FGSV-Nr. FGSV A 40
Ort Nürnberg
Datum 10.05.2011
Titel Anwendungsgrenzen des Spurbildungsversuchs
Autoren Dr.-Ing. Michael Schmalz
Kategorien Asphaltstraßen
Einleitung

Seit 1997 existierten in Deutschland die TP Asphalt-StB Teil: Spurbildungsversuch – Bestimmung der Spurrinnentiefe im Wasserbad. Danach wurde der Verformungswiderstand von Asphalten mit einem Stahlrad im Wasserbad geprüft. Eine Unterscheidung in „gut“ und „schlecht“ war möglich, eine weitergehende Auswertung der Prüfergebnisse jedoch nicht.

Die Ergebnisse einer im Institut Dr.-Ing. Gauer bearbeiteten Forschungsarbeit führten zur Empfehlung, das Stahlrad durch ein Gummirad zu ersetzen und die Prüfungen im Luft-, statt im Wasserbad durchzuführen.

Mit der Einführung der Europäischen Normenreihe EN 12697 sind die Spurbildungsversuche nach Teil 22 unter Anwendung des Spurbildungsverfahrens B mit dem kleinen Gerät, einem vollgummibereiften Rad auf Felge aus Edelstahl und Temperierung im Luftbad (Small Device), durchzuführen.

In einem Ringversuch wurden die Bedingungen für den Spurbildungsversuch präzisiert. Die Ergebnisse flossen in die 2007 eingeführte TP Asphalt-StB, Teil 22 ein. Die Ermittlung der Präzision des Verfahrens war jedoch wegen der großen Spannen der Ergebnisse nicht möglich.

Um die vermuteten verfahrens- und gerätebedingten Streuungen zu minimieren, wurde ein weiterer Ringversuch unter Vorschaltung eines Geräte- und Verfahrensaudits durchgeführt. Damit sollten die beteiligten Prüfstellen auf eine einheitliche Probekörperherstellung und Versuchsdurchführung festgelegt werden. Vorgestellt werden die Erfahrungen des Geräteaudits und die bisher vorliegenden Ergebnissen des zweiten Ringversuchs.

Wesentliches Ergebnis ist, dass die aufgrund des Geräteaudits durchgeführten Verbesserungen und Justierungen zu einer erheblichen Verringerung der Streuungen der Ergebnisse geführt haben. Ein Vorschlag für die Präzision des Verfahrens kann vorgelegt werden. Dies ist eine wichtige Voraussetzung für die vertragliche Anwendung von Prüfverfahren, da im Zuge der performance-orientierten Definition von Anforderungen für Asphaltschichten die ermittelten Ergebnisse Eingang in Bauverträge finden werden.

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1 Einführung

1.1 Schadensbild „Spurrinne“

Unter hohen Verkehrsbelastungen und sommerlichen Temperaturen können an der Oberfläche einer Asphaltfahrbahn bei unzweckmäßiger Zusammensetzung des Asphaltmischgutes große bleibende Verformungen in Form von Spurrinnen entstehen (Bild 1). Dadurch wird die Ebenheit in Querrichtung und damit die Entwässerung verschlechtert und in deren Folge die Fahrsicherheit und der Fahrkomfort beeinträchtigt [1].

Durch die zunehmende Mobilität und den grenzübergreifenden europäischen Gütertransport sind die Verkehrsbelastungen in den letzten Jahren, insbesondere die Lkw-Anteile, dramatisch angestiegen. Außerdem wurden 1990 und 1995 die zulässigen Achslasten der Lkw erhöht. Infolge der zunehmenden Verkehrsbelastung wurden zusätzliche Fahrstreifen geschaffen. Aus ökonomischen und ökologischen Gründen werden dabei oft die Fahrstreifenbreiten reduziert. Dies hat zur Folge, dass die Verkehrslasten konzentrierter in den Straßenoberbau abgeleitet werden [2].

Aber nicht nur die Verkehrsbelastung, sondern auch die Witterungsbeanspruchung ist gestiegen. Nachweislich werden in den Sommermonaten der letzten 10 Jahre höhere mittlere Temperaturen erreicht.

