FGSV-Nr. FGSV 001/22
Ort Düsseldorf
Datum 08.10.2008
Titel Prozesssicherer automatisierter Straßenbau
Autoren Prof. Dr.-Ing. Alfred Ulrich
Kategorien Kongress
Einleitung

Durch die Beseitigung von qualitätsbeeinflussenden Schwachstellen beim Einbau von Asphalt im Verkehrswegebau soll die Gebrauchsdauer dieser Bauwerke mit neuen Ansätzen der Automatisierungs-, Informations- und Maschinentechnik für den Bauprozess wesentlich erhöht werden. Unabhängig von den Baustoffkosten wird diese Entwicklung zu einer ressourcenschonenden und wirtschaftlicheren Bauweise führen. Der Bau von Demonstratoren zur Kenngrößenkontrolle von Baustoff-, Einbau- und Maschinenparametern sowie zur Mischgutlogistik und geeigneter Maschinentechnik für einen entmischungsfreien Mischguteinbau soll zu einer praxisorientierten Forschungs- und Entwicklungsarbeit und demzufolge zu einer schnellen Umsetzung der Ergebnisse in der Straßenbaubranche beitragen. Der Einsatz der entwickelten Kontroll- und Maschinentechnik auf Baumaßnahmen des Fern- und Stadtstraßenbaus, bei Betrachtung aller relevanten Kenngrößen zur Einbauqualität und zum Gebrauchsverhalten der Straßenbeläge, soll die Wirksamkeit der Beseitigung von qualitätsbeeinflussenden Schwachstellen, unter Einbezug des Walzeneinsatzes, aufgezeigt und beseitigt werden. Insbesondere soll das in der Baubranche vorhandene Schnittstellenproblem zwischen Baustoff-, Anwendungs- und Maschinentechnik beseitigt werden.

 

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1 Einleitung

Die hohe Mobilität, der stetig steigende Warenverkehr sowie die kontinuierlich gestiegenen Achslasten bei gleichzeitiger starker Zunahme des Lkw-Verkehrs im gesamten europäischen Wirtschaftsraum setzen ein gut ausgebautes und hoch belastbares Verkehrswegenetz von Straße und Schiene voraus. Durch die internationale Arbeitsteilung haben sich in den vergangenen Jahren der Integrationsprozess der Europäischen Union, die Öffnung der osteuropäischen Länder und die Liberalisierung des Welthandels vertieft. Die Veränderung von Produktionssystemen, die Vergrößerung von Beschaffungsradien und die Ausweitung von Absatzmärkten wirken sich auch auf das Verkehrsaufkommen aus. Staus und Engpässe auf den Straßen verursachen in Deutschland hingegen jährlich Verluste in Höhe von schätzungsweise 4,4 Mrd. Stunden. Für die immer stärker auf Just-in-time-Produktion setzenden Betriebe bedeutet dies erhebliche finanzielle Einbußen.

Es besteht also ein erheblicher Bedarf, die Liegezeiten von Verkehrswegen merklich zu erhöhen. Dies verlangt nach Baumethoden, welche die beste wirtschaftlichste Ganzheitslösung, die auch langfristig – bis zu 20 Jahren – die beste Lösung darstellt, zu verwenden. Dieser Entwicklung kann der Straßenbau nur mit ständig weiterentwickelten prozesssicheren Bauweisen und Organisationsstrukturen, verbesserten Zusammensetzungen der Baustoffe und mit dem Einsatz automatisierter Baumaschinentechnik bei höchster Einbauqualität gerecht werden.

Selbst bei größter Sorgfalt des Maschinenpersonals an den Mischanlagen und bei Beachtung der Einbauregeln während der Bedienung des Straßenfertigers und der Walzen lassen sich Fehler bei der Bauausführung nicht vermeiden. Bedeutsam ist dieses vor allem, wenn es sich dabei um Funktionsfehler handelt, die sich aus der Bauweise und der verwendeten Maschinentechnik systematisch und wiederkehrend ergeben und nur unzureichend durch das Einbaupersonal gemindert werden können.

