FGSV-Nr. FGSV 002/131
Ort online-Konferenz
Datum 24.03.2021
Titel Sichere Identifizierung von defekten Lkw NOx-Abgassystemen mit „Plume Chasing“ (POSTER)
Autoren Tobias Engel, Dr. Martin Horbanski, Dr. Johannes Lampel, Dr. Ulrich Platt, Dr. Denis Pöhler, Stefan Schmitt, Christina Schmidt
Kategorien Luftqualität
Einleitung

Zur Reduktion von Schadstoffemissionen und der Verbesserung der Luftqualität müssen Fahrzeuge immer strengere Emissionswerte (EURO Normen) einhalten. Für Lkws gilt seit der EURO V Norm (ab 2008) ein NOx (NO2 + NO) Emissionswert von 2000mg/kWh und seit der EURO VI Norm (ab 2012) ein Wert von 460mg/kWh auf dem Prüfstand. Bei letzterem wird auch die reale Emission mit PEMS (Portable Emission Measurement System) überprüft, wobei der Wert hierbei im Mittel nicht 690mg/kWh übersteigen darf. Erreicht werden diese Emissionswerte durch aufwändige Abgasreinigungssysteme mit Selektiver Katalytischer Reduktion (SCR), oft in Kombination mit Abgasrückführung (AGR). Bis auf wenige Ausnahmen bei EURO V Lkws erreichen die Fahrzeuge die Emissionsgrenzwerte auch im realen Fahrbetrieb verlässlich. Jedoch gibt es eine wesentliche Anzahl an Lkws mit defekten oder manipulierten Abgasreinigungssystemen, welche ein Vielfaches an Emissionen aufweisen. Hauptmotivation sind Kosteneinsparungen z. B. durch das Nichtdurchführen von Reparaturen oder eines nötigen Katalysatoraustauschs, ein geringerer Verschleiß oder aber das Einsparen von AdBlue (AdBlue ist ein Verbrauchmittel im SCR Katalysator). Um einen Defekt zu umgehen oder die Abgasreinigung absichtlich abzuschalten, kommen Emulatoren zum Einsatz, die bereits für wenige Euro im Onlinehandel erhältlich sind. Damit lassen sich diese Lkws nur schwer oder oft gar nicht bei Kontrollen als defekte Fahrzeuge identifizieren. Moderne Softwareemulatoren werden in die Motorsteuerung geladen und wären nur durch einen Softwareabgleich mit dem Hersteller identifizierbar. Das Bundesamt für Güterverkehr geht basierend auf bei Kontrollen aufgedeckten Fällen von 1 – 3% aus, Studien an realen Abgasmessungen von Lkws legen allerdings nahe, dass bis zu 25% der Lkws davon betroffen sind (u. a. Pöhler und Adler 2017; Vojtisek-Lom et al. 2020) – ein gravierender Unterschied. Andere europäische Länder haben bereits Anstrengungen unternommen, die betroffenen Fahrzeuge mit neuen Methoden besser aufzudecken. U. a. kamen Remote Sensing Systeme [Bishop and Stedman, 1996] zum Einsatz, die die optische Messung der instantanen Emissionen eines vorbeifahrenden Fahrzeuges durch die Abgasfahne ermöglichen. In der Praxis zeigen sich allerdings eine starke Wetteranfälligkeit (problematisch bei nasser Fahrbahn, Gischt und Regen) und begrenzte Genauigkeit, individuelle Fahrzeuge eindeutig als hohe oder niedrige Emittenten zu identifizieren, da nur über sehr kurzen Zeitraum gemessen werden kann. So sind andere Methoden weiterhin gesucht. Auf EU-Ebene gibt es dazu das CARES Projekt, welches sich explizit mit der Entwicklung neuer Techniken und Messmethoden für die Identifikation von hohen Emittenten beschäftigt. Eine Messmethodik ist dabei „Plume Chasing“.