Bild 1:Spurrinnen auf einer Steigungsstrecke einer Autobahn

Bild 2: Nennungshäufigkeiten von Zustandsmerkmalen als Hauptursache für Erhaltungsmaßnahmen an west- und ostdeutschen Fahrbahnbefestigungen [1]

Untersuchungen haben ergeben, dass die Spurrinnenbildung allein oder in Kombination mit Rissen die Hauptursache für Erhaltungsmaßnahmen ist (Bild 2). Deshalb wurden erhöhte Anstrengungen unternommen, um den Verformungswiderstand der Asphaltschichten zu verbessern [1]. Dazu ist ein Prüfverfahren notwendig, mit dem das Verformungsverhalten von Asphalten bei Wärme untersucht werden kann. Der Spurbildungsversuch stellt ein „dynamisches“ Prüfverfahren dar, bei dem mit einfachen Mitteln der Verformungswiderstand von Asphalten beurteilt werden kann. Da jedoch keine physikalischen Größen wie z. B der Elastizitätsmodul oder die Viskosität ermittelt werden, zählt dieser Versuch nicht zu den „performance-based-Verfahren“, sondern wird als „performance-related“ angesehen.

1.2 Geschichtliche Entwicklung des Spurbildungsversuchs

Der Spurbildungsversuch wurde schon in den 1960er Jahren in der englischen Literatur beschrieben. Im Road-Research-Laboratory in London wurden damals zwei Spurbildungsgeräte entwickelt, um den Verformungswiderstand und das Haftverhaltens von Asphalten zu beschreiben. Bei dem einen Prüfverfahren, als „Wheel-Tracking-Test“ (Bild 3) bezeichnet, wurde eine Probeplatte mit einem Gummirad bei einer Temperatur von 45°C dynamisch beansprucht. Die Temperierung der Probeplatte erfolgte in einem Luftbad. Bei dem anderen Verfahren, dem „Immersion-Wheel-Tracking-Test“ (Bild 4), wurde ebenfalls mit einem Gummirad und bei einer Temperatur von 45 °C getestet. Hier erfolge die Prüfung aber im Wasserbad und an 3 Proben gleichzeitig [4]. Beiden Prüfgeräten liegt dasselbe Prinzip zugrunde (Bild 5).

Bild 3: Englisches Spurbildungsgerät „Wheel-Tracking-Tester“ [4]          

Bild 4: Englisches Spurbildungsgerät „Immersion-Wheel-Trackin-Tester“ [4]

Bild 5: Prinzip des Spurbildungsgeräts

Das Forschungszentrum der Esso A.G. Hamburg hat 1978 auf der Grundlage der englischen Verfahren ein modifiziertes Spurbildungsgerät in Deutschland vorgestellt. Das Gerät war im Wesentlichen baugleich mit dem „Immersion-Wheel-Tracking-Tester“. Es wurden allerdings anstelle von drei Probeplatten lediglich zwei bei einer Temperatur von 40 °C und 50 °C im Wasserbad untersucht [5].

Über die begleitenden Untersuchungen zur Binderversuchsstrecke im Zuge der BAB A 7 in Hamburg vor der Einfahrt in die Weströhre des Elbtunnels wurde der Spurbildungsversuch mit Wassertemperierung und Stahlrad eingeführt. Die Hamburger Baubehörde hat dazu Anforderungen an das Spurbildungsgerät und an den Verfahrensgang zur Ermittlung der Spurrinnentiefe in einem Kenndatenblatt veröffentlicht. Abweichend von der bisher bekannten Prüfmethode wurde hier anstelle des Gummirades ein Stahlrad verwendet, bei dem die Flanke zur Lauffläche einen Winkel von 90° bildet. Bei dem Gummirad handelt es sich im eigentlichen Sinne um ein Stahlrad, das mit einer Bereifung aus Vollgummi versehen ist. Da das Gummi einem natürlichen Alterungsprozess unterliegt und sich deshalb die Gummihärte in einem kurzen Zeitraum ändern kann, wurde auf das Stahlrad zurückgegriffen, das in seinen Eigenschaften konstant ist [4].