Die größtmögliche erzielbare Einbauqualität von Belagsschichten im Asphaltstraßenbau hinsichtlich Verdichtung, Fahrbahnebenheit und -profillage, Schichtdicke und Fahrbahnoberflächenstruktur lässt sich nur durch eine kontinuierliche, störungsfreie Mischgutversorgung mit gleichbleibenden Mischgut- und Maschinenparametern, wie Mischgutzusammensetzung und -temperatur, Einbaugeschwindigkeit, Stampfer- und Vibrationsfrequenz der Verdichtungsaggregate in nahtloser Bauweise erreichen.

2 Problemstellung

2.1 Arbeitsunterbrechung

Mit dem Einsatz von Straßenfertigern mit großer Einbaubreite lassen sich das Nahtproblem und die Qualitätsmängel im Fahrbahnquerprofil lösen, jedoch kommt es infolge der großen Einbaubreite zu häufigen Einbaustopps für die Mischgutaufnahme (Bild 1). Je nach Dauer der Stillstandszeit wird beim Wiederanfahren des Fertigers das Kräftegleichgewicht zwischen der Einbaubohle und dem Asphaltgemisch so maßgeblich gestört, dass die Bohle bis zu 10 mm aufsteigen kann.

Bild 1: Konventionelle Mischgutbeschickung durch Lkw

Zu diesen prozessbedingten Fehlern kommen häufig Handhabungsfehler des Bedienungspersonals bei der Mischgutverteilung vor der Einbaubohle, die zu weiteren Unregelmäßigkeiten der Ebenheit in Fahrbahnlängs- und -Querrichtung führen. Die Lösung dieses Einbauproblems wurde von den Straßenbauunternehmern durch eigene Entwicklungen und selbst gebaute Beschickersysteme versucht zu lösen [1] (Bilder 2 und 3).

Das Konzept der heute am Markt (2008) erhältlichen Beschicker (Bilder 4 und 5) ist ausnahmslos für den standardisierten einschichtigen Asphalteinbau im Fernstraßenbau entwickelt worden. Der Einsatz dieser Beschicker, der in Deutschland noch nicht Stand der Technik ist, ermöglicht einen kontinuierlichen Einbau ohne Arbeitsunterbrechung. Ein reibungsloser Arbeitsablauf ist damit gewährleistet, die Produktivität auf der Baustelle wird maßgeblich erhöht, Stillstandzeiten reduziert und die Einbauqualität auf gleichbleibend hohem Niveau gehalten.

Wegen der fehlenden Modulbauweise erfordern jedoch schon kleine Abweichungen von der Standardbauweise erhebliche Anpassungsarbeiten an den Beschicker. Das Mischgut aufnehmen, das Lenken und das Abstandhalten zwischen Beschicker und Fertiger sowie das Handhaben des gesamten Materialflusses wird zurzeit noch überwiegend manuell gesteuert. Eine permanente Überforderung des Personals am Fertiger und Beschicker ist die Folge.

Automatisierungseinrichtungen für die Mischgutlogistik, Abstandsregelung zwischen Fertiger und Beschicker sowie ein Lenkautomat am Beschicker können die aufgezeigte Problematik lösen.

Bild 2: Beschicker der Firma Hermann Kirchner /Bad Hersfeld, 1992

Bild 3: Beschicker Fa.Colas/Frankreich, 1994

Bild 4: Konventioneller Beschicker der Firma Vögele AG/Deutschland

Bild 5: Konventioneller Beschicker der Firma Roadtec/USA

2.2 Materialentmischungen bei der Mischgutübergabe

Zur Vermeidung von Materialentmischungen beim Umlagern von Schüttgütern wie Asphalt ist es erforderlich, die Bildung eines Schüttkegels zu vermeiden [2]. Bei der Materialübergabe vom Lkw in den Aufnahmebehälter des Beschickers sind keine für den industriellen Einsatz geeigneten Methoden bekannt, um Entmischungen zu vermeiden. Auch durch ein fachkundiges Eingreifen des Einbaupersonals in den Einbauprozess lassen sich die negativen Auswirkungen von entmischtem Mischgut in der Belagschicht nur unzureichend mindern.

