FGSV-Nr. FGSV 002/100
Ort Karlsruhe
Datum 13.09.2011
Titel Organisation der Beseitigung von Ölspuren auf Straßen – Pilotversuch in NRW
Autoren Dr.-Ing. Jakob Breer
Kategorien Straßenbetrieb, Winterdienst
Einleitung

In der Vergangenheit wurde von kommunaler Seite der mit dem Beseitigen von Ölspuren verbundene Aufwand beklagt und darauf verwiesen, dass die begrenzten Leistungsreserven insbesondere der freiwilligen Feuerwehren auf gravierende Notfälle konzentriert werden sollten. Aus diesem Grunde wurde zwischen dem Innenministerium und dem Ministerium für Bauen und Verkehr in NRW vereinbart, dass der Landesbetrieb Straßenbau in einem Pilotversuch die Vergabe der Ölspurreinigung an eine Privatfirma erprobt. Auf der Grundlage der Ergebnisse dieses Pilotversuches soll die derzeitige Praxis gegebenenfalls angepasst werden.

 

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1 Projektziele und -abwicklung

Die Organisation des Projektes erfolgte durch den Landesbetrieb Straßenbau Nordrhein-Westfalen unter Beteiligung der Ressorts

  • Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz,
  • Ministerium für Inneres und Kommunales,
  • Ministerium für Wirtschaft, Energie, Bauen, Wohnen und Verkehr.

Im Rahmen des Pilotprojektes (2008 bis 2010) wurde in den Pilot-Gebieten (Städteregion Aachen, Kreis Düren und Kreis Coesfeld) für die Ölspurbeseitigung jeweils ein Rahmenvertrag mit einem Reinigungsunternehmen abgeschlossen, das eine 24 Stunden Rufbereitschaft vorhielt und auf dessen Dienste im Bedarfsfall zurückgegriffen werden konnte. In Referenz-Gebieten (Rhein-Erft-Kreis und Kreis Euskirchen) wurden die Ölspurbeseitigungen aus Vergleichsgründen wie bislang durch die zuständigen Feuerwehren und den Meistereien des Landesbetriebes durchgeführt und nur im Einzelfall Drittfirmen hinzugezogen. Art und Größe der Verunreinigung sowie Aufwand und Kosten der Reinigung wurden sowohl für die Pilot- als auch für die Referenzgebiete dokumentiert. Die Auswertung der Daten erfolgte durch INFA.

Ziel des Pilotversuches war es, zu klären ob:

  • durch Abschluss eines Rahmenvertrages die Feuerwehr entlastet werden kann,
  • die Einbindung privater Reinigungsfirmen über einen Rahmenvertrag Einfluss auf die Einsatzzeiten hat und
  • ein Einfluss auf die Kosten der Einsätze besteht.

Die beauftragten Reinigungsfirmen setzten überwiegend maschinelle Nassreinigungsverfahren ein, Feuerwehr und Straßenbauverwaltung reinigten mit Hilfe von Bindemitteln. Eine Bewertung der Qualität der unterschiedlichen Reinigungsverfahren war nicht Gegenstand des Pilotversuches, da das DWA-M 715 beide Verfahren als gleichwertig betrachtet. 

2 Ergebnisse des Pilotversuches

2.1 Allgemeines

Der Pilotversuch umfasst insgesamt 394 Ölspureinsätze, von denen 60 % in den Pilotgebieten und 40 % in den Referenzgebieten liegen.

Die Einsätze während der Dienstzeiten des Landesbetriebes Straßenbau machen 65 % und die außerhalb der Dienstzeiten 35 % aus.

75 % der Einsätze beziehen sich auf Ölspuren, 22 % auf flächige Verunreinigungen, die häufig im Zusammenhang mit Unfällen auftreten und 3 % sind als Fehlalarme eingestuft.

Auch bei Einschaltung von Dritten kann auf den Einsatz von Feuerwehr oder Straßenbauverwaltung nicht völlig verzichtet werden. Beim Eingang des „Ölalarms“ in der Feuerwehrleitstelle ist das Gefährdungspotenzial nicht abschätzbar, so dass aus Gründen der Rechtssicherheit die Feuerwehr ausrücken muss.

