FGSV-Nr. FGSV B 34
Ort Aschaffenburg
Datum 26.09.2020
Titel Innovative Fertigteillösungen zur schnellen Instandsetzung von Verkehrsflächen
Autoren Dipl.-Ing. Tanja Tschernack, Dipl.-Ing. (FH) Michael Kispert
Kategorien Betonstraßen
Einleitung

Der Verkehrsträger Straße bildet die Grundlage einer funktionierenden Wirtschaft. Aus diesem Grund ist es notwendig, eine hohe Verfügbarkeit sicherzustellen und beispielsweise Beeinträchtigungen aufgrund von Arbeitsstellen zu minimieren. Bei akutem Handlungsbedarf wird häufig eine temporäre Instandsetzung mit Asphalt vorgenommen, die jedoch nur eine kurze Lebensdauer aufweist und ein erneutes Eingreifen erfordert. Daher sind vor Ort schnell ausführbare Instandsetzungssysteme notwendig, die qualitativ hochwertig und somit dauerhaft sind. Dies führt nicht nur zu einer Verringerung der Sperrzeiten im Sanierungsfall selbst, sondern in der Folge auch zu einer Minimierung der Arbeitsstellenanzahl. Für eine fachgerechte Ausführung des Ersatzes oder Teilersatzes von Betonfahrbahnen erfordern konventionelle Methoden ein relativ großes Zeitfenster, da die Verkehrsfreigabe ein Erreichen der erforderlichen Materialfestigkeit voraussetzt. Bei der Herstellung der Fahrbahnen hängt die Ausführungsqualität stark von den beim Bau vorhandenen und zudem unvorhersehbaren Randbedingungen, z. B. dem Wetter, ab. Betonfertigteile, die in ihren Abmessungen individuell an den Schadensumfang angepasst werden können, werden unabhängig von diesen äußeren Randbedingungen unter definierten Bedingungen im Werk gefertigt und liefern dadurch eine gleichbleibend hohe Qualität. Durch den Einsatz werden gleichzeitig größere Arbeitszeitfenster ermöglicht, da das Aushärten des Betons bereits im Werk erfolgen konnte und bei geeignetem Bettungsmaterial eine Verkehrsfreigabe bereits unmittelbar nach der Verlegung möglich ist. Seit dem Jahr 2012 wurden die Einsatzmöglichkeiten und -grenzen von Fertigteilsystemen untersucht und mehrere Forschungsarbeiten zu diesem Thema in den letzten Jahren bereits erfolgreich abgeschlossen. Aus diesen Forschungsarbeiten kann auf eine gut fundierte Wissengrundlage und Praxiserfahrungen zurückgegriffen werden. Untersucht wurde neben der Anwendung als Reparatursystem auch die Eignung zum Ersatz von Ortbetonarbeiten im klassischen Handeinbauverfahren, um beispielsweise Raumfugen integrieren oder auch kleinere Flächen herstellen zu können. Die Untersuchungen haben gezeigt, dass die Fertigteiltechnologie hervorragend zur schnellen und hochwertigen Instandsetzung von Fahrbahnen sowie zur Herstellung von hochbelasteten Flächen verwendet werden kann.

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 1 Überblick

Die Betonbauweise kommt insbesondere auf hochbelasteten Bundesfernstraßen, Autobahnen und Bundesstraßen, zum Einsatz. Aber auch auf Containerstell- und Verladeflächen, auf Flughäfen und gelegentlich auch innerorts dient diese Bauweise zur Aufnahme hoher statischer und dynamischer Lasten.