Mit Einführung der Zusätzlichen Technischen Vertragsbedingungen und Richtlinien für Straßenarbeiten in Hamburg, Ausgabe 1987 (ZTV/St-Hmb. 87) sind erstmalig Kriterien für Asphaltbinder-Mischgut festgelegt worden, die über die üblichen Zusammensetzungsmerkmale und Hohlraumfestlegungen hinausgingen. Als zusätzliches Prüfverfahren für die „Standfestigkeit“ wurde der Spurbildungsversuch eingeführt. Die Anforderungskennwerte sind infolge der Untersuchungen der Binderversuchsstrecke festgelegt worden. Für die sogenannten „Hochstandfesten Asphaltbinder“ wurden bezüglich der Spurrinnentiefe in der Eignungsprüfung ein Richtwert von max. 3,5 mm festgelegt und in der Kontrollprüfung am Bohrkern ein Grenzwert von max. 4,5 mm gefordert [4, 5, 6].

Aufgrund der verzeichneten Erfolge im Bundesland Hamburg hat der Spurbildungsversuch etwa 1994 Eingang in die Ländervorschriften von Niedersachsen und Sachsen-Anhalt bei Eignungsprüfungen für Asphaltbinder der Bauklassen SV und I gefunden [4]. Dabei wurden die Versuchsbedingungen auf der Grundlage der Vorgabe aus Hamburg festgelegt [12]. Andere Länderverwaltungen gingen inzwischen dem Hamburger Beispiel folgend dazu über, eigene Regelungen einzuführen.

Um die drohende Divergenz in der Entwicklung „hauseigener“ Verfahren durch Vereinheitlichung zu stoppen und bei der anstehenden europäischen Regelung noch berücksichtigt werden zu können, wurden von der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen „Technische Prüfvorschriften für Asphalt im Straßenbau TP A-StB, Teil: Spurbildungsversuch – Bestimmung der Spurrinnentiefe im Wasserbad, Ausgabe 1997“ erarbeitet [7]. Diese Vorschrift ist auf Basis des Kenndatenblattes Spurbildung des Tiefbauamtes der Hamburger Baubehörde entstanden. Dabei wurden aber die Prüfbedingungen und Gerätebeschreibungen für den Spurbildungsversuch enger gefasst. Geändert wurden zum Beispiel die Prüfdauer und die Messwerterfassung.

In der Tabelle 1 sind die wesentlichen Kenndaten der verschiedenen Geräteentwicklungen des Spurbildungsversuchs zusammengefasst.

Trotz seiner in Deutschland weit verbreiteten Anwendung fand sich der in der TP A-StB Spurbildungsversuch [8] beschriebene deutsche Spurbildungsversuch nicht in dem aktuellen Europäischen Normenentwurf „EN 12697 Asphalt – Prüfverfahren – Teil 22: Bestimmung der Spurbildung“ [10] wieder. Der wesentlichste Grund dafür war wohl die deutsche „Spezialität“ des ebenen Stahlrades im Wasserbad.

In dem Europäischen Normenentwurf wurden neben einem französischen Großgerät das englische Verfahren und ein dem deutschen angelehntes Verfahren beschrieben, welches vor allem in Dänemark verbreitet ist, wobei zwar in Wasser, aber mit einem Gummirad geprüft wird.

Die Darstellung der Messergebnisse erfolgt bei den drei Verfahren ganz unterschiedlich. So wird bei dem dänischen Verfahren, wie auch in Deutschland, die absolute Spurrinnentiefe [mm] angegeben. Dagegen wird bei dem französischen Verfahren das Ergebnis als relative Spurrinnentiefe [%], bezogen auf die Probendicke, dargestellt. Bei der englischen Variante wiederum wird das Ergebnis als Spurbildungsrate [mm/h] angegeben, bei der die Veränderung der Spurrinnentiefe auf die Prüfzeit bezogen wird.

Tabelle 1: Kenndaten der verschiedenen Geräteentwicklungen des Spurbildungsversuchs [4,5,8,9]

1.3 Kritische Beurteilung des Spurbildungsversuchs

Bei dem Spurbildungsversuch mit Wassertemperierung wurde kritisiert, dass im Wasserbad neben dem Verformungswiderstand auch das Haftverhalten des Asphaltes mit erfasst wird und dadurch das Verformungsverhalten nicht eindeutig beurteilt werden kann. Hierzu ist allerdings anzumerken, dass sowohl ein mangelhafter Verformungswiderstand als auch der „Strippingeffekt“ (Bindemittelablösung) zur Spurbildung führen können. Beide Aussagen haben ihre Berechtigung. Die Temperierung im Wasserbad ist zunächst aus rein praktischen Erwägungen bevorzugt worden, da die Vortemperierzeiten der Probeplatten kürzer sind und das Einhalten der Prüftemperatur während des Versuches leichter zu bewerkstelligen ist [4].