2.2 Alarmierungszeit

Die Feuerwehr ist sowohl in Referenz- als auch in den Pilotgebieten innerhalb von 8 Minuten nach Alarmierung am Einsatzort, die Straßenbauverwaltung benötigt mit 15 Minuten etwas länger (höhere Präsenz in der Fläche der Feuerwehr). Die Reinigungsfirmen im Rahmenvertrag sind in der Regel innerhalb von 30 bis 50 Minuten am Einsatzort. Reinigungsfirmen, die im Einzelfall in den Referenzgebieten zur Unterstützung herangezogen wurden, brauchen etwa

60 Minuten. Sofern in örtlicher Nähe des Einsatzortes Reinigungsfirmen ansässig sind, sind diese schneller am Einsatzort als der weiter entfernt liegende Vertragspartner des Rahmenvertrages. Dies hat dazu geführt, dass in zwei Gemeinden eines Pilotgebietes die Feuerwehren nach einigen Monaten nicht mehr auf den Vertragspartner, sondern auf ortsansässige Firmen zurückgegriffen haben.

2.3 Anzahl der Einsatzkräfte

Im Pilotversuch führten die Reinigungsfirmen und die Straßenbauverwaltung die Reinigung mit ein bis zwei Mitarbeitern durch. Die Feuerwehren setzen im Mittel 5 bis 10 Einsatzkräfte zur Beseitigung von Ölverunreinigungen ein.

Aufgrund der Alarmierungspläne insbesondere bei den freiwilligen Feuerwehren ist eine exakte Steuerung der Einsatzkräfte für den Einsatzleiter vor Ort sehr schwierig. So ist die Streuung der Anzahl der Einsatzkräfte sehr hoch und steht nicht immer im Verhältnis zum Ausmaß der Verunreinigung. Andererseits rückt eine der am Pilotversuch beteiligten freiwilligen Feuerwehr bei der Meldung „Ölspur“ grundsätzlich zunächst mit nur 4 Einsatzkräften aus und alarmiert im Bedarfsfall weitere Kräfte oder eine Firma.

2.4 Einsatzzeiten und Kosten

Im Rahmen der Einsatzdokumentation wurden die Ölverunreinigungen entweder nach ihrer Länge in m (Ölspuren mit einer Breite bis maximal 1 m) oder nach ihrer Fläche in m² erfasst. Für die Auswertung wurden die Ölverunreinigungen 4 Gruppen zugeordnet (vgl. Tabelle 1).

Tabelle 1: Gruppencluster der Ölverunreinigungen

Die Auswertung hat gezeigt, dass die Ölverunreinigungen geringer Größe mit ca. 40 % die häufigste Kategorie darstellen. Mit zunehmender Größe nehmen die Fallzahlen ab.

Da der Aufwand für die Beseitigung von Ölverunreinigungen neben der Größe auch von der Art der Verunreinigung, der Witterung, der Topografie und dem Straßenbelag abhängt, waren die in den Einsatzprotokollen angegebenen Daten nicht unmittelbar vergleichbar. Aus diesem Grunde wurden aus den erfassten Daten für die o. a. Gruppen typische Kenndaten ermittelt und in Form von Modellrechnungen für Ermittlung des Aufwands herangezogen. Für die Berechnung der Kosten wurden für die Feuerwehr die mittleren Kostensätze für Personal und Gerät von 10 am Pilotversuch beteiligten Kommunen und für die Privatfirmen aus dem Rahmenvertrag die Kostensätze aus dem Vertrag zugrunde gelegt. Außerdem wurden die Kosten für Reinigungsfirmen, die nicht über einen Rahmenvertrag eingebunden sind, berücksichtigt, indem marktübliche Preise entsprechender Anbieter und Durchschnittsangaben der Gütegemeinschaft für Verkehrsflächenreinigung und Unfallstellensanierung (GGVU) gewählt wurden.

Als Ergebnis ist festzuhalten, dass die Einsatzdauer der Feuerwehren bei den Ölverunreinigungen geringer Ausdehnung trotz niedrigerer Reinigungsgeschwindigkeiten aufgrund der kurzen Alarmierungszeit geringer ist als bei einem Einsatz von Fremdfirmen. Mit zunehmender Größe der Verunreinigung nimmt die Einsatzdauer von ausschließlichen Einsätzen von Feuerwehr oder Straßenbauverwaltung deutlich zu und ein zusätzlicher Maschineneinsatz (Kehrmaschine oder Nassreiniger) führt zu einer Verkürzung der Einsatzdauer.

Bei Betrachtung der Kosten ist aufgrund der relativ günstigen Kostensätze der Feuerwehr der Einsatz von Reinigungsfirmen erst bei Ölverunreinigungen großer Ausdehnung wirtschaftlich.