Nach mehrjähriger teils intensiver Nutzung von Betonflächen werden oftmals Instand- setzungsmaßnahmen notwendig, die es erfordern, einzelne Platten oder Teile von Platten zu ersetzen. Für diesen Fall sehen die ZTV BEB-StB den Ersatz mit Straßenbeton, frühfestem Beton oder Schnellbeton vor. Um die zugehörigen Arbeiten fachgerecht ausführen zu können und die erforderlichen Materialfestigkeiten für die Verkehrsfreigabe zu erreichen, ist bei der Anwendung der klassischen Methode des Ersatzes bzw. Teilersatzes von Betonplatten ein relativ großes Zeitfenster erforderlich. Auch spielen Witterungseinflüsse bezüglich der Ausführungsqualität eine Rolle. Eine zeitliche Minimierung der Verkehrseinschränkungen kann nur durch den Einsatz von schnellerhärtendem Beton erfolgen. Die Verwendung von Fertigteilen kann hier eine sichere, technisch sinnvolle Alternative darstellen.

Die Vorteile der Fertigteilbauweise ergeben sich vor Allem aus der Vorfertigung, die unter kontrollierten Bedingungen stattfindet. Zudem kann eine weitgehende Aushärtung des Betons vor der Erstbelastung gewährleistet werden. Eine Montage der Fertigteile vor Ort ist deutlich temperatur- und witterungstoleranter als die Herstellung von schnell erhärtendem Beton auf der Arbeitsstelle. So ermöglicht diese Bauart auch noch „Winterbaustellen“ bei Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt.

Die praktische Anwendung der Fertigteiltechnologie für die Sanierung von Betonfahrbahnen setzt die Lösung einiger grundlegender technischer Probleme voraus. Es sind dies vor Allem:

– Eine zielgenaue Dimensionierung des Fertigteils.

– Die Schaffung einer wirksamen Querkraftübertragung zwischen dem Fertigteil und den angrenzenden Fahrbahnplatten.

– Die Herstellung einer homogenen und dauerhaften Bettung.

– Die Erarbeitung einer Grundsatztechnologie, welche den Abbruch der geschädigten Platte bzw. Teilplatte und den höhengerechten Einbau des Fertigteils umfasst.

Außerdem ist sicher zu stellen, dass durch den Einsatz der Fertigteile die vorhandenen Fahrbahnplatten keine Beanspruchungen erfahren, welche zu einer vorzeitigen Schädigung führen.

Im Gegensatz zu anderen Ländern, wie z. B. den USA oder den Niederlanden, fand die Fertigteilbauweise in Deutschland bislang nur sporadisch Anwendung. Erste Einsätze erfolgten im Rahmen von Forschungsprojekten zur Reparatur von lokalen Fahrbahnschäden. Hierbei wurden einzelne Plattenteile und Einzelplatten auf den Bundesautobahnen sowie im Bereich von Flugbetriebsflächen mit Fertigteilen ersetzt. Eine weitreichende Anwendung, über die Forschung hinaus, konnte aber bisher noch nicht erreicht werden. Um die Einsatzbereiche der Fertigteiltechnologie weiter auszubauen und größere Flächen herstellen zu können, wurden hierzulande bekannte Systeme weiter überarbeitet und erforscht. Diese Überlegungen mündeten in jüngerer Vergangenheit in mehreren Versuchsstrecken, bei denen jeweils erfolgreich längere Fertigteilreihen in kürzester Zeit hergestellt werden konnten. Diese Versuche haben gezeigt, dass die Fertigteilbauweise auch für größere Bereiche zum Einsatz kommen kann, insbesondere wenn eine schnelle Verkehrsfreigabe zur Verbesserung der Verfügbarkeit erforderlich ist.

2 Technische Details

2.1 Grundsatztechnologie

Die Fertigteilbauweise folgt in Deutschland bisher stets einer Grundsatztechnologie. Die Fertigteile werden entsprechend den vor Ort erfassten Randbedingungen geplant, hergestellt und zur Baustelle transportiert. Dort werden sie in die vorbereiteten Aussparungen in der Betondecke eingesetzt, lage- und höhenmäßig justiert und schließlich über im Fertigteil vorgesehene Verpressöffnungen mit Silikatharz unterfüllt. Für die Füllung der Fugenbereiche wird das aufsteigende Silikatharz ebenfalls verwendet. Nach einer kurzen Zeit, bei der das Silikatharz unter exothermer Reaktion aushärtet, können die Fugen im oberen Bereich nachbearbeitet und verschlossen werden. Direkt nach Erhärten der Fugenmasse kann der Verkehr bereits wieder freigegeben werden.

