FGSV-Nr. FGSV C 14
Ort Potsdam
Datum 12.09.2019
Titel Geotechnische Prinzipien bei der Umsetzung der Homogenbereiche nach VOB/C – BAW-Merkblatt MEH
Autoren Dr.-Ing. Jan Kayser, Dipl.-Ing. Oliver Stelzer
Kategorien Erd- und Grundbau
Einleitung

Gemäß den Normen der VOB Teil C ist der Baugrund für Erdbau-, Tiefbau- und Spezialtiefbauarbeiten in Homogenbereiche einzuteilen. Dabei lassen die VOB-Normen einen weiten Spielraum zu. Mit dem Merkblatt „Einteilung des Baugrunds in Homogenbereiche nach VOB/C (MEH)“ werden der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes als Bauherrin sowie den von ihr beauftragten Planern und Geotechnischen Sachverständigen Hilfestellungen gegeben, nach welchen Kriterien diese Einteilung verfahrensspezifisch erfolgen kann. Ergänzend werden Hinweise zu einzelnen Parametern, zur Zusammenarbeit von Planer und Geotechnischem Sachverständigen bei der Festlegung der Homogenbereiche und zur deren Darstellung im Geotechnischen Bericht gegeben.

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1 Einführung

Die in der „Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen, Teil C (VOB/C)“ (VOB, 2016) veröffentlichten VOB-Normen beinhalten die Allgemeinen Technischen Vertragsbedingungen für Bauleistungen (ATV). Die fachgerechte Anwendung der VOB-Normen bei der Ausschreibung von Bauleistungen soll sicherstellen, dass die Leistungen eindeutig und erschöpfend beschrieben werden. Für die Gewerke des Tiefbaus und des Spezialtiefbaus kommt es besonders auf eine präzise und gleichzeitig knappe Beschreibung der anstehenden Böden an, damit eine Kalkulation der Bauleistungen ohne große Vorarbeiten möglich ist. Gemäß den Normen der VOB Teil C ist der Baugrund für Erdbau-, Tiefbau- und Spezialtiefbauarbeiten in Homogenbereiche einzuteilen

Jeder Homogenbereich ist durch mehrere Kennwerte zu beschreiben. Abhängig vom Bauverfahren sind zwischen 7 und 17 Kennwerte für Boden bzw. 3 bis 11 Kennwerte für Fels in einer Bandbreite mit unterer und oberer Grenze anzugeben. Besondere Bedeutung bei der Ermittlung dieser Kennwerte haben hierbei die Normen

- DIN 18196: Erd- und Grundbau - Bodenklassifikation für bautechnische Zwecke,

- DIN EN 1997-2/NA EC 7: Entwurf, Berechnung und Bemessung in der Geotechnik – Teil 2: Erkundung und Untersuchung des Baugrundes, zusammen mit dem nationalen Anwendungsdokument DIN 4020 Geotechnische Untersuchungen für bautechnische Zwecke, Ergänzende Regelungen zu DIN EN 1997-2,

- DIN EN ISO 14688: Geotechnische Erkundung und Untersuchung – Benennung, Beschreibung und Klassifizierung von Boden,

- DIN EN ISO 14689-1: Geotechnische Erkundung und Untersuchung – Benennung, Beschreibung und Klassifizierung von Fels – Teil 1: Benennung und Beschreibung.

Für die Einteilung des Baugrunds in Homogenbereiche lassen die VOB-Normen einen weiten Spielraum zu. In der Praxis ergeben sich daraus folgende Fragen:

1. Welche Kennwerte sind besonders wichtig?

2. Wie groß dürfen Bandbreiten innerhalb eines Homogenbereichs sein?

3. Wie können alle geforderten Kennwerte bereits für die Ausschreibung zuverlässig ermittelt werden?

4. Wie ist der Ablauf und wer führt die Einteilung in Homogenbereiche durch?

5. Welche Darstellung der Homogenbereiche ist notwendig und sinnvoll?

Als Grundlage für die Beantwortung dieser Fragen hat die Bundesanstalt für Wasserbau (BAW) das „Merkblatt Einteilung des Baugrunds in Homogenbereiche nach VOB/C (MEH)“ erarbeitet (BAW, 2017). Es ist eine Handlungshilfe für die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV) und gibt den Planern und Geotechnischen Sachverständigen Hilfestellungen, nach welchen Kriterien die Einteilung des Baugrunds in Homogenbereiche erfolgen kann. Ergänzend werden Hinweise zu einzelnen Parametern und zur Darstellung der Homogenbereiche gegeben. Im Fokus stehen dabei Bauvorhaben, bei denen Großgeräte zum Einsatz kommen.