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Abbildung 1: Prinzip der „Plume Chasing“ Messung realer NOx Emissionen von Fahrzeugen mit dem ICAD Messsystem von Airyx GmbH.

Einleitung

Zur Reduktion von Schadstoffemissionen und der Verbesserung der Luftqualität müssen Fahrzeuge immer strengere Emissionswerte (EURO Normen) einhalten. Für Lkws gilt seit der EURO V Norm (ab 2008) ein NOx (NO2 + NO) Emissionswert von 2000mg/kWh und seit der EURO VI Norm (ab 2012) ein Wert von 460mg/kWh auf dem Prüfstand. Bei letzterem wird auch die reale Emission mit PEMS (Portable Emission Measurement System) überprüft, wobei der Wert hierbei im Mittel nicht 690mg/kWh übersteigen darf. Erreicht werden diese Emissionswerte durch aufwändige Abgasreinigungssysteme mit Selektiver Katalytischer Reduktion (SCR), oft in Kombination mit Abgasrückführung (AGR). Bis auf wenige Ausnahmen bei EURO V Lkws erreichen die Fahrzeuge die Emissionsgrenzwerte auch im realen Fahrbetrieb verlässlich. Jedoch gibt es eine wesentliche Anzahl an Lkws mit defekten oder manipulierten Abgasreinigungssystemen, welche ein Vielfaches an Emissionen aufweisen. Hauptmotivation sind Kosteneinsparungen z. B. durch das Nichtdurchführen von Reparaturen oder eines nötigen Katalysatoraustauschs, ein geringerer Verschleiß oder aber das Einsparen von AdBlue (AdBlue ist ein Verbrauchmittel im SCR Katalysator). Um einen Defekt zu umgehen oder die Abgasreinigung absichtlich abzuschalten, kommen Emulatoren zum Einsatz, die bereits für wenige Euro im Onlinehandel erhältlich sind. Damit lassen sich diese Lkws nur schwer oder oft gar nicht bei Kontrollen als defekte Fahrzeuge identifizieren. Moderne Softwareemulatoren werden in die Motorsteuerung geladen und wären nur durch einen Softwareabgleich mit dem Hersteller identifizierbar. Das Bundesamt für Güterverkehr geht basierend auf bei Kontrollen aufgedeckten Fällen von 1 – 3% aus, Studien an realen Abgasmessungen von Lkws legen allerdings nahe, dass bis zu 25% der Lkws davon betroffen sind (u. a. Pöhler und Adler 2017; Vojtisek-Lom et al. 2020) – ein gravierender Unterschied. Andere europäische Länder haben bereits Anstrengungen unternommen, die betroffenen Fahrzeuge mit neuen Methoden besser aufzudecken. U. a. kamen Remote Sensing Systeme [Bishop and Stedman, 1996] zum Einsatz, die die optische Messung der instantanen Emissionen eines vorbeifahrenden Fahrzeuges durch die Abgasfahne ermöglichen. In der Praxis zeigen sich allerdings eine starke Wetteranfälligkeit (problematisch bei nasser Fahrbahn, Gischt und Regen) und begrenzte Genauigkeit, individuelle Fahrzeuge eindeutig als hohe oder niedrige Emittenten zu identifizieren, da nur über sehr kurzen Zeitraum gemessen werden kann. So sind andere Methoden weiterhin gesucht. Auf EU-Ebene gibt es dazu das CARES Projekt7), welches sich explizit mit der

7) https://cares-project.eu/

Entwicklung neuer Techniken und Messmethoden für die Identifikation von hohen Emittenten beschäftigt. Eine Messmethodik ist dabei „Plume Chasing“.

