Der Fachvortrag zur Veranstaltung ist im Volltext verfügbar. Das PDF enthält alle Bilder und Formeln.
1 Notwendigkeit „Merkblatt Ölbeseitigung auf Verkehrsflächen“
Seit 1985 sind umfangreiche Bekanntmachungen und Merkblätter vom BMI und vom BMU veröffentlicht worden. Eine Zusammenfassung der Bekanntmachungen in einem Merkblatt „Ölbeseitigung auf Verkehrsflächen“, in dem die Bekanntmachungen zusätzlich ergänzt werden, ist durchaus begrüßenswert. [1 bis 4]
Hinweis zu den Inhalten des Merkblattes siehe Vortrag von Herrn Dr. Wunderlich, Bundesanstalt für Gewässerkunde „Das neue Merkblatt – Ölbeseitigung auf Verkehrsflächen im Kontext europäischer Regelungen.“
2 Schadensfälle und Zuständigkeiten
Im Merkblatt und im Anhang sind Vorgehensweisen bei Ölunfällen und bei Ölspuren vielleicht nicht so deutlich abgegrenzt. Für den Straßenbetriebsdienst ist diese Unterscheidung bei der Vorgehensweise vor allem im Hinblick auf die Zuständigkeiten wichtig, daher zur Erläuterung die Darlegung der Unterscheidung in Baden-Württemberg.
2.1 Unfälle mit wassergefährdenden Stoffen
Bild 1: Beispiel Ölunfälle, Maßnahme [4]
Für Maßnahmen nach Unfällen mit wassergefährdenden Stoffen ist 1992 in Baden-Würt-temberg die „VwV-wassergefährdende Unfälle“ [5] veröffentlicht worden. Bei Ölunfällen ist, im Hinblick auf den Schutz der Gewässer, die untere Wasserbehörde zuständig. Dafür ist ein Alarmplan aufzustellen, in dem die Reihenfolge der Alarmierungsschritte und die zu beteiligenden Dienststellen festgelegt werden müssen.
Bei Gefahr im Verzug, oder wenn die zuständige Stelle nicht rechtzeitig tätig werden kann, sind von der Polizei die notwendigen vorläufigen Maßnahmen (-polizeiliche Maßnahmen-)zu treffen. Die Feuerwehr wird dann in der Regel mit Sofortmaßnahmen bei Ölunfällen tätig. Bei Straßenverkehrsunfällen müssen die Straßenbaubehörden mit alarmiert werden.
Bild 2: Maschinelle Ölbeseitigung auf Verkehrsflächen
Aus Gründen der Verkehrssicherungspflicht sind die Verschmutzungen öffentlicher Straßen, die durch Unfälle verursacht werden, von der Straßenbaubehörde (Meisterei) zu beseitigen. Für die Freigabe der gereinigten Fahrbahnfläche ist die Straßenbaubehörde oder im Ersatz die Polizei zuständig.
2.2 Verkehrsgefährdende Verunreinigungen
Bild 3: Beispiel Ölspur, Maßnahme (entsprechend [4])
Nach FStrG § 7 „Gemeingebrauch“ und nach StrG BW § 42 „Beseitigung von Verunreinigungen und Gegenständen“ muss der Verursacher oder, sofern dieser nicht in der Lage ist, die Straßenbaubehörde die verkehrsgefährdende Verunreinigung beseitigen. Die Pflicht zur Reinigung – hier Beseitigung der Ölspur – leitet sich aus der Straßenbaulast und der Verkehrssicherungspflicht ab. Für die Beseitigung von verkehrsgefährdenden Verunreinigungen auf öffentlichen Straßen ist 1993 in Baden-Württemberg die „VwV-Straßenverunreinigung“ [6] veröffentlicht worden
In einem Alarmplan ist die Reihenfolge der Alarmierung festzulegen:
- grundsätzlich sind die Straßenbaubehörden/Gemeinden für die Beseitigung der verkehrsgefährdenden Verunreinigungen zuständig, und müssen als erste alarmiert werden
- sofern die zuständigen Stellen nicht rechtzeitig tätig werden können, sind von der Polizei Maßnahmen (polizeiliche Maßnahmen) zur Verkehrsbeschränkung oder zur Beseitigung der Verunreinigung zu treffen. Im Regelfall wird dann die Feuerwehrleitstelle im Rahmen der Amtshilfe zur Beseitigung der Ölspur aufgefordert (nach FwG gehört die Beseitigung der Ölspuren nicht zu den originären Aufgaben der Feuerwehr)
- für die Freigabe der gereinigten Fahrbahnfläche ist dann die Straßenbaubehörde zuständig.