2.2 Höhenjustierung

Die Höhenjustierung von Fertigteilen, die in eine bestehende Fahrbahn als Ersatz eingesetzt werden, erfolgte zunächst mit Hilfe von Traversen. Je nach Fertigteilabmaßen kamen dabei Traversen über das gesamte Fertigteil oder Kragarmtraversen zum Einsatz (Bild 1). Aufgrund der Auflagerung auf der angrenzenden Fahrbahnoberfläche können Längs- und Quernei- gungen leicht auf das Fertigteil übertragen und dessen Lage somit exakt angepasst werden. Eine erforderliche millimetergenaue Feinjustierung ist mittels an den Traversen angebrachten Stellschrauben aber dennoch möglich.

Bild 1: Traversen zur Höhenjustierung

Bild 2: Justiersystem „HESTER-Kombi“

Um den Einsatzbereich der Fertigteiltechnologie zu erweitern und eine von der Bestandsfahr- bahn unabhängige Höhenjustierung zu ermöglichen, zielten die letzten Forschungsprojekte insbesondere darauf ab, ein System zu entwickeln, das die Höhenjustierung ohne Traversen möglich macht. Für den Anwendungsbereich der Sanierung ist diese Technologie zwar nicht unbedingt erforderlich, möchte man aber mehrere Platten hintereinander zum Beispiel an der Außenseite der Fahrbahn oder an eine angrenzende Bordanlage einbauen, ist die Unabhängigkeit des Justiersystems bzw. eine bessere Anpassungsfähigkeit an die lokalen Gegebenheiten unabdingbar.

Das neu entwickelte System erfüllt dabei neben der Funktion der Höhenjustierung auch die Funktion des Transportankers. Es wird an Stelle der Anker in den Fertigteilplatten eingebaut und kann nach dem Verlegen durch das Herausdrehen von Stellschrauben die Platte genau ausrichten. Nach dem Unterpressen der Fertigteile werden die Aufstandsflächen durch Herausdrehen der Stellschrauben wieder entlastet, um eine vollflächige Auflagerung der Platte auf dem Unterfüllmaterial gewährleisten zu können. Die bisherigen Praxisversuche bestätigten die generelle Anwendbarkeit des neu entwickelten Systems auf der Arbeitsstelle.

2.3 Unterpressmaterial

Unabhängig vom verwendeten Höhenjustiersystem wird der resultierende Hohlraum zwischen der Unterlage und dem Fertigteil anschließend mit einem geeigneten Injektionsmaterial (z. B. Silikatharz) verfüllt, so dass die vollflächige Auflage und die höhengerechte Lage des Fertigteils sicher hergestellt werden kann. Das für das Unterpressen verwendete Silikatharz erreicht vergleichbare Festigkeiten wie Beton, weist jedoch ein anderes Verformungsverhalten auf. Der E-Modul (Druckmodul) des Materials beträgt ca. 500 MPa. Das eingesetzte Material ermöglicht es, einen Verbund zwischen Betonfertigteil und Verpressmaterial herzustellen. Zur Entfernung von Trennmittelresten und zur Erhöhung der Rauigkeit hat sich das Sandstrahlen der schalungsseitigen Fertigteilflächen bewährt. Bei fachgerechter Ausführung lässt sich anhand der dargestellten Materialeigenschaften eine homogene elastische Bettung des Fertigteils prognostizieren. Zudem sind auf Grund der verhältnismäßig dünn geplanten Bettungsschicht relativ geringe Vertikalverformungen infolge Verkehrsbeanspruchung zu erwarten. Aufgrund der schnellen Festigkeitsentwicklung des Silikatharzes kann eine Verkehrsbelastung bereits ca. 30 Minuten nach Injektion erfolgen.

