FGSV-Nr. FGSV 001/24
Ort Leipzig
Datum 16.10.2012
Titel Dauerhafte Betondecken für hohe Verkehrsbelastungen
Autoren Dr.-Ing. Axel Riwe, Dipl.-Ing. (FH) Jürgen Krause
Kategorien Kongress
Einleitung

Auf unseren Straßen steigt die Verkehrsbelastung durch Schwerverkehr jährlich an. Betroffen sind davon insbesondere die Autobahnen, bei denen der Güterverkehr nicht nur zahlenmäßig zunimmt, sondern sich auch ein Trend zu 5-achsigen Fahrzeugen bei gleichzeitig größerer Auslastung der Fahrzeuge bzw. Überschreitung der zulässigen Lasten zeigt. Beim Neubau und beim grundhaften Ausbau wird in der Planung eine 30-jährige Nutzung unterstellt, die die Straße bei wirtschaftlich vertretbarer Erhaltung ertragen soll, bevor sie wiederum erneuert werden muss. Trotz der enorm zunehmenden Belastung ist das technische Regelwerk in großen Teilen gleich geblieben, so dass sich die Frage stellt, ob dieses in der Lage ist, den erhöhten Anforderungen gerecht werden. Ein alternativer Lösungsansatz ist die Vergabe sogenannter ÖPP-Modelle, bei denen der Auftragnehmer neben dem Bau die Strecke über einen 30-jährigen Zeitraum auch erhalten und gleichzeitig den Betriebsdienst durchführen soll. Der Auftraggeber fördert auf diese Weise neue, teilweise innovative Lösungen. Der Auftragnehmer muss neue Wege gehen, um ein wirtschaftliches Angebot abgeben zu können. Vielmehr noch sind Strategien gefragt, die qualitatives Bauen auf hohem Niveau ermöglichen, um erhaltungsarm und somit kostengünstig die Nutzungszeit zu überstehen. Bei dieser Vorgehensweise entsteht gleichzeitig eine hohe Verfügbarkeit der Strecke. Zur Absicherung der erforderlichen Nutzungsdauer und zur Risikominimierung wurden alle ÖPP-Modelle der letzten Jahre bis auf wenige Bereiche mit einem Oberbau mit Betondecke angeboten und ausgeführt. Der Beitrag zeigt anhand des Beispiels der BAB A 5, Malsch – Offenburg, die besonderen Anstrengungen bei der Vorbereitung und beim Bau der Strecke. Neue Vorgehensweisen wie die der rechnerischen Dimensionierung, die Wahl und besondere Erstprüfung des Betons sowie besondere Kriterien beim Einbau durch eine systematische Qualitätssicherung werden gezeigt. Somit waren die Grundlagen für einen volkswirtschaftlichen und bauwirtschaftlichen Erfolg gelegt.

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Der Fachvortrag zur Veranstaltung ist im Volltext verfügbar. Das PDF enthält alle Bilder und Formeln.

1 Einleitung

In der heutigen Zeit sind Großprojekte immer häufiger in der Diskussion. Dabei geht es primär um deren Baukosten und die Kosten der Betriebs- und Erhaltungsphase. Das klassische Modell des VOB-Bauvertrags scheint oftmals zu viele Risiken – insbesondere Kostenrisiken – in sich zu bergen, die eine volkswirtschaftlich und bauwirtschaftlich sinnvolle Lösung in die Ferne rücken lässt.

Im Verkehrswegebau werden seit einigen Jahren alternative Modelle der Ausschreibung und Vergabe getestet, die so genannten Funktionsbauverträge und ÖPP-Modelle. Sie übertragen in fast allen Fällen die Verantwortung für Ausführungsplanung, Bau, Betrieb und Erhaltung für einen definierten Nutzungszeitraum in die Hand des Auftragnehmers.

Der Vorteil für den Auftraggeber liegt in der komplexen Vergabe der Leistung, wobei er eine qualitativ hochwertige Bauleistung erwarten kann, da der Auftragnehmer auch die Kosten für Betrieb und Erhaltung planen muss. Nicht nur sein Angebot muss der Auftragnehmer auf diese Belange abstellen. Er muss gleichermaßen den Bau qualitativ so steuern, dass die angebotene Leistung auf diesem Niveau auch umgesetzt oder gar übertroffen wird, um in summa einen wirtschaftlichen Gewinn erzielen zu können.