Die „Plume Chasing“ Methode

Bei dieser Methode wird die Abgasfahne des zu untersuchenden Fahrzeuges mit einem Messfahrzeug verfolgt und die Schadstoffe werden in der verdünnten Ab gasfahne bestimmt [Chui et al., 2015]. Dabei werden Schadstoffe wie NOx und Partikel zusammen mit CO2 gemessen und in einem ersten Schritt werden Emissionsverhältnisse in der Abgasfahne wie NOx/CO2 oder Partikel/CO2 bestimmt. Dabei können auch Messungen über mehrere Minuten gemittelt werden, um möglichst repräsentative Emissionswerte zu erhalten. Die jeweiligen Hintergrundkonzentrationen, außerhalb der Abgasfahne, müssen dafür noch korrigiert werden. Anschließend können diese Verhältnisse auf einen Emissionswert zurückgerechnet werden. Dies ist möglich, da die Emissionen des Referenzgases CO2 relativ genau bekannt sind. Dadurch lässt sich die Höhe der emittierten Schadstoffemissionen direkt berechnen.

Um eine ausreichend genaue Unterscheidung der Messwerte vom Hintergrund zu gewährleisten, wird ein minimales Messsignal definiert. Bei unseren Messungen wurde dafür i. d. R. mind. 20ppm CO2 über dem Hintergrund verwendet. Die Hintergrundkonzentration wird bei einer Messung regelmäßig bestimmt. Untersuchungen zeigen, dass der Hintergrundwert bei geringen bis mäßigen Verkehrsaufkommen nur gering den bestimmten Emissionswert beeinflusst und daher unkritisch ist [Roth, 2018]. Durch Messungen über längere Strecken können so verlässliche Emissionswerte eines individuellen Fahrzeuges bestimmt werden. Diese Messungen sind v.a. durch ICAD Messgeräte für NOx, die mobil einsetzbar sind und gleichzeitig eine hohe Messgenauigkeit bei hoher Zeitauflösung bis zu 1 Sekunde aufweisen, möglich geworden (Abbildung 1). Das kompakte ICAD Messgerät passt in jeden Kofferraum und kann dort dank seines geringen Stromverbrauchs mit einer einfachen 12V Batterie betrieben werden. Im Cockpit des Messfahrzeuges können die bestimmten Emissionen in Echtzeit auf z. B. einem Tablet verfolgt werden welches über WiFi mit dem ICAD Gerät verbunden ist (siehe Abbildung 1). Ein Ampelsystem zeigt für die jeweilige EURO Klasse an, ob es sich um ein Fahrzeug mit geringen, verdächtig hohen oder sehr hohen Emissionen handelt. Dabei werden die Grenzwerte großzügig im Vergleich zu den Grenzwerten der EURO Klassen gewählt und sind Tabelle 1 zu entnehmen. Es wird also eine gewisse zusätzliche Toleranz zum Grenzwert zugelassen. Der „Real Driving Emission“ (RDE) Konformitätsfaktor liegt für EURO VI Fahrzeuge bei 1,5, sodass die EURO VI Norm um 50% überschritten werden darf.

Tabelle 1: Klassifikationsgrenzen der bestimmten Emissionswerte nach EURO Klassen

In Vergleichsmessungen zwischen ICAD und PEMS konnte für Pkws und Lkws gezeigt werden, dass „Plume Chasing“ im realen Verkehr verlässliche und korrekte NOx Emissionswerte bestimmen kann. Bei verschiedenen Studien von Forschungseinrichtungen und ausländischen Behörden konnte gezeigt werden, dass hohe und niedrige Lkw Emittenten verlässlich identifiziert werden konnten.

Die Messtechnik und Software von „Plume Chasing“ zur Identifikation von defekten Lkw Abgasanlagen wurde mittlerweile so weit entwickelt, dass ein direkter Einsatz durch Behörden möglich ist. So wurden in anderen EU-Ländern bereits erste Systeme von Behörden und Polizei in der Praxis erfolgreich für das Identifizieren von defekten Lkws erprobt.