2.4 Querkraftübertragung

Ein weiterer Untersuchungsschwerpunkt lag in der Kopplung der Fertigteile untereinander bzw. zur angrenzenden Fahrbahn, um eine Querkraftübertragung gewährleisten zu können.

Für den Sanierungsfall kam zunächst ein System zum Einsatz, dass die Querkraftübertragung mit Hilfe von herkömmlichen Dübeln erreichen sollte. Dafür wurden in die Bestandsfahrbahn Löcher eingebohrt, in welche die Dübel eingeklebt wurden. Ähnlich dem System Super-Slab® aus den USA wurden in den Fertigteilen die entsprechenden Aussparungen an der Unterseite (Dübelkammer) vorgesehen (Bild 3), die nach dem Verlegen der Platten die eingeklebten Dübel aufnahmen. Die nach unten offenen Kammern wurden letztlich mit dem Unterpressmaterial verfüllt. Wichtig ist daher eine gute Verzahnung des Verpressmaterials an den Kammerwänden. Entsprechend wurde eine Profilierung der Kammerwände in den Fertigteilen vorgesehen.

Bild 3: System Dübel-offene Dübelkammer

Da die Dübelkammern eine Schwachstelle im Fertigteilsystem darstellen und zudem einer zusätzlichen Bewehrung im Fertigteil bedürfen, wurden alternative Kopplungssysteme entwickelt und untersucht.

Während für die traditionelle technische Lösung mit der Verwendung von Stahldübeln hinreichende praktische Erfahrungen vorliegen, mussten diese neuen Konstruktionen in Laborgroßversuchen getestet und näher untersucht werden. Die Laborversuche wurden im Rahmen des Verbundforschungsvorhabens „Hybrides Ertüchtigungssystem für die Straßenerhaltung unter Einsatz neuartiger Werkstoffe – HESTER“ (HESTER, 2019), welches vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert wurde, durchgeführt. Hierbei wurden jeweils zwei Fertigteilplatten mit unterschiedlichen Kopplungselementen im Versuchsstand eingebaut, unterpresst und getestet.

Um die jeweilige Anwendbarkeit der verschiedenen Kopplungsvarianten zu prüfen, wurde in Versuchsreihen im Otto-Mohr-Labor der TU Dresden in 2 Durchgängen jeweils zwei Fertigteilplatten (je Plattenpaar waren 4 Kopplungssysteme möglich) eingebaut und mit einer zyklischen Dauerbelastung mit 1 Mio. LW und 80 kN belastet.

Im Versuchsstand mit den Abmessungen von 2,50 x 5,00 m wurden unbewehrte Fertigteilplatten auf einer lagenweise eingebrachten und verdichteten Schottertragschicht aufgelegt und mit Silikatharz unterpresst (Bild 4).

Bild 4: Versuchsaufbau für Kopplung Nut-Feder-System (HESTER) – Betonfertigteile auf Silkatharzunterlage und Schottertragschicht

Ziel war die Evaluierung der (dauerhaften) Querkraftübertragung unterschiedlicher Systeme zur Plattenkopplung. Durch eine gezielte Belastung des Fugenbereichs zweier verbundener Platten und die messtechnische Erfassung der Verformungen und Dehnungen, konnten Aussagen über die Effektivität des jeweiligen Querkraftübertragungssystems getroffen werden.

Die wirksame Querkraftübertragung eines Plattenkopplungssystems wurde durch die Belas- tung des Randbereichs einer der beiden verbundenen FT-Platten und die messtechnische Erfassung der Dehnungen und Vertikalverschiebungen beider Platten (z. B. über induktive Wegaufnehmer (IWA) auf der Plattenoberseite) evaluiert. Je gleichförmiger demnach die Verformungen der Platten, desto wirksamer sollte die Querkraftübertragung sein (Wirksamkeitsindex). Das Aufbringen der Belastung erfolgte über einen kreisrunden Laststempel mit Ø = 30 cm, welcher mittig in einem Abstand von 25 cm (gemessen von Kreismittelpunkt) zur Fuge positioniert wurde.