Beim Vergleich der Kosten für Reinigungsfirmen mit und ohne Rahmenvertrag ergab der Rahmenvertrag insbesondere für die Ölverunreinigungen großer Ausdehnung günstigere Ergebnisse.

Aus den im Pilotversuch gewonnenen Einsatzdaten lassen sich zusammenfassend folgende Ergebnisse ableiten (vgl. Tabelle 2):

Tabelle 2: Ergebnisse für die Gruppencluster der Ölverunreinigungen 

3 Schlussfolgerung

Für die überwiegende Anzahl kleiner Verunreinigungen, sollte die bisherige Praxis der Reinigung mit Bindemitteln durch Feuerwehren und Straßenbaulastträger beibehalten werden. Für große Verunreinigungen und Sonderfälle empfiehlt sich die maschinelle Reinigung. Hierfür sollte der Abschluss eines Rahmenvertrages angestrebt werden. Bei mittleren Verunreinigungen ist eine Einzelfallentscheidung zu treffen.

Eine Entscheidung über den Abschluss eines Rahmenvertrages kann nur in enger Abstimmung mit den betroffenen Kommunen erfolgen, wobei nachfolgende Überlegungen anzustellen sind:

  • Aufgrund der rechtlichen Situation und der für Privatfirmen deutlich längeren Reaktionszeit kann ein Rahmenvertrag mit einer privaten Reinigungsfirma die notwendige Alarmierung der Feuerwehr bzw. der Polizei oder des Straßenbaulastträgers nicht vollständig ersetzen. Eine wirksame Entlastung der Feuerwehr durch Abschluss eines Rahmenvertrages setzt voraus, dass die Anzahl der Einsatzkräfte über den Alarmierungsplan wirksam gesteuert werden kann.

  • Wegen der Vielzahl an Beteiligten (Feuerwehr, kommunale Bauhöfe, Straßenbaulastträger, kommunale Ordnungsämter) muss sicher gestellt sein, dass ein Rahmenvertrag von allen akzeptiert wird. Dies setzt vorherige Abstimmungsgespräche über den grundsätzlichen Bedarf und die Ausgestaltung des Vertrages voraus.

Falls die Voraussetzungen für den Abschluss eines Rahmenvertrages erfüllt sind, sollten folgende Aspekte beachtet werden:

  • Es sollte vertraglich festgelegt werden, dass kein Anspruch auf die Reinigung sämtlicher Ölverunreinigungen besteht, sondern nur nach gezieltem Abruf der Leistung durch autorisierte Stellen. Bei der Kalkulation ist zu berücksichtigen:
    •    Ein genereller Einsatz der Reinigungsfirma ist im Regelfall nur bei Ölverunreinigungen mit großer Ausdehnung vorzusehen, da er dort gegenüber anderen Reinigungsverfahren wirtschaftlicher ist.
    •    Sofern wegen der Bedeutung der Straße für den Verkehr eine zügige Wiederherstellung der Befahrbarkeit im Vordergrund steht, ist eine Beauftragung auch bei Ölverunreinigungen mittlerer bis großer Ausdehnung sinnvoll.
    •    Bei Ölverunreinigungen geringer Ausdehnung ist die Reinigung mit Bindemittel durch die Einsatzkräfte der Feuerwehr bzw. der Straßenbauverwaltung in der Regel schneller und kostengünstiger.
    •    Grundsätzlich sollte eine maschinelle Reinigung durch die Fremdfirma für alle Fälle vorgesehen werden, bei denen Bindemittel nicht geeignet ist (Biokraftstoffe, offenporiger Asphalt).

  • Die Festsetzung einer maximalen Reaktionszeit für die Firma ist zwingend erforderlich, wobei es sinnvoll ist, die Länge in Abhängigkeit von regionalen Besonderheiten festzulegen (z. B. Ballungsraum: 0,5 Std., ländlicher Raum: 1 Std.). Für den Fall wiederholter Überschreitungen der Maximalzeiten sind vertragliche Restriktionen vorzusehen.

  • Als Abrechnungsgrundlage sollten die mit satellitengestützten Bordcomputern ermittelbaren Leistungsdaten genutzt werden, über die auch eine Leistungskontrolle möglich ist.

  • Die Bedingungen für den Einsatz zusätzlicher Reinigungsmaschinen sind vertraglich festzulegen.

  • Neben der maschinellen Nassreinigung ist grundsätzlich auch eine Position für die aus- schließliche Aufnahme von aufgebrachtem Bindemittel vorzusehen.