FGSV-Nr. FGSV B 32
Ort Ulm
Datum 24.09.2015
Titel Fahrbahndecken aus Beton aus Sicht des Auftraggebers
Autoren Dipl.-Ing. Christoph Krelle, Dipl.-Ing. Dittmar Marquordt
Kategorien Betonstraßen
Einleitung

Die Landesstraßenbaubehörde Sachsen-Anhalt (LSBB) ist zuständig für 474 km Autobahnen. Davon sind etwa 75 % in Betonbauweise und 25 % in Asphaltbauweise gebaut worden. Die dominierende Rolle der Betonbauweise resultiert aus der historischen Entwicklung des Autobahnbaus in Mitteldeutschland und der DDR sowie dem wachsenden Verkehrsaufkommen, denen die zu einem großen Teil für den Transitverkehr genutzten BAB entsprechen mussten sowie derzeit und zukünftig entsprechen müssen. 1990 war das 223 km umfassende Autobahnnetz in Sachsen-Anhalt weitestgehend stark erneuerungsbedürftig. Bereits ab 1990 wurden auf der BAB A 9 einzelne Bereiche zunächst mit nur zwei Fahrstreifen ohne Standstreifen, dann mit Standstreifen und zuletzt mit angebauter Verbreiterung auf sechs Fahrstreifen mit Fahrbahndecken aus Beton neu gebaut. In den Jahren nach 2000 waren der grundhafte Ausbau der BAB A 2 und A 9 sowie der Neubau der BAB A 38 und der A 14 zwischen Halle/Saale und Magdeburg, alle fast ausschließlich in Betonbauweise, abgeschlossen. Im Jahr 2013 erfolgte die Anbindung der A 71 an das Autobahnnetz in Sachsen-Anhalt. Im Vortrag wird auf Schwerpunkte der bisher gesammelten Erfahrungen beim Neubau, bei der Nutzung und bei der Baulichen Erhaltung von Fahrbahndecken aus Beton eingegangen. Diese haben teilweise regionalen, aber auch allgemeinen Charakter. Im Vortrag wird u. a. auch die Verwendung von CEM III ­ Zementen angesprochen, mit denen 2007 und 2008 zwei Betondecken in SachsenAnhalt hergestellt wurden. Beginnend im Jahr 2012 hat sich die LSBB auf Grund von Dauerhaftigkeitsproblemen in Endfeldbereichen bei Ausführungen gemäß den ZTV Beton-StB, mit der alternativen Anlage von Raumfugen sowie damit im Zusammenhang stehenden konstruktiven Details beschäftigt und erste Erfahrungen gesammelt. Einen weiteren Schwerpunkt des Vortrages bildet das systematische Vorgehen in der Erhaltung von Fahrbahndecken aus Beton, hier insbesondere auch unter dem Gesichtspunkt einer schädigenden Alkali-Kieselsäure-Reaktion (AKR). Die mit verschiedenen Erhaltungsmaßnahmen gesammelten Erfahrungen und daraus abgeleiteten Nutzungszeiten werden dargestellt. Die Betonbauweise ist bei qualitäts- und anforderungsgerechter Ausführung dauerhaft, erhaltungsarm und mit einheimischen Roh- und Baustoffen herzustellen. Hinsichtlich der Widerstandsfähigkeit gegen dynamische und klimatische Beanspruchungen weist sie gute Eigenschaften auf.

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1 Autobahnen in Sachsen-Anhalt

Die Landesstraßenbaubehörde Sachsen-Anhalt (LSBB) ist zuständig für 474 km Autobahnen. Davon sind etwa 75 % in Betonbauweise und 25 % in Asphaltbauweise gebaut worden. Sachsen-Anhalt ist also ein klassisches Betonland, welches vor allem aus der historischen Entwicklung resultiert.

Vor dem 2. Weltkrieg wurden Autobahnen ausschließlich in Betonbauweise hergestellt. In der DDR wurden diese, so gut es ging, erhalten und der Autobahnneubau wurde wiederum ausschließlich in Beton realisiert, da man durch chronischen Devisenmangel auf örtlich verfügbare Baustoffe angewiesen war. Eine Ausnahme war die heutige BAB A 2, die im Zuge des Transitabkommens Ende der 1970er Jahre in der Asphaltbauweise erneuert wurde.

Infolge dieser Erneuerungsmaßnahme, die zu 65 % durch die damalige Bundesrepublik Deutschland in DM bezahlt wurde, resultierte auch die Lieferung westlicher Technik, u. a. auch die eines neuen Gleitschalungsfertigers. Dieser wurde hauptsächlich beim Autobahnneubau zwischen Berlin und Rostock und später zwischen Wittstock und der damaligen Grenze zur BRD eingesetzt.

So entwickelten sich parallel dazu im damaligen Autobahnbaukombinat und der Autobahndirektion ein entsprechendes Fachkräftepotenzial und ein technologischer Kenntnisstand auf hohem Niveau, allerdings weitestgehend nur für den Neubau. 1990 war das 223 km lange Autobahnnetz in Sachsen-Anhalt weitestgehend stark erneuerungsbedürftig. Die grundhafte Erneuerung des bestehenden Netzes war überfällig.

Alles auf einmal konnte aber nicht gebaut werden. Eine erste Aufgabe bestand darin, zunächst durch ausgewählte Erhaltungsmaßnahmen Interimslösungen zu schaffen. Auf dem südlich des Schkeuditzer Kreuzes gelegenen Teils der BAB A 9 wurden bereits ab 1990 einzelne Bereiche zunächst mit nur zwei Fahrstreifen ohne Standstreifen, dann mit Standstreifen und zuletzt mit angebauter Verbreiterung auf sechs Fahrstreifen neu gebaut.