Jeweils vor und nach der Belastung sowie nach dem Durchtrennen im Bereich der Kopplung wurde eine statische Rampe bis 80 kN aufgebracht. Über zuvor an den Fertigteilen angebrachte Dehnmessstreifen und induktive Wegaufnehmer konnten dabei Dehnungen und Verschiebungen gemessen werden. Mit diesem Vorgehen war es möglich, insgesamt acht Kopplungssysteme zu testen.

Zur Beurteilung der Wirksamkeit der Querkraftübertragung wurden der Wirksamkeitsindex und der Dübelfaktor bestimmt. Der Wirksamkeitsindex ergibt sich dabei, aus dem Vergleich der Durchbiegungswerte der Platten an der untersuchten Fuge. Der Dübelfaktor gibt das Verhältnis zwischen der Spannung am Rand mit Querkraftübertragung zu der Spannung am Rand ohne Querkraftübertragung an. Je kleiner der Dübelfaktor also ist, desto größer ist die Wirkung der Querkraftübertragung.

Es wurde festgestellt, dass alle untersuchten Konstruktionsvarianten eine wirksame Querkraftübertragung ermöglichen, die die Spannungen in der belasteten Platte reduzieren. Die Variante Nut-Nut bietet jedoch viele Vorteile. Zum einen kann die Verlegung der Platten auch in engen Bereichen schnell und unkompliziert erfolgen und zum anderen bietet diese Variante die Möglichkeit, die Fertigteile wenn notwendig auszubauen und nach einer Aufarbeitung erneut zu verwenden.

3 Praxisbeispiele/Anwendungsfelder

3.1 Fertigteile im Fugenkreuzbereich

Für die Instandsetzungsmethode mittels des Einsatzes von Betonfertigteilen wurden im Rahmen der Forschungsvorhaben (FE 08.0217/2012/ERB und FE 89.0279/2012) theoretische Grundlagen erarbeitet und erste praktische Erfahrungen gesammelt. Der Schwerpunkt lag dabei auf der Sanierung von geschädigten Platten im Bereich von Fugenkreuzen. Die in den Projekten gewonnenen Erfahrungen belegten die prinzipielle Anwendbarkeit der Technologie für den deutschen Betonstraßenbau. Gleichzeitig wurde deutlich, dass das exakte Heraustrennen der zu ersetzenden Betonbereiche zeitaufwendig ist und besondere Sorgfalt erfordert. Die theoretischen Untersuchungen zeigten außerdem, dass die beim Einsatz rechteckiger Fertigteile entstehenden einspringenden Ecken einen konstruktiven Schwachpunkt in den verbleibenden Restplatten bilden. Aus diesem Grund wurden die Ecken der Fertigteile in weiteren Versuchen abgerundet (Bild 5). Um die dafür entsprechende Aussparung herzustellen, mussten jedoch vier Kernbohrungen sowie insgesamt acht Schnitte ausgeführt werden. Zwickelbereiche, die mit Hilfe weiterer Geräte beseitigt werden mussten, verblieben aber dennoch. Das Entfernen des schadhaften Bereiches stellte sich somit als sehr aufwendig dar.

Bild 5: Fertigteil mit abgerundeten Ecken

Mit dem Einsatz kreisrunder Fertigteile war es möglich, die genannten Probleme zu lösen. Die Abbruchtechnologie lässt sich automatisieren. Mit einem einzigen Schnitt kann eine exakt auf die Fertigteilgeometrie abgestimmte Aussparung hergestellt werden. Dafür wurde im Auftrag der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) ein entsprechendes Bohrgerät entwickelt.