Die Erfahrungen sind noch relativ jung, die meisten Projekte befinden sich noch im Bau oder sind erst wenige Jahre alt. Dennoch kann ein erstes Resümee gezogen werden, was die Vorbereitungs- und Bauphase anbetrifft.

2 Grundsatzüberlegungen

Einige grundsätzliche Überlegungen sollten angestellt werden, wenn ein Großprojekt im Verkehrswegebau in Angriff genommen werden soll. Das Bild 1 verdeutlicht die Vorgehensweise bei der technischen Lösung der Aufgabe. Der vertraglich vereinbarte Nutzungszeitraum entspricht in den meisten Fällen der normativen Nutzungsdauer. Diese wiederum ist der angestrebte Zeitpunkt der Nutzung, der der rechnerischen Dimensionierung zugrunde gelegt wird. Die Belastung aus Witterung entspricht diesem Zeitpunkt und kann für die Betonbauweise gut prognostiziert werden. Die Verkehrsbelastung ist in ihrer Prognose schon schwieriger kalkulierbar und unterliegt Schwankungen, die nicht immer vorhersehbar sind. Gerade diese Belastungen aus Schwerverkehr führen jedoch zur Ermüdungsbeanspruchung der Straßenkonstruktion und somit zum allmählichen Ausfall. Dieser Ausfall ist rechnerisch prozentual abzuschätzen, was nur mit der rechnerischen Dimensionierung unter Beachtung statistischer Verteilungen möglich wird. Der rechnerisch erreichte Zustand am Ende der normativen Nutzungsdauer wird daher als definierter Grenzzustand bezeichnet.

Diesen Grenzzustand vorab zu bestimmen, ist eine Aufgabe der Planungs- und Dimensionierungsphase, diesen in praxi zu erreichen oder besser noch zu unterbieten, ist einerseits der Durchsetzung des Qualitätsmanagements und andererseits dem Management für Betrieb und Erhaltung vorbehalten.

Bild 1: Interaktion zwischen Schwerverkehrsbelastung und normativer Nutzungsdauer

Bereits in der Planungs- und Dimensionierungsphase werden die Weichen für die Dauerhaftigkeit der Betondecken gestellt. Das Langzeitverhalten der Konstruktion ist von 4 Haupteinflussfeldern beeinflussbar. Nicht beeinflussbar sind die äußeren Belastungen aus Verkehr und Witterung.

Bild 2: Haupteinflüsse auf das Langzeitverhalten von Oberbauten in Betonbauweise

Im Folgenden sollen die 4 Haupteinflüsse kurz beschrieben werden. Bei den baustofflichen Aspekten spielen mechanisch/physikalische Einflüsse (Bild 3 oben links) eine große Rolle. Der unbewehrte Beton muss nach Villaret 2012 im Betriebszustand Zugkräfte aufnehmen, seine Oberfläche muss so texturiert werden, dass sie dauerhaft griffig und in vielen Fällen auch lärmmindernd wirkt. Der Widerstand gegen Frost, Tausalz sowie mechanischem Abrieb muss ebenfalls gegeben sein. Die Zusammensetzung des Korngemisches und der Zement müssen so gewählt und getestet werden, dass gefügeschädigende Reaktionen vermieden werden.

Für den konstruktiven Aufbau (Bild 3 oben rechts) ist eine optimale Schichtenfolge zu wählen. Die Materialeigenschaften der Schichten sind mit ihren wesentlichen Parametern zu definieren und Toleranzgrenzen festzulegen. Wichtig sind die Eigenschaften der Schichtgrenzen. Die konstruktiven Grundsätze sind zu beachten, insbesondere was den Schichtenverbund bzw. die gezielte Schichtentrennung anbelangt.