Dieser knapp 40 km lange Abschnitt konnte sofort nach der Wende in Angriff genommen werden, da kein Planfeststellungsverfahren notwendig war. Gebaut wurde nach DDR-Recht auf der Basis des noch vor der Wende abgeschlossenen Transitvertrages zwischen der DDR und der Bundesrepublik Deutschland, natürlich in Beton. Ab 1994 begann dann der grundhafte sechsstreifige Ausbau der BAB A 2 und BAB A 9, welcher im Wesentlichen 2002 bzw. 2004 abgeschlossen war. Auch diese beiden Autobahnen wurden fast ausschließlich in Betonbauweise gebaut, um vor dem Hintergrund der damaligen stark zunehmenden Verkehrsentwicklung, insbesondere des Lkw-Anteils und der damit im Zusammenhang stehenden Spurrinnenbildungen in Asphaltdecken, diese insbesondere im Hauptfahrstreifen, auszuschließen. Beide Autobahnen sind Hauptstrecken in Nord-Süd- bzw. Ost-West-Richtung und haben heute eine Belegung zwischen 60.000 und 80.000 Tausend Kfz/24 Stunden, bei einem Lkw-Anteil von 24 % (Bundesdurchschnitt 18 ­ 19 %), arbeitstägig (ohne Lkw-Fahrverbot) bei > 31 %.

Der Grundsatz, stark befahrene Strecken in Beton zu bauen, wurde auch beim Neubau der BAB A 14 auf ,,Grüner Wiese" verwirklicht, wenn auch hier der erste 12 km lange Abschnitt zwischen Könnern und Löbejün 1996 noch in Asphaltbauweise mit einer Deckschicht aus Splittmastixasphalt fertiggestellt wurde.

Durch die DEGES wurde damals angeregt, weitere Streckenabschnitte in Asphaltbauweise zu bauen. Aber auch da setzte sich letztendlich der Landeswunsch nach der Betonbauweise durch. Es wäre sicherlich provokativ gewesen, an einem der größten Zementwerke Mitteldeutschlands mit Asphalt vorbei bauen zu wollen.

Bild 1: Übersichtskarte BAB in Sachsen-Anhalt, Beton- und Asphaltbauweise

Zum großen Teil wurde die Betonbauweise ebenso beim Bau der BAB A 38 angewandt, selbst wenn hier die Belegungszahlen bisher nicht ganz so hoch sind. Aber es bestand so der Vorteil, insgesamt eine einheitliche, vorrangig auf Betonfahrbahnen orientierte Erhaltungsstrategie aufbauen zu können. Mitte des ersten Jahrzehnts des 21. Jahrhunderts war dann das Autobahnnetz in seiner heutigen Struktur fast ausgebaut.

Die letzten Lücken wurden 2009 durch den 6-streifigen Ausbau auf der BAB A 14 zwischen dem Schkeuditzer Kreuz und der Anschlussstelle (AS) Halle-Peißen sowie der BAB A 38 zwischen der AS Eisleben und dem Autobahnkreuz Halle/Süd, jeweils in Waschbetonbauweise, geschlossen.

Die Verkehrsfreigabe der BAB A 71 im Bereich Sachsen-Anhalt mit Anbindung an die BAB A 38 erfolgte 2013. In fast 20 Jahren wurde durch eine gut aufgestellte Autobahnverwaltung des Landes und mit Hilfe der DEGES das 1990 vorhandene Netz grundhaft sechsstreifig ausgebaut bzw. auf der ,,Grünen Wiese" zweistreifig neu errichtet. Aus 223 km holpernder und klappernder Betondecke bzw. verschlissenem Asphalt, wurden für insgesamt 2,85 Milliarden Euro moderne, im Wesentlichen 6-streifige Autobahnen gebaut.

2 Ausgewählte bautechnische Schwerpunkte

2.1 Verwendung von CEM III-Zementen im Betondeckenbau

Vor dem Hintergrund der Diskussionen um den Klimaschutz und der Reduzierung von CO2-Emissionen, entschied sich die Straßenbauverwaltung Sachsen-Anhalt in Abstimmung mit dem BMVBS und der BASt, erste Baumaßnahmen zur Erfahrungssammlung mit CEM III-Zementen zu realisieren. Als wichtiger Partner für die Vorbereitung stand uns dafür der inzwischen leider viel zu früh verstorbene Kollege Dr. Norbert Ehrlich zur Verfügung, den wir fachlich und menschlich sehr schätzten. Im Bereich der Straßenbauverwaltung Sachsen-Anhalt wurde im Herbst 2007 beim Neubau der B 6n im Bereich der AS Güsten ca. 2 km RF mit einem CEM III/A 42,5 N-NA für die Herstellung des Deckenbetons mit Waschbetonoberfläche verwendet. Der Zementgehalt betrug 420 kg/m3. Als Gesteinskörnung für den Waschbeton wurde ein einheimischer Andesit in der Körnung 2/8 mm auf Grundlage eines Gutachtens zur Unbedenklichkeit hinsichtlich AKR verwendet. Der Einbau erfolgte im Tag- und Nachtbetrieb im Oktober und stellte insbesondere bei tiefen Temperaturen in der Nacht und schnellansteigenden Temperaturen am Tag besondere Anforderungen an das gleichmäßige Herstellen der Oberflächenstruktur, die jedoch von der Fachfirma in guter Qualität realisiert wurde. Der Widerstand gegen Frost-Tausalz-Beanspruchung wurde in der Erstprüfung mit dem CDF-Verfahren bei teflongeschalter Fläche mit 680 g/m2 ermittelt. Der Abschnitt liegt seit Ende 2008 unter Verkehr und weist bis heute eine gleichmäßige Oberfläche und eine gute Griffigkeit auf.