Durch eine kontinuierliche Beschickung des Mischgutbehälters am Fertiger ist es möglich, den Mischgutbehälter als eine geschlossene Einheit so auszuführen, dass sich nur eine geringe Materialentmischung, allerdings nur bei konstanter Mischgutbevorratung, im Behälter bildet. Nachteilig ist, dass bei der Übergabe des Mischgutes auf das Vermeiden einer Schüttwinkelbildung im Aufnahmebehälter des Fertigers durch das Baustellenpersonal geachtet werden muss. Dies ist vor allem dann wichtig, wenn der Mischgutpegel im Aufnahmebehälter starken Schwankungen unterliegt. In jedem Fall ist auf eine Minimierung der Abwurfhöhe des Mischgutes aus dem Beschicker in den Bunker des Fertigers zu achten.

Das Bild 5 zeigt einen selbst fahrenden Beschicker mit Räderfahrwerk, der einen ca. 30 t fassenden Vorratsbehälter mit integrierter mechanischer Mischeinrichtung mit sich führt. Zusammen mit einer separaten, in der Höhe hydraulisch verstellbaren Übergabeeinheit ist es möglich, die Materialentmischungen bei der Mischgutübergabe deutlich zu mindern. Nachteilig bei diesem Gerät sind die hohen Anschaffungs- und Betriebskosten, die über dem Doppelten eines konventionellen Straßenfertigers liegen können.

Aus dem Stand der Technik ist bekannt, dass im Mischgutbehälter von Straßenfertigern oberhalb des Kratzkettenförderers ein hydraulisch angetriebener Einwellenmischer angeordnet ist, der verhindern soll, dass das entmischte Mischgut durch die Kratzkettenförderer zur Einbaubohle gelangt. Nachteilig bei dieser Einrichtung ist, dass das gesamte Mischgut einschließlich des nicht entmischten Mischguts durch den Mischer gefördert werden muss, was die Betriebskosten des Fertigers unnötig erhöht. Bei stark entmischtem Mischgut lässt sich das Ergebnis der Entmischung kaum nennenswert verbessern. Des Weiteren ist bekannt, dass mit Hilfe von Bandfördersattelanhängern eine Minderung der Entmischung im Aufnahmebehälter des Fertigers durch die Übergabe des Mischgutes mittels eines Bandförderers, der im Boden des Sattelanhängers angeordnet ist, erreicht wird. Nachteilig bei diesen Beschickungsfahrzeugen sind die hohen Anschaffungskosten, da jedes Beschickungsfahrzeug eine Förderbandeinrichtung besitzen muss. Auch ist die Prozesssicherheit bedingt durch das Mitwirken von Fertigerfahrer, Baustellenpersonal und Fahrer des Beschickungsanhängers über den gesamten Arbeitstag nicht gegeben.

Nachteilig bei allen hier aufgezeigten maschinentechnischen Entwicklungen zur Vermeidung von Entmischungen am Baustoff während des Einbauprozesses sind entweder die hohen Anschaffungs- und/oder Betriebskosten oder eine nicht ausreichende Reduzierung der Entmischung.

Gänzlich ungeeignet sind die hier aufgezeigten maschinentechnischen Lösungen, wenn es sich um Baumaßnahmen des Stadt- und Landstraßenbaus handelt. Bei den sich ständig ändernden Einbaubedingungen wie Einbaubreite, Profillage und Straßenverlauf kommt ein Einsatz der beschriebenen Beschickersysteme nicht infrage. Es ist deshalb notwendig, ein auch für kleine Baumaßnahmen kostengünstiges Mischgutaufnahmesystem zu entwickeln, das Einbauunterbrechungen und Entmischungen gleichermaßen verhindert.

