB zeigen, dass die Alterungsgeschwindigkeit des Staatsstraßennetzes zwischen den Messkampagnen 2002/03 und 2007 schneller war als zwischen den Messkampagnen 1996/98 und 2002/03.

6 Nutzung der vorliegenden Erkenntnisse

Angesichts der geschilderten Entwicklung und der „oberflächlichen“ Erhaltungspraxis in jüngster Vergangenheit ist zu befürchten, dass sich der Alterungsprozess des bayerischen Staatsstraßennetzes weiter beschleunigen wird. In einem solchen Fall wird sich ein weiterer Substanzverfall ohne dauerhaft deutlich erhöhte Erhaltungsansätze nicht verhindern lassen.

Neben ausreichenden Mittelansätzen für die Bestandserhaltung zur Vermeidung einer weiteren Verschlechterung des Straßenzustandes ist gleichzeitig auch dafür Sorge zu tragen, dass die verfügbaren Mittel in optimaler Weise entsprechend dem erkennbaren örtlichen Bedarf investiert werden. Vor dem Hintergrund der regional unterschiedlichen Randbedingungen (Netzlänge, Verkehr, Straßenzustand) hat die Bayerische Straßenbauverwaltung ihr Managementkonzept für die Straßenerhaltung weiter optimiert. Hierzu wurde erstmals 2008 ein sogenanntes Koordiniertes Erhaltungs- und Bauprogramm eingeführt, das die Staatlichen Bauämter bei der mittelfristigen Planung von Erhaltungsmaßnahmen auf Grundlage objektiver Maßstäbe wie Straßen- und Bauwerkszustand unterstützt sowie die Basis für ein Controlling darstellt. Außerdem wurde der Verteilungsschlüssel für die Bestandserhaltung der Bundes- und Staatsstraßen mit dem Ziel weiterentwickelt, die zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel auf Grundlage objektiver Maßstäbe noch effektiver einzusetzen. Dieser weiterentwickelte Verteilungsschlüssel weicht vom bisherigen, im Wesentlichen längenbezogenen Verteilungsschlüssel dadurch ab, dass er neben einer stärkeren Gewichtung des

Straßenzustandes auch die Verkehrsbelastung, differenziert nach Kraftfahrzeug- und Schwerverkehr, sowie den Bestand und den Zustand der Ingenieurbauwerke angemessen berücksichtigt (s. Artikel zum Vortrag „Einführung und Anwendung von Pavement-Management-Systemen – Erfahrungen aus Bayern“ in diesem Tagungsband). Die bayerische Straßenbauverwaltung wird mit Hilfe dieser Werkzeuge die Erhaltung von Fahrbahnen und Bauwerken abwickeln und die sich dabei einstellenden Entwicklungen im Rahmen der nächsten Zustandserfassung und -bewertung im Jahr 2011 verifizieren.

7 Schlussbemerkung

Wir danken Herrn Dr. Heller und den Mitarbeitern der Heller Ingenieurgesellschaft, Darmstadt, für ihre Beratung und Unterstützung beim Aufbau eines umfassenden Erhaltungsmanagements in Bayern.

Literaturverzeichnis

  1. BVU Beratergruppe Verkehr + Umwelt GmbH (Freiburg), ifo Institut für Wirtschaftsprognosen (München), Intraplan Consult (München), PLANCO Consulting GmbH (Essen). Prognose der deutschlandweiten Verkehrsverflechtungen 2025: FE-Nr. 96.0857/2005, Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung. 14. 11. 2007