FGSV-Nr. FGSV 002/117
Ort Münster
Datum 15.03.2017
Titel Einsatz von Betonfahrbahnen in Kommunen
Autoren Prof. Dr.-Ing. Andreas Großmann
Kategorien Kommunal
Einleitung

Was in Kommunen im benachbarten Ausland, bspw. der Schweiz, Österreich oder den Niederlanden offenbar seit vielen Jahren Stand der Technik ist, ist auf Deutschlands Kommunalstraßen eine „Sonderbauweise“: Betonfahrbahnen. Obwohl, gerade in den neuen Bundesländern diese Bauweise häufig zum Einsatz kam, wird sie heute auf größeren Flächen wie gesamte Straßenzüge, bspw. in Wohngebieten, kaum noch angewendet (Bild 1). Die Gründe liegen offenbar in den schlechten Erfahrungen hinsichtlich einer komfortablen Nutzungsdauer sowie der Notwendigkeit, einen „leichteren“ Zugriff auf die unter der Straßenoberfläche liegenden Ver- und Entsorgungseinrichtungen zu haben.

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1 Einführung

Was in Kommunen im benachbarten Ausland, bspw. der Schweiz, Österreich oder den Niederlanden offenbar seit vielen Jahren Stand der Technik ist, ist auf Deutschlands Kommunalstraßen eine „Sonderbauweise“: Betonfahrbahnen. Obwohl, gerade in den neuen Bundesländern diese Bauweise häufig zum Einsatz kam, wird sie heute auf größeren Flächen wie gesamte Straßenzüge, bspw. in Wohngebieten, kaum noch angewendet (Bild 1). Die Gründe liegen offenbar in den schlechten Erfahrungen hinsichtlich einer komfortablen Nutzungsdauer sowie der Notwendigkeit, einen „leichteren“ Zugriff auf die unter der Straßenoberfläche liegenden Ver- und Entsorgungseinrichtungen zu haben.

Bild 1: Wohnstraße in Brandenburg (Quelle: LEHMANN + PARTNER)

Infolge vermehrt auftretender Schäden wie Spurrinnen, Verdrückungen und weiteren Schäden werden hochbelastete Verkehrsflächen wie Bushaltestellen, Busspuren und Kreisverkehre immer häufiger anstatt in Asphalt- oder Pflaster in Betonbauweise ausgeführt.

Bild 2: Schäden an Verkehrsflächen infolge spurgeführtem Verkehr (Quelle: eigene)

Die Gründe für die Vernachlässigung der Betonbauweise im kommunalen Umfeld liegen neben einem geringen Erfahrungsschatz sicherlich auch in einer aufwändigeren Planung, höheren Ausführungskosten, einem komplexeren Einbau, gerade in Zusammenhang mit Einbauten, Instandhaltungsmaßnahmen und Maßnahmen Dritter an den Ver- und Entsorgungseinrichtungen. Offen ist auch der Nachweis, dass die Betonbauweise im Lebenszyklus wirtschaftlicher als beispielsweise die Asphaltbauweise ist.

Die Thematik „Einsatz von Betonflächen in Kommunen“ ist sehr umfangreich und weitläufig und lässt sich mit einem Vortrag generell nicht behandeln. Mit nachfolgenden Ausführungen soll demnach grundsätzlich auf die Belange der Planung, dem Bau und der Wirtschaftlichkeit kommunaler Verkehrsflächen in Betonbauweise eingegangen werden. Es können leider nicht alle Besonderheiten und Einzelheiten wie Baustoffe (Glasfaser) Berücksichtigung finden. Ziel des Vortrages ist, generelle Möglichkeiten hinsichtlich dem Einsatz von Betonflächen im kommunalen Bereich aufzuzeigen.

Besonderer Dank gilt dem Straßenbauamt Böblingen sowie Herrn Baudirektor Andreas Klein, dessen persönliche Erfahrungen hier einfließen durften.