2.3 Informationen zum Ladevorgang

Die Einweisung, der rückwärts rangierenden Transportfahrzeuge zur Mischgutübergabe an den Fertiger oder Beschicker sowie alle weiteren benötigten Informationen zum Ladevorgang an den Fahrzeugführer des Transportfahrzeuges erfolgt heute noch visuell per Handzeichen, was des öfteren zu Missverständnissen und demzufolge zu Einbauunterbrechungen führt. Ein häufiges Überfüllen des Aufnahmebehälters oder Abkippen von Mischgut vor dem Fertiger sind die Folgen.

Aus der Baupraxis sind gegenwärtig keine Applikationen zur Identifikation bei der Mischgutaufnahme, die in der betrieblichen Praxis umgesetzt sind, bekannt. Lediglich die Firma Moba hat hierzu im Jahre 1992 ein Patent DE4211520A1 angemeldet. In dieser Patentschrift sind ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Datenübermittlung zwischen einem Mischwerk und einem Straßenfertiger vorgestellt. Das Verfahren und die Vorrichtung beschreiben ein RFID-System (Radio-Frequenz-Identifizierung) mit:

  • einem am Fahrzeug angeordneten Transponder
  • einer Dateninformations-Eingabeeinrichtung und
  • einer Transponder-Abfrageeinrichtung.

Die Dateninformations-Eingabeeinrichtung stellt im Sinne der RFID eine Schreibstation dar, die im Mischwerk Dateninformationen in den Transponder schreibt. Über den Transponder (mobiler Datencontainer) werden die Informationen zur Baustelle transferiert.

Die Transponder-Abfrageeinrichtung (Lesestation) wird am Fertiger montiert, um auf der Baustelle die Daten vom Transponder abzufragen. Die im Transponder abgespeicherten Daten sind wie folgt spezifiziert:

  • Gewicht der Lkw-Ladung
  • Temperatur des Mischgutes
  • Temperatur der Umgebung
  • Zusammensetzung des geladenen Asphalts
  • Datum, Uhrzeit
  • Lkw-Identifikationsnummer und getankte Kraftstoffmenge
  • Klimatische Kenngrößen in der Prozesskette Baustelle, Kunde.

Auf den Grundlagen der RFID-Technologie und dem erreichten Entwicklungsstand der Informationsverarbeitung soll im aufgezeigten Forschungsvorhaben ein praxistauglicher Lösungsvorschlag zur Informationserfassung und -verarbeitung für die Mischgutlogistik zwischen Mischanlage, Lkw, Beschicker und Fertiger erarbeitet und umgesetzt werden.

2.4 Materialentmischungen beim Mischguttransport und -verteilung

Entmischungen des Asphaltmischgutes während des Mischguttransportes im Fertiger sowie die Mischgutverteilung vor der Einbaubohle treten je nach Mischgutzusammensetzung besonders dann stark in Erscheinung, wenn sich bei der Mischgutumlagerung ein Schüttwinkel α bilden kann, Bilder 6 und 7. Diesem Qualitätsmangel wird zum Teil mit unzureichenden technischen Hilfsmitteln, wie der Montage von starren Kanalabweisblechen und Schneckenverbreiterungen versucht entgegenzuwirken.

Bild 6: Asphaltmischguteinbau mit einer Ausziehbohle: Bereich der Entmischung bei bei großem Schüttwinkel α

Bild 7: Schüttwinkel eines Mischgut-Haufwerkes bei kleinem Schüttwinkel ca. α ≈ 0°

Auch eine exakte Bestimmung des Füllungsgrades der Verteilerschnecke über die gesamte Einbaubreite, die im Automatikbetrieb [3] des Fertigers (Sollwert der Füllstandshöhe) die Mischgutverteilung vor der Einbaubohle sicherstellen soll, verhindert nicht, dass nach jedem Einbaustart und -stopp am Verteilerschneckenanfang (Fertigermitte) und -ende maßgebliche Materialentmischungen entstehen [4]. Ein neuartiges Mischgutführungssystem, das es ermöglicht, das Einbaumaterial schnell, fein dosiert und ohne Schüttwinkelbildung quer vor der Einbaubohle zu verteilen und dies vor allem bei sich ständig veränderten Einbaubedingungen der Einbaubreite, Straßenprofillage, Schichtdicke und während des Einbaustarts und -stopp sollen die aufgezeigten Fehler des Mischguttransportes und -verteilung vermeiden.