Im Frühjahr 2008 wurde beim sechsstreifigen Ausbau der BAB A 14 im Bereich der AS Halle/ Ost, RF Magdeburg, ein ca. 220 m langer Abschnitt ebenfalls mit Waschbetonstruktur unter Verwendung eines CEM III/A 42,5 N-NA, allerdings aus der Produktion eines anderen Zementwerkes, und einer gebrochenen Gesteinskörnung 5/8 mm hergestellt. Der hier verwendete Quarzporphyr wurde ebenfalls gutachterlich beurteilt. Bei dieser Maßnahme führten jedoch Schwierigkeiten bei der Betonherstellung und dem Betoneinbau, u. a. zu Problemen bei der Herstellung des Oberflächenschlusses. Um diesen bei der Betonage zu gewährleisten, wurde während des Einbaus der Zementgehalt auf einem Teilabschnitt von 430 auf 410 kg Zement reduziert. Aus beiden Bereichen wurden Bohrkerne entnommen und insbesondere hinsichtlich des Widerstandes gegen Frost-Tausalz-Widerstand geprüft. Die Abwitterungen nach Prüfung mit dem CDF-Verfahren der beiden Bereiche lagen in den Kontrollprüfungen an der Waschbetonoberfläche zwischen 800 (430 kg Zement) und 1.000 g/m2 (410 kg Zement) und damit noch deutlich unter dem Anforderungswert von 1.500 g/m2. Die Schwierigkeiten bei der Herstellung einer gleichmäßigen Oberflächenstruktur mit dem Längsglätter sind stellenweise noch heute erkennbar, punktuell sind hier einzelne Kornausbrüche festzustellen.

Die Mahlfeinheit der verwendeten Zemente war annährend gleich. Bei beiden Maßnahmen wurde großes Augenmerk auf die Nachbehandlung gelegt. Bei der Baumaßnahme BAB A 14 wurde in einem Bereich ein zusätzliches Nässen der Fahrbahnoberfläche zur Nachbehandlung durchgeführt. Unterschiede in den Beton-/Oberflächeneigenschaften ließen sich daraus nicht ableiten.

Trotz der einen ,,Problembaustelle" kann aus den beiden Maßnahmen die Schlussfolgerung gezogen werden, dass auch mit CEM III-Zementen anforderungsgerechte Fahrbahndecken hergestellt werden können. Beton- und Oberflächenherstellung müssen jedoch auf die Eigenschaften des Zementes abgestimmt werden. Die Langzeitbeobachtung wird an beiden Fahrbahnabschnitten fortgesetzt.

Tabelle 1: Ausgewählte Kennwerte aus Kontrollprüfungen an Betondecken mit CEM I und CEM III-Zementen

2.2 Die Zugfestigkeit des Betons als Qualitätskriterium

Zu den Kriterien, die die Qualität einer neu zu bauenden Fahrbahndecke aus Beton maßgeblich beeinflussen, gehören die Herkunft und Eignung sowie die Qualitätssicherung der zur Verwendung vorgesehenen Baustoffe, die mechanischen Eigenschaften des Betons sowie die konstruktiven Eigenschaften der fertiggestellten Betondecke. Um die mechanischen Eigenschaften über die Druckfestigkeit und den Widerstand gegen Frost-Tausalzbeanspruchung, die in der Erstprüfung und in der Kontrollprüfung für Baumaßnahmen der LSBB nachzuweisen sind, hinaus beurteilen zu können, prüft die LSBB seit einigen Jahren an mindesten 20 % des für den Nachweis der Druckfestigkeit vorgesehenen Umfangs in den Kontrollprüfungen zusätzlich zur Druckfestigkeit die Spaltzugfestigkeit nach der AL Sp-Beton-StB. Bei Maßnahmen seit 2014 wird der Nachweis der Spaltzugfestigkeit auch in den Erstprüfungen gefordert. Wir haben dabei die Zielstellung, dieses Prüfkriterium zukünftig stärker in die Qualitätsbewertung einzubinden, noch bevor es Aufnahme in den neuen ZTV Beton-StB findet.

2.3 Endfelder

Beobachtungen an mehren Endfeldausführungen nach den ZTV Beton-StB haben uns im Jahr 2012 dazu bewogen, erstmals abweichend vom derzeit geltenden Regelwerk vor den Übergangsbereichen zu Asphaltflächen bei der grundhaften Erneuerung auf der BAB A 9 unverdübelte Raumfugen anzuordnen und diese messtechnisch hinsichtlich der Fugenbewegung, kombiniert mit einer Temperaturmessung, über den Jahresgang zu erfassen. War es zunächst eine Betondecke, die bei niedrigen Temperaturen im Spätherbst betoniert wurde, so wurde im Folgejahr eine weitere Messstelle an einer Betondecke eingerichtet, die im Spätsommer hergestellt worden ist. Auch hier erfolgt eine Überwachung der Fugenbewegungen und der Temperaturen im Beton, um zukünftig mehr Informationen über tatsächliche Änderung der Fugenweiten zu erhalten, die dann Berücksichtigung beim Neubau bzw. in der Erhaltung finden können.

Die Anzahl der Raumfugen wurde den jeweiligen Temperaturen bei der Betonage angepasst. Da in beiden Bereichen eine Betondecke auf Schottertragschicht ausgeführt wurde, wurde hier die Dicke der Platten im Raumfugenbereich von 30 cm auf 35 cm erhöht. Die durchgehende

Bild 2: Anordnung der Raumfugen und bautechnische Ausführung von Endbereichen (Quelle: Ingenieurbüro Villaret)

Fugenspaltbreite betrug nach Fertigstellung 2 cm. Als Fugeneinlage wurde ein kompressibles Material mit vorgegebenen Eigenschaften (Verformungsverhalten, Wasseraufnahme, Temperaturbeständigkeit) festgelegt. Die oberen 50 mm der Raumfugen wurden mit heiß verarbeitbarer Fugenmasse und darunter liegendem Unterfüllstoff verschlossen.