Aber gerade die Kombination mit dem Stahlrad löst Effekte aus, die Zweifel an der „eigentlichen“ Spurbildung aufkommen lassen (Bild 6). Das im Zuge der Hamburger Binderversuchsstrecke eingeführte Stahlrad stellte zunächst eine Verschärfung der Prüfbedingungen dar, durch die eine größere Spreizung der Ergebnisse möglich war. Aufgrund vergleichender Untersuchungen zwischen Gummi- und Stahlrad wurde von Domnick und Beeken [11] eine Korrelation zwischen beiden Prüfrädern verneint. So ist im Gegensatz zum Gummirad die Aufstandsfläche eines Stahlrades in Abhängigkeit von der Steifigkeit der Unterlage unterschiedlich groß. Bei sehr verformungsresistenten Asphalten ergibt sich theoretisch eine Linien-, im Extremfall, bei einem hochstehenden Splittkorn, eine Punktlast, die zu „unendlich“ großer Spannung im Asphalt bzw. zu sofortigen Verformungen führt. Bei einem weniger verformungsresistenten Asphalt ist die Einsenkung größer, was erhebliche Bewegungen und möglicherweise Umlagerungen im Asphalt zur Folge hat [11]. Weiter wird die Ebenheit der Lauffläche als problematisch beurteilt, weil sich sehr hohe Spannungsspitzen unter den Rändern des Stahlrades bilden, deren „Fräseffekt“ zu Gefügestörungen in der Asphaltprobe führen können (Bild 7).                                                                      

Bild 6: Stahlrad                                                      

Bild 7: „Stripping- und Fräseffekt“

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Prüfbedingungen des damaligen Spurbildungsversuchs gemäß TP A-StB Spurbildungsversuch [8] zu „scharf“ waren und dadurch lediglich die Entscheidung „standfest/nicht standfest“ getroffen werden konnte [13]. Die „Strippingeffekte“ und „Fräseffekte“ ließen oft auch solche Asphaltmischungen als ungeeignet erscheinen, deren Verformungswiderstand sich in der Praxis als hoch erwiesen hatte. Die Übertragung der Anforderungen an Asphaltbinder auf Asphaltdeckschichten aus Splittmastixasphalt war nicht möglich.

2 Forschung und Entwicklung

2.1 1997: Forschungsauftrag des BMVBW: „Optimierung der Prüfbedingungen des Spurbildungsversuchs“

Viele Fachleute sahen im Spurbildungsversuch das Potenzial einer praxisbezogenen Prüfung, die zumindest als „performance-related“ bezeichnet werden konnte. Aus diesem Grund wurde das Forschungsvorhaben zur Optimierung der Prüfbedingungen des Spurbildungsversuchs beantragt und von den zuständigen Gremien der FGSV befürwortet.

Die Ergebnisse der im Institut Dr.-Ing. Gauer bearbeiteten Forschungsarbeit „Optimierung der Prüfbedingungen des Spurbildungsversuchs“ führten zur Empfehlung, das Stahlrad durch ein Gummirad zu ersetzen und die Prüfungen im Luft-, statt im Wasserbad durchzuführen [14]. Als Prüftemperatur war 50 °C vorgesehen, allerdings wurde schon damals auf die geringe Spreizung der Ergebnisse bei sehr verformungsresistenten Asphalten hingewiesen.

2.2 2004: Forschungsauftrag des BMVBW: „Anwendungsgrenzen und Präzision des Spurbildungsversuchs mit Vollgummirad für Walzasphalte“

Aufgrund der Ergebnisse dieser im Institut Dr.-Ing. Gauer bearbeiteten Forschungsarbeit wurde empfohlen, Spurbildungsversuche ausschließlich mit am Boden und seitlich eingegipsten Platten durchzuführen [15]. Diese Art der Probeneinspannung wurde auch für den folgenden Ringversuch vorgegeben.

Mit den in den Vorversuchen und den zusätzlichen Untersuchungen festgelegten Bedingungen wurde ein Ringversuch zur Bestimmung der Präzision des Verfahrens durchgeführt.