2.5 Mischguttemperatur

Durch die Absenkung der Verarbeitungstemperatur von Asphalt zur Reduktion von Dämpfen und Aerosolen ist man bestrebt mit einer niedrigen Mischguttemperatur einzubauen. Unabhängig hiervon ist die Mischguttemperatur ein wesentlicher Einflussfaktor beim Verdichten von Asphaltschichten.

Hierbei muss berücksichtigt werden, dass die Höhe der Windbewegung und die Einfallrichtung des Windes zur schnellen und vor allem zur unterschiedlichen starken Abkühlung in Quer- und Längsrichtung des Einbaubelages führen kann, und somit das Verdichtungsergebnis beeinträchtigt. Durch ein gezieltes Walzen kann dieser negative Einfluss aufgefangen werden. Thermografische Tests während des Mischguteinbaus an den Transportfahrzeugen und am Fertiger zeigen eine diskontinuierliche Abkühlung des Asphaltmischgutes während des Einbaus. Besonders gravierend wirken sich Temperaturunterschiede im Asphalt, wie im Bild 8 gezeigt, auf die Verdichtung und damit auf die Ebenheit und Nutzungsdauer des Straßenbelages aus [5].

Maßnahmen zur Vermeidung von Mischgutabkühlungen, wie Mischgutabdeckungen während des Transportes am Lkw oder isolierte Wände der Ladefläche der Transportfahrzeuge wie auch der Bunkerwände am Fertiger sind nur Teillösungen dieser Problematik. Umso verwunderlicher ist es, dass die Mischguttemperatur noch heute, nur stichprobenartig im Mischgutbunker, Schneckenraum oder hinter der Einbaubohle des Fertigers mit Steckthermometer gemessen wird und nicht kontinuierlich in der gesamten Prozesskette.

Bild 8: Temperaturmessung am Mischgut während des Einbaus (1991) und Dichtemessungen an gleicher Stelle zwei Jahre später (1993)

2.6 Einstellen von Maschinenparametern

Die Einstellung der Maschinenparameter wie Einbaugeschwindigkeit, Höhe der Anlenkpunkte der Nivellierholme, Stampferhub und -frequenz sowie die Vibrationsfrequenz auf das einzubauende Mischgut und der vorgegebenen Belagskonstruktion erfolgt ausschließlich nach Erfahrungswerten und Empfehlungen der Maschinenhersteller [6] (Tabelle 1).

Tabelle 1: Einstellwerte für Einbaubohlen in Abhängigkeit von der Belagsschicht [11]

Neben dem Verdichtungsgrad, der Ebenheit und der Griffigkeit sind die Dicke und das Querprofil der Belagsschicht eine wichtige Anforderung im Hinblick auf die Qualität einer Straße. Dem Vorzug der Messung am Bohrkern, gleichzeitig die Dicke aller eingebauten Schichten bestimmen zu können, steht der Nachteil des Aufwandes für eine punktuelle Messung und der Zerstörung der Schichten durch die Bohrungen entgegen (Bild 9).

Bild 9: Bohrkern zur Messung der Schichtdicke

Zerstörungsfreie Schichtdickenbestimmungen durch Messungen des Abstandes der eingebauten Schicht von einer Schnur sind bei sorgfältiger Ausführung zufriedenstellend aussagefähig. Sie erfordern jedoch vor dem Einbau der Schicht und nach dem Einbau eine Abstandsmessung von der Schnur, wobei die Präzision der Dickenbestimmung von der exakten Schnurbefestigung und der Schnurspannung abhängig ist. Zu Beweiszwecken wiederholbar ist nur die Nachmessung, solange die Festpunkte der Schnurbefestigung erhalten bleiben. Dies gilt auch für die Dickenbestimmung mittels Nivellement. Auch hier ist eine Vor- und Nachmessung an festgelegten Punkten erforderlich. Bei beiden Verfahren, deren Präzision sich aus der Differenz zweier Fehler behafteter Messgrößen ergibt, wird vorausgesetzt, dass sich der untere Messpunkt beim Einbau der darüberliegenden Schicht nicht mehr verändert.