Die Homogenbereiche wurden vor fast vier Jahren in allen relevanten VOB-Normen eingeführt. Erste Erfahrungen mit der Festlegung von Homogenbereichen in der geotechnischen Bearbeitung konnten im Rahmen der Planung mehrerer Projekte gewonnen werden. Dabei hat sich die nachfolgend beschriebene Systematik des MEH bewährt. Konkrete Rückmeldungen aus der Ausführung stehen noch aus. 

2 Grundlagen für die Einteilung des Baugrunds in Homogenbereiche

Für die Festlegung der Homogenbereiche sind sowohl bodenmechanische als auch baubetriebliche bzw. verfahrenstechnische Kriterien zu beachten. Daher ist hier eine enge Zusammenarbeit zwischen dem Bauherrn bzw. dem von ihm beauftragten Planer und dem Geotechnischen Sachverständigen erforderlich. Ein entsprechender Workflow ist im Bild 1 dargestellt.

Im ersten Schritt muss der Bauherr sein Bauziel definieren und die Bauverfahren, mit denen er dieses Ziel erreichen will, festlegen. Darauf ausgerichtet führt der Geotechnische Sachverständige die Baugrunduntersuchung durch, wobei mögliche alternative Bauverfahren auch berücksichtigt werden sollten. Nach der Auswertung der Labor- und Felduntersuchungen beschreibt er die Schichtenfolge und gibt die Bandbreiten der für die Schichten ermittelten Kennwerte an.

Auf dieser Grundlage macht der Geotechnische Sachverständige für jedes der festgelegten Bauverfahren einen Vorschlag zur Festlegung der Homogenbereiche. Dabei kann ein Homogenbereich einer Schicht entsprechen. Es sollte jedoch versucht werden, möglichst viele Schichten zusammenzufassen, um die Ausschreibung und die Abrechnung übersichtlich zu halten. Die in einem Homogenbereich zusammengefassten Schichten sollen hinsichtlich des ausgeschriebenen Bauverfahrens vergleichbare Eigenschaften haben. Die Bandbreite für die Kennwerte eines Homogenbereichs ergibt sich aus der Vereinigungsmenge der Bandbreiten der zusammengefassten Schichten. Wie groß die Bandbreite für die Kennwerte innerhalb eines Homogenbereichs sein darf, ist in den Normen nicht festgelegt. Sie muss zum einen groß genug sein, um die natürlichen Schwankungen innerhalb eines Homogenbereichs widerzuspiegeln. Zum anderen sollte sie aber auch nicht zu groß und damit unpräzise sein, so dass sie nicht mehr als Kalkulationsgrundlage geeignet ist.

Bild 1: Workflow für die Zusammenarbeit zwischen Planer und Geotechnischen Sachverständigen

Häufig kommen im Rahmen eines Bauvorhabens mehrere Gewerke mit unterschiedlichen Bauverfahren zum Einsatz, so dass es erforderlich sein kann, den Baugrund verfahrensabhängig unterschiedlich in Homogenbereiche einzuteilen.

Vorgaben zur Ermittlung der in den Vertragsunterlagen anzugebenden Kennwerte und deren Bandbreite macht die VOB nicht. Die Kennwerte können daher auf Labor- bzw. Felduntersuchungen oder auf Erfahrungswerten beruhen. Größere Planungs- und Ausführungssicherheit wird sicherlich mit der Ermittlung auf der Grundlage von Labor- und Feldversuchen erreicht. 