Bild 6: Bohrgerät zur Herstellung kreisrunder Schnitte

Die kreisrunden Fertigteile, die einen Durchmesser von 1,92 m bzw. 1,62 m aufweisen, wurden im Rahmen der Forschungsvorhaben (FE 08.0283/2013 und SPEED-FT, deutsch- österreichische Forschung) auf Autobahnen im Bereich der Hauptfahrstreifen eingebaut. Dabei war es möglich, innerhalb einer Nacht bis zu acht Fugenkreuze zu sanieren, so dass der Verkehr tagsüber bereits über die neu eingebauten Fertigteile fahren konnte.

Bild 7: Rundes Fertigteil – Montage und Endzustand

Die technologischen Vorteile, welche sich aus der kreisrunden Fertigteilform in Verbindung mit dem neuen Schneidgerät ergeben, wurden im Baustellenversuch deutlich, indem sich eine deutliche Verbesserung gegenüber der traditionellen Technologie beim Einbau von Rechteckplatten zeigte.

3.2 Fertigteile mit Einbauteilen

Besondere Herausforderungen ergeben sich für Planung und Ausführung, sobald Einbauteile im Baubereich vorhanden sind. Um diese auch in den Fertigteilen integrieren zu können, müssen spezielle Aussparungen im Fertigteil vorgesehen und die Randbedingungen des Einbaus berücksichtigt werden.

Im Praxisversuch am Flughafen München sollte eine Teilplatte der Fahrbahn eines Rollweges mit Hilfe eines Fertigteils innerhalb kurzer Zeit ersetzt werden. In diesem Teilbereich befanden sich eine Unterflurbefeuerung sowie ein Kabelanschlussschacht. Um die Einbauzeit zu verkürzen, wurde ein Fertigteil konzipiert, das bereits ab Werk die Einbauteile zur Befeuerung und zum elektrischen Anschluss selbiger enthielt. Dazu war es im Vorfeld notwendig, die genaue Lage der Einbauteile festzustellen und diese bei Erstellen der Pläne sowie bei der Herstellung im Werk genau zu beachten. Ebenso musste im Fertigteil eine Verbindung zwischen Leuchte und Anschlussdose vorgesehen werden.

Aufgrund des laufenden Betriebes stand nur ein begrenztes Zeitfenster für die Bauarbeiten zur Verfügung. Der Bestandsbeton wurde entfernt, Dübel- und Ankerlöcher gebohrt und das Fertigteil mit Hilfe von Kragarmtraversen einsetzt und unterpresst. Nachdem das Silikatharz ausreichend ausgehärtet war, konnte die Verkabelung hergestellt werden. Dazu wurde die unter dem Fertigteil befindliche Silikatharzschicht unter der Anschlussdose durchbohrt und aus dem in der Tragschicht liegenden Leerrohr die Kabel herausgezogen.

Bild 8: Einbaubereich und Fertigteil mit Einbauteilen

3.3 Versuchsreihe duraBASt

Im Zuge jüngerer Untersuchungen ergab sich die Möglichkeit, einen Teilbereich des neuen Demonstrations-, Untersuchungs- und Referenzareals der BASt (duraBASt) für den Einbau von Fertigteilen zu nutzen. Die Vorteile lagen in der Möglichkeit, die Fertigteile realitätsnah einbauen zu können sowie in der Tatsache, dass die Platten einer realen Witterungsbelastung unterliegen. Ebenso können Verkehrsbelastungen zeitraffend mit dem BASt-eigenen Mobile Load Simulator (MLS30) erfolgen. Für den Versuch stand im Rahmen von zwei Forschungsvorhaben ein Bereich von 3,90 m Breite und einer Länge von ~50 m zur Verfügung.

Untersucht wurden unter anderem, die Praxistauglichkeit von verschiedenen neuen Kopplungs- systemen, das neu entwickelte Höhenjustiersystem „HESTER“-Kombi, das die Funktionen Transport, Höhenjustierung und Verpresskanal vereint, sowie die Verlegung auf unterschiedlichen Tragschichten.