 

Während die bisher genannten Verfahren „althergebracht“ sind und mit sichtbaren Maßen umgehen, beruhen die elektromagnetischen Verfahren auf der Erzeugung eines hochfrequenten elektromagnetischen Feldes in der Umgebung einer Sonde, die mit einer Spule ausgestattet ist [7, 8]. Alle bisherigen beschriebenen Messverfahren zur Schichtdickenmessung haben den Nachteil, dass sie nur stichprobenartig durchgeführt werden. Zur Sicherstellung einer gleichbleibenden Einbauqualität ist es jedoch erforderlich, alle maßgeblichen Einbauparameter, wie Verdichtung, Ebenheit, Belagsdicke und Straßenquerprofil kontinuierlich während des Mischguteinbaus zu messen und nicht wie heute nach dem Einbau zu überprüfen.

Die in [13] dargestellte kontinuierliche Schichtdickenmessung nach dem Bohlen-Geometrie-Messverfahren ermöglicht eine kontinuierliche Messung der Schichtdicke während des Mischguteinbaus, indem über zwei Abstandsmessungen an jedem Nivellierholm der Einbaubohle die Stellung dieser Holme zur Aufstandsfläche des Fertigers oder zu festen Referenzpunkten am Fertiger bestimmt wird. Wegen der festen mechanischen Zuordnung der Nivellierholme zur Einbaubohle ist ebenfalls die Stellung der Bohle und damit der Abstand der Glättblechhinterkante zum Untergrund festgelegt. Der Fertiger dient dabei über seine Laufwerkslänge als Mittelwertsbildner. Die sich beim Mischguteinbau einstellende Bohlenverwindung und der Glättblechverschleiß wirken sich so nachteilig auf die Genauigkeit der Schichtdickenmessung aus, dass auch hier nur eine grobe Tendenzmessung möglich ist.

Das korrekte Einstellen der Schichtdicke an den Zugpunkten der Nivellierholme, deren Höhe sich aus dem Maß der Schichtdicke, dem Walzmaß und der Größe des Anstellwinkels der Einbaubohle ergibt (Bild 10) ist insbesondere während des instationären Betriebszustandes, das heißt beim Einbaustart z. B. eines Tagesansatzes derartig komplex [9], dass ca. 80 % aller erstellten Tagesansätze heute noch mit unzulässigen Fahrbahnunebenheiten behaftet sind und nachgearbeitet werden müssen. Die Wahl des richtigen Bohlenanstellwinkels φ ist entscheidend für den Einbau einer Schichtdicke und Belagsebenheit in den geforderten Einbautoleranzen. Der sich einstellende Anstellwinkel φ der Bohle wird nicht, wie häufig fälschlicherweise vermutet, allein durch die Höhenverstellung der Anlenkpunkte der Nivellierholme erreicht, sondern in einem viel stärkeren Masse durch das sich einstellende Kräftegleichgewicht zwischen Einbaubohle und Einbaumaterial unterhalb und vor der Bohle [10].

Bild 10: Verfahren zur Einstellung von Schichtdicke und Straßenquerprofil an den Zugpunkten des Straßenfertigers

Das heißt alle Maschinendaten wie Flächenpressung (Bohlengewicht und wirksame Bohlenfläche), Einzugswinkel wie Bohlenvorderwand und Stampferform und alle Einstellparameter der Verdichtungsaggregate (Stampferhub- und -drehzahl, Vibrationsamplitude- und -frequenz) und die Einbaugeschwindigkeit des Fertigers sowie Materialkennwerte wie Mischgutzusammensetzung und Mischguttemperatur wirken auf die Größe des Bohlenanstellwinkels ein [4]. Wie komplex die Zusammenhänge zwischen Schichtdicke, Ebenheit sowie Maschinen- und Mischgutkenngrößen bei einer Einbauunterbrechung bedingt durch die notwendige Mischgutaufnahme ist, zeigen Untersuchungen der Uni Magdeburg [9, 10]. Nur mit einer auf den Baustoff und den Einbauparametern angepasste Maschineneinstellung kann die geforderte Einbauqualität sicher erreicht und Anfahrunebenheiten bei Einbauunterbrechungen vermieden werden.

