FGSV-Nr. FGSV A 43
Ort Bamberg
Datum 16.05.2017
Titel Straßenbau in Bayern
Autoren MDirig. Dipl.-Ing. Karl Wiebel
Kategorien Asphaltstraßen
Einleitung

Der Beitrag gibt einen Überblick über die Aufgaben und die organisatorische Gliederung der Bayerischen Straßenbauverwaltung sowie über die aktuellen Herausforderungen des Straßenbaus in Bayern. Die Aufstellung bzw. Umsetzung der wichtigsten Fachprogramme des Straßenbaus, des Bedarfsplans für die Bundesfernstraßen und des Ausbauplans für die Staatsstraßen werden erläutert. Die Bayerische Straßenbauverwaltung wirkt bei der Erprobung und Weiterentwicklung neuartiger Bauweisen aktiv mit. So beteiligt sie sich an der 2011 gestarteten Qualitätsoffensive Asphalt, um die Dauerhaftigkeit zu verbessern.

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Der Fachvortrag zur Veranstaltung ist im Volltext verfügbar. Das PDF enthält alle Bilder und Formeln.

1 Die Bayerische Straßenbauverwaltung

Die Bayerische Straßenbauverwaltung plant, baut, erhält und betreibt ein Straßennetz von ca. 25.500 km Länge bestehend aus 2.515 km Autobahnen, 5.909 km Bundesstraßen, 14.003 km Staatsstraßen und 3.053 km Kreisstraßen (Stand: 1. 1. 2016). Bestandteil dieses Straßennetzes sind mehr als 14.700 Brücken, 61 Tunnel und über 6.000 km Radwege (Anmerkung zu Bild 1: Die Zahlen beziehen sich auf das gesamte Straßennetz unabhängig von den jeweiligen Zuständigkeiten).

Organisatorisch ist die Bayerische Straßenbauverwaltung 3-stufig aufgebaut (Bild 2). Ministerielle Ebene und damit vor allem zuständig für Grundsatzentscheidungen und strategische Planungen ist die Oberste Baubehörde im Bayerischen Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr. Ihr nachgeordnet sind für den Bereich der Bundesautobahnen zwei Autobahndirektionen und für den Bereich der Bundes- und Staatsstraßen sieben Bezirksregierungen. Die operativen Aufgaben vor Ort obliegen den Behörden der Unterstufe, den 19 Staatlichen Bauämtern und den sechs Dienststellen der Autobahndirektionen. Ihnen sind 29 Autobahnmeistereien mit zwei Fernmeldemeistereien und zwei Verkehrs- und Betriebszentralen sowie 64 Straßenmeistereien zugeordnet.

Die Bayerische Straßenbauverwaltung hat ca. 6.700 Beschäftigte, wovon rund die Hälfte im Betriebsdienst angesiedelt ist. Etwa zwei Drittel der Beschäftigten sind im Bereich der Bundes-, Staats- und Kreisstraßen tätig, ein Drittel im Bereich der Bundesautobahnen.

Im Zuge der Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen wurde die Gründung einer Infrastrukturgesellschaft Verkehr beschlossen. Diese soll ab 2021 für die Bundesautobahnen zuständig sein. Wie sich diese Entscheidung auf die Organisation der Bayerischen Straßenbauverwaltung auswirkt, lässt sich noch nicht abschließend beurteilen.

Bild 1: Netz der überörtlichen Straßen in Bayern

Bild 2: Organisation der Bayerischen Straßenbauverwaltung

Bild 3: Haushaltsentwicklung Straßenbau in Bayern (Bund und Freistaat)

Die Bauinvestitionen in die Autobahnen, Bundes- und Staatsstraßen belaufen sich jährlich auf mehr als 1,6 Milliarden Euro. Durch den aktuellen Investitionshochlauf sind diese Zahlen zuletzt deutlich angestiegen (Bild 3).

Den Aus- und Neubau kommunaler Straßen fördert der Freistaat Bayern zusätzlich mit etwa 200 Millionen Euro pro Jahr.

Zum weit gefächerten Aufgabenspektrum der Bayerischen Straßenbauverwaltung gehören:

  • Infrastrukturplanung, Verkehrsuntersuchungen
  • Raumordnungs- und Planfeststellungsverfahren
  • Planung und Bau von Straßen, Brücken und Tunneln
  • Erhaltung von Straßen und Brücken
  • Straßenbetriebsdienst mit Winterdienst
  • Lärmschutz, Immissionsschutz
  • Landschaftsplanung
  • Verkehrs- und Tunnelsicherheit
  • Verkehrsmanagement.