Im Frühjahr dieses Jahres wurde allerdings festgestellt, dass an einigen der 2012 hergestellten Raumfugen der Fugenverguss teilweise nicht mehr vorhanden war und die Fugeneinlagen locker in der Raumfuge saßen. Der ordnungsgemäße Zustand der Fugen wurde schnellstmöglich wieder hergestellt, um Erosionen und nachfolgende Schäden in diesen Bereichen zu vermeiden. Die im Sommer 2014 hergestellten Raumfugen sind bisher alle in einem ordnungsgemäßen Zustand. Vor der Ausschreibung wurde abgewogen, wie die Unterlage im Raumfugenbereich ausgeführt werden sollte. Wir haben uns auf Grund des technologischen Aufwandes gegen die Ausführung von Unterlagsschwellen entschieden und auf der Schottertragschicht gebaut. Über ein Forschungsthema soll die Vorbereitung von Endbereichsausbildungen für eine Aufnahme in die ZTV Beton-StB erfolgen.

3 Bauliche Erhaltung

3.1 Fugen

Ab etwa 2005, zu diesem Zeitpunkt lagen die ersten, nach der Wende gebauten Autobahnabschnitte ca. 10 Jahre unter Verkehr, wurde verstärkt über eine Strategie in der Betonerhaltung nachgedacht. Zunächst spontane Beobachtungen und punktuelle Reparatur von defekten Fugeneinlagen, dann übergehend zu Erhaltungsmaßnahmen an ersten zusammenhängenden Abschnitten bis hin zur Erarbeitung und Umsetzung einer Strategie für die Erneuerung der Fugeneinlagen.

Beim Neubau der Betondecken wurde der Fugenschluss mit den verschiedensten Systemen ausgeführt: ­ ­ ­

- anfänglich ausschließlich heiß verarbeitbare Fugenmassen,

- dann Querfugen mit Profileinlagen, Längsfugen vergossen,

- später Längs- und Querfugen mit Profileinlagen.

Im Laufe der Zeit hatten sich die Fugenprofile qualitativ immer weiter verbessert und im Neubau die heiß verarbeitbaren Fugenmassen weitestgehend abgelöst. 

Lange Zeit bestand die Vorzugslösung der Straßenbauverwaltung Sachsen-Anhalt in der Variante, Querfugen mit Fugenprofilen und die Längsfugen mit heiß verarbeitbaren Fugenmassen auszuführen. So wurden im Neubau fast 60 % der in Sachsen-Anhalt bestehenden Fugen in Betondecken ausgeführt. Aber auch der handwerklich am Besten ausgeführte Fugenschluss arbeitet, altert, wird spröde und reißt von den Flanken ab. Sommer, Winter, kleine Steinchen und vor allem der Verkehr hinterlassen ihre Spuren.

In der Regel ist nach 10 Jahren ein Handeln erforderlich. Bei etwas Glück, werden es einmal 12, manchmal aber eben auch nur 8 Jahre, bis ein Eingreifen erforderlich ist.

Grundsätzlich unterliegen Betondecken ab einer Nutzungszeit von 8 Jahren einer besonderen Kontrolle durch die Mitarbeiter der Autobahnmeistereien. Wird Erhaltungsbedarf erkannt, erfolgt dessen Einordnung im Folgejahr.

Grundsätzlich werden durch die LSBB für Erhaltungsmaßnahmen an Fugen und Kanten ca. 30 bis 40 km RF, das heißt etwa 3 bis 4 Mio. Euro je Jahr eingeplant. Darin enthalten sind auch das Heben oder Festlegen von Platten, in besonderen Fällen sogar das Erneuern von Einzelfeldern. Risse werden behandelt und abgewanderte Plattenreihen geklammert. In jedem Fall werden aber geschädigte Kanten von Fahrbahnplatten mit Epoxidharzmörtel instandgesetzt. Ziel ist es, in den nächsten 8 Jahren hier keine Erhaltungsmaßnahmen durchführen zu müssen, von Einzelfällen abgesehen.

Im Zyklensystem ist vorgesehen, die erste Erhaltung im Durchschnitt nach 10 Jahren, die zweite nach 18 Jahren auszuführen. Endgültig abhängig ist dies aber vom tatsächlichen Schadensbild. Seit 2011 werden diese Leistungen fast ausschließlich als Nachtbaustellen ausgeführt. Dieses hat nicht nur Vorteile. So sind die Leistungen ca. 20 % teurer, dauern insgesamt etwas länger, sind zumindest aber für die Verkehrsteilnehmer und die Verwaltung entspannter, da sich das Staugeschehen in Grenzen hält. Die Qualitätseinbußen sind dabei nicht so groß, als ursprünglich erwartet.

In der Erhaltung hat sich der erneute Einbau von Fugenprofilen nicht bewährt, da nicht sicher gestellt ist, dass durch die jeweilige Firma auf der Baustelle auch das richtige Profil entsprechend der jeweiligen Fugenweite vorgehalten und in die richtige Fuge eingesetzt wird.

Wichtig ist, dass offene Fugen zeitnah geschlossen werden. Wille und Bekenntnis hierzu sind vorhanden, notwendig dafür ist aber auch eine entsprechende Mittelbereitstellung und personelle Absicherung in der Straßenbaubehörde. Letzteres verschlechterte sich allerdings in den letzten Jahren erheblich.

Die beschriebene zyklische Fugenpflege muss mit den weiteren Maßnahmen der baulichen Erhaltung in das Erhaltungsprogramm eingeordnet werden. Angesichts der schwierigen Situation mit Schäden durch die Alkali-Kieselsäure-Reaktion (AKR) in den Betondecken in Sachsen-Anhalt gerät sie dabei leicht in Gefahr, hinten an gestellt zu werden. In den letzten vier Jahren wurde daher der vorgesehene Umfang nicht geschafft.

Bild 3: Herausgelöste Fugenmassen nach einjähriger Nutzungszeit

Ein zusätzliches Problem trat in den letzten Jahren auf einigen Autobahnabschnitten bei der Dauerhaftigkeit der im Zuge von Fugenerneuerungen verwandten Fugensysteme auf. Schnelles Verspröden, mangelnde Flankenhaftung der eingebrachten Fugenmassen und danach deren teilweises ,,Herausziehen" unter Verkehr brachte zusätzliche Schwierigkeiten, an deren Beseitigung schnellstens und dringend zu arbeiten ist. Durch einige Hersteller wurden bereits Modifikationen an Fugenmassen vorgenommen und zusätzliche Systemprüfungen durchgeführt. Für Dauerhaftigkeitsuntersuchungen in situ wurden z. B. Erprobungsstrecken auf der A 2 in Sachsen-Anhalt, aber auch in Brandenburg, Schleswig-Holstein und in Rheinland-Pfalz angelegt.