3 Problemlösung

Die umfangreiche Mechanisierung des Bauwesens in den letzten 40 Jahren hat nicht nur zu erheblichen Veränderungen in der Bautechnik, sondern auch zu bemerkenswerten Fortschritten bei der Baumaschinentechnik geführt. Technische Verbesserungen im Straßenbau und bei Straßenbaumaschinen wurden vor allem auf der Grundlage vielfältiger Einsatzerfahrungen entwickelt, was zu immer leistungsstärkeren Baumaschinen führte. Inzwischen ist ein Stand erreicht, bei dem weiter steigende Leistungs- und Qualitätsanforderungen nur noch durch Anwendung wissenschaftlich gesicherter Optimierungsmethoden wirksam erfüllt werden können. Besondere Probleme bereiten dabei die optimale Auslegung und Bemessung von Arbeitseinrichtungen, die unter ständig wechselnden Betriebsbedingungen für ein breites Spektrum von Anwendungen sorgen.

  • Mit experimentellen Grundlagenuntersuchungen an einem hierfür geeigneten Prüfstand (Bodenrinne) [6] zur Wechselwirkung von Baustoff- und Maschinenparametern auf die zu erzielenden Einbauergebnisse wie Schichtdicke, Verdichtung, Fahrbahnlängsebenheit und -oberflächenstruktur, insbesondere für den instationären Betriebszustand einer Einbaubohle, das heißt für die Anfahrphase (Tagesansätze), Start- und Stopp-Phase (Mischgutaufnahme) und das Regelstreckenverhalten (Nivellierung) bei Wirkung von Störgrößen durch Veränderungen des Versetzungswiderstandes des Mischgutes sollen die Grundlagen für eine geänderte Maschinen- und Anwendungstechnik geschaffen werden.
  • Die Entwicklung eines durchgängigen, vernetzten mobilen Temperaturmess- und Informationssystems für die gesamte Prozesskette des Mischguteinbaus soll es ermöglichen, Asphalt in den vorgegebenen Temperaturgrenzen gezielt und sicher einbauen zu können.
  • Verminderung von Temperaturverlusten durch technische Maßnahmen am Lkw/Fertiger, im Zusammenspiel mit vorhergehendem Punkt, eventuell Reduzierung der Einbautemperaturen.
  • Auf der Grundlage der gewonnenen funktionalen Zusammenhänge zwischen Material-, Einbau- und Maschinenparametern (aus Prüfstandsuntersuchungen) soll ein Verfahren entwickelt und erprobt werden, das dem Einbaupersonal des Fertigers die Möglichkeit gibt, gezielt Tagesansätze als auch Einbaustarts und -stopps ohne Unebenheiten herzustellen.
  • Durch eine automatisierte Mischgutübergabe mit integrierter Kommunikationsschnittstelle zwischen Transportfahrzeug (Lkw) und Einbaugerät (Beschicker/Fertiger) sowie eines neuartigen mobilen Mischgut-Informations-Systems (MIS) [7] für die gesamte Prozesskette des Einbaues soll die Mischgutlogistik im Verkehrswegebau wesentlich verbessert und dadurch prozesssicherer gestaltet werden.
  • Zur Vermeidung von Entmischungen des Einbaumaterials für die gesamte Prozesskette des Mischguteinbaus (das heißt während Mischgutaufnahme, -übergabe, -transport, und -verteilung) soll eine geeignete Maschinentechnik für die Mischgutaufnahme und -verteilung sowie eine übergeordnete Logik für die Regelkreise von Mischguttransport und -verteilung im Fertiger entwickelt und erprobt werden.
  • Entwicklung einer Methode zur Bestimmung der Belagsdicke mittels elektromagnetischen Messverfahrens.
  • Entwicklung eines Verfahrens zur definierten Ablage und Positionierung von metallischen Gegenpolen für die Bestimmung der Belagsdicke mittels elektromagnetischen Messverfahrens und geeignet als Trägermaterial zur Aufnahme intelligenter Sensorik.
  • Entwicklung einer Messmethode zur Bestimmung des Verdichtungsgrades an der Einbaubohle und Walze schon während des Einbaues.
  • Zur Beurteilung der erzielten Einbauergebnisse hinter der Einbaubohle und nach dem Walzeneinsatz sollen alle relevanten Einbauparameter wie Mischgutzusammensetzung, Verdichtungsgrad, Hohlraumgehalt, Ebenheit im Quer- und Längsprofil, Belagsdicke und -breite, Griffigkeit sowie die Verarbeitungstemperatur des eingebauten Mischgutes schon während des Einbaues ermittelt werden.
  • Anwendung der Forschungsergebnisse für die neuentwickelten Asphaltbauweisen, wie für den Kompaktasphalt, den Doppeldränasphalt, den integrierten linearen Splittstreuer und den Niedertemperaturasphalt.
  • Aufbereitung der Forschungsergebnisse für die Anwendung in den Bereichen des Trassenbaues der festen Fahrbahn für die Hochgeschwindigkeitsstrecken der Bahn, der Asphaltabdichtungen im Deponie-, Kanal- und Wasserstraßenbau sowie einer Vielzahl weiterer Asphaltsonderbaumaßnahmen, wie der profilierte Teststreckenbau oder Wasserbeckenbau.