2 Einsatz von Betonfahrbahnen in Kommunen

2.1 Bemessung/Dimensionierung

Die Ermittlung der erforderlichen Oberbaudicke in Abhängigkeit der Verkehrsbelastung erfolgt in der Bundesrepublik Deutschland gemäß den „Richtlinien für die Standardisierung des Oberbaus von Verkehrsflächen“ (RStO 12). Diese regeln die Standardfälle bei Neubau und Erneuerung, auch für den kommunalen Straßenbau. Für Betonbauweisen finden die Tafeln 2 und 4 Anwendung, die generellen Anforderungen an Betondecken und an Vliesstoffe sind in den ZTV Beton-StB enthalten.

Hinsichtlich der Ermittlung der Bemessungsrelevanten Beanspruchung B (B-Zahl) wird vorliegend empfohlen, die Methode 2 anzuwenden, vor allem wenn es sich um Busspuren, Bushaltestellen etc. handelt. Von einer Anwendung der Tabelle 3 der RStO ist abzusehen, da diese möglicherweise zu einer falschen Belastungsklasse führt.

Bei der auf der B-Zahl aufbauenden Dickenfestlegung nach Tafel 2 oder 4 ist zu beachten, dass von einer Verdübelung der Querfugen und einer Verankerung der Längsfugen ausgegangen wird, des Weiteren Plattengeometrien in Abhängigkeit der Belastungsklasse zugrunde gelegt sind. Diese Rahmenbedingungen treffen bei Betonfahrbahnen in Kommunen nicht immer zu. In diesem Zusammenhang wird die Beachtung des „Merkblattes für Planung, Konstruktion und Bau von Verkehrsflächen aus Beton, M VaB, Teil 1“ hingewiesen. Dort sind Anmerkungen zur Dickenfestlegungen bei Abweichungen von den o. g. Rahmenbedingungen genannt.

Grundsätzlich wird die Anwendung der „Richtlinien zur rechnerischen Dimensionierung des Oberbaus“ (RDO Beton) empfohlen. Nur so kann im Sinne der Dauerhaftigkeit und Nachhaltigkeit der Betonbauweise eine der Verkehrsbelastung und den weiteren Rahmenbedingungen entsprechende Dickenfestlegung erfolgen.

2.2 Plattengeometrie und Fugenplan

Ein gut entworfener Fugenplan, einhergehend mit sich dadurch ergebenden sinnvollen Plattengeometrien, welche die Belastungen des Schwerverkehrs und den Temperatur- und Feuchteeinwirkungen standhalten, ist wesentlich für eine lange Nutzungsdauer. Grundsätze für die Plattengeometrien und Hinweise zum Entwurf eines Fugenplanes sind im o. g. Merkblatt M VaB, Teil 1 enthalten. Insofern wird darauf verwiesen.

Es ist allerdings hierzu anzumerken, dass ausreichende Erfahrung beim Aufstellen eines Fugenplanes vorhanden sein sollten.Es empfiehlt sich, den Fugenplan als Bestandteil der Ausschreibung aufzunehmen und diesen durch die Bauverwaltung nicht vorzugeben.

2.3 Konstruktion und Bauausführung

Als Unterlage unter einer Betondecke ist nach dem M VaB, Teil 1, eine Tragschicht gemäß den ZTV Beton-StB, den ZTV Asphalt-StB oder den ZTV SoB-StB möglich. Basierend auf den Erfahrungen in der Schweiz kann eine Asphalttragschicht mit einer Dicke von 10 cm als Unterlage für die Betondecke empfohlen werden. Auch das genannte Merkblatt empfiehlt in diesem Zusammenhang, dass beim Bauen im Bestand (Regelfall im kommunalen Straßenbau) eine 10 cm dicke ATS zur Anwendung kommen sollte.

Eine Asphalttragschicht hat gerade beim Bauen im Bestand den Vorteil, dass diese im weiteren Bauablauf problemlos befahren werden kann. Wenn möglich, sollte zur Erzielung einer guten Verdichtung auch im Randbereich diese immer mit einer größeren Breite (ca. 30 cm) als die Betonfahrbahn ausgebildet werden.

Nicht vermeidbare Einbauten bzw. spitze Ecken sollten mit einer zusätzlichen Bewehrungszulage in Form von Betonstabstahl d = 16 mm bzw. 20 mm gegen wilde Risse gesichert werden.