Bild 3: Wichtige Einflüsse in den 4 Hauptfeldern auf das Langzeitverhalten

Die Konstruktion (Bild 3 unten links) legt in der Planungs- und Dimensionierungsphase maßgebende Plattengeometrien fest. Diese beziehen sich auf den am stärksten belasteten Fahrstreifen. Aber auch andere Fahrstreifen und Nebenflächen müssen betrachtet werden. Die Querkraftübertragung an den Plattenrändern muss ebenso festgelegt werden wie die Lage der Längsfugen zu den Markierungen. Hieraus ergibt sich die Belastungswahrscheinlichkeit aus Annäherung und Überfahrung für die Längsfuge. Nach der Erarbeitung dieser Parameter kann eine rechnerische Dimensionierung erfolgen, infolge deren die erforderliche Deckendicke für die Ausführung festgelegt wird. Dabei ist anhand der berechneten (charakteristischen) Deckendicke (10 % Quantil) die mittlere Deckendicke aus den Erfahrungswerten der letzten Baustellen zu ermitteln und ein Vorhaltemaß (Sicherheitsmaß) hinzuzufügen.

Zur Sicherung der angestrebten Nutzungsdauer bis zu einer definierten Ausfallrate ist es unbedingt erforderlich, die Änderungen der strukturellen Substanz zu betrachten. Die im Bild 3 rechts unten genannten Einflüsse sind dabei mit ihren Verhaltensfunktionen zu berücksichtigen, da sich ihre Eigenschaften während der Nutzungsdauer verändern. Dies geschieht sowohl einzeln infolge Verkehrsbelastung und Witterung als auch in Überlagerung von beiden. Zu allen genannten Einflussgrößen gibt es Untersuchungen aus der Vergangenheit, die jedoch unter den heutigen Randbedingungen alle auf den Prüfstand gestellt werden müssen. Das in Deutschland angewandte System der rechnerischen Dimensionierung gemäß RDO Beton 09 und die zugehörige Berechnungssoftware AWDSTAKO sichern über Teilsicherheitsfaktoren kritische Bereiche ab, so dass bei fach- und qualitätsgerechter Bauausführung, verbunden mit einem gesteigerten Bewusstsein für den Betrieb und die Erhaltung das Berechnungsergebnis auf der sicheren Seite liegt. Für eine zielgenaue Planung und Dimensionierung besteht hier Bedarf an Forschung und Entwicklung.

3 Beispiel ÖPP-Modell A 5

3.1 Allgemeines

Die Konzessionsstrecke (Bild 4) der A 5 setzt sich aus einer ca. 18,5 km langen Bestandsstrecke und einer ca. 41,5 km Ausbaustrecke zusammen.

Der Beitrag bezieht sich im Folgenden ausschließlich auf die 6-streifige Ausbaustrecke, die bezüglich des hier relevanten Oberbaus von der Arbeitsgemeinschaft Betondecke A 5 Malsch – Offenburg hergestellt wird. Der Betondeckenbau der im Bild 5 rot dargestellten Baulose wurde von der Eurovia Beton GmbH, die in blau dargestellten Baulose von der Heilit & Wörner Bau GmbH hergestellt. Die grün dargestellten Baulose werden erst im Jahr 2013 realisiert.

Der Bauausführung ging die Planungs- und Dimensionierungsphase voraus, in der unter anderem die Festlegung der wesentlichen Parameter für den Betondeckenbau erfolgte.

Bild 4: Streckenübersicht

Bild 5: Baulose und zeitliche Ausführung

3.2 Dimensionierung und Konstruktion

Die Belastung durch Schwerverkehr nimmt ständig zu. Dabei steigt nicht nur die Zahl der Fahrzeuge des Schwerverkehrs, sondern auch die Auslastung der Fahrzeuge. Das Bild 6 zeigt die Entwicklung des Schwerverkehrs innerhalb der letzten 40 Jahre, anhand der RStO.

Bild 6: Entwicklung des Schwerverkehrs aus Sicht der Dimensionierung

Die Berechnungen der B-Zahl erfolgten für das ÖPP-Modell A 5 zunächst mit den Ansätzen der RStO 01 und führten zu einem Wert von 112,4 Mio. Achsübergängen innerhalb von 30 Jahren. Unter Berücksichtigung neuerer Erkenntnisse der BASt wurde der Lastkollektivquotient auf 0,33 und der Achslastfaktor auf 4,5 erhöht. Damit liegt die realistischere B-Zahl bei ca. 153 Mio. äquivalenten 10-t-Achsübergängen im Nutzungszeitraum von 30 Jahren (Tabelle 1).