Insgesamt nahmen 8 Prüfstellen am Ringversuch teil. Zusätzlich wurden noch zwei weitere Spurbildungsgeräte in die Untersuchungen einbezogen. Insgesamt wurden 160 Asphaltplatten aus vier Asphaltmischgutsorten mit sechs verschiedenen Walzsektorverdichtern hergestellt und in 10 verschiedenen Spurbildungsgeräten bei 60 °C geprüft.

Bild 8: Ergebnisse des 2005 durchgeführten Ringversuches

Die Ergebnisse des Ringversuches gaben Anlass, an der Qualität der Durchführung zu zweifeln. Zwar wurde bei allen Prüfstellen, bis auf zwei Ausnahmen, die gleiche Reihung der Ergebnisse ermittelt, auffällig war jedoch, dass bei fünf von zehn Prüfstellen eine größere Spreizung der Ergebnisse gelang (Bild 8).

Es stellte sich die Frage, ob die Prüfungen, bei denen keine so große Spreizung bzw. eine von der erwarteten Reihung abweichenden Ergebnisse erzielt wurden, mit den anderen Prüfergebnissen vergleichbar sind, es sich also um die versuchsbedingte Streuung der Ergebnisse handelt, oder ob die Möglichkeit bestand, dass die Ergebnisse unter abweichenden Bedingungen ermittelt wurden. Abweichende Bedingungen traten am wahrscheinlichsten bei der Herstellung der Probekörper im Walzsektorverdichter und bei der Temperierung während der Prüfung auf.

Das Ergebnis der statistischen Auswertungen, die unter den oben genannten Einschränkungen durchgeführt wurde, führte zu folgendem Vorschlag:

Als vorläufige Präzision für die Prüfung der Spurrinnentiefe mit dem Temperiermedium Luft bei 60 °C einer in die Form eingegipsten Asphaltprobe wurden folgende Werte abgeschätzt:

Wiederholbarkeit r = 30 % vom Mittelwert aus zwei Ergebnissen

Vergleichbarkeit R = 60 % vom Mittelwert aus zwei Ergebnissen.

Außerdem wurde vorgeschlagen, den Spurbildungsversuch nach Erreichen einer Spurrinnentiefe von 20 % der Plattendicke abzubrechen. Asphalte, bei denen bei 60 °C Prüftemperatur Spurrinnentiefen von mehr als 20 % der Plattendicke erreicht werden, sollten als nicht verformungsresistent eingestuft werden. Bei Bedarf könnten mit Proben aus derartigen Asphalten Versuche unter analogen Bedingungen bei 50 °C durchgeführt werden. Auf diese Weise wäre es möglich, auch weniger verformungsresistente Asphalte mit dem Spurbildungstest vergleichend zu beurteilen.

Zur Klärung des Sachverhaltes wurde vorgeschlagen, einen weiteren Ringversuch durchzuführen, allerdings unter Vorschaltung eines Verfahrens- und Geräteaudits.

2.3 2008: Forschungsauftrag der FGSV: „Spurbildungstest nach Europäischer Norm (Luft / 60 °C / Gummirad) – Ermittlung der Präzision in einem Ringversuch mit vorgeschaltetem Verfahrens- und Geräteaudit“

Im Rahmen dieses Forschungsauftrages wurde 2009 ein Verfahrens- und Geräteaudit durchgeführt [18]. Auditor im Auftrag des Forschungsnehmers Institut Dr.-Ing. Gauer war Dr.-Ing. H.-J. Eulitz.

Während des Audits wurden verschiedene Voraussetzungen geprüft:

  • Allgemeine Voraussetzungen wie z. B. Aktualität der Arbeitsunterlagen und das Vorhandensein der notwendigen Geräte und Prüfmittel.
  • Probenherstellung im Walzsektor-Verdichter. Hier wurde besonderes Augenmerk gelegt auf die Temperierung und den Einsatz des Verdichtungsprogramms nach Arand/Renken [20]. Eine Überprüfung der Verdichtungsarbeit war im Rahmen dieses Audits nicht möglich.
  • Die Fixierung der Platte hat eine maßgebende Bedeutung für das Prüfergebnis.
  • Spurbildungs-Gerät. An dem Gerät wurden die Temperierung, Radgeometrie, Gummihärte, Wegmessung und Auflagekraft geprüft.