2 Fachprogramme des Straßenbaus in Bayern

Die wichtigsten Programme für den Ausbau des Straßennetzes in Bayern sind der „Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen“ und der „Ausbauplan für die Staatsstraßen in Bayern“. Sie stellen als Maßnahmenpakete den Arbeitsauftrag für die Straßenbauverwaltung dar, für welche Projekte in den kommenden Jahren die planerischen und rechtlichen Grundlagen zu schaffen sind und bei Bereitstellung entsprechender Haushaltsmittel die bauliche Umsetzung erfolgen soll.

Der aktuelle Bedarfsplan wurde 2016 vom Deutschen Bundestag verabschiedet. In der höchsten Dringlichkeitsstufe „Vordringlicher Bedarf“ enthält der Bedarfsplan auf aktueller Kostenbasis für Bundesfernstraßenprojekte in Bayern ein Projektvolumen von 7,4 Milliarden Euro, zusätzlich zu den bereits fest disponierten Vorhaben mit einem Projektvolumen von 4,9 Milliarden Euro (Bild 4). Der Anteil Bayerns an den bis 2030 umzusetzenden Maßnahmen liegt bei 17,4 %.

Bild 4: Bundesverkehrswegeplan 2030 (Straße) in Bayern

Der 7. Ausbauplan für die Staatsstraßen in Bayern ist 2011 in Kraft getreten. Bei der Fortschreibung wurden insgesamt 982 Projekte und Varianten mit einem Gesamtvolumen von etwa 4,5 Milliarden Euro betrachtet. Insgesamt wurden 666 Projekte in die Dringlichkeitsliste des Ausbauplans aufgenommen. Sie umfassen ein Investitionsvolumen von 3,2 Milliarden Euro.

Die Abwicklung der Vorhaben der 1. Dringlichkeit ist bis 2020, die Abwicklung der Vorhaben der 1. Dringlichkeit Reserve bis 2025 vorgesehen, während Maßnahmen der 2. Dringlichkeit erst im Anschluss realisiert werden sollen.

3 Aktueller Straßenbau in Bayern

Derzeit laufen die Bauarbeiten bzw. Bauvorbereitungen für insgesamt 32 große Maßnahmen an Autobahnen und Bundesstraßen mit Gesamtkosten von über 3,5 Milliarden Euro (Bild 5). Investitionsschwerpunkte im Bereich der Bundesautobahnen sind der sechsstreifige Ausbau der A 3 Aschaffenburg – Nürnberg und der A 6 bei Nürnberg, der Neubau der A 94 Pastetten – Heldenstein und Malching – Kirchham, der sechsstreifige Ausbau der A 96 Oberpfaffenhofen – Germering sowie der achtstreifige Ausbau der A 99 Autobahnring München.

Im Bereich der Bundesstraßen zählen unter anderem die B 2 OU Oberau, die B 15n Ergoldsbach – Essenbach und die Westtangente Rosenheim sowie die B 289 OU Untersteinach zu den aktuellen Großprojekten.

Bild 5: In Bau befindliche Bundesfernstraßenprojekte > 5 Mio. €

Durch die anhaltend hohen Investitionen ist der hohe Planungsvorrat weitgehend abgeschmolzen. Nachdem der Bund kürzlich die Baufreigabe für den B 2-Entlastungstunnel in Starnberg erteilt hat, besteht nur noch für eine aufwendige Ortsumgehung in Oberfranken Baurecht. Allerdings laufen eine Vielzahl von Planfeststellungsverfahren, so dass sich die Investitionsmöglichkeiten wohl bald wieder deutlich erweitern werden.

Im Bereich der Staatsstraßen sind aktuell 24 Großprojekte mit einem Gesamtvolumen von rund 270 Millionen Euro in Bau. Für weitere zwölf Großprojekte mit einem Gesamtvolumen von rund 106 Millionen Euro besteht vollziehbares Baurecht.

4 Weiterentwicklung des Asphalts

Der Asphalt ist der bedeutendste Baustoff für die Befestigung von Fahrbahnen. Dieser soll vor allem standfest, eben, griffig, langlebig, lärmarm und wiederverwendbar sein. Daraus resultieren vielfältige Ansprüche an den Baustoff Asphalt. Nicht zuletzt im Hinblick aufsteigende Verkehrsbelastungen, den Klimawandel und wachsende Anforderungen an den Umweltschutz sind laufend Weiterentwicklungen und konsequente Qualitätssicherung notwendig.

In Bayern wurde 2011 die Qualitätsoffensive Asphalt gestartet, bei der neben der Bayerischen Straßenbauverwaltung u. a. auch Mischguthersteller, Prüfstellen, Baufirmen, Bitumenlieferanten und die Forschung mitwirken (Bild 6). Ein Ziel ist es, die Dauerhaftigkeit durch prozesssichere Logistik zu erhöhen. Dabei werden wesentliche Aspekte des Transports wie der Erhalt einer gleichmäßigen Temperatur durch geeignete thermoisolierte Fahrzeuge, Vermeidung von Entmischung beim Be- und Entladen der Fahrzeuge und während des Transports sowie optimierte Einbaufertiger und Verdichtungsgeräte mit Mess- und Informationssystemen betrachtet.