EU CARES Projekt

Im Rahmen des EU H2020 Projektes CARES (City Air Remote Emission Sensing) wird die „Plume Chasing“ Methode weiter optimiert. Ziel des CARES Projekts ist es, die Hürden für die praktische Anwendung in der Fernemissionserfassung zu verringern und sie zu einer weit verbreiteten Methode zu machen, damit Emissionen verringert und die Luftqualität verbessert werden. Dabei sollen Instrumente wie das ICAD Messgerät oder Punktsammler (welche die Partikelmasse, -anzahl und -größe der Fahrzeugemissionen bestimmen können) weiterentwickelt sowie die Datenverarbeitung und -analyse, auch bereits bestehender kommerzieller Remote Sensing Systeme, vorangetrieben werden. Des Weiteren sollen die Benutzerfreundlichkeit verbessert sowie die Kosten durch schnellere und automatisierte Vorgänge gesenkt werden. Die verschiedenen Methoden („Plume Chasing“, Punktsammler und bereits existierende kommerzielle Systeme) sollen im Rahmen von CARES in einer umfangreichen Vergleichsstudie zusammen untersucht werden. Im Anschluss sollen in drei großen, stark luftverschmutzten Städten in Europa (Krakau, Prag und Mailand) diese demonstriert und verglichen werden, um ihre jeweils besten Einsatzmöglichkeiten zu bestimmen.

Im Februar 2020 fand im Forschungszentrum von TNO (Niederländische Organisation für Angewandte Naturwissenschaftliche Forschung) in Utrecht eine erste Messkampagne statt, um verschiedenste Messgeräte für die „Plume Chasing“ Methode zusammenzubringen und den Einsatz aller Geräte in einem Messfahrzeug zu testen (siehe Abbildung 2 links, Messfahrzeug von TNO). Es kamen verschiedenste Gasanalysegeräte (u. a. für CO2, NOx und NO2), Partikelmessgeräte (wie CPC, SMPS und Diffusion Charger), Abstandsmesser sowie zwei Nummernschildkameras zum Einsatz, welche in und am Messfahrzeug installiert wurden. Es wurden gleichzeitig mehrere Gas-/Partikeleinlässe am Fahrzeug betrieben. Damit sollen in dem Projekt verschiedene Messkonfigurationen und Datenanalysemethoden vergleichbar untersucht werden. Es fanden mehrere Messfahrten statt, bei denen verschiedene Gas-/Partikelansaugpositionen und Instrumentenkonfigurationen getestet wurden. Dabei wurden alle Messwerte auf einem zentralen Computer gespeichert und im Cockpit auf einem installierten Bildschirm in Echtzeit sichtbar gemacht (siehe Abbildung 2 rechts).

Abbildung 2: „Plume Chasing“ Messfahrzeug von TNO mit Einsaug-Positionen (links, INLET#), Cockpit des Messfahrzeugs (rechts)

Ein Teil der Messfahrten diente der Instrumentenvalidation. Bei diesen ist das Messfahrzeug einem Pkw gefolgt, der mit einem SEMS (Smart Emission Measurement System, vergleichbar mit einem PEMS) ausgestattet war, welches seine Emissionen aufgezeichnet hat. Während der restlichen Messfahrten wurde das Plume Chasing Verfahren anhand von Emissionsmessungen von zufälligen Fahrzeugen getestet und optimiert. Dabei wurden die Fahrzeuginformationen durch die Nummernschildkameras gewonnen.

Während aller Messfahrten war das Signal der Abgasfahne deutlich schwächer ausgeprägt als bei anderen Messkampagnen üblich, weshalb auch Werte zwischen 10 und 20ppm CO2 über dem Hintergrund verwendet wurden. Es konnte gezeigt werden, dass dies den Fehler der Emissionsbestimmung deutlich erhöht. Ein ausreichend starkes Messsignal der Abgasfahne ist demnach entscheidend für einen verlässlich bestimmten Emissionswert. Die NOx/CO2 Zeitreihe einer Validationsmessfahrt hinter einem Renault Talisman (Diesel, EURO VI) mit vergleichsweise hohen Emissionswerten ist in Abbildung 3 zu sehen.