Anzumerken ist, dass wir uns als Straßenbauverwaltung schnellstmöglich den vertraglichen Rahmen für die Anwendung dieser Systeme bzw. eine an die Notwendigkeiten angepasste ZTV Fug-StB wünschen. Das ist sicher im Interesse aller Vertragspartner.

3.2 Alkali-Kieselsäure-Reaktion

Die ersten, nach der deutschen Einheit gebauten Betondecken, hätten voraussichtlich frühestens Anfang der 20er Jahre dieses Jahrhunderts erneuert werden sollen. Doch seit 2004 wissen wir, dass AKR im Bereich Sachsen-Anhalt eine Rolle spielt. Seit 2007 wissen wir, dass AKR eine größere Rolle und seit 2010 ist bekannt, dass AKR eine erschreckend große Rolle spielt. Eigentlich logisch für ein Land mit überwiegend Betondecken auf Autobahnen und einem AKR-Problem.

Nach derzeitigem Kenntnisstand sind bzw. waren ca. 240 km Richtungsfahrbahn von einer schädigenden AKR betroffen. Schwerpunkt sind dabei die Autobahnen im südlichen Bereich Sachsen-Anhalts. Innerhalb der LSBB gibt es ein sehr detailliertes Kataster betroffener Strecken, das kontinuierlich fortgeschrieben wird.

Erfahrungen belegen, dass erkennbare Schäden, meist beginnend mit einer Graufärbung in den Querfugen bzw. in den Fugenkreuzen, zwischen 7 und 15 Jahren Liegezeit eintreten. Leider wissen wir inzwischen auch, dass ein Schadensfortschritt innerhalb kürzester Zeit bis hin zu Verschotterungen in den Fugenbereichen möglich ist. Hinsichtlich der Schadenszunahme gibt es jedoch keine Systematik. Auch aus den Ergebnissen der performanceorientierten Betonuntersuchungen konnte bisher keine systematische Prognose der Schadensentwicklung abgeleitet werden.

Bild 4: Beispielhafte AKR-Schadensentwicklung, schnell fortschreitender Substanzverlust im Fugenbereich

Im Jahr 2008 wurde auf der BAB A 14 zwischen Könnern und Bernburg in Abstimmung mit dem damaligen BMVBS und der BASt eine Erprobungsstrecke angelegt, um effektive Strategien und Bauweisen für die Erhaltung AKR-geschädigter Fahrbahndecken im Anfangsstadium zu ermitteln.

Hierbei handelte es sich vordergründig um eine ,,Versiegelung" der Oberfläche der Betondecke mit ersten AKR-Merkmalen (Verfärbungen im Fugenbereich).

Die dabei gewonnenen Kenntnisse wurden mit dem BMVBS/BMVI und der BASt jährlich ausgewertet. Die Erkenntnisse sind in die weitere Erhaltungsplanung eingeflossen.

In den Jahren 2008 und 2009 wurden auf der BAB A 9 bei Bad Dürrenberg (ca. 900 m RF) sowie zwischen den AS Bitterfeld/Wolfen und Dessau/Süd (ca. 21 km RF), der sogenannten ,,Rennstrecke", mit einer 3 cm dicken Deckschicht mit SMA 8 S auf SAMI, beides unter Verwendung von gummimodifizierten Bitumensorten, gebaut. Der Grund für die Wahl dieser Erhaltungsbauweise war eine auf der Rennstrecke zwischen den RF stehende Betongleitwand, deren Funktion nicht eingeschränkt werden durfte und damit die Überbauungsdicke begrenzte. Die Baumaßnahme bei Bad Dürrenberg hatte für die Ausführung Pilotfunktion. Auch wenn technologisch während der Ausführung nicht alles klappte, so ist das Ergebnis bis heute zufriedenstellend. Allerdings mussten die überbauten Längs- und Querfugen etwa ein Jahr nach der Überbauung nachgeschnitten werden. Bei den beiden Bauabschnitten auf der ,,Rennstrecke" traten bei nahezu gleicher Bauausführung jedoch bereits nach kurzer Zeit vereinzelte Blasen und im folgenden Frühjahr (hohe Temperaturdifferenzen zwischen Nacht und Tag) Blasenbildungen in erheblichem Umfang auf. Ein Problem, dass uns politisch und bautechnisch schwer beschäftigt hat. Zu den Ursachen gibt es Vermutungen, der wissenschaftliche Nachweis steht jedoch noch aus. Die ursprünglich geplante Nutzungsdauer von 8 Jahren ist aber trotz der periodisch wiederkehrenden Blasenbildungen (Frühjahr und Herbst) aus heutiger Sicht erreichbar.

Tabelle 2: Erprobungsstrecke für Erhaltungsmaßnahmen AKR BAB A14, RF Magdeburg, km 143,5 bis 157,7 (Bereich Könnern, 2008), Angaben zu den Erprobungsabschnitten

In den Jahren zwischen 2009 und 2012 wurde in der Erhaltung der AKR-geschädigten Fahrbahndecken eine Doppelstrategie umgesetzt: Bei betroffenen Abschnitten mit einer Liegezeit bis zu 10 Jahren (dies betraf die BAB A 14 im Südbereich und die BAB A 9 im Nordbereich) erfolgte zunächst schwerpunktmäßig eine Hydrophobierung oder der Einbau von dünnen Asphaltschichten in Kaltbauweise. Ziel war es, den Schädigungsprozess durch Fernhalten von Feuchte und Tausalzen zu verlangsamen und in anderen Bereichen, in denen die Schädigung bereits weiter fortgeschritten war, mit der grundhaften Erneuerung zu beginnen oder, durch einen Teilersatz der geschädigten Betondecke durch Einbau einer Asphaltdeck- und Asphaltbinderschicht in der Bauweise Kompaktasphalt, für einen Nutzungszeitraum von mindestens 15 Jahren zu ertüchtigen.