Bild 9: Untersuchte Kopplungssysteme: Nut-Feder (links), Schiebedübel (Mitte) und Dübelkammern (rechts)

Der Praxisversuch bestätigte, dass sich die Fertigteile ohne größere Probleme einsetzen ließen und die Verlegearbeiten bereits nach kurzer Zeit abgeschlossen werden konnten. Insgesamt hat sich gezeigt, dass nahezu alle Kopplungsvarianten auf der Arbeitsstelle praktikabel sind.

Außerdem wurde deutlich, dass die Höhenjustierung der Platten mit dem System „HESTER- Kombi“ gut funktioniert und für weitere Anwendungen zur Verfügung steht.

3.4 Praxistests Bushaltestellen Berlin

Die in den Labor- und Großversuchen gewonnenen Erkenntnisse und Erfahrungen sollten in Praxisversuchen unter realen Bedingungen vertieft und gefestigt werden. An verschiedenen Bushaltestellen in Berlin konnten Fertigteile im Fahrbahnbereich eingebaut werden.

Die vorhandenen Betondecken, die eine Länge von 20 bis 50 m und eine Breite von 3,00 m aufwiesen, zeigten alle bereits deutlich sichtbare Schäden, die eine Erneuerung notwendig machten. Zudem wurde in jedem Fall auch die Anpassung der Nebenanlagen (Herstellen der Barrierefreiheit durch Kasseler Bord) vorgesehen. Die zugehörigen Arbeiten sowie die Vorbereitung der Tragschicht erfolgten jeweils bereits vor dem Fertigteileinbau.

Als Kopplungssystem wurde eine Nut-Nut-Konstruktion (Bild 10) gewählt, da diese sich im Hinblick auf den Einbau als vorteilhaft herausgestellt hatte, leicht Korrekturen ermöglicht und eine Wiederaufnahme und Wiederverwendbarkeit gegeben ist. Der zwischen zwei Fertigteilen gebildete Hohlraum wurde schließlich im Zuge der Arbeiten mit dem aufsteigenden Silikatharz verfüllt und gewährleistet im Folgenden die Querkraftübertragung.

Bild 10: Fertigteil am Schacht und Nut-Nut-Konstruktion

Bei der Planung und Herstellung der Fertigteile mussten die vor Ort angetroffenen Gegebenheiten berücksichtigt werden. So musste beispielsweise ein Schacht (Bild 10) integriert oder die Fertigteile in einem Kurvenbereich verlegt werden.

Aufgrund der Lage der Fertigteile am Bord sowie fehlender angrenzender Befestigungen, kam zur Ausrichtung der Fertigteile das Höhenjustiersystem „HESTER-Kombi“, das bereits bei den Fertigteilen auf dem Gelände der duraBASt getestet wurde, zum Einsatz.

Nach dem Einbringen des Silikatharzes in die Hohlräume unter und zwischen den Fertigteilen sowie einer kurzen Aushärtezeit wurde schließlich noch der Fugenverguss hergestellt.

Je nach Länge der herzustellenden Fahrbahn dauerten die Arbeiten zum Fertigteileinbau ein bzw. zwei Tage. Ohne die notwendigen Restarbeiten an der angrenzenden Asphaltdecke wäre eine Verkehrsfreigabe bereits am gleichen Tag noch möglich gewesen.

Bild 11: Fertiggestellte Bushaltestellen

Bei dem im Zuge des Verbundforschungsvorhabens „HESTER“ hergestellten zweiten Demonstrators wurden Fertigteile mit einer entgegen der herkömmlichen Platten geänderten Geometrie eingebaut. Diese weisen eine gekrümmte Form (Bild 12) auf. Diese Geometrie ermöglicht eine Reduzierung der Geräuschentwicklung bei der Überfahrt der Fugen. Die Platten am Beginn und am Ende des Betonfeldes erhielten zur Vorbeugung bei späterer Spurrinnenbildung des Asphaltes einen in das Fertigteil integrierten Kantenschutz aus Stahl. Als weitere Maßnahme zur Reduzierung der Geräuschentwicklung wurde die Oberfläche aller Fertigteilplatten in Waschbeton ausgeführt.