Tabelle 1: Differenzierte Berechnung der Verkehrsbelastung (B-Zahl)

Die gewählte Bauweise mit ihren geometrischen und baustofflichen Randbedingungen muss den ungünstigsten Fall abdecken, wenn eine erhaltungsarme dauerhafte Betondecke baulich umgesetzt werden soll.

Im Bild 7 ist die gewählte Schichtenfolge gemäß RDO Beton 09 dargestellt. Maßgebend für die rechnerische Dimensionierung ist die Plattengeometrie im Hauptfahrstreifen, die bei diesem Projekt mit 4,00 m Plattenbreite und 5,00 m Plattenlänge gewählt wurde. Die Platten des Hauptfahrstreifens sind in den Querfugen verdübelt und in den Längsfugen verankert. Die rechnerische Dimensionierung erfolgte für einen Nutzungszeitraum von 30 Jahren. Dieser Ansatz beinhaltet gleichermaßen die sich ändernden Konstruktions- und Materialparameter wie Betonzugfestigkeit, Auflagerungsbedingungen und Bedingungen der Querkraftübertragung.

Bild 7: Gewählte Schichtenfolge und konstruktive/baustoffliche Randbedingungen

Wichtige Grundlage für die rechnerische Dimensionierung ist die charakteristische Spaltzugfestigkeit. Diese wurde im Ergebnis von erweiterten Erstprüfungen an verschiedenen Oberund Unterbetonen im Labor ermittelt. Die Stichprobenzahl pro Betonsorte betrug n = 15. Dabei ergaben sich Variationskoeffizienten zwischen V = 5,5 % und V = 8,0 %. Zur Simulation der Baustellenbedingungen wurden die Mittelwerte dieser Erstprüfungen mit einem erhöhten Variationskoeffizienten von V = 10,0 % bei gleichzeitiger Erhöhung der Stichprobenzahl auf n = 200 versehen, um charakteristische Spaltzugfestigkeiten als Kontrollprüfwerte nach 60 Tagen in situ zu simulieren.

Tabelle 2: Erweiterte Erstprüfung – Ergebnisse und Prognosen für die Baustelle

Die erreichbaren Werte lagen in ähnlicher Größenordnung wie die der Erstprüfung. Zusätzliche Sicherheiten ergeben sich einerseits durch die Prüfmethodik, bei der 28-Tages-Werte anhand von Laborprüfkörpern mit vorangegangener Wasserlagerung und 60-Tages-Werte anhand von Bohrkernscheiben bei Trockenlagerung erzeugt werden und andererseits eine Nacherhärtung bei der rechnerischen Dimensionierung nicht berücksichtigt wird.

3.3 Vorbereitung und Bauausführung

Die Vorbereitungsphase war stark gekennzeichnet von der Wahl der zur Verfügung stehenden Baustoffe. Dabei wurden alle in Frage kommenden Ober- und Unterbetone auch auf ihre chemische Eignung hin überprüft. Nicht nur die Provenienz der Gesteine wurde betrachtet, es wurden auch für alle Betone umfangreiche Untersuchungen und Prüfungen, unter anderem Performance-Tests entsprechend dem ARS 12/2006, durchgeführt. Von den getesteten Betonen sind bislang zwei Oberbetone und fünf Unterbetone zum Einsatz gekommen.

Ebenso mussten in der Vorbereitungsphase viele bautechnologische Fragestellungen gelöst werden. Ein Bauphasenplan führte unter anderem zur Einteilung in sinnvolle Baulose, um infolge der hohen Verkehrsbelastung während der Ausbauphase auch Beruhigungsstrecken zwischen zeitgleich auszuführenden Baulosen einrichten zu können. Des Weiteren mussten aufgrund der Gesamtlänge der Baustelle von > 40 km drei Mischplätze eingerichtet werden.