3 Verfahren
3.1 Arten der Verfahren
Die Beseitigung von Ölspuren auf Verkehrsflächen
- Verfahren ausgenommen Ölbinder [2].
Beide Arten sind nach wie vor anwendbar und im Merkblatt aufgenommen.
Der Einsatz und die Handhabung beider Verfahren, die bereits in Bekanntmachungen des BMI und des BMU beschrieben wurden, sind im Merkblatt mit einer zusätzlichen detaillierten Handlungsanweisung enthalten. Das Merkblatt gibt darüber hinaus grundsätzliche Hinweise zur Entsorgung des verunreinigten Ölbinders. Für die Mitarbeiter, die mit der Beseitigung von Ölverunreinigungen auf Verkehrsflächen beauftragt sind, kann somit das Merkblatt für diesen Bereich ein hilfreiches Nachschlagewerk sein.
3.2 Nachreinigung beim Einsatz von Ölbinder
Im Textteil der Nachreinigung wird grundsätzlich die Anwendung von Tensiden vorgeschrieben. Die einzige Ausnahme für den Einsatz von Tensidlösungen stellen winterliche Bedingungen (Minusgrade) dar.
Die im Merkblatt dargestellte Vorgehensweise für die Nachreinigung, bei der Beseitigung von verkehrsgefährdenden Verunreinigungen, geht weit über die Festlegungen der VwV-Straßenverunreinigung und der “VwV-wassergefährdende Unfälle“, sowie über die übliche Vorgehensweise bei den Meistereien in Baden-Württemberg hinaus.
Bild 4: Erhebung Ölspurbeseitigung im Jahr 2000 auf BAB-Strecken, Bundes-, Landes- und Kreisstraßen
Die Ölspuren wurden in Baden-Württemberg in dem oben genannten Zeitraum in Eigenleistung, das heißt durch mehrmaliges Aufbringen von Bindemittel, Abkehren des Bindemittels und gleichzeitigem Anbringen von Gefahrenzeichen beseitigt. Ölspuren größeren Umfangs bzw. nachts, wurden durch Dritte (Feuerwehr, THW oder Entsorgungsbetriebe) entweder entsprechend dem o.g. Verfahren oder mit Nassreinigung beseitigt. Nach den Erhebungen bei den Meistereien aus dem Jahr 2000 gab es an diesen gereinigten Stellen keine Nachfolgeunfälle.
Die Erhebung zeigt, dass die differenzierte Vorgehensweise der Autobahn- und Straßenmeistereien entsprechend Art und Größe der Verursachung, zu einem guten Ergebnis in Hinblick Verkehrssicherungspflicht geführt hat.
4 Auswirkung auf die betriebliche Praxis
Das Merkblatt „Ölbeseitigung auf Verkehrsflächen“ kann in der Zusammenfassung von bisherigen Regelungen ein Hilfsmittel für den Straßenbetriebsdienst sein. Die im Merkblatt enthaltenen Hinweise, über die Zuständigkeiten für die Beseitigung von verkehrsgefährdenden Hindernissen, sind als Grundlage für die Erstellung länderspezifischer Handlungsanweisungen geeignet.