Abbildung 3: NOx/CO2 Zeitreihen von „Plume Chasing“, ausgewertet mit Methode 1 und 2, sowie von SEMS; alle mit einem laufenden Mittel von 60s, einem CO2 Grenzwert von 10ppm (Methode 1) und 5ppm (Methode 2); Fahrt 01

Es wurden zwei verschiedene Analysemethoden des „Plume Chasing“ Verfahrens verglichen. Methode 1 (orange) ist dabei die klassische Methode mit der Hintergrundbestimmung aus der Emissionsdatenreihe selbst und Methode 2 (blau) eine Methode, bei der der Hintergrund durch eine zusätzliche Messung auf dem Dach des Messfahrzeugs bestimmt wurde. Während die Dynamik der Emissionen von beiden „Plume Chasing“ Auswerte-Methoden meist gut abgebildet werden kann, stimmt die Höhe der Werte jedoch oft nicht mit den SEMS Werten (grün) überein. Methode 2 konnte das Ergebnis der „Plume Chasing“ Methode leicht verbessern. Zwar können hohe und niedrige Emittenten klar unterschieden werden, die Emissionswerte von hohen Emittenten werden jedoch i. d. R. unterschätzt, die von niedrigen Emittenten i. d. R. überschätzt. Hauptgründe für die Unterschiede wie auch für das niedrige CO2 Messsignal waren ungünstige Ansaugpositionen am Messfahrzeug, starke Winde, große Distanzen zu dem verfolgten Fahrzeug und ein hohes Verkehrsaufkommen (äußere Störquellen). Durch eine Optimierung der Ansaugposition kann die Signalstärke für zukünftige Messungen verbessert werden, wie eine Untersuchung an der Universität Heidelberg gezeigt hat.

Die Hauptmesskampagne für das Plume Chasing Messfahrzeug im Vergleich zu anderen Emissionsmesssystemen war im Rahmen des EU-Projektes für Sommer 2020 geplant und wurde COVID-19 bedingt auf Sommer 2021 verschoben.

Validierung „Plume Chasing“ Methode an funktionsfähigen und defekten EURO V und VI Lkws

In einer unabhängigen Studie von AVL in Schweden für die dänischen Behörden [Janssen and Hagberg, 2020] konnte die „Plume Chasing“ Technologie von Airyx an EURO VI, EURO V und defekten EURO VI Lkws weiter validiert werden. In Abbildung 4 ist eines der Messfahrzeuge von AVL zu sehen. Für diese Studie wurde von den Autoren nur die Messtechnik bereitgestellt und die Messungen begleitet. Der Vergleich wurde unabhängig von AVL durchgeführt.

Abbildung 4: Lkw von AVL in Schweden mit nachfolgendem „Plume Chasing“ Pkw

Es wurden ein funktionierender EURO VI Lkw untersucht als niedriger Emitter, sowie ein defekter EURO V und der EURO VI Lkw in manipuliertem Zustand als hohe Emitter. Ziel war es, zu überprüfen wie zuverlässig die „Plume Chasing“ Methode unter verschiedenen Messbedingungen hohe und niedrige Emissionen unterscheiden kann. Die gemessenen NOx Emissionswerte von der „Plume Chasing“ Methode wurden über 2min gemittelt und mit den zeitgleich gemessenen PEMS Werten der Lkws verglichen. Die Zeitreihe der Emissionen zweier Messfahrten hinter dem EURO VI Lkw sind in Abbildung 5 zu sehen. Oben sind die über 2min gemittelten Emissionen des intakten EURO VI Lkws abgebildet, unten die des manipulierten EURO VI Lkws (Austausch Harnstoff gegen Wasser im AdBlue Tank). Die verschiedenen Skalen sind zu berücksichtigen. Beide Abbildungen zeigen eine hohe Korrelation zwischen PEMS und „Plume Chasing“. Größere Unterschiede sind auch hier wieder während dichtem Verkehr zu beobachten (letzter Abschnitt der Zeitreihe in Abbildung 5 oben). Der Anstieg in Abbildung 5 unten am Anfang der Zeitreihe ist vermutlich auf Reste von Harnstoff zurückzuführen, die sich noch im SCR System des manipulierten EURO VI befanden. Die 2min Mittelwerte des intakten EURO VI Lkws (etwa 0-800 mg/kWh) unterscheiden sich deutlich von denen des manipulierten EURO VI Lkws (etwa 4000-9000 mg/kWh). Es lässt sich also klar zwischen hohen und niedrigen Emittenten unterscheiden. Regen, nasse Straßen oder Nebel haben die Messungen nicht beeinflusst. Über alle Lkw Vergleichsmessungen ergibt sich eine gute Korrelation zwischen den PEMS und „Plume Chasing“ Emissionsmessungen von R2=0.90. Damit konnte erneut gezeigt werden, dass „Plume Chasing“ reale NOx Emissionen einfach sowie zuverlässig bestimmen kann und sich mit dieser Methode hohe Emitter im realen Verkehr einfach und sicher identifizieren lassen.