Bild 8: Beschickungseinheit für Gesteinkörnungen an einer Mischanlage

Der Zeitplan in der Vorbereitung war gekennzeichnet durch einen Parallelverlauf der herbeizuführenden technischen Entscheidungen und der wirtschaftlichen Entscheidungen des Einkaufs. Bedingt durch die hohen Anforderungen des Qualitätsmanagements war die parallel zu leistende Arbeit komplex und aufwändig. Infolge der erforderlichen Liefermengen (große Mengen in kurzer Zeit), der besonderen regionalen Abhängigkeiten (viele kleine Lieferwerke) und des vereinbarten Einbaubeginns (im Vorfeld Herstellung von Probefeldern mit unterschiedlichen Rezepturen) war eine intensive Abstimmung und Organisation zwischen allen Beteiligten Voraussetzung für die Einhaltung des anspruchsvollen Terminplanes.

Aufgrund des hohen Verkehrsaufkommens, der geographischen Lage und der vor Ort herrschenden Witterungsbedingungen wurde innerhalb des Qualitätsmanagements entschieden, die Betonierarbeiten in der Nacht durchzuführen. Daraus ergibt sich zwar ein höherer energetischer Aufwand und ein höheres Unfallrisiko auf der Baustelle, letzteres kann aber durch gute Bauvorbereitung und Schulung der Mitarbeiter deutlich verringert werden. Die Vorteile des Betoneinbaus bei Nacht sind die moderaten Lufttemperaturen und die Verhinderung der direkten Sonneneinstrahlung in den ersten Stunden der Betonerhärtung sowie die Sicherung einer kontinuierlichen Einbauqualität infolge eines stetigen Betontransportes.

Bild 9: Technischer und wirtschaftlicher Zeitplan vor Baubeginn

Bild 10: Deckeneinbau bei Nacht

Die Tabelle 3 zeigt die Sollwerte aus der rechnerischen Dimensionierung für den Deckenbau im Jahr 2010. Zur zusätzlichen Absicherung und infolge fehlender Erfahrungen im Bereich der freien Dimensionierung wurde für die Bauphase 2010 die anvisierte Deckendicke um einen weiteren Zentimeter beim Bau erhöht. Damit sollten gegebenenfalls nicht erreichte charakteristische Spaltzugfestigkeiten ausgeglichen werden. Die realisierten Ergebnisse aus dem Jahr 2010 zeigten, dass die charakteristischen IST-Werte nicht nur die charakteristische Deckendicke, sondern auch die charakteristische Spaltzugfestigkeit sehr deutlich übertroffen haben. Aus diesem Grund wurde im Jahr 2011 die Betondecke erneut dimensioniert, dieses Mal mit einem SOLL-Wert von 3,9 N/mm². Hieraus ergab sich eine neue charakteristische Deckendicke als SOLL-Wert von 25,0 cm.

Tabelle 3: SOLL-IST-Vergleich 2010 und neue SOLL-Werte 2011

Die im Jahr 2010 erreichten Produktionsergebnisse gaben die notwendige Sicherheit für die kommenden Baulose, so dass die Betone auf gleichem hohen Niveau produziert und die charakteristische Deckendicke mit 25,0 cm zielgenau eingestellt wurde. Die Tabelle 4 zeigt eine Auswahl von Ergebnissen von Streckenbaulosen aus dem Jahr 2012. Die charakteristische Deckendicke ist mit 25,2 cm eingehalten, die charakteristische Spaltzugfestigkeit des Oberbetons liegt bei 4,1 N/mm², die des Unterbetons bei 4,6 N/mm².

Tabelle 4: Ergebnisse der Spaltzugfestigkeit und Deckendicke aus Herstellung bis Mitte 2012

Summa summarum sind somit die beiden wichtigsten Parameter für die Dimensionierung, Deckendicke und Spaltzugfestigkeit, gut eingehalten und weisen diesbezüglich eine rechnerische überobligatorische Reserve auf. Festzustellen ist des Weiteren, dass die Deckendicke nur sehr gering schwankt. Grund dafür sind geringe Unebenheiten an der Oberseite der Tragschicht. Die Variationskoeffizienten der Spaltzugfestigkeit sind für Baustellenverhältnisse ebenfalls sehr gut. Die Hauptursachen hierfür liegen höchstwahrscheinlich in der hergestellten konstanten Betonqualität und den witterungstechnisch guten Einbaubedingungen.