2.4 Übergang Beton/Asphalt

In diesem Zusammenhang wird auf die besonderen Kenntnisse von Herrn Baudirektor Klein verwiesen. Dieser führt in seinen Projekterfahrungen aus, dass für die Sicherstellung einer hohen Qualität des Übergangsbereiches Asphalt/Beton vor dem Einbau der Betondecke zunächst der Einbau der bituminösen Binder- und Tragschichten der angrenzenden Äste erfolgen sollte. Diese Schichten werden zunächst um mindestens 1,0 m länger ausgebildet und dann vor dem Aufbau der Schalung für den Betoneinbau um ca. diese Länge wieder zurückgeschnitten. Damit wird sichergestellt, dass das Asphaltpaket im Übergangsbereich zum Beton optimal verdichtet ist. Beim Einbau des Asphalts gegen eine bereits fertig gestellte Betonfahrbahn besteht neben dem Problem der Verdichtung im Randbereich zu dem die Gefahr, dass durch Fehler beim Walzen die Betonfahrbahn geschädigt wird.

Der Übergang Betonzur Asphaltbauweise sollte schiefwinklig erfolgen, um ein gleichzeitiges Überfahren einer Lkw-Achse des Fugenbereiches zu vermeiden. Dieser wird als bituminöser Fahrbahnübergang (Wösta Fuge) mit stark ausgeprägten visko-elastischen Eigenschaften in einer Breite von ca. 10 cm ausgeführt. Hierdurch wird sichergestellt, dass eine geschlossene Fuge entsteht, welche temperaturbedingte Längenänderungen der Betonfahrbahn aufnehmen kann, eventuelle geringfügige Setzungen bzw. Dehnungen abfedert und die Kante der Betonfahrbahn schützt.

2.5 Wirtschaftlichkeit im Lebenszyklus

Um einen ersten Vergleich hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit einer Busspur in Betonbauweise zur Asphaltbauweise aufzustellen diente ein Pilotprojekt an der Hochschule Konstanz im Rahmen einer Masterthesis. Ziel der Arbeit war die Analyse, ob unter vergleichbaren Randbedingungen und unter allgemein bekannten und plausiblen Parametern (Kosten, Eingreifzeitpunkte, Zustandsveränderungen, etc.) die Betonbauweise über einen Zeitraum von 30 Jahren wirtschaftlicher ist als die Asphaltbauweise. Hierzu wurde eine ca. 400 m lange Busspur in Konstanz analysiert, für diese ein Leistungsverzeichnis für die Betonbauweise erstellt und dann über einen Lebenszyklusansatz mittels einer entsprechenden Software ein wirtschaftlicher Vergleich zur Asphaltbauweise gezogen. Im Ergebnis zeigte sich, dass die Anwendung der Betonbauweise im Vergleich zur Asphaltbauweise im Lebenszyklus um ca. 20,8 % wirtschaftlicher wäre.

3 Zusammenfassung und Fazit

Die Anwendung der Betonbauweise im kommunalen Umfeld hat auf hochbelasteten Verkehrsflächen wie Busspuren und Bushaltestellen aber auch auf Straßen mit einem hohen Schwerverkehrsanteil wesentliche Vorteile hinsichtlich der Standfestigkeit und schließlich der Dauerhaftigkeit. Bei entsprechender Ausführung kann demnach die Betonbauweise deutlich wirtschaftlicher sein als die Asphaltbauweise.

Allerdings sind bei der Planung, der Dickenfestlegung, der Konstruktion und dem Bau besondere Anforderungen zu beachten, um die gewünschte Dauerhaftigkeit zu erzielen. Wichtige Informationen und Hinweise sind dem Technischen Regelwerk zu entnehmen, im Besonderen dem M VaB.

Darüber hinaus liegen teilweise sowohl in der Bauverwaltung, bei Ingenieurbüros als auch bei bauausführenden Firmen durch zahlreiche Projekte fundierte Erfahrungen vor, die nicht im Regelwerk enthalten sind. Es wird an dieser Stelle empfohlen, im Sinne eines nachhaltigen Bauens auf diese Erfahrungen zurück zu greifen und bei der Ausschreibung einer solchen Leistung entsprechende Referenzen einzuholen.