Die im Merkblatt aufgenommenen Regelungen entsprechen im Wesentlichen den beiden Verwaltungsvorschriften „VwV-Straßenverunreinigungen“ und der „VwV-wassergefährdende Unfälle“ in Baden-Württemberg. Somit würden sich für die SBV in Baden-Württemberg keine grundlegenden Änderungen ergeben.
Im Vorwort ist bereits die Einschränkung enthalten „es gelten die entsprechenden Ländergesetze und die aus ihnen abgeleiteten Regelungen“. Daher muss kritisch hinterfragt werden, ob organisatorische Festlegungen zwingend Bestandteil des Merkblattes sein müssen.
Aus Gründen der Verkehrssicherungspflicht ist es Aufgabe des Straßenbetriebsdienstes, dass ähnliche Griffigkeitswerte nach Beseitigung der Ölverschmutzungen wie vor der Zustandsstörung erreicht werden. Sofern dies durch die Vorgehensweise nicht möglich ist, sind verkehrsregelnde Maßnahmen vorzusehen.
Bei wassergefährdenden Unfällen, wenn großflächig Öl bis tief in die Hohlräume der Decke eingedrungen ist, muss aus Gründen der Verkehrssicherungspflicht eine tiefgreifende Reinigung durchgeführt werden, die nicht immer vom Straßenbetriebsdienst in Eigenleistung erbracht werden kann. Hier wäre eine Änderung der bisherigen Praxis im Einzelfall erforderlich. Für solche Extremfälle sollte ein Notdienst über Fachfirmen bei Bedarf eingerichtet werden, sofern es noch nicht gängige Praxis ist.
Für die Beseitigung von Ölspuren und kleiner Ölverschmutzungen weichen die Ausführungen im Merkblatt für die Ölbeseitigung auf Verkehrsflächen aus Sicht des Straßenbetriebsdienstes von der bisher in Baden-Württemberg bewährten Praxis des Straßenbetriebsdienstes ab. Die folgenden Ergänzungen wären bei der Einführung des Merkblattes für die Straßenunterhaltung sinnvoll, damit das Merkblatt für den Straßenbetriebsdienst praxisnah angewendet werden kann. Die Frage ist, ob das Merkblatt noch geändert werden kann, oder ob bei der Einführung für die Straßenbauverwaltung die entsprechenden Ergänzungen aufgenommen werden:
- Bei begrenzten Ölunfällen, bei denen größere Mengen Öl ausgetreten sind, sind maschinelle Reinigungsverfahren mit Absaugung oder Verfahren mit Ölbinder mit Nachreinigung und Absaugverfahren vorzusehen.
- Bei begrenzten Unfällen, z. B. mit Pkw, bei denen geringe Mengen Öl auf die Fahrbahn gelangt ist, sind die verkehrsgefährdenden Verunreinigungen mit Ölbinder und anschließendem Absaugen mit der Kehrmaschine (Nassreinigung) zu beseitigen. Bei Bedarf ist zusätzlich zu beschildern
- Bei langen Ölspuren, bei denen geringe Mengen Öl auf die Fahrbahn gelangt sind, sind die verkehrsgefährdenden Verunreinigungen mit Ölbinder zu beseitigen. Zusätzlich muss durch Beschilderung auf die Ölspur hingewiesen werden. Ein anschließendes Absaugen mit der Kehrmaschine (Nassreinigung) soll vorgesehen werden.
5 Zusammenfassung
Seit 1985 sind umfangreiche Bekanntmachungen und Merkblätter vom BMI und vom BMU veröffentlicht worden. Eine Zusammenfassung der Bekanntmachungen in einem Merkblatt „Ölbeseitigung auf Verkehrsflächen“, in dem die Bekanntmachungen ergänzt werden, ist durchaus begrüßenswert.
Das Merkblatt „Ölbeseitigung auf Verkehrsflächen“ (Entwurf) kann somit als weiteres Hilfsmittel für die Organisation, für die Alarmierung und für die Beseitigung von verkehrsbeeinträchtigenden Verunreinigungen auf Verkehrsflächen dienen. Vorrangig dürfte das Merkblatt den Bereich der „Unfälle mit wassergefährdenden Stoffen“ ansprechen.