Abbildung 5: NOx Zeitreihen der Vergleichsmessungen zwischen „Plume Chasing“ und PEMS für einen intakten (oben) bzw. manipulierten (unten) EURO VI Lkw; 2min Mittelwerte. Die unterschiedliche Skala ist zu berücksichtigen.

Praxiseinsatz der „Plume Chasing“ Methode zur Identifizierung defekter Lkws in Dänemark

Aufgrund der Ergebnisse der Studie von AVL in Schweden (2019) wurde 2020 mit den dänischen Behörden und der dänischen Polizei die „Plume Chasing“ Technologie in der Praxis erprobt. Die Airyx GmbH stellte den Behörden ein ICAD Gerät zur Verfügung zusammen mit einem Training für die Nutzung des Systems. In Abbildung 6 ist das Messfahrzeug der dänischen Behörden zu sehen (links). Während zwei Wochen wurden insgesamt 478 Lkws vermessen. Die hohen und verdächtig hohen Emitter, insgesamt 9.7% (Abbildung 7, links), wurden dabei anschließend an die Messung von der Polizei inspiziert (Abbildung 6, rechts). Die verwendeten Grenzwerte für hohe und verdächtig hohe Emitter sind in Tabelle1 zu finden. Der Anteil von Lkw mit hohen und verdächtig hohen Emissionen ist damit in Dänemark deutlich geringer als in Studien in Deutschland [Pöhler und Adler 2017, Pöhler uns Engel 2019], Österreich [Pöhler und Engel 2018] und der Tschechei [Vojtisek-Lom et al. 2020], und könnte durch die umfangreichen Kontrollen und hohen Strafen erklärt werden.

Für alle inspizierten Lkws, die auf Grund der Emissionswert als verdächtig identifiziert wurden, konnte die Ursache der hohen Emissionen gefunden werden. Unter den inspizierten EURO V Lkws waren 60% defekt, 20% manipuliert und bei 20% waren die hohen Emissionen auf ein kaltes SCR-System zurückzuführen. Unter den inspizierten EURO VI Lkws fanden sich 73% defekte und 27% manipulierte Lkws (Abbildung 7, rechts). Möglichkeiten, ein kaltes SCR als Ursache für hohe Emissionen bei EURO V auszuschließen, sind weiterhin gesucht. Ein Indiz können angehobene Hinterachsen der Zugmaschinen sein, die auf einen leicht beladenen Anhänger und somit geringe aufzuwendende Motorleistung hindeuten. Dies kann dazu führen, dass das SCR System nicht die nötige Betriebstemperatur erreicht, um niedrige Emissionen vorzuweisen. In der Regel liegen auf Autobahnen und Landstraßen jedoch warme Motoren vor, sodass die Fahrzeuge, die den EURO Normen entsprechenden niedrigen Emissionen aufweisen sollten [TNO 2014; TNO 2016].