Die Ergebnisse des Audit lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Die erforderlichen aktuellen technischen Regelwerke waren bei allen Teilnehmern vollständig vorhanden. Einige Teilnehmer verwenden zusätzlich Anleitungen, in denen Arbeitsschritte und Hinweise zur Durchführung der einzelnen Vorgänge detailliert beschrieben sind. Die ausführenden Laboranten waren geschult und geübt.

Alle überprüften Verdichtungsgeräte verfügen über beheizte Werkzeuge und das erforderliche Verdichtungsprogramm nach Renken/Arand. Die für das Verdichtungswerkzeug und das Asphaltmischgut erforderlichen Temperaturen werden eingehalten.

Die Abmessungen der hergestellten Platten sind zum Teil unterschiedlich, liegen aber im Rahmen des Regelwerkes.

Die Fixierung der Platte in der Form erfolgt bei 11 Teilnehmern regelkonform (Platte vollständig eingegipst). Drei Teilnehmer gipsen die Unterseite der Platte ein und klemmen sie seitlich, ein Teilnehmer klemmt die Platten, ohne sie einzugipsen. In letzterem Fall sind abweichende Ergebnisse bei der gemessenen Spurrinnentiefe zu erwarten.

Radgeometrie, Lauffläche, Rundheit, Gummihärte und Gängigkeit der Prüfräder waren (teilweise erst nach Ersatz) regelkonform. Bei der Überprüfung der Wegmessung waren 5 Teilnehmer, bei der Überprüfung der Auflagekraft ebenfalls 5 Teilnehmer auffällig. Hier konnte im Rahmen des Audits zum Teil bereits korrigiert werden.

Einer der einflussreichsten Parameter auf die Spurrinnentiefe ist die Prüftemperatur. Hier gibt die TP Asphalt-StB für die Lufttemperatur an der Probeplatte 60°C ± 1K vor. Im Rahmen des Audits wurde der Temperaturverlauf im Bereich der Prüfplatten über einen längeren Zeitraum registriert. Es wurden bei einigen Geräten Probleme bei der Einhaltung der geforderten Prüftemperatur erkennbar:

  • Bei 9 von 15 Geräten lag der Mittelwert der Prüftemperatur außerhalb der Toleranz von ± 1 K.
  • Bei 8 von 15 Geräten wurde die Toleranz der Prüftemperatur überschritten, bei 4 davon erheblich (> ± 2,5 bis 3,75 K).
  • Bei 2 von 15 Geräten war die Differenz der Temperaturen zwischen der linken und der rechten Probe größer als 1 K.

Alle Teilnehmer gingen zunächst von einer fehlerfreien Funktion ihrer Geräte aus. Durch die Prüfungen im Rahmen des Audits wurde jedoch deutlich, dass es zu nicht regelkonformen Abweichungen kommen kann, die von den Nutzern der Geräte nicht zwangsläufig bemerkt werden.

Die Abweichungen wurden den Teilnehmern des Ringversuches mitgeteilt und von diesen behoben.

Aus den Erfahrungen kann die Schlussfolgerung abgeleitet werden, dass zur Sicherstellung eines erfolgreichen Ringversuchs bei komplexen Asphaltprüfungen ein entsprechendes vorgeschaltetes Audit unumgänglich ist.

Der Ringversuch mit dem internen Kurznamen SBT 2010 wurde nach dem „Merkblatt über die statistische Auswertung von Prüfergebnissen“ (FGSV 926) [17] durchgeführt. Danach sind die Messniveaus (Arten und Eigenschaften des Prüfgutes) so wählen, dass der gesamte in der Praxis zu erwartende Bereich erfasst wird. Voruntersuchungen hatten ergeben, dass Spurrinnentiefen von mehr als 15 – 20 % der Plattendicke (entsprechend 6 – 8 mm bei 4 cm Plattendicke) nicht mehr durch viskoelastische und plastische Verformungen entstanden, sondern bereits Gefügestörungen zu beobachten waren. Als Grenzwert für auswertbare Spurrinnentiefen wurde 6 mm vorgeschlagen. Beim Spurbildungsversuch reicht der auswertbare Bereich demnach von 0 mm bis etwa 6 mm, so dass eine Wahl von 3 Messniveaus zweckmäßig erscheint.

Für den Ringversuch wurden ausreichende Mengen von drei verschiedenen Asphaltmischgutsorten besorgt, deren Spurbildungsniveaus im Bild 9 dargestellt sind.