Bild 12: Fertigteile mit gekrümmten Querfugen

Verbaut wurde außerdem eine kleinere, weiterentwickelte Variante des Transportanker-/Höhen- justiersystems „HESTER-Kombi“. Die neue Variante kommt mit deutlich kleineren Gewindedurchmessern aus, und führt somit nur zu kleinen, kaum auffallenden Öffnungen an der Ober- fläche, die mit Edelstahlschrauben verschlossen werden. Insgesamt konnten so bei diesem Demonstrator die aktuellsten Entwicklungen getestet werden.

4 Zusammenfassung und Ausblick

Im Rahmen der verschiedenen Forschungsvorhaben wurden technische Systeme entwickelt, die deutliche Vorteile gegenüber bestehenden Sanierungsmethoden zeigen:

– Hohe Ebenheit,

– sehr gute Anpassung an den Bestand,

– Oberflächentextur nach Wunsch,

– hohe Tragfähigkeit der Betondecke,

– sehr gute Querkraftübertragung,

– sehr gute Auflagerungsbedingungen für die Fertigteile,

– Nutzung bestehender Tragschichten,

– schnelle Wiederverfügbarkeit durch kurze Bauzeiten,

– geringere Verkehrsführungskosten,

– Wiederverwendbarkeit der Fertigteile und eine

– hohe Lebenserwartung bzw. Nutzungsdauer.

Die Systeme haben in den Demonstratoren und auch in ersten Folgeaufträgen die zuverlässige Anwendbarkeit der entwickelten Techniken gezeigt. Bereits seit über 5 Jahren liegen die ersten Flächen der Forschungsvorhaben unter starker Verkehrsbelastung. Alle Erwartungen an die Betonfertigteilbauweise haben sich bisher positiv bestätigt.

Die Integration der Fertigteilbauweise in bestehende Regelwerke bzw. die Aufstellung eines separaten Regelwerks ist voranzutreiben, um die gewünschten hohen Qualitätsstandards zu definieren und die Bauweise als qualitativ hochwertige Ergänzung zu den vorhandenen Sanierungsmethoden zu etablieren.

Literaturverzeichnis

HESTER: Hybrides Ertüchtigungssystem für die Straßenerhaltung unter Einsatz neuartiger Werkstoffe – HESTER, Forschungsvorhaben, gefördert vom BMBF (2015–2018), Förderkennzeichen 13XP5000 A-H

Wieland, M. (2012): Instandsetzung partiell geschädigter Betonfahrbahndecken mittels Betonfertig- teilen. FE 08.0217/2012/ERB, Bundesanstalt für Straßenwesen

Villaret, S.; Riwe, A.; Tschernack, T. (2012): Machbarkeitsstudie zum Einsatz von vorgefertigten Betonfertigteilen zur schnellen Sanierung lokaler Schadstellen. Schlussbericht – FE 89.0279/2012, Bundesanstalt für Straßenwesen

Villaret, S.; Riwe, A.; Tschernack, T. (2014): Weiterentwicklung und Erweiterung der theoretischen Grundlage für die Instandsetzungsmethode mittels Betonfertigteile. Schlussbericht – FE 89.0283/2013, Bundesanstalt für Straßenwesen

Oesterheld, R.; Peck, M.; Villaret, S.: Straßenbau heute. Band 1 Betondecken, Verlag BAU+ TECHNIK GmbH, 2018

SPEED-FT: Reparatursystem mit Fertigteilen zur schnellen und dauerhaften Instandsetzung von Betonfahrbahnbereichen. DE-AT Kooperation Verkehrsinfrastrukturforschung 2016