Aktuelle Themen sind die Verschlechterung des Griffigkeitsniveaus zum Abnahmezeitpunkt und die noch weitergehende Wiederverwendung von Asphaltgranulat. Es ist unbestritten, dass das Asphaltgranulat weitgehend möglichst hochwertig im Asphaltmischgut wiederverwendet werden sollte. Hierzu ist jedoch eine optimale Aufbereitung des Asphaltgranulats unverzichtbar, um auch ein hochwertiges und dauerhaftes Mischgut herstellen zu können. Die Bayerische Straßenbauverwaltung hat deshalb zur Qualitätssicherung eine spezielle Regelung eingeführt, wie an der Mischanlage der Einsatz von Asphaltgranulat zu dokumentieren ist.

Bild 6: Qualitätsoffensive Asphalt

Die enorme Verkehrszunahme der letzten 20 Jahre ging mit einer erhöhten Lärmbelastung der Bevölkerung einher. Verbesserter Lärmschutz wird deshalb massiv gefordert. Mit neu entwickelten, Lärm optimierten Fahrbahnbelägen wird versucht, eine Verringerung der Schallemissionen zu erzielen (Bild 7). Es stehen inzwischen mehrere Bauweisen für lärmmindernde Fahrbahnbeläge zur Verfügung, für die der Arbeitskreis „Leiser Straßenverkehr Bayern“ mitverantwortlich ist (Bild 8).

Offenporiger Asphalt (OPA) wird in einschichtiger Bauweise mit oder ohne gummimodifiziertem Bitumen seit vielen Jahren in Bayern erfolgreich angewendet. Da sich dank des BAST-Status eine Lärmminderungswirkung von 5 dB(A) ansetzen lässt, wird diese Bauweise meist im Rahmen der Lärmvorsorge eingesetzt und dabei häufig mit anderen aktiven Lärmschutzmaßnahmen kombiniert. Im Hinblick auf die kurze Lebensdauer ist OPA aber eine vergleichsweise teure Bauweise.

Mittlerweile hat sich der lärmarme Splittmastixbelag durchgesetzt und auch der Dünnschichtbelag Heiß auf Versiegelung (DSH-V) findet immer umfangreichere Verwendung. Mit diesen Belägen, die aufgrund ihrer geringeren Störanfälligkeit im Baubetrieb für die Firmen leichter zu handhaben sind, lässt sich eine Lärmreduzierung von 3 dB(A) erreichen.

Bild 7: Lärmmindernde Fahrbahnbeläge

Die Bayerische Straßenbauverwaltung ist an Innovationen bei Baustoffen, Bauweisen oder Bauverfahren sehr interessiert, die eine bessere Qualität, eine bessere Umweltverträglichkeit, kürzere Bauzeiten oder geringere Kosten erwarten lassen. Aktuelle Beispiele sind:

  • Splittmastixasphalt Lärmarm (SMA LA)
    Deckschichtart mit hohem Hohlraumgehalt (12 Vol.-%), der durch eine Sieblinie mit ausgeprägter Ausfallkörnung ermöglicht wird. Die Oberflächenstruktur ist maßgeblich für den lärmmindernden Effekt. Ins Regelwerk der FGSV übernommen.
  • Splittmastixbinder
    Aufgrund der guten Erfahrungen ebenfalls ins Regelwerk der FGSV übernommen.
  • Gummimodifizierte Bindemittel als Alternative zu Polymermodifizierten Bindemitteln
    Seit 2011 gilt in Bayern für diesen Anwendungsfall eine Technische Lieferbedingung, die Mindestbedingungen festlegt.
  • Zugabe des Bindemittels 160/220
    Durch Zugabe dieses weichen Bindemittels soll erprobt werden, inwieweit sich gealterte und verhärtete Bitumen aus dem Asphaltgranulat reaktivieren lassen.

Bild 8: Arbeitskreis „Leiser Straßenverkehr Bayern“

5 Schluss

Die sich ändernden Rahmenbedingungen beim Straßenbau erfordern auch bei langjährig bewährten Baustoffen wie dem Asphalt immer wieder Neuerungen und Anpassungen. Neue wissenschaftliche Erkenntnisse gilt es ebenso zu nutzen wie die Erfahrungen bei Bau und Betrieb von Straßen. Hierzu kann und soll die Asphaltstraßentagung dienen.