Bild 9: Spurbildungs-Messniveaus des 2010 durchgeführten Ringversuches

Die Asphaltmischgutproben wurden an die teilnehmenden Prüfstellen verschickt. Dort wurden Platten hergestellt und die absoluten und die relativen Spurrinnentiefen sowie die Spurbildungsrate bestimmt.

Die hier vorgestellten Ergebnisse sind als vorläufig zu betrachten, da zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Berichtes noch nicht alle Ergebnisse verfügbar waren. Allerdings konnten die Ergebnisse von 13 der 16 Prüfstellen verarbeitet werden, so dass davon auszugehen ist, dass die hier vorgestellten Ergebnisse eine sehr hohe statistische Sicherheit besitzen.

Im Bild 9 sind die absoluten Spurrinnentiefen der Spurbildungsversuche des Ringversuches mit den jeweiligen Spannen dargestellt. Die durchgezogenen Linien verbinden die Mittelwerte aus je 4 Versuchen (2 Doppelbestimmungen). Neben den Ergebnissen der Spurrinnentiefen an Platten, die in der jeweiligen Prüfstelle hergestellt wurden, enthält das Diagramm auch noch Ergebnisse an Platten, welche in der jeweiligen Prüfstelle hergestellt, aber im Spurbildungsgerät des Forschungsnehmers geprüft wurden. Diese Ergebnisse sind in dem Diagramm in hellblau, orange und hellgrün dargestellt. Diese Vergleichsversuche dienen der Abschätzung des Einflusses der Probekörperherstellung. Über die Auswertung dieser Ergebnisse wird hier nicht weiter berichtet, da dies den Umfang des vorläufigen Ergebnisberichtes sprengen würde.

Bild 10: Absolute Spurrinnentiefen der Spurbildungsversuche des Ringversuches SBT 2010

Auf den ersten Blick lässt sich feststellen, dass die drei verschiedenen Spurbildungsniveaus von allen Prüfstellen ermittelt wurden. Die statistische Prüfung bestätigt, dass keine Ausreißer zu berücksichtigen sind. Somit kann das vorliegende Ergebnis zur Ableitung eines Vorschlages für künftige Anforderungen herangezogen werden.

Im Bild 11 sind die Mittelwerte der absoluten Spurrinnentiefen der Spurbildungsversuche des Ringversuches dargestellt. Es ergeben sich drei Bereiche, die vor dem Hintergrund der Datenbasis als gut (grün), mittel (gelb) und nicht ausreichend (rot) bezeichnet werden können.

Ein analoges Ergebnis ergibt sich für die Spurbildungsrate. Die Ergebnisse sind im Bild 12 dargestellt.

Bild 11: Absolute Spurrinnentiefen der Spurbildungsversuche des Ringversuches mit Farbcodierung gut (grün), mittel (gelb) und nicht ausreichend (rot)

Bild 12: Spurbildungsraten der Spurbildungsversuche des Ringversuches mit Farbcodierung gut (grün), mittel (gelb) und nicht ausreichend (rot)

Für beide Prüfgrößen wurde eine statistische Auswertung durchgeführt. Die Ergebnisse für die Spurrinnentiefe sind in der Tabelle 2 zusammengefasst.

Tabelle 2: Statistische Kenngrößen der Ergebnisse zur absoluten Spurrinnentiefe im Ringversuch SBT 2010

Aus den Ergebnissen lassen sich Präzisionsdaten ableiten, die wesentlich besser sind, als sie nach den Ergebnissen der 2004 durchgeführten Abschätzung zu erwarten gewesen waren. Als Präzision für die absolute Spurrinnentiefe wird aufgrund der Ergebnisse des Ringversuches vorgeschlagen:

Wiederholbarkeit r = 20 % vom Mittelwert aus zwei Ergebnissen

Vergleichbarkeit R = 40 % vom Mittelwert aus zwei Ergebnissen.

Die zulässige Spannweite da zweier Messproben für die Spurrinnentiefe ließ sich ebenfalls über das prognostizierte Maß (geschätzte Werte nach dem Ringversuch von 2004) hinaus verbessern (Tabelle 3).

Für die Spurbildungsrate konnte ebenfalls eine zufriedenstellende Präzision ermittelt werden. Die entsprechenden statistischen Kenngrößen sind in der Tabelle 4 zusammengefasst.