Letztendlich bleibt festzustellen, dass sich der erhöhte Labor- und Prüfaufwand sowie die Durchsetzung einer gleichmäßig hohen Ausführungsqualität positiv auf das Endresultat „Betondecke“ ausgewirkt haben.

Bild 11: Betoneinbau bei Nacht bei günstigen Witterungsbedingungen

4 Ergebnisse und Diskussion

Die Vorgaben aus der Planungs- und Dimensionierungsphase wurden alle eingehalten bzw. übertroffen. Insbesondere wurden die charakteristischen Größen der Deckendicke und der Spaltzugfestigkeit eingehalten und letztere deutlich übertroffen, so dass mit einer Tragreserve zu rechnen ist. Diese ist sehr wahrscheinlich, da die Nacherhärtung des Betons bei der rechnerischen Dimensionierung momentan unberücksichtigt bleibt.

Die durchgehende systematische Vorgehensweise bei der technischen Vorbereitung, Bauausführung und Überprüfung der Bauleistung führte dazu, dass die relevanten physikalischen Größen zu einem statistisch abgesicherten Bauergebnis führten.

Daraus ergibt sich die Frage, ob nicht auch mit Hilfe der Standardisierung dieser Bauerfolg hätte erzielt werden können. Die Antwort ist: Unter Umständen ja, aber wir hätten den Erfolg nicht planen können und außerdem keine Anhaltspunkte für die zu erwartende Ausfallrate im geplanten Nutzungszeitraum erhalten.

Eine Schwäche der Standardisierung ist die Zuordnung der Verkehrsbelastung zu Bauklassen bei den RStO 01 bzw. zu Belastungsklassen bei den neuen RStO 12. Diese sorgt für eine starke Differenzierung in den unteren Belastungsbereichen, kennt jedoch nur eine Klasse ab einer Verkehrsbelastungszahl von B = 32 Mio. Das Bild 12 zeigt das Problem anhand der alten Bauklassen gemäß RStO 01 auf.

Des Weiteren sind in der Standardisierung differenzierte Randbedingungen wie Plattengeometrie, Spaltzugfestigkeit, Wechselspiel zwischen Dicke und Zugfestigkeit etc. nicht erfassbar und werden daher zum Risiko.

Bild 12: Bauklassen nach RStO 01 – ab 32 Mio. nur eine Klasse

Umgekehrt betrachtet, führt eine Unterdimensionierung, die auf Grundlage der Standardisierung schnell geschehen ist, zum vorzeitigen Versagen der Konstruktion, ohne dass einer der am Bau beteiligten Seiten sich dessen bewusst wird oder „schuldig“ ist.

Das Bild 13 zeigt fiktive Verläufe von Verkehrsbelastungen, die nach 30-jähriger Nutzung zu Verkehrsbelastungszahlen B zwischen 25 und 200 Millionen führen. Beispielsweise kann ein Oberbau mit B-Zahl = 25 Mio. 30 Jahre halten, der gleiche Aufbau hält rechnerisch nur noch ca. 18 Jahre, wenn die B-Zahl am Ende 50 Mio. beträgt, bei einer B-Zahl von 100 Mio. nur noch 10 Jahre usw. Die Standardisierung geht davon aus, dass ein Oberbau ab B = 32 Mio. Verkehrsbelastung gleich ausgebildet werden kann. Die Grafik zeigt, dass dies ein Irrtum ist, den leider auch die neuen RStO 12 noch nicht beheben konnten. Dort wird lediglich für eine Verkehrsbelastung ab 100 Mio. empfohlen, rechnerisch zu dimensionieren. Außerdem müssen alle relevanten Einflüsse (siehe Bilder 2 und 3) berücksichtigt werden, die die Dauerhaftigkeit und Langlebigkeit der Konstruktion beeinflussen. Beispielsweise beeinflusst die Plattengeometrie auch bei gleicher Verkehrsbelastung und Betonfestigkeit die Deckendicke erheblich. Die Einflüsse von Verankerung und Verdübelung sind ebenfalls relevant. Das Bild 13 zeigt außerdem, dass unsere Erfahrungen hinsichtlich der Verkehrsbelastungen der letzten 30 Jahre uns einen Ausblick von etwa 5 bis 10 Jahren erlauben, mehr nicht! Aus diesem Grund ist eine rechnerische Dimensionierung auch in Bereichen unter B = 100 Mio. zu bevorzugen, wenn dauerhafte Oberbauten gezielt hergestellt werden sollen.