Ältere Betondecken mit bereits vorhandenem Verschotterungspotenzial wurden und werden vorübergehend durch Instandsetzungen mit Asphalt befahrbar gehalten und dann grundhaft, vorzugsweise in Beton, erneuert. Dies trifft hauptsächlich für den südlichen Bereich der BAB A 9 zu. Seit 2014 werden Abschnitte auf der BAB A 14 und dem nördlichen Bereich der BAB A 9 grundhaft erneuert.

Seit 2013 liegt der Schwerpunkt in der grundhaften Erneuerung. Dabei wurden neben der Erneuerung in Betonbauweise vier Erhaltungsmaßnahmen auf der BAB A 9 und der BAB A 14 mit Kompaktasphalt nach Fräsen der AKR-geschädigten Betondecke (ca. 10 cm) für eine weitere Nutzung ertüchtigt.

Versuchsweise wurde 2012 der erste 6 km lange Abschnitt zwischen der AS Leipzig/West und der AS Bad Dürrenberg auf der BAB A 9, RF München, in dieser Bauweise saniert. Die alte Betondecke, mehrfach in den Fugenbereichen mit Asphalt instand gesetzt und so in ihrer Ebenheit stark beeinträchtigt, wurde 10 cm abgefräst. Anschließend wurde eine 11 cm dicke Asphaltschicht in der Bauweise Kompaktasphalt auf eine vorher ausgeführte SAMI eingebaut. In die alte Betondecke wurde in einem Abstand von 50 m jeweils eine Raumfuge geschnitten, die mit einem Edelstahlblech abgedeckt ist.

Handwerklich und logistisch ist diese Bauweise sehr aufwändig, hatte aber gegenüber einer grundhaften Erneuerung in Beton folgende Vorteile:

1. ca. 50 %-Reduzierung der Bauzeit,

2. ca. 60 %-Reduzierung der Baukosten,

3. die vorhandenen passiven Schutz- und Entwässerungseinrichtungen können weiter genutzt werden.

Bild 5: Einbau Kompaktasphalt auf gefräster Betondecke und SAMI

Wie bereits erwähnt, waren wir davon ausgegangen, dass mit dieser Bauweise eine weitere Nutzungsdauer von mindestens 15 Jahren zu erreichen ist. Neuere Erkenntnisse über horizontale Rissbildungen im verbliebenen AKR-geschädigten Beton sowie vereinzelte Rissbildungen im Asphalt in den Bereichen der Raumfugen erfordern nun eine verstärkte Beobachtung, um weitere Schlüsse für die Anwendung dieser Erhaltungsbauweise ziehen zu können. Daher wird diese Bauweise zunächst nicht weiter verfolgt.

Aus den Erfahrungen, die seit 2008 mit den verschiedenen Applikationen und Bauweisen im Bereich der LSBB unter kontinuierlicher Beobachtung gesammelt wurden, lassen sich die in der Tabelle 2 aufgeführten Nutzungszeiten ableiten.

Tabelle 3: Geschätzte Wirksamkeitsdauer/Nutzungsdauer von Erhaltungsmaßnahmen, Stand 2015

Das Ziel, mit diesen Erhaltungsmaßnahmen bei geringer oder noch gar keiner Schädigung Zeit für die Durchführung zu gewinnen, wurde erreicht. Jedoch kamen weitere Autobahnabschnitte mit AKR hinzu und teilweise beobachten wir eine schnelle Zustandsverschlechterung, die nicht planbar ist. Wir stehen also im ständigen Auseinandersetzungsprozess zwischen zunehmendem Erhaltungsbedarf infolge Schadenszunahme und den Möglichkeiten, die aus finanzieller, personeller und verkehrlicher Sicht an jährlichen Leistungen möglich sind.

Grundhafte Erneuerungen in Beton sollen weiterhin ausgeführt werden. Wir benötigen aber auch die Vorteile schneller Erhaltungsbauweisen, um überhaupt zeitlich und finanziell den Erhaltungsbedarf infolge AKR in den kommenden Jahren in den Griff zu bekommen. Im Regelfall sind immer die gegenüberliegenden Streckenabschnitte von einer AKR betroffen. Und da in allen Fällen zeitlich unmittelbar aufeinander folgend gebaut, weisen diese auch meistens den gleichen Grad der Schädigung auf. Liegen dann noch stärker AKR-geschädigte Streckenbereiche unmittelbar davor oder dahinter, müssen die gegenüberliegenden Abschnitte häufig auch noch in einem Jahr erneuert werden. Es besteht unter Umständen die Gefahr, dass gegenüberliegende Abschnitte zeitgleich versagen. Diese Erfahrungen haben wir bereits auf einem zum Glück nur etwa einem Kilometer langen Abschnitt auf der BAB A 14 im Jahr 2014 bei Halle/Saale gemacht.

Bild 6a/6b: Schadensentwicklung BAB A 14 bei Halle/S. in einem Zeitraum von 10 Monaten

Fazit und Ausblick: Von 2008 bis einschließlich 2015 wurden durch die LSBB für die Erneuerung AKR-geschädigter BAB-Abschnitte 136,2 Mio. Euro ausgegeben.

Davon beträgt der Aufwand für temporäre Maßnahmen zum ,,Zeitgewinn" für die Ausführung von akuten Erhaltungsmaßnahmen 29,4 Mio. Euro und für Instandsetzungen in den Fugenbereichen mit Asphalt, um die Befahrbarkeit und Verkehrssicherheit zu gewährleisten, 28,5 Mio. Euro. In der grundhaften Erneuerung wurden bis 2015 18 Baumaßnahmen mit einem Mitteleinsatz von 78,3 Mio. Euro realisiert. Dabei wurden 65,33 km Richtungsfahrbahn in Beton und Asphalt erneuert oder teilerneuert.