3 Leitparameter und Einteilungsgrenzen

Die VOB-Normen fordern für die Beschreibung der Homogenbereiche die Angabe einer Vielzahl von Parametern. Einige dieser Parameter haben besondere Bedeutung für das jeweilige Bauverfahren, weil sie die Auswahl der Maschinentechnik und ggf. auch die Wirtschaftlichkeit entscheidend beeinflussen. Diese Parameter werden wegen ihrer herausragenden Bedeutung nachfolgend als Leitparameter bezeichnet. Es empfiehlt sich, bei der Baugrunderkundung ein besonderes Augenmerk auf die Ermittlung der Leitparameter zu legen. Für die Leitparameter gibt es Grenzwerte, bei denen sich möglicherweise Grenzen für den Einsatz von Maschinentechniken ergeben. Diese Werte können als Einteilungsgrenze bei der Bildung der Homogenbereiche berücksichtigt werden.

Die Einstufung eines Parameters als Leitparameter und dessen Einteilungsgrenzen haben orientierenden Charakter. Die Einteilungsgrenzen sind nicht als strenge Klassifizierungsgrenzen der Homogenbereiche zu sehen. Vielmehr geben sie eine Hilfestellung zur Beantwortung der Frage, inwieweit die Eigenschaften verschiedener Schichten hinsichtlich des jeweiligen Verfahrens vergleichbar sein können.

Es ist durchaus möglich, sinnvoll oder auch erforderlich, Homogenbereiche über die Einteilungsgrenzen hinaus zu bilden. Sei es um die Anzahl der Homogenbereiche gering und übersichtlich zu halten oder weil die bodenmechanischen Eigenschaften oder die projektspezifischen Randbedingungen (z. B. schwierige Trennung unterschiedlicher Schichten im Baubetrieb) keine genauere Differenzierung zulassen. Ein solcher Homogenbereich ist dann aus bodenmechanischer Sicht heterogen.

Die Relevanz der Leitparameter ist projektspezifisch im Einzelfall kritisch zu prüfen. Grundsätzlich kann es notwendig sein, neben den Leitparametern auch andere Parameter zur differenzierteren Einteilung der Homogenbereiche heranzuziehen.

Für die meisten Bauverfahren ist es entscheidend, ob der Boden bindige oder nichtbindige Eigenschaften hat. Die Unterscheidung in bindige und nichtbindige Böden kann auf der Grundlage der Bodengruppen nach DIN 18196 in Verbindung mit der Einteilung entsprechend der prägenden Eigenschaften von gemischtkörnigen Böden nach DIN EN 14688-1 erfolgen. Leitparameter und Einteilungsgrenzen für die einzelnen Verfahren werden daher im MEH vorwiegend getrennt für nichtbindige und bindige Böden und für Fels angegeben. Für die Beschreibung von bindigen Böden stellt die Konsistenz und für nichtbindige Böden der Sondierwiderstand einen zentralen Parameter dar. Daneben spielt der Massenanteil an Steinen und Blöcken oftmals eine wichtige Rolle. Für Fels ist meist die einaxiale Druckfestigkeit zusammen mit dem Trennflächengefüge entscheidend. Diese Parameter werden daher als Leitparameter für viele Bauverfahren vorgeschlagen.

Beispielhaft für die Systematik der mit Einteilungsgrenzen versehenen Leitparameter sind in den Tabellen 1 und 2 Angaben für Bohrarbeiten im Boden und Fels gemacht. Die Einteilungsgrenzen orientieren sich an den Leistungsklassen entsprechender Bohrgeräte.

Tabelle 1: Leitparameter und Einteilungsgrenzen für Bohren in Böden

Tabelle 2: Leitparameter und Einteilungsgrenzen für Bohren im Fels  

4 Datenbasis der Kennwerte – Umfang der Baugrunderkundung und Laboruntersuchungen

Zur Datenbasis, auf der die zur Beschreibung der Schichten bzw. Homogenbereiche angegebenen Kennwerte beruhen, gibt es in den VOB-Normen keine Vorgaben. Grundsätzlich ist dem Bauherrn der Umfang der geotechnischen Untersuchungen freigestellt. Der Auftragnehmer hat die Möglichkeit, anhand der in den VOB-Normen vorgegebenen Parameter und zugehörigen Prüfvorschriften die Angaben der Ausschreibung zu den Homogenbereichen zu überprüfen. Ziel einer bauseitigen Überprüfung ist in der Regel der Nachweis von Abweichungen zwischen dem Bau-Soll und dem Bau-Ist als Grundlage für Nachträge.