Bild 13: Konstanter Oberbau – Rückgang der Nutzungsdauer bei steigender Verkehrsbelastung

Seit einigen Jahren sind neue Regelwerke (siehe Bild 14) entwickelt worden, mit deren Hilfe die Defizite weitgehend beseitigt werden können.

Ihre Anwendung bei Funktionsbauverträgen und ÖPP-Modellen war bereits erfolgreich. Für die breite Anwendung im Bereich von VOB-Verträgen gibt es hoffnungsvolle Anzeichen dafür, dass die weiterentwickelten Verfahrensweisen auch dort zur Anwendung kommen werden. Dabei geht der volkswirtschaftliche Nutzen in der Regel mit dem bauwirtschaftlichen Nutzen einher. Die Wahl von standardisierten Aufbauten gemäß RStO 12 kann für untere Belastungsklassen ausreichend sein und lässt auf eine 30-jährige Nutzbarkeit hoffen. Dabei wird in den RStO 12 eine Achslastverteilung des Schwerverkehrs in allen Belastungsklassen unterstellt, die denen des öffentlichen Netzes weitgehend entspricht. Andere Verkehrsflächen mit deutlich abweichenden Achslastverteilungen, Lasteintragungen und/oder Achslasten, wie z. B. Umschlagflächen bzw. Containerterminals, Flugbetriebsflächen und Straßenverkehrsflächen mit Gleiskörper etc., sollten unbedingt rechnerisch dimensioniert werden, da die RStO für diese Fälle keine standardisierte Lösung bereit halten.

Bild 14: Neue Regelwerke zur Berücksichtigung der relevanten Eingangsgrößen

Literaturverzeichnis

Allgemeines Rundschreiben Straßenbau Nr. 12/2006, Vermeidung von Schäden an Fahrbahndecken aus Beton in Folge von Alkali-Kieselsäure-Reaktion (AKR)

Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen: Arbeitsanleitung zur statistischen Dickenauswertung von Asphalt- und Betonschichten für rechnerisch dimensionierte Verkehrsflächen (AL DA), Ausgabe 2011, Köln, FGSV 429

Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen: Arbeitsanleitung zur Bestimmung der charakteristischen Spaltzugfestigkeit an Zylinderscheiben als Eingangsgröße in die Bemessung von Betondecken für Straßenverkehrsflächen (AL Sp-Beton), Ausgabe 2006, Köln, FGSV 410

Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen: Empfehlungen für die Abwicklung von Bauverträgen bei Anwendung der RDO Beton, Ausgabe 2011, Köln, FGSV 867

Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen: Richtlinien für die rechnerische Dimensionierung von Betondecken im Oberbau von Verkehrsflächen (RDO Beton 09), Ausgabe 2009, Köln, FGSV 497

Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen: Richtlinien für die Standardisierung des Oberbaus von Verkehrsflächen (RStO 12), Ausgabe 2012, Köln, FGSV 499

Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen: Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen und Richtlinien für den Bau von Tragschichten mit hydraulischen Bindemitteln und Fahrbahndecken aus Beton (ZTV Beton-StB 07), Ausgabe 2007, Köln, FGSV 899

G r o s s m a n n; V i l l a r e t (2009): Restwertermittlung von Asphalt- und Betonstraßen, Straße und Autobahn, Heft 6, 2009

V i l l a r e t (2012): Der Zusammenhang zwischen Betonfestigkeit und Deckendicke, Straße und Autobahn, Heft 6, 2012