Die in diesem Forschungsvorhaben entwickelten und erstellten Demonstratoren sollen direkt nach Abschluss des Forschungsprojektes in marktfähige Produkte umgesetzt werden. In der Tabelle 2 sind alle 15 Demonstratoren aufgezeigt.

 Tabelle 2: Zu entwickelnde und zu erstellende Demonstratoren im Forschungsprojekt „PAST“

4 Literaturverzeichnis

  1. Riecken, R. J.; Utterodt, R.: Kosten-Nutzen-Betrachtung eines Fertigers beim kombinierten Einsatz mit einem Beschicker. Vortrag auf dem 4. Internationalen Symposium, Bauma 2001, München
  2. Pajer, G. et al.: Stetigförderer. Verlag Technik GmbH Berlin, 1988
  3. Mann, H. et al.: Einführung in die Regelungstechnik. Hanser Lehrbuch
  4. Ulrich, A.: Messdatenerfassungssystem für Straßenfertiger „MEDES“. Nicht veröffentlichte Entwicklungs- und Konstruktionsunterlagen der Firma Joseph Vögele AG, 1992
  5. Andersson, C.; Krigsman, B.: Thermografischer Test von Asphaltbelägen. Die Asphaltstraße, Heft 8/1993, S. 18–24
  6. Ulrich, A.: Verfahren zum Einstellen der Stärke einer Einbauschicht mit einem Straßenfertiger. Patent, Offenlegungsschrift DE 40 40 027 A1, 1992
  7. v. Klitzing, E.: Zerstörungsfreie Dicken- und Dichtemessung auf Asphaltbefestigungen. Die Asphaltstraße, Heft 4/1986, S. 206–217
  8. Lehmann, G.; Weiß, R.: Arbeitsanleitung für elektromagnetische Schichtdickenmessung. Unterlagen der Firma, MIT GmbH, 2001
  9. Monecke, J. et al.: Einfluss maschinentechnischer Parameter auf den Einbau von Asphalt. Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Abschlussbericht zum Forschungsvorhaben AiF/FKM/FVB-Nr. 368 D, Schriftenreihe der Forschungsvereinigung Bau- und Baustoffmaschinen, Frankfurt/M., 1997
  10. Monecke, J. et al.: Ermittlung und Optimierung der maschinen- und regeltechnischen Parameter beim Einbau von Asphalt. Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Abschlussbericht zum Forschungsvorhaben AiF/FKM/FVB-Nr. 10034 B, Schriftenreihe der Forschungsvereinigung Bau- und Baustoffmaschinen, Frankfurt/M., 1999