Die Erneuerung in Asphaltbauweise wurde ausschließlich auf Grund der kürzeren Bauzeit und des enormen zeitlichen Zwanges zum Handeln auf Grund des Schadensumfanges und der Notwendigkeit einer Bauabwicklung gegenüberliegender Streckenabschnitte innerhalb einer Bausaison gewählt.

Aufbauend auf die zwischenzeitlich gesammelten Erfahrungen und der Notwendigkeit, bei der grundhaften Erneuerung immer die Fahrzeug-Rückhaltesysteme gemäß RPS 2009 zu erneuern, liegen die Kosten für ein durchschnittliches Baulos von ca. 5 km Richtungsfahrbahn je nach Fahrstreifenanzahl zwischen 5,5 und 7 Mio. Euro. Mit diesen Summen sind alle Baumaßnahmen sowohl für den RE-Entwurf als auch für den Vergabevorschlag vorlagepflichtig beim BMVI. Damit ist zusätzliche Zeit für die Vorbereitung der Baumaßnahme erforderlich, die auf Grund der Schadensituation und -entwicklung eigentlich nicht zur Verfügung steht. Hier können eine Erhöhung der Vorlagegrenze der weiteren Erhaltungsplanung oder andere Regelungen helfen. Vorteile für die betroffenen Auftragsverwaltungen ergeben sich durch:

-­ ­ ­ ­ flexibleres und schnelleres Reagieren auf den tatsächlich eingetretenen Schadensfortschritt,

- die Möglichkeit der grundhaften Erneuerung gegenüberliegender Abschnitte bei Erfordernis in einem Jahr,

- die Möglichkeit der Realisierung von mehr Erneuerungsmaßnahmen als bisher in einem Jahr,

- Minimierung des Risikos einer Versagenswahrscheinlichkeit von BAB-Abschnitten,

- Senkung des Sperraufwandes und des Mitteleinsatzes für Flickungen mit Asphalt aus den o. g. Gründen.

Parallel dazu wird seitens der LSBB derzeit eine Variante erarbeitet, in deren längere AKRbetroffene Einzelabschnitte in einen erhaltungs- und haushaltstechnischen Gesamtabschnitt zusammengefasst werden. Auch hier ist das Ziel, ein zeitlich flexibleres, auf die tatsächliche Schadensentwicklung ausgerichtetes Agieren zu ermöglichen.

Von 2015 bis 2018 werden für die Erneuerung der AKR-geschädigten Abschnitte knapp 130 Mio. Euro erforderlich sein, bis 2023 über 200 Mio. Euro. Nicht eingerechnet sind dabei die Aufwendungen für die Instandsetzungen mit Asphalt, die für eine zwischenzeitliche verkehrssichere Befahrbarkeit zwingend notwendig sind.

Doch nicht nur bautechnische Fragestellungen, auch umweltrelevante Probleme sind beim Problemkreis AKR zu lösen. Eines der wichtigsten Probleme ist dabei die Verwertungsmöglichkeit des AKR-geschädigtem Ausbaubetons. Bei einer Vielzahl der betroffenen Maßnahmen wurde bereits die Bauweise Betondecke auf Schottertragschicht ausgeführt. Bei den bisher erneuerten Maßnahmen musste nach umfangreichen Voruntersuchungen keine Schottertragschicht ausgebaut, sondern konnte diese nach Profilierung und Nachverdichtung, bei denen u.a. erfolgreich Gummiradwalzen zum Einsatz kamen, weiter genutzt werden. Der rückgebaute Beton wurde in Bereichen außerhalb des Straßenbaus in Sachsen-Anhalt verwertet. Inwieweit und unter welchen Bedingungen der Aufbereitung und des Einbaus eine Verwertung des AKR-geschädigten Betons außerhalb des Erdbaus in den ungebundenen Schichten des Straßenoberbaus möglich ist, wird über ein entsprechendes Forschungsthema untersucht. Dabei ist zu beachten, dass das Problem der Verwertung keines in ferner Zukunft ist, sondern sehr schnell real werden kann.

Umwelttechnisch hat die LSBB in dieser Richtung schon ein wenig vorgearbeitet. In Abstimmung mit den Umweltbehörden Sachsen-Anhalts kann abweichend von den Technischen Regeln LAGA M 20 für Bauschutt eine Verwertung unter Z 2-Bedingungen bis < 300 mg/l (Grenzwert TR LAGA 150 mg/l) und Leitfähigkeitswerten bis 3.500 S/cm bei folgenden Randbedingungen erfolgen:

­- in einem technischen Bauwerk, ­ ­

- Grundwasserflurabstand > 1 m,

- überdeckende Schicht mit kf < 5 x 10-9 m/s und dmin > 0,5 m.

Die Verwertung darf nicht in Wasser-, Boden- und Naturschutzgebieten erfolgen. Einzelnachweise sind nicht erforderlich.

Der Arbeitskreis 8.2.3 ,,AKR" der FGSV hat sich des Problems aktuell angenommen und diskutiert derzeit Lösungen, wie AKR-geschädigte Betone nach dem Ausbau und entsprechender Aufbereitung in Schichten ohne Bindemittel und Hydraulisch Gebundenen Tragschichten sicher wiederverwendet werden können.