Aus den Erfahrungen und den Erhebungen aus dem Jahr 2000 in Baden-Württemberg gehen aus Sicht des Straßenbetriebsdienstes die Festlegungen des Merkblattes über die bisherige Praxis bei der Ölspurbeseitigung in Baden-Württemberg hinaus. Bei Einführung des neuen Merkblattes im Bereich des Straßenbetriebsdienst sollte daher, aus Sicht des Landes Baden-Württemberg, eine differenziertere Vorgehensweise für die Nachreinigung vorgesehen werden.
Erhebungen im Jahr 2000 über Umfang, Art und Reinigungsverfahren bei verkehrsgefährdenden Verunreinigungen auf öffentlichen Straßen haben in Baden-Württemberg gezeigt, dass die ca. 2200 gemeldeten und beseitigten Ölspuren in Eigenregie oder durch Dritte beseitigt wurden. Bei ca. 2200 Meldungen in einem Jahr musste unter Berücksichtigung der 120 Straßen- und Autobahnmeistereien in Baden-Württemberg jede Meisterei im Durchschnitt nur 1-mal aller 3 Wochen wegen einer Ölspur tätig werden.
Die Erhebungen zeigt ferner, dass es bei den ca. 2200 gemeldeten und beseitigten Ölverunreinigungen zu keinem Nachfolgeunfall an der gleichen Stelle gekommen ist. Die differenzierte Vorgehensweise der Autobahn- und Straßenmeistereien, entsprechend Art und Größe der Verursachung, hat somit zu einem guten Ergebnis in Hinblick auf die Verkehrssicherungspflicht geführt.
Literaturverzeichnis
1 Bundesminister des Innern (BMI): Bekanntmachung des BMI vom 1. April 1985 – U III 6-523 074/22 „Beseitigung von Ölspuren auf Verkehrsflächen“ GMBL. 1985 S. 339
2 Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU): Bekanntmachung des BMU vom 7. Juni 1991 – WA 13 – 23074/22 „Verfahren zur Beseitigung von Ölspuren auf Verkehrsflächen – ausgenommen Ölbinder“ GMBL. 1985 S. 339
3 Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU): Bekanntmachung des BMU vom 23. April 1998 – WA / 3-2307/22 im GMBL. 1998 – Anforderungen an Ölbinder – vollständige Fassung, Stand April 1998
4 Beirat beim Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) – LTwS: LTwS Nr. 15 Sofortmaßnahmen bei Mineralölunfällen – Liste der geprüften Ölbinder, Stand Oktober 2004 LTwS Nr. 27
- Anforderungen an Ölbinder – Stand April 1998
- Merkblatt zu Ölbindern, Anforderungen und Prüfmethoden – Stand Juni 1997
5 Umweltministerium, Innenministerium, Wirtschaftsministerium und Verkehrsministe-rium des Landes Baden-Württemberg: Gemeinsame Verwaltungsvorschrift des UM, IM, WM und des VM über Maßnahmen nach Unfällen mit wassergefährdenden Stoffen (VwV-wassergefährdende Unfälle) vom 19. Februar 1992, GABL. Nr. 7, Seite 137 ff.
6 Innenministerium und Verkehrsministerium des Landes Baden-Württemberg: Gemeinsame Verwaltungsvorschrift des IM und des VM über Maßnahmen zur Beseitigung von verkehrsgefährdenden Verunreinigungen auf öffentlichen Straßen (VwV-Straßenverunreinigungen) vom 5. Oktober 1993, GABL. Nr. 33, Seite 1086 ff.
7 Ministerium für Umwelt und Verkehr Baden-Württemberg: Verwaltungsinterne Erhebung/Dienstbesprechung 10. bis 11. Oktober 2001 (nicht veröffentlicht)
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