Tabelle 4: Statistische Kenngrößen der Ergebnisse zur Spurbildungsrate im Ringversuch SBT 2010

Als Präzision für die Spurbildungsrate wird vorgeschlagen:

Wiederholbarkeit r = 40 % vom Mittelwert aus zwei Ergebnissen,

Vergleichbarkeit R = 65 % vom Mittelwert aus zwei Ergebnissen.

Als vorläufige Anforderungen ergeben sich folgende Vorschläge:

Maximale Spurrinnentiefe für verformungsresistente Asphaltschichten im Spurbildungsversuch mit Gummirad, bei 60 °C, Lufttemperierung: 2 mm (bei Plattendicke 40 mm),

Maximale proportionale Spurrinnentiefe für verformungsresistente Asphaltschichten im Spurbildungsversuch mit Gummirad, bei 60 °C, Lufttemperierung: 5 % der Plattendicke (40 mm),

Maximale Spurbildungsrate für verformungsresistente Asphaltschichten im Spurbildungsversuch mit Gummirad, bei 60 °C, Lufttemperierung: 0,04 mm/103 Zyklen.

3  Zusammenfassung und Schlussfolgerungen

Aus den Ergebnissen der bisherigen Forschungsarbeiten und insbesondere den Ergebnissen des Ringversuches aus dem Jahre 2010 lassen sich die folgenden vorläufigen Schlussfolgerungen ziehen.

Der Spurbildungsversuch in seiner in den TP Asphalt-StB, Teil 22 beschriebenen Form ist geeignet für Asphaltbeton und Splittmastixasphalt. Wegen fehlender Untersuchungsergebnisse muss derzeit davon ausgegangen werden, dass der Spurbildungstest für Offenporige Asphaltdeckschichten und Gussasphalt nicht geeignet ist.

Die Ergebnisse ergeben eine plausible Reihung der Asphalte hinsichtlich ihres Verformungswiderstandes. Die Ergebnisse lassen sich auf die Praxis übertragen. Eine direkte zahlenmäßige Korrelation mit Spurrinnentiefen in der Praxis ist allerdings nicht vorhanden.

Die Präzision des Verfahrens ist zufriedenstellend und entspricht in seiner Größenordnung derjenigen des einaxialen Druckschwellversuchs (TP Asphalt-StB, Teil 25 B 1).

Der Einfluss der Probenherstellung im Walzsektorverdichter ist vorhanden, muss aber noch quantifiziert werden.

Der Spurbildungsversuch ist als Prüfverfahren für die Ermittlung des Widerstandes gegen bleibende Verformungen im Rahmen von Erstprüfungen und Kontrollprüfungen geeignet. Er ist nicht geeignet zur Ermittlung von Eingangsgrößen für Bemessungsprogramme (Performance-related).

Die Prüfbedingungen können bei Bedarf noch verschärft werden, z. B. durch Erhöhung der Temperatur.

Weitere Asphalteigenschaften dürfen nicht vernachlässigt werden, das heißt eine Optimierung muss immer auch in Richtung einer guten Rissresistenz bei tiefen Temperaturen und einer möglichst langen Dauerhaftigkeit durchgeführt werden.

Die wahrscheinlichste Fehlerquelle bei der Versuchsvorbereitung und -durchführung ist der Mensch. Eine sorgfältige Versuchsvorbereitung und -durchführung ist unerlässlich. Eine regelmäßige Kontrolle der Versuchsdurchführung und der Versuchsbedingungen ist zwingend erforderlich.

4  Literaturverzeichnis

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  3. Tappert, : Asphalt für schwerste Beanspruchungen – Schlußfolgerungen aus praktischen Erfahrungen, Straßen- und Verkehrskongress 1996, Düsseldorf, 1996
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  8. Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (1997): Technische Prüfvorschriften für Asphalt im Straßenbau, TP A-StB Teil: Spurbildungsversuch – Bestimmung der Spurrinnentiefe im Wasserbad, Ausgabe 1997
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  10. CEN Europäisches Komitee für Normung: prEN 12697 Prüfverfahren für Heißasphalt, Teil 22: Bestimmung der Spurbildung, Entwurf November 1999
  11. Domnick, ; Beecken, G.: Spurbildungsversuch – Vergleichende Untersuchungen mit dem Gummi- und Stahlrad. In: Bitumen 52, Heft 3/1990, S. 121–125
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