Abbildung 6: Bsp. Messanordnung (links); Inspektion eines Lkws mit zu hohen Emissionen durch die Polizei (rechts)

Abbildung 7: Einteilung der mit dem „Plume Chasing“ Verfahren bestimmten Emissionen von 478 Lkws in niedrige, hohe und verdächtig hohe Emissionen (links); Ergebnis der Inspektionen aufgeteilt nach EURO Norm (rechts); keine „Falsch Positiven“

Zusammenfassung

Reale Emissionsmessungen mit der „Plume Chasing“ Methode ermöglichen die verlässliche Bestimmung der Emissionen individueller Fahrzeuge. Im Vergleich zu PEMS Messungen hat die „Plume Chasing“ Methode den Vorteil, dass viele Fahrzeuge vermessen werden können, ohne in das Fahrzeug eingreifen zu müssen. Jedoch ist die Methode ungenauer im Vergleich zu PEMS. Zur verlässlichen Bestimmung von hohen Emittenten ist die „Plume Chasing“ Methode jedoch sehr gut geeignet, was sowohl Validationsmessungen mit EURO V und VI Lkws als auch ein erster Praxistest der dänischen Behörden bestätigen konnten. Die Messungen ließen sich optimal mit polizeilichen Kontrollen kombinieren. Es wurden bei der Bestimmung von hoch emittierenden Lkw NOx Emissionen mit der „Plume Chasing“ Methode eine 100% Trefferquote erzielt. Für alle Fahrzeuge mit hohen Emissionen konnte eine Ursache (defekt, manipuliert oder kaltes SCR) gefunden werden.

Referenzen

Bishop G.A., and D. H. Stedman (1996); Measureing the Emissions of Passing Cars, Acc. Chem. Res., 29, 489-495.

Chui F.L., A. Rakowska, T. Townsend, P. Brimblecombe, T.L. Chan, Y.S. Yam, G. Močnik, Z. Ning (2015), Evaluation of diesel fleet emissions and control policies from plume chasing measurements of on-road vehicles, Atmos. Environ., 122, 171-182.

Janssen J. and Hagberg N. (2020), Plume Chasing - A way to detect high NOx emitting vehicles, Public Report, AVL MTC Motorestcentre AB, Sweden, study performed for Danish Road Traffic Authority. https://fstyr.dk/da//media/FSTYR-lister/Publikationer/200707_Plume-Chasing--A-way-to-de- tect-high-NOx-emitting-vehicles_ROHA_FINAL.pdf

Pöhler D. and Adler T. (2017). Bestimmung von realen Lkw NOx Emissionen (Real Driving Emissions) auf deutschen Autobahnen, public report, Institute of Environmental Physics, University of Heidelberg.

Pöhler D. and Engel T. (2018), Bestimmung von LKW NOx Emissionen (Real Driving Emissions) auf Tiroler Autobahnen und potenziellen Abgasmanipulationen, Final report, Institute of Environmental Physics, University of Heidelberg.

Pöhler D. und Engel T. (2019), Bestimmung von realen Lkw NOx-Emissionen (Real Driving Emissions) und hohen Emittern auf deutschen Autobahnen, Final report, Institute of Environmental Physics, University of Heidelberg.

Roth U. (2018), Optimierung und Validierung des “Plume Chasing” Verfahrens bei LKWs, Bachelorarbeit, Universität Heidelberg.

TNO (2014), The Netherlands In.Service Emission Testing programme for Heavy-Duty 2011-2013, TNO 2014 R10641.

TNO (2016), The Netherlands In-Service Emissions Testing Programme for Heavy-Duty Vehicles 2015-2016 – Annual report, TNO 2016 R11270.

Vojtisek-Lom M., Arul Raj A.F., Jindra P., Macoun D., Pechout M. (2020). On-road detection of trucks with high NOx emissions from a patrol vehicle with onboard FTIR analyzer. Science of the Total Environment 738, 139753.