Mit dem Allgemeinem Rundschreiben Straßenbau Nr. 4/2013 vom 22. 1. 2013 hat das damalige BMVS Regelungen herausgegeben, die durch die Auftragsverwaltungen zur Vermeidung einer schädigenden AKR anzuwenden sind. Damit gibt es eine technische Lösung, wie zukünftig AKR-Schäden vermieden werden können. In der auf der Internetseite der BASt veröffentlichten Liste mit im Hinblick auf AKR unbedenklichen Gesteinskörnungen, sind mit Stand Ende Juni 2015 nach AKR-Perfomance-Prüfung 13 Gesteinskörnungen und nach der Verfahrensweise WS-Grundprüfung 17 Gesteinskörnungen verschiedener Herstellwerke gelistet. Darunter sind lediglich 5 (!) ungebrochene Gesteinskörnungen. Auch ist die räumliche Verteilung dieser Gesteinskörnungen innerhalb der Bundesrepublik sehr ungleichmäßig, sodass teilweise weite Transportwege für deren Antransport zur Betonmischanlage mit hohen Kosten verbunden sind. Schwierigkeiten ergeben sich häufig hinsichtlich der Vorlage von Gutachten insbesondere aus den Zeiträumen zwischen der Auftragserteilung und Betonagebeginn bei Erhaltungsmaßnahmen größeren oder kleineren Umfangs- und Einzelfelderneuerungen. Es ist daher perspektivisch zu wünschen, dass sich die Anzahl der gelisteten Gesteinskörnungen innerhalb der kommenden Jahre noch erweitert. Baustoff- und Bauindustrie sollten hier gemeinsam vorgehen.

3.3 Hitzeschäden

Ab dem Jahr 2013 kam es im Bereich der LSBB zu Hitzeschäden in Form von Aufschiebungen, Ausknickungen und schollenartigem Ausbrechen von Plattenteilen. Alle Hitzeschäden traten an AKR-geschädigten BAB-Abschnitten auf, verursachten jedoch keine Unfälle. Betroffen waren Betondecken auf Schottertragschicht, auf Asphaltzwischenschicht und auf hydraulisch gebundenen Schichten.

Es ist davon auszugehen, dass außer den temperaturbedingten Spannungen in der Betondekke zusätzliche Faktoren aus der AKR heraus wirken. In einzelnen Fällen waren deutliche Zusammenhänge zwischen den oben erwähnten horizontalen Rissbildungen in den Fahrbahnplatten und den Schadensmerkmalen erkennbar. Aber natürlich spielen auch die (ungewollten) Querschnittsschwächungen durch mit Asphalt instandgesetzte Fugenbereiche eine Rolle. Diese lassen sich auf Grund der schnell fortschreitenden Schadensentwicklung und des sehr großen Arbeits- und Kostenaufwandes jedoch nicht vermeiden.

Präventiv werden seit 2014 in den am stärksten von temporären Instandsetzungen betroffenen Bereichen Geschwindigkeitsbeschränkungen auf 80 km/h bereits vor kurzzeitigen Hitzeperioden ausgewiesen. Gleichzeitig werden die Kontrollen durch die Motorisierte Straßenaufsicht verstärkt, um rechtzeitig Auffälligkeiten zu erkennen und ggf. weitere Maßnahmen einzuleiten. Diese Vorgehensweise hat sich bisher bewährt, bietet jedoch auch keine 100 %-ige Sicherheit zur Vermeidung von Hitzeschäden.

Bild 7: Instandsetzung AKR-geschädigter Bereiche, Gefahr für Hitzeschäden

4 Schlussbetrachtung

Eigentlich wollte die LSBB, ohne AKR betrachtet, etwa um das Jahr 2020 mit der Planung von ersten Erhaltungsabschnitten beginnen und bis dahin lediglich ein normales Erhaltungsprogramm durchführen. Die genannten Kilometer AKR-geschädigter Fahrbahndecken haben andere Tatsachen geschaffen. Es besteht dabei die Gefahr, den normalen Erhaltungs- und Erneuerungszyklus für nicht AKR-geschädigte Betondecken vernachlässigen zu müssen, was sicher neue Probleme schafft.

Probleme gibt es jedoch nicht nur in der Beton-, sondern auch in der Asphaltbauweise. Auch hier wird die geplante Nutzungsdauer für Asphaltdeck- und sehr häufig auch für die Asphaltbinderschichten nicht erreicht und die Ursachen dafür liegen wie beim Beton in den Baustoffen, zum Teil jedoch auch im Einbau. Es gibt noch weitere bauweisenspezifische Einflussfaktoren, die sich problematisch auf die Dauerhaftigkeit auswirken. Ein Faktor aber hat einen erheblichen Einfluss auf beide Bauweisen: die weiterhin zunehmende Verkehrsbelastung mit weiterhin steigendem Lkw-Anteil und stetiger Steigerung der Achslasten.

Die Betonbauweise ist bei qualitäts- und anforderungsgerechter Ausführung dauerhaft, erhaltungsarm und mit einheimischen Roh- und Baustoffen herzustellen. Hinsichtlich der Widerstandsfähigkeit gegen dynamische und klimatische Beanspruchungen weist sie gute Eigenschaften auf und hat u. a. auch dadurch Vorteile.

In den kommenden Jahren wird es notwendig sein, die begonnenen Ansätze bei der Lösung der verschiedenen Probleme bei den Ausgangsstoffen, in der Bauausführung bis hin zu den Fugensystemen konsequent weiterzuverfolgen. Dazu ist es notwendig, dass die Unternehmen der Baustoff- und der Bauindustrie, die Straßenbauverwaltungen und die Forschungseinrichtungen gemeinsam handeln. Ein Infrage stellen der Betonbauweise leistet keinen Beitrag zu den derzeit diskutierten Problemen mit älteren Bauabschnitten, sondern erschwert daraus Lösungen zu generieren, Schäden zu vermeiden und die Verfügbarkeit unserer Infrastruktur sicherzustellen.

Auch wenn es unter Berücksichtigung der geschilderten Verhältnisse und Bedingungen manchmal nicht ganz leicht fällt, aber die Straßenbauverwaltung Sachsen-Anhalt wird im Autobahnbau dem Beton treu bleiben.

Literaturangaben

Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (2013): ARS 4/2013 vom 22. 1. 2013, Vermeidung von Schäden an Fahrbahndecken aus Beton in Folge von Alkali-Kieselsäure-Reaktion (AKR)

Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (2012): RS vom 30. 4. 2012 "Empfehlungen für die Schadensdiagnose und die Bauliche Erhaltung von AKR-geschädigten Fahrbahndecken aus Beton", Fortschreibung April 2012