Der Nachweis abweichender Verhältnisse ist nur möglich, wenn der Untersuchungsumfang der Nachprüfung in einem sinnvollen Verhältnis zum Untersuchungsumfang im Rahmen der Baugrunderkundung steht. Je umfangreicher der Bauherr im Vorfeld untersucht hat, umso schwieriger wird der Nachweis abweichender Verhältnisse in der Bauphase zu führen sein. Es ist daher davon auszugehen, und das entspricht auch den Erfahrungen aus Projekten der Wasserstraßen- und Schifffahrtverwaltung, dass sich ein ausführliches geotechnisches Untersuchungsprogramm im Feld und im Labor durch die erhöhte Ausführungs- und Kostensicherheit bezahlt macht. Die im Labor und im Feld ermittelten Kennwerte sollten zusätzlich mit Erfahrungswerten verglichen und ggf. um diese erweitert werden.

Im Eurocode 7 (DIN EN 1997-2) wird für Laborversuche zur Bodenklassifikation ein Mindestumfang je Schicht angegeben. Im MEH wird empfohlen, diese Richtwerte auch für die Ermittlung der Kennwerte für Homogenbereiche zu berücksichtigen. 

5 Hinweise zu speziellen Parametern

Die Bandbreite von vielen Parametern kann mit guter Genauigkeit im Rahmen einer Baugrunderkundung bereits in der Planungsphase ermittelt werden. Einige, z. T. wichtige Parameter sind jedoch nicht oder nur mit unvertretbar hohem Aufwand in Labor- oder Feldversuchen ermittelbar. Ebenso sind einige Prüfvorschriften unpräzise, so dass sie einen weiten Gestaltungsspielraum lassen und eine Vergleichbarkeit von Versuchsergebnissen daher nicht gegeben ist. Diesbezüglich enthält das MEH Hinweise zu

- der Lagerungsdichte bzw. der bezogenen Lagerungsdichte,

- dem Massenanteil Steine und Blöcke,

- der Kornverteilung bzw. des Körnungsbands,

- der Abrasivität von Boden und

- der Konsistenz bzw. der Konsistenzzahl. 

6 Darstellung der Homogenbereiche

Die Darstellung der Homogenbereiche in den Vergabe- und Vertragsunterlagen sollte in einheitlicher Form erfolgen und folgende Teile beinhalten:

- Zusammenstellung aller Parameter mit Bandbreiten und Körnungsbändern für jede Schicht,

- Angabe des Regelwerks, nach dem die Parameter zu überprüfen sind, sofern die VOB/C mehrere Möglichkeiten zulässt,

- Verfahrensabhängige Zusammenfassung der Schichten zu Homogenbereichen in einer Tabelle.

Das Bild 2 zeigt ein Beispiel für die tabellarische Darstellung der Bodenkennwerte für eine Schicht.

Im Bild 3 ist die Zusammenfassung von mehreren Schichten zu Homogenbereichen, getrennt für verschiedene Bauverfahren beispielhaft dargestellt. Aus der Bezeichnung der Homogenbereiche sollte zur Vermeidung von Missverständnissen das jeweils referenzierte Bauverfahren ersichtlich sein.

Für die Übersicht der räumlichen Verteilung der Homogenbereiche sollten zusätzlich zur tabellarischen Darstellung auch Längs- und Querschnitte mit den Schichten zur Verfügung gestellt werden.

Bild 2: Beispiel für die Darstellung der Bodenkennwerte für eine Schicht

Bild 3: Beispiel für die Darstellung der Homogenbereiche

Literaturverzeichnis

BAW (2017): Merkblatt Einteilung des Baugrunds in Homogenbereiche nach VOB/C (MEH), Bundesanstalt für Wasserbau, Karlsruhe

BAW (2018): Tagungsband zum BAW-Kolloquium Einteilung des Baugrunds in Homogenbereiche, 30. Januar 2018, Bundesanstalt für Wasserbau, Karlsruhe

VOB (2016): Gesamtausgabe Teil A, B und C, Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen – Teil A (DIN 1960:2016-09), Teil B (DIN 1961:2016-09), Teil C (ATV), Hg. DIN/DVA, Beuth Verlag, Berlin